Beschluss vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 3 K 2686/13

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird auf 54.375,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Der Antragsteller will von der Antragsgegnerin das Baugrundstück Flurstück Nr. ... in ... erwerben. Er meint, einen Anspruch auf einen Reservierungszuschlag zu haben, und will im Wege der einstweiligen Anordnung gesichert wissen, dass das Grundstück nicht vor einer rechtskräftigen Entscheidung über seinen behaupteten Anspruch aus dem Reservierungsverfahren den Beigeladenen zugeschlagen wird.
Die Antragsgegnerin betreibt für das Baugebiet „A“ ein Bebauungsplanverfahren zur Umplanung eines Teils der bisherigen städtischen Sportflächen in ein Wohngebiet. Sie vermarktet gleichzeitig die ihr gehörenden Baugrundstücke für Wohnbebauung. Auf Vorschlag des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 07.10.2010 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin am 28.10.2010 die Verwaltung zu ermächtigen, die Grundstücke zum Preis von 500,00 EUR/m² inklusive Erschließung auf der Grundlage eines Kaufvertragsentwurfs (u.a. mit Regelungen über Wiederkaufsrecht, Bauverpflichtung und Außengestaltung) an private Bauherrn zu veräußern (Ziffer 1 des Beschlusses). Zu den Modalitäten der Auswahl der Käufer enthält der Beschluss folgende Regelungen:
„2. Bei Mehrfachbewerbungen auf ein Grundstück … dem Bewerber den Vorrang zu geben, der als erstes eine verbindliche Bewerbung abgibt (Tag des Posteingangsstempels).
3. Im Falle von Bewerbungen, die am gleichen Tag bei der Stadt Kornwestheim eingegangen sind, über den Zuschlag für das Grundstück durch Los zu entscheiden.“
Als letztes verbliebenes Baugrundstück verblieb das im vorliegenden Fall umstrittene Grundstück, das wieder frei geworden war. Es ist bereits mit 435 m² Fläche vermessen.
Mit Schreiben vom 01.03.2013 bewarb sich der Antragsteller für das Grundstück und bot bis zu 620 EUR/m². Es meldeten sich auch andere Interessenten.
Mit gleichlauteten Schreiben an alle bisherigen Kaufinteressierten vom 09.07.2013 eröffnete die Antragsgegnerin das konkrete Zuschlagverfahren mit der Darstellung des Verfahrens und der Voraussetzungen zur Reservierung des Grundstücks entsprechend dem Gemeinderatsbeschluss vom 28.10.2010. Die Schreiben wurden mit der Nachmittagspost am 09.07.2013 um 16:00 Uhr über das Unternehmen ...-Post versandt.
Am 10.07.2013 waren insgesamt fünf verbindliche schriftliche Bewerbungen eingegangen. Das Schreiben des Antragstellers hat den Eingangsstempel vom 09.07.2013 erhalten, während die der anderen Bewerber um das Grundstück (darunter die Beigeladenen) den Eingangsstempel vom 10.07.2013 erhalten haben.
Über die Umstände, unter denen die Bewerbung des Antragstellers den Eingangsstempel bereits für den Tag der Absendung der Ausschreibung erhalten konnte, besteht Streit.
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Die Antragsgegnerin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 23.07.2013 mit, seine Bewerbung gehöre zu denjenigen, die im Zeitraum bis zu einem Tag nach der Versendung eingegangen seien. Seine Bewerbung werde bei der Verlosung des Baugrundstücks mitberücksichtigt. Die anderen Grundstücksinteressenten hätten am ersten Tag einer nach dem üblichen Gang der Dinge frühestens möglichen Kenntnisnahme von der Möglichkeit der Bewerbung um das Baugrundstück Gebrauch gemacht. Aus Gründen der Chancengleichheit erscheine es der Stadtverwaltung im Sinne des gewählten Auswahlverfahrens angemessen, eine Verlosung unter diesem Personenkreis durchzuführen. Der Termin für die Verlosung wurde auf den 25.07.2013 um 16:30 Uhr im Rathaus bestimmt.
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Bei der öffentlichen Verlosung unter anwaltlicher Überwachung, an der der Antragsteller wie die anderen Bewerber beteiligt wurde, fiel das Los auf die Beigeladenen.
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Mit Schriftsatz vom 02.08.2013 erhoben die Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen die Versagung des Reservierungszuschlags an den Antragsteller Verpflichtungswiderspruch und gegen die Erteilung eines Reservierungszuschlags an die Beigeladenen Drittwiderspruch.
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Mit seinem am 02.08.2013 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Antrag begehrt der Antragsteller,
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der Antragsgegnerin bei Vermeidung einer Geldstrafe in Höhe von 100.000,00 EUR aufzugeben, es zu unterlassen, das Baugrundstück Flurstück Nr. ... in ... an einen anderen Bewerber als ihn zu übertragen bis über die Rechtmäßigkeit der Versagung des Reservierungszuschlags zu seinen Gunsten durch das Schreiben vom 23.07.2013 sowie die Erteilung des Reservierungszuschlags an einen Mitbewerber durch Losverfahren am 25.07.2013 rechtskräftig entschieden ist.
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Mit Schreiben vom 16.08.2013 bestätigte die Antragsgegnerin daraufhin den Beigeladenen, dass das Los mit ihrem Namen gezogen wurde, ihnen aber wegen der juristischen Auseinandersetzung bis zur Entscheidung des Verwaltungsgerichts über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung keine Reservierungsbestätigung zugeschickt werden könne.
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Zur Begründung seines Antrags macht der Antragsteller geltend, er habe das Schreiben vom 09.07.2013 noch am 09.07.2013 erhalten. Er versichert eidesstattlich, seine Bewerbung noch am selben Tage um ca. 23:20 Uhr, jedenfalls jedoch vor dem 10.07.2013 um 00:00 Uhr, persönlich in den Briefkasten der Stadtverwaltung eingeworfen zu haben. Er sei ferner persönlich zugegen gewesen, als diese Bewerbung am Morgen des 10.07.2013 im Rahmen der ersten Leerung des Briefkastens mit dem Eingangsstempel 09. Juli 2013 versehen worden sei. Er meint, nach dem von der Antragsgegnerin gewähltem Regelwerk habe er deswegen einen Anspruch auf Erteilung des Reservierungszuschlags. Der Gemeinderatsbeschluss vom 28.10.2010 habe das Bieterverfahren rechtsverbindlich und abschließend auch mit Wirkung zugunsten der Bewerber geregelt. Zu den Umständen, unter denen er noch am 09.07.2013 das Schreiben zur Eröffnung des Reservierungsverfahrens erhalten habe, lässt der Antragsteller seinen Prozessbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 26.08.2013 vortragen, er habe sich schlicht die Mühe gemacht, den Postlauf des privaten Postunternehmens ...-Post nachzuvollziehen und sich das Schreiben durch das Postunternehmen persönlich aushändigen lassen. Dies sei weder über Mittelsleute noch klandestin geschehen, sondern durch einfache Ansprache, nach Rücksprache mit übergeordneter Stelle und mit schriftlicher Bestätigung über den Erhalt des Schreibens.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Sie bringt unter Vorlage von eidesstattlichen Versicherungen der betreffenden Bediensteten vor, der Antragsteller habe am 08.07.2013 beim zuständigen Bereichsleiter nachgefragt, ob er den Brief mit dem offiziellen Bewerbungsbogen persönlich bei ihm abholen dürfe, was dieser aus Gründen der Chancengleichheit verweigert und geäußert habe, dass alle Anschreiben an die Bewerber zur gleichen Zeit an die Post gingen. Die Verantwortliche für die Poststelle bestätigt, dass der Antragsteller am frühen Morgen des 10.07.2013 (noch vor 07:00 Uhr) bei ihr gewesen sei und Wert darauf gelegt habe, dass seine bei der Briefkastenleerung vorgefundene Sendung wie bei der morgendlichen Leerung üblich den Eingangsstempel des Vortags erhalte. Die Antragsgegnerin bezweifelt, dass die Bewerbung des Antragstellers bereits am 09.07.2013 in ihren Briefkasten am Rathaus eingeworfen worden sei. Einen Nachweis darüber hat sie nicht, da sie offenbar nicht über einen Nachtbriefkasten mit Vorrichtung zur Scheidung der vor und nach Mitternacht eingeworfenen Post verfügt.
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Die Beigeladenen beantragen ebenfalls,
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den Antrag zurückzuweisen.
22 
Sie meinen, der Verwaltungsrechtsweg sei nicht gegeben. In der Sache wenden sie ein, dass sich der Antragsteller auf das Losverfahren rügelos eingelassen habe. Im Übrigen meinen sie, dass selbst wenn der Antragsteller noch am 09.07.2013 kurz vor Mitternacht seine Bewerbung eingeworfen habe, nach dem Recht des Zugangs von Willenserklärungen unter Abwesenden (§ 130 BGB) dies als Zugang am 10.07.2013 zu behandeln sei. Zu dem Postweg des Schreibens vom 09.07.2013 berichtet der Beigeladenenvertreter, dem Beigeladenen Ziffer 1 sei in einem Telefonat am 27.08.2013 mit der Geschäftsleitung der ...-Post klipp und klar mitgeteilt worden, dass die ...-Post niemals unter Abkürzung des normalen Zustellwegs die Post direkt herausgebe.
II.
23 
Der Antrag ist zulässig.
24 
Der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist gegeben.
25 
Die bisher veröffentlichte Rechtsprechung zur Abgrenzung des Verwaltungsrechtwegs zu dem zu den Zivilgerichten bei Bieter- oder Reservierungsverfahren für Grundstücke der öffentlichen Hand trifft die hier vorliegende Fallkonstellation nicht. Danach wurde befunden, dass der Streit um eine Vergabeentscheidung für ein gemeindliches Grundstück (außerhalb der ausdrücklichen Zuweisung nach § 87 GWG) trotz der privatrechtlichen Abwicklung eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit im Sinne des § 40 Abs. 1 VwGO darstelle, wenn die vergebende Stelle aufgrund öffentlicher Vorgaben in ihrer Entscheidung gebunden sei (Hessischer VGH, Beschluss vom 20.12.2005 - 3 TG 3035/05 -, juris), wenn die Vergabeentscheidung aus den Bemühungen der Gebietskörperschaft hergeleitet werde, im Rahmen der Daseinsvorsorge eine bestimmte Nutzung des Grundstücks zu erreichen (VG Münster, Beschluss vom 19.01.2009 - 1 L 673/08 -, juris), wenn die Auswahl unter den Kaufinteressenten nach Vergabekriterien, die im öffentlichen Interesse die Förderung eines bestimmten Personenkreises (kinderreiche Familien) bezweckten, getroffen werde (OVG NRW, Beschluss vom 30.06.2000 - 21 E 472/00 -, NJW 2001, 698 und juris), wenn der Träger öffentlicher Verwaltung mit ihr hoheitliche Zwecke verfolge (VG Minden, Beschluss vom 08.11.2010 - 2 L 451/10 -, juris), insbesondere Förderung der örtlichen gewerblichen Wirtschaft bei gleichzeitiger Verfolgung städtebaulicher Ziele (OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.09.1992 - 7 E 11459/92 - NVwZ 1993, 381 und juris). Derartige Gründe für einen öffentlich-rechtlichen Charakter des Rechtstreits liegen hier allerdings nicht vor. Die Antragsgegnerin hat keine inhaltlichen Kriterien für die Grundstücksvergabe aufgestellt, die nur einem Hoheitsträger obliegen.
26 
Der Tatbestand des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO liegt aber deshalb vor, weil die Antragsgegnerin für die Vergabe des umstrittenen Baugrundstücks ein Verwaltungsverfahren im Sinne von §§ 1 Abs. 1, 9 LVwVfG gewählt hat, das nur einem Träger öffentlicher Gewalt zusteht.
27 
In dem mit Schreiben vom 09.07.2013 zur Eröffnung des Verfahrens über den Reservierungszuschlag übersandten Formularentwurf für die verbindliche Bewerbung wird eine Kaution von 250,00 EUR für den Fall eines Rücktritts von der Kaufzusage festgelegt. Der Antragsgegnerin war und ist also bewusst, dass für den potentiellen Käufer die Bewerbung für das Baugrundstück wegen Nichteinhaltung der in § 311 b BGB vorgeschriebenen notariellen Beurkundung der Willenserklärung nicht bindend sein kann. Für die Willenserklärung der Kommune, die mit der Bekanntgabe des Reservierungszuschlags abgegeben werden sollte, war dagegen eine rechtliche Bindungswirkung beabsichtigt. Nach der Begründung zum Beschluss des Gemeinderats vom 28.10.2010 ist der Zweck der Reservierungsbestätigung, eine Frist (in der Regel zwei Monate) festzulegen, innerhalb der sowohl eine Finanzierungsbestätigung als auch ein Planungsentwurf zur Prüfung durch das Stadtplanungsamt eingereicht werden sollten. So soll nach dem Willen des Gemeinderats das Bauvorhaben relativ zügig schon vor Abschluss des eigentlichen Grundstücksgeschäfts vorangetrieben werden können. In den mit Schreiben vom 09.07.2013 übersandten Bewerbungsunterlagen wurde demgemäß darauf hingewiesen, dass im Falle eines Zuschlags die in der Reservierungsbestätigung festgelegten Fristen einzuhalten sind, „um die verbindliche Reservierung aufrechtzuerhalten“. Zur Erzielung der Verbindlichkeit ihrer Erklärung, die die Antragsgegnerin mit der Bekanntgabe des Reservierungszuschlags einzugehen beabsichtigt, hat sie damit den Weg des Verwaltungsakts zur Regelung eines Einzelfalls mit unmittelbarer Rechtswirkung nach außen gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 LVwVfG gewählt. Die Antragsgegnerin regelt mit diesem beabsichtigten Verwaltungsakt zugunsten des Bewerbers, der den Zuschlag erhält, dass sie innerhalb des konkret bestimmten Zeitraums das Grundstück nicht an einen anderen Bewerber veräußert. Diese verwaltungsverfahrensrechtliche Ausgestaltung der Reservierung eines Grundstücks kollidiert auch nicht mit § 311 b BGB, denn eine einseitige Verpflichtung, ein Grundstück - befristet - nicht zu veräußern (negative Verpflichtung), ist nicht formbedürftig (vgl. Ermann, BGB, 12. Aufl., § 311 b Rn. 8). Es lag deswegen im freien Ermessen der Kommune, zwischen öffentlich-rechtlichen und privatrechtlichen Handlungsformen zu wählen (vgl. zur Freiheit der Formenwahl: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl. 2010, § 3 Rn. 35 ff.; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 7. Aufl., § 9 Rn. 162; BVerwG, Beschluss vom 18.10.1993 - 5 B 26/93 -, BVerwGE 94, 229; BVerwG, Urteil vom 11.02.1993 - 4 C 18/91 -, BVerwGE 92, 56).
28 
Der Rechtsschutz gegen Entscheidungen in dem so im vorliegenden Fall öffentlich-rechtlich ausgestalteten Verfahren ist im Verwaltungsrechtsweg zu suchen.
29 
Das Rechtschutzbedürfnis für den Antrag auf einstweilige Anordnung ist durch die Zusage des Zuwartens in der Antragserwiderung nicht weggefallen, weil das Schreiben vom 16.08.2013 an die Beigeladenen nur das vorläufige Stillhalten für das verwaltungsgerichtliche Eilverfahren regelt.
30 
Der sachdienlich ausgelegte Antrag auf Erlass einer einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO ist jedoch unbegründet.
31 
In der Hauptsache ist es das Ziel des Antragstellers, auf seinen Verpflichtungswiderspruch gegen die Versagung des Reservierungszuschlags die begehrte Reservierungsbestätigung zu erhalten. Er muss deswegen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes verhindern, dass die Antragsgegnerin durch die beabsichtigte Erteilung eines solchen begünstigenden Verwaltungsakts an die Beigeladenen vollendete Tatsachen schafft. Dass die Antragsgegnerin einen Reservierungszuschlag für ihn mit dem Schreiben vom 23.07.2013 ablehnt, ist als negative Entscheidung des begehrten begünstigenden Verwaltungsakts ebenfalls Verwaltungsakt. Sein Begehren ist deswegen sachdienlich dahingehend auszulegen, der Antragsgegnerin vorläufig die Erteilung des Reservierungszuschlags an die Beigeladenen zu untersagen, bis über seinen Widerspruch gegen die Versagung des Reservierungszuschlags ihm gegenüber bestands- bzw. rechtskräftig durch Widerspruchsbescheid oder Urteil entschieden ist.
32 
In einem solchen Fall kann das Gericht nach § 123 Absatz 1 Satz 1 VwGO auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung des Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Dabei ist stets zwischen dem Anordnungsgrund, der Eilbedürftigkeit der vorläufigen Regelung zur Sicherung eines effektiven Rechtsschutzes, und dem Anordnungsanspruch, der mit dem materiellen Anspruch identisch ist, zu unterscheiden. Die begehrte Sicherungsanordnung nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO setzt also einen Rechtsanspruch in der Hauptsache voraus, der gesichert werden könnte. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO in Verbindung mit § 920 Abs. 2 ZPO).
33 
Am Vorliegen eines Anordnungsgrunds bestehen keine Zweifel, da die Antragsgegnerin beabsichtigt, den Beigeladenen die Reservierungsbestätigung zu erteilen, und nur bis zu diesem Gerichtsbeschluss damit abwarten will.
34 
Den Anordnungsanspruch konnte der Antragsteller jedoch nicht glaubhaft machen.
35 
Der Antragsteller hat keinen Anspruch gegen die Antragsgegnerin darauf, das ausgeschriebene Grundstück zu erhalten. Insbesondere hat er nach Auffassung der Kammer keinen Rechtsanspruch darauf, eine Reservierungsbestätigung in dem gemäß Beschluss des Gemeinderats vom 28.10.201 eingeleiteten Vergabeverfahren deswegen zu erhalten, weil seine Bewerbung für das Grundstück den Eingangsstempel vom 09.07.2013 trägt, während den Mitbewerbern der Eingang ihrer Bewerbungen erst für den 10.07.2013 bestätigt wurde.
36 
Der Antragsteller kann nach keiner Rechtnorm verlangen, dass ihm die Antragsgegnerin das umstrittene Grundstück verkauft oder ein bestimmtes Verfahren zur Auswahl des Grundstückskäufers einhält. Er hat lediglich einen Anspruch darauf, dass die Antragsgegnerin in dem nach ihrem Ermessen gewählten öffentlich-rechtlichen Vergabeverfahren den Gleichbehandlungsgrundsatz nach Art. 3 Abs.1 GG beachtet, also eine sachgerechte, willkürfreie und transparente Entscheidung trifft (vgl. OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 01.09.1992 - 7 E 11459/92 - NVwZ 1993, 381 und juris; BGH, Urteil vom 22.02.2008 - V ZR 56/07 - BauR 2008, 1308 und juris; Brandenburgisches OVG, Urteil vom 24.04.2012 - 6 W 149/11 -. juris).
37 
Die Antragsgegnerin hat im vorliegenden Fall unter Beachtung der vom zuständigen Gemeinderat beschlossenen Regeln für das Reservierungsverfahren eine nicht zu beanstandende Entscheidung zugunsten der Beigeladenen getroffen, deren Vollzug vom Gericht auch nicht vorläufig untersagt werden kann.
38 
Allerdings ist eine Gleichrangigkeit der Bewerbungen, die am Losverfahren teilgenommen haben, entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Beigeladenen nicht schon mit der Regelung des § 130 BGB über den Zugang von Willenserklärungen zu begründen. Diese Vorschrift ist im hier gewählten Verwaltungsverfahren nicht anzuwenden. Es ist allein maßgeblich, wann das Schriftstück in die Verfügungsgewalt der Behörde gelangt ist. Es reicht grundsätzlich der Eingang bis 24 Uhr (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 12. Aufl., § 31 Rn. 22 m.w.N).
39 
Die Kammer unterstellt zugunsten des Antragstellers als wahr, dass er seine Bewerbung noch am 09.07.2013 vor 24 Uhr in den Rathausbriefkasten eingeworfen hat. Dennoch war die Antragsgegnerin gerade wegen Beachtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes berechtigt, den Antragsteller so zu behandeln, als sei seine Sendung erst am 10.07.2013 gleichzeitig mit derjenigen anderer Bewerber eingegangen.
40 
Die Antragsgegnerin vertritt zu Recht die Auffassung, der Beschluss der Gemeinderats vom 28.10.2010 sei so auszulegen, wie es dem „üblichen Gang der Dinge“ entspricht. Damit, dass der Gemeinderat den „Tag des Posteingangsstempels“ für den Eingang der Bewerbungen „am gleichen Tag“ für erheblich erklärt hat, gab er inzident vor, dass mit einer Postsendung an die Bewerber das Reservierungsverfahren eröffnet wird und die am nächsten Tag eingegangenen Bewerbungen denselben Rang für das Losverfahren erhalten. Nach der Vorstellung des Gremiums müssen deshalb Eingänge von ernsthaften Bewerbungen am ersten Tag nach dem Tag, an dem gleichzeitig die Schreiben mit den Bewerbungsunterlagen an die Interessenten zur Post gegeben werden, am Losverfahren teilnehmen. Dass ein Bewerber - auf welchem Weg auch immer - so frühzeitig die Bewerbungsunterlagen würde erhalten können, dass er noch am Tag deren Aufgabe zur Post seine ausgefüllte Bewerbung würde abgeben können, lag außerhalb der Vorstellungen des Gemeinderats bei der Regelung des Vergabeverfahrens. Des Weiteren konnte der Gemeinderat nicht damit rechnen, jemand würde aus der üblichen Vergabe des Posteingangsstempels des Vortags für um 07:00 Uhr im Rathausbriefkasten vorgefundene Postsendungen einen „Vorsprung“ erzielen können. Der Regelung des Bieterverfahrens durch den Gemeinderat liegt deshalb bei der gebotenen Auslegung seines Beschlusses nach Sinn und Zweck der „übliche Gang der Dinge“ zugrunde, nach dem ein behördliches Schreiben erst am Tag nach der Aufgabe zur (Nachmittags)Post beim Adressaten eingehen und von diesem beantwortet werden kann. Der zuständige Bereichsleiter hat das Begehren des Antragstellers, den Brief mit dem offiziellen Bewerbungsbogen (vorher) am 08.07.2013 bei ihm abholen zu dürfen, deshalb zu Recht als Abweichung von der gebotenen Verfahrensweise abgelehnt. Die Auslegung des Ratsbeschlusses aus Gründen der Chancengleichheit und Transparenz verbietet es auch, den Antragsteller daraus einen Vorteil ziehen zu lassen, dass er auf anderem als üblichem Wege für seine Bewerbung den Poststempel des Tages der Eröffnung des Reservierungsverfahrens erhalten hat.
41 
Damit war die Antragsgegnerin gehalten, die Vergabe des Grundstücks nach Ziffer 3 des Beschlusses des Gemeinderats vom 28.10.2010 vorzunehmen und dem Antragssteller die abschlägige Entscheidung vom 23.07.2013 bekannt zu geben. Sie konnte ihm nur die Beteiligung am Losverfahren mit den anderen Bewerbern, deren Unterlagen am 10.07.2013 eingegangen waren, zubilligen.
42 
Der Antragsteller übersieht zudem einen zweiten tragenden Grund dafür, dass ihm nur die Teilnahme an der Auslosung zugestanden werden konnte. Die anderen Bewerber, die ihr Angebot am 10.07.2013 abgegeben haben, können wie er eine sachgerechte, willkürfreie und transparente Entscheidung verlangen. Diese Mitbewerber mussten sich darauf verlassen können, am Tag nach der Absendung der Formulare für die Bewerbung zur Post - also am 10.07.2013 - eine faire Chance zu haben, ihre ernsthaftes Interesse an dem Grundstück in das Reservierungsverfahren einbringen zu können. Ein Zuschlag an einen Mitbewerber, dem es gelungen ist, sein Schreiben noch am Vortag abzugeben, müsste ihnen nach dem Inhalt des Eröffnungsschreibens für die Abgabe von Bewerbungen vom 09.07.2013 als willkürlich und intransparent erscheinen. Sie konnten ebenso wie der Gemeinderat vom „üblichen Gang der Dinge“ ausgehen und sich darauf einstellen. Das von der Antragsgegnerin gewählte „Windhundverfahren“ schließt ohnehin Interessenten aus, die eine Adresse haben, bei der es Schwierigkeiten mit den Postlaufzeiten des beauftragten regionalen Postunternehmens und der Anfahrt zum Rathausbriefkasten der Antragsgegnerin noch am Tag des Eingangs der Bewerbungsunterlagen gibt. Sie mussten wenigstens erwarten können, ihre Bewerbung noch am 10.07.2013 bis 24 Uhr abgeben zu können, um an der Auslosung beteiligt zu werden.
43 
Die Beigeladenen tragen jedenfalls zu Recht vor, dass es nach der telefonischen Vorabinformation über den Gang des Reservierungsverfahrens aus ihrer Sicht genügen musste, am Nachmittag des 10.07.2013 Urlaub zu nehmen, um ihre Chance auf das gewünschte Grundstück zu wahren. Eine Absage der Antragsgegnerin allein deswegen, weil ein Bewerber noch schneller war, wäre ihnen gegenüber grob unfair. Nachdem sie alles Engagement erfüllt haben, das von ihnen billigerweise zu erwarten war, dürfen sie darauf vertrauen, dass ihnen der Zuschlag durch Los nicht wegen des behaupteten Anspruchs des Antragstellers noch entzogen wird.
44 
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und § 162 Abs. 3 VwGO. Die Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen war aus Billigkeit anzuordnen, da sie mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten und durch eigene Initiative zur Sachaufklärung ihre rechtlichen Interessen aktiv verteidigt haben.
45 
Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus §§ 53 Abs. 1 und 53 Abs. 2 GKG. Der Kammer erscheint der Ansatz eines Viertels des Grundstückkaufpreises angemessen.

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