Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (6. Kammer) - 6 A 162/03
Tatbestand
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Die am 20.04.1984 geborene Tochter D. des Klägers erhielt seit 27.06.1984 mit Ausnahme des Zeitraums von Februar 1990 bis März 1992, in dem sie bei ihren Eltern lebte, Hilfe zur Erziehung durch Heimunterbringung.
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Durch Bescheid vom 30.05.1995 wurden die Eltern, die sich im April 1999 trennten, von der Zahlung eines Kostenbeitrages wegen fehlender Leistungsfähigkeit vorläufig freigestellt. Zugleich wurden sie darauf hingewiesen, dass sie nach § 97a SGB VIII jede Änderung der Familien-, Einkommens- und Vermögensverhältnisse unaufgefordert unverzüglich zu melden hätten. Die Erhebung eines Kostenbeitrages bei Besserung der wirtschaftlichen Verhältnisse behielt sich die Beklagte vor.
- 3
Durch Bescheid vom 15.09.1999 wurde der Kläger zu einem Kostenbeitrag für die Hilfegewährung mit Wirkung vom 01.08.1998 in Höhe 135,00 DM monatlich herangezogen. Die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens vorgenommene Neuberechnung führte zu einer Neufestsetzung des Kostenbeitrages wie folgt:
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Zeitraum
- 5
Betrag (mtl.)
01.08. - 31.12.1998
- 6
287,00
01.01. - 30.04.1999
- 7
285,00
01.05. - 30.06.1999
- 8
255,00
01.07. - 31.12.1999
- 9
256,00
- 10
ab 01.01.2000
- 11
254,00
- 12
Während des anschließenden Klageverfahrens änderte die Beklagte mit Rücksicht darauf, dass der Kläger gemäß Beschluss des Amtsgerichts Osnabrück vom 04.10.2000 ab Mai 1999 keinen Ehegattenunterhalt zu zahlen hatte, im Jahre 2000 eine Steuernachzahlung für 1999 anfiel und sich ab Juni 2000 die Steuerklasse des Klägers geändert hatte, den angefochtenen Bescheid (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides) unter dem 28.11.2000 wie folgt:
01.08.-31.12.1998
01.01.-30.06.1999
01.07.- 31.12.1999
01.01. - 31.05.2000
- 13
287,00
- 14
277,00
- 15
283,00
- 16
167,00
- 17
Soweit damit eine Herabsetzung des Kostenbeitrages für einzelne Teilzeiträume verbunden war, erklärten die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt.
- 18
Durch Urteil der Kammer vom 09.05.2001 (6 A 57/00) wurde der Bescheid der Beklagten vom 15.09.1999 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 15.03.2000 in der Fassung vom 28.11.2000 nach Maßgabe der nachstehenden Übersicht aufgehoben:
- 19
Kostenbeitrag i.d.F. vom 28.11.2000 (= Beschwer)
- 20
Kostenbeitrag nach vorstehender Berechnung
- 21
Ausmaß des Klageerfolges
01.08. - 31.12.1998
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1.435,00 (= 5 x 287,00)
- 23
505,00 (= 5 x 101,00)
- 24
930,00
01.01. - 30.04.1999
- 25
1.108,00 (= 4 x 277,00)
- 26
240,00 (= 4 x 60,00)
- 27
868,00
01.05. - 30.06.1999
- 28
554,00 (= 2 x 277,00)
- 29
666,00 (= 2 x 333,00)
- 30
./.
01.07. - 31.12.1999
- 31
1.698,00 (= 6 x 283,00)
- 32
2.046,00 (= 6 x 341,00)
- 33
./.
01.01. - 30.05.2000
- 34
835,00 (= 5 x 167,00)
- 35
1.655,00 (= 5 x 331,00)
- 36
./.
- 37
5.630,00
- 38
1.798,00
- 39
Soweit die vorstehend aufgeführten Beträge hinter den Beträgen nach Maßgabe des Schriftsatzes der Beklagten vom 28.11.2000 zurückblieben, hob das Gericht die angefochtenen Bescheide für die jeweiligen Teilzeiträume auf. Eine Saldierung mit Zeiträumen, für die sich nach vorstehender Berechnung ein höherer Kostenbeitrag ergab, unterblieb aus den im Urteil dargelegten Gründen.
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Durch Bescheid vom 28.05.2001 zog die Beklagte den Kläger für die Teilzeiträume 01.05. bis 30.06.1999, 01.07. bis 31.12.1999 und 01.01. bis 31.05.2000 in Höhe der sich aus vorstehender Übersicht jeweils ergebenden Differenzbeträge von 56,00 DM, 58,00 DM bzw. 164,00 DM zu einem entsprechenden Kostenbeitrag heran.
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Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies die Beklagte durch Bescheid vom 10.12.2003 unter Berufung auf die Gründe des o. a. Urteils zurück.
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Mit seiner dagegen am 17.12.2003 erhobenen Klage macht der Kläger geltend:
- 43
Dem Leistungsbescheid vom 28.05.2001 stehe die materielle Rechtskraft des Urteils der Kammer vom 09.05.2001 (6 A 57/00) entgegen.
- 44
Die Beklagte könne ihren offensichtlichen Rechenfehler nicht durch Erlass eines erneuten Heranziehungsbescheides korrigieren. Eine Änderung des ursprünglichen Heranziehungsbescheides vom 15.03.2000 in der Fassung vom 28.11.2000 sei nur unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG möglich. Aus diesen Vorschriften ergebe sich bereits nach deren Wortlaut keine Ermächtigungsgrundlage für eine nachträgliche Korrektur eines Rechenfehlers in einem belastenden Heranziehungsbescheid.
- 45
Der Kläger beantragt,
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den Bescheid der Beklagten vom 28.05.2001 sowie deren Widerspruchsbescheid vom 10.12.2003 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Zur Begründung macht sie geltend:
- 50
Durch das o. a. Urteil des Verwaltungsgerichts werde festgestellt, dass ihr, der Beklagten, für den fraglichen Zeitraum ein höherer Kostenbeitrag zugestanden habe. Damit stehe fest, dass ihr aus dem inzwischen rechtskräftigen Bescheid der zusätzliche Betrag, zu dem der Kläger herangezogen werde, zumindest zustehe.
- 51
Der Kläger könne sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, sie werde ihn nicht im Anschluss an die verwaltungsgerichtliche Berechnung zu dem sich danach ergebenden Differenzbetrag heranziehen. Vielmehr habe er mit einer Nacherhebung rechnen müssen.
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Der ursprüngliche Heranziehungsbescheid könne nicht nur unter den Voraussetzungen der §§ 48, 49 VwVfG geändert werden. Dieser werde mit dem angefochten Bescheid nicht widerrufen oder zurückgenommen, sondern lediglich ergänzt.
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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist begründet.
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Die Kostenbeitragspflicht des Klägers folgt dem Grunde nach aus § 91 Abs. 1 Nr. 4 lit. c) SGB VIII. Danach werden u. a. die Eltern zu den Kosten der Hilfe zur Erziehung in einem Heim (§ 34 SGB VIII) herangezogen, soweit das Kind oder der Jugendliche die Kosten nicht selbst tragen können (Abs. 5). Hinsichtlich der Berechnung der Höhe des Kostenbeitrages für den streitgegenständlichen Zeitraum wird auf die Ausführungen im o. a. Urteil der Kammer Bezug genommen. Dessen Rechtskraft steht der Nacherhebung durch den angefochtenen Bescheid nicht entgegen, da der ursprüngliche Kostenbeitragsbescheid in der maßgeblichen Fassung vom 28.11.2000 für die im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Teilzeiträume nicht aufgehoben wurde, vielmehr die Klage insoweit mangels Beschwer erfolglos geblieben ist. Dass sich im vorausgegangenen Verwaltungsstreitverfahren insgesamt ein geringer Kostenbeitrag ergeben hat, steht wegen des Saldierungsverbots - insoweit wird auf die Gründe des Urteils verwiesen - nicht entgegen.
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In verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht handelt es sich bei einem Kostenbeitragsbescheid nach § 93 Abs. 1 SGB VIII um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, soweit er sich auf fortdauernde jugendhilferechtliche Leistungen bezieht und der Pflichtige für den Zeitraum, für den die Leistungen erbracht werden, also auch mit Wirkung für die Zukunft zu den Kosten herangezogen wird (vgl. OVG Münster, U. v. 10.02.1972 - NDV 1972, 305; Jans/Happe/Saurbier, JWG, Stand: Aug. 1988, § 81 Anm. F a); Stähr in Hauck, SGB VIII, Stand: Nov. 2004, K § 93 Rn. 10).
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Im vorliegenden Falle wurde der Kläger zunächst durch Bescheid vom 15.09.1999 in der Fassung vom 28.11.2000 für einen mehrjährigen Zeitraum zu einem Kostenbeitrag in bestimmter (wechselnder) Höhe herangezogen. Soweit der im vorliegenden Verfahren angefochtene Heranziehungsbescheid davon zum Nachteil des Klägers abweicht, hängt dessen Rechtmäßigkeit in verwaltungsverfahrensrechtlicher Hinsicht davon ab, inwieweit er die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung nach Maßgabe des § 48 SGB X bzw. die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes gemäß § 45 SGB X beinhaltet.
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Was zunächst die Korrektur des ursprünglichen Kostenbeitragsbescheides nach Maßgabe des § 48 SGB X betrifft, liegen dafür die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vor. Da die Änderung ausschließlich einen in der Vergangenheit liegenden, abgeschlossenen Zeitraum betrifft, scheidet eine Anwendung der Regelung gemäß Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift, die eine Aufhebung bei nachträglicher Änderung mit Wirkung für die Zukunft vorsieht, von vornherein aus. Ferner liegt keine der Fallgestaltungen gemäß Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift vor, bei denen eine Aufhebung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse, also für die Vergangenheit erfolgen soll. Nr. 1 betrifft ausschließlich Anpassungen zu Gunsten des Betroffenen. Eine Verletzung von Mitteilungspflichten als Ursache für die Festsetzung eines zu niedrigen Kostenbeitrages im Sinne der Nr. 2 ist ebenfalls nicht ersichtlich. Einer Anwendung der Nr. 3 steht entgegen, dass nicht Einkommenserhöhungen oder erhöhtes Vermögen, sondern andere Bemessungsfaktoren zur Errechnung eines höheren Kostenbeitrages geführt haben, wie sich im einzelnen aus den Entscheidungsgründen des o. a. Urteils der Kammer ergibt. Schließlich kann angesichts der Komplexität der Kostenbeitragsberechnung nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seinerzeit die fehlerhafte Festsetzung erkannt oder auf Grund grober Fahrlässigkeit verkannt hat (Nr. 4).
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Ob die mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte Nacherhebung eines Kostenbeitrages demgegenüber die Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsakts beinhaltet mit der Folge, dass die Anforderungen des § 45 SGB X erfüllt sein müssen, hängt vom Regelungsgehalt des voraufgegangenen Kostenbeitragsbescheides ab. Dieser müsste als Verwaltungsakt mit Mischwirkung (vgl. zur Terminologie Wolff/Bachof/Schober, Verwaltungsrecht Bd. 2, 6. Aufl. 2000, § 46 VII Rn. 24) neben dem festgesetzten Kostenbeitrag als Belastung zugleich die ausdrückliche oder konkludent zum Ausdruck gebrachte begünstigende Regelung enthalten, dass der Betroffene nicht nachträglich zu einem weitergehenden Beitrag herangezogen werden soll. Ob ein entsprechender Regelungsgehalt vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist auf den Erklärungswert der behördlichen Verlautbarung abzustellen, wie ihn der Bürger unter Berücksichtigung der äußeren Form, Abfassung, Begründung und sonstiger bekannter oder erkennbarer Begleitumstände bei objektiver Auslegung entsprechend §§ 133, 157 BGB nach seinem Empfängerhorizont verstehen durfte oder musste. Innerhalb der sich daraus für die Inhaltsbestimmung eines Verwaltungsakts ergebenden Grenzen ist davon auszugehen, dass die Behörde im Zweifel eine mit der Rechtsordnung im Einklang stehende Regelung treffen wollte. Verbleibende Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 02.09.1999 - 2 C 22/98 - BVerwGE 109, 283; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 8. Aufl. 2003, § 35 Rn. 18 ff.).
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Nach den dargelegten Grundsätzen handelt es sich bei einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsbescheid im Regelfall nicht um einen ausschließlich belastenden Verwaltungsakt, sondern um einen Verwaltungsakt mit Mischwirkung, welcher insofern begünstigt, als er den festgesetzten Betrag zugleich der Höhe nach begrenzt. Dies beinhaltet die konkludente (begünstigende) Regelung, dass kein höherer Beitrag verlangt werden soll bzw. geschuldet wird. Ein entsprechender Regelungsgehalt und Regelungswille folgt daraus, dass der Jugendhilfeträger den Hilfefall kostenbeitragsrechtlich - vorbehaltlich der Anpassung an veränderte Verhältnisse nach Maßgabe des § 48 SGB X - mit einem Leistungsbescheid nach § 93 SGB VIII im Regelfall abschließend regelt. Danach darf der Betroffene grundsätzlich davon ausgehen, nicht im Nachhinein zu den Kosten der gewährten Hilfeleistung weitergehend in Anspruch genommen zu werden. Diese Mischwirkung entspricht dem Regelungsgehalt eines Verwaltungsakts, mit dem nach der Regelungsabsicht der Behörde wie aus der Sicht des Adressaten einerseits (begünstigend) eine Leistung in bestimmter Höhe zugesprochen, andererseits eine weitergehende Leistung (belastend) versagt wird. Abweichendes gilt nur dann, wenn sich die Behörde eine weitergehende Regelung (außerhalb des Anwendungsbereichs des § 48 SGB X) vorbehält und dies in ihrem Bescheid - für den Adressaten erkennbar - zum Ausdruck kommt. Im vorliegenden Falle weist indessen nichts darauf hin, dass die Beklagte den festgesetzten Betrag lediglich als jedenfalls zu zahlenden Mindestbeitrag verstanden wissen und sich eine weitergehende Inanspruchnahme des Klägers für die Vergangenheit vorbehalten wollte. Vielmehr erfolgte die Festsetzung auf der Grundlage einer umfassenden und abschließenden Ermittlung der Einkommensverhältnisse des Klägers. Die streitige Nacherhebung ist ausschließlich auf das Ergebnis der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zurückzuführen und wäre ohne diese unterblieben (vgl. zum Vorstehenden Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht Bd. 2, 6. Aufl. 2000, § 51 II 2 [Rn. 29]; Tipke/Kruse, AO, Stand: Nov. 2004, § 130 Tz. 11; OVG Münster, B. v. 27.03.1998 - 15 A 3421/94 - NVwZ-RR 1999, 786 [für einen Kanalanschlussbeitragsbescheid); ferner Kopp/Ramsauer, aaO, § 48 Rn. 67; abw. [für einen die gesetzlich vorgesehene Höhe nicht ausschöpfenden Gebührenbescheid] VGH Mannheim, Urt. v. 23.11.1995 - 2 S 2947/94 - NVwZ-RR 1997, 120; VGH München, Urt. v. 28.01.2004 - 4 B 00.2397 - AbfallR 2004, 93).
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Vorstehendes Ergebnis entspricht sozialleistungsrechtlichen Grundsätzen. Danach ist die nachträgliche Erhebung eines jugendhilferechtlichen Kostenbeitrages nur zulässig, wenn dem Hilfeempfänger eine entsprechende Absicht bei Beginn der Hilfe eröffnet wurde und die Behörde innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine abschließende Entscheidung über einen etwaigen Kostenbeitrag trifft. Dazu hat die Kammer in ihrem Urteil vom 19.02.2003 - 6 A 134/01 - im einzelnen ausgeführt:
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Die Unzulässigkeit der rückwirkenden Heranziehung zu einem Kostenbeitragsbescheid folgt aus dem Gebot der Rechtssicherheit. Nach den im Sozialhilferecht geltenden Grundsätzen kann ein Kostenbeitrag nachträglich nur erhoben werden, wenn dem Hilfeempfänger bei Beginn der Hilfe eine entsprechende Absicht eröffnet wurde (vgl. BVerwG, U. v. 19.04.1972 - 5 C 72.71 - BVerwGE 40, 73 = Buchholz 436.0 § 58 BSHG Nr. 1; U. v. 25.11.1982 - 5 C 13/82 - NVwZ 1983, 411; VGH Baden-Württemberg, U. v. 10.10.1990 - 6 S 1807/89 - FEVS 41, 463; W. Schellhorn/H. Schellhorn, BSHG, 16. Aufl. 2002, § 29 Rz. 19). Nichts anderes gilt im Grundsatz für den Leistungsbescheid nach § 93 Abs. 1 SGB VIII gelten (ebenso Schellhorn, SGB VIII, 2. Aufl. 2000, § 93 Rz. 13). Soweit im Sozialhilferecht maßgeblich darauf abgestellt wird, dass die Heranziehung zu einem Kostenbeitrag im Ermessen des Sozialhilfeträgers steht, und die Möglichkeit einer nachträglichen Ermessensentscheidung in diesem Zusammenhang verneint wird (so VGH Baden-Württemberg, aaO), rechtfertigt dies im Grundsatz keine abweichende Betrachtung bezüglich des Kostenbeitragsbescheides nach § 93 Abs. 1 SGB VIII, welcher als gebundene Entscheidung ergeht. Vielmehr folgt daraus nur, dass (lediglich) die anfängliche Kenntnis des Leistungsempfängers von seiner Pflicht zum (unbedingten) Einsatz eigener Mittel Voraussetzung dafür ist, um überhaupt den Einsatz auch noch nachträglich verlangen zu können.
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Im vorliegenden Falle war dem Kläger aus dem Antragsvordruck bekannt, dass er „ggf. zu den Kosten der beantragten Maßnahme herangezogen“ werde. Danach war zwar offen, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welcher Höhe er zu einem Kostenbeitrag herangezogen werden würde. Dies schließt jedoch nicht aus, dass er grundsätzlich mit seiner Heranziehung rechnen musste. Gleiches gilt auf Grund des in dem Bewilligungsbescheid vom 08.07.1999 enthaltenen Hinweises, dass er über eine „eventuelle Heranziehung zu einem (von ihm) zu leistenden Kostenbeitrag“ einen gesonderten Bescheid erhalte.
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Damit ist die Frage aufgeworfen, ob ein Kostenbeitrag, soweit er für die Vergangenheit geltend gemacht werden soll, innerhalb eines angemessenen Zeitraums zu erheben ist, um dem Gebot der Rechtssicherheit Rechnung zu tragen und dem Beitragspflichtigen Gewissheit darüber zu verschaffen, welche finanziellen Belastungen er auf Grund der Hilfegewährung zu tragen hat. Dazu hat das BVerwG (U. v. 19.04.1972, aaO) für den sozialhilferechtlichen Kostenbeitrag ausgeführt:
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Die Möglichkeit der nachträglichen Beteiligung an den Kosten der Heilbehandlung muß jedoch nicht notwendig die Befugnis einschließen, zu jeder beliebigen Zeit und in jeder beliebigen Höhe um einen Kostenbeitrag nachzusuchen.
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Einmal wird gefordert werden müssen, dass dem Hilfeempfänger vor oder zu Beginn der Heilbehandlung die Absicht eröffnet wird, notfalls einen Kostenbeitrag zu fordern. Handelt es sich bei der vollen Übernahme der Kosten in erster Linie um ein Mittel, die Heilbehandlung in eigener Hand zu behalten, so kann doch nicht übersehen werden, dass die Übernahme dem Hilfesuchenden gegenüber zugleich eine Maßnahme der wirtschaftlichen Hilfe darstellt. Diese muss aber ihrer Höhe nach umgrenzt werden, und zwar notfalls unter Hinweis auf eine demnächst ergehende abschließende Entscheidung über einen etwaigen Kostenbeitrag. Ein derartiger Vorbehalt ist im vorliegenden Falle gemacht worden. Freilich könnte gefragt werden, ob nicht von dem Vorbehalt alsbald hätte Gebrauch gemacht werden müssen. Auch unter Berücksichtigung des die Beziehungen zwischen Hilfesuchendem und der Träger der Sozialhilfe beherrschenden Vertrauensverhältnisses kann aber von einer treuwidrigen verspäteten Geltendmachung im vorliegenden Falle (noch) nicht die Rede sein. Einmal ist es üblich, über die Gesamtkosten einer Behandlung erst am Schluß Rechnung zu legen, soweit es sich nicht um eine Dauerbehandlung handelt. Zum anderen muß die Behörde in Fällen der vorliegenden Art schon mit Rücksicht auf den Kranken einstweilen zuwarten können, will man nicht von ihr verlangen, daß sie in die Heilbehandlung mit Anfragen, Rechnungen und dergleichen störend eingreift.
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Diese vom BVerwG mit Urteil vom 25.11.1982 - 5 C 13/82 - (NVwZ 1983, 411) bestätigte Rechtsprechung macht sich die Kammer zu eigen. Ungeachtet ihrer ‚zurückhaltenden‘ Formulierung in Frageform ist den zitierten Ausführungen insgesamt zu entnehmen, dass die rückwirkende Erhebung eines Kostenbeitrages nur unter der (zusätzlichen) Voraussetzung zulässig sein soll, dass von dem Vorbehalt der Inanspruchnahme des Hilfeempfängers auch alsbald Gebrauch gemacht wird (ebenso Schellhorn, aaO). Andernfalls hätte es nahegelegen, die Frage nach einer zeitlichen Begrenzung der rückwirkenden Kostenbeitragserhebung mit der Begründung, dass es darauf für den zu entscheidenden Fall nicht ankomme, ausdrücklich offen zu lassen, zumal in der zitierten Textpassage im Hinblick auf die wirtschaftlichen Auswirkungen für den Beitragspflichtigen davon die Rede ist, dass die Höhe der Hilfekosten ggf. unter Hinweis auf eine demnächst ergehende abschließende Entscheidung über einen etwaigen Kostenbeitrag „umgrenzt“ werden müsse.
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Den vorstehenden Ausführungen hat sich das OVG Lüneburg angeschlossen (vgl. Urt. v. 02.12.2003 - 4 LC 153/03 -).
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Schließlich legen auch die für das steuerliche Abgabenrecht geltenden Vorschriften der §§ 172, 173 AO es nahe, vorliegend von einem Verwaltungsakt mit Mischwirkung auszugehen. Danach dürfen Steuerbescheide nur unter bestimmten Voraussetzungen aufgehoben und zum Nachteil des Steuerpflichtigen geändert werden. Darin kommt die Vorstellung des Gesetzgebers zum Ausdruck, dass ein Steuerbescheid nicht ausschließlich belastenden Inhalt hat, sondern zugleich die Steuerschuld der Höhe nach mit regelnder Wirkung begrenzt, da es andernfalls bei Festsetzung einer höheren Steuer keiner Änderung des ursprünglichen Steuerbescheides bedürfte. Es sind keine tragfähigen Gründe ersichtlich, bei jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsbescheiden (und kommunalrechtlichen Abgabenbescheiden) insoweit von abweichenden Grundsätzen auszugehen.
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Soweit sich die Beklagte demgegenüber auf Rechtsprechung des BVerwG zum kommunalen Abgaberecht beruft (vgl. Urt. v. 15.04.1983 - 8 C 170/81 - BVerwGE 67, 129), rechtfertigt diese keine abweichende Beurteilung. Dort heißt es:
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Nicht jeder belastende Verwaltungsakt ist schon aus der Natur der Sache tragfähig für den - ein entsprechendes Vertrauen rechtfertigenden - Gegenschluß, daß von dem Betroffenen mehr als dies nicht verlangt werden solle. Im Gegenteil ist ein solcher Schluß in der Regel nicht gerechtfertigt, so daß besondere Umstände hinzutreten müssen, wenn er sich (zumal aus verfassungsrechtlichen Gründen) dennoch rechtfertigen soll. An solchen Umständen fehlt es hier. Der Tenor des Bescheids vom 3. Mai 1977 (.... "wird der Beitrag für den Anschluß Ihres Grundstücks ... an die öffentliche Abwasseranlage hiermit auf ... DM festgesetzt") enthält keine Erklärung des Inhalts, eine weitergehende Beitragspflicht sei nicht entstanden, sie werde erlassen oder sie werde nicht mehr geltend gemacht. Ebensowenig ergeben sich aus der zur Begründung des Bescheids beigefügten Berechnung verläßliche Anhaltspunkte für die Aussage, der Kläger werde mit einem weitergehenden Beitrag nicht mehr belastet werden. Nach Lage der Dinge konnte der Kläger daher nicht einmal schlechthin sicher sein, daß es sich bei dem Bescheid vom 3. Mai 1977 um mehr als eine Teilveranlagung handele. Auch das mag jedoch im einzelnen auf sich beruhen. Selbst wenn der Bescheid vom 3. Mai 1977 nämlich als Vertrauensgrundlage inhaltlich an sich ausreichte, würde zu Lasten des Klägers die Zulässigkeit einer Verböserung (sogen. reformatio in peius) durchgreifen und zur Folge haben, daß eine (bundes)verfassungsrechtliche Schranke für eine weitergehende Beitragsbelastung nicht besteht (vgl. dazu Urteile vom 23. Mai 1962 - BVerwG V C 73.61 - BVerwGE 14, 175 (179) und vom 12. November 1976 - BVerwG IV C 34.75 - BVerwGE 51, 310 (313, 315)). Der Kläger hat den Bescheid vom 3. Mai 1977 mit dem Widerspruch angefochten. Damit hat er selbst die Aufrechterhaltung dieses Bescheides in Frage gestellt und ihm die Eignung als Grundlage eines schutzwürdigen Vertrauens genommen. Wer einen Bescheid anficht, muß - dies jedenfalls unter dem Blickwinkel des verfassungsrechtlichen Vertrauensschutzes - grundsätzlich auch die Verschlechterung seiner Position in Kauf nehmen und kann deshalb ein entgegenstehendes schutzwürdiges Vertrauen aufgrund dieses Bescheids nicht bilden (vgl. die Urteile vom 23. Mai 1962 und 12. November 1976, a.a.O.). Das gilt jedenfalls bis zu der hier nicht erreichten Grenze, daß die Verböserung "zu nahezu untragbaren Verhältnissen für den Betroffenen führen würde" (vgl. für den Fall der rechtswidrigen Zusage Urteil vom 24. Juni 1966 - BverwG VI C 72.63 - DVBl. 1966, 857 (859)).
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Im Sinne der vorstehend zitierten Ausführungen des BVerwG liegen im vorliegenden Falle aus den dargelegten Gründen jedenfalls besondere Umstände vor, auf Grund deren es sich bei dem in Rede stehenden Kostenbeitragsbescheid nicht um einen ausschließlich belastenden, sondern um einen Verwaltungsakt mit Mischwirkung handelt. Soweit die Beklagte ihren abweichenden Rechtsstandpunkt durch die Erwägung des BVerwG bestätigt sieht, der Kläger habe mit der Anfechtung des Ausgangsbescheides diesen in Frage gestellt und ihm die Eignung als Grundlage eines schutzwürdigen Vertrauens genommen, ist damit zum einen nichts über den Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheides ausgesagt. Zum anderen würde sich bei einem Verwaltungsakt mit Mischwirkung der Widerspruch auf dessen belastenden Inhalt beschränken.
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Auch die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Zulässigkeit der Nacherhebung von Erschließungsbeiträgen gibt zu einer abweichenden Beurteilung keine Veranlassung. Ausgehend von dem Grundsatz, dass sich die rechtliche Tragweite der Bestandskraft eines Verwaltungsakts nach dem jeweiligen materiellen Recht bestimmt, entnimmt das BVerwG den Vorschriften des BBauG bzw. BauGB, dass das Beitragsschuldverhältnis einer Beendigung durch den Beitragsbescheid entzogen sei, vielmehr die Gemeinden entstandene Erschließungsbeitragsansprüche angesichts deren Sicherung durch das Institut der öffentlichen Last sowie im Interesse der Beitragsgerechtigkeit bis zu deren Erlöschen in vollem Umfang auszuschöpfen hätten. Aus der Sicht des BVerwG handelt es sich bei einem den Erschließungsbeitragsanspruch nicht voll ausschöpfenden Bescheid um einen nach seinem Tenor ausschließlich belastenden Verwaltungsakt, welcher ungeachtet dessen geeigneter Gegenstand für ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen sein könne (vgl. Urt. v. 18.03.1988 - 8 C 92/87 - BVerwGE 79, 163; ferner Urt. v. 07.04.1989 - 8 C 83/87 - Buchholz 406.11 § 132 BBauG Nr. 43; Urt. v. 26.01.1996 - 8 C 14/94 - Buchholz 406.11 § 133 BauGB Nr. 125). - Für entsprechende Erwägungen finden sich im jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrecht keine tragfähigen Anknüpfungspunkte. Wie dargelegt, kann dort bloße Säumigkeit der Behörde zum Wegfall der Kostenbeitragspflicht führen. Ferner hat der Gesetzgeber in § 96 Abs. 6 SGB VIII ausdrücklich vorgesehen, dass von der Heranziehung der Eltern zu den Kosten unter bestimmten Voraussetzungen abzusehen ist bzw. abgesehen werden soll. Schließlich gibt auch der Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, welcher aus der Sicht des BVerwG die Möglichkeit der Änderung eines Erschließungsbeitragsbescheides zum Nachteil des Betroffenen einschränkt, keine Veranlassung, einem jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsbescheid gleichermaßen ausschließlich belastende Wirkung zuzumessen. Vielmehr erscheint es im Gegenteil aus Gründen der Sachnähe folgerichtig, von einem Verwaltungsakt mit Mischwirkung auszugehen und dadurch einfachgesetzlichen Vertrauensschutz nach Maßgabe des § 48 VwVfG bzw. § 45 SGB X zu eröffnen (vgl. Kopp, VwVfG, 6. Aufl. 1996, § 48 Rn. 48 [a. E.]).
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Handelt es sich nach alledem bei dem ursprünglichen Kostenbeitragsbescheid um einen den Betroffenen auch begünstigenden Verwaltungsakt, muss der im vorliegenden Verfahren angefochtene, davon inhaltlich zum Nachteil der Klägers abweichende Bescheid den verwaltungsverfahrensrechtlichen Anforderungen gemäß § 45 SGB X genügen. Nach dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zurückgenommen werden. Die Rücknahme liegt im Ermessen der Behörde (vgl. Wahrendorf in Giese/Krahmer, SGB X, Stand: Okt. 2004, § 45 Rn. 11.7). Da die Beklagte davon ersichtlich keinen Gebrauch gemacht hat, sondern davon ausgegangen ist, mit dem Nacherhebungsbescheid den ursprünglichen Kostenbeitragsbescheid lediglich zu ergänzen, ohne dessen Regelungsgehalt zu berühren, leidet der angefochtene Bescheid an dem Rechtsfehler einer Ermessensunterschreitung und kann deswegen keinen Bestand haben.
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Inwieweit die Beklagte im Anschluss an das vorliegende Urteil vom Kläger die streitigen Kostenbeiträge nach Maßgabe des § 45 SGB X nacherheben könnte oder ob dem Vertrauensschutzgründe, materiellrechtliche Grundsätze des jugendhilferechtlichen Kostenbeitragsrechts oder gar die Rechtsschutzgewährleistungsgarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG entgegenstünden, erforderte weitergehende, zum Teil rechtsgrundsätzliche Ausführungen, welche im Rahmen eines bloßen obiter dictum nicht angezeigt erscheinen.
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