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| Der Normenkontrollantrag ist zulässig (I.) und begründet (II.). |
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| Der Antrag ist zulässig. Er wurde form- und fristgerecht erhoben. Der Antragstellerin steht als Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet die notwendige Antragsbefugnis im Sinne des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO zur Seite (vgl. BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732). Der Zulässigkeit des Antrags steht auch § 47 Abs. 2a VwGO nicht entgegen, da die Antragstellerin im Rahmen der öffentlichen Auslegung des Bebauungsplanentwurfs - sowohl während der ersten öffentlichen Auslegung 2006 als auch während der zweiten Auslegung 2010 -umfangreiche Einwendungen erhoben hat, die sie auch im Normenkontrollverfahren geltend macht. |
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| Der Antrag ist auch begründet. Das Ergebnis der Abwägung erweist sich als fehlerhaft, weil das Interesse der Antragstellerin am Fortbestand der baulichen Situation bezogen auf Belichtung, Besonnung und Belüftung ihres Gebäudes über die Fenster in der Ostfassade ihres Gebäudes unverhältnismäßig hinter die öffentlichen und privaten Interessen an einer intensiveren Nutzung des „Blockinnenbereichs“ zurückgestellt wurde. Dieses rechtlich nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schutzwürdige Interesse steht hier der erfolgten Planung, mit der die Fenster im 2. Obergeschoss zu mindestens zwei Drittel der Höhe sich in einem Abstand von 2,50 m einer Mauer gegenüber sehen können und das nordöstliche Fenster überdies von einem Treppenhaus überragt werden kann, zwingend entgegen. |
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| 1. Der angegriffene Bebauungsplan nimmt mit der Zulassung einer Bebauung des Grundstücks im so genannten „Blockinnenbereich“ mit einer Gesamthöhe von 541,5 m ü.NN. eine Abwägung zwischen den Belangen der Antragstellerin einerseits und den öffentlichen Belangen sowie den privaten Belangen des Eigentümers des Hinterliegergrundstücks vor, deren Ergebnis sich als unvertretbar erweist. Die vorgenommene Gewichtung der Belange untereinander steht bei dem gefundenen Abwägungsergebnis außer Verhältnis, das Ergebnis ist disproportional. Es liegt ein offensichtlicher städtebaulicher Missgriff vor. |
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| a) aa) Das Abwägungsgebot aus § 1 Abs. 7 BauGB verlangt, bei der Aufstellung der Bauleitpläne die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Das Gebot gerechter Abwägung ist verletzt, wenn eine (sachgerechte) Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder wenn in die Abwägung an Belangen nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss. Es ist ferner verletzt, wenn die Bedeutung der betroffenen privaten Belange verkannt oder wenn der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten privaten und öffentlichen Belange in einer Weise vorgenommen wird, die zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht. Innerhalb des so gezogenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde in der Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendig für die Zurückstellung des anderen entscheidet (vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 12.12.1969 - 4 C 105.66 - BVerwGE 34, 301 (309) und vom 05.07.1974 - 4 C 50.72 - BVerwGE 45, 309). Für die Abwägung ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan maßgebend (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB). Das Ergebnis der planerischen Abwägung ist allein dann zu beanstanden, wenn eine fehlerfreie Nachholung der erforderlichen Abwägung schlechterdings nicht zum selben Ergebnis führen könnte, weil andernfalls der Ausgleich zwischen den von der Planung berührten Belangen in einer Weise vorgenommen würde, der zur ihrer objektiven Gewichtigkeit außer Verhältnis steht und deshalb die Grenzen der planerischen Gestaltungsfreiheit überschritten sind (BVerwG, Urteil vom 22.09.2010 - 4 CN 2.10 - BVerwGE 138, 12 Rn. 22). |
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| bb) Gemessen hieran erweist sich das gefundene Abwägungsergebnis als fehlerhaft, weil der vom Gemeinderat gefundene Ausgleich zwischen den in Rede stehenden Belangen außer Verhältnis zu deren objektiver Gewichtigkeit steht. |
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| (1) Die Antragstellerin als Eigentümerin des Grundstücks ... ist von ihm in einer dem Verhältnismäßigkeitsgebot nicht mehr gerecht werdenden Weise betroffen. Im Falle der Realisierung der Planung würde die Wohnung im 2. Obergeschoss wesentlich entwertet, ohne dass auf der anderen Seite öffentliche und private Belange die Planung in einem solchen Maße als notwendig erscheinen lassen, die eine solche Entwertung rechtfertigen könnten. Die Realisierung des Bebauungsplans führte nahe an einen städtebaulichen Missstand im Sinne des § 136 Abs. 2 Satz 2 BauGB heran. Insbesondere ergibt sich aus der Beachtung abstandsflächenrechtlicher Mindestanforderungen im Bebauungsplanverfahren nämlich noch nicht, dass sich eine darauf zurückziehende Abwägung im Ergebnis als verhältnismäßig darstellt, weil für die gerechte Abwägung auch das Bestandsinteresse bereits vorhandener Bebauung in den Blick zu nehmen ist, wenn die Belichtung, Besonnung oder Belüftung der Bestandsbebauung durch die Realisierung der neu hinzutretenden Bauleitplanung nicht nur unerheblich beeinträchtigt würden. Die Beachtung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen ist für eine rechtmäßige Planung notwendig, aber nicht zwingend hinreichend. |
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| (2) Die angegriffene Planung entwertet im Fall ihrer Verwirklichung die genehmigte Wohnnutzung im 2. Obergeschoss im Gebäude ... wesentlich. Denn mit der Möglichkeit der Erhöhung der Bebauung des Blockinnenbereichs auf bis zu 541,50 m wird der sich im 2. Obergeschoss des Gebäudes der Antragstellerin befindlichen Wohnung in ihrem nach hinten ausgerichteten Bereich - Küche und Wohn-/Ess-/Aufenthaltszimmer - ein Großteil der Belichtungsmöglichkeit genommen. Dass ein Lichthof mit einer Breite von 2,50 m nicht geeignet ist, einen adäquaten Ersatz zu bieten, liegt auf der Hand. Dieser führt bei Sonneneinstrahlung allein zu einem erheblichen Schattenwurf auf die Fenster und damit zu einer erheblichen Verdunkelung der nach Osten orientierten Räume. Erschwerend für die zukünftige Situation des Grundstücks der Antragstellerin kommt hinzu, dass vor dem nordöstlichen Küchenfenster an der Grundstücksgrenze im Wege einer Ausnahme (§ 31 Abs. 1 BauGB) eine um fast drei Meter höhere Bebauung zugelassen werden kann - und nach den Vorstellungen des Gemeinderats zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses auch werden soll. An der weitgehend fehlenden Belichtungsmöglichkeit ändert sich auch durch die südwestlich anschließende Terrasse nichts Wesentliches. Denn zum einen vermag diese die Belichtung der an der Grundstücksgrenze zum Grundstück Flst. Nr. ... liegenden Küche nur dann zu verbessern, wenn die Türe zum Wohnzimmer geöffnet bleibt. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass sich an die Terrasse zum Blockinneren bei Realisierung des Bebauungsplans ein Teil des Obergeschosses des Blockinnenbereichs mit einer Höhe von 1,50 m anschließen und die Belichtung auch hier relativieren wird. Die beiden nordöstlichsten Fenster im 1. Obergeschoss würden sich durch die Realisierung der Planung sogar vollständig einer Wand in einem Abstand von 2,50 m gegenübersehen und damit mit ihrer Unterkante am Fuße eines Lichtschachts von mehr als vier Metern Tiefe angesiedelt sein. Der Senat hat sich auf der Grundlage des Augenscheins davon überzeugt, dass ein derartiges Einmauern des Grundstücks ... im 1. und 2. Obergeschoss vor dem Hintergrund der zum Zeitpunkt der Planung rechtlich zulässigen und auch genehmigten Nutzung dazu führen müsste, dass - jedenfalls ohne erhebliche Umbaumaßnahmen - eine hochwertige innenstädtische Wohnnutzung in dem historischen Altbaugebäude der Antragstellerin nicht mehr möglich wäre. Es könnte sein, dass noch eine minderwertige Wohnnutzung möglich und rechtlich zulässig bliebe, was im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin nicht ermittelte Belüftungs- und Belichtungsmöglichkeit und die damit zusammenhängende Frage der (noch) gesunden Wohnverhältnisse andererseits auch nicht völlig auf der Hand liegt. Jedoch muss die Antragstellerin eine solche Zurückstellung ihrer Interessen durch das vom Gemeinderat gefundene Abwägungsergebnis im konkreten Fall nicht hinnehmen. Denn allein der Umstand, dass bauordnungsrechtlich eine Küche unter gewissen Bedingungen auch fensterlos ausgeführt werden darf (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 2 LBO), führt nach den oben aufgezeigten Grundsätzen nicht dazu, dass die weitgehende Verdunkelung einer mit Fenstern genehmigten Nutzung verhältnismäßig wäre. |
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| (3) Die Erwägung der Antragsgegnerin, dass aufgrund der Anlehnung des Gemeinderats an die bauordnungsrechtlichen Mindestmaße unter Berücksichtigung der historisch bedingten, besonders beengten Verhältnisse ein gerechter Interessenausgleich vorgenommen worden sei, vermag nicht zu verfangen. Zwar trifft es zu, dass nach § 5 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 LBO die Tiefe der Abstandsflächen 2,5 m nicht unterschreiten darf und somit die Wahrung eines Abstands von 2,5 m ein beachtliches und starkes Indiz dafür ist, dass mit dieser Abstandsfläche im Regelfall Gesichtspunkte der Belüftung, Belichtung und Besonnung hinreichend beachtet sind. Deshalb ist nach ständiger Rechtsprechung dem Gebot der Rücksichtnahme im Hinblick auf die Gewährleistung einer ausreichenden Belichtung, Belüftung und Besonnung regelmäßig Genüge getan, wenn die nachbarschützenden Tiefen der Abstandsfläche beachtet werden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 22.11.1984 - 4 B 244.84 - NVwZ 1985, 663 und vom 06.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516; VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 26.11.1993 - 3 S 2606/93 - juris), wobei diese nach § 6 Abs. 3 LBO unter einschränkenden Voraussetzungen auch unterschritten werden dürfen, insbesondere dann, wenn nachbarliche Belange nicht erheblich beeinträchtigt werden und Beleuchtung mit Tageslicht sowie Belüftung in ausreichendem Maße gewährleistet bleiben sowie Gründe des Brandschutzes nicht entgegenstehen (vgl. dazu etwa Senatsbeschluss vom 14.01.2010 - 8 S 1977/09 - NVwZ-RR 2010, 387). Jedoch ist dabei immer zu berücksichtigen, dass das Rücksichtnahmegebot auch verletzt sein kann, wenn die landesrechtlichen Abstandsflächenvorschriften eingehalten sind, falls das Vorhaben trotzdem zu unzumutbaren Beeinträchtigungen des Nachbarn führt und deswegen rücksichtslos ist (BVerwG, Beschluss vom 11.01.1999 - 4 B 128.98 - DVBl. 1999, 786), weshalb der Schluss von der Einhaltung von Abstandsflächentiefen auf eine ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung eben allein regelhaft und nicht zwingend ist. |
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| Für die Anwendung des genannten Regelschlusses ist es weiter erforderlich, dass der gesetzliche Normalfall auch tatsächlich vorliegt. Daran fehlt es bei der hier angegriffenen Planung. Die Konzeption der Abstandsflächen in der Landesbauordnung geht regelhaft davon aus, dass auf zwei angrenzenden Grundstücken jeweils eine Mindesttiefe der Abstandsflächen von 2,5 m eingehalten wird, so dass in diesem Regelfall ein Abstand von 5 m zwischen den Außenwänden von Gebäuden liegt. Zwar kann das Gebäude der Antragstellerin, das zulässigerweise auf der Grundstücksgrenze errichtet ist, bauordnungsrechtlich dennoch keinen Abstand von 5 m zum nächsten Gebäude verlangen, da auf dem Grundstück der Antragstellerin keine Abstandsflächen erforderlich sind, vgl. § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBO. Darauf kommt es jedoch bei der Frage, wann die Regelvermutung der Beachtung des Rücksichtnahmegebots aufgrund der Einhaltung von Abstandsflächentiefen greift, nicht an. Jedenfalls dann, wenn - wie hier - mit der Bauleitplanung ein Zustand herbeigeführt wird, der auch auf der dritten Grundstücksseite dazu führt, dass das gesetzliche Regelmodell des § 5 LBO von einem Abstand von 5 Metern (zwei Mal 2,5 Meter) zwischen Gebäuden nicht mehr eingehalten wird, ist die genannte Regelvermutung hinsichtlich gewahrter Belichtung, Besonnung und Belüftung nicht mehr anwendbar und kann aus der Beachtung abstandsflächenrechtlicher Mindestanforderungen nicht ohne Weiteres auf eine hinreichende Beachtung dieser Belange geschlossen werden. Aus dem Abstand von 2,5 m zu dem Gebäude der Antragstellerin lässt sich daher nicht auf die gebotene Beachtung ihrer Belange schließen. |
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| (4) Entgegen der Annahme in der Vorlage für den Gemeinderat der Antragsgegnerin sind die Fenster und die mit ihnen ermöglichte gehobene Wohnnutzung auch nicht rechtlich vermindert schutzwürdig. So bezieht sich die als Bedingung bezeichnete Nebenbestimmung zur Baugenehmigung vom 02.06.1958/ 28.10.1963 allein auf die Fenster des derzeit an das Textilhaus vermieteten Teil des Gebäudes, nicht aber auf die weiteren Fenster des Gebäudes ... im 1. und 2. Obergeschoss. Der Umstand, dass die Ostfassade des Gebäudes der Antragstellerin aufgrund der Bestimmungen des § 27 Abs. 4 LBO, § 7 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 8 Satz 1 LBOAVO nach aktuellem Bauordnungsrecht als Brandmauer ohne (Fenster-)öffnungen zu gestalten wäre und die dort vorhandenen Fenster daher heute nicht mehr genehmigungsfähig wären, ist angesichts der bestandskräftigen Baugenehmigung für diese Fenster für deren Schutzwürdigkeit nicht relevant. Ebenso wenig kommt es diesbezüglich darauf an, ob die Baugenehmigungsbehörde die Schließung der Fenster nach § 58 Abs. 6 Satz 1 LBO anordnen könnte, denn - und nur darauf kommt es hier an -eine solche Anordnung ist nicht ergangen. |
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| (5) Eine verminderte Schutzwürdigkeit der Fenster im Gebäude der Antragstellerin folgt auch nicht aus einer von der Antragstellerin angenommenen Vorprägung für eine Erweiterung des vollständig überbauten Blockinnenbereichs durch ein 1. Obergeschoss, denn eine solche rechtlich beachtliche Vorprägung besteht tatsächlich nicht. |
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| Es dürfte zwar zutreffen, dass derjenige, der in die grenznahe Außenwand seines Hauses Fenster einsetzt, um die bauliche Nutzbarkeit seines Hauses zu verbessern, es nicht erwarten darf, dass der Nachbar deshalb ausschließlich in seinem Interesse von der Ausnutzung seines Grundstücks im sonst üblichen, zulässigen Maß absieht (OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.02.2000 - 7 B 178/00 - BauR 2001, 77). Bei einer geschlossenen Bebauung kommt gewiss hinzu, dass ein Grenzbau grundsätzlich mit der Möglichkeit der Erhöhung eines angrenzenden Gebäudes belastet sein kann, wenn dies bauplanungsrechtlich zulässig ist und - abhängig von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere von der Betroffenheit der konkreten Räume - die Schutzwürdigkeit der vorhandenen Fenster erheblich reduziert sein kann (vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.06.1999 - 3 S 1357/99 - VBlBW 2000, 116). Jedoch ist auf der Grundlage des Bebauungsplans „Radgasse/Consulentengasse“ - 4. Änderung - der Antragstellerin eine solche bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der Erhöhung der Bebauung des Blockinnenbereichs bis auf die Höhe der Fenster im 2. Obergeschoss nicht gegeben gewesen. Denn danach war mit der Festsetzung eines Vollgeschosses für den Blockinnenbereich bei einer Geschossflächenzahl von 2,1 trotz der Festsetzung geschlossener Bauweise (§ 22 Abs. 3 BauNVO 1977) eine solche Zulässigkeit der Grenzbebauung oberhalb der Fenster des 1. Obergeschosses des Gebäudes der Antragstellerin bislang nicht zulässig. Denn die Festsetzung geschlossener Bauweise führt nach § 22 Abs. 3 BauNVO 1977 nur dann zur Errichtung der Gebäude ohne seitlichen Grenzabstand, wenn die vorhandene Bebauung keine Abweichung hiervon erfordert. Angesichts der - oben dargestellten, zentralen -Bedeutung der spätestens 1870 genehmigten Fenster in der Ostfassade für die Wohnnutzung des Gebäudes der Antragstellerin erfordert aber die vorhandene Bebauung jedenfalls auf der Höhe des 2. Obergeschosses die Einhaltung eines Grenzabstands, eine Vorprägung für eine erhöhte Bebauung des Blockinnenbereichs ist gerade nicht festzustellen. |
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| (6) Die Abwägung zulasten des Grundstücks der Antragstellerin wird auch nicht durch überragende Allgemeinwohlbelange, die für die Ermöglichung der erhöhten Ausnutzbarkeit des Blockinnenbereichs streiten würden, getragen. Daher kann offen bleiben, ob solche Belange denkbar sind, die das konkrete Abwägungsergebnis rechtfertigen könnten. |
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| Insbesondere vermag das von der Antragsgegnerin wiederholt zur Rechtfertigung der Planung herangezogene Stadtentwicklungskonzept - Fortschreibung 2005/2006 - das Zurückstellen der Interessen der Antragstellerin gegenüber den Interessen an der Erweiterung möglicher Flächen für den Einzelhandel bezogen auf das Textilhaus ... schon deswegen nicht zu rechtfertigen, weil dieses die Schaffung von Mindestverkaufsflächen von mehr als 500 m2 in den so genannten 1a-Verkaufslagen als Ziel ansieht (S. 37 und S. 42 des Konzepts), das Textilhaus selbst aber bereits ohne Erweiterungsmöglichkeiten eine erheblich größere Verkaufsfläche zur Verfügung hat. Darüber hinaus stellt der angegriffene Bebauungsplan mit der Festsetzung eines Kerngebiets auch nicht sicher, dass die Flächen für den Einzelhandel genutzt werden. Im Übrigen hat die Antragsgegnerin keine Ermittlungen dazu angestellt, ob die in den Blick genommene Erweiterung des Textilhauses für die Sicherung des Standorts in der Innenstadt und damit für die Erhaltung einer attraktiven Innenstadt wahrscheinlich notwendig sein dürfte. Dafür, dass dies der Fall sein könnte, ist auch sonst nichts ersichtlich. Dies wäre angesichts der erheblichen Beeinträchtigungen des Grundstücks der Antragstellerin mindestens erforderlich. |
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| (7) Die erhebliche Zurückstellung der Belange der Antragstellerin gerade im Bereich der Festsetzung zur (möglichen) Höhe des Treppenhauses an der nordöstlichen Grundstücksgrenze ist darüber hinaus auch deswegen nicht verhältnismäßig, weil mit ihr die Wohnnutzung des Gebäudes ... zugunsten einer attraktiven (zukünftigen) Wohnnutzung im Gebäude ... … beeinträchtigt wird. |
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| (a) Mit dem angegriffenen Bebauungsplan soll ausweislich seiner Begründung die bisherige Nutzungsmischung zwischen Einzelhandel, Dienstleistung und Wohnen im Kerngebiet erhalten werden. Der Bebauungsplan setzt deshalb die Wohnnutzung im Kerngebiet als allgemein zulässig und damit den anderen Nutzungsarten aus § 7 Abs. 2 BauNVO - mit Ausnahme der wiederum ausgeschlossenen Tankstellen im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 5 BauNVO - gleichwertig fest. Ausweislich der Sitzungsvorlage für den Gemeinderat geht dieser davon aus, dass das Treppenhaus auch deshalb benötig werde, um weitere, zukünftig geplante Wohnungen zentral zu erschließen. Damit führt das Planungsergebnis zur Aufwertung - oder Ermöglichung - von zukünftiger, privater Wohnnutzung zu Lasten bereits bestehenden Wohnraums, der in seiner Qualität drastische Einbußen erfährt. Eine Rechtfertigung ist dafür im konkreten Fall nicht vorhanden und überdies auch abstrakt kaum vorstellbar. Für die Bejahung der Unverhältnismäßigkeit der Festsetzung aus diesem Grunde kommt es nicht darauf an, ob die Entscheidung, Wohnungen insgesamt im Kerngebiet für allgemein zulässig zu erklären, von § 1 Abs. 6 Nr. 2 BauNVO getragen werden kann oder ob die Umwandlung der ausnahmsweise zulässigen Wohnnutzung (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO) in eine allgemein zulässige Nutzungsart nicht der Zweckbestimmung des Kerngebiets widerspricht (so: OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.12.1993 - 11a D 24/92.NE - GewArch 1994, 257) oder ob § 7 Abs. 4 BauNVO als Spezialregelung der Anwendung von § 1 Abs. 6 Satz 2 BauNVO auf § 7 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO entgegensteht (so: Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, Stand: Juni 2009, § 1 BauNVO Rn. 83). Denn wenn die Festsetzung zur Zulässigkeit von Wohnungen im festgesetzten Kerngebiet rechtswidrig sein sollte - und somit nicht für die Unverhältnismäßigkeit des Abwägungsergebnisses streitete - führte dies zur Unwirksamkeit des gesamten Plans. |
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| (b) Weiter erweist sich die Abwägung gerade im Hinblick auf die mögliche maximale Höhe eines Treppenhauses an dem gewählten Standort deshalb als im Ergebnis unverhältnismäßig, weil mit der Standortwahl zur Verhinderung der - angeblichen - Zerteilung des Verkaufsraums des Textileinzelhändlers und zur Beibehaltung der derzeitigen Anzahl von Schaufenstern hochwertiger Wohnraum in seiner Qualität weiter entwertet wird. Diese einseitig das Grundstück der Antragstellerin belastende Planung steht außer Verhältnis zu den in den Blick genommenen Zielen. Die Wahl des Standorts für ein mögliches über das 1. Obergeschoss hinaus gehendes Treppenhaus zugunsten eines Privaten und erheblich zulasten einer anderen Privaten lässt sich vor Art. 14 Abs. 1 GG nicht damit rechtfertigen, dass bei einer anderen Standortwahl der von der Treppe profitierende Private weniger günstig gestellt wäre. |
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| 2. a) Offen bleiben kann, ob der Bebauungsplan gegen § 17 BauNVO verstößt und auch deshalb unwirksam ist. Für den Bereich des so genannten Blockinnenbereichs ist eine Überschreitung der Geschossflächenzahl von 3,0 - die auch ohne eine konkrete Festsetzung Geltung als Obergrenze beansprucht, § 17 Abs. 1 BauNVO - deshalb denkbar, weil der Bebauungsplan keinen Tiefpunkt für das Erdgeschoss festsetzt. Ob städtebauliche Gründe eine Überschreitung hier erfordern, ist - anders als hinsichtlich der Bestandsbebauung -allerdings zweifelhaft. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob § 7 Abs. 4 Satz 1 BauNVO hinreichend beachtet wurde, der in Nr. 1 die Festsetzung ermöglicht, dass oberhalb eines im Bebauungsplan bestimmten Geschosses nur Wohnungen zulässig sind und in Nr. 2 die Festsetzung der Verwendung eines bestimmten Anteil der zulässigen oder tatsächlichen Geschossfläche für Wohnungen ermöglicht. Die Festsetzung im Bebauungsplan bezieht sich hingegen allein auf die Geschossfläche in Dachgeschossen, eine solche Einschränkung kennt der Wortlaut des § 7 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauNVO nicht. Weiter ist es nicht erheblich, welche Bedeutung der - unmaßstäblichen - „Schemaskizze“ des Treppenhauses im Textteil des Bebauungsplans zukommt, ob die Festsetzung einer Ausnahme im Sinne von § 31 Abs. 1 BauGB rechtlich zulässig ist, wenn das Planungskonzept des Gemeinderats und seine Abwägung gerade darauf beruhen, dass von der Ausnahmebestimmung in vollem Umfang Gebrauch gemacht wird und welche rechtlichen Konsequenzen ein möglicher Fehler für den Bebauungsplan hätte. |
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| b) Schließlich kann offen bleiben, ob die von der Antragstellerin geltend gemachten Fehler im Abwägungsvorgang vorliegen und ob sie gegebenenfalls für sich allein bereits das Ergebnis der Unwirksamkeit des Bebauungsplans rechtfertigen könnten. Der Senat weist insoweit allerdings darauf hin, dass das Fehlen von Ermittlungen zu den Auswirkungen des Lichthofs auf die Belüftungsmöglichkeiten der betroffenen Räume rechtlich durchaus bedenklich sein könnte. |
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| 3. Der oben bezeichnete Fehler im Abwägungsergebnis führt zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans, weil gerade die Änderung der Festsetzungen hinsichtlich des „Blockinnenbereichs“ Anlass der Planung gewesen sind und eine Teilwirksamkeit der weiteren Festsetzungen erkennbar nicht dem mutmaßlichen Willen des Plangebers entspricht. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
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| Beschluss vom 28. Mai 2013 |
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| Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 15.000,--EUR festgesetzt. |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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