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| Die Berufung des Beklagten ist unbegründet. Die dem Kläger entstandenen Aufwendungen für die im Rahmen seines stationären Aufenthalts in der Rehabilitationsklinik D. erbrachten Heilbehandlungen sind in voller Höhe beihilfefähig. Das Verwaltungsgericht hat der Klage danach zu Recht stattgegeben und das beklagte Land zur Gewährung einer weiteren Beihilfe verpflichtet (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist grundsätzlich die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die Beihilfe verlangt wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 15.12.2005 - 2 C 35.04 - BVerwGE 125, 21 m.w.N.). Ob und inwieweit der Kläger für die ihm in Rechnung gestellten Heilbehandlungen die Gewährung einer Beihilfe beanspruchen kann, beurteilt sich daher nach der Verordnung des Finanzministeriums über die Gewährung von Beihilfe in Geburts-, Krankheits-, Pflege- und Todesfällen vom 28.07.1995 (Beihilfeverordnung) in der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung. |
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| Die in Rede stehenden Aufwendungen beziehen sich auf Heilbehandlungen i.S.v. § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO, die der Kläger während seines stationären Aufenthalts in der Klinik D. erhalten hat. Dieses Klinikum ist eine Rehabilitationseinrichtung im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 BVO. Die Aufwendungen für die stationäre Behandlung in einer solchen Einrichtung sind gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 2 BVO nach Maßgabe der folgenden Absätze beihilfefähig. Zu diesen Maßgaben gehören die sich aus § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO ergebenden Einschränkungen. Nach der ab dem 01.01.2009 geltenden Fassung dieser Vorschrift sind Einzelentgelte, Pauschalpreise und Tagessätze der Einrichtungen, die Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 oder 3 BVO betreffen, nur insoweit beihilfefähig, als sie einer Preisvereinbarung dieser Einrichtung mit einem Sozialversicherungsträger entsprechen; die Beihilfefähigkeit darüber hinausgehender Aufwendungen nach § 7 Satz 2 Nr. 2 und 3 BVO ist ausgeschlossen. |
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| Bei den therapeutischen Anwendungen, die der Kläger während seines Klinikaufenthalts erhalten hat, handelt es sich um von Ärzten schriftlich begründet verordnete Heilbehandlungen im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 3 BVO und damit um Leistungen nach § 7 Abs. 7 Satz 2 Nr. 2 BVO. Die sie betreffenden Pauschalpreise und Tagessätze unterliegen damit den sich aus § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO ergebenden Einschränkungen. Nach der hier anwendbaren Neufassung der Vorschrift sind danach - mit Ausnahme der ärztlichen Leistungen - Aufwendungen, die im Rahmen einer stationären Behandlung in einer Rehabilitationseinrichtung anfallen, insgesamt nur bis zur Höhe des für Sozialversicherte vereinbarten Pauschaltagessatzes der Einrichtung beihilfefähig (so bereits VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2011 - 2 S 1082/11 - juris). |
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| Nach diesen verordnungsrechtlichen Vorgaben in § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO ist im Fall des Klägers lediglich der zwischen der Reha-Klinik D. und dem Rentenversicherungsträger unstreitig vereinbarte Tagessatz in Höhe von 109,82 EUR beihilfefähig, sodass der Kläger, dem ein leicht darüber liegender Tagessatz von 110,-- EUR in Rechnung gestellt wurde, nicht nur den hier nicht streitgegenständlichen Differenzbetrag selbst tragen muss, sondern darüber hinaus auch sämtliche Kosten für die ihm gesondert in Rechnung gestellten therapeutischen Leistungen (Heilbehandlungen). Nach der Regelung in § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO müsste der Kläger entsprechend seinem Beihilfebemessungssatz von 70 % danach Kosten in Höhe von 790,09 EUR selbst tragen, die auch nicht von seiner privaten Krankenversicherung übernommen werden. |
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| Dem Senat ist aus einer Vielzahl der bei ihm anhängig gewesenen sowie noch anhängigen Fälle bekannt, dass - anders als den gesetzlich Versicherten - den sogenannten Selbstzahlern, zu denen insbesondere die Beihilfeberechtigten zählen, bestimmte Leistungen wie Heilbehandlungen und Arzneimittel zusätzlich gesondert berechnet werden (vgl. dazu etwa die Fälle, die den Senatsurteilen vom 17.02.2011 - 2 S 2398/10 - juris und vom 28.09.2011, aaO zugrunde lagen). Die Regelung des § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO führt deshalb typischerweise dazu, dass der Beihilfeberechtigte einen keinesfalls nur unwesentlichen Teil der Kosten einer notwendigen und angemessenen Rehabilitationsbehandlung selbst tragen muss, der sich nicht selten im vierstelligen Bereich bewegt (vgl. auch den Fall, der der Petition 14/2793 zugrunde lag, LT-Drucks. 14/3645 S. 6, oder den vom VG Freiburg, Urteil vom 02.04.2009 - 6 K 1959/08 - BeckRS 2009, 39506 entschiedenen Fall). Dabei fällt besonders ins Gewicht, dass hierzu gerade die Aufwendungen für Leistungen gehören, die den eigentlichen Kern der Rehabilitationsbehandlung bilden (VG Freiburg, ebd.). |
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| Im Hinblick auf die dargestellte Abrechnungspraxis der Rehabilitationseinrichtungen hält der Senat weiterhin an seiner Auffassung im Urteil vom 28.09.2011 (aaO) fest, dass die in § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO vorgesehene „Deckelung“ der beihilfefähigen Aufwendungen für Behandlungen in Rehabilitationseinrichtungen gegen höherrangiges Recht verstößt. |
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| 1. Regelungen, die krankheitsbedingte Aufwendungen trotz ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit von der Beihilfefähigkeit ausnehmen, sind nicht nur an der von Art. 33 Abs. 5 GG gewährleisteten Fürsorgepflicht des Dienstherrn, sondern auch am allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG zu messen. Nach dem gegenwärtigen Beihilfesystem wird die Beihilfe als Hilfeleistung, die die Eigenvorsorge der Beamten ergänzt, unabhängig von einer finanziellen Notlage gewährt, um einen bestimmten Vomhundertsatz der Kosten in Krankheits-, Pflege-, Geburts- und Todesfällen zu erstatten. Nach dem beihilferechtlichen Leistungsprogramm sind grundsätzlich diejenigen Aufwendungen beihilfefähig, die durch einen konkreten Anlass verursacht werden. So knüpft die Beihilfefähigkeit in Krankheitsfällen nicht an bestimmte Behandlungen oder Arzneimittel an. Diese Anlassbezogenheit kommt in dem Grundsatz zum Ausdruck, dass in Krankheitsfällen die Behandlungskosten im Rahmen der Notwendigkeit und der Angemessenheit beihilfefähig sind. Von dieser im gegenwärtigen Beihilfensystem angelegten Sachgesetzlichkeit wird zu Lasten der hiervon betroffenen Beamten abgewichen, wenn krankheitsbedingte Aufwendungen trotz ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit von der Beihilfegewährung ausgenommen werden. Die Vereinbarkeit eines derartigen Leistungsausschlusses mit dem allgemeinen Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG hängt davon ab, ob er durch einen zureichenden Grund gerechtfertigt ist (BVerwG, Urteil vom 18.02.2009 - 2 C 23.09 - NVwZ 2009, 847). |
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| 2. Die Regelung des § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO verstößt hiervon ausgehend gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG, da erhebliche krankheitsbedingte Aufwendungen trotz ihrer Notwendigkeit und Angemessenheit ohne einen zureichenden Grund von der Beihilfegewährung ausgeschlossen werden. |
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| a) Mit der Vorschrift des § 7 Abs. 7 S. 4 BVO regelt der Verordnungsgeber den Umfang der Erstattungsfähigkeit von Rehabilitationsbehandlungen und definiert damit die Grenze der Angemessenheit der entsprechenden Aufwendungen. Diese Kostengrenze beruht zentral auf der Annahme des Verordnungsgebers, dem Beihilfeberechtigten sei es ohne weiteres möglich, mit den für seine Behandlung in Betracht kommenden Rehabilitationseinrichtungen eine Preisvereinbarung zu treffen, die der zwischen der jeweiligen Einrichtung und dem Sozialversicherungsträger getroffenen Vereinbarung entspricht. |
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| Diese Vorstellung des Verordnungsgebers ist angesichts der schwachen Marktposition des einzelnen Beihilfeberechtigten lebensfremd. Diese Einschätzung des Senats beruht zum einen darauf, dass ihm aufgrund der Vielzahl der bei ihm anhängig gewesenen Verfahren, die die Abrechnungspraxis der Rehabilitationseinrichtungen gegenüber den Beihilfeberechtigten zum Gegenstand hatten, sowie der derzeit beim Senat mit diesem Streitgegenstand anhängigen Fälle bekannt ist, dass die Rehabilitationseinrichtungen im Bereich der stationären Medizinischen Rehabilitation den Beihilfe-Patienten im Regelfall höhere Kosten berechnen als den gesetzlich Versicherten. Auch wenn den Beihilfeberechtigten in etwa derselbe Pauschaltagessatz berechnet wird (was häufig der Fall ist), beinhaltet der Tagessatz für die Beihilfeberechtigten im Regelfall nur die Leistungen für Pflege, Unterkunft und Verpflegung; Arznei- und Verbandsmittel sowie - insbesondere - sämtliche Heilbehandlungen werden dagegen den Beihilfeberechtigten zusätzlich in Rechnung gestellt, während diese Leistungen bei den gesetzlich Versicherten vom pauschalen Tagessatz umfasst sind. Diese Erfahrung des Senats entspricht im Übrigen auch der Einschätzung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft, das sich wegen dieser Problematik in Gesprächen bzw. Verhandlungen mit der Baden-Württembergischen Krankenhausgesellschaft e.V. - Verband der Krankenhäuser, Rehabilitations- und Pflegeeinrichtungen (im Folgenden: BWKG) - befindet; wie sich aus dem vom Beklagten vorgelegten Schreiben der BWKG an das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft vom 21.05.2013 ergibt, hat auch das Finanzministerium die Erfahrung gemacht, dass im Bereich der stationären medizinischen Rehabilitation den Beihilfe-Patienten oftmals Preise in Rechnung gestellt werden, die über den Sozialversicherungssätzen liegen (vgl. Schreiben vom 21.05.2013, Seite 1 2. Absatz). |
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| Zum anderen ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass es bislang auch dem Land Baden-Württemberg nicht gelungen ist, mit den Einrichtungen im Bereich der stationären medizinischen Rehabilitation (Heilverfahren) bzw. mit den Verbänden der betroffenen Einrichtungen eine Vereinbarung abzuschließen, die zu einer Begrenzung bzw. Absenkung der Kosten für die Beihilfeberechtigten führt (vgl. LT-Drs. 14/3645 S. 7, Petition 14/2793 und LT-Drs. 14/5132). Auch aus dem Schreiben der BWKG an das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg vom 21.05.2013 ergibt sich, dass das Land zwar mit diesem größten Verband der Rehabilitationseinrichtungen in Baden-Württemberg im Austausch steht, der Abschluss einer Vereinbarung auf der Grundlage von § 15 Abs. 5 BVO jedoch bislang mangels Einverständnisses des Verbands (noch) nicht zustande gekommen ist (vgl. dazu Seite 3 3. Absatz des Schreiben vom 21.05.2013). |
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| Darüber hinaus ist zu beachten, dass es in Bezug auf Rehabilitationseinrichtungen keine ausreichenden Schutzvorschriften zugunsten der Selbstzahler gibt. Während „gewöhnliche“ Krankenhäuser den Regelungen der Bundespflegesatzverordnung unterworfen sind und die Abrechnung ärztlicher Leistungen durch die Vorschriften der GOÄ und der GOZ reglementiert ist, finden sich keine Regelungen, welche die Höhe des Gesamtentgelts für den Aufenthalt in einer Rehabilitationseinrichtung wirksam begrenzen. Dies führt einerseits dazu, dass der Träger der Einrichtung Entgelte verlangen kann, die in ihrer Gesamtheit über dem mit den Sozialversicherungsträgern vereinbarten Pauschalsatz liegen, und andererseits ein erheblicher Teil dieser für den Beamten bei realitätsnaher Betrachtung nicht vermeidbaren Aufwendungen nicht als beihilfefähig anerkannt wird. In vielen Fällen wird es zudem so sein, dass es für einzelne Rehabilitationsmaßnahmen nur wenige in Betracht kommende spezialisierte Einrichtungen geben wird, und dieser Umstand die Verhandlungsposition der Beihilfeberechtigten weiter schwächt. |
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| b) Auch das in Reaktion auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom 28.09.2011 (aaO) erfolgte Vorbringen des beklagten Landes ist nicht geeignet, die dargestellten Indizien für die Einschätzung, dass es den Beihilfeberechtigten im Regelfall nicht möglich ist, mit den für sie in Betracht kommenden Rehabilitationseinrichtungen eine Preisvereinbarung entsprechend den Vorgaben des § 7 Abs. 7 S. 4 BVO zu treffen, in Frage zu stellen. Die entgegengesetzte Behauptung des Beklagten bleibt ohne Substanz. |
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| aa) In diesem Zusammenhang beruft sich der Beklagte maßgeblich darauf, dass nach Auskunft der BWKG in ihrem Schreiben vom 21.5.2013 von 15 stichprobenartig abgefragten Rehabilitationskliniken sämtliche angegeben hätten, sie würden eine „beihilfekonforme“ Abrechnung anbieten, sofern die Beihilfeberechtigten den Umfang der Erstattungsfähigkeit durch die Beihilfestelle des Landes darlegten. Diese Aussage des privaten Verbands der Rehabilitationseinrichtungen enthält jedoch nicht das zu fordernde Mindestmaß an Plausibilität. Im Einzelnen: |
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| Die 15 angeblich abgefragten Rehabilitationseinrichtungen werden bereits nicht benannt, auch fehlen Angaben dazu, in welchem medizinischen Bereich sie ihre Leistungen anbieten. Darüber hinaus lassen sich dem Schreiben vom 21.05.2013 weder die Fragestellung der BWKG gegenüber den „abgefragten“ Einrichtungen noch deren Antworten gegenüber dem Verband entnehmen, aus deren genauem Inhalt allein die Werthaltigkeit der Auskunft abgeleitet werden könnte. Die Stellungnahme des Verbands enthält darüber hinaus keine Angaben zu der Frage, ob die „abgefragten“ Einrichtungen mit ihren Beihilfepatienten überhaupt bereits jemals „beihilfekonforme“ privatrechtliche Vereinbarungen abgeschlossen haben bzw. in welcher Häufigkeit solche Vertragsgestaltungen bei der jeweiligen Einrichtung Anwendung gefunden haben. Die Behauptung des Verbands, die 15 „abgefragten“ Kliniken böten eine beihilfekonforme Abrechnung an, ist zudem mit der Einschränkung versehen „sofern bei Beginn der Behandlung die Erstattungsfähigkeiten seitens der Beihilfe klar bekannt sind“. Auch dieser Vorbehalt ist weder schlüssig noch nachvollziehbar. Die hier zu beurteilende Neuregelung des § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO und die damit verbundene „Deckelung“ der Beihilfe ist seit dem 01.01.2009 in Kraft und damit seit Jahren geltendes Recht, auf das das Landesamt vor Beginn einer Rehabilitationseinrichtung die jeweiligen Beihilfeberechtigten ausdrücklich hinweist. Vor diesem Hintergrund muss bei lebensnaher Betrachtung davon ausgegangen werden, dass jedenfalls die Rehabilitationseinrichtungen, die ihren Sitz in Baden-Württemberg haben, über den Umfang der Beihilfefähigkeit ihrer Behandlungen bzw. die entsprechende Handhabung der Beihilfefälle durch das Landesamt informiert sind. Warum im Falle eines Aufenthalts der Beihilfeberechtigten des Landes in den „abgefragten“ Einrichtungen der Umfang der Beihilfegewährung mit dem jeweiligen Patienten im Einzelnen abgeklärt werden müsste, um eine beihilfekonforme Abrechnung anbieten zu können, bleibt deshalb unerfindlich. |
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| Die Aussage der BWKG, sämtliche „abgefragten“ Kliniken böten eine „beihilfekonforme“ Abrechnung an, steht auch in Widerspruch zu den weiteren Ausführungen im zitierten Schreiben vom 21.05.2013. Denn der Verband vertritt darin unmissverständlich die Rechtsauffassung, die Beihilfeverordnung biete keine ausreichende Grundlage dafür, dass die Beihilfestellen gegenüber den Beihilfeberechtigten die Pauschalsätze zugrunde legten, die für die Sozialversicherten gelten (vgl. den 4. Absatz auf Seite 2 und den 3. Absatz auf Seite 3 des Schreibens vom 21.05.2013). Deshalb hat der Verband in seinem Schreiben auch ausdrücklich erklärt, dass kein Einverständnis mit einer auf § 15 Abs. 5 BVO gestützten Rahmenvereinbarung bestehe, die den vom Land Baden-Württemberg vorgeschlagenen Tagessatz für Sozialversicherte beinhalte. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung des Verbands besteht jedoch für die Rehabilitationseinrichtungen auch keine Veranlassung, den Beihilfeberechtigten eine Preisvereinbarung anzubieten, die dem Tagessatz für die Sozialversicherten entspricht und die zu deutlich geringeren Einnahmen für die jeweilige Rehabilitationseinrichtung führen würde. |
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| Nach alledem sind die Ausführungen der BWKG in ihrem Schreiben vom 21.05.2013 nicht geeignet, die Annahme des Senats zu erschüttern, dass der Beihilfeberechtigte im Regelfall keine Möglichkeit hat, mit vertretbarem Aufwand eine solche Rehabilitationseinrichtung auszuwählen, deren Leistungsentgelte auch für die sogenannten Selbstzahler in etwa den Pauschalsätzen für die Sozialversicherten entsprechen. Konkrete Beispielsfälle, die im Widerspruch zur Annahme des Senats stehen, hat der Verband - wie oben dargelegt - jedenfalls nicht benannt. Die Tatsache, dass in einer Vielzahl von Fällen die Kliniken gegenüber den Beihilfeberechtigten nicht „beihilfekonform“ abrechnen, begründet der BWKG in seinem Schreiben vom 21.05.2013 damit, dass die Beihilfeberechtigten als reine Privatpatienten aufträten und ein gehobenes - also über dem GKV-Standard liegendes - Leistungsniveau einfordern würden. Auch diese Aussage bleibt substanzlos. Der Verband legt insbesondere nicht ansatzweise dar, inwiefern sich das Leistungsangebot gegenüber den Beihilfeberechtigten vom Angebot gegenüber den Sozialversicherten unterscheidet. Darüber hinaus kann mit der Behauptung, die Beihilfeberechtigten würden von den Rehabilitationseinrichtungen im Vergleich zu den Sozialversicherten ein höheres Leistungsniveau einfordern, die Abrechnungspraxis, wie sie sowohl dem beklagten Land als auch dem Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, nicht erklärt werden; während mit dem Tagessatz für die Sozialversicherten sämtliche Leistungen der Rehabilitationseinrichtungen abgegolten sind, werden den Beihilfeberechtigten neben einem pauschalen Tagessatz (im Regelfall) die Heilbehandlungen, d. h. die Leistungen, die den eigentlichen Kern der Rehabilitationsbehandlung bilden, vollumfänglich gesondert in Rechnung gestellt. |
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| Der Beklagte behauptet ferner unter Bezugnahme auf die Kommentierung in Schröder/Beckmann/Keufer/Hellstern/Zimmermann, Beihilfevorschriften Baden-Württemberg, dass seit Inkrafttreten der Neuregelung in § 7 Abs. 7 S. 4 BVO zahlreiche Fälle bekannt geworden seien, in denen die Einrichtungen ihre überzogenen Preisforderungen auf den beihilfefähigen Tagessatz reduziert hätten. Auch diese Behauptung wird weder konkretisiert noch gar belegt. Der Beklagte nennt weder konkrete Einrichtungen noch macht er Angaben, aus denen sich die Häufigkeit der behaupteten „Preisreduzierungen“ ableiten ließe. Den Angaben lässt sich auch nicht entnehmen, welche Fachgebiete die Einrichtungen abdecken, die die behauptete Reduzierung ihres Tagessatzes vorgenommen haben. Gleichermaßen substanzlos bleibt der in zahlreichen Parallelfällen erfolgte Vortrag des Beklagten, „im Landesamt für Besoldung und Versorgung seien Fälle bekannt, in denen sich Einrichtungen sowohl auf telefonische als auch auf schriftliche Anfragen dazu bereit erklärt hätten, Beihilfeberechtigten zu den Bedingungen aufzunehmen, die in dem Versorgungsvertrag für die gesetzlich Versicherten zugrundegelegt worden seien“. Auch in diesem Zusammenhang werden die angeblichen Fälle nicht konkret benannt und zudem keine nachvollziehbaren Angaben zur Häufigkeit dieser Fälle gemacht. |
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| Da der Senat den Beklagten in den bei ihm anhängig gewesenen Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand durchgängig darauf hingewiesen hat, dass die vom Landesamt für Besoldung und Versorgung behaupteten Fälle, in denen die Rehabilitationseinrichtungen angeblich „beihilfekonform“ abgerechnet hätten, zu belegen seien, und entsprechender Vortrag auch in der mündlichen Verhandlung nicht erfolgt ist, sieht der Senat keinen Anlass, von sich aus „ins Blaue hinein“ zu ermitteln, ob überhaupt bzw. in welcher Häufigkeit Rehabilitationseinrichtungen den Beihilfeberechtigten Leistungsentgelte anbieten, die in etwa den Pauschalsätzen für die Sozialversicherten entsprechen. Auf Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Senats konnte für den Beklagten kein Zweifel daran bestehen, dass er hinsichtlich der von ihm behaupteten „beihilfekonformen“ Abrechnungspraxis der Rehabilitationseinrichtungen „Ross und Reiter“ zu benennen hat. Dies ist nicht erfolgt. |
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| Auch der weitere Einwand des Beklagten, jedem Beihilfeberechtigten stünde in der Regel eine Vielzahl geeigneter Rehabilitationseinrichtungen (1.433 Reha- und Vorsorgeeinrichtungen deutschlandweit und 226 Einrichtungen in Baden-Württemberg) zur Verfügung, rechtfertigt keine abweichende Einschätzung. Allein die Anzahl der theoretisch in Frage kommenden Kliniken sagt nichts darüber aus, ob es dem Beihilfeberechtigten möglich ist, mit der Einrichtung eine Preisvereinbarung zu treffen, die im Wesentlichen der zwischen dieser Einrichtung und dem Sozialversicherungsträger getroffenen Vereinbarung entspricht. Ohne Erfolg beruft sich das beklagte Land auch darauf, dass Maßnahmen der medizinischen Rehabilitation - im Unterschied zu Anschlussbehandlungen, für die streitgegenständliche Deckelung gerade nicht gelte - einer gewissen Vorlaufzeit bedürften und deshalb die Betroffenen die Möglichkeit hätten, sich über diverse Einrichtungen und Kosten entsprechend vorher zu informieren. Allein die Möglichkeit der vorherigen Information ist noch kein Beleg dafür, dass die Beihilfeberechtigten auch faktisch die Möglichkeit haben, im Verhandlungswege mit der Einrichtung eine bestimmte Preisgestaltung zu ihren Gunsten durchzusetzen. |
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| bb) Neben der Sache liegt schließlich die Behauptung des beklagten Landes, der Senat habe in seinem Urteil vom 28.09.2011 (aaO) zu Unrecht angenommen, selbst dem Land sei es nicht gelungen, mit den Rehabilitationseinrichtungen eine Vereinbarung zu schließen, die die Kosten für die Beihilfeberechtigten auf die Höhe des für Sozialversicherte vereinbarten Pauschaltagessatzes der Einrichtung beschränke. Der Senat hat in seinem Urteil gerade nicht auf fehlende Vereinbarungen des beklagten Landes mit den einzelnen Rehabilitationseinrichtungen abgestellt, sondern darauf, dass es dem Land nicht gelungen sei, eine entsprechende Vereinbarung mit den Verbänden der betroffenen Einrichtungen abzuschließen. Dass solche Vereinbarungen mit den Verbänden vom beklagten Land angestrebt wurden und werden, ergibt sich im Übrigen ohne weiteres bereits aus dem zitierten Schreiben der BWKG vom 21.05.2013. |
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| c) Da die Beihilfeberechtigten nach alledem im Regelfall nicht die Möglichkeit haben, sämtliche notwendigen Rehabilitationsleistungen zu den Preisen zu vereinbaren, die nach Maßgabe des § 7 Abs. 7 Satz 4 BVO noch als angemessen angesehen werden, führt die Regelung faktisch dazu, dass ein ganz erheblicher Teil der Aufwendungen für notwendige Behandlungen bzw. Leistungen (im Wesentlichen die Aufwendungen für die notwendigen Heilbehandlungen) vom Beihilfeberechtigten selbst zu tragen ist. Dieser Leistungsausschluss ist nicht durch einen zureichenden Grund gedeckt; insoweit kann vollumfänglich auf die Ausführungen im Urteil des Senats vom 28.09.2011 (aaO) verwiesen werden. |
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| d) Im vorliegenden Fall ist zudem zu berücksichtigen, dass der Kläger auch im Hinblick auf die Besonderheiten seiner Erkrankung nicht die Möglichkeit hatte, die für ihn notwendigen Rehabilitationsleistungen zu den Preisen für die Sozialversicherten „einzukaufen“. Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts kommt für den Kläger im Hinblick auf seine Contergan-Behinderung nur eine geringe Anzahl von Rehabilitationseinrichtungen überhaupt in Betracht mit der Folge, dass jedenfalls in seinem konkreten Einzelfall von einer relevanten „Verhandlungsmacht“ zur Durchsetzung einer beihilfekonformen Abrechnung gegenüber diesen Rehabilitationseinrichtungen nicht gesprochen werden könne. Der Kläger hat im Berufungsverfahren vorgetragen, nur die Rehabilitationseinrichtung in D. verfüge im Bundesgebiet über die notwendige spezielle Erfahrung mit Contergan-Geschädigten; eine weitere Einrichtung dieser Art befinde sich in Zürich. Aufgrund seiner Contergan-Behinderung fehlten ihm die Arme, links habe er lediglich drei Finger und rechts zwei Finger. Bei ihm schreite der Muskelschwund deutlich schneller voran als bei einem Gesunden, weshalb er zur Kräftigung der Extremitäten auf regelmäßige Rehabilitationsmaßnahmen angewiesen sei. Zur Erhaltung seiner Arbeitskraft (etwa das Halten des Diktiergeräts) sei er auf spezielle Behandlungen zur Verlangsamung des Muskelschwunds in den Extremitäten angewiesen. Diesem Vortrag hat der Beklagte nicht widersprochen. Dass für die Rehabilitationsmaßnahme des Klägers eine nennenswerte Anzahl von Einrichtungen in Betracht gekommen wäre, ist auch für den Senat nicht ersichtlich, zumal bei realitätsnaher Betrachtung im Bundesgebiet nur eine begrenzte Anzahl Contergan-Geschädigter lebt und einer auf sie zugeschnittenen Behandlung bedarf. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. |
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| Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. |
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| Beschluss vom 15. August 2013 |
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| Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 790,09 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG). |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar. |
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