Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 11 K 1139/04

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist.
Der Kläger wurde am 23.06.1952 als nichteheliches Kind auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion geboren. Seine Mutter ist die 1926 in Markowka/Gebiet Kiew (Ukraine) geborene .... Über diese ist bekannt, dass sie sich 1944/1945, gemeinsam mit ihren Eltern und Geschwistern, im Raum Würzburg/Bayern befand in einem Lager für „die zur Ansiedlung nach der Untersteiermark im Einsatzgau Main/Franken untergebrachten russlanddeutschen Umsiedler (Bauern)“.
Nach dem zweiten Weltkrieg gelangte die Mutter des Klägers zurück in die Sowjetunion nach Kasachstan. Dort heiratete sie am 28.07.1959 den sowjetischen Staats- und ukrainischen Volkszugehörigen ..., den leiblichen Vater des Klägers. Die Mutter des Klägers verstarb schließlich am 11.09.1994, ohne die Sowjetunion noch einmal verlassen zu haben.
Der Kläger, der sich bereits im Jahr 2000 besuchsweise im Bundesgebiet aufgehalten hatte, reiste zuletzt am 01.11.2001 mit einem kasachischen Reisepass und einem ihm von der Deutschen Botschaft in Almaty/Kasachstan ausgestellten Besuchervisum nach Deutschland ein und nahm bei einem Verwandten in Herrenberg Wohnsitz. Ein Antrag auf Verlängerung seines Besuchervisums wurde von der Stadt Herrenberg mit Verfügung vom 20.06.2002 abgelehnt. Zugleich wurde die Erteilung einer Duldung an den Kläger abgelehnt und dieser aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von vierzehn Tagen nach Bekanntgabe dieser Verfügung zu verlassen, ansonsten er nach Kasachstan abgeschoben werde. Den gegen diese Verfügung eingelegten Widerspruch des Klägers wies das Regierungspräsidium Stuttgart mit Widerspruchsbescheid vom 13.01.2004 zurück. Eine hiergegen vom Kläger erhobene Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart (11 K 645/04) ist noch nicht entschieden.
Bereits im April 2001 beantragte der Kläger über das Landratsamt Calw, in dessen Zuständigkeitsbereich er sich zu diesem Zeitpunkt aufhielt, zur Weiterleitung an das Bundesverwaltungsamt die Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises. Mit Verfügung vom 28.01.2002 lehnte das Bundesverwaltungsamt diesen Antrag ab. Zur Begründung ist ausgeführt, es könne nicht festgestellt werden, dass der Kläger die deutsche Staatsangehörigkeit besitze. Der Kläger legte insoweit Widerspruch ein. Über den weiteren Verfahrensstand diesbezüglich ist nichts bekannt.
Am 08. März 2002 erhob der Kläger zunächst zum Verwaltungsgericht Köln Klage gegen die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesverwaltungsamt, mit dem Ziel, festzustellen, dass er deutscher Staatsangehöriger sei. Er verwies auf seine familiäre Herkunft. Mit Schreiben vom 10.03.2004 teilte der Kläger nach dort mit, dass er seinen Wohnsitz in Herrenberg habe, seines Erachtens die Behörde des Wohnsitzes für die Feststellung der Staatsangehörigkeit zuständig sei, ebenso wie das dortige Verwaltungsgericht. Die Klage werde nunmehr gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch die Große Kreisstadt Herrenberg, gerichtet und eine Verweisung des Rechtsstreits an das Verwaltungsgericht Stuttgart beantragt.
Mit Beschluss vom 12. März 2004 hat das Verwaltungsgericht Köln das Verfahren an das Verwaltungsgericht Stuttgart verwiesen.
Auf Anforderung des Gerichts teilte der Kläger sodann verbindlich mit, die Feststellungsklage werde gegen das Land Baden-Württemberg, vertreten durch das Landratsamt Böblingen - Staatsangehörigkeitsbehörde -, gerichtet.
Unter dem 21.06.2004 trat die nunmehrige Beklagte der Feststellungsklage entgegen. Zur Begründung ist vorgebracht, es sei schon nicht nachgewiesen, dass der Kläger mit Geburt kraft Abstammung über seine Mutter deutscher Staatsangehöriger geworden sei. Aufgrund fehlender Nachweise könne nicht festgestellt werden, dass die Mutter ihrerseits Deutsche im Sinne von Art. 116 GG gewesen sei. Aber selbst wenn dies der Fall sei, so hätte der Kläger seine mit Geburt erworbene deutsche Staatsangehörigkeit gemäß § 17 Nr. 5 RuStAG in der bis zum 31.12.1974 geltenden Fassung wieder verloren. Diese Vorschrift sei nicht etwa gemäß Art. 117 Abs. 1 GG mit dem 31.03.1953 außer Kraft getreten. Die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen diese Norm seien im Hinblick auf die am 01.01.1975 in Kraft getretene Übergangsregelung in Art. 3 RuStAÄndG 1974 ausgeräumt. Nach der im Zeitpunkt der Eheschließung der Eltern des Klägers somit wirksamen Fassung des § 17 Nr. 5 RuStAG habe ein uneheliches Kind - wie der Kläger - durch eine von einem Ausländer bewirkte und nach deutschen Gesetzen wirksame Legitimation eine vorher inne gehabte deutsche Staatsangehörigkeit verloren. Eine solche Legitimation sei hier im Jahre 1959 erfolgt. Der Kläger sei damit sowjetischer Staatsangehöriger - wie sein Vater - geworden. Zwar habe ihm nach der so genannten „Optionslösung“ des Art. 3 RuStAÄndG 1974, mit der der Gesetzgeber - rechtlich zulässig - den vorangegangenen verfassungsrechtlichen Verstoß des § 17 Nr. 5 RuStAG 1913 gegen Art. 3 Abs. 2 GG sanktioniert habe, offen gestanden, durch fristgerechte Erklärung die deutsche Staatsangehörigkeit wieder zu erwerben. Eine solche Erklärung habe der Kläger aber nicht abgegeben. Eine vertriebenenrechtliche Aufnahme sei ebenfalls nicht erfolgt. Die Anträge des Klägers auf Verlängerung seines Besuchervisums bzw. auf Erteilung einer Duldung seien abgelehnt worden.
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Mit Verfügung des Berichterstatters vom 23.06.2004 und - nunmehr unter Fristsetzung - vom 17.02.2005 wurde der Kläger aufgefordert, bis zum 15.03.2005 nachzuweisen, dass seine Mutter im Zeitpunkt seiner Geburt deutsche Staatsangehörige gewesen sei. Nachdem der Kläger insoweit sich nicht äußerte, wurde der Rechtsstreit mit Beschluss vom 16.03.2005 dem Berichterstatter als Einzelrichter gemäß § 6 Abs. 1 VwGO zur Entscheidung übertragen.
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Am 29.03.2005 ging bei Gericht ein Schriftsatz des Klägers ein, mit dem er vorträgt, seine Mutter sei gemäß § 1 lit. f) StAngRegG als deutsche Staatsangehörige anzusehen. Daneben habe er aber auch als Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit in der Bundesrepublik Deutschland Aufnahme gefunden und sei daher Deutscher im Sinne des Grundgesetzes gemäß Art. 116 Abs. 1 GG.
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Der Kläger beantragt (zuletzt),
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festzustellen, dass der Kläger Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist.
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Die Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie verweist auf ihr bisheriges Vorbringen.
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Im Rahmen der mündlichen Verhandlung trug der Kläger vor, der Rechtsstreit müsse im Falle von Zweifeln des Gerichts an der Wirksamkeit des § 1 lit. f) StAngRegG dem Bundesverfassungsgericht zur Entscheidung vorgelegt werden. Im Übrigen handele es sich vorliegend um Fragen grundsätzlicher Bedeutung, über die gemäß § 6 Abs. 1 VwGO die Kammer und nicht der Einzelrichter zu entscheiden habe.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf der eingereichten Schriftsätze, die Gerichtsakten, die beigezogenen Ausländerakten der Stadt Herrenberg, den Kläger betreffend, sowie die vom VG Köln mit übermittelten Verwaltungsakten des Bundesverwaltungsamtes verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
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A) Das Gericht konnte - entgegen der Ansicht des Klägers - gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter entscheiden. Im Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses, dem 16.03.2005, stellte sich der Rechtsstreit der Kammer ohne weiteres als nicht von grundsätzlicher Bedeutung und ohne besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art dar, nachdem der Kläger auf zweimalige Aufforderung hin, darzulegen, weshalb von einer deutschen Staatsangehörigkeit seiner in der Ukraine geborenen Mutter, für die eine Einbürgerung nicht ersichtlich war, ausgegangen werden müsse, nicht reagiert hat. Mit dem am 29.03.2005 eingegangenen Schriftsatz, mit dem sich der Kläger in Bezug auf seine Mutter erstmals auf § 1 lit. f) StAngRegG berief, trat insoweit zwar möglicherweise eine wesentlich veränderte Prozesslage i.S.v. § 6 Abs. 3 VwGO ein. Diese Vorschrift verpflichtet den Einzelrichter aber nicht zur Rückübertragung, sondern räumt ihm, anders als § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Übertragung selbst („soll übertragen“), ein nicht intendiertes Ermessen („kann zurückübertragen“) ein. Wenn der Einzelrichter aber bei grundsätzlicher Bedeutung nicht zurückübertragen muss, sondern kann, lässt das Gesetz die Entscheidung des Einzelrichters selbst in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung zu (BVerwG, Urt. v. 29.07.2004 - 5 C 65/03 -, NVwZ 2005, 98-99).
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B) Die Feststellungsklage des Klägers ist zulässig. Der Besitz der Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist ein der Feststellung nach § 43 Abs. 1 VwGO zugängliches Rechtsverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.1985 - 1 C 12/84 - , Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5). Wegen der Vielzahl der hiervon abhängigen Wirkungen hat der Kläger auch, wie es § 43 Abs. 1 VwGO erfordert, ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung dieser von ihm in Anspruch genommenen Rechtsstellung, insbesondere nachdem die zuständige Ausländerbehörde der Stadt Herrenberg ihn aktuell weiterhin als (ausreisepflichtigen) Ausländer betrachtet. Die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO steht der Zulässigkeit des nun erhobenen Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Kläger ist nicht darauf verwiesen, die von ihm erstrebte Klärung (allein) durch ein Weiterführen seines Verfahrens gegenüber dem Bundesverwaltungsamt auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises herbeizuführen, denn sein nun erhobenes Feststellungsbegehren hat durch seine im Falle eines Urteils hiervon ausgehende Bindungswirkung für und gegen alle einen weitergehenden Rechtsschutz zum Inhalt und wird deswegen durch die Möglichkeit einer solchen Verpflichtungs- und Leistungsklage nicht ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 21.05.1985, a.a.O.). Nachdem eine solche Feststellung der Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG verbindlich auch lediglich vom Gericht getroffen werden kann, kam auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zu einer behördlichen entsprechenden Feststellung richtigerweise nicht in Betracht (BVerwG, a.a.O.; Eck, StAZ 1992, 102).
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C) Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger ist nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG. Die begehrte Feststellung kann vom Gericht daher auch nicht getroffen werden.
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1. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist.
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a) Eine Einbürgerung des Klägers ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
24 
b) Ein Erfolg der Klage käme insoweit zuvörderst in Betracht, wenn feststellbar wäre, dass der Kläger mit seiner Geburt am 23.06.1952 gemäß § 4 Satz 1 RuStAG in der damals gültigen Fassung als uneheliches Kind einer deutschen Mutter deren Staatsangehörigkeit erworben hätte und diese nicht später wieder verloren gegangen wäre. Dies ist aber nicht der Fall.
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aa) Das Gericht vermag insoweit allerdings nicht der Argumentation der Beklagten zu folgen, selbst wenn der Kläger kraft Geburt deutscher Staatsangehöriger geworden wäre, so habe er diese deutsche Staatsangehörigkeit jedenfalls durch eine nachfolgende Legitimation aufgrund der Eheschließung seiner deutschen Mutter mit dem leiblichen Vater, einem sowjetischen Staatsangehörigen, im Jahre 1959 gemäß § 17 Nr. 5 RuStAG in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung wieder verloren. Der Einzelrichter hält insoweit an seiner, den Beteiligten bekannten, Rechtsprechung (Urteil vom 05.03.1997 - 7 K 4077/95 -, StAZ 1997 S. 346), trotz der vereinzelt hieran geübten Kritik (VG Karlsruhe, Urteil vom 10.09.2003 - 11 K 3824/02 -, unter Verweis auf eine ältere Rechtsprechung des BGH, Beschluss vom 08.06.1983 - IV b ZB 637/80 -, FamRZ 1983, 878 = NJW 1984, 562) fest, wonach § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG mit dem 01.04.1953 (vgl. Art. 117 Abs. 1 GG), also noch vor der Eheschließung der Eltern des Klägers, unwirksam geworden ist. Im Übrigen dürfte § 17 Nr. 5 RuStAG a.F., worauf das VG Osnabrück - allerdings zu Nr. 6 dieser Vorschrift - hinweist (Urteil vom 23.08.1995 - 6 A 612/94 -, NVwZ-RR 1996, 298) -, schon wegen Verstoßes gegen die aus Art. 6 GG folgende Eheschließungsfreiheit bereits mit Inkrafttreten des Grundgesetzes und nicht erst mit Ablauf des 31.03.1953 außer Kraft getreten sein. Auch Nr. 5 des § 17 RuStAG a.F. konnte dazu führen, dass eine deutsche Mutter mit einem nichtehelichen Kind sich hierdurch in ihrer Eheschließungsfreiheit beeinträchtigt sah und von einer Eheschließung mit dem Vater des Kindes Abstand nahm, um durch eine solchermaßen bewirkte Legitimation die deutsche Staatsangehörigkeit ihres Kindes nicht zu gefährden. Letztlich ist dies vorliegend nicht entscheidend.
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bb) Ein Erfolg der Klage scheidet vorliegend nämlich schon deswegen aus, weil überhaupt nicht feststellbar ist, dass der Kläger gemäß § 4 Satz 1, 2. Halbsatz RuStAG a.F. mit seiner Geburt am 23.06.1952 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben könnte. Voraussetzung wäre, dass seine Mutter in diesem Zeitpunkt deutsche Staatsangehörige gewesen ist. Das ist nicht zu erkennen.
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aaa) Dass die 1926 im Gebiet Kiew/Ukraine geborene ..., die Mutter des Klägers, etwa durch ihre eigene Geburt deutsche Staatsangehörige geworden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Dasselbe gilt für einen nachträglichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch eine Einzeleinbürgerung. Auch solches wird vom Kläger nicht vorgetragen und ist auch nach den - spärlichen - Unterlagen zur Lebensgeschichte der Mutter des Klägers nicht ersichtlich.
28 
bbb) Soweit sich der Kläger daher insoweit - allein - darauf beruft, ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch seine Mutter habe gemäß der Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 (RGBl. I S. 321) i.V.m. § 1 Abs. 1 lit. f) des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - vom 22.02.1955 (BGBl. I S. 65) stattgefunden, genügt dies vorliegend nicht um festzustellen, dass der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist.
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aaaa) Der Kläger hat schon keinerlei Belege dafür erbracht, dass seine Mutter die maßgeblichen Voraussetzungen insoweit im damaligen Zeitpunkt erfüllte. Erforderlich gewesen wäre, dass die Mutter des Klägers entweder die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Abteilung 1 und 2 der deutschen Volksliste der Ukraine erfüllt hätte (§ 1 der Verordnung vom 19.05.1943), oder aber, dass sie tatsächlich in Abteilung 3 der deutschen Volksliste der Ukraine eingetragen gewesen wäre (§ 2 der Verordnung vom 19.05.1943). Irgendwelche Dokumente oder Unterlagen hierzu liegen nicht vor. Allein die Feststellung, die Mutter des Klägers habe im Jahre 1941 (womöglich) noch im Anwendungsbereich der deutschen Volksliste in der Ukraine gelebt, genügt hierzu nicht.
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4Auf derartige Nachweise kann im vorliegenden Fall auch nicht unter Hinweis auf die weiter bekannt gewordene Lebensgeschichte der Mutter des Klägers verzichtet werden. Zwar ist auch für das Gericht nachgewiesen, dass sich diese 1944/1945 im Bereich Würzburg/Bayern in einem Lager für russland-deutsche Umsiedler aufgehalten hat und sie später durch die sowjetischen Behörden „repatriiert“ wurde. Für diese Anwesenheit der Mutter des Klägers im Raum Würzburg/Bayern dürfte es zunächst einmal keine andere Erklärung geben als die, dass die Familie der Mutter des Klägers aufgrund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BVFG) im Oktober 1943, nachdem die Rote Armee am 07.10.1943 Kiew erreicht hatte, in den Westen evakuiert wurde. Zu der vom Kläger begehrten Feststellung genügt diese Erkenntnis indes noch nicht. Allein hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, die Mutter des Klägers müsste daher, als die Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 in Kraft trat, auch die Voraussetzungen erfüllt haben, die diese Verordnung für die Aufnahme in Abteilung 1 oder 2 der deutschen Volksliste der Ukraine aufgestellt hat bzw., sie müsse tatsächlich in Abteilung 3 der deutschen Volksliste aufgenommen gewesen sein. Nur dann hätte sie hierdurch überhaupt die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können. Angesichts der heranrückenden Front dürfte es aber im Herbst 1943 für eine Vielzahl von Bewohnern der Ukraine von Interesse gewesen sein, nach Westen evakuiert zu werden. Solches dürfte gerade auch für Personen gegolten haben, deren Volkszugehörigkeit bzw. deren staatsangehörigkeitsrechtliches Schicksal noch ungeklärt war. Insbesondere Personen, die nach der Verordnung über die deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten vom 04.03.1941 (RGBl. I S. 118) i.d.F. d. 2. VO über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten v. 31.01.1942 (RGBl. I S. 51), die ihrerseits die Grundlage der nachfolgenden Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 bildete, lediglich die Voraussetzungen erfüllten, in Abteilung 3 der deutschen Volksliste eingetragen zu werden, ohne dass diese Eintragung bereits stattgefunden hätte, konnten seinerzeit durchaus ein Interesse daran haben, an einer Evakuierung nach Westen teilzunehmen. Ob ein Staatsangehörigkeitserwerb der Mutter des Klägers somit überhaupt stattgefunden hat, lässt sich mangels hierauf bezogener Dokumente allein aus ihrem Aufenthalt in einem Lager auf dem Gebiet des Deutschen Reiches gegen Ende des Krieges nicht zwingend herleiten.
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bbbb) Entscheidend jedoch ist ein Weiteres. Selbst wenn für die Mutter des Klägers ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit aufgrund der Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 ursprünglich stattgefunden hätte, so würde dies zur Überzeugung des Gerichts nicht bedeuten, dass sich die Mutter des Klägers im Zeitpunkt von dessen Geburt, also im Jahre 1952, hätte hierauf berufen können mit der Folge, dass ein Staatsangehörigkeitserwerb des Klägers durch Geburt gemäß § 4 Satz 1 2. Halbsatz RuStAG a.F. feststellbar wäre.
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Maßgebliche Bestimmung insoweit ist § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG. Nach dieser Vorschrift anerkennt die Bundsrepublik Deutschland den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn nicht - was hier auszuschließen ist - eine ausdrückliche Ausschlagungserklärung vorliegt, im Falle des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit aufgrund der in dieser Vorschrift genannten Bestimmungen, zu der u.a. auch die genannte Verordnung vom 19.05.1943 für das Gebiet der Ukraine zählt. Diese Anerkennungsentscheidung des nachkonstitutionellen Gesetzgebers bedarf jedoch der verfassungskonformen Auslegung.
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Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich insoweit nicht um eine - unzulässige - Nichtigkeitserklärung des Gerichts in Bezug auf nachkonstitutionelles Recht, weshalb gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zuvor das Bundesverfassungsgericht hätte angegangen werden müssen. Vielmehr ist gerade nicht von einer Nichtigkeit von § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG auszugehen, sofern der Bedeutungsgehalt dieser Vorschrift verfassungskonform gelesen wird.
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Worauf das Gericht die Beteiligten bereits im vorangegangenen (ablehnenden) Beschluss über die beantragte Prozesskostenhilfe vom 30.05.2005 hingewiesen hat, ist § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG unter Berücksichtigung des Vorranggebots des Art. 25 Satz 2 GG nicht auf Personen anwendbar, die, wie die Mutter des Klägers, das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion nicht mehr verlassen haben, insbesondere nicht mehr nach Deutschland gelangt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.03.1994 - 9 C 340/93 -, BVerwGE 95, 225 = DVBl. 1994, 924), der sich der Einzelrichter anschließt, bestimmt grundsätzlich jeder Staat selbst vorbehaltlich der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts, welchen Personen er seine Staatsangehörigkeit verleiht. Insoweit besteht jedoch eine völkerrechtliche Willkürgrenze, wonach kein Staat die Staatsangehörigen eines fremden Staates gegen dessen Willen ohne rechtfertigenden Grund zu seinen eigenen Staatsangehörigen erklären darf. Würde man - mit dem Kläger - § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG aber ohne jede Einschränkung anwenden, wäre diese völkerrechtliche Willkürgrenze überschritten. Die von der Verordnung vom 19.05.1943 Betroffenen wurden sowohl seinerzeit, wie auch anschließend, von der Sowjetunion rechtmäßig als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen. Dies stellt den entscheidenden Unterschied etwa zum Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 lit. d) StAngRegG dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.1994, a.a.O.). Dies zeigt sich u.a. gerade auch an der „Repatriierung“ der Familie der Mutter des Klägers nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Dabei ist schon nicht zu übersehen, dass bereits die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die davon betroffenen Personen in der Ukraine aufgrund der Verordnung vom 19.05.1943 für sich genommen völkerrechtswidrig war, da die Ukraine, anders als die übrigen in § 1 Abs. 1 StAngRegG genannten Gebiete, nicht in das Deutsche Reich eingegliedert, vielmehr eindeutig lediglich okkupiert war. Gemäß Art. 45 der Haager Landkriegsordnung ist es dem Okkupanten jedoch verwehrt, der besetzten Bevölkerung den Treueid abzunehmen, weshalb er ihr auch seine Staatsangehörigkeit nicht verleihen darf (Schätzel, „Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht“, 2. Aufl., S. 255). Soweit etwa das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit (Urteil vom 28.05.1952 - 1 BvR 213/51 -, BVerfGE 1, 322) § 1 Abs. 1 StAngRegG (scheinbar ohne Einschränkung) für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt hat, wird aus der hierzu ergangenen Begründung aber deutlich, dass dort die hier dargelegte Rechtsauffassung ausdrücklich gestützt wird. Die genannte Entscheidung hält die Vereinnahmung fremder Staatsangehöriger im Wege der Sammeleinbürgerung nämlich gerade deswegen für keinen Völkerrechtsverstoß, weil die davon betroffenen Staaten ohnehin nicht mehr gewillt seien (so die Annahme), diese Bevölkerungsgruppe als eigene Staatsangehörige anzusehen. Nur insoweit ist es aber völkerrechtlich zulässig, dass die Bundesrepublik Deutschland mit § 1 Abs. 1 StAngRegG die nationalsozialistischen Sammeleinbürgerungen für rechtswirksam anerkennt. Dort aber, wo dies ausdrücklich nicht feststellbar ist, gebietet Art. 25 GG eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG dahingehend, dass er für Personen wie die Mutter des Klägers, die in der Sowjetunion verblieben und niemals nach Deutschland mehr gelangt sind, keine Anwendung findet.
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Die hier vertretene Rechtsauffassung war im Übrigen im engeren zeitlichen Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsregelungsgesetzes völlig geläufig. So heißt es in dem 1960 erschienenen Band 8 der Abhandlungen der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, „Die Staatsangehörigkeit der Volksdeutschen“ von Seeler (S. 41):
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„... Aus diesem Grunde muss § 1 Ziffer f) einschränkend dahin ausgelegt werden, dass nur diejenigen Volksdeutschen aus der Ukraine darunter fallen, die nicht mehr in ihrer alten Heimat ihren ständigen Wohnsitz haben. ... Leben diese Volksdeutschen heute noch in ihrer alten Heimat und haben sie die Staatsangehörigkeit ihres Heimatstaates nicht verloren, so ist die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit und dementsprechend die Anerkennung dieser Verleihung völkerrechtswidrig und damit nichtig (Art. 25 GG). Die Volksdeutschen in der Ukraine besitzen daher allein die sowjetische Staatsangehörigkeit.“
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Und auch Schätzel (a.a.O., S. 255, a.E.) betont in diesem Zusammenhang die notwendige Einschränkung, „soweit diese Personen nach Deutschland gelangt sind, sind sie als Deutsche zu behandeln“ (diese bedeutsame Einschränkung übersieht Renner in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., § 1 StAngRegG Rz 13, wenn er Schätzel uneingeschränkt als Befürworter einer Wirksamkeit dieser Sammeleinbürgerungen zitiert).
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Nachdem die Mutter des Klägers nach ihrer „Repatriierung“ bis zu ihrem Tode die Sowjetunion aber nicht wieder verlassen hat, kommt eine Anerkennung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG gerade nicht in Betracht. Es kann daher auch gerade nicht festgestellt werden, dass der Kläger mit seiner Geburt im Jahre 1952 gemäß § 4 Satz 1, 2. Halbsatz RuStAG a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben könnte.
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c) Schließlich ist auch nicht feststellbar, dass der Kläger gemäß § 40 a StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben könnte. Nach dieser mit Wirkung vom 01.08.1999 eingefügten Übergangsvorschrift wurden Statusdeutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, die die deutsche Staatsangehörigkeit noch nicht besaßen, die Statusdeutscheneigenschaft aber am 01.08.1999 bereits inne hatten, an diesem Tag deutsche Staatsangehörige. Entgegen der Ansicht des Klägers erfüllte er diese Voraussetzungen nicht; er war nicht am 01.08.1999 Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG.
40 
Da sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch in seinem Heimatland aufhielt, er selbst also noch keinerlei Aufnahme im Bundesgebiet i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG gefunden hatte, kommt als Erwerbsgrund für eine Statusdeutscheneigenschaft nach dieser Bestimmung vor dem 01.08.1999 nur die entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 1, 2. Halbs. RuStAG a.F. in Betracht, wenn also feststellbar wäre, dass die Mutter des Klägers ihrerseits im Zeitpunkt seiner Geburt, am 23.06.1952, Statusdeutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG gewesen wäre. Der abgeleitete Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft in entsprechender Anwendung der für die deutsche Staatsangehörigkeit geltenden Vorschriften über deren Erwerb kraft Gesetzes ist unstrittig (vgl. Hailbronner/Renner, a.a.O., Art. 116 GG Rz 88 m.w.N.). Insoweit ist aber wiederum ebenfalls nicht feststellbar, dass die Mutter des Klägers im Zeitpunkt seiner Geburt Statusdeutsche war.
41 
Mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.11.2003 - 1 C 35/02 -, BVerwGE 119, 172 = DVBl. 2004, 711 = NVwZ 2004, 998) ist geklärt, dass ein deutscher Volkszugehöriger, der vor Inkrafttreten des Grundgesetzes in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 geflohen ist - wie hier die Mutter des Klägers - nicht die Rechtsstellung eines Statusdeutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG erworben hat, wenn er sich dort am 24.05.1949 nicht mehr aufhielt, wobei es unerheblich ist, ob der Aufenthalt in diesem Gebiet freiwillig (Heimkehr) oder unfreiwillig („Repatriierung“) geendet hat. Nachdem der Kläger in seinem ursprünglich zum Bundesverwaltungsamt gerichteten Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises vom 21.12.2000 angegeben hat, seine Mutter habe sich von 1945 bis 1994 in Kasachstan aufgehalten, findet diese Rechtsprechung hier ohne weiteres Anwendung. Trotz ihrer „Vorweg-Vertreibung“ war die Mutter des Klägers 1952 nicht als Statusdeutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG anzusehen. Der Kläger kann daher auch nicht mit seiner Geburt im Jahre 1952 nicht Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und damit am 01.08.1999 auch nicht deutscher Staatsangehöriger gemäß § 40 a StAG geworden sein.
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2. Ebenfalls nicht feststellbar ist, dass der Kläger im jetzigen Zeitpunkt Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist.
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a) Soweit sich der Kläger darauf beruft, diese Rechtsstellung durch Geburt von seiner Mutter erworben zu haben, gilt das oben unter 1. c) Ausgeführte.
44 
b) Soweit sich der Kläger daneben darauf beruft, er habe jedenfalls inzwischen selbstständig diese Statusdeutscheneigenschaften nach Art. 116 Abs. 1 GG erworben, geht dies fehl. Voraussetzung insoweit wäre, dass der Kläger als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Abkömmling im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat. „Aufnahme finden“ setzt voraus, dass der Betroffene mit dem Zuzug einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet erstrebt und aufgrund eines Tätigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behörden der Schluss gerechtfertigt ist, dass ihm die Aufnahme nicht verweigert wird (st.Rspr. des BVerwG, vgl. Urteil vom 11.11.2003 a.a.O.; Urteil vom 12.05.1992 - 1 C 37.90 -, BVerwGE 90, 181). An einem solchen behördlichen Verhalten fehlt es aber vorliegend, so dass der Kläger bisher nicht im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme gefunden hat. Selbst wenn man annähme, bei seiner Einreise mit einem Besuchervisum habe der Kläger bereits die Absicht gehabt, einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu begründen, so liegt ein behördliches Verhalten, das den Schluss rechtfertigt, eine Aufnahme werde ihm nicht verweigert, nicht vor - im Gegenteil. Die Behörden, namentlich die Ausländerbehörde der Stadt Herrenberg, bemühen sich seit Jahren nach Kräften, den Kläger aus dem Bundesgebiet zu entfernen. Die Verlängerung seines Visums wurde abgelehnt, ebenso wie die Erteilung einer anderweitigen Aufenthaltserlaubnis. Eine Abschiebungsandrohung wurde bereits am 20.06.2002 gegen ihn erlassen. Diese verteidigt die Ausländerbehörde der Stadt Herrenberg derzeit vor dem Verwaltungsgericht (11 K 645/04). Von einer Aufnahme ist der Kläger weit entfernt.
45 
D) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
19 
A) Das Gericht konnte - entgegen der Ansicht des Klägers - gemäß § 6 Abs. 1 VwGO durch den Einzelrichter entscheiden. Im Zeitpunkt des Übertragungsbeschlusses, dem 16.03.2005, stellte sich der Rechtsstreit der Kammer ohne weiteres als nicht von grundsätzlicher Bedeutung und ohne besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art dar, nachdem der Kläger auf zweimalige Aufforderung hin, darzulegen, weshalb von einer deutschen Staatsangehörigkeit seiner in der Ukraine geborenen Mutter, für die eine Einbürgerung nicht ersichtlich war, ausgegangen werden müsse, nicht reagiert hat. Mit dem am 29.03.2005 eingegangenen Schriftsatz, mit dem sich der Kläger in Bezug auf seine Mutter erstmals auf § 1 lit. f) StAngRegG berief, trat insoweit zwar möglicherweise eine wesentlich veränderte Prozesslage i.S.v. § 6 Abs. 3 VwGO ein. Diese Vorschrift verpflichtet den Einzelrichter aber nicht zur Rückübertragung, sondern räumt ihm, anders als § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO für die Übertragung selbst („soll übertragen“), ein nicht intendiertes Ermessen („kann zurückübertragen“) ein. Wenn der Einzelrichter aber bei grundsätzlicher Bedeutung nicht zurückübertragen muss, sondern kann, lässt das Gesetz die Entscheidung des Einzelrichters selbst in Fällen von grundsätzlicher Bedeutung zu (BVerwG, Urt. v. 29.07.2004 - 5 C 65/03 -, NVwZ 2005, 98-99).
20 
B) Die Feststellungsklage des Klägers ist zulässig. Der Besitz der Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist ein der Feststellung nach § 43 Abs. 1 VwGO zugängliches Rechtsverhältnis (vgl. BVerwG, Urteil vom 21.05.1985 - 1 C 12/84 - , Buchholz 130 § 25 RuStAG Nr. 5). Wegen der Vielzahl der hiervon abhängigen Wirkungen hat der Kläger auch, wie es § 43 Abs. 1 VwGO erfordert, ein berechtigtes Interesse an der baldigen gerichtlichen Feststellung dieser von ihm in Anspruch genommenen Rechtsstellung, insbesondere nachdem die zuständige Ausländerbehörde der Stadt Herrenberg ihn aktuell weiterhin als (ausreisepflichtigen) Ausländer betrachtet. Die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 VwGO steht der Zulässigkeit des nun erhobenen Feststellungsantrags nicht entgegen. Der Kläger ist nicht darauf verwiesen, die von ihm erstrebte Klärung (allein) durch ein Weiterführen seines Verfahrens gegenüber dem Bundesverwaltungsamt auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises herbeizuführen, denn sein nun erhobenes Feststellungsbegehren hat durch seine im Falle eines Urteils hiervon ausgehende Bindungswirkung für und gegen alle einen weitergehenden Rechtsschutz zum Inhalt und wird deswegen durch die Möglichkeit einer solchen Verpflichtungs- und Leistungsklage nicht ausgeschlossen (BVerwG, Urt. v. 21.05.1985, a.a.O.). Nachdem eine solche Feststellung der Rechtsstellung eines Deutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG verbindlich auch lediglich vom Gericht getroffen werden kann, kam auch eine Klage auf Verpflichtung der Beklagten zu einer behördlichen entsprechenden Feststellung richtigerweise nicht in Betracht (BVerwG, a.a.O.; Eck, StAZ 1992, 102).
21 
C) Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger ist nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG. Die begehrte Feststellung kann vom Gericht daher auch nicht getroffen werden.
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1. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist.
23 
a) Eine Einbürgerung des Klägers ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
24 
b) Ein Erfolg der Klage käme insoweit zuvörderst in Betracht, wenn feststellbar wäre, dass der Kläger mit seiner Geburt am 23.06.1952 gemäß § 4 Satz 1 RuStAG in der damals gültigen Fassung als uneheliches Kind einer deutschen Mutter deren Staatsangehörigkeit erworben hätte und diese nicht später wieder verloren gegangen wäre. Dies ist aber nicht der Fall.
25 
aa) Das Gericht vermag insoweit allerdings nicht der Argumentation der Beklagten zu folgen, selbst wenn der Kläger kraft Geburt deutscher Staatsangehöriger geworden wäre, so habe er diese deutsche Staatsangehörigkeit jedenfalls durch eine nachfolgende Legitimation aufgrund der Eheschließung seiner deutschen Mutter mit dem leiblichen Vater, einem sowjetischen Staatsangehörigen, im Jahre 1959 gemäß § 17 Nr. 5 RuStAG in der zu diesem Zeitpunkt gültigen Fassung wieder verloren. Der Einzelrichter hält insoweit an seiner, den Beteiligten bekannten, Rechtsprechung (Urteil vom 05.03.1997 - 7 K 4077/95 -, StAZ 1997 S. 346), trotz der vereinzelt hieran geübten Kritik (VG Karlsruhe, Urteil vom 10.09.2003 - 11 K 3824/02 -, unter Verweis auf eine ältere Rechtsprechung des BGH, Beschluss vom 08.06.1983 - IV b ZB 637/80 -, FamRZ 1983, 878 = NJW 1984, 562) fest, wonach § 17 Nr. 5 RuStAG a.F. wegen Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 2 GG mit dem 01.04.1953 (vgl. Art. 117 Abs. 1 GG), also noch vor der Eheschließung der Eltern des Klägers, unwirksam geworden ist. Im Übrigen dürfte § 17 Nr. 5 RuStAG a.F., worauf das VG Osnabrück - allerdings zu Nr. 6 dieser Vorschrift - hinweist (Urteil vom 23.08.1995 - 6 A 612/94 -, NVwZ-RR 1996, 298) -, schon wegen Verstoßes gegen die aus Art. 6 GG folgende Eheschließungsfreiheit bereits mit Inkrafttreten des Grundgesetzes und nicht erst mit Ablauf des 31.03.1953 außer Kraft getreten sein. Auch Nr. 5 des § 17 RuStAG a.F. konnte dazu führen, dass eine deutsche Mutter mit einem nichtehelichen Kind sich hierdurch in ihrer Eheschließungsfreiheit beeinträchtigt sah und von einer Eheschließung mit dem Vater des Kindes Abstand nahm, um durch eine solchermaßen bewirkte Legitimation die deutsche Staatsangehörigkeit ihres Kindes nicht zu gefährden. Letztlich ist dies vorliegend nicht entscheidend.
26 
bb) Ein Erfolg der Klage scheidet vorliegend nämlich schon deswegen aus, weil überhaupt nicht feststellbar ist, dass der Kläger gemäß § 4 Satz 1, 2. Halbsatz RuStAG a.F. mit seiner Geburt am 23.06.1952 die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben könnte. Voraussetzung wäre, dass seine Mutter in diesem Zeitpunkt deutsche Staatsangehörige gewesen ist. Das ist nicht zu erkennen.
27 
aaa) Dass die 1926 im Gebiet Kiew/Ukraine geborene ..., die Mutter des Klägers, etwa durch ihre eigene Geburt deutsche Staatsangehörige geworden sein könnte, ist nicht ersichtlich. Dasselbe gilt für einen nachträglichen Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch eine Einzeleinbürgerung. Auch solches wird vom Kläger nicht vorgetragen und ist auch nach den - spärlichen - Unterlagen zur Lebensgeschichte der Mutter des Klägers nicht ersichtlich.
28 
bbb) Soweit sich der Kläger daher insoweit - allein - darauf beruft, ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch seine Mutter habe gemäß der Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 (RGBl. I S. 321) i.V.m. § 1 Abs. 1 lit. f) des Gesetzes zur Regelung von Fragen der Staatsangehörigkeit - StAngRegG - vom 22.02.1955 (BGBl. I S. 65) stattgefunden, genügt dies vorliegend nicht um festzustellen, dass der Kläger deutscher Staatsangehöriger ist.
29 
aaaa) Der Kläger hat schon keinerlei Belege dafür erbracht, dass seine Mutter die maßgeblichen Voraussetzungen insoweit im damaligen Zeitpunkt erfüllte. Erforderlich gewesen wäre, dass die Mutter des Klägers entweder die Voraussetzungen für die Aufnahme in die Abteilung 1 und 2 der deutschen Volksliste der Ukraine erfüllt hätte (§ 1 der Verordnung vom 19.05.1943), oder aber, dass sie tatsächlich in Abteilung 3 der deutschen Volksliste der Ukraine eingetragen gewesen wäre (§ 2 der Verordnung vom 19.05.1943). Irgendwelche Dokumente oder Unterlagen hierzu liegen nicht vor. Allein die Feststellung, die Mutter des Klägers habe im Jahre 1941 (womöglich) noch im Anwendungsbereich der deutschen Volksliste in der Ukraine gelebt, genügt hierzu nicht.
30 
4Auf derartige Nachweise kann im vorliegenden Fall auch nicht unter Hinweis auf die weiter bekannt gewordene Lebensgeschichte der Mutter des Klägers verzichtet werden. Zwar ist auch für das Gericht nachgewiesen, dass sich diese 1944/1945 im Bereich Würzburg/Bayern in einem Lager für russland-deutsche Umsiedler aufgehalten hat und sie später durch die sowjetischen Behörden „repatriiert“ wurde. Für diese Anwesenheit der Mutter des Klägers im Raum Würzburg/Bayern dürfte es zunächst einmal keine andere Erklärung geben als die, dass die Familie der Mutter des Klägers aufgrund von Maßnahmen deutscher Dienststellen aus den von der Deutschen Wehrmacht besetzten Gebieten (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 BVFG) im Oktober 1943, nachdem die Rote Armee am 07.10.1943 Kiew erreicht hatte, in den Westen evakuiert wurde. Zu der vom Kläger begehrten Feststellung genügt diese Erkenntnis indes noch nicht. Allein hieraus kann nicht der Schluss gezogen werden, die Mutter des Klägers müsste daher, als die Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 in Kraft trat, auch die Voraussetzungen erfüllt haben, die diese Verordnung für die Aufnahme in Abteilung 1 oder 2 der deutschen Volksliste der Ukraine aufgestellt hat bzw., sie müsse tatsächlich in Abteilung 3 der deutschen Volksliste aufgenommen gewesen sein. Nur dann hätte sie hierdurch überhaupt die deutsche Staatsangehörigkeit erwerben können. Angesichts der heranrückenden Front dürfte es aber im Herbst 1943 für eine Vielzahl von Bewohnern der Ukraine von Interesse gewesen sein, nach Westen evakuiert zu werden. Solches dürfte gerade auch für Personen gegolten haben, deren Volkszugehörigkeit bzw. deren staatsangehörigkeitsrechtliches Schicksal noch ungeklärt war. Insbesondere Personen, die nach der Verordnung über die deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten vom 04.03.1941 (RGBl. I S. 118) i.d.F. d. 2. VO über die Deutsche Volksliste und die deutsche Staatsangehörigkeit in den eingegliederten Ostgebieten v. 31.01.1942 (RGBl. I S. 51), die ihrerseits die Grundlage der nachfolgenden Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 bildete, lediglich die Voraussetzungen erfüllten, in Abteilung 3 der deutschen Volksliste eingetragen zu werden, ohne dass diese Eintragung bereits stattgefunden hätte, konnten seinerzeit durchaus ein Interesse daran haben, an einer Evakuierung nach Westen teilzunehmen. Ob ein Staatsangehörigkeitserwerb der Mutter des Klägers somit überhaupt stattgefunden hat, lässt sich mangels hierauf bezogener Dokumente allein aus ihrem Aufenthalt in einem Lager auf dem Gebiet des Deutschen Reiches gegen Ende des Krieges nicht zwingend herleiten.
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bbbb) Entscheidend jedoch ist ein Weiteres. Selbst wenn für die Mutter des Klägers ein Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit aufgrund der Verordnung über die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die in die deutsche Volksliste der Ukraine eingetragenen Personen vom 19.05.1943 ursprünglich stattgefunden hätte, so würde dies zur Überzeugung des Gerichts nicht bedeuten, dass sich die Mutter des Klägers im Zeitpunkt von dessen Geburt, also im Jahre 1952, hätte hierauf berufen können mit der Folge, dass ein Staatsangehörigkeitserwerb des Klägers durch Geburt gemäß § 4 Satz 1 2. Halbsatz RuStAG a.F. feststellbar wäre.
32 
Maßgebliche Bestimmung insoweit ist § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG. Nach dieser Vorschrift anerkennt die Bundsrepublik Deutschland den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn nicht - was hier auszuschließen ist - eine ausdrückliche Ausschlagungserklärung vorliegt, im Falle des Erwerbs der deutschen Staatsangehörigkeit aufgrund der in dieser Vorschrift genannten Bestimmungen, zu der u.a. auch die genannte Verordnung vom 19.05.1943 für das Gebiet der Ukraine zählt. Diese Anerkennungsentscheidung des nachkonstitutionellen Gesetzgebers bedarf jedoch der verfassungskonformen Auslegung.
33 
Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich insoweit nicht um eine - unzulässige - Nichtigkeitserklärung des Gerichts in Bezug auf nachkonstitutionelles Recht, weshalb gemäß Art. 100 Abs. 1 GG zuvor das Bundesverfassungsgericht hätte angegangen werden müssen. Vielmehr ist gerade nicht von einer Nichtigkeit von § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG auszugehen, sofern der Bedeutungsgehalt dieser Vorschrift verfassungskonform gelesen wird.
34 
Worauf das Gericht die Beteiligten bereits im vorangegangenen (ablehnenden) Beschluss über die beantragte Prozesskostenhilfe vom 30.05.2005 hingewiesen hat, ist § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG unter Berücksichtigung des Vorranggebots des Art. 25 Satz 2 GG nicht auf Personen anwendbar, die, wie die Mutter des Klägers, das Gebiet der ehemaligen Sowjetunion nicht mehr verlassen haben, insbesondere nicht mehr nach Deutschland gelangt sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15.03.1994 - 9 C 340/93 -, BVerwGE 95, 225 = DVBl. 1994, 924), der sich der Einzelrichter anschließt, bestimmt grundsätzlich jeder Staat selbst vorbehaltlich der allgemein anerkannten Regeln des Völkerrechts, welchen Personen er seine Staatsangehörigkeit verleiht. Insoweit besteht jedoch eine völkerrechtliche Willkürgrenze, wonach kein Staat die Staatsangehörigen eines fremden Staates gegen dessen Willen ohne rechtfertigenden Grund zu seinen eigenen Staatsangehörigen erklären darf. Würde man - mit dem Kläger - § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG aber ohne jede Einschränkung anwenden, wäre diese völkerrechtliche Willkürgrenze überschritten. Die von der Verordnung vom 19.05.1943 Betroffenen wurden sowohl seinerzeit, wie auch anschließend, von der Sowjetunion rechtmäßig als ihre Staatsangehörigen in Anspruch genommen. Dies stellt den entscheidenden Unterschied etwa zum Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 lit. d) StAngRegG dar (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.03.1994, a.a.O.). Dies zeigt sich u.a. gerade auch an der „Repatriierung“ der Familie der Mutter des Klägers nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Dabei ist schon nicht zu übersehen, dass bereits die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit an die davon betroffenen Personen in der Ukraine aufgrund der Verordnung vom 19.05.1943 für sich genommen völkerrechtswidrig war, da die Ukraine, anders als die übrigen in § 1 Abs. 1 StAngRegG genannten Gebiete, nicht in das Deutsche Reich eingegliedert, vielmehr eindeutig lediglich okkupiert war. Gemäß Art. 45 der Haager Landkriegsordnung ist es dem Okkupanten jedoch verwehrt, der besetzten Bevölkerung den Treueid abzunehmen, weshalb er ihr auch seine Staatsangehörigkeit nicht verleihen darf (Schätzel, „Das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht“, 2. Aufl., S. 255). Soweit etwa das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit (Urteil vom 28.05.1952 - 1 BvR 213/51 -, BVerfGE 1, 322) § 1 Abs. 1 StAngRegG (scheinbar ohne Einschränkung) für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt hat, wird aus der hierzu ergangenen Begründung aber deutlich, dass dort die hier dargelegte Rechtsauffassung ausdrücklich gestützt wird. Die genannte Entscheidung hält die Vereinnahmung fremder Staatsangehöriger im Wege der Sammeleinbürgerung nämlich gerade deswegen für keinen Völkerrechtsverstoß, weil die davon betroffenen Staaten ohnehin nicht mehr gewillt seien (so die Annahme), diese Bevölkerungsgruppe als eigene Staatsangehörige anzusehen. Nur insoweit ist es aber völkerrechtlich zulässig, dass die Bundesrepublik Deutschland mit § 1 Abs. 1 StAngRegG die nationalsozialistischen Sammeleinbürgerungen für rechtswirksam anerkennt. Dort aber, wo dies ausdrücklich nicht feststellbar ist, gebietet Art. 25 GG eine einschränkende Auslegung des § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG dahingehend, dass er für Personen wie die Mutter des Klägers, die in der Sowjetunion verblieben und niemals nach Deutschland mehr gelangt sind, keine Anwendung findet.
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Die hier vertretene Rechtsauffassung war im Übrigen im engeren zeitlichen Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des Staatsangehörigkeitsregelungsgesetzes völlig geläufig. So heißt es in dem 1960 erschienenen Band 8 der Abhandlungen der Forschungsstelle für Völkerrecht und ausländisches öffentliches Recht der Universität Hamburg, „Die Staatsangehörigkeit der Volksdeutschen“ von Seeler (S. 41):
36 
„... Aus diesem Grunde muss § 1 Ziffer f) einschränkend dahin ausgelegt werden, dass nur diejenigen Volksdeutschen aus der Ukraine darunter fallen, die nicht mehr in ihrer alten Heimat ihren ständigen Wohnsitz haben. ... Leben diese Volksdeutschen heute noch in ihrer alten Heimat und haben sie die Staatsangehörigkeit ihres Heimatstaates nicht verloren, so ist die Verleihung der deutschen Staatsangehörigkeit und dementsprechend die Anerkennung dieser Verleihung völkerrechtswidrig und damit nichtig (Art. 25 GG). Die Volksdeutschen in der Ukraine besitzen daher allein die sowjetische Staatsangehörigkeit.“
37 
Und auch Schätzel (a.a.O., S. 255, a.E.) betont in diesem Zusammenhang die notwendige Einschränkung, „soweit diese Personen nach Deutschland gelangt sind, sind sie als Deutsche zu behandeln“ (diese bedeutsame Einschränkung übersieht Renner in Hailbronner/Renner, Staatsangehörigkeitsrecht, 4. Aufl., § 1 StAngRegG Rz 13, wenn er Schätzel uneingeschränkt als Befürworter einer Wirksamkeit dieser Sammeleinbürgerungen zitiert).
38 
Nachdem die Mutter des Klägers nach ihrer „Repatriierung“ bis zu ihrem Tode die Sowjetunion aber nicht wieder verlassen hat, kommt eine Anerkennung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit gemäß § 1 Abs. 1 lit. f) StAngRegG gerade nicht in Betracht. Es kann daher auch gerade nicht festgestellt werden, dass der Kläger mit seiner Geburt im Jahre 1952 gemäß § 4 Satz 1, 2. Halbsatz RuStAG a.F. die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben könnte.
39 
c) Schließlich ist auch nicht feststellbar, dass der Kläger gemäß § 40 a StAG die deutsche Staatsangehörigkeit erworben haben könnte. Nach dieser mit Wirkung vom 01.08.1999 eingefügten Übergangsvorschrift wurden Statusdeutsche im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG, die die deutsche Staatsangehörigkeit noch nicht besaßen, die Statusdeutscheneigenschaft aber am 01.08.1999 bereits inne hatten, an diesem Tag deutsche Staatsangehörige. Entgegen der Ansicht des Klägers erfüllte er diese Voraussetzungen nicht; er war nicht am 01.08.1999 Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG.
40 
Da sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt unstreitig noch in seinem Heimatland aufhielt, er selbst also noch keinerlei Aufnahme im Bundesgebiet i.S.v. Art. 116 Abs. 1 GG gefunden hatte, kommt als Erwerbsgrund für eine Statusdeutscheneigenschaft nach dieser Bestimmung vor dem 01.08.1999 nur die entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 1, 2. Halbs. RuStAG a.F. in Betracht, wenn also feststellbar wäre, dass die Mutter des Klägers ihrerseits im Zeitpunkt seiner Geburt, am 23.06.1952, Statusdeutsche nach Art. 116 Abs. 1 GG gewesen wäre. Der abgeleitete Erwerb der Statusdeutscheneigenschaft in entsprechender Anwendung der für die deutsche Staatsangehörigkeit geltenden Vorschriften über deren Erwerb kraft Gesetzes ist unstrittig (vgl. Hailbronner/Renner, a.a.O., Art. 116 GG Rz 88 m.w.N.). Insoweit ist aber wiederum ebenfalls nicht feststellbar, dass die Mutter des Klägers im Zeitpunkt seiner Geburt Statusdeutsche war.
41 
Mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 11.11.2003 - 1 C 35/02 -, BVerwGE 119, 172 = DVBl. 2004, 711 = NVwZ 2004, 998) ist geklärt, dass ein deutscher Volkszugehöriger, der vor Inkrafttreten des Grundgesetzes in das Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 geflohen ist - wie hier die Mutter des Klägers - nicht die Rechtsstellung eines Statusdeutschen im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG erworben hat, wenn er sich dort am 24.05.1949 nicht mehr aufhielt, wobei es unerheblich ist, ob der Aufenthalt in diesem Gebiet freiwillig (Heimkehr) oder unfreiwillig („Repatriierung“) geendet hat. Nachdem der Kläger in seinem ursprünglich zum Bundesverwaltungsamt gerichteten Antrag auf Erteilung eines Staatsangehörigkeitsausweises vom 21.12.2000 angegeben hat, seine Mutter habe sich von 1945 bis 1994 in Kasachstan aufgehalten, findet diese Rechtsprechung hier ohne weiteres Anwendung. Trotz ihrer „Vorweg-Vertreibung“ war die Mutter des Klägers 1952 nicht als Statusdeutsche i.S.d. Art. 116 Abs. 1 GG anzusehen. Der Kläger kann daher auch nicht mit seiner Geburt im Jahre 1952 nicht Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG und damit am 01.08.1999 auch nicht deutscher Staatsangehöriger gemäß § 40 a StAG geworden sein.
42 
2. Ebenfalls nicht feststellbar ist, dass der Kläger im jetzigen Zeitpunkt Statusdeutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist.
43 
a) Soweit sich der Kläger darauf beruft, diese Rechtsstellung durch Geburt von seiner Mutter erworben zu haben, gilt das oben unter 1. c) Ausgeführte.
44 
b) Soweit sich der Kläger daneben darauf beruft, er habe jedenfalls inzwischen selbstständig diese Statusdeutscheneigenschaften nach Art. 116 Abs. 1 GG erworben, geht dies fehl. Voraussetzung insoweit wäre, dass der Kläger als Flüchtling oder Vertriebener deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Abkömmling im Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand vom 31.12.1937 Aufnahme gefunden hat. „Aufnahme finden“ setzt voraus, dass der Betroffene mit dem Zuzug einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet erstrebt und aufgrund eines Tätigwerdens oder sonstigen Verhaltens der Behörden der Schluss gerechtfertigt ist, dass ihm die Aufnahme nicht verweigert wird (st.Rspr. des BVerwG, vgl. Urteil vom 11.11.2003 a.a.O.; Urteil vom 12.05.1992 - 1 C 37.90 -, BVerwGE 90, 181). An einem solchen behördlichen Verhalten fehlt es aber vorliegend, so dass der Kläger bisher nicht im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG Aufnahme gefunden hat. Selbst wenn man annähme, bei seiner Einreise mit einem Besuchervisum habe der Kläger bereits die Absicht gehabt, einen ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet zu begründen, so liegt ein behördliches Verhalten, das den Schluss rechtfertigt, eine Aufnahme werde ihm nicht verweigert, nicht vor - im Gegenteil. Die Behörden, namentlich die Ausländerbehörde der Stadt Herrenberg, bemühen sich seit Jahren nach Kräften, den Kläger aus dem Bundesgebiet zu entfernen. Die Verlängerung seines Visums wurde abgelehnt, ebenso wie die Erteilung einer anderweitigen Aufenthaltserlaubnis. Eine Abschiebungsandrohung wurde bereits am 20.06.2002 gegen ihn erlassen. Diese verteidigt die Ausländerbehörde der Stadt Herrenberg derzeit vor dem Verwaltungsgericht (11 K 645/04). Von einer Aufnahme ist der Kläger weit entfernt.
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D) Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

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