Urteil vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (3. Kammer) - 3 A 351/15

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Beklagten und des Beigeladenen zu 1. trägt die Klägerin. Im Übrigen trägt jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für den Beigeladenen zu 1.jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 6400 €. Im Übrigen darf die Klägerin die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um einen von der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Durchführung von eigenwirtschaftlichen Omnibusverkehren nach dem Personenbeförderungsgesetz für den Bereich des Wirtschaftsraumes A-Stadt.

2

Auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Kooperationsvertrages nimmt die Beklagte die Aufgabe als Genehmigungsbehörde nach dem Personenbeförderungsgesetz für den in diesem Gebiet zuständigen Aufgabenträger, den Beigeladenen zu 1., wahr.

3

Der Regionalentwicklungsausschuss des Beigeladenen zu 1. beschloss am 27.8.2014 bzw. 1.10.2014, eine europaweite Ausschreibung des öffentlichen Dienstleistungsauftrags für die Verkehrsleistung des Stadtverkehrs A-Stadt einzuleiten. Daraufhin wurde eine Vorabbekanntmachung am 2.1.2015 im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Hierin wurde darauf verwiesen, dass mit dem beabsichtigten Dienstleistungsauftrag für die Gesamtleistung die unter einer näher bezeichneten Internetadresse (Link) dargestellten Anforderungen verbunden seien. Die unter diesem Link abrufbaren Angaben enthielten unter anderem die Festlegung, dass vom Auftragnehmer über die gesamte Konzessionslaufzeit der so genannte Schleswig-Holstein- Tarif (S.-H.-Tarif) in seiner jeweils gültigen Form anzuerkennen und anzuwenden sei. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass gemäß § 8a Abs. 2 i.V.m. § 12 Abs. 6 Satz 1 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) ein Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr spätestens drei Monate nach dieser Vorabbekanntmachung bei der Beklagten zu stellen sei. Des Weiteren wurde unter Angabe der einschlägigen Internetadresse auf den „2. Regionalverkehrsplan des Kreises A-Stadt   “ verwiesen.

4

Mit Schreiben vom 26.3.2015 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung von Liniengenehmigungen für eigenwirtschaftliche Verkehrsleistungen im Stadtverkehr A-Stadt für die in den Angaben zur Vorabbekanntmachung vom 2.1.2015 genannten Linien, welche dem bislang von der Klägerin erbrachten Verkehrsangebot entsprachen. Entgegen der in der Vorabbekanntmachung geforderten Anwendung des S.-H.-Tarifs wurde den Anträgen die Anwendung eines Haustarifs zugrundegelegt. Begründet wurde diese Abweichung damit, dass andernfalls mit der Vorgabe einer Tarifpflicht ohne eine korrespondierende Bereitschaft, einen für die Eigenwirtschaftlichkeit unschädlichen Ausgleich zu gewähren, der gesetzlich vorgeschriebene Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 PBefG unterlaufen werde. Daher handele es sich hier nicht um eine wesentliche Abweichung im Sinne des § 13 Abs. 2a PBefG. Sollte sich der Aufgabenträger bereit erklären, das durch Anwendung des S.-H.-Tarifs entstehende Tarifdefizits (Differenz zum Haustarif) über eine allgemeine Vorschrift auszugleichen, werde auf die Anwendung des Haustarifs verzichtet und die Anträge würden unter Anwendung des S.-H.-Tarifs im Übrigen aufrecht erhalten.

5

Die Beigeladenen zu 2. und 3. stellten mit Schreiben vom 1.4.2015 ebenfalls Anträge auf eigenwirtschaftliche Liniengenehmigungen für mehrere der in den Angaben zur Vorabbekanntmachung vom 2.1.2015 genannten Linien.

6

In einer an die Beklagte gerichtete Stellungnahme vom 11.5.2015 stellte der Beigeladene zu 1. die Preissteigerungen unter Zugrundelegung des von der Klägerin vorgesehenen Haustarifs im Vergleich zum Status quo (S.-H.-Tarif) dar und erklärte ausdrücklich, dass er als Aufgabenträger seine Zustimmung zum beantragten Haustarif als wesentliche Abweichung nach § 13 Absatz 2a PBefG verwehre.

7

Daraufhin lehnte die Beklagte die gestellten Anträge auf Erteilung von Linienverkehrs-genehmigungen mit Bescheid vom 27.5.2015 ab. Zur Begründung führte sie aus, dass die in Konkurrenz zur beabsichtigten Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages gestellten eigenwirtschaftliche Anträge gemäß § 13 Abs. 2a Satz 2 PBefG zu versagen seien, da die Anforderungen aus der Vorabbekanntmachung hinsichtlich des Beförderungsentgeltes nicht erfüllt seien und der Beigeladene zu 1. seine Zustimmung zum abweichenden Haustarif nicht erteilt habe.

8

Mit Schreiben vom 26.6.2015 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid vom 27.5.2015 und begründete diesen damit, dass die Klägerin vorliegend bereit sei, die gewünschte Verkehrsleistung auch ohne Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages zu erbringen. Die Intervention des Aufgabenträgers müsse sich in den Fällen, in denen die von ihm gewünschte Verkehrsleistung auch ohne die Ausschreibung eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages am Markt vorhanden sei, auf das Mittel beschränken, welches den geringeren Eingriff in den Markt und auch die Gewerbefreiheit darstelle. Dies sei vorliegend die Finanzierung des Tarifdefizits über eine allgemeine Vorschrift. Ohne einen entsprechenden Ausgleich über eine allgemeine Vorschrift stelle die Abweichung vom S.-H.-Tarif hingegen keine wesentliche Abweichung im Sinne des § 13 Abs. 2a Satz 2 PBefG dar.

9

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 11.9.2015 von der Beklagten als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte sie aus, die seitens der Klägerin vorgetragene Auslegung, die Tarifvorgabe sei deshalb nicht als wesentlich einzustufen, da sie die einzige Abweichung von den Anforderungen der Vorabbekanntmachung darstelle und kein Ausgleich über eine allgemeine Vorschrift erfolge, widerspreche Wortlaut, Systematik sowie Sinn und Zweck des Personenbeförderungsgesetzes. Der gesetzlich normierte Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit vor gemeinwirtschaftlichen Verkehren könne denknotwendig nur dann verletzt sein, wenn der Genehmigungsantrag allen Anforderungen, die der Aufgabenträger definiert habe, genügen würde. Vorliegend weiche der beantragte Verkehr jedoch sowohl von den Anforderungen der Vorabbekanntmachung als auch vom Nahverkehrsplan sowie dem Status quo ab.

10

Die Klägerin hat am 20.10.2015 Klage erhoben.

11

Zur Begründung nimmt sie zunächst vollumfänglich Bezug auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und trägt ergänzend vor:

12

Ein Wahlrechts des Aufgabenträgers, ob er zur Finanzierung von Verkehrsleistungen einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder allgemeine Vorschriften nutze, bestehe im vorliegenden Fall nicht, da die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung allein in der Anwendung des S.-H.-Tarifs liege. Vor dem Hintergrund des Vorrangs der Eigenwirtschaftlichkeit, des Subsidiaritätsprinzips und europarechtlicher Erwägungen sei der Aufgabenträger in dem Fall, dass die fehlende Eigenwirtschaftlichkeit einer Verkehrsleistung allein auf die Anwendung eines aus sozialpolitischen Gründen vorgegebenen Beförderungstarifs zurückzuführen sei, gehalten, auf eine allgemeine Vorschrift als Finanzierungsinstrument zurückzugreifen.

13

Dieses Ergebnis decke sich mit dem europarechtlichen Grundsatz, dass staatliche Stellen unter Gesichtspunkten der Daseinsvorsorge nur zu einer Intervention in den freien Markt in Form der Finanzierung von Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse befugt seien, soweit die Leistung nicht bereits am Markt vorhanden sei und insofern ein Marktversagen vorliege. Hier liege jedoch kein Marktversagen vor, welches die Intervention des Aufgabenträgers in Form einer wettbewerblichen Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages rechtfertigen würde, da das Marktversagen allein auf die Tarifvorgabe des Beigeladenen zu 1. zurückzuführen sei.

14

Unter diesen Gesichtspunkten stelle die vorliegende Abweichung vom S.-H.-Tarif keine wesentliche Abweichung im Sinne des § 13 Abs. 2a Satz 2 PBefG dar, da andernfalls der Aufgabenträger allein durch entsprechende Tarifvorgaben darüber entscheiden könne, wie weit die Gewerbefreiheit und der Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit reichen würden.

15

Die Klägerin beantragt,

16

die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Beklagten vom 27.5.2015 und des Widerspruchsbescheids der Beklagten 11.9.2015 zu verpflichten, der Klägerin die beantragten Linienverkehrsgenehmigungen nach § 42 Personenbeförderungsgesetz (PBefG) für die Linien Nr. 1/2/3, 5/6/7, 10/11/12, 14,14a, 15, 16, 17, 17a, 18 und 19 im Stadtverkehr A-Stadt gemäß Antrag der Klägerin vom 26.3.2015 zu erteilen.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Zur Begründung verweist sie auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren.

20

Der Beigeladene zu 1. beantragt ebenfalls,

21

die Klage abzuweisen.

22

Zur Begründung trägt er (im Wesentlichen) vor:

23

Die Ablehnung des Antrages der Klägerin auf Genehmigung eigenwirtschaftlicher Verkehre sei zu Recht erfolgt.

24

Die Genehmigung sei bereits deshalb nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 PBefG zu versagen, weil der beantragte Verkehr ein ausschließliches Recht verletze, da der Aufgabenträger die streitgegenständlichen Omnibusverkehre im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens bereits an ein anderes Unternehmen vergeben habe. Des Weiteren stünden dem Antrag nach § 13 Abs. 2 Nr. 3 PBefG öffentliche Verkehrsinteressen in Gestalt der Anwendung des S.-H.-Tarifs entgegen. Der S.-H.-Tarif betreffe nicht nur die Preisstruktur sondern unter anderem auch das Interesse an einer Nutzbarkeit der Fahrscheine im gesamten Tarifgebiet.

25

Darüber hinaus sei die Genehmigung gemäß § 13 Abs. 2a Satz 2 PBefG zu versagen, weil der Antrag nicht den in der Vorabbekanntmachung beschriebenen Anforderungen entspreche und von diesen nicht nur unwesentlich abweiche. Er entspreche im Hinblick auf die Anwendung eines Haustarifes mit Preissteigerungen von bis zu 520 % auch nicht dem bisherigen Verkehrsangebot. Daneben stünde die Anwendung eines Haustarifs gemäß § 13 Abs. 2a Satz 1 PBefG im Widerspruch zum regionalen Nahverkehrsplan des Beigeladenen zu 1.

26

Die Beigeladenen zu 2. und 3. haben keine Anträge gestellt.

27

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28

Die zulässige, fristgemäß erhobene Klage ist unbegründet.

29

Die Klage ist als Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO zulässig.

30

Die Klägerin ist insbesondere gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, da sie sich als Verkehrsunternehmen, das Verkehrsleistungen eigenwirtschaftlich anbieten will, grundsätzlich auf den in § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG verankerten Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit berufen kann.

31

Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Genehmigung ihrer Anträge vom 26.3.2015 zu. Der Bescheid der Beklagten vom 27.5.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 11.9.2015 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

32

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Genehmigung ihrer Anträge vom 26.3.2015 nach Maßgabe der § 13 PBefG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 3, § 8 Abs. 4 PBefG. Die Genehmigung des Antrags auf Erbringung eines eigenwirtschaftlichen Linienverkehrs unter Anwendung eines Haustarifs ist nach § 13 Abs. 2a Satz 2 ff. PBefG zwingend zu versagen.

33

Hiernach ist die Genehmigung zu versagen, wenn ein in der Frist nach § 12 Abs. 6 PBefG gestellter Antrag die in der Vorabbekanntmachung beschriebenen Anforderungen nicht erfüllt oder sich nur auf Teilleistungen bezieht, es sei denn die zuständige Behörde erteilt gegenüber der Genehmigungsbehörde ihr Einvernehmen zu den beantragten Abweichungen. Nach § 12 Abs. 6 PBefG ist der Antrag auf Erteilung einer Genehmigung für einen eigenwirtschaftlichen Verkehr mit Straßenbahnen, Obussen oder Kraftfahrzeugen im Linienverkehr spätestens drei Monate nach der Vorabbekanntmachung zu stellen, wenn die zuständige Behörde die Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages nach Artikel 5 Abs. 2 bis 4 VO (EG) Nr. 1370/2007 oder nach dem Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen plant. Gemäß § 13 Abs. 2a Satz 3 PBefG ist die Genehmigung zu erteilen, wenn der beantragte und in seinen Bestandteilen verbindlich zugesicherte Verkehr mindestens dem bisherigen Verkehrsangebot entspricht und darüber hinaus von den in der Vorabbekanntmachung beschriebenen weitergehenden Anforderungen zur Sicherstellung der ausreichenden Verkehrsbedienung nur unwesentlich abweicht. Als wesentlich gelten grundsätzlich Abweichungen von Anforderungen zu Linienweg und Haltestellen, zu Bedienungshäufigkeit und Bedienungszeitraum, zur Abstimmung der Fahrpläne und zur Barrierefreiheit (Satz 4). Das Gleiche gilt für Anforderungen zur Anwendung verbundener Beförderungstarife und Beförderungsbedingungen, für die ein Ausgleich nach der VO (EG) Nr. 1370/2007 gezahlt werden soll (Satz 5).

34

Die Versagungsvoraussetzungen sind vorliegend erfüllt, da die beantragte Zugrundelegung eines Haustarifs eine wesentliche Abweichung von den in der Vorabbekanntmachung beschriebenen Anforderungen darstellt, für welche der Beigeladene zu 1. als Aufgabenträger seine Zustimmung verwehrt hat.

35

Der Beigeladene zu 1. hat im Rahmen der Vorabbekanntmachung vom 2.1.2015 hat - in zulässiger Weise (vgl. § 8a Abs. 2 Satz 5 PBefG) - hinsichtlich der zu beachtenden Anforderungen auf einen näher bezeichneten Link verwiesen. In dem entsprechend abrufbaren Dokument wurde unter Ziffer 3. (Tarifbestimmungen, Beförderungsentgelte, Beförderungsbedingungen) ausdrücklich festgelegt, dass vom Auftragnehmer „über die gesamte Konzessionslaufzeit der S.-H.-Tarif in seiner jeweils gültigen Form anzuerkennen und anzuwenden“ sei. Des Weiteren verweist das Dokument auf den 2. Regionalverkehrsplan des Kreises A-Stadt    . Hierin wird zunächst unter Ziffer 5.3.5. ausdrücklich festgehalten, dass ein einheitliches Tarifsystem eine bedeutende Ergänzung zur Optimierung von Verknüpfung und Vernetzung als „wesentliches Qualitätskriterium“ des ÖPNV darstelle und hierzu mit der Einführung des Schleswig-Holstein-Tarifes landesweit eine attraktive Grundlage geschaffen worden sei. Es sei darauf zu achten, “die Ergiebigkeit des Tarifsystems nicht zu untergraben“. Unter der Ziffer 5.5.1.1 (Weiterentwicklung des S.-H.-Tarifs) wird zudem darauf verwiesen, dass mit dem landesweit einheitlichen Tarif eine unternehmens- und kreisübergreifende Durchtarifierung gewährleistet und ein hoher Standard erreicht worden sei. Diesen Standard gelte es maßgeblich dadurch weiterzuentwickeln, dass „regionale Sonderlösungen im Bereich des Fahrkartensortiments“ reduziert werden.

36

Von diesen Festlegungen weicht die beantragte Anwendung eines Haustarifs ab. Dieser liegt - wie sich aus der Darstellung des Beigeladenen zu 1. in der Stellungnahme vom 11.05.2015 ergibt - zum Teil erheblich oberhalb der einzelnen Festlegungen des S.-H.- Tarifs.

37

Die Genehmigungen sind auch nicht trotz der Abweichung des Antrags von den vorgenannten Festlegungen nach § 13 Abs. 2a Satz 3 PBefG zu erteilen. Dies würde nämlich voraussetzen, dass der beantragte Verkehr mindestens dem bisherigen Verkehrsangebot entspricht und darüber nach hinaus von den in der Vorabbekanntmachung beschriebenen weitergehenden Anforderungen nur unwesentlich abweicht. Dies ist hier nicht der Fall. Denn zum einen entspricht der beantragte Verkehr unter Zugrundelegung eines Haustarifs bereits nicht dem bisherigen Verkehrsangebot. Dies ergibt sich aus den vorgenannten Aussagen zur Anwendung des SH-Tarifs im Rahmen des derzeit geltenden Regionalverkehrsplans des Beigeladenen zu 1., mit dem dieser die Anforderungen an das (bisherige) Verkehrsangebot definiert hat (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 PBefG). Zum anderen ist die beantragte Abweichung hinsichtlich der Tarifvorgabe auch als wesentlich anzusehen. Nach § 13 Abs. 2a Satz 5 PBefG gelten Abweichungen von Anforderungen zur Anwendung verbundener Beförderungstarife und Beförderungsbedingungen, für die - wie hier - ein Ausgleich nach der VO (EG) Nr. 1370/2007 gezahlt werden soll, grundsätzlich als wesentlich. Bereits angesichts der besonderen Bedeutung, welche der Aufgabenträger der Anwendung des S.-H. -Tarifs ausweislich der vorgenannten Festlegungen im Regionalverkehrsplan beimisst, kann vorliegend eindeutig auch keine Ausnahme zu dem gesetzlich normierten Grundsatz angenommen werden.

38

Der von der Klägerin vertretenen Auffassung, die Anwendung eines Haustarifs stelle hier keine wesentliche Abweichung im Sinne des § 13 Abs. 2a PBefG dar, weil andernfalls mit der Vorgabe einer Tarifpflicht ohne eine korrespondierende Bereitschaft, einen für die Eigenwirtschaftlichkeit unschädlichen Ausgleich im Rahmen einer allgemeinen Vorschrift zu gewähren, der gesetzlich vorgeschriebene Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 PBefG unterlaufen werde, folgt die Kammer nicht. Sie geht vielmehr davon aus, dass sich der Beigeladene zu 1. als Aufgabenträger in rechtlich nicht zu beanstandender Weise im Rahmen eines ihm zustehenden Wahlrechts dafür entschieden hat, einen finanziellen Ausgleich für die durch ihn verbindlich festgelegte Tarifvorgabe im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages zu gewähren.

39

Ein Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit in dem von der Klägerin vertretenen Sinne, der die Aufgabenträger verpflichten würde, zum Ausgleich gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen statt eines öffentlichen Dienstleistungsauftrages vorrangig das Finanzierungsinstrumentarium einer allgemeinen Vorschrift zu wählen oder aber andernfalls einen (deutlich) höheren Haustarif zu akzeptieren, lässt sich weder aus § 13 Abs. 2a Satz 5 PBefG noch aus den §§ 8 Abs. 4, 8a Abs. 1 PBefG ableiten.

40

Aus der Regelung des § 13 Abs. 2a Satz 5 PBefG, nach der Abweichungen für Anforderungen zur Anwendung verbundener Beförderungstarife, für die ein Ausgleich nach der VO (EG) Nr. 1370/2007 erfolgen soll, grundsätzlich als wesentlich gelten, folgt kein Anspruch auf Erlass einer allgemeinen Vorschrift. Vielmehr spricht bereits die Gesetzesbegründung zu § 13 Abs. 2a PBefG für ein Wahlrechts hinsichtlich der in Betracht kommenden Handlungsformen. So heißt es in der Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung -BT- Drucksache 17/10857, S. 20):

41

"Hinsichtlich der Anwendung verbundener Beförderungstarife und -bedingungen wird vorausgesetzt, dass die zuständige Behörde Ausgleichszahlungen in einem öffentlichen Dienstleistungsauftrag oder auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 vorsieht. Diese Regelung ersetzt die bisherige Regelung von § 39 Absatz 2 Satz 2 PBefG, einen Ausgleich für die Versagung eines an sich genehmigungsfähigen Tarifs zu gewähren, wenn dies aus Gründen des öffentlichen Verkehrsinteresses oder des Gemeinwohls geboten war."

42

(Hervorhebung durch das Gericht)

43

Die Regelung des § 13 Abs. 2a Satz 5 PBefG verdeutlicht demnach allenfalls, dass die Anwendung verbundener Beförderungshöchsttarife nicht ohne Ausgleichspflicht verlangt werden kann (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. August 2016, – 13 A 788/15 –, juris).

44

Auch den §§ 8 Abs. 4, 8a Abs. 1 PBefG kann ein Vorrang in dem von der Klägerin vertretenen Sinne nicht entnommen werden.

45

Lediglich bei isolierter Betrachtung spricht die Regelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 PBefG ihrem Wortlaut nach scheinbar für einen Vorrang allgemeiner Vorschriften zur Ermöglichung eigenwirtschaftlicher Verkehre. Hier heißt es:

46

Verkehrsleistungen im öffentlichen Personennahverkehr sind eigenwirtschaftlich zu erbringen. Eigenwirtschaftlich sind Verkehrsleistungen, deren Aufwand gedeckt wird durch Beförderungserlöse, Ausgleichsleistungen auf der Grundlage von allgemeinen Vorschriften nach Artikel 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 1191/69 und (EWG) Nr. 1107/70 des Rates (ABl. L 315 vom 3.12.2007, S. 1) und sonstige Unternehmenserträge im handelsrechtlichen Sinne, soweit diese keine Ausgleichsleistungen für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen nach Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 darstellen und keine ausschließlichen Rechte gewährt werden.

47

(Hervorhebung durch das Gericht)

48

§ 8 Abs. 4 Satz 1 und 2 PBefG muss jedoch im engen Zusammenhang mit der im Zuge der am 1.1.2013 in Kraft getretenen Novelle des Personenbeförderungsgesetzes vom 14.12.2012 (BGBl. I S. 2598) neu eingefügten Regelung des § 8a Abs. 1 PBefG betrachtet werden. Diese Regelung hat folgenden Wortlaut:

49

„Soweit eine ausreichende Verkehrsbedienung für eine Gesamtleistung nach § 8a Absatz 2 Satz 4 oder für eine Teilleistung nicht entsprechend § 8 Absatz 4 Satz 1 möglich ist, ist die Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 maßgebend. 2Die zuständige Behörde im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (zuständige Behörde) kann zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung allgemeine Vorschriften im Sinne des Artikels 3 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erlassen oder öffentliche Dienstleistungsaufträge nach Maßgabe des Artikels 3 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 erteilen. [...]

50

(Hervorhebung durch das Gericht)

51

Die Vorschrift regelt demzufolge explizit, dass beide Handlungsoptionen (Erlass einer allgemeinen Vorschrift oder öffentliche Dienstleistungsauftrag) gleichrangig nebeneinander bestehen; ein Vorrangverhältnis zu Gunsten der allgemeinen Vorschrift besteht danach nicht (so auch VG Stade, Urteil vom 30.6.2016, - 1 A 1432/14 - juris; VG Augsburg, Urt. v. 24.3.2015 - Au 3 K 15.79 -, Fehling in Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl., § 8a Rn. 19; Knauff, Defizitausgleich und öffentliche Verkehrsinteressen im ÖPNV, GewArch 2014, 157). Vor dem Hintergrund des demnach vom Gesetzgeber begründeten Wahlrechts stellt die Vorschrift des § 8 Abs. 4 Satz 2 PBefG - wie bereits vor der Novelle des Personenbeförderungsgesetzes - lediglich eine Legaldefinition dessen dar, was als eigenwirtschaftlich im Sinne des PBefG zu verstehen ist und stellt klar, dass Ausgleichsleistungen, die in - bereits erlassenen (!) - allgemeinen Vorschrift enthalten sind, die Eigenwirtschaftlichkeit nicht entfallen lassen (so auch VG Stade, Urteil vom 30.6.2016, - 1 A 1432/14 -, juris).

52

Für ein solches Wahlrecht streitet auch der Verlauf des entsprechenden Gesetzgebungsverfahrens zur Änderung des Personenbeförderungsgesetzes im Jahr 2012. So sah ein erster „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung personenbeförderungs- und mautrechtlicher Vorschriften“ (BT- Drucksache 17/7046, S. 3 f.) noch die Regelung eines § 8 Abs. 5 mit folgendem Wortlaut vor:

53

Die zuständigen Behörden im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1370/2007 (zuständige Behörde) können zur Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung allgemeine Vorschriften im Sinne der Verordnung(EG) Nr. 1370/2007 erlassen oder, wenn eine ausreichende Verkehrsbedienung nicht entsprechend Abs. 4 Satz 1 möglich ist, öffentliche Dienstleistungsaufträge nach Maßgabe der Verordnung(EG) Nr. 1370/2007 erteilen.

54

(Hervorhebung durch das Gericht)

55

Diese Formulierung eines solchen Stufenverhältnisses, welches tatsächlich einen Vorrang zugunsten allgemeiner Vorschiften in dem von der Klägerin angestrebten Sinne bedeutet hätte, hat sich im Laufe der weiteren politischen Beratungen jedoch nicht durchgesetzt. Der nachfolgende Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drucksache 17/8233, S. 5) enthielt die entsprechende Regelung bereits nicht mehr. Stattdessen wurde im Laufe des weiteren Verfahrens vielmehr die Regelung des § 8a Abs. 1 PBefG in der heutigen Fassung aufgenommen, welche ausweislich der Gesetzesbegründung gerade die verschiedenen „Handlungsmöglichkeiten der zuständigen Behörde“ klarstellen sollte (vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung -BT- Drucksache 17/10857, S. 20).

56

Ein solches Wahlrechtes des Aufgabenträgers steht insbesondere auch im Einklang mit den europarechtlichen Vorgaben der VO (EG) Nr. 1370/2007, aus der sich hinsichtlich des Personenbeförderungsgesetzes ein Anpassungsbedarf ergeben hatte, dem mit der am 1.1.2013 in Kraft getretene Novelle des Personenbeförderungsgesetzes Rechnung getragen werden sollte (vgl. BT-Drucksache 17/8233, S. 1).

57

Nach Art. 3 Abs. 1 der VO (EG) Nr. 1370/2007 gilt der Grundsatz, dass dann, wenn eine zuständige Behörde dem ausgewählten Betreiber ausschließliche Rechte und/oder Ausgleichsleistungen gleich welcher Art für die Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen gewährt, dies im Rahmen eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags erfolgt. Nach Abs. 2 der Vorschrift können abweichend von Absatz 1 gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Höchsttarifen für alle Fahrgäste oder bestimmte Gruppen von Fahrgästen auch Gegenstand allgemeiner Vorschriften sein. Überdies gilt nach Art. 3 Abs. 3 der VO (EG) Nr. 1370/2007, dass unbeschadet der Artikel 73, 86, 87 und 88 des Vertrags die Mitgliedstaaten allgemeine Vorschriften über die finanzielle Abgeltung von gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen, die dazu dienen, Höchsttarife für Schüler, Studenten, Auszubildende und Personen mit eingeschränkter Mobilität festzulegen, aus dem Anwendungsbereich dieser Verordnung ausnehmen können.

58

Weder dem Wortlaut noch der Systematik der Art. 3 Abs. 1 bis 3 der VO (EG) Nr. 1370/2007 ist zu entnehmen, dass Aufgabenträger bei der Entscheidung, wie sie einen finanziellen Ausgleich für einen defizitären Linienverkehr regeln, in irgendeiner Weise dahingehend gebunden wären, vorrangig das Instrument der allgemeinen Vorschrift zu wählen (so auch OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. August 2016, – 13 A 788/15 –, juris; VG Stade, Urteil vom 30.6.2016, - 1 A 1432/14 -, juris; VG Augsburg, Urt. v. 24.3.2015, - Au 3 K 15.79 -). Bereits die einleitende Formulierung des Abs. 2 „Abweichend von Abs. 1...“ spricht sogar eher dafür, dass ein gewisser Vorrang des öffentlichen Dienstleistungsauftrags gewollt war (vgl. VG Münster, Urteil vom 24.10.2014, - 10 K 2076/12 -, juris; VG Augsburg, Urt. v. 24.3.2015, - Au 3 K 15.79 -; VG Stade, Urteil vom 30.6.2016, - 1 A 1432/14 - juris).

59

Darüber hinaus wird das Bestehen eines Wahlrechts deutlich durch den in Art. 3 Abs. 2 Satz 3 der VO (EG) Nr. 1370/2007 enthaltenen ausdrücklichen Hinweis auf das Recht der zuständigen Behörde, gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen zur Festsetzung von Tarifen auch in öffentliche Dienstleistungsaufträge aufzunehmen. Hiernach kann der Auftraggeber selbst dann ein öffentlichen Dienstleistungsauftrag erteilen – und muss nicht zum Instrument der allgemeinen Vorschrift greifen - wenn er ausschließlich die Anwendung eines Höchsttarifs als gemeinwirtschaftliche Verpflichtung sicherstellen will und lediglich für tarifbedingte Nachteile Ausgleichsleistungen gewährt (so auch VG Augsburg, Urt. v. 24.3.2015, - Au 3 K 15.79 -; VG Stade, Urteil vom 30.6.2016, - 1 A 1432/14 -, juris).

60

Hinzu kommt, dass ein Aufgabenträger über die Frage, ob er die Finanzierung eines Verkehrs über eine allgemeine Vorschriften sicherstellt, nicht erst im Genehmigungsverfahren anhand eines konkreten Genehmigungsantrag entscheiden kann, da eine allgemeine Vorschrift die Finanzierung eines Verkehrs gemäß Art. 2 Buchstabe I der VO (EG) Nr. 1370/2007 „diskriminierungsfrei“ regeln muss. Die allgemeine Vorschrift muss daher, damit eine diskriminierungsfreie Anwendung sichergestellt und der zu erwartende Ausgleich für die Unternehmen kalkulierbar ist, sämtlichen Verkehrsunternehmen in ihrem Geltungsbereich bereits vor Ablauf der Frist zur Abgabe eines Angebots zugänglich sein (OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. August 2016, – 13 A 788/15 –, juris).

61

Vor diesem Hintergrund teilt die Kammer die in dem Schreiben des parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur vom 11.9.2014 vertretene Rechtsauffassung, wonach ein sozialpolitisch vorgeschriebener Tarif zwingend über eine allgemeine Vorschrift ausgeglichen werden müsse, ausdrücklich nicht (ebenso VG Augsburg, Urt. v. 24.3.2015, - Au 3 K 15.79 -, unter Hinweis auf das entsprechende Antwortschreiben der Vorsitzenden des Arbeitskreises öffentlicher Personennahverkehr vom 17. November 2014).

62

Im Ergebnis verdeutlicht die Regelung des § 8a Abs. 1 Satz 1 PBefG mit dem Wort "soweit", dass der nach § 8 Abs. 4 S. 1 PBefG bestehende Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit grundsätzlich nur zum Tragen kommen kann, wenn das vom zuständigen Aufgabenträger festgelegte Verkehrskonzept eigenwirtschaftlich realisierbar ist (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. August 2016, – 13 A 788/15 –, juris; Knauff, Der Vorrang eigenwirtschaftlicher Verkehre im ÖPNVG auf Grundlage des novellierten Personenbeförderungsgesetzes, GewArch2013, 283, Anm. 1., 2b). Die Vorschrift kann dabei nur dahingehend verstanden werden, dass sie auf die Unmöglichkeit eigenwirtschaftlicher Erbringung von Leistungen abstellen will, die nach einer bestimmten Art einem bestimmten Umfang und nach bestimmten Leistungsbedingungen, insbesondere zu einem bestimmten Fahrpreis als erforderlich angesehen werden, allein nach Angebot und Nachfrage jedoch nicht zu Stande kämen (so auch Heinze, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl., § 8 Rn. 95.). Der im PBefG verankerte Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 PBefG kommt infolgedessen erst dann zum Tragen, wenn sich ein Unternehmer findet, der bereit ist, die vom Aufgabenträger definierten Anforderungen etwa in Form einer Tarifvorgabe ohne jedwede staatliche Ausgleichszahlung in Form allgemeiner Vorschriften oder eines öffentlich-rechtlichen Dienstleistungsauftrages im Sinne einer „echten Eigenwirtschaftlichkeit“ zu erbringen (in diesem Sinne auch Knauff, Defizitausgleich und öffentliche Verkehrsinteressen in ÖPNV, GewArch2014, 157, 160 f.). Insofern konsequent stellt § 8a Abs. 1 Satz 1 PBefG -deklaratorisch - klar, dass die VO (EG) Nr. 1370/2007 erst dann Anwendung findet, wenn nicht lediglich eine beihilfe- und damit europarechtlich irrelevante Betätigung im Sinne einer „echten Eigenwirtschaftlichkeit“ gegeben ist.

63

Da die Klägerin vorliegend nicht dazu bereit ist, die im Rahmen der Vorabbekanntmachung geforderte Anwendung des S-H Tarifs ohne einen finanziellen Ausgleich zu realisieren, kann sie für sich keinen Vorrang der Eigenwirtschaftlichkeit nach dem Personenbeförderungsgesetz beanspruchen.

64

Da der Antrag der Klägerin demnach bereits nach § 13 Abs. 2a Satz 2 ff. PBefG zwingend zu versagen war, kann die Frage, ob daneben noch weitere Versagungsgründe nach dem Personenbeförderungsgesetz gegeben sind, vorliegend dahin stehen.

65

Die Versagung der von der Klägerin beantragten Genehmigung führt auch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 GG. An einem unzulässigen Eingriff in die unternehmerische Freiheit der Verkehrsunternehmen fehlt es, wenn der Aufgabenträger, wie im vorliegenden Fall, in dem eine angemessene Verkehrsbedienung eigenwirtschaftlich nicht sichergestellt werden kann, zur Regelung eines angemessenen Defizitausgleichs auf einen öffentlichen Dienstleistungsauftrag zurückgreift; weder Art. 12 Abs. 1 noch Art. 14 GG verpflichten den Aufgabenträger in einem solchen Fall, allgemeine Vorschriften zu erlassen oder gar einen unter sozial-, verkehrs- und umweltpolitischen Gesichtspunkten nicht gewollten Haustarif zu akzeptieren (Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 25. August 2016, – 13 A 788/15 –, juris).

66

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen zu 1. sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO von der Klägerin zu tragen. Dies entspricht der Billigkeit, da der Beigeladene zu 1. durch die Stellung eines eigenen Antrags ein Kostenrisiko eingegangen ist.

67

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 1 VwGO iVm § 709 bzw. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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