Beschluss vom Verwaltungsgericht Sigmaringen - 6 K 924/06

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Tatbestand

 
I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die Aberkennung des Rechts, von seiner von der Tschechischen Republik erteilten Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen.
Das Landratsamt R. erteilte dem im Jahre 1968 geborenen Antragsteller am 22.12.1989 eine Fahrerlaubnis der damaligen Klasse 3. Im Januar 1991 nahm der Antragsteller mit einer Blutalkoholkonzentration von 1,43 ‰ am Straßenverkehr teil, woraufhin er durch Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 08.03.1991 gegenüber dem Landratsamt R. auf seine Fahrerlaubnis verzichtete. Gleichwohl fuhr er im April 1991 wiederum mit einem Kraftfahrzeug. Mit Urteil vom 14.08.1991 - 7 Ds 307/91 - verurteilte das Amtsgericht R. den Antragsteller deshalb wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Gesamtgeldstrafe von 75 Tagessätzen, entzog ihm seine Fahrerlaubnis und verhängte eine Sperrfrist für die Neuerteilung von einem Jahr. Im November 1994 lehnte das Landratsamt R. einen Antrag auf Neuerteilung der Fahrerlaubnis ab. Im Juli 2000 teilte der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers mit, dass ein Neuerteilungsantrag beabsichtigt sei und nahm Einsicht in die Akten des Landratsamts. Am 02.08.2003 überschritt der Antragsteller ausweislich eines weiteren Eintrags im Verkehrszentralregister die zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 23 km/h und fuhr dabei offenkundig ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Mit Strafbefehl vom 23.02.2004 - 12 Cs 34 Js 1656/04 - verurteilte das Amtsgericht T. den Antragsteller wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen, nachdem er zuvor am 17.01.2004 ohne die erforderliche Fahrerlaubnis am Steuer eines Kraftfahrzeugs angetroffen worden war. Atemalkoholkontrollen hatten eine Alkoholkonzentration von 0,36 bzw. 0,42 mg/l (= 0,72 bzw. 0,84 ‰) ergeben. Zugleich verhängte es ein Fahrverbot für Kraftfahrzeuge jeder Art für die Dauer von einem Monat.
Im Juli 2004 teilte die Polizeidirektion B. dem Landratsamt mit, der Antragsteller sei mit seinem PKW am 15.07.2004 angehalten und kontrolliert worden. In seiner Hosentasche habe man ein Longpaper, ein abgeschnittenes Trinkröhrchen und ein Briefchen mit ca. 0,5 g Speed gefunden. Der Antragsteller habe angegeben, mittags einen Joint geraucht zu haben. Der daraufhin durchgeführte Urintest sei auf THC und Amphetamin positiv verlaufen. Der Antragsteller habe ferner angegeben, im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis zu sein. Das in der Folge erstellte rechtsmedizinische Gutachten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen vom 31.07.2004 stellte im Blut des Antragstellers einen THC-Wert von 31,3 ng/ml und einen THC-COOH-Wert von 160 ng/ml fest; Amphetamine konnten im Blut nicht nachgewiesen werden. Mit Strafbefehl vom 26.01.2005 - 10 Cs 34 Js 22192/04 - verurteilte das Amtsgericht R. den Antragsteller daraufhin wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis zu einer Geldstrafe in Höhe von 40 Tagessätzen - durch Urteil vom 24.02.2005 ermäßigt auf 35 Tagessätze - und verbot ihm für die Dauer von drei Monaten, im Straßenverkehr Kraftfahrzeuge jeder Art zu führen. Am 08.05.2005 nahm der Antragsteller erneut ohne die erforderliche Fahrerlaubnis am Straßenverkehr teil, weshalb ihn das Amtsgericht R. mit Urteil vom 01.12.2005 - 10 Ds 34 Js 10871/05 - nunmehr zu einer Freiheitsstrafe von 2 Monaten unter Strafaussetzung zur Bewährung verurteilte.
Mit Schreiben vom 03.01.2006 teilte die Polizeidirektion R. mit, dass der Antragsteller am 28.12.2005 bei einer Verkehrskontrolle mit einer am 23.06.2005 in der Tschechischen Republik ausgestellten Fahrerlaubnis angetroffen worden sei. Auf Befragen habe er angegeben, dass er in der Bundesrepublik Deutschland Probleme habe, eine medizinisch-psychologische Untersuchung zu bestehen und deshalb die Fahrerlaubnis in Tschechien erworben habe. Unter Nr. 8 ist in der tschechischen Fahrerlaubnis „R.“ als Wohnsitz angegeben; ausweislich einer Auskunft der Stadt R. vom Februar 2006 ist der Antragsteller seit 1999 durchgehend unter seiner derzeitigen R. Anschrift gemeldet. Mit Schreiben vom 26.01.2006 teilte das Landratsamt R. dem Antragsteller seine Bedenken bezüglich dessen Fahreignung im Einzelnen mit und ordnete die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens an. Mit weiterem Schreiben vom 08.02.2006 wandte sich das Landratsamt über das Kraftfahrt-Bundesamt an die zuständige tschechische Fahrerlaubnisbehörde mit der Bitte um Prüfung und Rücknahme der erteilten Fahrerlaubnis. Am 26.02.2006 erklärte sich der Antragsteller schriftlich bereit, ein medizinisch-psychologisches Gutachten des TÜV T. zu seiner Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen beizubringen. Am 27.03.2006 reichte das Medizinisch-Psychologische Institut des TÜV Tübingen die Fahrerlaubnisakten des Antragstellers zurück, ohne dass der Antragsteller jedoch in der Folge ein Gutachten vorlegte. Mit Schreiben vom 04.04.2006 hörte das Landratsamt R. den Antragsteller daraufhin zur nunmehr beabsichtigten Aberkennung der ausländischen Fahrerlaubnis für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland an.
Mit Bescheid vom 10.05.2006 erkannte das Landratsamt R. dem Antragsteller das „Recht, von einer ausländischen (u.a. tschechischen) Fahrerlaubnis in der Bundesrepublik Deutschland Gebrauch zu machen“, ab und ordnete die sofortige Vollziehung an. Zur Begründung hieß es im Wesentlichen, die erheblichen Bedenken bezüglich der Kraftfahreignung des Antragstellers hätten nur durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten ausgeräumt werden könne, das der Antragsteller jedoch nicht beigebracht habe. Gemäß § 11 Abs. 8 FeV habe die Fahrerlaubnisbehörde daher den Schluss der Ungeeignetheit des Antragstellers gezogen. Am 31.05.2006 legte der Antragsteller Widerspruch ein.
Der Antragsteller hat am 28.06.2006 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen um Eilrechtsschutz nachgesucht und einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gestellt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die angefochtene Verfügung berücksichtige nicht ausreichend, dass der Antragsteller auf seine Fahrerlaubnis angewiesen sei. Zudem werde verkannt, dass er seit Erwerb der tschechischen Fahrerlaubnis verkehrsrechtlich nicht mehr aufgefallen sei. Der Antragsteller konsumiere nur äußerst selten Alkohol. Im Übrigen sei der Bescheid deshalb rechtswidrig, weil das Amtsgericht R. 1991 eine Wiedererteilungssperre von einem Jahr festgesetzt habe, die seit Mitte 1992 abgelaufen sei. Zum Nachteil des Antragstellers weiche das Landratsamt mit seiner Verfügung in unzulässiger Weise (§ 3 Abs. 4 StVG) vom Inhalt dieses Urteils ab. Nach Ablauf der Sperrfrist sei die Fahreignung des Antragstellers zu bejahen, was sich auch aus dem Wortlaut des § 267 Abs. 6 Satz 2 StPO ergebe, wonach die Urteilsgründe ergeben müssten, weshalb eine Maßregel gerade nicht angeordnet worden sei, wenn die Fahrerlaubnis nicht entzogen oder eine Sperre nach § 69 a Abs. 1 Satz 3 StGB verhängt worden sei. Zudem verstoße die Entscheidung gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Insoweit beruft sich der Antragsteller auf den Beschluss des EuGH vom 06.04.2006 in der Rechtssache C-227/05 (Halbritter).
Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid des Landratsamts R. vom 10.05.2006 wiederherzustellen bzw. anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
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den Antrag abzulehnen.
11 
Der Antragsteller sei zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet. Er habe unter Einfluss von Alkohol und Cannabis Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr begangen. Konsum von Betäubungsmitteln und Fahren könne er nicht trennen. Durch den hohen Wert von THC-COOH sei belegt, dass der Antragsteller regelmäßiger Cannabis-Konsument sei. Gleichwohl sei dem Antragsteller Gelegenheit gegeben worden, seine Kraftfahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten nachzuweisen. Von dieser Möglichkeit habe der Antragsteller jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die vom Antragsteller zitierte Entscheidung des EuGH sei nicht uneingeschränkt einschlägig. Im dort zu entscheidenden Fall sei es um die Umschreibung einer österreichischen in eine deutsche Fahrerlaubnis gegangen. Der dortige Kläger habe sich in Österreich einer der deutschen Eignungsüberprüfung vergleichbaren Untersuchung in Bezug auf seine charakterliche Eignung unterzogen. Hier jedoch sei den tschechischen Behörden nicht bekannt gewesen, dass der Antragsteller wegen seiner Probleme mit Alkohol und Cannabis sowie wegen wiederholter Verstöße gegen verkehrsrechtliche Bestimmungen als ungeeignet gelte. Im Übrigen habe sich die Fahrerlaubnisbehörde an die Vorgaben des EuGH gehalten und die tschechische Fahrerlaubnis als solche gerade anerkannt und die tschechischen Behörden zur Rücknahme aufgefordert.
12 
Dem Gericht liegen die Akten des Landratsamts R. (ein Band) vor. Darauf, wie auch auf die Gerichtsakte wird wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
II.
13 
Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 , Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts R. vom 10.05.2006 hat keinen Erfolg.
14 
Die Anordnung des Sofortvollzuges erweist sich zunächst in formeller Hinsicht als rechtmäßig. Sie entspricht der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO. Die besondere Begründung für den Sofortvollzug wiederholt nicht lediglich den Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Begründung ist insbesondere auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie „formularmäßig" wirkt, denn im Bereich des Fahrerlaubnisentzugs besteht die Besonderheit, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich die Kammer angeschlossen hat, nicht vorstellbar ist, einen vermutlich ungeeigneten oder nicht befähigten Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde in Orientierung an diesem Grundsatz den Vorrang des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Belangen abstrakt begründet und darauf verzichtet, auf Einzelheiten des konkreten Falles einzugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.1978 - X 535/77 -, DÖV 1978, 450 ff.).
15 
Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel und das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, so wird auch dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen.Lässt sich eine Aussage über die vermutliche Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mit dem Rechtsbehelf angegriffenen Verfügung aber in den Kategorien der Offensichtlichkeit oder der deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Eilverfahren nicht treffen, so ist eine reine, am Einzelfall orientierte Interessenabwägung durch das erkennende Gericht zu treffen (J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80, Rn 77).
16 
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers stellen sich derzeit als offen dar. Bei Abwägung aller in Betracht kommenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt derzeit das öffentliche Interesse am Vollzug der getroffenen Entscheidung.
17 
1. Als Ermächtigungsgrundlage für die Regelung in Nr. 1 des Bescheids kommen die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 FeV in Betracht. Nach diesen Vorschriften muss die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrer die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV bewirkt die (Entziehungs-)Entscheidung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis das Erlöschen des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Zwar unterscheidet § 46 FeV beim Begriff der „Entziehung“ der Fahrerlaubnis nicht zwischen deutschen und ausländischen Fahrerlaubnissen, jedoch ergibt sich aus §§ 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, dass die „Entziehung“ der Fahrerlaubnis bei einer ausländischen Fahrerlaubnis - im Unterschied zur Regelung des § 46 Abs. 5 Satz 1 FeV - nicht die Rechtsfolge des Erlöschens zeitigt, sondern allein die (auf das Bundesgebiet beschränkte) Folge hat, dass der Betroffene im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Kraftfahrzeuge führen darf. Mit dieser differenzierten Rechtsfolge ist der Tatsache Rechnung getragen, dass eine deutsche Fahrerlaubnisbehörde eine ausländische Fahrerlaubnis anzuerkennen hat und deren (europaweites) Erlöschen nicht anordnen darf.
18 
Die fehlende Eignung des Antragstellers ergibt sich bei Anwendung nationalen Rechts u.a. bereits aus dem regelmäßigen Cannabiskonsum des Antragstellers, jedenfalls aber - wie vom Antragsgegner angenommen - aus der Nicht-Vorlage des angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Nachweis der Fahreignung des Antragstellers oder aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV.
19 
Der Antragsteller ist bereits nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV als regelmäßiger Konsument von Cannabis ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen (zu den Auswirkungen regelmäßigen Konsums auf die Fahreignung vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -). Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten der Eberhard-Karls-Universität ergibt sich, dass der Antragsteller täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert hat bzw. noch konsumiert (zu den Anforderungen an „regelmäßigen“ Konsum vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, DAR 2004, 170). In seinem Blut wurden 160 ng/ml des THC-Abbauprodukts THC-COOH nachgewiesen. Bereits bei einem über 75 ng/ml THC-COOH liegenden Wert wird im Allgemeinen ein regelmäßiger Konsum angenommen (vgl. etwa den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr Nordrhein-Westfalen - Az. 632-21-03/2.1 - zur Beurteilung von Cannabiskonsum; ebenso OVG Saarland, Beschluss vom 30.09.2002 - 9 W 25/02 -, ZfSch 2003, 44). Selbst wenn man - wie etwa das OVG Niedersachsen (Beschluss vom 11.07.2003 - 12 ME 287/03 -, NVwZ-RR 2003, 899) unter Berufung auf Daldrup (Blutalkohol 2000, 39, 44) - einen THC-Carbonsäurewert von 150 ng/ml verlangen wollte, wäre von einem regelmäßigen Konsum auszugehen. Hinzu kommt, dass vieles dafür spricht, dass der Antragsteller auch Konsument von Amphetaminen ist, nachdem bei der Verkehrskontrolle am 15.07.2004 auch entsprechende Utensilien und ein halbes Gramm Speed aufgefunden wurden und nachdem auch der durchgeführte Urintest auf Amphetamine positiv reagierte; dass Amphetamine bei der nachfolgenden Blutuntersuchung nicht (mehr) nachgewiesen werden konnten, mag am schnellen Abbau des Wirkstoffs im Blut liegen. Die Wiedererlangung seiner Fahreignung - durch den Nachweis mindestens einjähriger Betäubungsmittelabstinenz (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -; Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -) - oder das Vorliegen besonderer Umstände hat der Antragsteller nicht dargelegt.
20 
Selbst wenn man nur von einem gelegentlichen Konsum ausgehen wollte, würde dies nichts an der fehlenden Kraftfahreignung des Antragstellers ändern. Diese folgt dann aus § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Zusatzelement im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist hier das Unvermögen des Antragstellers, zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Das erforderliche Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Anforderungen der Verkehrssicherheit als noch hinnehmbar erscheinen lässt, kann einem Fahrerlaubnisinhaber nur dann attestiert werden, wenn dieser Fahren und Konsum in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2003 - 10 S 1789/03 -; Beschluss vom 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -). Hier hat der Antragsteller das fehlende Trennungsvermögen durch die Autofahrt unter der berauschenden Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC) vom 15.07.2004 belegt. Nach dem Gutachten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen betrug die THC-Konzentration noch eine knappe Stunde nach der Fahrt 31,3 ng/ml (!) zzgl. weiterer 9,8 ng/ml 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol. Der VGH Baden-Württemberg geht in ständiger Rechtsprechung aufgrund von Stellungnahmen in der naturwissenschaftlichen Literatur davon aus, dass jedenfalls bei THC-Konzentrationen über 2 ng/ml nennenswerte Leistungseinbußen möglich sind und dementsprechend durch das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer solchen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt ist (vgl. Beschluss vom 15.11.2005 - 10 S 2143/05 -; Beschluss vom 10.05.2004 - 10 S 427/04 -, DAR 2004, 604; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -, Blutalkohol 2005, 187); zuletzt hält der VGH Baden-Württemberg sogar eine THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml für ausreichend um von fehlendem Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen (Beschluss vom 27.03.2006 - 10 S 2519/05 -, NJW 2006, 2135; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -; vgl. dazu auch VG Freiburg, Beschluss vom 09.01.2006 - 1 K 1914/05 -). Letztlich ergibt sich das fehlende Trennungsvermögen auch aus der eigenen Einlassung des Antragstellers, der gegenüber der Polizei angegeben hat, am gleichen Tag gegen 12.30 Uhr einen „Joint“ geraucht zu haben.
21 
Die in Anbetracht dessen für den Antragsteller entgegenkommende - und wohl auf dem Umstand, dass er zwischenzeitlich in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis erteilt bekommen hatte, beruhende - Verfahrensweise des Landratsamts, dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu ermöglichen, gründet sich im Übrigen auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, nachdem der Antragsteller insgesamt sechs Mal in erheblicher strafrechtlicher Weise - und zum Teil unter Einfluss von Alkohol oder Cannabis - verkehrsauffällig geworden ist (Januar 1991: fahrlässige Trunkenheit im Verkehr mit einer BAK von 1,43 ‰; April 1991, August 2003, Januar 2004, Juli 2004, Mai 2005: Fahren ohne Fahrerlaubnis, davon einmal mit einer BAK von 0,84 ‰ und einmal unter THC-Einwirkung); dabei dürften auch die Straftaten aus dem Jahr 1991 nach § 29 Abs. 5 StVG noch verwertbar sein, wobei es darauf angesichts der erheblichen Vorfälle in den letzten drei Jahren nicht in entscheidungserheblicher Weise ankommt.
22 
Das nach nationalem Recht somit zu Recht angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten hat der Antragsteller nicht vorgelegt, obwohl er zunächst sein Einverständnis mit einer Begutachtung erklärte hatte. Das Landratsamt durfte daher nach § 11 Abs. 8 FeV, dessen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind, auf die Ungeeignetheit des Antragstellers schließen.
23 
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellervertreters steht dem nicht die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils aus dem Jahr 1991 entgegen. Aus § 3 Abs. 4 StVG folgt keineswegs, dass die Fahreignung eines Betroffenen nach Ablauf der Sperrfrist für die Wiedererteilung zu bejahen ist. Die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Feststellungen reicht nicht über die festgesetzte Sperrfrist hinaus; nach Ablauf der Sperrfrist hat die Fahrerlaubnisbehörde vielmehr eigenständig zu prüfen, ob die Fahrerlaubnis wieder erteilt werden kann (vgl. dazu nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, StVG § 3, Rn 29 a.E. und Rn 31 und im Übrigen § 20 FeV).
24 
Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung aus § 28 Abs. 1 FeV zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer EU-Fahrerlaubnis - vorbehaltlich einer (hier fehlenden) positiven Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Abs. 5 FeV - dann nicht, wenn dem Inhaber die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder dem die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Diesen Tatbestand erfüllt der Antragsteller auf Grund der 1991 erfolgten Entziehung. Darüber hinaus haben die Strafgerichte bei der Aburteilung der zahlreichen Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis - z.T. unter Alkohol- bzw. Cannabiseinwirkung - offenkundig nur deshalb vom Entzug der Fahrerlaubnis abgesehen, weil der Antragsteller 1991 auf dieselbe verzichtet hatte (§ 28 Abs. 4 Nr. 3 3. Alt. FeV). Danach erwiese sich auch bei Anwendung der Vorschrift des § 28 FeV der Bescheid als voraussichtlich rechtmäßig.
25 
2. Allerdings bestehen Zweifel an der Konformität der angewandten Vorschriften mit Gemeinschaftsrecht. Es ist fraglich, ob die Anwendung der nationalen Bestimmungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der RL 91/439/EWG vereinbar sind (vgl. hierzu ergänzend zu den nachstehenden Ausführungen ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 -, VBlBW 2006, 27; Beschluss vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -, VBlBW 2006, 110; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -; VG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2006 - 10 K 3261/05 -). Dies gilt sowohl für die Anwendung des § 28 Abs. 4 FeV als auch für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, sei es kraft festgestellter Ungeeignetheit, sei es auf der Grundlage des Schlusses gemäß § 11 Abs. 8 FeV. Für letztere Alternative ist schließlich zu beachten, dass nur aus einer berechtigterweise verlangten Mitwirkungshandlung im Weigerungsfalle die schwerwiegende Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV abgeleitet werden kann (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.11.2002 - 19 B 814/01, NZV 2002, 427 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 11 FeV, Rn 22 m.w.N.). Es stellt sich unter dem Blickwinkel des sekundären Gemeinschaftsrechts derzeit aber als offen dar, ob § 28 Abs. 4 FeV hier anwendbar ist, die Eignung des Antragstellers überhaupt überprüft werden durfte und ob die Gutachtensanforderung zu Recht ergangen ist (vgl. dazu wiederum ausführlich die bereits zitierte Rechtsprechung).
26 
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG sieht die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt dies ohne jede Formalität; der Besitz eines EU-Führerscheins ist als Nachweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber die in der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung erfüllt hat (EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 -, Kapper , NZV 2004, 372, Rn 46 m.w.N.). Zugleich erlegt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG den Mitgliedstaaten damit eine klare und unbedingte Verpflichtung zur Anerkennung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006 - C-227/05 -, Halbritter , Rn 25). Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Führerscheins z.B. hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 1 lit. b) und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt sind, ist nach der durch den EuGH erfolgten verbindlichen Auslegung der zitierten Richtlinie somit ausschließlich Sache des ausstellenden Mitgliedsstaates. Damit sind der Überprüfung von EU-Fahrerlaubnissen nach innerstaatlichem Recht enge Grenzen gesetzt. So darf ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht deshalb ablehnen, weil in seinem Hoheitsgebiet auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung in diesem Mitgliedsstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt worden ist. Denn Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG ist als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine, der im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit und damit einer der Grundfreiheiten der Römischen Verträge aufgestellt wurde, restriktiv auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004, a.a.O., Rn 72; Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 26). Andere Mitgliedsstaaten sind wegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, und können ihre Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis ausüben (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 38). Ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein ist somit nach dem Regelungskonzept der Richtlinie als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt.
27 
Auch nach dem Beschluss des EuGH in der Rechtssache Halbritter, auf den sich der Antragstellervertreter beruft, sind die hier entscheidenden gemeinschaftsrechtlichen Fragestellungen jedoch noch nicht abschließend geklärt (ebenso - z.T. mit unterschiedlicher Begründung -: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -; VG Chemnitz, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 K 1025/05 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2006 - 9 K 1542/06 unter Berufung auf EuGH, Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Buchpreisbindung , NJW 1985, 1615, Rn 27; VG Freiburg, Beschluss vom 01.06.2006 - 1 K 752/06 -; VG Münster, Beschluss vom 26.06.2006 - 10 L 361/06 -; VG Wiesbaden, Beschluss vom 30.05.2006 - 7 G 508/06 (V) -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 11.07.2006 - 7 K 474/06 -; LG Freiburg, Urteil vom 08.05.2006 - 7 Ns 540 Js 26426/05 -; zu einem teilweise anderen - dem Antragsteller günstigen - Ergebnis gelangen VG Chemnitz, Beschluss vom 21.06.2006 - 2 K 356/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.06.2006 - 4 MB 44/06 -).
28 
Zunächst weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt bereits erheblich von demjenigen des Halbritter-Verfahrens ab, wo das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie fraglos erfüllt war und eine medizinisch-psychologische Untersuchung im ausstellenden Mitgliedsstaat stattgefunden hat (vgl. dazu insbesondere auch die Rnrn 30 und 31 des Halbritter-Beschlusses, wo der EuGH - bei strenger Anwendung seiner Grundsätze: ohne Veranlassung - zu diesen an sich nicht zu prüfenden Umständen Stellung nimmt). Aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 der Richtlinie 91/439/EWG kann somit noch nicht geschlossen werden, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie in Fällen wie dem vorliegenden nicht anwendbar und die im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen ist.
29 
Hier ist der Antragsteller nach Aktenlage zum Führen von Kraftfahrzeugen offensichtlich ungeeignet. Es spricht derzeit alles dafür, dass sich der Antragsteller nicht in Ausübung seiner Grundfreiheiten in die Tschechische Republik begeben und dort eine Fahrerlaubnis erworben hat, sondern dass dies allein der Umgehung der in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens erforderlichen medizinisch-psychologischen Untersuchung diente. Der Antragsteller selbst gab in diesem Zusammenhang gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten an, dass er in Deutschland Probleme mit dem Bestehen der MPU habe und deshalb die Fahrerlaubnis in Tschechien erworben habe. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass im tschechischen Führerschein des Antragstellers unter der Rubrik Nr. 8 (Wohnort) kein tschechischer Ort, sondern „ R., Spolková Republika Německo “ eingetragen ist. Die Berufung auf das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich.
30 
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH darf Gemeinschaftsrecht jedoch nicht missbräuchlich geltend gemacht werden. Die nationalen Gerichte können das missbräuchliche oder betrügerische Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rechnung stellen, um ihm ggf. die Berufung auf das einschlägige Gemeinschaftsrecht zu verwehren, wenn sie bei der Würdigung eines solchen Verhaltens die Ziele der fraglichen Bestimmungen beachten (vgl. dazu die Rechtsprechung des EuGH aus dem Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs: Urteil vom 03.12.1974 - Rs. 33/74 -, Van Binsbergen , Slg. 1974, 1299, Rn 13; Urteil vom 03.02.1993 - C-148/91 -, Veronica Omroep Organisatie , Slg. 1993, I-487, Rn 12; Urteil vom 05.10.1994 - C-23/93 -, TV10 , Slg. 1994, I-4795, Rn 21; auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit: Urteil vom 07.02.1979 - Rs. 115/78 - Knoors , Slg. 1979, 399, Rn 25; Urteil vom 03.10.1990 - C-61/89 -, Bouchoucha , Slg. 1990, I-3551, Rn 14 sowie Urteil vom 09.03.1999 - C 212/97 -, Centros Ltd. -, Rn 24; Urteil vom 30.09.2003 - C 167/01 -, Inspire Art , Rn 136; auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs: Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Leclerc u. a. , Slg. 1985, 1, Rn 27; auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit: Urteil vom 02.05.1996 - C-206/94 -, Brennet AG / Vittorio Paletta , NJW 1996, 1881, Rn 24f.; Urteil vom 12.04.2005 - C-145/03 -, Erben der Annette Keller , Rn 50; auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, Lair , Slg. 1988, 3161, Rn 43; Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, NJW 1988, 2165, Rn 43; auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik: Urteil vom 03.03.1993 - C-8/92 -, General Milk Products , Slg. 1993, I-779, Rn 21); und auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts: Urteil vom 12.05.1998 - C-367/96 -, Kefalas u. a. , Slg. 1998, I-2843, Rn 20; Urteil vom 23.03.2000 - C-373/97 -, Diamantis , Rn 33; auch in gänzlich anderem Zusammenhang akzeptiert der EuGH täuschendes Verhalten zur Erschleichung von Vorteilen nicht: Urteil vom 05.06.1997 - C-285/95 -, Suat Kol/Land Berlin , NVwZ 1998, 50, Rn 25 ff. zu Beschäftigungszeiten nach Art. 6 ARB 1/80).
31 
Die hier im Blick zu behaltenden Ziele der Richtlinie bestehen nicht lediglich darin, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten; auch die Verkehrssicherheit nimmt hier ausweislich der Begründungserwägungen der Richtlinie breiten Raum ein. Die Straßenverkehrssicherheit zählt im Übrigen zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen können, sofern die streitige Maßnahme tatsächlich unterschiedslos auf Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten anwendbar wird und sie geeignet erscheint, die Verwirklichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, Kommission / Niederlande , Slg. 2003, I-7485, Rn 67). In Anbetracht dessen darf dem Antragsteller, der sich offenkundig kurzfristig und ohne einen Wohnsitz zu begründen allein zu dem Zweck in die Tschechische Republik begeben hat, dort eine Fahrerlaubnis zu erhalten, deren Erteilung im Inland er - nach seiner Einschätzung - nicht hätte erreichen können, die Berufung auf die Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG verwehrt werden.
32 
Weiterhin ist auch nicht ausgeschlossen, dass die dem Antragsteller erteilte tschechische Fahrerlaubnis als nichtig und damit wirkungslos anzusehen ist, nachdem aus dem Führerscheindokument selbst bereits offenkundig und für jedermann erkennbar hervorgeht, dass die tschechischen Behörden das Wohnsitzerfordernis des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht geprüft haben. Insoweit nimmt das Gericht keine - ggf. nach der Richtlinie unzulässige - Überprüfung der Erteilungsvoraussetzungen, die allein dem ausstellenden Mitgliedsstaat obliegt und vorbehalten ist, vor. Der EuGH hat im Kapper-Urteil (a.a.O., Rn 47 mit Verweis auf seinen Beschluss vom 11.12.2003 - C-408/02 -, Silva Carvalho -, Rn 22) aus dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung allein gefolgert, dass ein Mitgliedsstaat bei einer in seinem Hoheitsgebiet vorgenommenen Straßenverkehrskontrolle die Anerkennung eines Führerscheins nicht mit der Begründung verweigern kann, „nach den Informationen, über die der Mitgliedsstaat verfüge“, habe der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokuments seinen Wohnsitz im (kontrollierenden) Mitgliedsstaat und nicht im Ausstellungsstaat gehabt. Damit ist ersichtlich auf Informationen etwa aus dem Melderegister Bezug genommen, die eine erste Nachprüfung der Wohnsitzfrage ermöglichen. Auch im Urteil Kommission ./. Niederlande (Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, a.a.O., Rn 75) hat sich der Gerichtshof mit systematischen Erfassungen des Wohnsitzes (im Rahmen der Registrierung ausländischer Führerscheine) befasst. Ist aber - wie hier - bereits aus dem Führerscheindokument selbst ersichtlich, dass das Wohnsitzerfordernis nicht beachtet wurde, so spricht vieles dafür, die erteilte Fahrerlaubnis als nichtig anzusehen. Dann aber geht es in Fallkonstellationen der hier zu beurteilenden Art gar nicht mehr um den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, weil es bereits an einem anerkennungsfähigen Rechtsakt fehlt. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts hätte dann wohl lediglich deklaratorische Bedeutung, dem Antragsteller würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
33 
Die durch die vorstehenden Darlegungen aufgeworfenen umfänglichen Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts bedürfen noch weiterer Klärung im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art. 234 EG. Das VG Sigmaringen hat bereits mit Beschluss vom 27.06.2006 - 4 K 1058/05 - vergleichbare Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch das VG Chemnitz hat angekündigt, im Verfahren 2 K 1380/05 einen Vorlagebeschluss zu fassen. In Anbetracht der offenen, im Widerspruchs- bzw. Hauptsacheverfahren zu klärenden Rechtsfragen und angesichts der noch nicht entschiedenen Vorlageverfahren beim EuGH ist offen, ob die Anwendung der nationalen Regelungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar ist. Somit ist von offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers auszugehen.
34 
3. Der Antrag ist gleichwohl abzulehnen, weil die Kammer nach der danach erforderlichen Interessenabwägung kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festzustellen vermag.
35 
Erweisen sich die Erfolgsaussichten als offen, so sind die Interessen der Beteiligten im Rahmen einer Folgenabwägung zu gewichten. Als Maßstab sind dabei die Erwägungen sinngemäß heranzuziehen, welche das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.06.2002 zur Frage von Gutachtensanforderungen bei einmaligem Haschischkonsum (BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378 ff.) angestellt hat (Bay. VGH, Beschluss vom 01.07.2005 - 11 C 05.940 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -), da dieser Maßstab die Sicherheitsinteressen einerseits und die Interessen an der Ausnutzung der noch nicht bestandskräftig entzogenen Fahrerlaubnis andererseits zu einem angemessenen Ausgleich bringt.
36 
Unter Anwendung dieses Maßstabs des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse am Vollzug dann überwiegt und der Betroffene die Vollziehbarkeit der Entziehungsverfügung hinnehmen muss, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen.
37 
Im Fall des Antragstellers bedeutet dies, dass auf Grund seines regelmäßigen Rauschmittelkonsums, aufgrund der Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht R. im Jahre 1991 wie auch insbesondere in Anbetracht der zahlreichen abgeurteilten Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und nicht zuletzt des Umstands, dass der Antragsteller im Rahmen des jüngsten Neuerteilungsverfahren die medizinisch-psychologische Begutachtungen abgebrochen hat bzw. jedenfalls kein positives Gutachten vorlegen konnte, derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einer Fahreignung des Antragstellers ausgegangen werden kann. Noch kurz vor Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis fuhr der Antragsteller ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Substantiierte Einzelheiten über Inhalt und Ablauf einer in Tschechien ggf. vorgenommenen ärztlichen Untersuchung hat der Antragsteller nicht geschildert, im Gegenteil hat er angegeben, nach Tschechien gefahren zu sein, weil er in der Bundesrepublik Deutschland Probleme mit der MPU hätte. Sofern eine ärztliche Untersuchung in Tschechien überhaupt stattgefunden haben sollte (zu den beträchtlichen diesbezüglichen Bedenken vgl. die Ausführungen und Auswertungen verschiedener Erkenntnisquellen aus dem Internet im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -), ist derzeit davon auszugehen, dass es sich allenfalls um eine Routine-Untersuchung handelte, die - ohne Kenntnis der drogenbedingten körperlichen und psychischen, sowie der charakterlichen Probleme des Antragstellers und ohne Kenntnis seiner Vorgeschichte - auf etwaige Alkohol- und Drogenprobleme nicht eingegangen ist. Wäre es anders gewesen, wäre darüber hinaus auch zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller ein derartiges positives Untersuchungsergebnis ohne Weiteres mitgeteilt hätte. Schließlich kann auch der Umstand einer (vorgeblich) beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr über mehrere Monate hinweg seit Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis hier zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Angesichts der hohen Dunkelziffer von Verkehrsordnungswidrigkeiten und -straftaten ist die bloße beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr kein Indiz für die wiedererlangte Geeignetheit eines Verkehrsteilnehmers.
38 
Der Interessenabwägung steht auch nicht entgegen, dass für den Fall, dass sich die Maßnahmen als gemeinschaftsrechtswidrig erweisen sollten, mit der vorliegenden Entscheidung die Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht einstweilen im Einzelfall gehemmt wird. Zwar ist die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts von übergeordneter Bedeutung. Die Mitgliedstaaten - und insbesondere auch deren Gerichte (vgl. dazu Streinz, EUV/EGV, 1. Aufl. 2003, Art. 10 EG Rn. 31 ff.) - haben nach Art. 10 EG alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag zu treffen und alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrages gefährden könnten. Daher ist bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die nationalen Gerichte darauf zu achten, dass die zu treffende Entscheidung dem Gemeinschaftsrecht nicht die praktische Wirksamkeit nimmt. Diese Gefahr besteht hier indes nicht. Insbesondere handelt es sich hier gerade nicht um den Fall eines Unionsbürgers, der durch die Aberkennung des Rechts, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, daran gehindert wird, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen. Ausweislich des ersten Erwägungsgrundes zur RL 91/439/EWG soll aber gerade die Freizügigkeit von Personen erleichtert werden, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen wollen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben. Damit ist die Richtlinie und ihre wesentliche Bedeutung im vorliegenden Fall nur in einem Randbereich ihres Regelungsgehalts betroffen, sodass es hier nicht einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers bedarf, um die praktische Wirksamkeit der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen (VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -). Somit bleibt bei einer Gesamtabwägung aller Interessen die bedrohte Verkehrssicherheit Ausschlag gebend für die Ermessensentscheidung des Gerichts.
39 
Die Kammer sieht sich weiter zu dem Hinweis veranlasst, dass die derzeit im Rechtsetzungsverfahren befindliche Neufassung der einschlägigen Ausnahmebestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG möglicherweise ohnehin die Konformität der bestehenden nationalen Bestimmungen herstellen wird, sodass der als kraftfahrungeeignet anzusehende Antragsteller ggf. spätestens dann mit neuerlichen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden wird rechnen müssen. Nach Art. 11 Abs. 4 des Richtlinienentwurfs in der Fassung, die der Rat der Europäischen Union auf seiner 2721. Tagung am 27.03.2006 beschlossen hat (vgl. den Text in der Vorlage vom 17.03.2006 zum Dossier 2003/0252 (COD) 7437/06 ADD 1, http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/06/ st07 / st07 437- ad01 . de06 .pdf), lehnt es ein Mitgliedsstaat ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedsstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen; weiter lehnt ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in seinem Hoheitsgebiet eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen ist. Auch wenn der Anwendungsbereich dieser neuen Vorschriften ggf. wiederum nicht ohne eine neuerliche Vorlage an den EuGH zu klären sein wird, ist die hinter dem Richtlinienänderungsentwurf stehende Absicht, Maßnahmen gegen den sog. „Führerscheintourismus“ zu ergreifen deutlich erkennbar. Zwar ist nach Art. 18 der derzeitigen Fassung des Entwurfs ein Inkrafttreten der Bestimmung des Art. 11 Abs. 4 erst zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Amtsblatt vorgesehen und zu erwarten, dass das anhängige Widerspruchsverfahren bis dahin abgeschlossen sein wird. Auch kann derzeit - vor endgültiger Beschlussfassung über den Richtlinientext - noch keine Rede von eventuellen Vorwirkungen der Richtlinienänderung die Rede sein. Gleichwohl ist bemerkenswert und im Rahmen der Interessenabwägung des Gerichts nicht ohne Bedeutung, dass auch die Rechtsetzungsorgane der EG zwischenzeitlich offenkundig die Folgen der - massenhaften - missbräuchlichen Geltendmachung von Gemeinschaftsrecht erkannt haben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 62 Abs. 2 GKG und erfolgt in Anwendung von Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).

Gründe

 
II.
13 
Der nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 , Abs. 5 VwGO zulässige Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Landratsamts R. vom 10.05.2006 hat keinen Erfolg.
14 
Die Anordnung des Sofortvollzuges erweist sich zunächst in formeller Hinsicht als rechtmäßig. Sie entspricht der Vorschrift des § 80 Abs. 3 VwGO. Die besondere Begründung für den Sofortvollzug wiederholt nicht lediglich den Gesetzeswortlaut des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO. Die Begründung ist insbesondere auch nicht deshalb fehlerhaft, weil sie „formularmäßig" wirkt, denn im Bereich des Fahrerlaubnisentzugs besteht die Besonderheit, dass es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg, der sich die Kammer angeschlossen hat, nicht vorstellbar ist, einen vermutlich ungeeigneten oder nicht befähigten Kraftfahrer weiterhin am Straßenverkehr teilnehmen zu lassen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn eine Behörde in Orientierung an diesem Grundsatz den Vorrang des öffentlichen Interesses gegenüber den privaten Belangen abstrakt begründet und darauf verzichtet, auf Einzelheiten des konkreten Falles einzugehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.02.1978 - X 535/77 -, DÖV 1978, 450 ff.).
15 
Bei der von der Kammer zu treffenden eigenen Entscheidung über die Frage der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs sind die privaten Interessen des Antragstellers an der Verschonung vom Vollzug des Verwaltungsakts bis zur rechtskräftigen Entscheidung über das eingelegte Rechtsmittel und das Interesse der Allgemeinheit am sofortigen Vollzug gegeneinander abzuwägen. Dabei sind die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs, dessen aufschiebende Wirkung wiederhergestellt werden soll, ein wesentliches Kriterium. Erweist sich der Rechtsbehelf als wahrscheinlich erfolgreich, so wird auch dem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz in aller Regel zu entsprechen sein. Erweist sich der Rechtsbehelf hingegen als wahrscheinlich erfolglos, so dürfte regelmäßig dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der Vorrang zukommen.Lässt sich eine Aussage über die vermutliche Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der mit dem Rechtsbehelf angegriffenen Verfügung aber in den Kategorien der Offensichtlichkeit oder der deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Eilverfahren nicht treffen, so ist eine reine, am Einzelfall orientierte Interessenabwägung durch das erkennende Gericht zu treffen (J. Schmidt, in: Eyermann, VwGO, 11. Aufl. 2000, § 80, Rn 77).
16 
Die Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers stellen sich derzeit als offen dar. Bei Abwägung aller in Betracht kommenden privaten und öffentlichen Interessen überwiegt derzeit das öffentliche Interesse am Vollzug der getroffenen Entscheidung.
17 
1. Als Ermächtigungsgrundlage für die Regelung in Nr. 1 des Bescheids kommen die §§ 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 StVG in Verbindung mit § 46 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 FeV in Betracht. Nach diesen Vorschriften muss die Fahrerlaubnisbehörde einem Kraftfahrer die Fahrerlaubnis entziehen, wenn er sich als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach § 3 Abs. 1 Satz 2 StVG i.V.m. § 46 Abs. 5 Satz 2 FeV bewirkt die (Entziehungs-)Entscheidung bei einer ausländischen Fahrerlaubnis das Erlöschen des Rechts zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland. Zwar unterscheidet § 46 FeV beim Begriff der „Entziehung“ der Fahrerlaubnis nicht zwischen deutschen und ausländischen Fahrerlaubnissen, jedoch ergibt sich aus §§ 46 Abs. 5 Satz 2 FeV, 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, dass die „Entziehung“ der Fahrerlaubnis bei einer ausländischen Fahrerlaubnis - im Unterschied zur Regelung des § 46 Abs. 5 Satz 1 FeV - nicht die Rechtsfolge des Erlöschens zeitigt, sondern allein die (auf das Bundesgebiet beschränkte) Folge hat, dass der Betroffene im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland keine Kraftfahrzeuge führen darf. Mit dieser differenzierten Rechtsfolge ist der Tatsache Rechnung getragen, dass eine deutsche Fahrerlaubnisbehörde eine ausländische Fahrerlaubnis anzuerkennen hat und deren (europaweites) Erlöschen nicht anordnen darf.
18 
Die fehlende Eignung des Antragstellers ergibt sich bei Anwendung nationalen Rechts u.a. bereits aus dem regelmäßigen Cannabiskonsum des Antragstellers, jedenfalls aber - wie vom Antragsgegner angenommen - aus der Nicht-Vorlage des angeordneten medizinisch-psychologischen Gutachtens zum Nachweis der Fahreignung des Antragstellers oder aus § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV.
19 
Der Antragsteller ist bereits nach § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV als regelmäßiger Konsument von Cannabis ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen (zu den Auswirkungen regelmäßigen Konsums auf die Fahreignung vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -). Aus dem rechtsmedizinischen Gutachten der Eberhard-Karls-Universität ergibt sich, dass der Antragsteller täglich oder nahezu täglich Cannabis konsumiert hat bzw. noch konsumiert (zu den Anforderungen an „regelmäßigen“ Konsum vgl. nur VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, DAR 2004, 170). In seinem Blut wurden 160 ng/ml des THC-Abbauprodukts THC-COOH nachgewiesen. Bereits bei einem über 75 ng/ml THC-COOH liegenden Wert wird im Allgemeinen ein regelmäßiger Konsum angenommen (vgl. etwa den Erlass des Ministeriums für Wirtschaft und Mittelstand, Technologie und Verkehr Nordrhein-Westfalen - Az. 632-21-03/2.1 - zur Beurteilung von Cannabiskonsum; ebenso OVG Saarland, Beschluss vom 30.09.2002 - 9 W 25/02 -, ZfSch 2003, 44). Selbst wenn man - wie etwa das OVG Niedersachsen (Beschluss vom 11.07.2003 - 12 ME 287/03 -, NVwZ-RR 2003, 899) unter Berufung auf Daldrup (Blutalkohol 2000, 39, 44) - einen THC-Carbonsäurewert von 150 ng/ml verlangen wollte, wäre von einem regelmäßigen Konsum auszugehen. Hinzu kommt, dass vieles dafür spricht, dass der Antragsteller auch Konsument von Amphetaminen ist, nachdem bei der Verkehrskontrolle am 15.07.2004 auch entsprechende Utensilien und ein halbes Gramm Speed aufgefunden wurden und nachdem auch der durchgeführte Urintest auf Amphetamine positiv reagierte; dass Amphetamine bei der nachfolgenden Blutuntersuchung nicht (mehr) nachgewiesen werden konnten, mag am schnellen Abbau des Wirkstoffs im Blut liegen. Die Wiedererlangung seiner Fahreignung - durch den Nachweis mindestens einjähriger Betäubungsmittelabstinenz (vgl. Nr. 9.5 der Anlage 4 zur FeV und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 30.05.2003 - 10 S 1907/02 -; Urteil vom 30.09.2003 - 10 S 1917/02 -) - oder das Vorliegen besonderer Umstände hat der Antragsteller nicht dargelegt.
20 
Selbst wenn man nur von einem gelegentlichen Konsum ausgehen wollte, würde dies nichts an der fehlenden Kraftfahreignung des Antragstellers ändern. Diese folgt dann aus § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV i.V. mit Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV. Zusatzelement im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 ist hier das Unvermögen des Antragstellers, zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu trennen. Das erforderliche Trennungsvermögen, das eine gelegentliche Einnahme von Cannabis im Hinblick auf die Anforderungen der Verkehrssicherheit als noch hinnehmbar erscheinen lässt, kann einem Fahrerlaubnisinhaber nur dann attestiert werden, wenn dieser Fahren und Konsum in einer Weise trennt, dass eine Beeinträchtigung seiner verkehrsrelevanten Eigenschaften durch die Einnahme von Cannabis unter keinen Umständen eintreten kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.2003 - 10 S 2048/03 -, a.a.O.; Beschluss vom 28.11.2003 - 10 S 1789/03 -; Beschluss vom 01.12.2003 - 10 S 1958/03 -). Hier hat der Antragsteller das fehlende Trennungsvermögen durch die Autofahrt unter der berauschenden Wirkung von Tetrahydrocannabinol (THC) vom 15.07.2004 belegt. Nach dem Gutachten der Eberhard-Karls-Universität Tübingen betrug die THC-Konzentration noch eine knappe Stunde nach der Fahrt 31,3 ng/ml (!) zzgl. weiterer 9,8 ng/ml 11-Hydroxy-Tetrahydrocannabinol. Der VGH Baden-Württemberg geht in ständiger Rechtsprechung aufgrund von Stellungnahmen in der naturwissenschaftlichen Literatur davon aus, dass jedenfalls bei THC-Konzentrationen über 2 ng/ml nennenswerte Leistungseinbußen möglich sind und dementsprechend durch das Führen eines Kraftfahrzeugs mit einer solchen THC-Konzentration das fehlende Trennungsvermögen belegt ist (vgl. Beschluss vom 15.11.2005 - 10 S 2143/05 -; Beschluss vom 10.05.2004 - 10 S 427/04 -, DAR 2004, 604; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -, Blutalkohol 2005, 187); zuletzt hält der VGH Baden-Württemberg sogar eine THC-Konzentration von mindestens 1,0 ng/ml für ausreichend um von fehlendem Trennungsvermögen im Sinne von Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV auszugehen (Beschluss vom 27.03.2006 - 10 S 2519/05 -, NJW 2006, 2135; Beschluss vom 15.11.2004 - 10 S 2194/04 -; vgl. dazu auch VG Freiburg, Beschluss vom 09.01.2006 - 1 K 1914/05 -). Letztlich ergibt sich das fehlende Trennungsvermögen auch aus der eigenen Einlassung des Antragstellers, der gegenüber der Polizei angegeben hat, am gleichen Tag gegen 12.30 Uhr einen „Joint“ geraucht zu haben.
21 
Die in Anbetracht dessen für den Antragsteller entgegenkommende - und wohl auf dem Umstand, dass er zwischenzeitlich in der Tschechischen Republik eine Fahrerlaubnis erteilt bekommen hatte, beruhende - Verfahrensweise des Landratsamts, dem Antragsteller die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens zu ermöglichen, gründet sich im Übrigen auf § 11 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 FeV, nachdem der Antragsteller insgesamt sechs Mal in erheblicher strafrechtlicher Weise - und zum Teil unter Einfluss von Alkohol oder Cannabis - verkehrsauffällig geworden ist (Januar 1991: fahrlässige Trunkenheit im Verkehr mit einer BAK von 1,43 ‰; April 1991, August 2003, Januar 2004, Juli 2004, Mai 2005: Fahren ohne Fahrerlaubnis, davon einmal mit einer BAK von 0,84 ‰ und einmal unter THC-Einwirkung); dabei dürften auch die Straftaten aus dem Jahr 1991 nach § 29 Abs. 5 StVG noch verwertbar sein, wobei es darauf angesichts der erheblichen Vorfälle in den letzten drei Jahren nicht in entscheidungserheblicher Weise ankommt.
22 
Das nach nationalem Recht somit zu Recht angeforderte medizinisch-psychologische Gutachten hat der Antragsteller nicht vorgelegt, obwohl er zunächst sein Einverständnis mit einer Begutachtung erklärte hatte. Das Landratsamt durfte daher nach § 11 Abs. 8 FeV, dessen Voraussetzungen im Übrigen erfüllt sind, auf die Ungeeignetheit des Antragstellers schließen.
23 
Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellervertreters steht dem nicht die Bindungswirkung des strafgerichtlichen Urteils aus dem Jahr 1991 entgegen. Aus § 3 Abs. 4 StVG folgt keineswegs, dass die Fahreignung eines Betroffenen nach Ablauf der Sperrfrist für die Wiedererteilung zu bejahen ist. Die Bindungswirkung der strafgerichtlichen Feststellungen reicht nicht über die festgesetzte Sperrfrist hinaus; nach Ablauf der Sperrfrist hat die Fahrerlaubnisbehörde vielmehr eigenständig zu prüfen, ob die Fahrerlaubnis wieder erteilt werden kann (vgl. dazu nur Hentschel, Straßenverkehrsrecht, StVG § 3, Rn 29 a.E. und Rn 31 und im Übrigen § 20 FeV).
24 
Nach § 28 Abs. 4 Nr. 3 FeV gilt die Berechtigung aus § 28 Abs. 1 FeV zum Führen von Kraftfahrzeugen aufgrund einer EU-Fahrerlaubnis - vorbehaltlich einer (hier fehlenden) positiven Zuerkennungsentscheidung nach § 28 Abs. 5 FeV - dann nicht, wenn dem Inhaber die Fahrerlaubnis im Inland vorläufig oder rechtskräftig von einem Gericht oder sofort vollziehbar oder bestandskräftig von einer Verwaltungsbehörde entzogen worden ist, die Fahrerlaubnis bestandskräftig versagt worden ist oder dem die Fahrerlaubnis nur deshalb nicht entzogen worden ist, weil er zwischenzeitlich auf die Fahrerlaubnis verzichtet hat. Diesen Tatbestand erfüllt der Antragsteller auf Grund der 1991 erfolgten Entziehung. Darüber hinaus haben die Strafgerichte bei der Aburteilung der zahlreichen Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis - z.T. unter Alkohol- bzw. Cannabiseinwirkung - offenkundig nur deshalb vom Entzug der Fahrerlaubnis abgesehen, weil der Antragsteller 1991 auf dieselbe verzichtet hatte (§ 28 Abs. 4 Nr. 3 3. Alt. FeV). Danach erwiese sich auch bei Anwendung der Vorschrift des § 28 FeV der Bescheid als voraussichtlich rechtmäßig.
25 
2. Allerdings bestehen Zweifel an der Konformität der angewandten Vorschriften mit Gemeinschaftsrecht. Es ist fraglich, ob die Anwendung der nationalen Bestimmungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der RL 91/439/EWG vereinbar sind (vgl. hierzu ergänzend zu den nachstehenden Ausführungen ausführlich VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.09.2005 - 10 S 1194/05 -, VBlBW 2006, 27; Beschluss vom 07.11.2005 - 10 S 1057/05 -, VBlBW 2006, 110; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -; VG Stuttgart, Beschluss vom 19.01.2006 - 10 K 3261/05 -). Dies gilt sowohl für die Anwendung des § 28 Abs. 4 FeV als auch für die Anwendung des § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG, sei es kraft festgestellter Ungeeignetheit, sei es auf der Grundlage des Schlusses gemäß § 11 Abs. 8 FeV. Für letztere Alternative ist schließlich zu beachten, dass nur aus einer berechtigterweise verlangten Mitwirkungshandlung im Weigerungsfalle die schwerwiegende Rechtsfolge des § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV abgeleitet werden kann (vgl. nur OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22.11.2002 - 19 B 814/01, NZV 2002, 427 ff.; Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 38. Aufl. 2005, § 11 FeV, Rn 22 m.w.N.). Es stellt sich unter dem Blickwinkel des sekundären Gemeinschaftsrechts derzeit aber als offen dar, ob § 28 Abs. 4 FeV hier anwendbar ist, die Eignung des Antragstellers überhaupt überprüft werden durfte und ob die Gutachtensanforderung zu Recht ergangen ist (vgl. dazu wiederum ausführlich die bereits zitierte Rechtsprechung).
26 
Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG sieht die gegenseitige Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine vor. Nach der Rechtsprechung des EuGH gilt dies ohne jede Formalität; der Besitz eines EU-Führerscheins ist als Nachweis dafür anzusehen, dass sein Inhaber die in der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Voraussetzungen für die Ausstellung erfüllt hat (EuGH, Urteil vom 29.4.2004 - C-476/01 -, Kapper , NZV 2004, 372, Rn 46 m.w.N.). Zugleich erlegt Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG den Mitgliedstaaten damit eine klare und unbedingte Verpflichtung zur Anerkennung auf, die keinen Ermessensspielraum in Bezug auf die Maßnahmen einräumt, die zu erlassen sind, um dieser Verpflichtung nachzukommen (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006 - C-227/05 -, Halbritter , Rn 25). Die Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Erteilung des Führerscheins z.B. hinsichtlich der in Art. 7 Abs. 1 lit. b) und Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG vorgesehenen Wohnsitzvoraussetzungen erfüllt sind, ist nach der durch den EuGH erfolgten verbindlichen Auslegung der zitierten Richtlinie somit ausschließlich Sache des ausstellenden Mitgliedsstaates. Damit sind der Überprüfung von EU-Fahrerlaubnissen nach innerstaatlichem Recht enge Grenzen gesetzt. So darf ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellten Führerscheins gemäß Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG nicht deshalb ablehnen, weil in seinem Hoheitsgebiet auf den Inhaber des Führerscheins eine Maßnahme des Entzugs oder der Aufhebung einer von diesem Staat erteilten Fahrerlaubnis angewendet wurde, wenn die zusammen mit dieser Maßnahme angeordnete Sperrfrist für die Neuerteilung in diesem Mitgliedsstaat abgelaufen war, bevor der Führerschein von dem anderen Mitgliedsstaat ausgestellt worden ist. Denn Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie 91/439/EWG ist als Ausnahme zum Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung der von den Mitgliedsstaaten ausgestellten Führerscheine, der im Interesse der innergemeinschaftlichen Freizügigkeit und damit einer der Grundfreiheiten der Römischen Verträge aufgestellt wurde, restriktiv auszulegen (vgl. EuGH, Urteil vom 29.4.2004, a.a.O., Rn 72; Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 26). Andere Mitgliedsstaaten sind wegen Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nicht befugt, die Beachtung der Ausstellungsbedingungen erneut zu prüfen, und können ihre Befugnis nach Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 91/439/EWG nur im Hinblick auf ein Verhalten des Betroffenen nach dem Erwerb der ausländischen Fahrerlaubnis ausüben (vgl. EuGH, Beschluss vom 06.04.2006, a.a.O., Rn 38). Ein von einem anderen Mitgliedsstaat ausgestellter Führerschein ist somit nach dem Regelungskonzept der Richtlinie als Nachweis dafür anzusehen, dass der Inhaber auch die gesundheitlichen Anforderungen nach Maßgabe der Anhänge II und III der Richtlinie 91/439/EWG erfüllt.
27 
Auch nach dem Beschluss des EuGH in der Rechtssache Halbritter, auf den sich der Antragstellervertreter beruft, sind die hier entscheidenden gemeinschaftsrechtlichen Fragestellungen jedoch noch nicht abschließend geklärt (ebenso - z.T. mit unterschiedlicher Begründung -: VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -; VG Chemnitz, Beschluss vom 05.07.2006 - 2 K 1025/05 -; VG Karlsruhe, Beschluss vom 21.06.2006 - 9 K 1542/06 unter Berufung auf EuGH, Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Buchpreisbindung , NJW 1985, 1615, Rn 27; VG Freiburg, Beschluss vom 01.06.2006 - 1 K 752/06 -; VG Münster, Beschluss vom 26.06.2006 - 10 L 361/06 -; VG Wiesbaden, Beschluss vom 30.05.2006 - 7 G 508/06 (V) -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 11.07.2006 - 7 K 474/06 -; LG Freiburg, Urteil vom 08.05.2006 - 7 Ns 540 Js 26426/05 -; zu einem teilweise anderen - dem Antragsteller günstigen - Ergebnis gelangen VG Chemnitz, Beschluss vom 21.06.2006 - 2 K 356/06 -; OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 20.06.2006 - 4 MB 44/06 -).
28 
Zunächst weicht der hier zu entscheidende Sachverhalt bereits erheblich von demjenigen des Halbritter-Verfahrens ab, wo das Wohnsitzerfordernis der Richtlinie fraglos erfüllt war und eine medizinisch-psychologische Untersuchung im ausstellenden Mitgliedsstaat stattgefunden hat (vgl. dazu insbesondere auch die Rnrn 30 und 31 des Halbritter-Beschlusses, wo der EuGH - bei strenger Anwendung seiner Grundsätze: ohne Veranlassung - zu diesen an sich nicht zu prüfenden Umständen Stellung nimmt). Aus der bisherigen Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 der Richtlinie 91/439/EWG kann somit noch nicht geschlossen werden, dass Art. 8 Abs. 4 der Richtlinie in Fällen wie dem vorliegenden nicht anwendbar und die im EU-Ausland erteilte Fahrerlaubnis anzuerkennen ist.
29 
Hier ist der Antragsteller nach Aktenlage zum Führen von Kraftfahrzeugen offensichtlich ungeeignet. Es spricht derzeit alles dafür, dass sich der Antragsteller nicht in Ausübung seiner Grundfreiheiten in die Tschechische Republik begeben und dort eine Fahrerlaubnis erworben hat, sondern dass dies allein der Umgehung der in der Bundesrepublik Deutschland im Rahmen eines Neuerteilungsverfahrens erforderlichen medizinisch-psychologischen Untersuchung diente. Der Antragsteller selbst gab in diesem Zusammenhang gegenüber den ihn kontrollierenden Polizeibeamten an, dass er in Deutschland Probleme mit dem Bestehen der MPU habe und deshalb die Fahrerlaubnis in Tschechien erworben habe. Bestätigt wird dies durch den Umstand, dass im tschechischen Führerschein des Antragstellers unter der Rubrik Nr. 8 (Wohnort) kein tschechischer Ort, sondern „ R., Spolková Republika Německo “ eingetragen ist. Die Berufung auf das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ist in einem solchen Fall rechtsmissbräuchlich.
30 
Auch nach der Rechtsprechung des EuGH darf Gemeinschaftsrecht jedoch nicht missbräuchlich geltend gemacht werden. Die nationalen Gerichte können das missbräuchliche oder betrügerische Verhalten des Betroffenen auf der Grundlage objektiver Kriterien in Rechnung stellen, um ihm ggf. die Berufung auf das einschlägige Gemeinschaftsrecht zu verwehren, wenn sie bei der Würdigung eines solchen Verhaltens die Ziele der fraglichen Bestimmungen beachten (vgl. dazu die Rechtsprechung des EuGH aus dem Bereich des freien Dienstleistungsverkehrs: Urteil vom 03.12.1974 - Rs. 33/74 -, Van Binsbergen , Slg. 1974, 1299, Rn 13; Urteil vom 03.02.1993 - C-148/91 -, Veronica Omroep Organisatie , Slg. 1993, I-487, Rn 12; Urteil vom 05.10.1994 - C-23/93 -, TV10 , Slg. 1994, I-4795, Rn 21; auf dem Gebiet der Niederlassungsfreiheit: Urteil vom 07.02.1979 - Rs. 115/78 - Knoors , Slg. 1979, 399, Rn 25; Urteil vom 03.10.1990 - C-61/89 -, Bouchoucha , Slg. 1990, I-3551, Rn 14 sowie Urteil vom 09.03.1999 - C 212/97 -, Centros Ltd. -, Rn 24; Urteil vom 30.09.2003 - C 167/01 -, Inspire Art , Rn 136; auf dem Gebiet des freien Warenverkehrs: Urteil vom 10.01.1985 - Rs. 229/83 -, Leclerc u. a. , Slg. 1985, 1, Rn 27; auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit: Urteil vom 02.05.1996 - C-206/94 -, Brennet AG / Vittorio Paletta , NJW 1996, 1881, Rn 24f.; Urteil vom 12.04.2005 - C-145/03 -, Erben der Annette Keller , Rn 50; auf dem Gebiet der Freizügigkeit der Arbeitnehmer: Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, Lair , Slg. 1988, 3161, Rn 43; Urteil vom 21.06.1988 - Rs. 39/86 -, NJW 1988, 2165, Rn 43; auf dem Gebiet der gemeinsamen Agrarpolitik: Urteil vom 03.03.1993 - C-8/92 -, General Milk Products , Slg. 1993, I-779, Rn 21); und auf dem Gebiet des Gesellschaftsrechts: Urteil vom 12.05.1998 - C-367/96 -, Kefalas u. a. , Slg. 1998, I-2843, Rn 20; Urteil vom 23.03.2000 - C-373/97 -, Diamantis , Rn 33; auch in gänzlich anderem Zusammenhang akzeptiert der EuGH täuschendes Verhalten zur Erschleichung von Vorteilen nicht: Urteil vom 05.06.1997 - C-285/95 -, Suat Kol/Land Berlin , NVwZ 1998, 50, Rn 25 ff. zu Beschäftigungszeiten nach Art. 6 ARB 1/80).
31 
Die hier im Blick zu behaltenden Ziele der Richtlinie bestehen nicht lediglich darin, die Freizügigkeit der Arbeitnehmer, die Niederlassungsfreiheit und den freien Dienstleistungsverkehr zu gewährleisten; auch die Verkehrssicherheit nimmt hier ausweislich der Begründungserwägungen der Richtlinie breiten Raum ein. Die Straßenverkehrssicherheit zählt im Übrigen zu den zwingenden Gründen des Allgemeininteresses, die eine Beschränkung der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten rechtfertigen können, sofern die streitige Maßnahme tatsächlich unterschiedslos auf Staatsangehörige aller Mitgliedstaaten anwendbar wird und sie geeignet erscheint, die Verwirklichung des verfolgten Zwecks zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, Kommission / Niederlande , Slg. 2003, I-7485, Rn 67). In Anbetracht dessen darf dem Antragsteller, der sich offenkundig kurzfristig und ohne einen Wohnsitz zu begründen allein zu dem Zweck in die Tschechische Republik begeben hat, dort eine Fahrerlaubnis zu erhalten, deren Erteilung im Inland er - nach seiner Einschätzung - nicht hätte erreichen können, die Berufung auf die Bestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG verwehrt werden.
32 
Weiterhin ist auch nicht ausgeschlossen, dass die dem Antragsteller erteilte tschechische Fahrerlaubnis als nichtig und damit wirkungslos anzusehen ist, nachdem aus dem Führerscheindokument selbst bereits offenkundig und für jedermann erkennbar hervorgeht, dass die tschechischen Behörden das Wohnsitzerfordernis des Art. 9 der Richtlinie 91/439/EWG nicht geprüft haben. Insoweit nimmt das Gericht keine - ggf. nach der Richtlinie unzulässige - Überprüfung der Erteilungsvoraussetzungen, die allein dem ausstellenden Mitgliedsstaat obliegt und vorbehalten ist, vor. Der EuGH hat im Kapper-Urteil (a.a.O., Rn 47 mit Verweis auf seinen Beschluss vom 11.12.2003 - C-408/02 -, Silva Carvalho -, Rn 22) aus dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung allein gefolgert, dass ein Mitgliedsstaat bei einer in seinem Hoheitsgebiet vorgenommenen Straßenverkehrskontrolle die Anerkennung eines Führerscheins nicht mit der Begründung verweigern kann, „nach den Informationen, über die der Mitgliedsstaat verfüge“, habe der Betroffene zum Zeitpunkt der Ausstellung des Dokuments seinen Wohnsitz im (kontrollierenden) Mitgliedsstaat und nicht im Ausstellungsstaat gehabt. Damit ist ersichtlich auf Informationen etwa aus dem Melderegister Bezug genommen, die eine erste Nachprüfung der Wohnsitzfrage ermöglichen. Auch im Urteil Kommission ./. Niederlande (Urteil vom 10.07.2003 - C-246/00 -, a.a.O., Rn 75) hat sich der Gerichtshof mit systematischen Erfassungen des Wohnsitzes (im Rahmen der Registrierung ausländischer Führerscheine) befasst. Ist aber - wie hier - bereits aus dem Führerscheindokument selbst ersichtlich, dass das Wohnsitzerfordernis nicht beachtet wurde, so spricht vieles dafür, die erteilte Fahrerlaubnis als nichtig anzusehen. Dann aber geht es in Fallkonstellationen der hier zu beurteilenden Art gar nicht mehr um den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung, weil es bereits an einem anerkennungsfähigen Rechtsakt fehlt. Der angefochtene Bescheid des Landratsamts hätte dann wohl lediglich deklaratorische Bedeutung, dem Antragsteller würde das Rechtsschutzbedürfnis fehlen.
33 
Die durch die vorstehenden Darlegungen aufgeworfenen umfänglichen Rechtsfragen des Gemeinschaftsrechts bedürfen noch weiterer Klärung im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens gemäß Art. 234 EG. Das VG Sigmaringen hat bereits mit Beschluss vom 27.06.2006 - 4 K 1058/05 - vergleichbare Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Auch das VG Chemnitz hat angekündigt, im Verfahren 2 K 1380/05 einen Vorlagebeschluss zu fassen. In Anbetracht der offenen, im Widerspruchs- bzw. Hauptsacheverfahren zu klärenden Rechtsfragen und angesichts der noch nicht entschiedenen Vorlageverfahren beim EuGH ist offen, ob die Anwendung der nationalen Regelungen mit den Regelungen in Art. 1 Abs. 2 und Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 91/439/EWG vereinbar ist. Somit ist von offenen Erfolgsaussichten des Widerspruchs des Antragstellers auszugehen.
34 
3. Der Antrag ist gleichwohl abzulehnen, weil die Kammer nach der danach erforderlichen Interessenabwägung kein überwiegendes Suspensivinteresse des Antragstellers festzustellen vermag.
35 
Erweisen sich die Erfolgsaussichten als offen, so sind die Interessen der Beteiligten im Rahmen einer Folgenabwägung zu gewichten. Als Maßstab sind dabei die Erwägungen sinngemäß heranzuziehen, welche das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 20.06.2002 zur Frage von Gutachtensanforderungen bei einmaligem Haschischkonsum (BVerfG, Beschluss vom 20.06.2002 - 1 BvR 2062/96 -, NJW 2002, 2378 ff.) angestellt hat (Bay. VGH, Beschluss vom 01.07.2005 - 11 C 05.940 -; VG Sigmaringen, Beschluss vom 06.10.2005 - 2 K 1276/05 -), da dieser Maßstab die Sicherheitsinteressen einerseits und die Interessen an der Ausnutzung der noch nicht bestandskräftig entzogenen Fahrerlaubnis andererseits zu einem angemessenen Ausgleich bringt.
36 
Unter Anwendung dieses Maßstabs des Bundesverfassungsgerichts ist zu berücksichtigen, dass das öffentliche Interesse am Vollzug dann überwiegt und der Betroffene die Vollziehbarkeit der Entziehungsverfügung hinnehmen muss, wenn hinreichender Anlass zu der Annahme besteht, dass aus seiner aktiven Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert. Das Sicherheitsrisiko muss deutlich über demjenigen liegen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und der aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ableitbare Auftrag zum Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben gebieten es, hohe Anforderungen an die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen zu stellen.
37 
Im Fall des Antragstellers bedeutet dies, dass auf Grund seines regelmäßigen Rauschmittelkonsums, aufgrund der Entziehung seiner Fahrerlaubnis durch das Amtsgericht R. im Jahre 1991 wie auch insbesondere in Anbetracht der zahlreichen abgeurteilten Vergehen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis und nicht zuletzt des Umstands, dass der Antragsteller im Rahmen des jüngsten Neuerteilungsverfahren die medizinisch-psychologische Begutachtungen abgebrochen hat bzw. jedenfalls kein positives Gutachten vorlegen konnte, derzeit nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einer Fahreignung des Antragstellers ausgegangen werden kann. Noch kurz vor Erteilung seiner tschechischen Fahrerlaubnis fuhr der Antragsteller ohne die erforderliche Fahrerlaubnis. Substantiierte Einzelheiten über Inhalt und Ablauf einer in Tschechien ggf. vorgenommenen ärztlichen Untersuchung hat der Antragsteller nicht geschildert, im Gegenteil hat er angegeben, nach Tschechien gefahren zu sein, weil er in der Bundesrepublik Deutschland Probleme mit der MPU hätte. Sofern eine ärztliche Untersuchung in Tschechien überhaupt stattgefunden haben sollte (zu den beträchtlichen diesbezüglichen Bedenken vgl. die Ausführungen und Auswertungen verschiedener Erkenntnisquellen aus dem Internet im Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 21.07.2006 - 10 S 1337/06 -), ist derzeit davon auszugehen, dass es sich allenfalls um eine Routine-Untersuchung handelte, die - ohne Kenntnis der drogenbedingten körperlichen und psychischen, sowie der charakterlichen Probleme des Antragstellers und ohne Kenntnis seiner Vorgeschichte - auf etwaige Alkohol- und Drogenprobleme nicht eingegangen ist. Wäre es anders gewesen, wäre darüber hinaus auch zu erwarten gewesen, dass der Antragsteller ein derartiges positives Untersuchungsergebnis ohne Weiteres mitgeteilt hätte. Schließlich kann auch der Umstand einer (vorgeblich) beanstandungsfreien Teilnahme am Straßenverkehr über mehrere Monate hinweg seit Erteilung der tschechischen Fahrerlaubnis hier zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Angesichts der hohen Dunkelziffer von Verkehrsordnungswidrigkeiten und -straftaten ist die bloße beanstandungsfreie Teilnahme am Straßenverkehr kein Indiz für die wiedererlangte Geeignetheit eines Verkehrsteilnehmers.
38 
Der Interessenabwägung steht auch nicht entgegen, dass für den Fall, dass sich die Maßnahmen als gemeinschaftsrechtswidrig erweisen sollten, mit der vorliegenden Entscheidung die Durchsetzung von Gemeinschaftsrecht einstweilen im Einzelfall gehemmt wird. Zwar ist die Durchsetzung des Gemeinschaftsrechts von übergeordneter Bedeutung. Die Mitgliedstaaten - und insbesondere auch deren Gerichte (vgl. dazu Streinz, EUV/EGV, 1. Aufl. 2003, Art. 10 EG Rn. 31 ff.) - haben nach Art. 10 EG alle geeigneten Maßnahmen zur Erfüllung der Verpflichtungen aus dem EG-Vertrag zu treffen und alle Maßnahmen zu unterlassen, welche die Verwirklichung der Ziele des EG-Vertrages gefährden könnten. Daher ist bei der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes durch die nationalen Gerichte darauf zu achten, dass die zu treffende Entscheidung dem Gemeinschaftsrecht nicht die praktische Wirksamkeit nimmt. Diese Gefahr besteht hier indes nicht. Insbesondere handelt es sich hier gerade nicht um den Fall eines Unionsbürgers, der durch die Aberkennung des Rechts, von seiner Fahrerlaubnis Gebrauch zu machen, daran gehindert wird, von seinem Freizügigkeitsrecht Gebrauch zu machen. Ausweislich des ersten Erwägungsgrundes zur RL 91/439/EWG soll aber gerade die Freizügigkeit von Personen erleichtert werden, die sich in einem anderen Mitgliedstaat als demjenigen niederlassen wollen, in dem sie ihre Fahrprüfung abgelegt haben. Damit ist die Richtlinie und ihre wesentliche Bedeutung im vorliegenden Fall nur in einem Randbereich ihres Regelungsgehalts betroffen, sodass es hier nicht einer Entscheidung zugunsten des Antragstellers bedarf, um die praktische Wirksamkeit der Gemeinschaftsrechtsordnung sicherzustellen (VG Sigmaringen, Beschluss vom 05.01.2005 - 4 K 2198/04 -). Somit bleibt bei einer Gesamtabwägung aller Interessen die bedrohte Verkehrssicherheit Ausschlag gebend für die Ermessensentscheidung des Gerichts.
39 
Die Kammer sieht sich weiter zu dem Hinweis veranlasst, dass die derzeit im Rechtsetzungsverfahren befindliche Neufassung der einschlägigen Ausnahmebestimmungen der Richtlinie 91/439/EWG möglicherweise ohnehin die Konformität der bestehenden nationalen Bestimmungen herstellen wird, sodass der als kraftfahrungeeignet anzusehende Antragsteller ggf. spätestens dann mit neuerlichen Maßnahmen der Fahrerlaubnisbehörden wird rechnen müssen. Nach Art. 11 Abs. 4 des Richtlinienentwurfs in der Fassung, die der Rat der Europäischen Union auf seiner 2721. Tagung am 27.03.2006 beschlossen hat (vgl. den Text in der Vorlage vom 17.03.2006 zum Dossier 2003/0252 (COD) 7437/06 ADD 1, http://register.consilium.europa.eu/pdf/de/06/ st07 / st07 437- ad01 . de06 .pdf), lehnt es ein Mitgliedsstaat ab, einem Bewerber, dessen Führerschein in einem anderen Mitgliedsstaat eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen wurde, einen Führerschein auszustellen; weiter lehnt ein Mitgliedsstaat die Anerkennung der Gültigkeit eines Führerscheins ab, der von einem anderen Mitgliedsstaat einer Person ausgestellt wurde, deren Führerschein in seinem Hoheitsgebiet eingeschränkt, ausgesetzt oder entzogen ist. Auch wenn der Anwendungsbereich dieser neuen Vorschriften ggf. wiederum nicht ohne eine neuerliche Vorlage an den EuGH zu klären sein wird, ist die hinter dem Richtlinienänderungsentwurf stehende Absicht, Maßnahmen gegen den sog. „Führerscheintourismus“ zu ergreifen deutlich erkennbar. Zwar ist nach Art. 18 der derzeitigen Fassung des Entwurfs ein Inkrafttreten der Bestimmung des Art. 11 Abs. 4 erst zwei Jahre nach der Veröffentlichung im Amtsblatt vorgesehen und zu erwarten, dass das anhängige Widerspruchsverfahren bis dahin abgeschlossen sein wird. Auch kann derzeit - vor endgültiger Beschlussfassung über den Richtlinientext - noch keine Rede von eventuellen Vorwirkungen der Richtlinienänderung die Rede sein. Gleichwohl ist bemerkenswert und im Rahmen der Interessenabwägung des Gerichts nicht ohne Bedeutung, dass auch die Rechtsetzungsorgane der EG zwischenzeitlich offenkundig die Folgen der - massenhaften - missbräuchlichen Geltendmachung von Gemeinschaftsrecht erkannt haben.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
41 
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 3, 62 Abs. 2 GKG und erfolgt in Anwendung von Nr. 1.5 und Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004 (NVwZ 2004, 1327 ff.).

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