Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 5 S 782/09

Tenor

Die Satzung über die Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg, nördlicher Teil“ der Gemeinde Mönchweiler vom 05. Februar 2009 wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg“ in seinem nördlichen Teil durch die Antragsgegnerin.
Das von der Teilaufhebung betroffene Plangebiet umfasst das ca. 50.000 qm große und bewaldete Flurstück Nr. 1231/19 im Gemeindegebiet der Antragsgegnerin. Es bildet den nördlichen Teil des früheren Betriebsgeländes der mittlerweile insolventen Fa. Z... GmbH, deren Geschäftsbetrieb in der Zwischenzeit an einen Investor veräußert wurde. Der restliche Teil der Betriebsfläche - auf dem südlich angrenzenden Flst. Nr. 1231/20 - ist mit Produktionsanlagen bebaut. Das Flst Nr. 1231/19 befindet sich seit März 2009 im Eigentum der Antragstellerin.
Das Betriebsgelände der Fa. Z... - einschließlich des Flst. Nr. 1231/19 - wurde ursprünglich durch den Bebauungsplan „Hinter dem Mühlweg“ vom 01.04.1981 überplant. Sämtliche Betriebsflächen wurden als Gewerbegebiet ausgewiesen. Mit Änderungsbebauungsplan vom 07.10.1994 änderte die Antragsgegnerin diesen Bebauungsplan dahingehend, dass die zuvor grundsätzlich zulässigen Nutzungen nach § 8 Abs. 3 BauNVO ebenso wie Einkaufszentren unzulässig wurden. Mit weiterem Änderungsbebauungsplan vom 01.09.2005 („Hinter dem Mühlweg, nördlich der Straße am F... Wald (Z...)“) wurden auch die Nutzungen „Speditionen“ und „Lagerhaltung“ ausgeschlossen. In der Planbegründung zu dieser Änderung gab die Antragsgegnerin als Planungsziel die Erhaltung von Flächen des produzierenden Gewerbes, die Sicherung eines möglichst störungs- und gefahrenfreien Verkehrs auf dem Gemeindegebiet sowie den Ausschluss und die Minderung zusätzlicher Verkehrsimmissionen an. Im Jahr 2001 leitete die Antragsgegnerin ein weiteres Änderungsverfahren bezüglich des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg“ ein mit dem Ziel, die Ansiedlung eines am nördlichen Teil des Betriebsgeländes - dem Flst. Nr. 1231/19 - interessierten Investors zu ermöglichen. Das Verfahren wurde nicht weitergeführt; zu der Betriebsansiedlung kam es nicht.
Im Jahre 2005 trat ein ortsansässiges Wirtschaftsunternehmen an die Antragstellerin mit der Bitte heran, ihr für eine geplante Betriebserweiterung Flächen zur Verfügung zu stellen. Daraufhin betrieb die Antragsgegnerin das Bebauungsplanverfahren „Egert III“. Da die vorgesehene Erweiterungsfläche im maßgeblichen Flächennutzungsplan 1994-2009 der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen aber als Waldfläche ausgewiesen war und eine Umwandlung dieser Fläche in eine Gewerbefläche nach Einschätzung der Antragsgegnerin nur flächenneutral, d.h. unter entsprechender Umwandlung bisheriger Gewerbeflächen in Waldflächen in Frage kam, beantragte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 14.11.2005 bei der Stadt Villingen-Schwenningen eine entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans. Gleichzeitig bot sie das Flst. Nr. 1231/19 als „Tauschfläche“ an.
Am 09.02.2006 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin, bezogen auf das Flst. Nr. 1231/19 ein Verfahren zur Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg, nördlicher Teil‘ einzuleiten und zugleich eine Bürgerbeteiligung in Form einer Informationsveranstaltung durchzuführen. In der Begründung zu diesem Beschluss heißt es, mit Blick auf eine geplante Betriebsverlegung/Erweiterung in dem bestehenden Gewerbegebiet Egert, Ostseite der Waldstraße, für die Waldflächen benötigt würden, sei es erforderlich, auf der gegenüberliegenden Westseite der Waldstraße (…) einen Teilbereich der Gewerbefläche in Waldfläche umzuwandeln. Nach dem Flächennutzungsplan 2009 müsse für die Umwandlung in Gewerbefläche ein Flächentausch in Anrechnung gebracht werden. Der Beschluss über die geplante Teilaufhebung wurde am 23.03.2006 im Amtsblatt der Antragsgegnerin öffentlich bekannt gemacht. Die Bürgerbeteiligung fand am 30.03.2006 statt. Mit Schriftsatz vom 25.04.2006 erhob die Antragstellerin gegen die Planung Einwendungen.
Im Anschluss daran ruhte das Verfahren zunächst. Am 29.04.2008 billigte der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Entwurf der geplanten Teilaufhebung des Bebauungsplanes „Hinter dem Mühlweg, nördlicher Teil“ und beschloss, die Planunterlagen öffentlich auszulegen. Die öffentliche Auslegung wurde im Amtsblatt der Antragsgegnerin vom 12.06.2008 bekannt gemacht. In der Zeit vom 23.06.2008 bis einschließlich 25.07.2008 lagen der Entwurf der Aufhebungssatzung und des Übersichtsplans samt Planbegründung und Umweltprüfung im Bürgermeisteramt der Antragsgegnerin aus. Der Antragstellerin wurden die genannten Unterlagen übersandt; mit Schreiben vom 24.07.2008 erhob sie gegen die Planung Einwendungen und machte im wesentlichen geltend, die Planung führe zu wirtschaftlichen Nachteilen bei der baulichen Ausnutzbarkeit ihres Grundstücks, die nicht hingenommen werden müssten. Die Träger öffentlicher Belange wurden ebenfalls beteiligt. Von diesen wurden keine Einwendungen vorgebracht.
In seiner Sitzung am 05.02.2009 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin den Satzungsentwurf über die Bebauungsplanteilaufhebung „Hinter dem Mühlweg, nördlicher Teil“ in der ausgelegten Fassung als Satzung und wies die hiergegen erhobenen Einwendungen der Antragstellerin zurück.
Der Satzungsbeschluss wurde am 18.02.2009 in dem Amtsblatt der Antragsgegnerin öffentlich bekannt gemacht. Mit der öffentlichen Bekanntmachung trat die Satzung in Kraft.
Am 30.03.2009 hat die Antragstellerin das Normenkontrollverfahren eingeleitet. Zur Begründung führt sie aus: Der Bebauungsplan sei bereits unzulänglich begründet. Den ausgelegten Unterlagen sei zu entnehmen gewesen, dass sich die Gemeinde zur (Teil-)Aufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlbach“ in seinem nördlichen Teil im Hinblick auf die Schaffung weiterer Gewerbeflächen im Gewerbegebiet Egert und die dafür erforderliche Umwandlung von Waldflächen gezwungen gesehen habe. Die ausgelegte Begründung genüge den gesetzlichen Anforderungen nicht. Bei einem Bebauungsplan, dessen einziger Inhalt darin bestehe, eine Einzelfestsetzung zu treffen, dürfe sich die Begründung nicht darin erschöpfen, dass einer geplanten Darstellung des Flächennutzungsplans Rechnung getragen werden müsse. Aus der Begründung werde weder ersichtlich, welchen planungsrechtlichen Zwecken die (Teil-)Aufhebung diene, noch, warum und wozu diese erforderlich sei. Die vorhandenen Aussagen seien - insbesondere bei Betrachtung der Dokumente zum Bebauungsplanverfahren „Egert III“ - widersprüchlich. Aus demselben Grund fehle eine Begründung auch hinsichtlich der städtebaulichen Erforderlichkeit der Planung. Die fehlerhafte Begründung sei hier auch i.S.v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 BauGB relevant. Denn sie sei nicht nur unvollständig, sondern fehle insgesamt. Dem Fall vollständigen Fehlens sei der hier vorliegende Fall gleichzustellen, dass die Begründung keine relevanten Informationen enthalte. Der Mangel sei offensichtlich und auf das Abwägungsergebnis auch von Einfluss gewesen, denn es liege nahe, dass im Rahmen der Bürger- und Behördenbeteiligung weitere Einwendungen erhoben worden wären, wenn eine ordnungsgemäße Begründung vorgelegen hätte. Zudem lägen auch Abwägungsmängel vor. Die Gemeinde habe fälschlich angenommen, dass die Forderung der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen zum Flächenausgleich sowohl hinsichtlich des Zieles - einer flächenneutralen Gewerbegebietsausweisung - als auch hinsichtlich der konkreten Heranziehung des Flurstücks Nr. 1231/19 rechtsverbindlich sei. Die Verwaltungsgemeinschaft habe zu keinem Zeitpunkt gefordert, den Bebauungsplan „Hinter dem Mühlweg“ aufzuheben, damit eine Neuausweisung von Gewerbeflächen im Plangebiet „Egert III“ erfolgen könne. Vielmehr habe von vornherein die Antragsgegnerin den „Flächentausch“ beantragt. Ihres Auswahlermessens hierbei sei sie sich aber gar nicht bewusst gewesen. Planalternativen seien nicht erwogen worden, insbesondere sei bei der Heranziehung des Flurstücks Nr. 1231/19 gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen worden. Denn die Antragsgegnerin habe in ihre Überlegungen nicht alle derzeit ungenutzten Gewerbegebietsflächen auf dem Gemeindegebiet einbezogen. Es werde auch bestritten, dass die streitgegenständliche Teilaufhebung nach den inhaltlichen Vorgaben des Verteilungsmodells, das die Verwaltungsgemeinschaft im Rahmen des Flächennutzungsplans anwende, erforderlich sei. So sei dem Antrag der Mitgliedsgemeinde D... auf Ausweisung weiterer Gewerbeflächen mit dem lapidaren Hinweis entsprochen worden, dass „das Verteilungsmodell durch die vorliegende Umplanung nicht in Frage gestellt“ werde. Schließlich ließen die Erwägungen der Antragsgegnerin auch eine Fehlgewichtung erkennen. Ausweislich der Planbegründung habe die Gemeinde finanziellen Aspekten eine hohe Bedeutung zugemessen und insbesondere die Frage des Nichtbestehens von Entschädigungspflichten nach § 42 BauGB als tragenden Gesichtspunkt in die Abwägung eingestellt. Diese hohe Wertigkeit lasse sie aber gegenüber den Interessen der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzbarkeit ihrer Grundstücke nicht gelten. Diese seien vielmehr als „nicht relevant“ angesehen worden. Ohne sachliche Rechtfertigung bewerte die Antragsgegnerin ihre eigenen finanziellen Interessen vielmehr höher als die der Antragstellerin. Der Gemeinde sei aber bewusst gewesen, dass innerhalb der letzten Jahre immer wieder Verkaufsgespräche hinsichtlich der planbetroffenen Fläche geführt worden seien. Nicht zuletzt sie selbst sei am Erwerb der Fläche interessiert gewesen. Die Gemeinde habe deshalb - trotz Verstreichens der Frist des § 42 BauGB - nicht davon ausgehen dürfen, dass von vorhandenen Baumöglichkeiten auf dem Grundstück kein Gebrauch gemacht worden sei, weil hieran kein Interesse bestanden habe. Dieses Interesse bestehe vielmehr unverändert fort. Die vorliegenden Abwägungsfehler seien auch ergebnisrelevant, denn die Gemeinde habe während des Verfahrens selbst geäußert, dass man sich der planerischen Schwierigkeiten bewusst sei, die durch die Aufgabe des bestehenden Baurechts einerseits und die Ausweisung neuer Gewerbeflächen durch Eingriff in bestehende Waldflächen andererseits entstünden. Zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts müssten sämtliche Gemeinderatsprotokolle beigezogen werden, in denen die Thematik „Bebauungsplan Hinter dem Mühlweg, nördlicher Teil“ in nichtöffentlicher Sitzung - insbesondere im Januar 2009 - behandelt worden sei, außerdem das von der Antragsgegnerin beauftragte Rechtsgutachten der Kanzlei Sparwasser und Heilshorn, das zur Klärung der Frage beitragen könne, aus welcher Motivation heraus die Antragsgegnerin die bauplanungsrechtliche Aufhebung der streitgegenständlichen Fläche betrieben habe.
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Die Antragstellerin beantragt,
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die Satzung der Antragsgegnerin vom 18.02.2009 über die Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg, nördlicher Teil“ für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Sie führt zur Begründung aus, die Abwägung sei fehlerfrei erfolgt. Die Gründe für die (Teil-)Aufhebung ergäben sich im Einzelnen aus der Begründung des Bebauungsplans. Hierzu seien weitere Erläuterungen nicht erforderlich. Protokolle über nichtöffentliche Sitzungen, die sich mit der Thematik „Bebauungsplan Hinter dem Mühlweg III, nördlicher Teil“ befassten, hätten nicht aufgefunden werden können. Das von der Antragstellerin erwähnte Rechtsgutachten werde nicht vorgelegt. Die Antwort auf die Frage, welche Motivation für die Gemeinde entscheidend gewesen sei, ergebe sich aus der Verfahrensakte und der Begründung des Bebauungsplans.
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Dem Gericht haben die Planungsakten der Antragsgegnerin und die Flächennutzungsplanakten der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen vorgelegen. Auf diese Akten, die Gerichtsakten und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
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Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
I.
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Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, ist im vorliegenden Verfahren nach § 61 Nr. 2 VwGO i.V.m. §§ 161 Absätze 1 und 2, 124 Abs. 1 HGB beteiligungsfähig.
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Der Antrag ist fristgerecht innerhalb der Jahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (in der hier geltenden aktuellen Fassung) gestellt worden. Da sämtliche im Antragsverfahren erhobenen Einwendungen - jedenfalls was die maßgeblichen Tatsachen betrifft - fristgerecht bereits im Rahmen des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens nach dem BauGB vorgetragen wurden, steht auch § 47 Abs. 2a VwGO der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen.
19 
Die Antragstellerin ist ferner antragsbefugt i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Antragsbefugnis ist regelmäßig gegeben, wenn sich - wie hier - der Eigentümer eines Grundstücks, das im Plangebiet liegt, gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft und damit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Inhalt des Grundeigentums bestimmt (BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732; Beschl. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972).
II.
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Der mithin zulässige Normenkontrollantrag ist auch begründet. Zwar liegt der gerügte Begründungsmangel nicht vor (1.); auch ist der Bebauungsplan unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB nicht zu beanstanden (3.), jedoch sind der Antragsgegnerin Bewertungsfehler i.S.v. § 2 Abs. 3 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unterlaufen (2.), die zur Aufhebung des gesamten Bebauungsplans führen.
21 
Nach § 1 Abs. 8 BauGB gelten die Vorschriften des BauGB über die Aufstellung von Bauleitplänen auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung. Hiervon umfasst ist auch der vorliegende Fall der ersatzlosen (Teil-)Aufhe-bung.
22 
1. Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin, dass die nach § 3 Abs. 2 BauGB ausgelegte Begründung zur Teilaufhebung des Bebauungsplans den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge. Der damit bezeichnete mögliche Mangel ist nicht bereits nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden. Denn die Antragstellerin hat ihn mit ihrer Antragsbegründung vom 12.06.2009 innerhalb der in § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Jahresfrist - gerechnet ab der Bekanntmachung am 18.02.2009 - gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Die Rüge kann auch noch im Rahmen des Normenkontrollverfahrens über den betroffenen Bebauungsplan erhoben werden, sofern der Schriftsatz noch vor Fristablauf der Gemeinde zugeht und darin der den Mangel begründende Sachverhalt dargelegt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.07.2008 - 3 S 2772/06 - VBlBW 2009, 186 ff). Dies ist hier der Fall.
23 
Der Begründungsmangel liegt aber in der Sache nicht vor. Die Anforderungen an die Begründung des Planentwurfs, die nach § 3 Abs. 2 BauGB zusammen mit dem Planentwurf selbst auszulegen ist, sind § 2a BauGB zu entnehmen. Danach sind in der Begründung die „Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans“ sowie in dem Umweltbericht - als gesondertem Teil der Begründung - die Belange des Umweltschutzes darzustellen. Entscheidend ist, dass aus der Begründung die Kernpunkte der Planung hervorgehen, so dass sie ihrer Funktion gerecht werden kann, die Erstellung sachgerechter Stellungnahmen Betroffener zu ermöglichen (Rechtsschutzfunktion und Unterrichtungsfunktion der Begründungspflicht, BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 - 4 C 50.74 -; Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300; BVerwG, Urt. v. 30.06.1990 - 4 C 15.86 -, NVwZ 1990, 364 = juris Rdnr. 25). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
24 
Die in der Zeit vom 23.06.2008 bis 25.07.2008 ausgelegte Planbegründung enthält eine hinreichende Darstellung des Planungsziels (Schaffung von Gewerbeflächen im Gewerbegebiet Egert bei gleichzeitiger Notwendigkeit einer diesbezüglichen Änderung des Flächennutzungsplanes). In der Begründung ist erkennbar, dass dieses Ziel durch die Aufhebung der Gewerbefläche auf dem Grundstück Flst.Nr. 1231/19 erreicht werden soll. Die wesentlichen Auswirkungen des Bebauungsplans (Verlust der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks, Verletzung von Eigentümerrechten, mögliche Entschädigungspflicht nach § 42 BauGB) sind ebenfalls dargestellt. Auch die Umweltprüfung, die zu dem Ergebnis kam, dass durch die Planung keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten seien, war Bestandteil der ausgelegten Unterlagen.
25 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob die von der planenden Gemeinde in der Begründung dargestellten Erwägungen letztlich rechtsfehlerfrei sind und einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Es kann entgegen ihrem Vorbringen auch keine Rede davon sein, dass eine Begründung hier deshalb nicht vorliegt, weil sich ihr Inhalt in der Wiedergabe floskelhafter Leerformeln erschöpfte, etwa weil der Beschreibung des Planinhalts keinerlei Informationswert zukäme (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1990 - 4 C 15.86 -, NVwZ 1990, 364 = juris Rdnr. 25; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1983 - 5 S 962/83 - NVwZ 1984, 529). Der Darstellung der Antragsgegnerin sind - wenn auch in geraffter Form - vielmehr die maßgeblichen Informationen über Ziel und Zweck des Bebauungsplans zu entnehmen.
26 
Sonstige Verfahrensmängel bei der Planaufstellung, der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit oder im Offenlegungsverfahren hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Einer näheren Prüfung bedarf es nicht, da solche Fehler jedenfalls unbeachtlich geworden sind. Denn die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB, innerhalb derer solche Fehler hätten geltend gemacht werden müssen, ist mittlerweile abgelaufen. Die einjährige Rügefrist wurde mit der öffentlichen Bekanntmachung am 18.02.2009 wirksam in Lauf gesetzt. Auf die Pflicht zur Geltendmachung von Mängeln und die daran geknüpften Rechtsfolgen wurde in der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 18.02.2009 ordnungsgemäß hingewiesen (vgl. § 215 Abs. 2 BauGB).
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2 a) Es liegt jedoch ein Bewertungsfehler i.S.v. §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.
28 
Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Aufgrund des durch das EAG Bau vollzogenen „Wechsels vom materiellrechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens“ stehen insofern keine (materiellen) Mängel des Abwägungsvorgangs mehr in Rede (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Ob dies auch für den Abwägungsausfall gilt oder nicht, kann vorliegend dahingestellt bleiben, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Aus den „Abwägungsvorschlägen“ der Verwaltung, die Gegenstand der Gemeinderatssitzung vom 05.02.2009 waren und die sich der Gemeinderat in der Sache zu eigen gemacht hat, wird ersichtlich, dass eine Abwägung als solche vorgenommen wurde.
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Im Übrigen erfordert § 1 Abs. 7 BauGB bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG Urt. v. 15.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) im vorliegenden Zusammenhang darauf zu beschränken, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr. vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.03.2009 - 5 S 1251/08 -; Urt. v. 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, juris, m.w.N.). Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
30 
Hier ist das Eigentumsgrundrecht der Antragstellerin in die Abwägung nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht eingestellt worden. Die Antragsgegnerin hat das Eigentümerinteresse der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzbarkeit ihres Grundstücks zwar erkannt, dessen Bewertung aber maßgeblich damit begründet, dass sich „auf den fraglichen Flächen“ keine baulichen Anlagen befänden, die Betriebsgebäude vielmehr südlich des Plangebiets vorhanden und betriebliche Interessen damit nicht betroffen seien. Diese Erwägung blendet das selbständige Interesse der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzung und Verwertung des Flurstücks Nr. 1231/19 aus. Der weitere Hinweis in der Abwägungsentscheidung darauf, dass der Grundstückseigentümer von den vorhandenen Baumöglichkeiten nicht innerhalb der Siebenjahresfrist des § 42 BauGB Gebrauch gemacht habe, vermag zwar zu begründen, weshalb die Aufhebung der zulässigen Nutzung im Falle der Antragstellerin nicht zu einer Entschädigungspflicht führt (§ 42 Abs. 3 BauGB gewährt nach Ablauf einer Siebenjahresfrist nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung). Das unabhängig vom Ablauf der Siebenjahresfrist bestehende Interesse der Antragstellerin an einer Verwertung des Grundstücks als Gewerbefläche wird damit aber nicht erschöpfend erfasst. Die Verkennung der Nutzungsinteressen der Antragstellerin ergibt sich deutlich daraus, dass die Antragsgegnerin aus der gesetzlichen Wertung der fehlenden Entschädigungspflicht im Fall des § 42 Abs. 3 BauGB den Schluss gezogen hat, das „Interesse des Eigentümers an einer baulichen Ausnutzbarkeit oder wirtschaftlichen Verwertung der Grundstücke“ sei “letztlich“ nicht mehr entscheidend (GR-Drs Nr. 06/2009, unter II. Mitte). In der Begründung des Bebauungsplans ist sogar davon die Rede, das Interesse der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzbarkeit der Grundstücke sei wegen des Ablaufs der Siebenjahresfrist des § 42 BauGB „nicht mehr von Relevanz“.
31 
b) Ein sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB) liegt ferner darin, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei seinen Überlegungen am 05.02.2009 die Notwendigkeit einer umfassenden Abwägungsentscheidung verkannt und infolgedessen den Umfang der von ihm in den Blick zu nehmenden Abwägungsgesichtspunkte verkürzt hat. Er ist ausweislich der Abwägungsvorschläge der Verwaltung, die er sich zu eigen gemacht hat (Gemeinderatsdrucksache 06/2009 unter I. unten und unter II. Mitte), ersichtlich davon ausgegangen, dass er in Verfolgung seines Zieles, im Gebiet „Egert III“ weitere Gewerbeflächen auszuweisen, gar keine andere Wahl habe als die Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg“ zu beschließen, weil die Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen nur in diesem Fall einer Ausweisung weiterer Gewerbeflächen zustimme.
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Die angenommene Bindung bestand jedoch nicht. Der Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen folgt einem sog. „Verteilungsmodell“, d.h. aus den Prognosen der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und des Wanderungsgewinns wurde der Bedarf an Wohnbauflächen und Gewerbebauflächen ermittelt und dann auf die einzelnen Orte innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft - u.a. die Antragsgegnerin - verteilt. Die Flächen sind jedoch nicht parzellenscharf dargestellt, um die „präzise Abgrenzung der Nutzungsflächen der detaillierten Untersuchung im Bebauungsplan überlassen zu können“ (FNP 1994-2009, S. 41, Ast.-Anlage A 2). Auch das Verteilungsmodell seinerseits beruht ausdrücklich auf der Annahme, dass der „Gewerbeflächenbedarf in besonderem Maße von einer Reihe ungenau bestimmbarer Faktoren abhängig ist“, weshalb „im Einzelfall eine Ausnahme von der Regel des Verteilungsmodells“ denkbar ist, sofern dies nicht zu Disparitäten zwischen den einzelnen Mitgliedsgemeinden führt (FNP-Akte, Bl. 000857). Daher war es der Antragsgegnerin nicht von vornherein verwehrt, im Einzelfall auch eine zusätzliche Gewerbefläche - ohne Notwendigkeit eines entsprechenden „Flächentauschs“ mit bereits bestehenden Gewerbeflächen - zu schaffen. Hierfür spricht auch die Begründung der Änderung des Flächen-nutzungsplans zu dem „Änderungspunkt Nr. 8.05 a + b des FNP 2009“, die von der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Grundstück mit Schreiben vom 14.11.2005 beantragt wurde. Dort heißt es: „Die Gemeinde ist sich der planerischen Schwierigkeiten bewusst, durch Aufgabe eines bestehenden Baurechts und Eingriff in eine bestehende Waldfläche eine neue Gewerbefläche auszuweisen. Sie sieht jedoch derzeit keine realistische Alternative zu dieser Planung“. Bei dieser Sachlage ist offensichtlich, dass die Antragsgegnerin mit Blick auf die Festlegungen des Flächen-nutzungsplans keineswegs nur die Wahl hatte, entweder auf eine Neuausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet „Egert“ zu verzichten oder aber eine flächengleiche Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlbach, nördlicher Teil“ vorzunehmen. Ganz im Gegenteil hielt sie selbst eine Änderung des Flächennutzungsplans für erforderlich und stellte mit Blick auf diese Einschätzung bei der Verwaltungsgemeinschaft einen entsprechenden Antrag. Nach den vorliegenden Verfahrensakten muss davon ausgegangen werden, dass sie sich selbst offenbar von vornherein auf eine Anrechnung (gerade) des Flurstücks Nr. 1231/19 auf den ihr nach dem Flächennutzungsplan zustehenden Gewerbeflächenanteil festgelegt hatte. Dass die Aufgabe der Gewerbefläche auf dem Flurstück Nr. 1231/19 aus Sicht des Flächennutzungsplans nicht Bedingung für die Erweiterung im Bereich „Egert III“ war, ergibt sich bestätigend auch aus dem Schreiben der Stadt Villingen-Schwenningen an die Antragsgegnerin vom 01.10.2009 (Ast.-Anlage A 14). Dort ist davon die Rede, dass die Antragsgegnerin mit einer Umwandlung des Flurstücks Nr. 1231/19 in eine Waldfläche letztendlich die Erteilung einer Waldumwandlungserklärung für die Erweiterungsfläche im Bereich „Egert III“ erwirken wollte. Erwägungen solcher Art haben jedoch in den Verfahrensakten - und hier insbesondere in den Abwägungsüberlegungen des Gemeinderats am 05.02.2009 und in der Begründung des Bebauungsplans - keinen Niederschlag gefunden.
33 
Der Gemeinderat war sich im Zeitpunkt seiner Abwägungsentscheidung auch in rechtlicher Hinsicht der Tatsache nicht bewusst, dass die Darstellungen im Flächennutzungsplan keine die Bauleitplanung strikt bindenden Vorgaben enthalten, die rechtssatzmäßig umzusetzen sind (vgl. Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB § 8 Rdnr. 5). Infolgedessen war der Antragsgegnerin bei der Abwägung nicht klar, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht parzellenscharf gerade mit Blick auf das Flurstück Nr. 1231/19 umzusetzen waren und - allerdings im Rahmen der Grundkonzeption des Flächen-nutzungsplans - eine abweichende Festsetzung im Bebauungsplan möglich ist (BVerwG, Urt. v. 28.02.1975 - 4 C 74.72 - BVerwGE 48, 70; Urt. v. 26.01.1979 - 4 C 65.76 -, BauR 1979, 206; Urt. v. 26.02.1999 - 4 CN 6.98 -, ZfBR 1999, 223, juris Rdnr. 16f; B. v. 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, DVBl. 2007, 634, juris Rdnr. 7 ). Eine abweichende Festsetzung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es - wie hier in Bezug auf die Erweiterung der Gewerbeflächen im Gebiet Egert III - um eine in Bezug auf das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin relativ kleine Randfläche geht, die einem bereits bestehenden Gewerbegebiet zugeschlagen werden soll.
34 
Bei dem genannten Bewertungsfehler handelt es sich um einen „wesentlichen Punkt“ i.S.d. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, denn er war in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899ff). Der Bewertungsfehler und der sonstige Fehler im Abwägungsvorgang sind auch i.S.v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 214 Abs. 3 Satz 2, zweiter Halbsatz BauGB „offensichtlich“. Dieses Tatbestandsmerkmal ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt (BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 38).
35 
Die genannten Fehler waren auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 214 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz BauGB). Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. v. 09.04.2008, a.a.O., m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht hier ohne weiteres. Die Antragsgegnerin ist schon bei der Planung - wie der Auszug aus dem Beschlussbuch des Gemeinderates über die öffentliche Sitzung vom 29.04.2008 zeigt - davon ausgegangen, dass bezüglich der Teilaufhebung ein gewisses rechtliches Risiko besteht, hat dieses aber letztlich als hinnehmbar angesehen. Mit Blick darauf erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinderat die Abwägung in (voller) Kenntnis der dargestellten Abwägungsfehler auch im Ergebnis anders vorgenommen hätte, z.B. durch Verzicht auf einen „Eintausch“ des Flurstücks Nr. 1231/19 gegen neue Gewerbeflächen im Plangebiet „Egert III“ oder durch Prüfung und Einbeziehung anderer Gewerbeflächen als des Flurstücks Nr. 1231/19.
36 
Die mithin beachtlichen Fehler sind hier nicht aufgrund 215 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Denn sie wurden innerhalb der Jahresfrist mit der Antragsbegründung vom 12.09.2009 gegenüber der Gemeinde geltend gemacht (s.o.).
37 
3. Ohne dass es noch weiter darauf ankommt, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass es hinsichtlich der beschlossenen Teilaufhebung des Bebauungsplans nicht an der Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB fehlt. Im Rahmen der Erforderlichkeit genügt es zunächst, wenn die Gemeinde für ihre Planung hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 1). Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1964 - 1 C 30.62 -, BVerwGE 18, 247/252; Urt. v. 07.05.1971 - 4 C 76.68 -, DVBl. 1971, 759; Beschl. v. 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urt. v. 25.11.1999 - 4 CN 17.98 -, ZfBR 2000, 191 = PBauE § 17 BauNVO Nr. 8). Das gilt auch für Gebiete, die bereits bebaut sind oder in anderer Weise konkret genutzt werden. Eine Gemeinde kann dort den bereits entstandenen städtebaulichen Zustand rechtlich festschreiben (BVerwG, Beschl. v. 16.01.1996 - 4 NB 1.96 -, NVwZ-RR 1997, 83) oder umgestalten, soweit ihre städtebaulichen Ziele sowie entsprechend gewichtige, gegen die Erhaltung der vorgefundenen Verhältnisse sprechende Belange dies rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.02.1997 - 4 B 16.97 -, NVwZ-RR 1997, 512; Beschl. v. 06.06.1997 - 4 NB 6.97 -, NVwZ-RR 1998, 415 = PBauE § 10 BauGB Nr. 16).
38 
Die Antragsgegnerin bezweckt hier mit der Planung, auf dem faktisch nicht gewerblich genutzten und zu einer Waldfläche gewordenen Flurstück Nr. 1231/19 zukünftig keine gewerbliche Nutzung mehr zuzulassen und stattdessen eine Gewerbefläche in dem außerhalb des Plangebietes liegenden Bereich „Egert“ zu schaffen, wo sie von einem standortgebundenen Betrieb konkret benötigt wird. Es unterliegt keinem Zweifel, dass es sich hierbei um ein zulässiges städtebauliches Planungsziel handelt. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass dieses Ziel durch eine reine Negativplanung in Bezug auf das hier in Rede stehende Plangebiet erreicht werden soll. Denn eine Negativplanung verfehlt das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ nicht schon von vornherein, sondern nur dann, wenn sie allein dem Zweck dient, eine (andere) Nutzung zu verhindern, ohne dass der Ausschluss der Nutzung städtebaulich begründet ist, oder wenn die für die Negativplanung sprechenden städtebaulichen Ziele nicht gewollt, sondern nur vorgeschoben sind, um eine bestimmte Nutzung zu verhindern (BVerwG, Beschl. v. 07.02.1986 - NVwZ 1986, 556; Beschl. v. 27.01.1999 - 4 B 129.98 -, ZfBR 1999, 159, Beschl. v. 25.11.2003 - NVwZ 2004, 477). Anhaltpunkte dafür, dass es der Antragsgegnerin in der Sache ausschließlich und gezielt darum ginge, die Nutzbarkeit des Flurstücks Nr. 1231/19 zu verhindern, vermag der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr ist auch die Aufhebung der Gewerbenutzung im Plangebiet letztlich durch städtebauliche Erwägungen begründet.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
41 
Beschluss vom 18. November 2010
42 
Der Streitwert für das Verfahren wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung auf 15.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1. des Streitwertkatalogs 2004).

Gründe

 
16 
Der Normenkontrollantrag hat Erfolg.
I.
17 
Er ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Die Antragstellerin, eine GmbH & Co. KG, ist im vorliegenden Verfahren nach § 61 Nr. 2 VwGO i.V.m. §§ 161 Absätze 1 und 2, 124 Abs. 1 HGB beteiligungsfähig.
18 
Der Antrag ist fristgerecht innerhalb der Jahresfrist nach § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO (in der hier geltenden aktuellen Fassung) gestellt worden. Da sämtliche im Antragsverfahren erhobenen Einwendungen - jedenfalls was die maßgeblichen Tatsachen betrifft - fristgerecht bereits im Rahmen des Öffentlichkeitsbeteiligungsverfahrens nach dem BauGB vorgetragen wurden, steht auch § 47 Abs. 2a VwGO der Zulässigkeit des Antrags nicht entgegen.
19 
Die Antragstellerin ist ferner antragsbefugt i.S.v. § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO. Die Antragsbefugnis ist regelmäßig gegeben, wenn sich - wie hier - der Eigentümer eines Grundstücks, das im Plangebiet liegt, gegen eine bauplanerische Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft und damit im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG den Inhalt des Grundeigentums bestimmt (BVerwG, Urt. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 -, NVwZ 1998, 732; Beschl. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972).
II.
20 
Der mithin zulässige Normenkontrollantrag ist auch begründet. Zwar liegt der gerügte Begründungsmangel nicht vor (1.); auch ist der Bebauungsplan unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB nicht zu beanstanden (3.), jedoch sind der Antragsgegnerin Bewertungsfehler i.S.v. § 2 Abs. 3 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unterlaufen (2.), die zur Aufhebung des gesamten Bebauungsplans führen.
21 
Nach § 1 Abs. 8 BauGB gelten die Vorschriften des BauGB über die Aufstellung von Bauleitplänen auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung. Hiervon umfasst ist auch der vorliegende Fall der ersatzlosen (Teil-)Aufhe-bung.
22 
1. Ohne Erfolg beanstandet die Antragstellerin, dass die nach § 3 Abs. 2 BauGB ausgelegte Begründung zur Teilaufhebung des Bebauungsplans den gesetzlichen Anforderungen nicht genüge. Der damit bezeichnete mögliche Mangel ist nicht bereits nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BauGB unbeachtlich geworden. Denn die Antragstellerin hat ihn mit ihrer Antragsbegründung vom 12.06.2009 innerhalb der in § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB genannten Jahresfrist - gerechnet ab der Bekanntmachung am 18.02.2009 - gegenüber der Gemeinde geltend gemacht. Die Rüge kann auch noch im Rahmen des Normenkontrollverfahrens über den betroffenen Bebauungsplan erhoben werden, sofern der Schriftsatz noch vor Fristablauf der Gemeinde zugeht und darin der den Mangel begründende Sachverhalt dargelegt wird (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 15.07.2008 - 3 S 2772/06 - VBlBW 2009, 186 ff). Dies ist hier der Fall.
23 
Der Begründungsmangel liegt aber in der Sache nicht vor. Die Anforderungen an die Begründung des Planentwurfs, die nach § 3 Abs. 2 BauGB zusammen mit dem Planentwurf selbst auszulegen ist, sind § 2a BauGB zu entnehmen. Danach sind in der Begründung die „Ziele, Zwecke und wesentlichen Auswirkungen des Bauleitplans“ sowie in dem Umweltbericht - als gesondertem Teil der Begründung - die Belange des Umweltschutzes darzustellen. Entscheidend ist, dass aus der Begründung die Kernpunkte der Planung hervorgehen, so dass sie ihrer Funktion gerecht werden kann, die Erstellung sachgerechter Stellungnahmen Betroffener zu ermöglichen (Rechtsschutzfunktion und Unterrichtungsfunktion der Begründungspflicht, BVerwG, Urt. v. 05.07.1974 - 4 C 50.74 -; Urt. v. 22.05.1987 - 4 C 57.84 -, BVerwGE 77, 300; BVerwG, Urt. v. 30.06.1990 - 4 C 15.86 -, NVwZ 1990, 364 = juris Rdnr. 25). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
24 
Die in der Zeit vom 23.06.2008 bis 25.07.2008 ausgelegte Planbegründung enthält eine hinreichende Darstellung des Planungsziels (Schaffung von Gewerbeflächen im Gewerbegebiet Egert bei gleichzeitiger Notwendigkeit einer diesbezüglichen Änderung des Flächennutzungsplanes). In der Begründung ist erkennbar, dass dieses Ziel durch die Aufhebung der Gewerbefläche auf dem Grundstück Flst.Nr. 1231/19 erreicht werden soll. Die wesentlichen Auswirkungen des Bebauungsplans (Verlust der baulichen Ausnutzbarkeit des Grundstücks, Verletzung von Eigentümerrechten, mögliche Entschädigungspflicht nach § 42 BauGB) sind ebenfalls dargestellt. Auch die Umweltprüfung, die zu dem Ergebnis kam, dass durch die Planung keine erheblichen Umweltauswirkungen zu erwarten seien, war Bestandteil der ausgelegten Unterlagen.
25 
Entgegen der Auffassung der Antragstellerin kommt es im vorliegenden Zusammenhang nicht entscheidend darauf an, ob die von der planenden Gemeinde in der Begründung dargestellten Erwägungen letztlich rechtsfehlerfrei sind und einer rechtlichen Überprüfung standhalten. Es kann entgegen ihrem Vorbringen auch keine Rede davon sein, dass eine Begründung hier deshalb nicht vorliegt, weil sich ihr Inhalt in der Wiedergabe floskelhafter Leerformeln erschöpfte, etwa weil der Beschreibung des Planinhalts keinerlei Informationswert zukäme (vgl. BVerwG, Urt. v. 30.06.1990 - 4 C 15.86 -, NVwZ 1990, 364 = juris Rdnr. 25; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 29.11.1983 - 5 S 962/83 - NVwZ 1984, 529). Der Darstellung der Antragsgegnerin sind - wenn auch in geraffter Form - vielmehr die maßgeblichen Informationen über Ziel und Zweck des Bebauungsplans zu entnehmen.
26 
Sonstige Verfahrensmängel bei der Planaufstellung, der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit oder im Offenlegungsverfahren hat die Antragstellerin nicht geltend gemacht. Einer näheren Prüfung bedarf es nicht, da solche Fehler jedenfalls unbeachtlich geworden sind. Denn die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 Satz 1 BauGB, innerhalb derer solche Fehler hätten geltend gemacht werden müssen, ist mittlerweile abgelaufen. Die einjährige Rügefrist wurde mit der öffentlichen Bekanntmachung am 18.02.2009 wirksam in Lauf gesetzt. Auf die Pflicht zur Geltendmachung von Mängeln und die daran geknüpften Rechtsfolgen wurde in der öffentlichen Bekanntmachung des Satzungsbeschlusses am 18.02.2009 ordnungsgemäß hingewiesen (vgl. § 215 Abs. 2 BauGB).
27 
2 a) Es liegt jedoch ein Bewertungsfehler i.S.v. §§ 2 Abs. 3, 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB vor.
28 
Nach § 2 Abs. 3 BauGB sind bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange, die für die Abwägung von Bedeutung sind (Abwägungsmaterial), zu ermitteln und zu bewerten. Aufgrund des durch das EAG Bau vollzogenen „Wechsels vom materiellrechtlichen Abwägungsvorgang zu den verfahrensrechtlichen Elementen des Ermittelns und Bewertens“ stehen insofern keine (materiellen) Mängel des Abwägungsvorgangs mehr in Rede (vgl. § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Ob dies auch für den Abwägungsausfall gilt oder nicht, kann vorliegend dahingestellt bleiben, denn ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Aus den „Abwägungsvorschlägen“ der Verwaltung, die Gegenstand der Gemeinderatssitzung vom 05.02.2009 waren und die sich der Gemeinderat in der Sache zu eigen gemacht hat, wird ersichtlich, dass eine Abwägung als solche vorgenommen wurde.
29 
Im Übrigen erfordert § 1 Abs. 7 BauGB bei der Aufstellung eines Bebauungsplans die gerechte Abwägung der öffentlichen und privaten Belange gegen- und untereinander. Die gerichtliche Kontrolle dieser von der Gemeinde vorzunehmenden Abwägung hat sich nach ständiger Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG Urt. v. 15.07.1974 - 4 C 50.72 -, BVerwGE 45, 309) im vorliegenden Zusammenhang darauf zu beschränken, ob in die Abwägung an Belangen eingestellt worden ist, was nach Lage der Dinge eingestellt werden musste (kein Abwägungsdefizit), ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange richtig erkannt worden ist (kein unrichtiges Abwägungsmaterial) und ob der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belangen in einer Weise vorgenommen worden ist, die zu ihrer objektiven Gewichtigkeit in einem angemessenen Verhältnis steht (keine Abwägungsdisproportionalität). Hat die Gemeinde diese Anforderungen an ihre Planungstätigkeit beachtet, wird das Abwägungsgebot nicht dadurch verletzt, dass sie bei der Abwägung der verschiedenen Belange dem einen den Vorzug einräumt und sich damit notwendigerweise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet (st. Rspr. vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 05.03.2009 - 5 S 1251/08 -; Urt. v. 15.07.2008 - 3 S 2772/06 -, juris, m.w.N.). Diese Anforderungen beziehen sich sowohl auf den Abwägungsvorgang als auch auf das Abwägungsergebnis. Dabei ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB).
30 
Hier ist das Eigentumsgrundrecht der Antragstellerin in die Abwägung nicht mit dem ihm zukommenden Gewicht eingestellt worden. Die Antragsgegnerin hat das Eigentümerinteresse der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzbarkeit ihres Grundstücks zwar erkannt, dessen Bewertung aber maßgeblich damit begründet, dass sich „auf den fraglichen Flächen“ keine baulichen Anlagen befänden, die Betriebsgebäude vielmehr südlich des Plangebiets vorhanden und betriebliche Interessen damit nicht betroffen seien. Diese Erwägung blendet das selbständige Interesse der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzung und Verwertung des Flurstücks Nr. 1231/19 aus. Der weitere Hinweis in der Abwägungsentscheidung darauf, dass der Grundstückseigentümer von den vorhandenen Baumöglichkeiten nicht innerhalb der Siebenjahresfrist des § 42 BauGB Gebrauch gemacht habe, vermag zwar zu begründen, weshalb die Aufhebung der zulässigen Nutzung im Falle der Antragstellerin nicht zu einer Entschädigungspflicht führt (§ 42 Abs. 3 BauGB gewährt nach Ablauf einer Siebenjahresfrist nur eine Entschädigung für Eingriffe in die ausgeübte Nutzung). Das unabhängig vom Ablauf der Siebenjahresfrist bestehende Interesse der Antragstellerin an einer Verwertung des Grundstücks als Gewerbefläche wird damit aber nicht erschöpfend erfasst. Die Verkennung der Nutzungsinteressen der Antragstellerin ergibt sich deutlich daraus, dass die Antragsgegnerin aus der gesetzlichen Wertung der fehlenden Entschädigungspflicht im Fall des § 42 Abs. 3 BauGB den Schluss gezogen hat, das „Interesse des Eigentümers an einer baulichen Ausnutzbarkeit oder wirtschaftlichen Verwertung der Grundstücke“ sei “letztlich“ nicht mehr entscheidend (GR-Drs Nr. 06/2009, unter II. Mitte). In der Begründung des Bebauungsplans ist sogar davon die Rede, das Interesse der Antragstellerin an einer baulichen Ausnutzbarkeit der Grundstücke sei wegen des Ablaufs der Siebenjahresfrist des § 42 BauGB „nicht mehr von Relevanz“.
31 
b) Ein sonstiger Fehler im Abwägungsvorgang (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB) liegt ferner darin, dass der Gemeinderat der Antragsgegnerin bei seinen Überlegungen am 05.02.2009 die Notwendigkeit einer umfassenden Abwägungsentscheidung verkannt und infolgedessen den Umfang der von ihm in den Blick zu nehmenden Abwägungsgesichtspunkte verkürzt hat. Er ist ausweislich der Abwägungsvorschläge der Verwaltung, die er sich zu eigen gemacht hat (Gemeinderatsdrucksache 06/2009 unter I. unten und unter II. Mitte), ersichtlich davon ausgegangen, dass er in Verfolgung seines Zieles, im Gebiet „Egert III“ weitere Gewerbeflächen auszuweisen, gar keine andere Wahl habe als die Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlweg“ zu beschließen, weil die Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen nur in diesem Fall einer Ausweisung weiterer Gewerbeflächen zustimme.
32 
Die angenommene Bindung bestand jedoch nicht. Der Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft Villingen-Schwenningen folgt einem sog. „Verteilungsmodell“, d.h. aus den Prognosen der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und des Wanderungsgewinns wurde der Bedarf an Wohnbauflächen und Gewerbebauflächen ermittelt und dann auf die einzelnen Orte innerhalb der Verwaltungsgemeinschaft - u.a. die Antragsgegnerin - verteilt. Die Flächen sind jedoch nicht parzellenscharf dargestellt, um die „präzise Abgrenzung der Nutzungsflächen der detaillierten Untersuchung im Bebauungsplan überlassen zu können“ (FNP 1994-2009, S. 41, Ast.-Anlage A 2). Auch das Verteilungsmodell seinerseits beruht ausdrücklich auf der Annahme, dass der „Gewerbeflächenbedarf in besonderem Maße von einer Reihe ungenau bestimmbarer Faktoren abhängig ist“, weshalb „im Einzelfall eine Ausnahme von der Regel des Verteilungsmodells“ denkbar ist, sofern dies nicht zu Disparitäten zwischen den einzelnen Mitgliedsgemeinden führt (FNP-Akte, Bl. 000857). Daher war es der Antragsgegnerin nicht von vornherein verwehrt, im Einzelfall auch eine zusätzliche Gewerbefläche - ohne Notwendigkeit eines entsprechenden „Flächentauschs“ mit bereits bestehenden Gewerbeflächen - zu schaffen. Hierfür spricht auch die Begründung der Änderung des Flächen-nutzungsplans zu dem „Änderungspunkt Nr. 8.05 a + b des FNP 2009“, die von der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Grundstück mit Schreiben vom 14.11.2005 beantragt wurde. Dort heißt es: „Die Gemeinde ist sich der planerischen Schwierigkeiten bewusst, durch Aufgabe eines bestehenden Baurechts und Eingriff in eine bestehende Waldfläche eine neue Gewerbefläche auszuweisen. Sie sieht jedoch derzeit keine realistische Alternative zu dieser Planung“. Bei dieser Sachlage ist offensichtlich, dass die Antragsgegnerin mit Blick auf die Festlegungen des Flächen-nutzungsplans keineswegs nur die Wahl hatte, entweder auf eine Neuausweisung von Gewerbeflächen im Gebiet „Egert“ zu verzichten oder aber eine flächengleiche Teilaufhebung des Bebauungsplans „Hinter dem Mühlbach, nördlicher Teil“ vorzunehmen. Ganz im Gegenteil hielt sie selbst eine Änderung des Flächennutzungsplans für erforderlich und stellte mit Blick auf diese Einschätzung bei der Verwaltungsgemeinschaft einen entsprechenden Antrag. Nach den vorliegenden Verfahrensakten muss davon ausgegangen werden, dass sie sich selbst offenbar von vornherein auf eine Anrechnung (gerade) des Flurstücks Nr. 1231/19 auf den ihr nach dem Flächennutzungsplan zustehenden Gewerbeflächenanteil festgelegt hatte. Dass die Aufgabe der Gewerbefläche auf dem Flurstück Nr. 1231/19 aus Sicht des Flächennutzungsplans nicht Bedingung für die Erweiterung im Bereich „Egert III“ war, ergibt sich bestätigend auch aus dem Schreiben der Stadt Villingen-Schwenningen an die Antragsgegnerin vom 01.10.2009 (Ast.-Anlage A 14). Dort ist davon die Rede, dass die Antragsgegnerin mit einer Umwandlung des Flurstücks Nr. 1231/19 in eine Waldfläche letztendlich die Erteilung einer Waldumwandlungserklärung für die Erweiterungsfläche im Bereich „Egert III“ erwirken wollte. Erwägungen solcher Art haben jedoch in den Verfahrensakten - und hier insbesondere in den Abwägungsüberlegungen des Gemeinderats am 05.02.2009 und in der Begründung des Bebauungsplans - keinen Niederschlag gefunden.
33 
Der Gemeinderat war sich im Zeitpunkt seiner Abwägungsentscheidung auch in rechtlicher Hinsicht der Tatsache nicht bewusst, dass die Darstellungen im Flächennutzungsplan keine die Bauleitplanung strikt bindenden Vorgaben enthalten, die rechtssatzmäßig umzusetzen sind (vgl. Ernst/Zinkahn/ Bielenberg, BauGB § 8 Rdnr. 5). Infolgedessen war der Antragsgegnerin bei der Abwägung nicht klar, dass die Darstellungen des Flächennutzungsplans nicht parzellenscharf gerade mit Blick auf das Flurstück Nr. 1231/19 umzusetzen waren und - allerdings im Rahmen der Grundkonzeption des Flächen-nutzungsplans - eine abweichende Festsetzung im Bebauungsplan möglich ist (BVerwG, Urt. v. 28.02.1975 - 4 C 74.72 - BVerwGE 48, 70; Urt. v. 26.01.1979 - 4 C 65.76 -, BauR 1979, 206; Urt. v. 26.02.1999 - 4 CN 6.98 -, ZfBR 1999, 223, juris Rdnr. 16f; B. v. 07.03.2007 - 4 BN 1.07 -, DVBl. 2007, 634, juris Rdnr. 7 ). Eine abweichende Festsetzung kommt insbesondere dann in Betracht, wenn es - wie hier in Bezug auf die Erweiterung der Gewerbeflächen im Gebiet Egert III - um eine in Bezug auf das Gemeindegebiet der Antragsgegnerin relativ kleine Randfläche geht, die einem bereits bestehenden Gewerbegebiet zugeschlagen werden soll.
34 
Bei dem genannten Bewertungsfehler handelt es sich um einen „wesentlichen Punkt“ i.S.d. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB, denn er war in der konkreten Planungssituation für die Abwägung von Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 09.04.2008 - 4 CN 1.07 -, NVwZ 2008, 899ff). Der Bewertungsfehler und der sonstige Fehler im Abwägungsvorgang sind auch i.S.v. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 214 Abs. 3 Satz 2, zweiter Halbsatz BauGB „offensichtlich“. Dieses Tatbestandsmerkmal ist stets erfüllt, wenn der Fehler zur „äußeren Seite“ des Abwägungsvorgangs gehört und sich - wie hier - aus den Planungsakten ergibt (BVerwG, Urt. v. 21.08.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 38).
35 
Die genannten Fehler waren auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss (§ 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bzw. § 214 Abs. 3 Satz 2 zweiter Halbsatz BauGB). Dies ist immer dann anzunehmen, wenn nach den Umständen des Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Abwägungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre (BVerwG, Urt. v. 09.04.2008, a.a.O., m.w.N.). Diese Möglichkeit besteht hier ohne weiteres. Die Antragsgegnerin ist schon bei der Planung - wie der Auszug aus dem Beschlussbuch des Gemeinderates über die öffentliche Sitzung vom 29.04.2008 zeigt - davon ausgegangen, dass bezüglich der Teilaufhebung ein gewisses rechtliches Risiko besteht, hat dieses aber letztlich als hinnehmbar angesehen. Mit Blick darauf erscheint nicht ausgeschlossen, dass der Gemeinderat die Abwägung in (voller) Kenntnis der dargestellten Abwägungsfehler auch im Ergebnis anders vorgenommen hätte, z.B. durch Verzicht auf einen „Eintausch“ des Flurstücks Nr. 1231/19 gegen neue Gewerbeflächen im Plangebiet „Egert III“ oder durch Prüfung und Einbeziehung anderer Gewerbeflächen als des Flurstücks Nr. 1231/19.
36 
Die mithin beachtlichen Fehler sind hier nicht aufgrund 215 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 und 3 i.V.m. § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 BauGB wieder unbeachtlich geworden. Denn sie wurden innerhalb der Jahresfrist mit der Antragsbegründung vom 12.09.2009 gegenüber der Gemeinde geltend gemacht (s.o.).
37 
3. Ohne dass es noch weiter darauf ankommt, weist der Senat ergänzend darauf hin, dass es hinsichtlich der beschlossenen Teilaufhebung des Bebauungsplans nicht an der Erforderlichkeit i.S.v. § 1 Abs. 3 BauGB fehlt. Im Rahmen der Erforderlichkeit genügt es zunächst, wenn die Gemeinde für ihre Planung hinreichend gewichtige städtebauliche Allgemeinbelange ins Feld führen kann (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66 -, BVerwGE 34, 301 = PBauE § 1 Abs. 6 BauGB Nr. 1). Was in diesem Sinne erforderlich ist, bestimmt sich maßgeblich nach der jeweiligen planerischen Konzeption. Welche städtebaulichen Ziele die Gemeinde sich setzt, liegt in ihrem planerischen Ermessen. Der Gesetzgeber ermächtigt sie, die "Städtebaupolitik" zu betreiben, die ihren städtebaulichen Ordnungsvorstellungen entspricht (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.04.1964 - 1 C 30.62 -, BVerwGE 18, 247/252; Urt. v. 07.05.1971 - 4 C 76.68 -, DVBl. 1971, 759; Beschl. v. 14.08.1995 - 4 NB 21.95 -, Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 86; Urt. v. 25.11.1999 - 4 CN 17.98 -, ZfBR 2000, 191 = PBauE § 17 BauNVO Nr. 8). Das gilt auch für Gebiete, die bereits bebaut sind oder in anderer Weise konkret genutzt werden. Eine Gemeinde kann dort den bereits entstandenen städtebaulichen Zustand rechtlich festschreiben (BVerwG, Beschl. v. 16.01.1996 - 4 NB 1.96 -, NVwZ-RR 1997, 83) oder umgestalten, soweit ihre städtebaulichen Ziele sowie entsprechend gewichtige, gegen die Erhaltung der vorgefundenen Verhältnisse sprechende Belange dies rechtfertigen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 17.02.1997 - 4 B 16.97 -, NVwZ-RR 1997, 512; Beschl. v. 06.06.1997 - 4 NB 6.97 -, NVwZ-RR 1998, 415 = PBauE § 10 BauGB Nr. 16).
38 
Die Antragsgegnerin bezweckt hier mit der Planung, auf dem faktisch nicht gewerblich genutzten und zu einer Waldfläche gewordenen Flurstück Nr. 1231/19 zukünftig keine gewerbliche Nutzung mehr zuzulassen und stattdessen eine Gewerbefläche in dem außerhalb des Plangebietes liegenden Bereich „Egert“ zu schaffen, wo sie von einem standortgebundenen Betrieb konkret benötigt wird. Es unterliegt keinem Zweifel, dass es sich hierbei um ein zulässiges städtebauliches Planungsziel handelt. Es begegnet auch keinen Bedenken, dass dieses Ziel durch eine reine Negativplanung in Bezug auf das hier in Rede stehende Plangebiet erreicht werden soll. Denn eine Negativplanung verfehlt das Tatbestandsmerkmal der „Erforderlichkeit“ nicht schon von vornherein, sondern nur dann, wenn sie allein dem Zweck dient, eine (andere) Nutzung zu verhindern, ohne dass der Ausschluss der Nutzung städtebaulich begründet ist, oder wenn die für die Negativplanung sprechenden städtebaulichen Ziele nicht gewollt, sondern nur vorgeschoben sind, um eine bestimmte Nutzung zu verhindern (BVerwG, Beschl. v. 07.02.1986 - NVwZ 1986, 556; Beschl. v. 27.01.1999 - 4 B 129.98 -, ZfBR 1999, 159, Beschl. v. 25.11.2003 - NVwZ 2004, 477). Anhaltpunkte dafür, dass es der Antragsgegnerin in der Sache ausschließlich und gezielt darum ginge, die Nutzbarkeit des Flurstücks Nr. 1231/19 zu verhindern, vermag der Senat nicht zu erkennen. Vielmehr ist auch die Aufhebung der Gewerbenutzung im Plangebiet letztlich durch städtebauliche Erwägungen begründet.
39 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
40 
Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO gegeben ist.
41 
Beschluss vom 18. November 2010
42 
Der Streitwert für das Verfahren wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung auf 15.000 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.8.1. des Streitwertkatalogs 2004).

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