Urteil vom Verwaltungsgericht Stuttgart - 2 K 1472/21

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zur Neuerrichtung eines Zweifamilienwohnhauses.
Er ist Eigentümer des Grundstücks A. im Stadtbezirk Mitte der Beklagten (im Folgenden: Vorhabengrundstück). Es ist bebaut mit einem Mehrfamilienwohnhaus und liegt im Geltungsbereich zweier einfacher Bebauungspläne der Beklagten aus den 1920er-Jahren sowie des Baustaffelplans 1935/500 der Beklagten vom 01.08.1935, der für das Grundstück als Art der baulichen Nutzung „Baustaffel 6 - Wohngebiet und Kleinhausgebiet“ nach der Ortsbausatzung der Beklagten vom 25.06.1935 festsetzt.
Im Januar 2017 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Erteilung eines Bauvorbescheids über die Neubebauung seines Grundstücks; diesen Antrag nahm er im März 2017 nach Hinweisen auf Mängel des Antrags und seiner Unterlagen zurück. Im Februar 2019 beantragte er die Erteilung einer Baugenehmigung und nahm auch diesen Antrag nach Hinweisen auf Mängel im April 2019 zurück. Einen weiteren Bauantrag stellte er im August 2019, welchen die Beklagte mit Bescheid vom 09.10.2019 zurückwies.
Im Februar 2020 beantragte der Kläger bei der Beklagten erneut, ihm eine Baugenehmigung für die Neuerrichtung eines Zweifamilienwohnhauses zu erteilen und reichte hierzu Bauvorlagen ein. Nunmehr habe er alle Hinweise der Beklagten befolgt.
Mit Schreiben vom 05.03.2020 wies ihn die Beklagte auf rund 30 Mängel seines Antrags hin und forderte ihn zu deren Beseitigung bis zum 26.03.2020 auf, da sein Bauantrag anderenfalls zurückgewiesen werden müsse. Diese Frist wurde mehrfach verlängert.
Am 06.05.2020 reichte der Kläger überarbeitete Antragsunterlagen bei der Beklagten ein und gab an, damit allen Beanstandungen Rechnung getragen zu haben.
Mit Bescheid vom 13.05.2020 wies die Beklagte den Bauantrag des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus, zwar habe der Kläger seine Bauvorlagen überarbeitet und ergänzt, dabei jedoch die ihm übermittelten Beanstandungen nicht vollständig abgearbeitet. So sei der Lageplan nicht ergänzt und geändert worden. Die Abstandsflächenberechnung und die geforderte vollständige Vermaßung des Gebäudes sowie die Geländedarstellung in den Bauzeichnungen seien nach wie vor unvollständig
oder nicht nachvollziehbar. Geforderte Bestätigungen sowie zusätzliche Unterlagen seien nicht vorgelegt worden.
Nach Zustellung dieses Bescheids am 15.05.2020 erhob der Kläger am 15.06.2020 Widerspruch. Zur Begründung machte er geltend, er habe alle berechtigten Beanstandungen abgearbeitet, was er im Einzelnen darlegte. Die Forderung nach Übersendung eines Datenblatts für eine innenliegende Wärmepumpe sei dagegen unberechtigt. Zudem werde im Zurückweisungsbescheid auf Beanstandungen Bezug genommen, die man ihm gegenüber nie geltend gemacht habe.
Mit Bescheid vom 04.02.2021 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte es aus, die Landesbauordnung ermächtige die zuständige Baurechtsbehörde zur Zurückweisung eines Bauantrags, falls diesem unvollständige oder nicht der Form entsprechende Bauvorlagen angefügt seien, der Bauherr auf solche hingewiesen werde, aber innerhalb einer gesetzten Frist die gerügten Mängel nicht beseitige. Die Anforderungen an Art, Inhalt, Beschaffenheit und Anzahl der Bauvorlagen ergebe sich aus der Verfahrensverordnung. Nach diesen Maßgaben habe der Bauantrag des Klägers zurückgewiesen werden können, da dieser nicht alle von der Beklagten zu Recht gerügten Mängel seiner Bauvorlagen beseitigt habe. Insbesondere fehle seine Ergänzung bzw. Änderung des Lageplans, die Flächenberechnung und die Abstandsflächenberechnung (insoweit sei eine übersichtliche Darstellung der einzelnen Abstandsflächen und angesetzten Höhen vorzulegen). Weiter fehle die zu Recht geforderte korrekte Vermaßung des Gebäudes; sie sei zu beiden Seiten der Gebäudeecken straßenseitig vorzunehmen. Zudem seien die Bauzeichnungen unvollständig und es fehle am geforderten Datenblatt zur geplanten Wärmepumpe.
10 
Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 24.02.2021 hat der Kläger Klage erhoben. Zu deren Begründung macht er geltend, die Beanstandungen auf Seite 2 des Beklagtenschreibens vom 05.03.2020 seien ihm nie zugegangen. Ungeachtet dessen habe er allen dort enthaltenen zulässigen Anforderungen genügt.
11 
Der Kläger beantragt,
12 
die Beklagte unter Aufhebung deren Bescheids vom 13.05.2020 und des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 04.02.2021 zu verpflichten, über seinen Bauantrag unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
13 
Die Beklagte beantragt,
14 
die Klage abzuweisen.
15 
Zur Erwiderung macht sie geltend, zu Unrecht behaupte der Kläger, er habe nicht alle Seiten ihres Beanstandungsschreibens vom 05.03.2020 erhalten. Sämtliche auf Seite 2 dieses Schreibens aufgelisteten Mängel habe er nicht behoben und zudem eine auf Seite 3 geforderte Unterlage, das Datenblatt der geplanten Wärmepumpe, nicht vorgelegt. Allerdings sei einzuräumen, dass manche der damaligen Beanstandungen fehlerhaft gewesen seien. Es blieben aber bis heute folgende Mängel der derzeitigen Bauvorlagen:
16 
- der Steg vom Erdgeschoss zur Terrasse sei im Lageplan entgegen der Vorgaben der LBOVVO nicht in roter Farbe eingezeichnet, obgleich er ein neues Bauteil sei,
17 
- im Abstandsflächenplan seien keine Vermaßungen der seitlichen Grenzabstände des geplanten Stegs eingetragen, obgleich dieser abstandsflächenrelevant sei,
18 
- hinsichtlich der unterirdischen Bauteile widersprächen sich Lageplan und Grundriss UG, was die Anzahl der Räume betreffe,
19 
- die Dicke der Erdbedeckung auf den unterirdischen Anlagen sei nicht vermaßt,
20 
- die Abstandsflächenberechnungen im Abstandsflächenplan seien nicht nachvollziehbar,
21 
- das bestehende und das geplante Gelände seien nicht hinreichend dargestellt; eine Farbigkeit dieser Darstellung könne zur besseren Übersichtlichkeit verlangt werden,
22 
- die Vermaßung der Gebäudehöhen sei nicht zu beiden Seiten der Gebäudeecken straßenseitig eingezeichnet worden und es fehle auch eine Maßkette,
23 
- auf der Schnittzeichnung fehle der Steg,
24 
- auch bei einer im Gebäudeinneren angebrachten Wärmepumpe sei deren Datenblatt vorzulegen.
25 
Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle der Kammer zugestimmt.
26 
In der mündlichen Verhandlung hat die Beklagtenvertreterin noch ausgeführt, für die Bauherren sei es ein Service, wenn diese nicht nur auf formale sondern auch inhaltliche Mängel frühestmöglich hingewiesen würden. Aus Datenblättern zu den Außenwerten von Wärmpumpen könne das Amt auf Werte bei deren Innenanbringung zurückschließen.
27 
Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der dem Gericht vorliegenden Akten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

28 
Die Klage, über die der Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 u. 3 VwGO), ist zulässig (dazu I.), dringt aber in der Sache nicht durch (dazu II.).
29 
I. Zu Recht hat der Kläger einen Bescheidungsantrag (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) formuliert. Ein solcher Antrag ist zwar regelmäßig nur bei Entscheidungen möglich, die im Ermessen der Behörde stehen, was bei der Erteilung einer Baugenehmigung nicht der Fall ist (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Hier liegt aber ein Ausnahmefall eines sogenannten „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens vor, da noch weitere Ermittlungen der Behörde notwendig sind (vgl. dazu OVG Nieders., Urt. v. 15.05.2009 - 12 LC 55/07 - juris; OVG NRW, Urt. v. 19.06.2007 - 8 A 2677/06 - juris). Die Beklagte hat den Bauantrag des Klägers bisher sachlich nicht geprüft. So fehlt noch die Beteiligung der Angrenzer (vgl. § 55 Abs. 1 LBO). Diese Prüfung nachzuholen ist nicht Aufgabe des Berichterstatters. Der Sache fehlte daher die für einen Verpflichtungsausspruch nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Spruchreife, sodass nur der Bescheidungsantrag in Betracht kommt (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.07.1997 - 8 S 3476/96 - juris; Urt. d. Kammer v. 02.12.2020 - 2 K 1901/19 - unveröff.).
30 
II. Die zulässige Bescheidungsklage dringt aber in der Sache nicht durch. Die Zurückweisung des Bauantrags des Klägers durch die Beklagte ist rechtmäßig, so dass dessen Neubescheidung nicht in Betracht kommt (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Beklagte kann sich für ihre Zurückweisungsentscheidung auf eine wirksame Rechtsgrundlage berufen (dazu 1.), deren Voraussetzungen erfüllt sind (dazu 2.).
31 
1. Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid ist § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO.
32 
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 LBO hat die Baurechtsbehörde innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang den Bauantrag und die Bauvorlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen. Sind sie unvollständig oder entsprechen sie nicht den Formanforderungen, ist dem Bauherrn unverzüglich mitzuteilen, welche Ergänzungen erforderlich sind und dass der Bauantrag ohne Behebung der Mängel innerhalb der dem Bauherrn gesetzten angemessenen Frist zurückgewiesen werden kann (§ 54 Abs. 1 Satz 2 LBO in seiner Fassung vom 01.08.2019; Wortlaut der vorherigen Fassung: „Sind sie unvollständig oder weisen sie sonstige erhebliche Mängel auf“). Der zum 01.08.2019 neu aufgenommene § 54 Abs. 1 Satz 3 LBO bestimmt dagegen, wenn der Bauantrag gemäß den eingereichten Bauvorlagen nicht genehmigungsfähig ist, aber die notwendigen Änderungen oder Ergänzungen keinen neuen Bauantrag erfordern, soll dem Bauherrn die Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden; bis zum Eingang der nachgebesserten Bauvorlagen bei der Baurechtsbehörde sind alle Fristabläufe gehemmt.
33 
Damit wird seit dem 01.08.2019 noch deutlicher als zuvor, dass eine Zurückweisungsentscheidung nur dann möglich ist, wenn Bauantrag oder Bauvorlagen unvollständig sind oder an Formmängeln leiden (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.03.2022 - 8 S 387/21 - unveröff.; vgl. auch LT-Drs. 16/6293, S. 26). Bei allen sonstigen Mängeln ist mit einer inhaltlichen Ablehnung zu reagieren (ähnlich wohl Sauter, LBO, Stand Dez. 2021, § 54 Rn. 5 u. 8).
34 
Zu Recht weist die Beklagte daher nach Eingang von Antrag und Bauvorlagen umfassend auf deren Mängel aller Art hin. Wegen unterschiedlicher Rechtsfolgen (vgl. nochmals den Unterschied zwischen den Sätzen 2 und 3 des § 54 Abs. 1 LBO) wäre schon an dieser Stelle eine Differenzierung der Hinweise und deren Rechtsfolgen nach diesen beiden Mangelarten hilfreich. Im Zurückweisungsbescheid selbst ist zu subsumieren, ob behauptete Mängel des Antrags und seiner Bauvorlagen dem Bereich der Unvollständigkeit oder jenem der Formmängel zuzuordnen sind.
35 
Welche Bauvorlagen und sonstige Dokumente notwendig und welche Formanforderungen an diese zu stellen sind, bestimmt über § 53 Abs. 1 LBO die Verordnung der Landesregierung und des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen über das baurechtliche Verfahren (Verfahrensverordnung zur Landesbauordnung - LBOVVO) vom 13.11.1995 in der Fassung vom 21.12.2021. § 2 Abs. 1 LBOVVO legt dabei fest, welche Bauvorlagen einem Bauantrag im Regelfall anzufügen sind. Nach 2 Abs. 3 Nr. 1 LBOVVO kann die Baurechtsbehörde zudem weitere Unterlagen verlangen, wenn diese zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind. Die genauen Anforderungen an die Bauvorlagen ergeben sich also nicht abstrakt aus der genannten Verordnung, sondern sind mit Blick auf das jeweilige Vorhaben zu bestimmen (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 22.09.2020 - 13 K 3129/19 - juris Rn. 54; Urt. d. Kammer v. 19.04.2022 - 2 K 5932/20 - unveröff.). § 3 LBOVVO aber auch weitere Bestimmungen der Verordnung normieren Formanforderungen. Unvollständigkeit nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 LBO liegt somit insbesondere dann vor, wenn eine in der Verfahrensverordnung geforderte Bauvorlage fehlt, wozu auch gehört, dass sie nicht in der erforderlichen Anzahl eingereicht wird (vgl. Sauter, a.a.O., § 54 Rn. 4). Weitergehend wird man noch von Unvollständigkeit sprechen können, wenn eine erforderliche Bauvorlage, z.B. eine Schnittzeichnung (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 2 LBOVVO), zwar in der erforderlichen Anzahl eingereicht wird, aber etwa nur die Hälfte des geplanten Gebäudes abbildet. Formmängel nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 LBO liegen etwa vor, wenn die in § 4 Abs. 5 Satz 2 LBOVVO vorgeschriebene Farbgebung missachtet wird. Dabei reicht ein verbliebener Mangel der einen oder der anderen Kategorie aus, um die Klage gegen einen Zurückweisungsbescheid abzuweisen, nicht aber ein Mangel nach § 54 Abs. 1 Satz 3, § 58 Abs. 1 LBO, der nur zu einer inhaltlichen Ablehnung des Bauantrags ermächtigt.
36 
2. Nach diesen Maßgaben ist die Zurückweisung des Bauantrags des Klägers im Ergebnis nicht zu beanstanden.
37 
Zwar rügt die Beklagte insbesondere mit ihrer Klageerwiderung auch Mängel seines Antrags, die nicht von § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO umfasst sind (dazu a). Doch jedenfalls eine Unvollständigkeit und ein Formmangel bestehen nach wie vor (dazu b), so dass weitere behauptete formale Mängel dahingestellt bleiben können (dazu c).
38 
a) Wenn die Beklagte etwa rügt, der Kläger habe Abstandsflächen eines bestimmten Bauteils, hier eines Stegs, nicht im Abstandsflächenplan eingezeichnet, dieser hierzu erwidert, der Steg sei überhaupt nicht abstandsflächenrelevant, führen die Beteiligten erkennbar einen Streit um die Genehmigungsfähigkeit oder jedenfalls Abstandsflächenrelevanz eines Teilaspekts des Vorhabens des Klägers. Wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem unter Geltung von § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. gegen die Beklagte gerichteten Verfahren betont hat, kann von einer formalen Unvereinbarkeit mit den Vorschriften der Verfahrensverordnung aber „nicht ohne Weiteres schon dann ausgegangen werden, wenn im Abstandsflächenplan nicht die `rechtlich richtigen´ Abstandsflächen dargestellt sind“ (so Beschl. v. 01.03.2022 - 8 S 387/21 - unveröff.).
39 
b) Der Kläger hat im Lageplan seiner Bauvorlagen ein auch nach seinen Angaben neues Bauteil, einen Steg zwischen Erdgeschoss und Terrasse, in weißer Farbe und nicht, wie es § 4 Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 LBO LBOVVO vorsieht, in roter Farbe eingezeichnet. Darin liegt ein Formmangel nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 LBO.
40 
Weiter wird von ihm mit der Ostansicht seiner Bauvorlagen nur an einem der beiden Eckpunkte die Wandhöhe angegeben und nicht, wie § 6 Abs. 2 Nr. 3 LBOVVO es vorschreibt, an beiden Eckpunkten. Somit ist die Ostansicht unvollständig im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 LBO.
41 
c) Vor diesem Hintergrund kann u.a. dahinstehen, ob auch zur Unvollständigkeit des Bauantrags des Klägers führt, dass er kein Datenblatt zum von ihm gewünschten Wärmepumpenmodell vorgelegt hat. Zwar erwähnt die Verfahrensverordnung zur Landesbauordnung eine solche Pflicht nicht explizit. § 2 Abs. 3 Satz 1 LBOVVO ermächtigt die Beklagte aber zur Forderung weiterer Unterlagen vom Bauherrn, wenn diese zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind. Die Rechtsprechung betont, befinde sich der in den Bauvorlagen eingezeichnete Aufstellort einer Luft-Wärmepumpe in einer kritischen Nähe zur angrenzenden Wohnbebauung, müsse die Baugenehmigung das gestattete Ausmaß der Geräuschimmissionen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen konkret festlegen (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 30.01.2019 - 5 S 1913/18 - juris; Beschl. d. Kammer v. 18.02.2022 - 2 K 5478/21 - juris). Als Anhaltspunkt zur Bestimmung der kritischen Nähe können die empfohlenen Mindestabstände aus dem "Leitfaden für die Verbesserung des Schutzes gegen Lärm bei stationären Geräten" der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) dienen. Diese hängen vom Schalleistungspegel des Pumpenmodells ab. Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte bei einer in den Bauvorlagen eingezeichneten Außenaufstellung von Wärmepumpen regelmäßig gehalten, das Datenblatt des Herstellers zum jeweiligen Pumpenmodell anzufordern. Nichts Anderes dürfte beim Vorhaben des Klägers gelten, wo sich der eingezeichnete Aufstellungsort in einem Innenraum befindet. Auch von diesem aus kann die Wärmepumpe durch ihren Ansaugstutzen mit Geräuschen auf Nachbargrundstücke einwirken, wenn auch reduziert, so dass die Anforderung des Datenblatts mit dem Schalleistungspegel für Abschätzungen der Beklagten häufig erforderlich sein wird.
42 
Weiter dürften auf Grund des nachbarschützenden Gehalts der erforderlichen Abstandsflächentiefen hohe Anforderungen an die Erkennbarkeit von altem und neuem Geländeverlauf, Wandhöhen- und Wandhöhenabschnitten sowie die Nachvollziehbarkeit der Berechnungen der jeweiligen Abstandsflächentiefen gestellt werden können, damit der Bauherr nicht das Risiko läuft, dass ein Gericht insoweit von der nachbarrechtswidrigen Unbestimmtheit seiner Baugenehmigung ausgeht.
43 
III. Da der Kläger unterliegt, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
44 
Gründe, die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nrn. 3 u. 4 VwGO), sind nicht erkennbar.

Gründe

28 
Die Klage, über die der Berichterstatter anstelle der Kammer entscheiden kann (§ 87a Abs. 2 u. 3 VwGO), ist zulässig (dazu I.), dringt aber in der Sache nicht durch (dazu II.).
29 
I. Zu Recht hat der Kläger einen Bescheidungsantrag (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) formuliert. Ein solcher Antrag ist zwar regelmäßig nur bei Entscheidungen möglich, die im Ermessen der Behörde stehen, was bei der Erteilung einer Baugenehmigung nicht der Fall ist (vgl. § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO). Hier liegt aber ein Ausnahmefall eines sogenannten „steckengebliebenen“ Genehmigungsverfahrens vor, da noch weitere Ermittlungen der Behörde notwendig sind (vgl. dazu OVG Nieders., Urt. v. 15.05.2009 - 12 LC 55/07 - juris; OVG NRW, Urt. v. 19.06.2007 - 8 A 2677/06 - juris). Die Beklagte hat den Bauantrag des Klägers bisher sachlich nicht geprüft. So fehlt noch die Beteiligung der Angrenzer (vgl. § 55 Abs. 1 LBO). Diese Prüfung nachzuholen ist nicht Aufgabe des Berichterstatters. Der Sache fehlte daher die für einen Verpflichtungsausspruch nach § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO erforderliche Spruchreife, sodass nur der Bescheidungsantrag in Betracht kommt (so auch VGH Bad.-Württ., Urt. v. 03.07.1997 - 8 S 3476/96 - juris; Urt. d. Kammer v. 02.12.2020 - 2 K 1901/19 - unveröff.).
30 
II. Die zulässige Bescheidungsklage dringt aber in der Sache nicht durch. Die Zurückweisung des Bauantrags des Klägers durch die Beklagte ist rechtmäßig, so dass dessen Neubescheidung nicht in Betracht kommt (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO). Die Beklagte kann sich für ihre Zurückweisungsentscheidung auf eine wirksame Rechtsgrundlage berufen (dazu 1.), deren Voraussetzungen erfüllt sind (dazu 2.).
31 
1. Ermächtigungsgrundlage für den Bescheid ist § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO.
32 
Gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 LBO hat die Baurechtsbehörde innerhalb von zehn Arbeitstagen nach Eingang den Bauantrag und die Bauvorlagen auf Vollständigkeit zu überprüfen. Sind sie unvollständig oder entsprechen sie nicht den Formanforderungen, ist dem Bauherrn unverzüglich mitzuteilen, welche Ergänzungen erforderlich sind und dass der Bauantrag ohne Behebung der Mängel innerhalb der dem Bauherrn gesetzten angemessenen Frist zurückgewiesen werden kann (§ 54 Abs. 1 Satz 2 LBO in seiner Fassung vom 01.08.2019; Wortlaut der vorherigen Fassung: „Sind sie unvollständig oder weisen sie sonstige erhebliche Mängel auf“). Der zum 01.08.2019 neu aufgenommene § 54 Abs. 1 Satz 3 LBO bestimmt dagegen, wenn der Bauantrag gemäß den eingereichten Bauvorlagen nicht genehmigungsfähig ist, aber die notwendigen Änderungen oder Ergänzungen keinen neuen Bauantrag erfordern, soll dem Bauherrn die Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben werden; bis zum Eingang der nachgebesserten Bauvorlagen bei der Baurechtsbehörde sind alle Fristabläufe gehemmt.
33 
Damit wird seit dem 01.08.2019 noch deutlicher als zuvor, dass eine Zurückweisungsentscheidung nur dann möglich ist, wenn Bauantrag oder Bauvorlagen unvollständig sind oder an Formmängeln leiden (so auch VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 01.03.2022 - 8 S 387/21 - unveröff.; vgl. auch LT-Drs. 16/6293, S. 26). Bei allen sonstigen Mängeln ist mit einer inhaltlichen Ablehnung zu reagieren (ähnlich wohl Sauter, LBO, Stand Dez. 2021, § 54 Rn. 5 u. 8).
34 
Zu Recht weist die Beklagte daher nach Eingang von Antrag und Bauvorlagen umfassend auf deren Mängel aller Art hin. Wegen unterschiedlicher Rechtsfolgen (vgl. nochmals den Unterschied zwischen den Sätzen 2 und 3 des § 54 Abs. 1 LBO) wäre schon an dieser Stelle eine Differenzierung der Hinweise und deren Rechtsfolgen nach diesen beiden Mangelarten hilfreich. Im Zurückweisungsbescheid selbst ist zu subsumieren, ob behauptete Mängel des Antrags und seiner Bauvorlagen dem Bereich der Unvollständigkeit oder jenem der Formmängel zuzuordnen sind.
35 
Welche Bauvorlagen und sonstige Dokumente notwendig und welche Formanforderungen an diese zu stellen sind, bestimmt über § 53 Abs. 1 LBO die Verordnung der Landesregierung und des Ministeriums für Landesentwicklung und Wohnen über das baurechtliche Verfahren (Verfahrensverordnung zur Landesbauordnung - LBOVVO) vom 13.11.1995 in der Fassung vom 21.12.2021. § 2 Abs. 1 LBOVVO legt dabei fest, welche Bauvorlagen einem Bauantrag im Regelfall anzufügen sind. Nach 2 Abs. 3 Nr. 1 LBOVVO kann die Baurechtsbehörde zudem weitere Unterlagen verlangen, wenn diese zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind. Die genauen Anforderungen an die Bauvorlagen ergeben sich also nicht abstrakt aus der genannten Verordnung, sondern sind mit Blick auf das jeweilige Vorhaben zu bestimmen (vgl. VG Freiburg, Urt. v. 22.09.2020 - 13 K 3129/19 - juris Rn. 54; Urt. d. Kammer v. 19.04.2022 - 2 K 5932/20 - unveröff.). § 3 LBOVVO aber auch weitere Bestimmungen der Verordnung normieren Formanforderungen. Unvollständigkeit nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 LBO liegt somit insbesondere dann vor, wenn eine in der Verfahrensverordnung geforderte Bauvorlage fehlt, wozu auch gehört, dass sie nicht in der erforderlichen Anzahl eingereicht wird (vgl. Sauter, a.a.O., § 54 Rn. 4). Weitergehend wird man noch von Unvollständigkeit sprechen können, wenn eine erforderliche Bauvorlage, z.B. eine Schnittzeichnung (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 2 LBOVVO), zwar in der erforderlichen Anzahl eingereicht wird, aber etwa nur die Hälfte des geplanten Gebäudes abbildet. Formmängel nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 LBO liegen etwa vor, wenn die in § 4 Abs. 5 Satz 2 LBOVVO vorgeschriebene Farbgebung missachtet wird. Dabei reicht ein verbliebener Mangel der einen oder der anderen Kategorie aus, um die Klage gegen einen Zurückweisungsbescheid abzuweisen, nicht aber ein Mangel nach § 54 Abs. 1 Satz 3, § 58 Abs. 1 LBO, der nur zu einer inhaltlichen Ablehnung des Bauantrags ermächtigt.
36 
2. Nach diesen Maßgaben ist die Zurückweisung des Bauantrags des Klägers im Ergebnis nicht zu beanstanden.
37 
Zwar rügt die Beklagte insbesondere mit ihrer Klageerwiderung auch Mängel seines Antrags, die nicht von § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO umfasst sind (dazu a). Doch jedenfalls eine Unvollständigkeit und ein Formmangel bestehen nach wie vor (dazu b), so dass weitere behauptete formale Mängel dahingestellt bleiben können (dazu c).
38 
a) Wenn die Beklagte etwa rügt, der Kläger habe Abstandsflächen eines bestimmten Bauteils, hier eines Stegs, nicht im Abstandsflächenplan eingezeichnet, dieser hierzu erwidert, der Steg sei überhaupt nicht abstandsflächenrelevant, führen die Beteiligten erkennbar einen Streit um die Genehmigungsfähigkeit oder jedenfalls Abstandsflächenrelevanz eines Teilaspekts des Vorhabens des Klägers. Wie der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in einem unter Geltung von § 54 Abs. 1 Satz 2 LBO a.F. gegen die Beklagte gerichteten Verfahren betont hat, kann von einer formalen Unvereinbarkeit mit den Vorschriften der Verfahrensverordnung aber „nicht ohne Weiteres schon dann ausgegangen werden, wenn im Abstandsflächenplan nicht die `rechtlich richtigen´ Abstandsflächen dargestellt sind“ (so Beschl. v. 01.03.2022 - 8 S 387/21 - unveröff.).
39 
b) Der Kläger hat im Lageplan seiner Bauvorlagen ein auch nach seinen Angaben neues Bauteil, einen Steg zwischen Erdgeschoss und Terrasse, in weißer Farbe und nicht, wie es § 4 Abs. 5 Satz 2 Nr. 4 LBO LBOVVO vorsieht, in roter Farbe eingezeichnet. Darin liegt ein Formmangel nach § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 2 LBO.
40 
Weiter wird von ihm mit der Ostansicht seiner Bauvorlagen nur an einem der beiden Eckpunkte die Wandhöhe angegeben und nicht, wie § 6 Abs. 2 Nr. 3 LBOVVO es vorschreibt, an beiden Eckpunkten. Somit ist die Ostansicht unvollständig im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 LBO.
41 
c) Vor diesem Hintergrund kann u.a. dahinstehen, ob auch zur Unvollständigkeit des Bauantrags des Klägers führt, dass er kein Datenblatt zum von ihm gewünschten Wärmepumpenmodell vorgelegt hat. Zwar erwähnt die Verfahrensverordnung zur Landesbauordnung eine solche Pflicht nicht explizit. § 2 Abs. 3 Satz 1 LBOVVO ermächtigt die Beklagte aber zur Forderung weiterer Unterlagen vom Bauherrn, wenn diese zur Beurteilung des Vorhabens erforderlich sind. Die Rechtsprechung betont, befinde sich der in den Bauvorlagen eingezeichnete Aufstellort einer Luft-Wärmepumpe in einer kritischen Nähe zur angrenzenden Wohnbebauung, müsse die Baugenehmigung das gestattete Ausmaß der Geräuschimmissionen durch Inhalts- oder Nebenbestimmungen konkret festlegen (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 30.01.2019 - 5 S 1913/18 - juris; Beschl. d. Kammer v. 18.02.2022 - 2 K 5478/21 - juris). Als Anhaltspunkt zur Bestimmung der kritischen Nähe können die empfohlenen Mindestabstände aus dem "Leitfaden für die Verbesserung des Schutzes gegen Lärm bei stationären Geräten" der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI) dienen. Diese hängen vom Schalleistungspegel des Pumpenmodells ab. Vor diesem Hintergrund ist die Beklagte bei einer in den Bauvorlagen eingezeichneten Außenaufstellung von Wärmepumpen regelmäßig gehalten, das Datenblatt des Herstellers zum jeweiligen Pumpenmodell anzufordern. Nichts Anderes dürfte beim Vorhaben des Klägers gelten, wo sich der eingezeichnete Aufstellungsort in einem Innenraum befindet. Auch von diesem aus kann die Wärmepumpe durch ihren Ansaugstutzen mit Geräuschen auf Nachbargrundstücke einwirken, wenn auch reduziert, so dass die Anforderung des Datenblatts mit dem Schalleistungspegel für Abschätzungen der Beklagten häufig erforderlich sein wird.
42 
Weiter dürften auf Grund des nachbarschützenden Gehalts der erforderlichen Abstandsflächentiefen hohe Anforderungen an die Erkennbarkeit von altem und neuem Geländeverlauf, Wandhöhen- und Wandhöhenabschnitten sowie die Nachvollziehbarkeit der Berechnungen der jeweiligen Abstandsflächentiefen gestellt werden können, damit der Bauherr nicht das Risiko läuft, dass ein Gericht insoweit von der nachbarrechtswidrigen Unbestimmtheit seiner Baugenehmigung ausgeht.
43 
III. Da der Kläger unterliegt, hat er die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).
44 
Gründe, die eine Berufungszulassung durch das Verwaltungsgericht ermöglichen (§ 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nrn. 3 u. 4 VwGO), sind nicht erkennbar.

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