Urteil vom Verwaltungsgericht Osnabrück (3. Kammer) - 3 A 96/05

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten um die Beihilfefähigkeit eines nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittels nach den Beihilfevorschriften des Bundes in der ab dem 01.01.2004 geltenden Fassung (hier das Produkt Falkamin Pellets).

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Der am 23.12.1937 geborene Kläger ist Beamter des Bundes im Ruhestand und bezieht monatliche Versorgungsbezüge (Besoldungsgruppe A 12) in Höhe von rund 2.600 € netto. Er ist mit einem Bemessungssatz von 70 % beihilfeberechtigt.

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Der Kläger leidet ausweislich des letzten ärztlichen Befundes des Prof. Dr. med. G. P., Chefarzt für Innere Medizin des Marienkrankenhauses in Nordhorn, vom 08.11.2005 unter einer dekompensierten Leberzirrhose mit Leberinsuffizienz. Der Entlassungsbericht des Marienkrankenhauses vom 14.10.2004 weist daneben als Diagnose eine leichtgradige portale Enzephalopathie und ein ausgedehntes Rektumadenom aus. Zur Behandlung seiner Erkrankung wurde dem Kläger nach seiner Entlassung u.a. das Präparat Falkamin verordnet. Dabei handelt es sich um ein nicht verschreibungspflichtiges, aber apothekenpflichtiges Arzneimittel mit den Wirkstoffen Leucin, Valin und Isoleucin (Aminosäuremischung). Die Kosten für eine 10 Tage vorhaltende Packung des Präparats belaufen sich nach unbestrittenen Angaben des Klägers auf 167,54 €. Die diesbezüglich anfallenden monatlichen Aufwendungen erstattet die private Krankenkasse des Klägers anteilig.

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Mit Anträgen vom 23.08. und 20.10.2004 beantragte der Kläger - nach unbestrittenen Angaben der Beklagten - unter anderem die Gewährung einer Beihilfe zu seinen Aufwendungen für das Präparat Falkamin in Höhe von 335,08 € und 837,70 €. Die Anträge lehnte die Beklagte unter Bewilligung von Beihilfeleistungen im Übrigen mit Bescheiden vom 31.08. und 29.10.2004 mit der Begründung ab, nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel seien nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV in der ab 01.08.2004 anzuwendenden Fassung grundsätzlich nicht mehr beihilfefähig. Eine Ausnahmeregelung nach den Arzneimittelrichtlinien (AMR) greife für das Produkt Falkamin Pellets nicht.

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Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 08.09. und 12.11.2004 Widerspruch mit der Begründung ein, nach Aussagen des behandelnden Arztes Prof. Dr. P. sei das verordnete Medikament Falkamin Pellets für ihn überlebensnotwendig und müsse täglich eingenommen werden. Der ärztliche Entlassungsbericht vom 14.10.2004 bestätige, dass bei ihm eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliege, die erhebliche gesundheitliche Störungen mit sich bringe und die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtige, so dass die Voraussetzungen des Abschnitts F, Ziffern 16.1 und 16.2. AMR vorlägen. Eine abschließende Aufzählung der Ausnahmen, in denen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel bei schwerwiegenden Erkrankungen als Therapiestandard anerkannt seien, sei den AMR nicht zu entnehmen. Im Einzelfall begründete Ausnahmen seien daher außerhalb der in Ziffern 16.4 ff. AMR genannten Fallgruppen zulässig.

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Die Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.02.2005, zugestellt am 22.02.2005, als unbegründet zurück und führte darin aus, gemäß der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 26.09.2003 sei die Bundesregierung aufgefordert worden, die Be- und Entlastungen durch das GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) wirkungsgleich auf die Beihilfeberechtigten des Bundes zu übertragen. Nach dem Rundschreiben des BMI vom 20.07.2004, bekannt gegeben durch Erlass des BMF vom 29.07.2004, sei der durch die 27. und 28. Änderung der Beihilfevorschriften eingeführte Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV für Aufwendungen, die nach dem 01.08.2004 entstünden, anzuwenden. Danach seien Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig seien, grundsätzlich nicht beihilfefähig. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz sehe der Beihilfevorschriftengeber nur für die Fälle vor, in denen nach den AMR ein nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel als Therapiestandard zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen gelte. Diese Ausnahme greife für das Präparat Falkamin nicht, denn es sei in der abschließenden Aufzählung des Abschnitts F, Ziffern 16.4 ff. AMR nicht als Standardtherapeutikum zur Behandlung der Erkrankung des Klägers aufgelistet. Das Eingreifen einer Ausnahme nach den AMR lasse sich auch nicht dem vom Kläger vorgelegten Entlassungsbericht des Marienkrankenhauses Nordhorn entnehmen. Die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV verstoße auch nicht gegen höherrangiges Recht. Die Reichweite der Fürsorgepflicht des Dienstherrn im Hinblick auf Krankheitsfälle des Beamten sei grundsätzlich abschließend durch die Beihilfevorschriften festgelegt. Aus der Fürsorgepflicht folge nicht, dass durch gewährte Beihilfe und (private) Versicherungsleistungen die Aufwendungen in Krankheitsfällen vollständig gedeckt würden. Angesichts der Kostensteigerungen im Gesundheitswesen und den damit verbundenen Belastungen der öffentlichen Haushalte durch die Beihilfeaufwendungen sei es vertretbar, wenn dem Beamten Aufwendungen für Arzneimittel nur noch eingeschränkt, nämlich im Umfang des Versorgungsanspruchs der Kassenpatienten gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen, erstattet würden.

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Hiergegen hat der Kläger am 22.03.2005 Klage erhoben. Zur Begründung wiederholt und vertieft er sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren, verweist auf das Urteil des VG Göttingen vom 04.10.2006 - 3 A 608/05 -, wonach die Beihilfevorschriften allenfalls in der bis zum 17.06.2004 geltenden Fassung anzuwenden seien, und nimmt ergänzend Bezug auf die ärztlichen Bescheinigungen des Prof. Dr. G. P. vom 01.03.2005 - danach sei die Therapie mit Falkamin keine Nahrungsunterstützung, sondern für ihn ein lebenswichtiges Medikament, das auf Grund der Zusammensetzung der Aminosäuren eine Leberinsuffizienz reduziere, ohne die Behandlung könne es häufiger zu stationären Aufnahmen und zu der lebensgefährlichen Entwicklung eines Leberkomas kommen -, vom 08.11.2005 - danach sei unter Anwendung von Falkamin eine günstige Rückbildung der Leberinsuffizienz festzustellen, hieraus leite sich die weitere Therapienotwendigkeit her -, vom 23.08.2006 - danach gelte die günstige Wirkung oral verabreichter Präparate mit angereicherten verzweigtkettigen Aminosäuren wie Falkamin bei der Behandlung der hepatischen Enzephalopathie als erwiesen, wie dem Standardwerk Wolf/Weihrauch, Internistische Therapie 2006-2007, zu entnehmen sei - und vom 16.03.2007 - danach sei die Leberzirrhose nunmehr nicht mehr dekompensiert und die deutlich rückläufige portale Enzephalopathie auf die Medikamentation mit Falkamin zurückzuführen -. Wegen der Einzelheiten des Inhalts der ärztlichen Bescheinigungen wird auf dieselben verwiesen. Ausgehend hiervon seien die Voraussetzungen des Abschnitt F, Ziffern 16.2 und 16.3 AMR erfüllt. Selbst wenn man in den Regelungen des Abschnitts F, Ziffern 16.4 ff. AMR keine beispielhafte, sondern eine abschließende Aufzählung erblicke, folge der Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen in Höhe des Beihilfebemessungssatzes aus der in § 79 BBG verankerten Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn. Angesichts der hohen Kosten des Präparats sei ihm nicht zumutbar, die Aufwendungen im Rahmen der Eigenvorsorge aus seinen Versorgungsbezügen zu tragen. Vielmehr sei durch den Ausschluss der Beihilfefähigkeit des Präparats in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV die Fürsorgeverpflichtung seines Dienstherrn in ihrem Wesenskern verletzt. Zudem folge aus der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 06.12.2005 - 1 BvR 347/98 -, dass Ausschlusstatbestände wie § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV in den Fällen der Behandlung einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung mit dem Grundrecht aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG nicht zu vereinbaren sei, wenn dadurch eine Behandlungsmethode ausgeschlossen werde, die die nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf begründe.

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Der Kläger beantragt,

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die Beklagte zu verpflichten, ihm für die Aufwendungen auf das Produkt Falkamin eine Beihilfe in Höhe von 820,94 € zu gewähren und die Bescheide der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 31.08. und 29.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2005 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Zur Begründung nimmt er auf die angefochtenen Bescheide Bezug und trägt ergänzend vor, die wirkungsgleiche Übertragung der durch den Gesetzgeber beschlossenen Belastungen durch das GKV-Modernisierungsgesetzes auf den Beihilfebereich sei aufgrund des Gleichbehandlungsgrundsatzes und zur Entlastung der sozialen Sicherungssysteme geboten. Insofern komme es auf die Systemunterschiede zwischen Beihilfe und gesetzlicher Krankenversicherung nicht an. Es sei nicht zu beanstanden, wenn der Beihilfevorschriftengeber die Beihilfefähigkeit von Arzneimitteln auf das medizinisch notwendige Maß unter Beachtung des Wirtschaftlichkeits- und Sparsamkeitsgebots beschränke. Die in Abschnitt F, Ziffern 16.4 ff. AMR enthaltene abschließende Aufzählung von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln, die als Standardtherapeutika zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen anerkannt seien, könne deshalb nicht beanstandet werden. Einen über die Beihilfevorschriften hinausgehenden Anspruch auf Erstattung von Aufwendungen könne ein Beamter aus der Fürsorgeverpflichtung des Dienstherrn nur für erhebliche Belastungen herleiten, die auch nicht durch die aus den Bezügen zu bestreitende zumutbare Eigenvorsorge abgesichert werden könnten. Selbst wenn Pauschalierungen und Typisierungen der Beihilfevorschriften im Einzelfall zu Härten und Nachteilen führen würden, seien diese hinzunehmen, solange diese nicht unzumutbar seien. Die Grenze der Zumutbarkeit sei vorliegend in Ansehung der Kosten für das Präparat Falkamin und der dem Kläger monatlich zur Verfügung stehenden Nettobezüge nicht überschritten. Dabei sei auch zu berücksichtigen, dass der Kläger die Aufwendungen für das Präparat als außergewöhnliche Belastungen im Rahmen der Veranlagung der Einkommenssteuer steuerlich mindernd geltend machen könne. Die im Einkommenssteuerrecht hinsichtlich der außergewöhnlichen Belastungen geltende 5%-Grenze gebe zudem auch für das Beihilferecht einen Anhaltspunkt dafür, wann das Maß der Zumutbarkeit überschritten sei. Den Betrag von 351,83 € monatlich, den der Kläger unter Berücksichtigung des von seiner privaten Krankenkasse zu erstattenden Anteils der Aufwendungen aus seinen Versorgungsbezügen aufbringen müsse, könne dieser im Wege der Einstellung auf die veränderten Lebensumstände selbst tragen, ohne dass hierdurch sein Anspruch auf amtsangemessenen Unterhalt beeinträchtigt werde. Aus dem Umstand, dass die private Krankenkasse die Kosten für das Präparat Falkamin anteilig übernehme, könne er zudem nicht herleiten, dass dies auch für die Beihilfe gelten müsse. Konzeption und Regelungen des Rechts der privaten Krankenversicherungen seien auf das System der Beihilfe nicht übertragbar.

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Die Kammer hat zu der Frage, ob die Behandlung der klägerischen Erkrankungen mit dem Präparat Falkamin als Standardtherapie anerkannt ist, schriftliche Stellungnahmen des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) - Unterausschuss Arzneimittel - eingeholt. Auf das Schreiben des GBA vom 14.07.2006 (Blatt 65 f. d. GA) und dessen Email vom 22.05.2007 nebst Anlagen (Blatt 82 ff. d. GA) wird insoweit Bezug genommen.

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Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist begründet, denn der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Beihilfeleistungen für die ihm durch die Anschaffung des Präparats Falkamin Pellets entstandenen Aufwendungen. Die Bescheide der Oberfinanzdirektion Hamburg vom 31.08. und 29.10.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom17.02.2005 sind deshalb rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

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1.) Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfen verlangt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 -, BVerwGE 125, 21 ff. m.w.N.).

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Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der auf der Grundlage des § 200 BBG erlassenen Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für Beihilfen in Krankheits-, Pflege- und Geburtsfällen (Beihilfevorschriften - BhV-) in der in der Neufassung des Art. 1 der 26. allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 01.11.2001 (GMBl. S. 919), geändert durch die 27. allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17.12.2003 (GMBl. 2004, S. 227), die gemäß Artikel 2 Abs. 3 dieser Verwaltungsvorschrift an dem Tag in Kraft getreten ist, an dem die nächste Verordnung zur Änderung der Apothekenbetriebsordnung in Kraft tritt, somit dem 21.07.2004 - die in Bezug genommene Änderung der Apothekenbetriebsordnung vom 12.07.2004 ist am 20.07.2004 im Bundesgesetzblatt (BGBl. I S. 1611) verkündet worden und am Tag nach der Verkündung in Kraft getreten -, sind aus Anlass einer Krankheit die Aufwendungen für die vom Arzt, Zahnarzt oder Heilpraktiker bei Leistungen nach Nummer 1 verbrauchten oder nach Art und Umfang schriftlich verordneten Arznei-, Verbandmittel und dergleichen beihilfefähig. Nach Satz 2 Buchstabe b) dieser Beihilfevorschrift sind nicht beihilfefähig die Aufwendungen für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig sind. Ausgenommen sind solche Arzneimittel, die nach den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) auf Grund von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausnahmsweise verordnet werden dürfen. Satz 2 gilt nicht für Kinder bis zum vollendeten 12. Lebensjahr und mit Entwicklungsstörungen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr.

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Die Kammer ist mit dem VG Oldenburg (Urteile vom 15.11.2006 - 6 A 1689/05-, vom 22.11.2006 - 6 A 2089/06 - und vom 24.11.2006 - 6 A 3306/05 -, juris) und dem VG Hannover (Urteil vom 30.01.2007 - 2 A 8773/05 -, juris; vgl. auch VG München, Urteil vom 29.03.2007 - M 17 K 06.4415 -, juris) und entgegen der vom Kläger in Bezug genommenen Rechtsprechung des VG Göttingen (Urteile vom 15.09.2006 - 3 A 58/05 - und 04.10.2006 - 3 A 526/05 -, juris; ebenso: VG Braunschweig, Urteil vom 06.03.2007 - 7 A 194/05 -, juris; VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19.01.2007 - 3 K 3324/05 -, juris; vgl. auch VG Frankfurt, Urteil vom 13.11.2006 - 9 E 2962/05 (2) -, IÖD 2007, S. 113) zu der Überzeugung gelangt, dass die Beihilfevorschriften als solche weiterhin anwendbar sind (Urteile der Kammer vom 28.02.2007 - 3 A 71/06 und 3 A 112/06 -, juris). Soweit das Bundesverwaltungsgericht in seinem grundlegenden Urteil vom 17.06.2004 (2 C 50/02 -, BVerwGE 121, 103) entschieden hat, dass diese administrativen Vorschriften insgesamt den Anforderungen des verfassungsrechtlichen Gesetzesvorbehaltes nicht genügten, da die wesentlichen Entscheidungen über den Umfang der Beihilfeleistungen der Gesetzgeber selbst treffen müsse, steht dies ihrer Anwendbarkeit in der o.g. Fassung der 27. Änderungs-VwV nicht entgegen. Die Kammer hat zur Begründung in ihrem Urteil vom heutigen Tage in dem Verfahren 3 A 13/06 ausgeführt:

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„Nach der zuvor genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts [Anm.: Urteile vom 17.06.2004, a.a.O.; vom 25.11.2004 - 2 C 30/03 -, NVwZ 2005, 712; und vom 15.12.2005, a.a.O.] ist nämlich für eine - bislang nicht näher bestimmte - Übergangszeit von der Weitergeltung der Beihilfevorschriften auszugehen, so dass gewährleistet ist, dass die Leistungen nach einem einheitlichen Handlungsprogramm erbracht werden. Dies gilt (entgegen VG Göttingen, U. v. 04.10.2006 - 3 A 526/05) auch für die nach der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004, nämlich am 01.08.2004 in Kraft getretene Änderung des § 6 BhV. Ein Ausschluss des § 6 BhV in der Fassung der 27. Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften von der „Weitergeltung der Beihilfevorschriften“ lässt sich weder aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 noch aus späteren Entscheidungen dieses Gerichts herleiten. Eine unter Vernachlässigung der Entscheidungsgründe im übrigen aus den Silben, „geltung gewonnene Interpretation des Begriffes Weitergeltung, wonach nach dem 17.06.2004 in Kraft getretene Beihilferegelungen nicht angewandt werden dürften (so aber VG Göttingen a.a.O.), überzeugt nicht. Das Bundesverwaltungsgericht hat für seine Entscheidung die bereits veröffentlichte 27. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 17.12.2003 und 28. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften vom 30.01.2004 in den Blick genommen: Gerade auch mit Rücksicht auf diese Verwaltungsvorschriften, durch welche „teilweise erhebliche Eingriffe in den erreichten Beihilfe- und Vorsorgestandard“ erfolgt sind, hat es seine Auffassung begründet, der parlamentarische Gesetzgeber müsse dafür selbst die Verantwortung übernehmen. Es hat bezüglich der „Weitergeltung“ nicht, was für die Rechtsanwendung durch Verwaltungsbehörden und Gerichte von grundlegender Bedeutung ist, nach dem Zeitpunkt des Inkrafttretens einzelner Bestimmungen dieser Änderungsvorschriften unterschieden. Letzteres gilt auch für spätere Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 28.10.2004 - 2 C 34/03 -; B. v. 22.09.2005 - 2 B 27/05 -, jeweils zit. nach juris). Danach steht das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.06.2004 einer Prüfung des Klagebegehrens am Maßstab des § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2b BhV nicht entgegen (vgl. auch VG Oldenburg, U. v. 24.11.2006 - 6 A 3306/05).“

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2.) Bei dem streitgegenständlichen Präparat Falkamin handelt es sich um ein apothekenpflichtiges, indes nicht verschreibungspflichtiges Arzneimittel i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 BhV. Insbesondere liegt kein (diätetisches) Lebens- oder Nahrungsergänzungsmittel vor, denn entscheidend für die beihilferechtliche Einordnung eines Mittels als Arznei- oder Lebens-/Nahrungsergänzungsmittel ist der überwiegende Zweck, dem das Mittel nach wissenschaftlicher oder allgemeiner Verkehrsanschauung zu dienen bestimmt ist (näher hierzu OVG R-P, Urteil vom 09.05.2005 - 2 A 10106/05 -, IÖD 2005, 213 ff., unter Bezugnahme auf Nds. OVG, Beschluss vom 08.07.2004 - 11 ME 12/04 -, NVwZ-RR 2004, 840 ff.; VG Hannover, Urteil vom 30.01.2007 - 2 A 8773/05 -, juris; vgl. auch Urteil der Kammer vom 14.01.2004 - 3 A 30/03 -, juris). Das Präparat Falkamin ist nach dem im Beipackzettel beschriebenen Anwendungsgebiet zur Behandlung und Vorbeugung von Hirnfunktionsstörungen bei chronischen Lebererkrankungen (latente/manifeste hepatische Enzephalopathie). Es ist als Arzneimittel zugelassen und wird in der vom Bundesverband der pharmazeutischen Industrie herausgegebenen sog. „Roten Liste“ als Lebertherapeutika geführt. Zudem ist es apothekenpflichtig und wird nicht etwa - wie zahlreiche diätetischen Lebensmittel - über den Versandhandel vertrieben. Selbst unter Zurückstellung derart formaler Kriterien bei bloßer Würdigung des materiellen Zweckcharakters des Mittels, namentlich ob nach objektiven Maßstäben von dem Mittel eine therapeutische Wirkung zu erwarten ist (hierzu Nds. OVG, Urteil vom 25.05.2004 - 5 LB 15/03 -, NdsRpfl 2004, 303 f. m.w.N.), steht zwischen den Beteiligten die die Genesung begünstigende bzw. vorbeugende Wirkung dieser verzweigtkettigen Aminosäuren bei hepatischer Enzephalopathie nicht grundsätzlich in Streit, obgleich die Therapie der Erkrankung des Klägers mit dem Präparat Falkamin nach den im vorliegenden Verfahren eingeholten Auskünften des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) nicht als schulmedizinischer Standard gelten soll.

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3.) Da das Präparat Falkamin nicht verschreibungspflichtig ist, steht indes der Ausschlusstatbestand des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) Satz 1 BhV der begehrten Anerkennung als beihilfefähig grundsätzlich entgegen, denn die (Gegen-)Ausnahme des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) Satz 2 BhV greift zugunsten dieses Präparats nicht ein. Die nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V auf Grund von § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V, jeweils in der Fassung des zum 01.01.2004 in Kraft getretenen Artikels 1 des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung - GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190), erlassenen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittelrichtlinien / AMR) in der Fassung vom 31.08.1993 (BAnz. S. 11 155), hier anzuwenden in der Änderung durch die Bekanntmachung vom 15. Juni 2004 (BAnz. S. 19 566), sehen in ihrem Abschnitt F (Gesetzliche Verordnungsausschlüsse bei der Arzneimittelversorgung und zugelassene Ausnahmen), Ziffern 16.4 ff. (sog. OTC-Übersicht oder OTC-Ausnahmeliste), eine Behandlung der beim Kläger diagnostizierten dekompensierten Leberzirrhose mit Leberinsuffizienz mit verzweigtkettigen Aminosäuren (z.B. durch Falkamin) nicht vor. Zwar ist zwischen den Beteiligten unstreitig - auch der GBA zieht dies in seinem Schreiben an die Kammer vom 14.07.2006 und seiner Email vom 22.05.2007 nicht in Zweifel -, dass es sich bei der Erkrankung des Klägers um eine schwerwiegende i.S.d. Ziffer 16.2 AMR handelt. Die Aufnahme des Präparates Falkamin in die OTC-Übersicht scheiterte (bislang) allerdings daran, dass dieses Arzneimittel zur Behandlung der klägerischen Erkrankung nicht als Therapiestandard gilt. Hierzu hat der GBA ausgeführt, dass sich der zuständige Unterausschuss „Arzneimittel“ bereits bei der Erstellung der OTC-Übersicht und anlässlich einer erst kürzlich erfolgten Überprüfung dieser Ausnahmeliste mit der Aminosäurekombination Leucin, Valin und Isoleucin beschäftigt und dabei nach Auswertung der veröffentlichten Literatur und der Meinungen einschlägiger Fachkreise festgestellt habe, dass ein durch wissenschaftliche Studien hinreichend untermauerter Konsens über den Nutzen verzweigtkettiger Aminosäuren zur Behandlung der hepatischen Enzephalopathie nicht bestehe und deshalb die Verabreichung etwa von Falkamin nicht als Therapiestandard angesehen werden könne, wenngleich auch verschiedentlich zu lesen sei, dass die Verabreichung derartiger oraler Präparate als Zusatztherapie bei Proteinintoleranz zu empfehlen sei.

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4.) Die Regelungen der Ziffern 16.4 ff. des Abschnitts F AMR (OTC-Übersicht) sind, worauf die Beklagte zutreffend verweist, abschließend (ebenso VG Oldenburg, Urteile vom 15., 22. und 24.11.2006, jew. a.a.O.). Zwar ist das VG Hannover in seinem Urteil vom 30.01.2007 (a.a.O.) zu der gegenteiligen Auffassung (i.E. auch VG Gelsenkirchen, Urteil vom 19.01.2007, a.a.O.) im Wesentlichen mit der Begründung gelangt, im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung bestimme § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V, dass der Vertragsarzt Arzneimittel, die aufgrund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen seien, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit der entsprechenden Begründung verordnen könne. Da die Beihilfevorschriften diese Norm nicht in Bezug nähmen, die Fürsorgepflicht des Dienstherrn jedoch nicht hinter dem zurückstehen könne, was die gesetzliche Krankenversicherung ihren Mitgliedern leiste, müssten unter den dort normierten Voraussetzungen in Einzelfällen auch im Beihilferecht Ausnahmen zugelassen werden.

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Dem kann jedoch so nicht gefolgt werden. Der abschließende Charakter der Ziffern 16.4 ff. AMR (OTC-Übersicht) ergibt sich bereits aus der insoweit unmissverständlich formulierten Einleitung des Ausnahmekatalogs unter Ziffer 16.4 AMR („Schwerwiegende Erkrankungen und Standardtherapeutika zu deren Behandlung sind: “). Hätte der Richtliniengeber hier keine abschließende Aufzählung vornehmen wollen, so hätte er dies - etwa durch die Formulierung „... sind insbesondere:“ zum Ausdruck gebracht. Zudem bestimmt Ziffer 16.7 AMR (= Ziffer 16.9 der derzeit geltenden Fassung der AMR), dass die Vorschriften in den Nummern 16.1 bis 16.6 abschließend regeln, unter welchen Voraussetzungen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähig sind. Dem kann nicht entnommen werden, dass dem Vertragsarzt eine Befugnis eingeräumt wird, unter Anwendung der in Ziffern 16.2 und 16.3 AMR enthaltenen Definitionen der schwerwiegenden Krankheit und der Standardtherapie in weiteren, nicht im Katalog der Ziffern 16.4 ff. AMR enthaltenen Fällen nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel auf Kosten der gesetzlichen Krankenkassen verordnen zu können. Diese Auslegung widerspräche der klaren gesetzgeberischen Anordnung in § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung, wonach (nur) der Gemeinsame Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 erstmals bis zum 31. März 2004 festlegt, welche nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die bei der Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten, zur Anwendung bei diesen Erkrankungen mit Begründung vom Vertragsarzt ausnahmsweise verordnet werden können. Lediglich bis zum Inkrafttreten dieser Richtlinien stand diese Befugnis dem Vertragsarzt zu, vgl. § 34 Abs. 1 Satz 4 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung. Diese gesetzliche Bestimmung wäre obsolet gewesen, wenn dem Vertragsarzt neben dem Gemeinsamen Bundesausschuss die Befugnis zur Beurteilung zukommen sollte, wann nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen als Therapiestandard gelten und deshalb ausnahmsweise verordnet werden dürfen. Vor diesem Hintergrund kann in den Ziffern 16.2 und 16.3 AMR nur eine Wiedergabe bzw. Definition der Kriterien erblickt werden, unter denen der Gemeinsame Bundesausschuss den Positivkatalog der Ziffern 16.4 ff. AMR aufgestellt hat. Eine Ermächtigung des Vertragsarztes zur Beurteilung weiterer, nicht aufgelisteter Fälle anhand dieser Kriterien folgt hieraus indes nicht. Diesem Befund steht auch nicht die vom VG Hannover herangezogene Regelung des § 31 Abs. 1 Satz 4 SGB V entgegen, wonach der Vertragsarzt Arzneimittel, die aufgrund der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 von der Versorgung ausgeschlossen sind, ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen darf, denn diese Befugnis steht dem Vertragsarzt, wie schon die systematische Zusammenschau mit § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V ergibt, wonach Versicherte u.a. Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln haben, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V ausgeschlossen sind, nur in den Fällen zu, in denen nicht schon der gesetzliche Ausschluss des § 34 Abs. 1 SGB V greift, mithin nur für solche (verschreibungspflichtigen) Arzneimittel, deren Verordnung zwar nach den AMR vor allem vor dem Hintergrund des Wirtschaftlichkeitsgebots (vgl. § 92 Abs. 1 Satz 1 SGB V) grundsätzlich ausgeschlossen ist, indes in begründeten Einzelfällen hiervon abweichend die Verordnung ermöglicht werden soll, vgl. auch Abschnitt A, Ziffer 3 AMR.

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5.) Die exklusive Befugnis des GBA, durch allgemein verbindliche, d.h. auch von der Judikative anzuwendende Richtlinien - das VG Gelsenkirchen (Urteil vom 19.01.2007, a.a.O.) will dagegen in den Richtlinien des GBA allenfalls beihilferechtliche Hinweise erblicken, die die Verwaltungsgerichte nicht binden - (Gegen-)Ausnahmen von dem generellen Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten mit Arzneimitteln zu normieren, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts - vor allem mit Blick auf das Demokratieprinzip - insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BSG, Urteile vom 31.05.2006 - B 6 KA 13/05 R -, SozR 4-2500 § 92 Nr. 5; vom 07.11.2006 - B 1 KR 24/06 R -, NJW 2007, 1385, jew. m.w.N.). Gleichwohl bleibt es den Gerichten unbenommen, die Vereinbarkeit dieser untergesetzlichen normativen Regelungen des GBA in der Weise zu prüfen, wie wenn der Bundesgesetzgeber derartige Regelungen in Form einer untergesetzlichen Norm - etwa einer Rechtsverordnung - selbst erlassen hätte, wenn und soweit hierzu auf Grund hinreichend substantiierten Beteiligtenvorbringens konkreter Anlass besteht (BSG, Urteil vom 07.11.2006, a.a.O., m.w.N.).

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a) Im vorliegenden Fall kann letztlich dahinstehen, ob der Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel von der Beihilfe mit Verfassungsrecht, namentlich der aus Art. 33 Abs. 5 GG folgenden Fürsorgepflicht des Dienstherrn, dem Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und dem aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Willkürverbot, zu vereinbaren ist. Das VG Gelsenkirchen (Urteil vom 19.01.2007, a.a.O.) erblickt in diesem Ausschluss aufgrund des systemwidrigen Eingriffs in wesentliche Strukturprinzipien der Beihilfe eine erhebliche Verletzung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, die nicht mehr von dem ihm in Beihilfeangelegenheiten zustehenden weiten Ermessensspielraum als gedeckt angesehen werden könne. Zuzugeben ist dem VG Gelsenkirchen mit Blick auf die von ihm festgestellte Systemwidrigkeit, dass auch der vorliegende Fall veranschaulicht, dass von einer wirkungsgleichen Übertragung der Be- und Entlastungen des GKV-Modernisierungsgesetzes auf die Beihilfeberechtigten des Bundes, die Intention des Gesetzgebers war (vgl. Entschließung des Deutschen Bundestages vom 26.09.2003, zu BR-Drs. 675/03, S. 2, BT-Drs. 15/1584, S. 10), nicht die Rede sein kann. Im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung etwa ist die Verordnungsfähigkeit von Aminosäuremischungen nämlich nicht generell ausgeschlossen. Nach § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der bis zum 31.03.2007 geltenden Fassung hat der GBA in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 (auch) festzulegen, in welchen medizinisch notwendigen Fällen Aminosäuremischungen, Eiweißhydrolysate, Elementardiäten und Sondennahrung ausnahmsweise in die Versorgung (der gesetzlich Versicherten) mit Arzneimitteln einbezogen werden. Dem entsprechend sehen die AMR seit der Bekanntmachung der Änderung vom 25. August 2005 (BAnz. S. 13241) in Abschnitt E, Ziffern 15 ff., die Möglichkeit vor, u.a. Aminosäuremischungen als diätetische Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (bilanzierte Diäten i.S.d. Diätverordnung), vgl. Ziffer 15.2.1 AMR, im Rahmen von Elementardiäten oder Sondennahrung zu verordnen. Diese Ausnahme hat der Beihilfevorschriftengeber ebenso wie die in § 31 Abs.1 Satz 4 SGB V enthaltene Befugnis des Vertragsarztes, die aufgrund der AMR von der Versorgung ausgeschlossenen Arzneimittel ausnahmsweise in medizinisch begründeten Einzelfällen mit Begründung verordnen zu können, mit seiner Verweisung in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV nicht erfasst. Die Ansprüche der Bundesbeamten auf Beihilfeleistungen bleiben daher in diesem Bereich aufgrund des lediglich partiellen Einbezugs der AMR in die BhV hinter denen der gesetzlich Versicherten zurück.

26

b) Jedenfalls steht seit dem Urteil des EuGH vom 26.10.2006 (- C-317/05 -, PharmaR 2006, S. 533 ff., „Pohl-Boskamp“) fest, dass die OTC-Übersicht in der hier anzuwendenden Fassung unter Verstoß gegen das in Art. 6 Nrn. 1 und 2 der Richtlinie EWGV 89/105 des Rates vom 21.12.1988 betreffend die Transparenz von Maßnahmen zur Regelung der Preisfestsetzung bei Arzneimitteln für den menschlichen Gebrauch und ihre Einbeziehung in die staatlichen Krankenversicherungssysteme (ABl. Nr. L 040 vom 11.02.1989, S. 8) - sog. Transparenzrichtlinie - geregelte Verfahren zustande gekommen ist und deshalb mit dem höherrangigen Gemeinschaftsrecht unvereinbar ist. Insbesondere sind auch die das Präparat Falkamin betreffenden Prüfverfahren vor dem Unterausschuss „Arzneimittel“ des GBA ersichtlich nicht nach den in Art. 6 Nrn. 1 und 2 der Transparenzrichtlinie niedergelegten Regeln durchgeführt worden. Zwar ist die Entscheidung des EuGH im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem Arzneimittelhersteller und dem GBA wegen dessen Weigerung, zwei Fertigarzneimittel in die OTC-Übersicht aufzunehmen, ergangen. Aus dem zweiten Leitsatz der Entscheidung des EuGH geht insoweit klar hervor, dass aus Art. 6 der Transparenzrichtlinie nur Arzneimittelhersteller subjektive Rechte herleiten können, nicht aber der gesetzlich Versicherte im Verhältnis zu seiner Krankenkasse (Gassner, PharmaR 2006, 545 (548)). Demgegenüber trägt die Annahme, gesetzlich Versicherte könnten im Verhältnis zu den Leistungserbringern des staatlichen Gesundheitssystems den Verstoß des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V und der hiernach ergangenen Richtlinien des GBA gegen Gemeinschaftsrecht nicht entgegenhalten, nicht (in diese Richtung wohl Gassner, a.a.O.). Denn der EuGH erklärt im ersten Leitsatz seiner Entscheidung die mitgliedstaatliche Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V in der hier anzuwendenden Fassung - und damit auch die auf dieser Ermächtigungsgrundlage beruhenden Richtlinien des GBA, die er als Maßnahme im Sinne des Art. 6 der Transparenzrichtlinie qualifiziert - für mit Art. 6 Nrn. 1 und 2 der Transparenzrichtlinie unvereinbar, ohne diese Feststellung auf das Verhältnis der Arzneimittelhersteller zum staatlichen Gesundheitssystem zu beschränken. Zutreffend stellt daher Kortland (PharmaR 2006, 496 (499)) im Anschluss an das Urteil des EuGH vom 26.10.2006 klar, dass hinsichtlich des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V zugunsten der gesetzlich Versicherten der Grundsatz gilt, dass richtlinienwidrige Bestimmungen des nationalen Rechts nicht zu Lasten des einzelnen angewendet werden dürfen. Die vorstehend (4.) beschriebene Ausschlusswirkung der OTC-Übersicht kann daher auch zu Lasten der Beihilfeberechtigten jedenfalls so lange nicht Platz greifen, bis der GBA die Festlegung derjenigen nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel, die als Standardtherapeutikum zur Behandlung schwerwiegender Erkrankungen von dem Ausschluss des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V ausgenommen werden sollen, nach Durchführung eines der Transparenzrichtlinie entsprechenden Verfahrens getroffen hat. Die Voraussetzungen hierfür sind vom Gesetzgeber bereits geschaffen worden, denn er hat im Rahmen des jüngst verabschiedeten Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I S. 378) die Vorschrift des § 34 SGB V nachgebessert und sie um einen Absatz 6 ergänzt, der die Vorgaben des EuGH in dem o.g. Urteil umsetzen und mehr Transparenz für die Pharmaunternehmen bei der Aufstellung der OTC-Liste schaffen soll.

27

Lassen sich die Ausnahmen von dem in § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) Satz 1 BhV niedergelegten Grundsatz, dass Aufwendungen für nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nicht beihilfefähig sind, nicht durch Bezugnahme auf die AMR - konkret: auf die OTC-Übersicht - ermitteln, so folgt daraus weder eine umfassende Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bzw. der Beihilfe für jedes nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel, das der behandelnde Arzt dem Betroffenen verordnet, noch ein umfassender Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel ohne jedwede (Gegen-) Ausnahme, wie er sich bei alleiniger Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 1 SGB V bzw. im Beihilferecht des § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) Satz 1 BhV ergeben würde (vgl. Kortland, a.a.O., S. 499). Denn ein solcher genereller Ausschluss wäre jedenfalls für die Behandlung solcher schwerwiegender Erkrankungen verfassungsrechtlich nicht haltbar, im Rahmen derer ausschließlich auf nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel als Standardtherapeutikum zurückgegriffen werden kann. Für den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung wird daher vertreten, bis zum Erlass einer mit Gemeinschaftsrecht zu vereinbarenden OTC-Übersicht auf die Übergangsregelung des § 34 Abs. 1 Satz 4 SGB V zurückzugreifen, wonach bis zum Inkrafttreten (wirksamer) Richtlinien des GBA der Vertragsarzt nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel nach den Kriterien des § 34 Abs. 1 Satz 2 SGB V - schwerwiegende Erkrankung, Standardtherapie - verordnen kann (so Kortland, a.a.O., S. 499). Die Beihilfevorschriften enthalten selbst keine § 34 Abs. 1 Satz 4 SGB V entsprechende Regelung; § 6 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 b) BhV nimmt auf diese Übergangsbestimmung nicht Bezug. Das Beihilferecht in der hier anzuwendenden Fassung enthält insoweit eine planwidrige Regelungslücke, die im Wege einer analogen Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 4 SGB V zu schließen ist. Eine solche Analogie drängt sich vor allem deshalb auf, weil die 27. Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Beihilfevorschriften mit Wirkung vom 1.1.2004 der wirkungsgleichen Übernahme der Regelungen des GKV-Modernisierungsgesetzes - GMG - in das Beihilferecht des Bundes dienen sollte. Zudem wäre der ausnahmslose Ausschluss nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel, die als Standardtherapie einer schweren Erkrankung gelten, von der Beihilfefähigkeit mit der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht zu vereinbaren.

28

Eine Verordnung nicht verschreibungspflichtiger Arzneimitteln zulasten des Kostenträgers ist entsprechend § 34 Abs. 1 Satz 4 SGB V nur „nach den Kriterien des Satzes 2“ zulässig, d.h. der behandelnde Arzt muss nachvollziehbar begründen, weshalb das verordnete Medikament bei der Behandlung einer bestimmten schwerwiegenden Erkrankung als Therapiestandard gilt. Dieser Begründungspflicht kommt der Arzt nicht schon dadurch nach, dass er etwa das betreffende Medikament als ein probates Therapeutikum bezeichnet, das er regelmäßig in seiner Praxis verwendet (dazu Urteil der Kammer vom heutigen Tage - 3 A 13/06 -). Die Begründung muss vielmehr den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse berücksichtigen und unter Darlegung der Erkenntnisquellen die Annahme rechtfertigen, dass die durchgeführte Behandlung als mögliche Hilfe zur Besserung des bezeichneten Krankheitszustandes allgemeine Anerkennung genießt. Anders als vom GBA kann indes von dem behandelnden Arzt nicht abverlangt werden, dass er in seine Beurteilung sämtliche Lehrmeinungen der medizinischen Wissenschaft sowie die bisher durchgeführten klinischen Studien gegeneinander abwägend einfließen lässt. Ein derartiger Aufwand dürfte regelmäßig die Kapazitäten der niedergelassenen Ärzte übersteigen.

29

c) Dem vorbezeichneten Darlegungs- und Begründungserfordernissen genügen die vom Kläger beigebrachten ärztlichen Stellungnahmen des Prof. Dr. P., der seine Auffassung, zur Behandlung der hepatischen Enzephalopathie sei die Verabreichung des Präparates Falkamin medizinisch indiziert, nicht nur auf seine eigene bisherige Behandlungspraxis als Facharzt und die beim Kläger infolge der Behandlung zu verzeichnenden Heilungsfortschritte stützt, sondern zum Beleg auch eine anerkannte Lehrmeinung in der Schulmedizin heranzieht. Die Auffassung des behandelnden Arztes Prof. Dr. P. stützt auch der vom Kläger beigebrachte Auszug aus der Online-Datenbank (www.medizin-online.de), die zumindest bei schwerer hepatischer Enzephalopathie mit niedriger individueller Eiweißtoleranz die Substitution verzweigtkettiger Aminosäuren als medizinisch indiziert ansieht, wenngleich die Wirkung bei schwerer Enzephalopathie als nicht gesichert beschrieben wird.

30

d) Aus dem Vorstehenden folgt, dass der Kläger einen Anspruch auf Beihilfe in Höhe von 70 % der getätigten, von der OFD bislang nicht anerkannten Aufwendungen für das Präparat Falkamin hat, die von den Beteiligten mit 335,08 € (Bescheid vom 31.08.2004) und 837,70 € (Bescheid vom 29.10.2004) beziffert werden. Die Gesamtaufwendungen belaufen sich damit auf 1.172,78 €, von denen ein Betrag von 820,95 € (1.172,78 € x 0,7) erstattungsfähig ist, sodass antragsgemäß zu entscheiden war.

31

6.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

32

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

33

Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor. Die Kammer misst der Rechtssache insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) bei, da die vorstehend begründete analoge Anwendung des § 34 Abs. 1 Satz 4 SGB V nur für eine Übergangszeit - nämlich bis zum Inkrafttreten einer nach dem in der Transparenzrichtlinie geregelten Verfahren verabschiedeten OTC-Übersicht - in Betracht kommt.

 


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