Beschluss vom Verwaltungsgericht Würzburg - W 8 E 18.927

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.

II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 EUR festgesetzt.

IV. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner (vertreten durch das Landratsamt Bad Kissingen) im Wege der einstweiligen Anordnung die Herausgabe von zwei Pferden.

1. Der Antragsgegner untersagte – unter anderem bezogen auf die streitgegenständlichen Pferde „U...“ und „P...“ – dem Lebensgefährten der Antragstellerin als Halter mit Bescheid vom 6. Februar 2018 das Halten und Betreuen von Pferden und verpflichtete ihn weiter zu dulden, dass ihm die Pferde weggenommen, untergebracht, verpflegt und verkauft werden.

Ein dagegen angestrengtes Sofortverfahren seitens des Lebensgefährten der Antragstellerin blieb ebenso erfolglos wie die dagegen erhobene Klage (siehe VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 – W 8 S 18.206 – juris; VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 – W 8 K 18.205). Im Klageverfahren wurde lediglich – bei Klageabweisung im Übrigen – festgestellt, dass die Androhung des unmittelbaren Zwangs wegen des entgegenstehenden Eigentums der Antragstellerin rechtswidrig gewesen ist.

In der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 wurde die Antragstellerin als Zeugin einvernommen. Sie erklärte dort, sie sei Eigentümerin bzw. Miteigentümerin der beiden Pferde „U...“ und „P...“. Das Pferd „P...“ habe ihr ihr Lebensgefährte zum Geburtstag 2016 geschenkt. Das Pferd „U...“ hätten sie und ihr Lebensgefährte zusammen gekauft.

Die Beklagtenvertreter erklärten in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018, die Pferde seien mittlerweile an Dritte verkauft und übereignet worden.

2. Am 16. Juli 2018 erhob die Antragstellerin im Verfahren W 8 K 18.926 Klage und beantragte im vorliegenden Verfahren den Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO.

Sie stellte folgende Anträge:

I. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin ihre beiden Pferde „U...“, geb. 24.10.2014, und „P...“, geb. 15.5.2015, wieder zurückzugeben.

II.  Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe bewilligt.

Zur Begründung gab sie zu Protokoll an: Am 15. März 2018 seien ihr ihre beiden Pferde weggenommen und ein paar Tage später über Facebook veräußert worden. Die Pferde hätten eine Woche später umgestellt werden sollen. Dies sei dem Landratsamt auch mitgeteilt worden. Dem Landratsamt sei auch mitgeteilt worden, dass der Halter (ihr Lebensgefährte) nicht der Besitzer der Pferde sei.

Der Antragsgegner beantragte mit Schriftsatz vom 23. Juli 2018:

Der Antrag wird abgelehnt.

Zur Begründung der Antragserwiderung ist im Wesentlichen ausgeführt: Der Antrag sei bereits deshalb abzulehnen, weil die Antragstellerin die Erforderlichkeit einer eilbedürftigen vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) weder geltend noch glaubhaft gemacht habe. Die streitgegenständlichen Ponys seien bereits im April 2018 durch das Landratsamt an einen zuverlässigen Tierhalter weiterveräußert worden. Die Antragstellerin habe nichts dargelegt, was das Bedürfnis eines vorläufigen Rechtsschutzes belege. Im Übrigen sei auch ein Anordnungsanspruch auf Herausgabe der Ponys nicht gegeben. Die Antragstellerin habe nicht nachweisen können, dass sie die Eigentümerin der Ponys sei. Sie habe bezüglich des Pferdes „P...“ bislang zu keiner Zeit einen Kaufvertrag vorgelegt. Im Übrigen sei das Eigentum an den Ponys auf den Käufer der Ponys übergegangen. Die Veräußerungsanordnung in Nr. 3 des Bescheides vom 6. Februar 2018 sei ein derart rechtsgestaltender Verwaltungsakt, mit dem die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung an den streitgegenständlichen Ponys auf das Landratsamt übergehe. Demgemäß hätte das Eigentum an den Ponys auch rechtswirksam auf den Käufer übertragen werden können. Zudem dürfe keine Herausgabe der Tiere erfolgen, wenn zu befürchten sei, dass die Tiere wieder an den bisherigen, unzuverlässigen Halter gelangen könnten. Da die Antragstellerin mit dem Lebensgefährten in einer Lebensgemeinschaft stehe und beide auch gemeinsam wohnten, bestehe die Gefahr, dass die Ponys mit Herausgabe an die Antragstellerin wieder dem Zugriff des Lebensgefährten als gerichtlich bestätigten unzuverlässigen Tierhalter ausgesetzt seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte des Hauptsacheverfahrens W 8 K 18.926) sowie die Akten der früheren Verfahren betreffend die Antragstellerin W 5 K 16.293 bzw. W 5 S 16.298 und betreffend den Lebensgefährten der Antragstellerin W 8 K 18.205 bzw. W 8 S18.206 sowie die beigezogenen Behördenakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern, oder aus anderen Gründen nötig erscheint (Regelungsanordnung).

Das Gericht entscheidet nach eigenem Ermessen, ob und mit welchem Inhalt es eine einstweilige Anordnung erlässt. Die von der Entscheidung betroffenen öffentlichen und privaten Interessen müssen gegeneinander abgewogen werden. In die Abwägung sind grundsätzlich einzustellen die Bedeutung und die Dringlichkeit des infrage stehenden Anspruchs der Antragstellerin sowie die Zumutbarkeit, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, das Maß einer eventuellen Gefährdung öffentlicher Interessen oder schutzwürdiger Interessen Dritter und die Frage, ob die durch die Anordnung möglicherweise entstehende Nachteile für die Allgemeinheit, die Antragstellerin oder für Dritte von Auflagen abhängig gemacht werden können. Außerdem sind, soweit sie sich übersehen lassen, auch die Erfolgsaussichten in einem zu erwartenden Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen.

Eine einstweilige Anordnung ist zu treffen, wenn aufgrund einer im Verfahren des Eilrechtsschutzes lediglich vorzunehmenden summarischen Prüfung ein Anordnungsgrund, also ein Grund für die erhöhte Eilbedürftigkeit der Entscheidung, besteht und eine überwiegende Wahrscheinlichkeit für das Bestehen eines Anordnungsanspruchs glaubhaft gemacht wird (vgl. § 920 ZPO i.V.m. § 123 Abs. 3 VwGO).

Vorliegend besteht die Besonderheit, dass die Antragstellerin mit der einstweiligen Anordnung vorläufig das Gleiche begehrt, wie sie im Wesentlichen auch in einem Hauptsacheverfahren begehrt, und zwar die Rückgabe ihrer beiden Pferde. Damit begehrt die Antragstellerin eine Vorwegnahme der Hauptsache, was grundsätzlich dem Wesen und dem Zweck der einstweiligen Anordnung widerspricht. Im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung kann das Gericht grundsätzlich nur vorläufige Regelungen treffen und einer Antragstellerin nicht schon in vollem Umfang, wenn auch nur unter Vorbehalt einer neuen Entscheidung der Hauptsache, das gewähren, was sie nur in einem Hauptsacheprozess erreichen könnte. Im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG, welcher einen effektiven Rechtsschutz gewährleistet, ist eine Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren ausnahmsweise dann zulässig, wenn dies im Interesse des Rechtsschutzes erforderlich ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit auch für einen Erfolg im Hauptsachverfahren spricht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 22. Aufl. 2017, § 123 Rn. 13 f.).

Gemessen an diesen strengen Voraussetzungen hat die Sache keinen Erfolg.

Im vorliegenden Fall ist mangels einer besonderen Dringlichkeit schon kein Anordnungsgrund gegeben.

Eine besondere Dringlichkeit hat die Antragstellerin nicht glaubhaft gemacht. Auch sonst ist nicht ersichtlich, dass ein Abwarten bis zur Hauptsacheentscheidung unzumutbar erscheinen lässt. In der Antragsbegründung findet sich kein dahingehendes Vorbringen. Hinzu kommt, dass das Landratsamt die Pferde aufgrund der Anordnung gegen den Lebensgefährten der Antragstellerin schon Mitte März weggenommen und anderweitig untergebracht und schließlich Anfang April an einen Dritten veräußert hat. Ein dringlicher Grund, die Pferde dem jetzigen Besitzer nach fast vier Monaten nun sofort wegzunehmen, ist nicht erkennbar. Der mögliche Umstand, dass sich die Pferde von der Antragstellerin entwöhnen und an die neuen Besitzer gewöhnen könten, fällt schon deshalb rechtlich nicht ins Gewicht, weil die Pferde, wie im Verfahren des Lebensgefährten festgestellt wurde (siehe VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 – W 8 S 18.206 – juris; VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 – W 8 K 18.205), über längere Zeit tierschutzwidrig gehalten wurden. Darüber hinaus hat die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 als Zeugin angegeben, sie selbst sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, die Pferde zu versorgen.

Des Weiteren ist es der Antragstellerin – ohne dass es hier noch darauf ankäme – auch nicht gelungen, einen Anordnungsanspruch glaubhaft zu machen.

Materielle Grundlage für einen Anspruch der Antragstellerin auf Rückgabe der weggenommenen Pferde könnte der allgemeine Folgenbeseitigungsanspruch sein. Notwendige Voraussetzungen für den aus den Grundrechten und dem Rechtstaatsprinzip herzuleitenden öffentlich-rechtlichen Folgenbeseitigungsanspruch sind, dass durch die Vollziehung ein fortdauernd rechtswidriger Zustand herbeigeführt worden ist und die Folgenbeseitigung rechtlich und tatsächlich möglich ist. Am Vorliegen dieser Voraussetzungen bestehen erhebliche Zweifel.

Sofern die Antragstellerin als Eigentümerin die Herausgabe einer Sache verlangt (vgl. § 985 BGB), ist schon fraglich, ob die Antragstellerin gegenwärtig noch Eigentümerin ist oder ihr Eigentum, welches sie ursprünglich innehatte (siehe dazu VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 – W 8 K 18.205), mittlerweile verloren hat. Möglicherweise hat ein Eigentümerwechsel infolge der Veräußerung der Pferde durch den Antragsgegner an einen gutgläubigen Dritten stattgefunden. Denn grundsätzlich ist es möglich, dass die Behörde vor der tatsächlichen Veräußerung der Tiere im Sinne der zivilrechtlichen Übertragung des Eigentums an eine dritte Person, eine Anordnung erlässt, mit dem der ursprüngliche Eigentümer die rechtliche Herrschaftsmacht über das Tier entzogen wird. Eine solche Anordnung beinhaltet einen rechtsgestaltenden Verwaltungsakt, der die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung auf den handelnden Hoheitsträger übergehen lässt (vgl. Schleswig-Holsteinisches VG, B.v. 2.12.2013 – 1 B 99/13 – juris). Sofern die Kosten der Unterbringung der Tiere außer Verhältnis zum Wert der fortgenommenen Tiere stehen, ist auch ein Verkauf unter Wert nicht ausgeschlossen, wenn sich ergibt, dass der freie Markt ein Erzielen von Verkaufserlösen, die dem Verkehrswert zumindest nahe kommen, nicht zulässt (VG Augsburg, U.v. 25.2.2011 – Au 2 K 09.1471 – juris).

Vorliegend hat der Antragsgegner vorgebracht, aufgrund der Veräußerungsanordnung im Bescheid vom 6. Februar 2018, der (nur) an den Lebensgefährten der Antragstellerin gerichtet war, als rechtsgestaltenden Verwaltungsakt die rechtliche Befugnis zur Eigentumsübertragung erhalten und die Ponys auch rechtswirksam übertragen zu haben. Allerdings stellt sich die Frage, ob die Dritten gutgläubig Eigentum erwerben konnten oder ob ein Abhandenkommen gemäß § 935 Abs. 1 Satz 1 BGB (Verlust des unmittelbaren Besitzes ohne Willen des Eigentümers) entgegensteht. Abhandenkommen liegt auch vor, wenn der Erwerb von einem Mitbesitzer ohne Wissen und Wollen des anderen Mitbesitzers erfolgt. Eine Sache ist aber nicht abhandengekommen, wenn sie dem unmittelbaren Besitzer aufgrund eines wirksamen staatlichen Hoheitsaktes weggenommen wurde. Anders wäre der Fall, wenn die Wegnahme auf einen nichtigen Verwaltungsakt oder auf einen Nichtakt beruht. Ein solcher Hoheitsakt hat privatrechtsgestaltende Wirkung (vgl. Berger in Jauernig, BGB, 17. Auflage 2018, § 935 Rn. 3 ff.; Kindl in BeckOK, BGB, Bamberger/Roth/Hau/Posek, 46. Edition, Stand: 1.5.2018, § 935 Rn. 10; Klinck in beck-online, Großkommentar, Gesamtherausgeber: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 1.3.2018, § 935 BGB Rn. 16; Oechsler, Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 935 Rn. 7).

Allerdings ist festzuhalten, dass gegenüber der Antragstellerin weder ein Verwaltungsakt noch ein betreffender Duldungsbescheid erging, also weniger als ein nichtiger Akt oder Nichtakt. Der Bescheid des Antragsgegners vom 6. Februar 2018 war allein an den Lebensgefährten der Antragstellerin adressiert. Sofern die Antragstellerin unmittelbare Besitzerin bzw. unmittelbare Mitbesitzerin gewesen ist, hätte ihr gegenüber ein betreffender Hoheitsakt ergehen müssen. Nur dann wären die Pferde nicht abhandengekommen. Andernfalls hätte die Antragstellerin ihren unmittelbaren Besitz unfreiwillig verloren, was einen gutgläubigen Erwerb des Eigentums durch einen Dritten ausschlösse.

Anders wäre die Fallgestaltung nur, wenn die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Wegnahme schon nicht mehr unmittelbare Besitzerin, sondern etwa ihr Lebensgefährte alleiniger unmittelbarer Besitzer des Pferdes und sie vielleicht nur mittelbare Besitzerin der Pferde gewesen wäre. In dieser Fallgestaltung wäre allein auf den Lebensgefährten der Antragstellerin abzustellen (§ 935 Abs. 1 Satz 2 BGB). Insoweit hätte ihm gegenüber der Erlass eines Hoheitsakts – wie hier geschehen – gereicht (vgl. Oechsler, Münchner Kommentar zum BGB, 7. Aufl. 2017, § 935 Rn. 9; Klinck in beck-online, Großkommentar, Gesamtherausgeber: Gsell/Krüger/Lorenz/Reymann, Stand: 1.3.2018, § 935 BGB Rn. 26).

Die Frage eines gutgläubigen Eigentumserwerbs eines Dritten oder eines entgegenstehenden Abhandenkommens kann indes im vorliegenden Eilverfahren dahinstehen. Denn einem Herausgabeanspruch nach § 985 BGB stünde gegenwärtig jedenfalls entgegen, dass sich der Anspruch des Eigentümers gegen den Besitzer richtet. Nach dem Vorbringen des Landratsamts ist der Antragsgegner aber nicht mehr im Besitz der Pferde, sondern hat diese gerade an eine dritte Personen weiterveräußert. Ein gegebenenfalls bestehender Herausgabeanspruch aus Eigentum nach § 985 BGB müsste – auf dem Zivilrechtsweg – direkt gegen den jetzigen Besitzer gerichtet werden.

Fraglich ist des Weiteren, ob gegenüber dem Antragsgegner im Zuge des Folgenbeseitigungsanspruchs ein Anspruch auf Wiederbeschaffung der streitgegenständlichen Pferde und Rückgabe an die Antragstellerin besteht. Denn insofern ist schon zweifelhaft, ob für den Antragsgegner zivilrechtlich die Möglichkeit besteht, sich von dem Kaufvertrag mit dem Dritten zu lösen. Einiges könnte dafür sprechen, dass der Antragsgegner den Dritten gegenüber rechtlich gebunden ist, so dass die Wiederbeschaffung der Pferde nicht möglich wäre, solange der Dritte nicht mit einer Rückgabe einverstanden ist.

Darüber hinaus ist weiter zu erwägen, dass einer Rückgabe der Pferde an die Antragstellerin auch tierschutzrechtliche Einwände entgegenstehen könnten. Denn wie in den Verfahren gegen den Lebensgefährten (vgl. VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 – W 8 S 18.206 – juris; VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 – W 8 K 18.205) ausgeführt, waren die Tiere beim Lebensgefährten der Antragstellerin unter tierschutzwidrigen Umständen untergebracht und versorgt, worauf diesem auch die Haltung und Betreuung der Pferde untersagt wurde. Die Antragstellerin hat in der mündlichen Verhandlung am 16. Juli 2018 im Verfahren W 8 K 18.205 als Zeugin ausgesagt, dass sie selbst aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage sei, die Pferde zu versorgen. Demnach darf der Lebensgefährte der Antragstellerin die Betreuung der Pferde von Rechts wegen nicht mehr übernehmen und die Antragstellerin selbst kann dies aus gesundheitlichen Gründen nicht. Darüber hinaus hat die Antragstellerin als Eigentümerin in der Vergangenheit nichts Durchgreifendes unternommen, um die tierschutzwidrigen Zustände und die tierschutzwidrige Behandlung durch den Lebensgefährten zu unterbinden. Bei einer Rückgabe der Pferde an die Antragstellerin müsste aber eine mangelfreie Tierhaltung gewährleistet sein, die den Anforderungen des § 2 TierSchG gerecht wird. Insoweit hat die Antragstellerin keine belastbaren und konkreten Angaben über das etwaige Vorhandensein einer geeigneten Unterbringungsmöglichkeit gemacht und auch nicht erklärt, wie sie in der Folgezeit eine artgerechte Unterbringung und Versorgung der Tiere gewährleisten können will (vgl. BayVGH, B.v. 21.4.2016 – 9 CS 16.539 – KommunalPraxis BY 2016, 309 – juris). Eine hinreichend verfestigte Stabilisierung tierschutzgerechter Haltungsbedingungen müsste gewährleistet sein (vgl. OVG NRW, B.v. 19.1.2009 – 20 B 1748/08 – juris; vgl. auch VG Karlsruhe, B.v. 5.5.2008 – 11 K 645/08 – juris). Bei Herausgabe wäre zu befürchten, dass die Pferde erneut unter tierschutzwidrigen Bedingungen gehalten würden wie vor der Wegnahme. Unter diesen Vorzeichen steht einer Rückgabe der Pferde der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen (VG Bayreuth, B.v. 11.12.2013 – B 1 E 13.384 – juris; vgl. auch VG Aachen, B.v. 9.3.2009 – 6 L 14/09 – juris).

Ergänzend wird noch angemerkt, ohne dass dies entscheidungserheblich ist, dass bei gegebener Unmöglichkeit der Rückgabe der Pferde an die Antragstellerin allenfalls ein Entschädigungsanspruch wegen enteignungsgleichen Eingriffs bzw. ein Schadensersatzanspruch wegen Amtspflichtverletzung in Erwägung gezogen werden könnte. Solche Ansprüche sind jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern wären gesondert nicht vor den Verwaltungsgerichten, sondern auf dem Zivilrechtsweg vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machen (vgl. Reimer in BeckOK, VwGO, Posser/Wolff, 45. Edition, Stand: 1.1.2018, § 40 VwGO Rn. 151 ff.; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 40 Rn. 61).

Die Klärung der Frage, ob und wenn ja welche Ansprüche der Antragstellerin gegen den Antragsgegner zustehen, muss letztlich dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben.

Im vorliegenden Eilverfahren ist weiter anzumerken, dass auch eine Abwägung der gegenseitigen Interessen vorliegend kein Überwiegen der privaten Interessen der Antragstellerin an der sofortigen Rückgabe der beiden Pferde an sie über die öffentlichen Interessen, namentlich des Tierschutzes, ergibt. Das besondere öffentliche Interesse zeigt sich schon in den Gründen, die zur Anordnung der Wegnahme der Tiere geführt habe (vgl. dazu VG Würzburg, B.v. 7.3.2018 – W 8 S 18.206 – juris; VG Würzburg, U.v. 16.7.2018 – W 8 K 18.205). Die dagegen stehenden möglichen ideellen und wirtschaftlichen Interessen der Antragstellerin müssen zurücktreten. Das öffentliche Interesse an einer art- und verhaltensgerechten Haltung, Pflege und Versorgung der Pferde überwiegt das private Interesse der Antragstellerin an einer sofortigen Rückgabe und an einer uneingeschränkten Ausübung ihres (eventuellen) Eigentums. Demgegenüber hat die Antragstellerin kein triftiges Interesse vorgebracht, dass der Ausgang des Hauptsacheverfahrens nicht abgewartet werden könnte. Die Antragstellerin hat – wie schon ausgeführt – nicht glaubhaft gemacht, dass es ihr möglich ist, die Tiere sofort in tierschutzgemäßer Weise zu versorgen. Selbst emotionale Bindungen rechtfertigen keinen Verstoß gegen tierschutzrechtliche Vorschriften. Nach dem Zweck des Tierschutzgesetzes liegt es im öffentlichen Interesse, Leben und Wohlbefinden der Tiere aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf zu schützen (§ 1 Satz 1 TierSchG). Wer ein Tier hält, muss es seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen (§ 2 Nr. 1 TierSchG). Weiterhin dürfen ihm keine Schmerzen oder vermeidbaren Leiden oder Schäden zugefügt werden. Diese Schutzzwecke stehen angesichts des hohen Stellenwerts, den der Gesetzgeber dem Tierschutz beimisst, nicht zur Disposition. Vorliegend bestehen erhebliche Zweifel, dass bei einer sofortigen Rückgabe der beiden Pferde eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechenden Haltung durch die Antragstellerin allein sichergestellt werden kann, zumal sie mit ihrem Lebensgefährten zusammenlebt, dem die Pferdehaltung ebenso wie die Betreuung der Pferde wegen tierschutzrechtlicher Unzuverlässigkeit untersagt wurde. Die Antragstellerin hat bisher nicht dargetan, wie sie eine tierschutzgerechte Haltung der Pferde bewerkstelligen will. Ebenso hat sie bisher nicht dargelegt – worauf auch das Landratsamt in seiner Antragserwiderung hingewiesen hat – wie vermieden werden soll, dass der mit einem Halte- und Betreuungsverbot belegte Lebensgefährte Zugriff auf die Pferde hat. Hingegen werden die Pferde zurzeit durch den neuen Besitzer tierschutzgerecht gehalten und betreut. Dabei kann und muss es bei Abwägung der wechselseitigen Interessen jedenfalls bis zu einer Entscheidung Hauptsache vorläufig bleiben (vgl. zum Ganzen Schleswig-Holsteinisches VG, B.v. 4.8.2017 – 1 B 104/17 – juris; B.v. 2.12.2013 – 1 B 99/13 – juris; BayVGH, B.v. 21.4.2016 – 9 CS 16.539 – KommunalPraxis BY 2016, 309 – juris; VG München, B.v. 21.10.2009 – M 18 SE 09.3664 – juris; U.v. 29.10.2008 – M 18 K 08.1681 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 3.8.2009 – 11 ME 187/09 – NdsVBl. 2009, 349; VG Aachen, B.v. 9.3.2009 – 6 L 14/09 – juris; OVG NRW, B.v. 12.1.2009 – 20 B 1748/08 – juris).

Nach alledem konnte der Antrag im vorliegenden Eilverfahren keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 52 Abs. 1 und Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 63 Abs. 2 GKG. Abgesehen davon, dass dem Gericht Angaben zum gegenwärtigen Wert der beiden streitgegenständlichen Pferde nicht vorliegen, geht es der Antragstellerin offensichtlich nicht allein um das wirtschaftliche Interesse, sondern auch um ein darüber hinausgehendes ideelles Interesse an den Pferden. Mangels gegenteiliger Anhaltspunkte geht das Gericht daher vom Auffangwert von 5.000,00 EUR aus, der nach Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes üblicherweise zu halbieren ist, so dass ein Streitwert von 2.500,00 EUR festzusetzen war.

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe konnte im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach den obigen Ausführungen nicht stattgegeben werden, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 VwGO, § 114 Satz 1 ZPO).

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