Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (5. Kammer) - 5 A 37/06
Tatbestand
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Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis.
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Die im Jahre 1969 geborene Klägerin, ukrainische Staatsangehörige, reiste gemeinsam mit ihrer heute 17-jährigen Tochter am 02.05.1999 mit einem am 31.03.1999 für den Zeitraum vom 01.05. bis 01.08.1999 erteilten Schengen-Visums zum Zwecke des kurzfristigen touristischen Aufenthalts in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 16.06.1999 sprach sie mit dem deutschen Staatsangehörigen G. H. beim Landkreis I. vor und begehrte die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke der Eheschließung. Hierfür kehrte sie am 17.07.1999 in die Ukraine zurück und beantragte bei der Deutschen Botschaft in Kiew die Erteilung eines Visums zur Eheschließung. Das Visum wurde durch die Botschaft am 09.08.1999 mit einer Gültigkeit vom 11.08. bis 10.11.1999 antragsgemäß erteilt. Sodann reiste die Klägerin am 12.08.1999 gemeinsam mit ihrer Tochter erneut in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 19.10.1999 beantragte sie beim Landkreis I. die Erteilung einer Duldung wegen der bevorstehenden Geburt ihres Sohnes J.. Am 01.01.2000 verzog sie mit ihrer Tochter in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten. Diese erteilte der Klägerin am 14.02.2000 eine bis zum 30.05.2000 gültige Duldung.
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Am 12.05.2000 gebar die Klägerin in K. den Sohn J.. Für diesen erkannte der deutsche Staatsangehörige H. am 22.05.2000 die Vaterschaft an; der Sohn ist somit deutscher Staatsangehöriger.
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Am 21.06.2000 erteilte die Beklagte der Klägerin und ihrer Tochter erstmals eine bis zum 20.06.2001befristete Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Abs. 1 AuslG. Im August 2000 trennte sich die Klägerin dauerhaft von dem deutschen Staatsangehörigen L., zu der beabsichtigten Eheschließung kam es somit nicht. Die Aufenthaltserlaubnisse der Klägerin und ihrer Tochter wurden durch die Beklagte mehrfach, zuletzt unter dem 11.06.2003 mit einer Gültigkeit bis zum 10.06.2005 verlängert.
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Im Jahre 2004 führte die Klägerin erfolglos ein Einbürgerungsverfahren durch.
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Am 23.02.2005 beantragte sie bei der Beklagten die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis. Zu diesem Zeitpunkt bezog sie laufende öffentliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie, ausweislich des Bescheids der Beklagten vom 22.12.2004 in Höhe von 928,- Euro monatlich.
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Unter dem 14.03.2005 hörte die Beklagte die Klägerin zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrags an und verwies auf den Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG. Die Klägerin habe im Zeitraum von Januar 2001 bis Dezember 2004 Sozialhilfeleistungen in Höhe von insgesamt 28.195,- Euro in Anspruch genommen.
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Dagegen brachte die Klägerin vor, sie genieße den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 AufenthG. Im Übrigen bemühe sie sich um die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit.
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Wegen eines bei der Staatsanwaltschaft M. gegen die Klägerin eingeleiteten Strafverfahrens wegen des Verdachts des Sozialhilfebetruges - Az. N. - setzte die Beklagte unter dem 11.05.2005 das Verfahren auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis gemäß § 79 Abs. 2 AufenthG aus. Das Strafverfahren wurde durch Beschluss des Amtsgerichts K. vom 22.08.2005 gem. § 153 Abs. 2 StPO eingestellt.
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Am 12.09.2005 beantragte die Klägerin die Wiederaufnahme des Erteilungsverfahrens. Mit Schreiben vom 05.12.2005 setzte sie der Beklagten eine Frist zur Bescheidung bis zum 27.12.2005 und wies darauf hin, dass sie zwischenzeitlich ein Praktikum und seit Dezember ein befristetes Arbeitsverhältnis aufgenommen habe.
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Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin unter dem 06.12.2005 zur Vorlage von Nachweisen über das aufgenommene Praktikum und Gehaltsabrechnungen auf. Dieser Aufforderung kam die Klägerin mit Schreiben vom 12.12.2005 nach. Aus den vorgelegten Nachweisen ergibt sich, dass die Klägerin in der Zeit vom 01.09. bis 30.11.2005 bei der Firma O. Lufttechnik in K. ein Praktikum absolviert hat. Im Anschluss hieran nahm sie ein bis zum 28.02.2006 befristetes Arbeitsverhältnis bei der Firma P. in K. auf; ihre monatliche Vergütung betrug 1.000,-- Euro brutto.
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Mit Schreiben vom 28.12.2005 setzte die Klägerin der Beklagte letztmals eine Frist zur Bescheidung bis zum 09.01.2006. Hierauf reagierte die Beklagte mit Schreiben vom 30.12.2005 und forderte die Klägerin zur Vorlage von Nachweisen über eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses über den 28.02.2006 hinaus auf.
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Am 16.01.2006 hat die Klägerin zunächst Untätigkeitsklage mit der Begründung erhoben, die Niederlassungserlaubnis sei ihr trotz laufenden Sozialhilfebezugs - ab dem 01.01.2006 in Höhe von 430,- Euro monatlich - zu erteilen, anderenfalls liege eine nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung vor, denn sie sei alleinerziehende Mutter. Im Übrigen sei aus § 28 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu folgern, dass die Niederlassungserlaubnis gemäß § 28 Abs. 2 AufenthG erst recht unabhängig vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG zu erteilen sei. § 28 Abs. 2 AufenthG enthalte insofern eine abschließende Aufzählung. Im Übrigen genieße sie den besonderen Ausweisungsschutz des § 56 AufenthG. Aufgrund der besonderen familiären Situation - eine stetige Betreuung der behinderten Tochter und des minderjährigen Sohns sei in der Vergangenheit erforderlich gewesen - liege bezüglich ihrer Person jedenfalls ein Ausnahmefall vor.
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Nachdem die Beklagte mit Bescheid vom 09.02.2006 den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis abgelehnt und ihre Aufenthaltserlaubnis bis zum 10.06.2007 im Wesentlichen mit der Begründung verlängert hatte, die Sicherung des Lebensunterhalts sei nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch Voraussetzung der Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.02.2006 zusätzlich Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 09.02.2006 erhoben.
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Sie beantragt nunmehr,
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die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheides vom 09.02.2006 zu verurteilen, ihr antragsgemäß eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist zur Begründung auf den angefochtenen Bescheid vom 09.02.2006 sowie den Beschluss der Kammer vom 19.05.2006 und den Beschluss des Nds. OVG vom 17.07.2006, Az. 13 PA 236/06, mit dem der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt und die hiergegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen worden ist.
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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
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Die im Wege der Klageerweiterung zulässige Versagungsgegenklage ist unbegründet, denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Niederlassungserlaubnis, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts, denn der Bescheid der Beklagten vom 09. 02.2006 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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Zur Begründung wird auf den Prozesskostenhilfe versagenden Beschluss der Kammer vom 19.05.2006 und den die hiergegen erhobene Beschwerde zurückweisenden Beschluss des Nds. OVG vom 17.07.2006, Az. 13 PA 236/07, verwiesen.
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Hieran ist auch nach der durchgeführten mündlichen Verhandlung festzuhalten. Die Klägerin bezieht nach eigenen Angaben auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 670,- Euro monatlich. Damit liegt der Ausweisungsgrund des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG vor, wonach ein Ausländer ausgewiesen werden kann , wenn er für sich, seine Familienangehörigen oder für sonstige Haushaltsangehörige Sozialhilfe in Anspruch nimmt.
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Unter die Inanspruchnahme von Sozialhilfe i.S.d. § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG fällt auch der hier streitgegenständliche Bezug von Leistungen nach dem SGB II (Nds. OVG, Beschluss vom 17.07.2006, a.a.O.; a.A. Hailbronner, Ausländerrecht, 44. Erg.-Lfg. 12/2005, § 55 Rn. 80 m.w.N.; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 Rn. 44 ohne Begründung), denn hierbei handelt es sich - anders als beim beitragsfinanzierten Arbeitslosengeld I - um eine steuerfinanzierte Leistung der Allgemeinheit. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG dient dem Schutz der öffentlichen Haushalte vor dauerhafter finanzieller Belastung. Dies rechtfertigt die vorgenommene Gleichstellung mit dem Bezug von Leistungen nach dem SGB XII. Eine Differenzierung danach, ob der erwerbsfähige Empfänger der Grundsicherung nach dem SGB II vor Inkrafttreten der „Hartz-IV-Reform“ Arbeitslosenhilfe bezogen hat, mit der Folge, dass er aus dem Normadressatenkreis des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG auszuscheiden wäre, oder aber seinen Lebensunterhalt durch Leistungen nach dem BSHG bestritten hat, mithin bereits unter Geltung der Vorgängernorm des § 46 Nr. 2 AuslG Sozialhilfeempfänger war, gebietet weder der Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 6 AufenthG noch die Entstehungsgeschichte der Norm. Der Gesetzesbegründung lässt sich lediglich entnehmen, dass dem Gesetzgeber an einer sprachlichen Straffung des Ausweisungstatbestandes, keinesfalls aber an einer Beschränkung des bislang von § 46 Nr. 2 AuslG erfassten Personenkreises auf diejenigen Sozialhilfeempfänger gelegen war, die dem Arbeitsmarkt zur Vermittlung nicht (mehr) zur Verfügung stehen und somit künftig Leistungen nach dem SGB XII beziehen (vgl. BT-Drs. 15/420, S. 90).
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Da § 28 Abs. 2 Satz 1 AufenthG ausdrücklich nur auf das Vorliegen eines Ausweisungsgrundes abstellt, kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die Beklagte die Klägerin auch tatsächlich ausweisen oder aber ob die Klägerin besonderen Ausweisungsschutz nach § 56 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und 4 AufenthG beanspruchen kann, mit der Folge, dass die Beklagte im Ergebnis von dem ihr bei einer Ausweisung eingeräumten Ermessen nicht zum Nachteil der Klägerin Gebrauch machen darf.
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Unabhängig davon hält das Gericht auch an seiner im Prozesskostenhilfebeschluss vom 19.05.2006 vertretenen Rechtsauffassung fest, wonach die Erteilung einer Niederlassungserlaubnis nach § 28 Abs. 2 AufenthG das Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG voraussetzt. Dies wird in der jüngeren Rechtsprechung allgemein so gesehen (vgl. OVG Münster, Beschluss vom 06.07.2006, 18 E 1500/05, juris; VG Karlsruhe, Urteil vom 25.04.2006, 11 K 1392/05, juris; VG Stuttgart, Urteil vom 24.05.2006, 12 K 1834/06, juris; VG Ansbach, Beschlüsse vom 10.07.2006, AN 19 K 06.00844 und AN 19 K 06.00845, juris).
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Ein atypischer Sachverhalt, der ausnahmsweise ein Absehen vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 AufenthG rechtfertigen würde, ist im Falle der Klägerin nicht gegeben. Insbesondere kann sie sich nicht (mehr) auf die Betreuungsbedürftigkeit ihrer Kinder berufen. Die Klägerin hat diesbezüglich in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass ihre 17-jährige behinderte Tochter Q. seit dem 01.08. diesen Jahres eine Ausbildung aufgenommen hat und ihr Sohn R. seit Beginn des neuen Schuljahres die Grundschule besucht. Sie selbst hat am 31.08.2006 ein Ausbildungsverhältnis zur Altenpflegerin aufgenommen. Die Betreuung der Kinder wird über eine Tagesmutter sichergestellt. Sie hat somit alle Möglichkeiten, dem Arbeitsmarkt uneingeschränkt zur Verfügung zu stehen und ein reguläres Arbeitsverhältnis aufzunehmen, um den Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Da es für den Erfolg der vorliegend erhobenen Verpflichtungsklage maßgeblich auf die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung ankommt, bedarf es keiner Entscheidung, ob die in der Vergangenheit gegebene Betreuungsbedürftigkeit der Kinder ausnahmsweise ein Absehen vom Vorliegen der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 AufenthG gerechtfertigt hätte.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.
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