Der Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide des Oberschulamts Stuttgart vom 13.05.2003 und 04.11./16.12.2003 verurteilt, der Klägerin Heilbehandlungskosten in Höhe von 5.058,91 EUR zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 17.12.2003 zu erstatten.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren durch die Klägerin wird für notwendig erklärt.
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Die Klägerin begehrt die Erstattung von Heilbehandlungskosten.
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Die am 12.5.1951 geborene Klägerin war Grund-und Hauptschullehrerin im Dienst des Beklagten. Seit Januar 2004 befindet sie sich wegen Dienstunfähigkeit im Ruhestand. Die Klägerin litt seit 1989 auf Grund zweier Autounfälle an Wirbelsäulenbeschwerden insbesondere im Bereich der Halswirbelsäule. In verschiedenen ärztlichen Untersuchungsberichten wurde u. a. ein rezidivierendes Cervical-Syndrom nach HWS-Schleudertrauma und eine segmentale Instabilität vom 1. bis zum 5. Halswirbel festgestellt. Die durch das Cervical-Syndrom verursachten Beschwerden führten zu stationären Rehabilitationsbehandlungen in den Jahren 1994,1997, 1999, 2001 und 2002. Eine anhaltende Besserung konnte hierdurch nicht erreicht werden, so dass der Klägerin seit dem Schuljahr 2000/2001 eine Deputatsermäßigung gewährt wurde. Im Jahr 2001 wurde die Klägerin als Schwerbehinderte mit einem Grad der Behinderung von 50% anerkannt.
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Unter dem 14.10.2002 beantragte die Klägerin die Anerkennung eines Dienstunfalls. Zur Begründung gab sie an, sie sei am 25.9.2002 um 22:45 Uhr nach dem Elternabend an ihrer Schule auf dem Schulhof auf der Kante der letzten Stufe der dortigen Treppe abgerutscht. Das Schulhof sei sehr schlecht beleuchtet gewesen und der zweite Absatz der Treppe habe völlig im Dunkeln gelegen. Sie habe sich einen Bänderriss im Sprunggelenk links sowie ein HWS-Trauma zugezogen. In dem von ihr beigefügten ärztlichen Befundbericht vom 15.10.2002 stellte der Facharzt für Neurochirurgie Dr. ... zusammenfassend fest, durch den Unfall am 25.9.2002 sei es bei der Klägerin zu einer Verschlimmerung der HWS-Beschwerden gekommen. Zusätzlich sei im Röntgen nachweisbar, dass die Seitneigung nach rechts jetzt eine Lateralisation des C1/2-Gelenkes zeige; dies im Sinne einer Verschlimmerung gegenüber der Voruntersuchung.
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Auf Veranlassung des Oberschulamts Stuttgart unterzog sich die Klägerin am 6.12.2002 einer amtsärztlichen Untersuchung beim Gesundheitsamt des Landratsamts Alb-Donau-Kreis. In seiner Stellungnahme vom 2.1. 2003 führte der Amtsarzt Dr. ... zusammenfassend aus, ein durch den Unfall vom 25.9.2002 ausgelöstes HWS-Trauma sei weder wahrscheinlich noch nachgewiesen. Es sei allenfalls zu einer falschen Bewegung gekommen. Sofern tatsächlich eine Verschlimmerung der HWS-Beschwerden eingetreten sei, sei auf Grund der langen Vorgeschichte und der bestehenden Vorschädigung eindeutig eine Gelegenheitsursache anzunehmen. Zwischen dem Dienst der Klägerin und der falschen Bewegung habe dann eine rein zufällige Beziehung bestanden, da die Bewegung auch zu jedem anderen Zeitpunkt hätte eintreten können.
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Am 5.3.2003 beantragte die Klägerin beim Oberschulamt Stuttgart die Erstattung der Kosten der wegen der Folgen des Unfalls vom 25.9.2002 erforderlichen Heilbehandlung in Höhe von insgesamt 5058,91 EUR.
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Mit Schreiben vom 13.5.2003 teilte das Oberschulamt Stuttgart der Klägerin mit, die von ihr hinsichtlich des HWS-Traumas geltend gemachten Auslagen stünden nicht im Zusammenhang mit dem am 25.9.2002 erlittenen Dienstunfall. Sie könnten daher nicht als Unfallfürsorgeleistungen gem. §§ 33 ff BeamtVG erstattet werden. Es werde der Klägerin anheim gestellt, diese Aufwendungen beim Landesamt für Besoldung und Versorgung Baden-Württemberg und ihrer privaten Krankenversicherung geltend zu machen.
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Am 2.7. 2003 reichte die Klägerin die streitigen Rechnungsbelege erneut ein. In Absprache mit dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde dies vom Oberschulamt Stuttgart als Einlegung eines Widerspruchs ausgelegt.
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Mit Widerspruchsbescheid vom 4.11.2003 wies das Oberschulamt Stuttgart den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte das Oberschulamt aus, nach dem amtsärztlichen Gutachten vom 2.1 2003 stünden die von der Klägerin beklagten Beschwerden bezüglich des HWS-Traumas nicht im Zusammenhang mit dem am 25.9.2002 erlittenen Unfall. Vielmehr sei auf Grund der bereits vorbestehenden Beschwerden von einer so genannten Gelegenheitsursache auszugehen. Die von der Klägerin geltend gemachten Auslagen könnten deshalb nicht als Unfallfürsorgeleistung gem. § 33 BeamtVG erstattet werden. Da der Widerspruchsbescheid eine fehlerhafte Rechtsbehelfsbelehrung enthielt, erließ ihn das Oberschulamt Stuttgart erneut unter den Datum des 16.12.2003.
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Die Klägerin hat unter Vorlage mehrerer fachärztlicher Atteste, in denen die Diagnose ihrer HWS-Fehlbildung dargestellt ist, am 17.12.2003 fristgerecht Klage beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhoben.
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den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide des Oberschulamts Stuttgart vom 13.5.2003 und 4.11./16.12.2003 zu verurteilen, ihr gem. § 33 BeamtVG Heilbehandlungskosten in Höhe von 5058,91 Euro zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit 17.12.2003 zu erstatten.
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Er ist der Auffassung, es sei denkbar, dass das Ereignis vom 25.9.2002 die Beschwerden der Klägerin verschlimmert habe. Jedoch hätte sich die HWS-Verletzung bei den bestehenden Vorschädigungen auch bei jeder anderen Gelegenheit außerhalb des Dienstes auf Grund einer alltäglichen Tätigkeit ereignen können. Deshalb liege eine sogenannte Gelegenheitsursache vor, die die Annahme eines Dienstunfalls ausschließe.
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Das Gericht hat zu der Frage, ob durch den Unfall vom 25.9.2002 bei der Klägerin ein Halswirbelsäulentrauma bzw. eine erhebliche Verschlechterung der bereits vorher bestehenden Symptomatik eingetreten ist und ob gegebenenfalls dem Ereignis vom 25.9.2002 im Verhältnis zu der Vorschädigung eine annähernd gleichwertige Bedeutung oder nur die einer Gelegenheitsursache zukommt, Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen ...
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In seinem Gutachten vom 21.6.2004 und dem Ergänzungsgutachten vom 21.7.2004 stellt der Sachverständige zusammenfassend fest, die eindeutige klinische (ständige Kopfschmerzen, Nackenschmerzen, Schwindelgefühl, Konzentrationsschwäche, Leistungsminderungen und Gleichgewichtsstörungen) und radiologische Befundverschlechterung bei der Klägerin nach dem Unfall vom 25.9.2002 gehe aus den Unterlagen des Herrn Dr. ... hervor, bei dem die Klägerin seit dem 5.10. 2001 in Behandlung gewesen sei. Der Vergleich der vor und nach dem Unfall gemachten Röntgenaufnahmen zeige, dass nunmehr bei Seitwärtsneigung nach rechts eine Lateralisation des C1/C2-Gelenkes vorliege, welche vor dem besagten Trauma nicht vorgelegen habe und im zeitlichen und kausalen Zusammenhang mit dem Sturz der Klägerin von der letzten Treppenstufen im Schulhof gesehen werden müsse. Da bereits erhebliche Vorschäden vorgelegen hätten, könne nicht von einer alleinigen Verursachung der Beschwerden durch den Unfall vom 25.9.2002 ausgegangen werden, wohl aber von einer wesentlichen, richtungsweisenden Verschlimmerung des Zustandes der Probandin. Bei dem Unfall am 25.9.2002 sei es zu einem massiven unkontrollierten Sturz der Klägerin gekommen. Solche Traumata seien prädestiniert, im Sinne eines Peitschenschlagmechanismus zu einer deutlichen Verschlechterung zu führen, was sich im vorliegenden Fall sowohl klinisch als auch radiologisch verifiziert habe. Man könne somit in diesem Fall nicht von einer einfachen Gelegenheitsursache, sondern müsse davon ausgehen, dass es sich bei dem Unfall um einen wesentlichen, richtungsweisenden Faktor im Sinne einer Verschlechterung gehandelt habe.
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Das Gericht hat den Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ergänzend angehört. Er hat ausgeführt, bei der Klägerin hätten erhebliche Vorschädigungen im Bereich der unteren Wirbel C 2, C 3 und abwärts vorgelegen. Durch den Sturz am 25.09.2002 sei jedoch zusätzlich eine atlanto-axiale Instabilität eingetreten, die die in seinem Gutachten vom 21.06.2004 dargelegten erheblichen weiteren Gesundheitsschäden zur Folge gehabt habe. Aufgrund des Unfalls vom 25.09.2002 sei es bei der Klägerin auf der linken Seite zu einer erheblichen Vergrößerung des Abstands zwischen dem ersten Halswirbel (Atlas, C 1) und dem zweiten Halswirbel (Axis, C 2) gekommen. Infolge eines Peitschenschlageffekts seien dort Mikrotraumata, Blutungen und anschließend Narben entstanden, die u. a. dazu führten, dass das Gelenk steifer geworden sei. Um diese Symptomatik herbeizuführen, habe es eines Impulses mit erheblicher Beschleunigungsgeschwindigkeit bedurft. Die von der Klägerin geschilderten Umstände ihres Sturzes passten in das Schadensbild. Gerade auch der Bänderriss zeige, mit welcher Wucht die Klägerin völlig ungebremst und unkontrolliert auf dem Boden angekommen sei und sich dort aufgefangen habe. Ein alltäglich vorkommendes Straucheln bzw. ein alltäglich vorkommender Gleichgewichtsverlust sei mit Sicherheit nicht geeignet, eine solche Verletzung zu verursachen. Der bei dem Sturz entstandene Impuls sei einer Beschleunigungsgeschwindigkeit vergleichbar, wie sie bei einem Auffahrunfall im Straßenverkehr entstehen könne.
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Die Klägerin hat anschließend noch einmal den Vorfall vom 25.09.2002 geschildert. Danach ist sie nicht von der letzten, sondern von der vorletzten Treppenstufe mit dem linken Fuß abgerutscht, da sie an dieser schlecht beleuchteten Stelle davon ausging, sie habe bereits das Ende der Treppe erreicht. Sie sei dann mit dem Oberkörper nach vorne gestürzt und habe sich dann knapp vor dem Aufprall auf dem Boden noch abfangen können.
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Wegen der weitere Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die einschlägigen Behördenakten und die vorliegenden Gerichtsakten Bezug genommen.
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Die Klage ist zulässig und begründet. Die von der Klägerin infolge des Unfalls vom 25.09.2002 im Bereich der Halswirbelsäule erlittenen Gesundheitsschäden beruhen auf einem Dienstunfall im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Der Klägerin steht deshalb Anspruch auf Unfallfürsorge zu.
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Gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wird einem Beamten Unfallfürsorge gewährt, wenn er durch einen Dienstunfall verletzt worden ist. Die Unfallfürsorge umfasst nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG u. a. das Heilverfahren nach § 33 BeamtVG. Nach § 1 Abs. 1 der „Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes“ (Heilverfahrensverordnung -HeilvfV-) wird der Anspruch eines durch Dienstunfall Verletzten auf ein Heilverfahren dadurch erfüllt, dass ihm die notwendigen und angemessenen Kosten erstattet werden, soweit die Dienstbehörde das Heilverfahren nicht selbst durchführt oder durchführen lässt.
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Dienstunfall ist gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Liegt hinsichtlich der durch den Unfall eingetretenen Verletzung eine Vorschädigung vor, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Bedingungen als ursächlich anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt mitgewirkt haben. Keine Ursache im Rechtssinne sind so genannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 -2 C 22.01-, NVwZ-RR 2002, 761).
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Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass als Folge des Unfalls vom 25.09.2002 bei der Klägerin eine erhebliche Verschlechterung ihrer HWS-Symptomatik eingetreten ist. Dies hat der Vertreter des Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich anerkannt. Streitig geblieben ist lediglich, ob der Vorfall eine Gelegenheitsursache im Rechtssinne dargestellt hat.
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Nach den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, dass eine solche Gelegenheitsursache nicht vorliegt. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die bei der Klägerin zusätzlich eingetretene atlanto-axiale Instabilität als Folge eines alltäglichen Bewegungsablaufes, zu dem nach Auffassung der Kammer auch ein „normales“ Straucheln/Stolpern mit anschließendem Auffangen des Körpers gehört, nicht hätte eintreten können. Hierzu bedurfte es vielmehr eines Impulses mit hoher Beschleunigungsgeschwindigkeit, wie sie vergleichsweise bei Auffahrunfällen auftritt. Eine solch hohe Beschleunigungsgeschwindigkeit ist nach Aussage des Sachverständigen bei dem massiven Sturz der Klägerin entstanden.
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Der Treppensturz der Klägerin stellt nach Überzeugung der Kammer ein aus den alltäglichen Bewegungsabläufen herausragendes Ereignis dar. Ein (Beinahe-) Sturz über zwei Treppenstufen mit anschließendem Auffangen des Körpers kurz vor dem Bodenkontakt ist kein alltägliches Ereignis. Welche Kräfte auf den Körper der Klägerin eingewirkt haben, zeigt sich auch daran, dass sie im Gelenkapparat des linken Fußes, mit dem sie abgerutscht ist, einen Bänderriss erlitten hat. Die Wucht des Aufpralls hat sie dann mit dem rechten Fuß aufgefangen. Hierdurch ist nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters der Peitschenschlagmechanismus ausgelöst worden, der letztlich Ursache für die erhebliche Verschlechterung der HWS-Schädigung mit gegenüber dem vorherigen Zustand zusätzlichem Schadensbild gewesen ist. Eine dem nach der Wertung des Sachverständigen bei einem Auffahrunfall entstehenden Impuls vergleichbare Beschleunigungsgeschwindigkeit wird bei einer alltäglich vorkommenden Bewegung nicht erreicht. Eine die Annahme eines Dienstunfalls ausschließende Gelegenheitsursache ist deshalb zu verneinen und der Klägerin steht somit der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Heilbehandlungskosten zu.
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Der Klägerin steht außerdem ein Anspruch auf Prozesszinsen ab Eintritt der Rechtshängigkeit in entsprechender Anwendung von § 291 Satz 1 BGB zu. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus entsprechender Anwendung von § 291 Satz 2 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach ist eine Geldschuld ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Sinne von § 247 BGB zu verzinsen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.2003 - 6 C 5.02 -, NVwZ 2003, 1385). Da der Basiszinssatz variabel ist, kann kein fixer Zinssatz zugesprochen werden und ist der Tenor wie vorliegend entschieden zu fassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 22.01.2004 - 1 S 2263/02 -, VBlBW 2004, 218).
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Die Klage ist zulässig und begründet. Die von der Klägerin infolge des Unfalls vom 25.09.2002 im Bereich der Halswirbelsäule erlittenen Gesundheitsschäden beruhen auf einem Dienstunfall im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG. Der Klägerin steht deshalb Anspruch auf Unfallfürsorge zu.
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Gem. § 30 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG wird einem Beamten Unfallfürsorge gewährt, wenn er durch einen Dienstunfall verletzt worden ist. Die Unfallfürsorge umfasst nach § 30 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BeamtVG u. a. das Heilverfahren nach § 33 BeamtVG. Nach § 1 Abs. 1 der „Verordnung zur Durchführung des § 33 des Beamtenversorgungsgesetzes“ (Heilverfahrensverordnung -HeilvfV-) wird der Anspruch eines durch Dienstunfall Verletzten auf ein Heilverfahren dadurch erfüllt, dass ihm die notwendigen und angemessenen Kosten erstattet werden, soweit die Dienstbehörde das Heilverfahren nicht selbst durchführt oder durchführen lässt.
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Dienstunfall ist gem. § 31 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG ein auf äußerer Einwirkung beruhendes, plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmbares, einen Körperschaden verursachendes Ereignis, das in Ausübung oder infolge des Dienstes eingetreten ist. Als Dienst gilt auch das Zurücklegen des mit dem Dienst zusammenhängenden Weges nach und von der Dienststelle (§ 31 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG). Liegt hinsichtlich der durch den Unfall eingetretenen Verletzung eine Vorschädigung vor, sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur solche Bedingungen als ursächlich anzuerkennen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg nach natürlicher Betrachtungsweise an dessen Eintritt mitgewirkt haben. Keine Ursache im Rechtssinne sind so genannte Gelegenheitsursachen, d. h. Ursachen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht, wenn also etwa die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 18.4.2002 -2 C 22.01-, NVwZ-RR 2002, 761).
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Im vorliegenden Fall ist unstreitig, dass als Folge des Unfalls vom 25.09.2002 bei der Klägerin eine erhebliche Verschlechterung ihrer HWS-Symptomatik eingetreten ist. Dies hat der Vertreter des Beklagten auf der Grundlage des schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich anerkannt. Streitig geblieben ist lediglich, ob der Vorfall eine Gelegenheitsursache im Rechtssinne dargestellt hat.
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Nach den Erläuterungen des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung ist die Kammer davon überzeugt, dass eine solche Gelegenheitsursache nicht vorliegt. Der Sachverständige hat nachvollziehbar und überzeugend ausgeführt, dass die bei der Klägerin zusätzlich eingetretene atlanto-axiale Instabilität als Folge eines alltäglichen Bewegungsablaufes, zu dem nach Auffassung der Kammer auch ein „normales“ Straucheln/Stolpern mit anschließendem Auffangen des Körpers gehört, nicht hätte eintreten können. Hierzu bedurfte es vielmehr eines Impulses mit hoher Beschleunigungsgeschwindigkeit, wie sie vergleichsweise bei Auffahrunfällen auftritt. Eine solch hohe Beschleunigungsgeschwindigkeit ist nach Aussage des Sachverständigen bei dem massiven Sturz der Klägerin entstanden.
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Der Treppensturz der Klägerin stellt nach Überzeugung der Kammer ein aus den alltäglichen Bewegungsabläufen herausragendes Ereignis dar. Ein (Beinahe-) Sturz über zwei Treppenstufen mit anschließendem Auffangen des Körpers kurz vor dem Bodenkontakt ist kein alltägliches Ereignis. Welche Kräfte auf den Körper der Klägerin eingewirkt haben, zeigt sich auch daran, dass sie im Gelenkapparat des linken Fußes, mit dem sie abgerutscht ist, einen Bänderriss erlitten hat. Die Wucht des Aufpralls hat sie dann mit dem rechten Fuß aufgefangen. Hierdurch ist nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters der Peitschenschlagmechanismus ausgelöst worden, der letztlich Ursache für die erhebliche Verschlechterung der HWS-Schädigung mit gegenüber dem vorherigen Zustand zusätzlichem Schadensbild gewesen ist. Eine dem nach der Wertung des Sachverständigen bei einem Auffahrunfall entstehenden Impuls vergleichbare Beschleunigungsgeschwindigkeit wird bei einer alltäglich vorkommenden Bewegung nicht erreicht. Eine die Annahme eines Dienstunfalls ausschließende Gelegenheitsursache ist deshalb zu verneinen und der Klägerin steht somit der geltend gemachte Anspruch auf Erstattung von Heilbehandlungskosten zu.
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Der Klägerin steht außerdem ein Anspruch auf Prozesszinsen ab Eintritt der Rechtshängigkeit in entsprechender Anwendung von § 291 Satz 1 BGB zu. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus entsprechender Anwendung von § 291 Satz 2 i. V. m. § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB. Danach ist eine Geldschuld ab Rechtshängigkeit mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz in Sinne von § 247 BGB zu verzinsen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.04.2003 - 6 C 5.02 -, NVwZ 2003, 1385). Da der Basiszinssatz variabel ist, kann kein fixer Zinssatz zugesprochen werden und ist der Tenor wie vorliegend entschieden zu fassen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. vom 22.01.2004 - 1 S 2263/02 -, VBlBW 2004, 218).
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