Beschluss vom Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht (1. Kammer) - 1 B 106/21
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
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Der sinngemäß gestellte Antrag,
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die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs vom 18. August 2021 gegen die Anordnung der Absonderung ihrer gemeinsamen Tochter durch den Antragsgegner in Ziffer 1 des Bescheides vom 18. August 2021 anzuordnen,
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ist zulässig, aber unbegründet.
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Der Antrag ist zunächst zulässig.
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Insbesondere ist er nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO statthaft. Der Widerspruch der Antragsteller vom 18. August 2021 entfaltet nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 28 Abs. 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) und § 16 Abs. 8 IfSG keine aufschiebende Wirkung.
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Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs hat zu erfolgen, wenn eine Interessenabwägung ergibt, dass das Aussetzungsinteresse der Antragsteller das Vollziehungsinteresse des Antragsgegners überwiegt. Im Rahmen dieser Abwägung finden vor allem die Erfolgsaussichten in der Hauptsache bei einer summarischen Prüfung Berücksichtigung. Ist der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, überwiegt in der Regel das Aussetzungsinteresse. Ist er hingegen offensichtlich rechtmäßig, überwiegt in der Regel das Vollziehungsinteresse (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 2. April 2020 – 3 MB 8/20 –, juris, Rn. 24).
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Nach diesen Maßstäben überwiegt vorliegend das Interesse des Antragsgegners an der Vollziehung der Anordnung das Aussetzungsinteresse der Antragsteller. Die angefochtene Anordnung ist offensichtlich rechtmäßig.
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Rechtsgrundlage für die Anordnung der Absonderung der Tochter der Antragsteller ist § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 IfSG trifft die zuständige Behörde, wenn Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider festgestellt werden, die notwendigen Schutzmaßnahmen, insbesondere die in den §§ 29 bis 31 IfSG genannten, soweit und solange es zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten erforderlich ist.
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Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG kann die zuständige Behörde bei sonstigen (nicht an Lungenpest oder von Mensch zu Mensch übertragbarem hämorrhagischem Fieber erkrankten) Kranken sowie Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern anordnen, dass diese in einem geeigneten Krankenhaus oder in sonst geeigneter Weise abgesondert werden.
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Diese Personengruppen sind in § 2 Nr. 4 bis Nr. 7 IfSG legaldefiniert. Danach ist ein „Krankheitsverdächtiger“ eine Person, bei der Symptome bestehen, welche das Vorliegen einer bestimmten übertragbaren Krankheit vermuten lassen; ein „Ausscheider“ ist eine Person, die Krankheitserreger ausscheidet und dadurch eine Ansteckungsquelle für die Allgemeinheit sein kann, ohne krank oder krankheitsverdächtig zu sein. „Ansteckungsverdächtiger“ ist schließlich eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider zu sein.
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Die Aufnahme von Krankheitserregern im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts anzunehmen, wenn der Betroffene mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person oder einem infizierten Gegenstand hatte. Die Vermutung, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, muss naheliegen. Eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Demzufolge ist die Annahme eines Ansteckungsverdachts nicht schon gerechtfertigt, wenn die Aufnahme von Krankheitserregern nicht auszuschließen ist. Andererseits ist auch nicht zu verlangen, dass sich die Annahme geradezu aufdrängt. Erforderlich und ausreichend ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Für die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckungsgefahr gilt dabei allerdings kein strikter, alle möglichen Fälle gleichermaßen erfassender Maßstab. Es ist der allgemeine polizeirechtliche Grundsatz heranzuziehen, dass an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist, wobei insbesondere auch das Ansteckungsrisiko einer Krankheit und die Schwere des Krankheitsverlaufes in den Blick zu nehmen sind. Ob gemessen daran ein Ansteckungsverdacht im Sinne von § 2 Nr. 7 IfSG zu bejahen ist, beurteilt sich unter Berücksichtigung der Eigenheiten der jeweiligen Krankheit und der verfügbaren epidemiologischen Erkenntnisse und Wertungen sowie anhand der Erkenntnisse über Zeitpunkt, Art und Umfang der möglichen Exposition der betreffenden Person und über deren Empfänglichkeit für die Krankheit (BVerwG, Urteil vom 22. März 2012 – 3 C 16.11 –, juris, Rn. 31 ff.).
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Mit Blick auf die Infektionskrankheit COVID-19 gilt, dass Hauptübertragungsweg für den Erreger SARS-CoV-2 die respiratorische Aufnahme virushaltiger Flüssigkeitspartikel (Aerosole und Tröpfchen) ist. Während insbesondere größere respiratorische Tröpfchen schnell zu Boden sinken, können Aerosole, die unter anderem beim Atmen, Sprechen oder Singen ausgestoßen werden, auch über längere Zeit in der Luft schweben und sich in geschlossenen Räumen verteilen. Ob und wie schnell die Tröpfchen und Aerosole absinken oder in der Luft schweben bleiben, ist neben der Größe der Partikel von einer Vielzahl weiterer Faktoren, unter anderem der Temperatur und der Luftfeuchtigkeit, abhängig. Bei längerem Aufenthalt in kleinen, schlecht oder nicht belüfteten Räumen kann sich die Wahrscheinlichkeit einer Übertragung durch Aerosole auch über eine größere Distanz als 1,5 m erhöhen, insbesondere dann, wenn eine infektiöse Person besonders viele kleine Partikel (Aerosole) ausstößt und exponierte Personen besonders tief einatmen. Durch die Anreicherung und Verteilung der Aerosole im Raum ist das Einhalten des Mindestabstandes zur Infektionsprävention ggf. nicht mehr ausreichend (vgl. Robert Koch-Institut, Coronavirus SARS-CoV-2 – Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, Stand: 14. Juli 2021, abrufbar unter https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Steckbrief.html).
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Auf dieser Grundlage ist im Rahmen der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes allein möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung der Sachlage (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 6. April 2021 – 1 ME 58/20 –, juris, Rn. 13; VG Schleswig, Beschluss vom 10. November 2020 – 1 B 123/20 –, juris, Rn. 10) festzustellen, dass die Tochter der Antragsteller Ansteckungsverdächtige im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG ist. Sie ist – wie dies auch der Antragsgegner im Bescheid zugrunde legt – als „enge Kontaktperson“ anzusehen, die sich nach den Nummer 3.2.2 der Leitlinien des Robert-Koch-Institut zum Kontaktpersonen-Management in der Fassung vom 11. August 2021 (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html) unverzüglich für 14 Tage häuslich absondern muss. An diesen Leitlinien können sich Behörden und Gerichte orientieren, weil das Robert-Koch-Institut nach der Wertung des Gesetzgebers in § 4 IfSG bei der Vorbeugung übertragbarer Krankheiten und Verhinderung der Weiterverbreitung von Infektionen eine besondere Sachkunde aufweist (vgl. OVG Bautzen, Beschluss vom 7. Dezember 2020 – 3 B 396/20 –, juris, Rn. 23; OVG Schleswig, Beschluss vom 13. November 2020 – 3 MR 61/20 –, juris, Rn. 48).
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Nach Nummer 3.1 der Leitlinien werden Kontaktpersonen zu einem bestätigten COVID-19-Fall bei Vorliegen mindestens einer der folgenden Situationen als enge Kontaktpersonen (mit erhöhtem Infektionsrisiko) definiert:
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1. Enger Kontakt (<1,5 m, Nahfeld) länger als 10 Minuten ohne adäquaten Schutz (adäquater Schutz = Fall und Kontaktperson tragen durchgehend und korrekt MNS [Mund-Nasen-Schutz] oder FFP2-Maske).
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2. Gespräch mit dem Fall (Face-to-face-Kontakt, <1,5 m, unabhängig von der Gesprächsdauer) ohne adäquaten Schutz (adäquater Schutz = Fall und Kontaktperson tragen durchgehend und korrekt MNS [Mund-Nasen-Schutz] oder FFP2-Maske) oder direkter Kontakt (mit respiratorischem Sekret).
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3. Gleichzeitiger Aufenthalt von Kontaktperson und Fall im selben Raum mit wahrscheinlich hoher Konzentration infektiöser Aerosole unabhängig vom Abstand für > 10 Minuten, auch wenn durchgehend und korrekt MNS (Mund-Nasen-Schutz) oder FFP2-Maske getragen wurde.
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Dabei werden unter Ziffer 3.1.1. beispielhafte Konstellationen für enge Kontaktpersonen aufgeführt. Hierzu gehören optional und nach Ermessen des Gesundheitsamtes auch Personen mit Aufenthalt mit dem bestätigten COVID-19-Fall in schwer zu überblickende Kontaktsituationen (z.B. Schulklassen, gemeinsames Schulessen, Gruppenveranstaltungen) und unabhängig von der individuellen Risikoermittlung. Zur Beurteilung der Situation in Schulklassen gibt das Robert-Koch-Institut eine Hilfestellung für Gesundheitsämter zur Einschätzung und Bewertung des SARS-CoV-2 Infektionsrisikos in Innenräumen im Schulsetting (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Hilfestellung_GA_Schulen.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 19. August 2021). Die dortige Tabelle listet Faktoren auf, welche für die Einschätzung und Bewertung des Infektionsrisikos zu berücksichtigen sind. Hierbei wird das Infektionsrisiko in drei Stufen (geringer – höher – am höchsten) unterschieden. Überwiegen Faktoren, die für ein geringes Infektionsrisiko sprechen, so kann das Gesundheitsamt gezielte Quarantänemaßnahmen für die umgebenden Sitznachbar/innen anordnen und eine Quarantäne des gesamten Klassenverbandes ist nicht grundsätzlich erforderlich. Liegen hingegen überwiegend Faktoren vor, die mit einem höheren oder hohen Infektionsrisiko einhergehen, so reicht die Quarantäne der umgebenden Sitznachbar/innen nicht aus, sondern es ist die Anordnung umfassenderer Quarantänemaßnahmen bzw. einer Quarantäne des gesamten Klassenverbandes gemäß den geltenden Empfehlungen zu prüfen – dies gilt auch für schwer zu überblickende Kontaktsituationen oder wenn es mehr als einen Quellfall gibt. Aus der Hilfestellung ergibt sich konkludent, dass grundsätzlich mindestens die Sitznachbar/innen der infektiösen Person als Ansteckungsverdächtige einzuordnen sind.
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Bei einer Gesamtbewertung der Situation im Englischkurs der Tochter der Antragsteller ist zwar wahrscheinlich nicht von einem erhöhten Infektionsrisiko auszugehen. Dennoch gilt die Tochter der Antragsteller, die die 9. Klasse besucht und sich nach ihrem eigenen Vortrag am 10. und 11. August 2021 über jeweils eine Schulstunde à 45 Minuten mit der infektiösen Person in einem Klassenzimmer befand, wobei sie unmittelbar in der Sitzreihe vor der infektiösen Person und dort einen Platz rechts von dieser saß (vgl. Sitzplan Anlage 2 der Antragsschrift), als Ansteckungsverdächtige. Am 12. August 2021 hat sie darüber hinaus eine weitere Schulstunde gemeinsam mit der infektiösen Person besucht, wobei sie hier nach eigenen Angaben aufgrund einer Gruppenarbeit weiter von dieser weg saß.
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Der Einstufung der Tochter der Antragsteller als Ansteckungsverdächtige steht auch nicht entgegen, dass sie mittlerweile einen negative PCR-Test vorgelegt hat. Die Erkrankung weist eine Inkubationszeit von bis zu 14 Tagen auf, während derer potentielle Infektiosität besteht, so dass ungeachtet früherer Negativtests auch noch am letzten Tag dieses Zeitraums ein Auftreten von Krankheitszeichen, ein (erstmaliger) positiver Nachweis des Corona-Virus und eine Ansteckung anderer Personen möglich sind (vgl. Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei Infektionen durch SARS-CoV-2, a. a. O., Stand 11. August 2021, Punkte 1.1, 2.1; Coronavirus SARS-CoV-2 – Epidemiologischer Steckbrief zu SARS-CoV-2 und COVID-19, a. a. O., Stand: 14. Juli 2021, Punkt 5.: 95. Perzentil der Inkubationszeit liegt bei 10 bis 14 Tagen). Ein negatives Testergebnis jedweden Tests während der Quarantäne hebt die Notwendigkeit des Gesundheitsmonitorings nicht auf und ersetzt oder verkürzt die Quarantäne nicht (Robert-Koch-Institut, Kontaktpersonen-Nachverfolgung bei SARS-CoV-2-Infektionen, Stand 11. August 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Kontaktperson/Management.html). Eine sog. „Freitestung“ gibt es in diesem Zusammenhang nicht. Denn ein negatives Testergebnis trägt nicht mit hinreichender Sicherheit die Annahme, die in Quarantäne genommene Person sei nicht mehr ansteckungsverdächtig (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. Oktober 2020 – 13 ME 386/20 –, juris, Rn. 9; VG Saarlouis, Beschluss vom 23. September – 6 L 1001/20 –, juris, Rn. 20).
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Liegen die Tatbestandsvoraussetzungen von § 30 Abs. 1 Satz 2 IfSG vor, wird der zuständigen Behörde – hier dem Antragsgegner – als Rechtsfolge Ermessen hinsichtlich der Anordnung der Absonderung eingeräumt. Dabei ist auch die Absonderung von Ansteckungsverdächtigen grundsätzlich gerechtfertigt (vgl. Kießling, IfSG, 1. Aufl. 2020, § 30 Rn. 19). Die Behörde muss die Infektiosität und Kontagiosität der jeweiligen Krankheit sowie den Wahrscheinlichkeitsgrad einer Verbreitung des Erregers berücksichtigen (vgl. Kießling, IfSG, 1. Aufl. 2020, § 30 Rn. 23).
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Davon ausgehend hat der Antragsgegner das ihm eingeräumte Ermessen, soweit es gerichtlich überprüfbar ist (vgl. § 114 Satz 1 VwGO), ermessensfehlerfrei ausgeübt. Er hat die besondere Gefährlichkeit des SARS-CoV-2-Virus und die daraus resultierenden Gefahren für die Gesamtbevölkerung mit dem Eingriff in die Grundrechte der (Tochter der) Antragsteller abgewogen und dabei die Grenzen seines Ermessens nicht überschritten. Das von den Antragstellern dargestellte Schulsetting führt nach den vom Robert-Koch-Institut zur Einschätzung des Infektionsrisikos relevanten acht Faktoren selbst bei Annahme eines asymptomatischen Quellfalls, optimaler Raumbelüftung, kontinuierlichem Tragen des MNS, konsequentem Abstandhalten aufgrund geringer Raumbelegung und einer ruhigen Unterrichtsatmosphäre zu mindestens einem als „höher“ zu bewertenden Risikofaktor (Lebensalter des Quellfalls), weil die Einordnung des Quellfalls als Person im Alter zwischen 11 und 15 Jahren auf eine erhöhte Infektiosität hinweist. Darüber hinaus liegt angesichts des eingereichten Sitzplanes die Annahme nahe, dass nicht lediglich eine geringe Raumbelegung mit der Möglichkeit der konsequenten Einhaltung des Mindestabstands von 1,5 Meter vorherrschte und nicht jede/r Unterrichtsteilnehmer/in ständig am Platz gesessen hat. Dies gilt insbesondere mit Blick auf die am 12. August 2021 durchgeführte Gruppenarbeit. Danach ist unerheblich, dass sowohl die infektiöse Person als auch die Tochter der Antragsteller eine Mund-Nasen-Bedeckung trugen und voraussichtlich eine gute Belüftungssituation herrschte. Auch bei überwiegend geringem Infektionsrisiko ist nach den Empfehlungen des Robert-Koch-Institut die Anordnung gezielter Quarantänemaßnahmen gegen die umgebenden Sitznachbar/innen notwendig (aber auch ausreichend). Dabei hat der Antragsgegner zu Recht bei der Tochter der Antragsteller keine Ausnahme gemacht, etwa weil diese sich nach ihren Aussagen nicht zu der hinter ihr sitzenden infektiösen Person umgedreht oder mit dieser gesprochen hat. Allein der Sitzplatz diagonal vor der infektiösen Person rechtfertigt die Einbeziehung der Tochter der Antragsteller in den Kreis der umgebenden Sitznachbar/innen, was insbesondere wegen der Ausstoßrichtung potentieller Aerosole nach vorn gilt.
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Die Anordnung der Absonderung verhältnismäßig.
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Sie dient mit dem Infektionsschutz einem legitimen Zweck und ist zu dessen Erreichung auch geeignet. Weil die Nachverfolgung und Isolierung von Kontaktpersonen eine wesentliche Säule der Pandemiebekämpfung darstellt, ist ein milderes, aber ebenso wirksames Mittel wie die Absonderung in der derzeitigen Situation nicht ersichtlich (vgl. VG München, Beschluss vom 1. April 2021 – 26a S 21.1762 –, juris, Rn. 33). Das gilt angesichts der obigen Ausführungen insbesondere für die Möglichkeit einer „Freitestung“. Schließlich ist die Anordnung der Absonderung auch angemessen. Zwar stellt diese einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Tochter der Antragsteller dar. Diesem steht jedoch der Schutz von Gesundheit und Leben der Allgemeinheit (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) und der Schutz des öffentlichen Gesundheitssystems vor einer Überlastung bei ungehinderter Ausbreitung des Infektionsgeschehens gegenüber. Angesichts der aus dem Unterlassen erforderlicher Schutzmaßnahmen möglicherweise resultierenden gravierenden und irreversiblen Folgen steht der Eingriff nicht außer Verhältnis zu dem damit verfolgten Zweck. Das Robert Koch-Institut schätzt die Gefährdung für die Gesundheit der nicht oder nur einmal geimpften Bevölkerung in Deutschland weiterhin als hoch ein. Für vollständig Geimpfte wird die Gefährdung als moderat eingeschätzt, wobei sich diese Einschätzung kurzfristig durch neue Erkenntnisse ändern kann (Robert-Koch-Institut, Risikobewertung zu COVID-19, Stand 17. August 2021, https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges_Coronavirus/Risikobewertung.html/). Hinzu tritt, dass der Eingriff nur von zeitlich begrenzter Dauer ist, denn der Antragsgegner hat die Quarantäne auf den 26. August 2021 befristet. Auch die für den morgigen Freitag und das Wochenende geplante Begleitung des Antragstellers zu 1. auf eine dienstliche Reise zu einem Kurzpraktikum und ggf. zur Vermittlung eines Ausbildungsplatzes steht der Verhältnismäßigkeit nicht entgegen. Denn es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass eine solche Begleitung oder ein Termin zur Probearbeit der Tochter der Antragsteller allein nicht zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden kann.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i. V. m. § 52 Abs. 2 GKG. Auf den Auffangwert des § 52 Abs. 2 GKG ist die in Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vorgesehene Reduzierung nicht anwendbar (vgl. OVG Schleswig, Beschluss vom 29. Mai 2015 – 3 O 23/15 –; Beschluss vom 10. August 1995 – 3 O 19/95 –; jeweils nicht veröffentlicht).
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