Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 8 S 1694/11
Tenor
Der Bebauungsplan mit örtlichen Bauvorschriften "Berg/Friedhof" der Gemeinde Bad Überkingen vom 10. Juni 2010 wird für unwirksam erklärt.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Das von Wohnhäusern, einem Friedhof und freier Landschaft umgebene Gebiet des Bebauungsplans "Berg-Friedhof" (Plangebiet) umfasst Siedlungs- und Freiraumflächen an einem nach Nord-Nordwesten exponierten Hang südlich der Aufhauser Straße in Bad Überkingen.
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Der Bebauungsplan soll an diesem Hang zusätzlichen Wohnraum ermöglichen und setzt dafür ein allgemeines Wohngebiet fest. Zur Erschließung ist im Lageplan eine "Straßenverkehrsfläche" ohne besondere Zweckbestimmung für eine von der Aufhauser Straße abzweigende, auf etwa 30 m mit bis zu 20% Längsneigung hangaufwärts führende 4,5 m breite Stichstraße mit zwei ca. 18 m und 30 m langen und 3,5 - 4,5 m breiten seitlichen Ästen ohne Wendeanlagen festgesetzt. Die textliche Festsetzung Nr. 1.3 "Flächen für die Herstellung des Straßenkörpers § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB" bestimmt ergänzend: "Durch den Ausbau der öffentlichen Verkehrsflächen sind auf privaten Grundstücksflächen gegebenenfalls Böschungen sowie Kunstbauten (Rabattensteine, Stützmauern, Fundamente usw.) erforderlich. Das Hineinragen des für die Randsteine oder Rabattenplatten als Abgrenzung zur öffentlichen Fläche erforderlichen Betonfußes, sowie notwendige Böschungen in das Grundstück sind zu dulden." Im Lageplan ist insoweit nichts festgesetzt. Die Antragstellerin ist Eigentümerin des Wohnhausgrundstücks Flst. Nr. ..., das an das Plangebiet angrenzt. Der Bebauungsplan ermöglicht auf der südöstlich und östlich an ihr Grundstück hangaufwärts anschließenden Streuobstwiese den Bau neuer Wohngebäude oberhalb ihres eigenen Wohnhauses.
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Nach dem Aufstellungsbeschluss vom 14.07.2005 erhielt die Öffentlichkeit Gelegenheit zur Äußerung. Die Antragstellerin beanstandete insbesondere, die Stichstraße gewährleiste keine verlässliche Zufahrt für Rettungsdienste, begründe ein überdurchschnittliches Unfallrisiko und sei ohne Wendeplatte unzulässig; die Hangbebauung berge erhebliches Gefahrenpotenzial für tiefere Grundstücke und verschatte diese unzumutbar. In einer Niederschrift über eine Bürgerversammlung vom 30.11.2005 heißt es u.a., es sei mehrfach vorgetragen worden, dass die Stichstraße für Lkw oder Rettungsfahrzeuge ungeeignet sei und dass Vorschriften für Erschließungsstraßen, z.B. hinsichtlich Wendeplatten, einzuhalten seien; der Vertreter der Gemeinde habe geäußert, das Planungsbüro werde diese Vorschriften berücksichtigen. Ein Diplom-Geologe erkundete und bewertete im Auftrag der Gemeinde den Baugrund im Plangebiet und stellte in seinem Gutachten vom 11.01.2006 bestimmte bautechnische Folgerungen dar. Das Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau beim Regierungspräsidium Freiburg wies mit Schreiben vom 12.10.2006 darauf hin, dass das Plangebiet im Verbreitungsgebiet von Gesteinen der Sengenthal-Formation (Mitteljura) liege, die von einer Rutschmasse bedeckt sei. Deren Bebauung sei häufig mit erheblichem finanziellem Mehraufwand verbunden. Unter ungünstigen Verhältnissen könnten relativ geringe Eingriffe in der Hang dessen Gesamtstabilität in Frage stellen. Zur Bebaubarkeit des Plangebiets sei im Baugrundgutachten Stellung zu nehmen. Der Planentwurf wurde im Juli und August 2009 öffentlich ausgelegt. Die Antragstellerin wiederholte und vertiefte ihre Einwendungen. Eigentümer anderer Grundstücke erhoben ähnliche Einwendungen, insbesondere zur Erschließung des Plangebiets. Das Landratsamt schlug für sein Straßenverkehrsamt u.a. vor, an der Einmündung in die Aufhauser Straße Flächen für Mülleimer vorzusehen, da Entsorgungsfahrzeuge das Baugebiet nicht befahren könnten. Wegen Planänderungen und Formfehlern wurde der Planentwurf im Jahr 2010 noch zweimal öffentlich ausgelegt. Die Antragstellerin erneuerte jeweils ihre Einwendungen.
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In seiner Sitzung am 10.06.2010 beschloss der Gemeinderat, die öffentlichen und privaten Belange wie in der Planbegründung dargestellt abzuwägen. In einer Verwaltungsvorlage für die Sitzung heißt es, die eingegangenen Anregungen und Bedenken der Bürger seien in der Planbegründung dargestellt und abgewogen. Zur Stellungnahme des Landratsamts wird u.a. ausgeführt, die bisherigen Planungen gingen bereits davon aus, dass die Mülleimer zur Abholung an der Aufhauser Straße bereitzustellen seien. In derselben Sitzung beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan mit örtlichen Bauvorschriften als Satzung. Der Bürgermeister fertigte die Satzung am 01.07.2010 aus. Die Beschlussfassung wurde am 02.07.2010 mit Hinweisen zu Planerhaltungsvorschriften ortsüblich bekannt gemacht.
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Mit einem am 08.06.2011 beim erkennenden Gerichtshof eingegangenen Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom selben Tag, der bei der Antragsgegnerin am 17.06.2011 einging, hat die Antragstellerin Normenkontrollantrag gestellt und zur Begründung dargelegt: Der Bebauungsplan verstoße gegen das Abwägungsgebot. Die Stichstraße gewährleiste keine ordnungsgemäße Erschließung, auch wegen eines erhöhten Unfallrisikos für ältere und gehbehinderte Fußgänger. Der Verkehr verursache zudem unzumutbaren Lärm. Der Gemeinderat habe zudem verkannt, dass der durch die ermöglichte Wohnbebauung sowie dazwischen errichtete Garagen zu erwartende Schattenwurf die Nutzung tieferer Wohngrundstücke unzumutbar beeinträchtige. Es hätte ein Gutachten über die Verschattung eingeholt werden müssen. Nicht hinreichend berücksichtigt worden sei auch, dass eine Hangbebauung erhebliches Gefahrenpotenzial für tiefere Grundstücke mit sich bringe. Mit späteren Schriftsätzen hat die Antragstellerin diese Begründung vertieft und eine für ihr Wohnhaus erstellte "Verschattungsstudie" des Architekten K. vom 15.03.2013 vorgelegt.
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Die Antragstellerin beantragt,
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den Bebauungsplan mit örtlichen Bauvorschriften "Berg/Friedhof" der Antragsgegnerin vom 10.06.2010 für unwirksam zu erklären.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
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den Antrag abzuweisen.
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Die Erschließung des Plangebiets entspreche bis auf die Bemessungsgrenze für die Längsneigung den Anforderungen technischer Regelwerke. Die Stichstraße sei für den allgemeinen Personenverkehr sowie für Kranken- und Feuerwehrverkehr ganzjährig befahrbar. Ihr Gefälle sei ortsüblich und begründe nach Erfahrungen der Gemeinde und der Polizei kein erhöhtes Unfallrisiko. Die Gemeinde habe eine mögliche Verschattung tieferer Grundstücke erkannt, diese Beeinträchtigung jedoch aufgrund eigener Sachkunde für zumutbar gehalten. Die Zumutbarkeit werde durch die von der Antragstellerin vorgelegte "Verschattungsstudie" sowie durch ein von der Antragsgegnerin für alle tieferen Grundstücke an der Aufhauser Straße eingeholtes "Beschattungsgutachten" des Architekten G. vom 12.03.2013 bestätigt. Eine Hangbebauung sei nach dem Baugrundgutachten vom 11.01.2006 möglich.
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Dem Senat liegen die Verfahrensakten der Antragsgegnerin zur Aufstellung des angegriffenen Bebauungsplans und die Gerichtsakten vor. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt dieser Unterlagen und die Gerichtsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
A.
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Der Antrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
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Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die angegriffene Satzung fasst nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassene Festsetzungen und andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende örtliche Bauvorschriften, die mangels landesrechtlicher Grundlage keine Festsetzungen des Bebauungsplans sind, äußerlich in einem Regelungswerk zusammen (vgl. Senatsurteil vom 22.04.2002 - 8 S 177/02 -ESVGH 52, 252; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.08.2002 - 5 S 818/00 -VBlBW 2003, 208). Der Antrag ist auch sonst zulässig. Er wurde fristgerecht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der Satzung gestellt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO) und ist nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig. Schließlich macht die Antragstellerin hinreichend geltend, durch die Satzung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO).
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An die Geltendmachung einer solchen Rechtsverletzung dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es reicht aus, dass hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen werden, die eine Rechtsverletzung als möglich erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732; Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217>). Daran fehlt es, wenn Rechte eines Antragstellers unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.07.1973 - VII C 6.72 -BVerwGE 44, 1 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Zwar scheidet die Möglichkeit einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - juris Rn. 3 m.w.N.) aus, weil die Antragstellerin nicht Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet ist. Ihre Antragsbefugnis folgt aber aus der Möglichkeit einer Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, soweit dieses der Antragstellerin ein Recht auf gerechte Abwägung eigener abwägungserheblicher Belange (BVerwG, Urteil vom 24.09.1998, a.a.O.) vermittelt.
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Macht ein Antragsteller eine Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB geltend, genügt die Darlegung eines abwägungserheblichen privaten Belangs des Antragstellers. Nicht erforderlich ist, dass im einzelnen Tatsachen vorgetragen werden, die konkret eine fehlerhafte Behandlung eines abwägungserheblichen eigenen Belangs des Antragstellers durch die Gemeinde als möglich erscheinen lassen (Senatsurteil vom 02.07.2013 - 8 S 1784/11 - im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - 4 CN 1.03 -Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 und Beschluss vom 17.12.2012 - 4 BN 19.12 - BauR 2013, 753 Rn. 3). Allerdings ist nicht jeder private Belang abwägungserheblich, sondern nur ein solcher, der “nach Lage der Dinge“ in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309>). Belange eines Eigentümers, dessen Grundstück nicht in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen ist, sind abwägungserheblich, wenn der Bebauungsplan oder seine Ausführung nachteilige Auswirkungen auf das Grundstück und seine Nutzung haben kann; solche planungsbedingten Folgen müssen, wenn sie mehr als geringfügig, schutzwürdig und erkennbar sind, ebenso wie jeder vergleichbare Konflikt innerhalb des Plangebiets im Rahmen des Abwägungsgebots bewältigt werden (BVerwG, Urteile vom 30.04.2004 - 4 CN 1.03 - BRS 67 Nr. 51 und vom 24.09.1998, a.a.O.).
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Gemessen daran benennt die Antragstellerin jedenfalls mit ihrem Vortrag, der Schattenwurf neuer Wohnhäuser am Hang könne die ohnehin schon durch den Bergschatten vorbelastete Wohnnutzung auf ihrem Grundstück unzumutbar beeinträchtigen und eine Bebauung des an ihr Grundstück angrenzenden Steilhangs mit Gebäuden könne tiefer gelegene Grundstücke durch ein Abrutschen des Hangs oder abfließendes Wasser gefährden, abwägungserhebliche eigene private Belange als verletzt. Denn sie macht damit mehr als geringfügige, schutzwürdige und für die Gemeinde erkennbare planungsbedingte Folgen für die Nutzung ihres Grundeigentums geltend.
II.
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Der Antrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan "Berg/Friedhof" mit örtlichen Bauvorschriften vom 10.06.2010 ist wegen beachtlicher Verletzung höherrangigen Rechts ungültig. Die Aufstellung des Bebauungsplan verstößt zwar nicht gegen das Gebot städtebaulicher Erforderlichkeit von Bauleitplänen nach § 1 Abs. 3 BauGB (1.). Jedoch verletzt die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) und dieser Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlich (2.). Zudem ist die Duldungspflicht in der textlichen Festsetzung Nr. 1.3 Satz 2 mit § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB unvereinbar (3.). Diese beachtlichen Rechtsverstöße führen zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans und der mit ihm beschlossenen örtlichen Bauvorschriften (4.). Keiner Entscheidung bedarf daher, ob weitere beachtliche Rechtsverstöße vorliegen, insbesondere soweit die Antragstellerin sonstige Abwägungsmängel rügt.
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1. Der Bebauungsplan ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich. Diese Vorschrift setzt der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung, für die das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 CN 6.11 - BauR 2013, 1402 m.w.N.). Was i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 - BVerwGE 119, 25 <31>). Nicht erforderlich ist demzufolge nur ein Bebauungsplan ohne positive Planungskonzeption, der ersichtlich der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder der die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag, weil er aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013, a.a.O.).
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Ein derartiger offensichtlicher planerischer Missgriff liegt nicht vor. Der in der Planbegründung angegebene Grund, zur Deckung des Wohnbedarfs mangels räumlicher Alternativen im Gemeindegebiet unmittelbar anschließend an vorhandene Wohnbebauung zusätzliche Bauplätze für Wohnhäuser schaffen zu wollen, lässt ein vertretbares Konzept für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Plangebiet erkennen. Es gibt weder Anhaltspunkte für einen städtebaulichen Missgriff noch für Umstände, die den Schluss nahelegen, die Planung sei aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht zu verwirklichen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere nicht schon aus dem von der Antragstellerin angeführten abstrakten Gefährdungspotenzial einer Hangbebauung. Wie aus dem von der Gemeinde eingeholten Baugrundgutachten des Dipl.-Geol. Dr. ... vom 11.01.2006 hervorgeht, ist die geplante Hangbebauung mit Wohnhäusern im Grundsatz möglich, wenn bei der Bauausführung bestimmte technische Anforderungen, insbesondere DIN-Vorschriften, beachtet werden. Aus der Stellungnahme des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau beim Regierungspräsidium Freiburg vom 12.10.2006 folgt nichts Anderes; darin wird ausdrücklich auf das Baugrundgutachten verwiesen.
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2. Jedoch verstößt die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB (a)) und dieser Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans auch beachtlich (b)).
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a) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere sind die für diese Abwägung bedeutsamen Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB). Die gerichtliche Kontrolle der Abwägung beschränkt sich - im Rahmen der Planerhaltungsvorschriften (§§ 214, 215 BauGB) - auf die Nachprüfung, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange erkannt und der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der ihrer objektiven Gewichtigkeit entspricht (st. Rspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309> und vom 05.07.1974 - IV C 50.72 -BVerwGE 45, 309 <315>). Eine gerechte Abwägung in diesem Sinne erfordert insbesondere, dass ein Bauleitplan von ihm geschaffene oder ihm zurechenbare Konflikte grundsätzlich selbst löst (Gebot der Konfliktbewältigung). Die Verlagerung einer Problemlösung in den nachfolgenden Planvollzug ist nur zulässig, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Bauleitplanverfahrens im Planvollzug sichergestellt ist. Das ist nicht der Fall, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der Interessenkonflikt auch dort nicht sachgerecht lösen lassen wird (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24, juris Rn. 19. m.w.N.).
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Zum Abwägungsmaterial (§ 2 Abs. 3 BauGB) gehören auch die Belange des Verkehrs (§ 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB). Der Begriff "Verkehr" wird einerseits durch die Anforderungen ausgestaltet, welche die für die Bebaubarkeit der Grundstücke elementare verkehrliche Erschließung stellen, und andererseits durch diejenigen beim Bau bzw. bei der Erhaltung, Erweiterung oder Verbesserung einer (Erschließungs-)Straße zu beachtenden Erfordernisse, die sich aus dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis und den allgemein anerkannten Regeln des Straßenbaus ergeben. Dieser in § 9 Abs. 1 Satz 2 StrG niedergelegte Inhalt der Straßenbaulast ist auch bei der abwägenden Entscheidung über die Festsetzung der für die Erschließung eines (Wohn-)Baugebiets vorgesehenen öffentlichen Verkehrsflächen allgemeiner Zweckbestimmung (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 Alt. 1 BauGB) zu beachten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000 - 5 S 2778/98 - NVwZ-RR 2001, 13). Geeignete Anhaltspunkte zur Ermittlung und Bewertung der für diese Entscheidung bedeutsamen Belange des Verkehrs liefern insbesondere die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - RASt Ausgabe 2006 - der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV). Zwar enthalten diese Richtlinien keine verbindlichen Rechtsnormen. Als von Fachleuten erstellte Vorschriften konkretisieren sie aber sachverständig allgemein anerkannte Regeln des Straßenbaus i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 2 StrG. Als solche liefern sie für Ermittlung und Bewertung der Belange des Verkehrs Anhaltspunkte, wie Erschließungsstraßen im Normalfall nach ihrem Raumbedarf und zur Gewährleistung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu entwerfen und zu gestalten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1989 - 8 C 6.88 - BVerwGE 82, 102, 111 <zu den Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen 1985/95>; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.04.2000, a.a.O., und vom 20.12.1979 - III 1664/79 - juris Rn. 39 <zu den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, Teil Erschließung, 1971>). Das gilt im Besonderen für die Erreichbarkeit der erschlossenen Grundstücke mit Feuerwehr-, Müll- und Versorgungsfahrzeugen (VGH Bad.-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O.; Bay. VGH, Urteil vom 24.05.2012 - 2 N 12.448 - juris Rn. 44). Wegen der vielfältigen städtebaulichen Anforderungen an Stadtstraßen geben die Richtlinien für die Bauleitplanung allerdings keinen starren Maßstab vor, zumal die sachgerechte Erfüllung der städtebaulichen Aufgabe, die verkehrliche Erreichbarkeit von Grundstücken sicherzustellen, nicht verlangt, dass mit - großen - Personen- und Versorgungsfahrzeugen unmittelbar an die Grenze eines Grundstücks herangefahren werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.03.1991 - 8 C 59.89 - BVerwGE 88, 70, juris Rn. 22, und vom 04.06.1993 - 8 C 33.91 -BVerwGE 92, 304, juris Rn. 13). Andererseits berücksichtigen die Empfehlungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - gerade auch städtebauliche Merkmale (vgl. Nr. 2.3 RASt 2006). Daher soll von den in ihnen angegebenen Werten und Lösungen grundsätzlich "nur abgewichen werden, wenn die daraus entwickelte Lösung den spezifischen Anforderungen der Entwurfsaufgabe nachweislich besser gerecht wird" (vgl. Nr. 0 Absatz 5 RASt Ausgabe 2006). Das stellt entsprechende Anforderungen an Ermittlung und Bewertung der Verkehrsbelange, wenn das bauleitplanerische Erschließungskonzept der Gemeinde von den Empfehlungen der Richtlinien abweicht. Darüber hinaus kommt eine Abweichung allerdings auch aufgrund überwiegender anderer öffentlicher oder privater Belange in Betracht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O.).
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Gemessen daran ist die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße im Bebauungsplan "Berg/Friedhof" abwägungsfehlerhaft. Die Gemeinde hat insoweit die Belange des Verkehrs in Bezug auf die zumutbare Erreichbarkeit der neuen Wohngrundstücke mit regelmäßig verkehrenden Müllfahrzeugen entgegen § 2 Abs. 3 BauGB unzutreffend ermittelt und bewertet, indem sie von den Empfehlungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - RASt Ausgabe 2006 - ohne nachweislich bessere Lösung abgewichen ist; zugleich hat sie die mit ihrer Planung in dieser Hinsicht aufgeworfenen Konflikte nicht gelöst.
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Die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - enthalten in ihren Empfehlungen für typische Entwurfssituationen, die einen Großteil praktisch vorkommender Aufgabenstellungen abdecken, zum Querschnitt von Erschließungsstraßen der hier in Rede stehenden Kategoriengruppe "ES V" (kleinräumige Verbindungsfunktion, Wohnweg oder Wohnstraße) den besonderen Hinweis, bei Sackgassen müsse je nach örtlichen Bedingungen eine Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge vorgesehen werden, die als Platzraum gestaltet werden sollte (Nr. 5.2.1 RASt Ausgabe 2006). In ihrem Abschnitt zu einzelnen Entwurfselementen heißt es, das Ende von Stichstraßen oder Stichwegen sollte als Wendeanlage gestaltet werden, wobei Grundstückszufahrten und Gehwegüberfahrten für die Wendeflächen mitbenutzt werden könnten; der Flächenbedarf richte sich nach Achszahl und Wendekreis der Müllfahrzeuge; sofern für bestimmte regelmäßig verkehrende Fahrzeuge keine Wendeanlagen geschaffen werden könnten, seien Durchfahrten zu ermöglichen; Bilder 56 bis 59 und Tabelle 17 beschreiben die für Müllfahrzeuge notwendigen Maße von Wendeanlagen und Wendekreisradien (Nr. 6.1.2.1 und 6.1.2.2 RASt Ausgabe 2006). Damit wird auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Unfallverhütungsvorschriften (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) das Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen in Sackgassen ohne Wendeanlagen verbieten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O.) und dass gegebenenfalls Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ein solches Rückwärtsfahren ausschließen (vgl. BayVGH, Urteil vom 11.03.2005 - 20 B 04.2741 - juris Rn. 18). Die Empfehlungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - entsprechen nicht zuletzt auch allgemeinen städtebaulichen Anforderungen und Erfahrungen, wonach es grundsätzlich nicht vertretbar ist, regelmäßig verkehrenden Fahrzeugen der Müllabfuhr oder vergleichbaren Ver- und Entsorgungsfahrzeugen wegen Fehlens einer Wendemöglichkeit vorzugeben, auf einer längeren Strecke zurückzusetzen oder kleinere Fahrzeuge einzusetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2007 - 7 D 96/06.NE - juris Rn. 39 f., jeweils m.w.N.; siehe auch bereits Nr. 4 Absatz 4 des Erlasses des Innenministeriums zur Einführung der "Richtlinien der ARGEBAU für die Berücksichtigung des Verkehrs im Städtebau in Baden-Württemberg" vom 22.05.1969, GABl. S. 376, wonach Stichstraßen mit Wendeplätzen versehen werden sollen, die Fahrzeugen der Müllabfuhr ein Wenden ermöglichen).
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Die Planung der Antragsgegnerin entspricht den Empfehlungen der Richtlinien für die Anlagen von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - nicht. Die festgesetzte Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße sieht eine Wendeanlage nicht vor. Gründe für die Abweichung sind der Planbegründung nicht zu entnehmen. Im Normenkontrollverfahren hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage mitgeteilt, die Verkehrserschließung des Plangebiets entspreche mit Ausnahme der Längsneigung einschlägigen technischen Regelwerken, insbesondere den Richtlinien für die Anlagen von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 -. Das trifft jedoch, wie dargelegt, hinsichtlich der Empfehlungen zur Anlage von Wendeanlagen am Ende von Stichstraßen nicht zu. Allerdings mag einiges dafür sprechen, dass bereits die deutlich über der empfohlenen Bemessungsgrenze (12%) liegende - im Gebiet der Antragsgegnerin wohl ortstypische -Längsneigung der Erschließungsstraße eine Befahrbarkeit mit Müllfahrzeugen ausschließt. Die Planbegründung verhält sich dazu allerdings ebenso wenig wie zu der im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung geforderten Beachtung einschlägiger Vorschriften zur Herstellung von Erschließungsstraßen mit Wendeanlagen. Die Planbegründung äußert sich im Kapitel "Zufahrtsverhältnisse" zwar zur Erhaltung von "Wendemöglichkeiten" durch den Verzicht auf öffentliche Stellplätze entlang der Stichstraße, geht aber nicht auf die Erreichbarkeit der Grundstücke für Müllfahrzeuge ein. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass die nötige Wendefläche für ein Müllfahrzeug durch Mitbenutzung von Grundstückszufahrten oder Gehwegüberfahrten zur Verfügung steht. Die Planung geht daher offenbar davon aus, dass Müllfahrzeuge die Erschließungsstraße überhaupt nicht befahren, worauf auch die Äußerung der Gemeindeverwaltung in der Vorlage für die Gemeinderatssitzung am 10.06.2010 hindeutet, die Abfallbehälter seien von den Anliegern des Plangebiets zur Abholung an der Aufhauser Straße bereit zu stellen.
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Die erheblich über der Bemessungsgrenze der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - liegende Längsneigung (bis zu 20%) eines Teilstücks der Erschließungsstraße könnte zwar ein vertretbarer städtebaulicher Gesichtspunkt für eine Abweichung von den Empfehlungen der Richtlinien sein, der den Verzicht auf eine Wendeanlage am Ende der Stichstraße im Rahmen bauleitplanerischer Gestaltungsfreiheit rechtfertigen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1990 - 8 C 77.88 - NVwZ 1991, 76; siehe auch BayVGH, Urteil vom 14.10.2003 - 20 B 03.637 - UPR 2004, 76, juris Rn. 28). Gerade wegen der Topographie des Plangebiets stellt ein solcher Verzicht jedoch besondere Anforderungen an Ermittlung und Bewertung der Verkehrsbelange, was die Erreichbarkeit der Wohngrundstücke mit regelmäßig verkehrenden Müllfahrzeugen angeht. Die Planung der Antragsgegnerin geht offenbar davon aus, es sei den Anliegern im Plangebiet möglich und zumutbar, die Abfallbehälter auf einem Sammelplatz an der Aufhauser Straße zur Leerung bereit zu stellen. Das liegt in Anbetracht der bis zu 20%igen Längsneigung des von der Aufhauser Straße hinaufführenden Teilstücks der geplanten Erschließungsstraße jedoch nicht ohne Weiteres auf der Hand. Der üblicherweise von Hand durchgeführte Transport gefüllter Abfallbehälter und ihr Rücktransport nach Leerung auf einer Straße mit bis zu 20% Längsneigung könnte infolge dieses erheblichen Gefälles insbesondere im Winter möglicherweise nicht zumutbar, insbesondere aber mit erheblichen Gefahren für die Sicherheit der betroffenen Anlieger aber auch von Verkehrsteilnehmern, auch auf der Aufhauser Straße, verbunden sein. Die Planbegründung, in der die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange dargestellt ist, verhält sich indes nicht dazu, ob ein solcher Transport gefahrlos möglich und zumutbar ist. Dies bedarf folglich weiterer Ermittlung und Bewertung, insbesondere unter Beteiligung des für die Abfallentsorgung zuständigen Landkreises, zumal dieser einen zur Überlassung von Abfall verpflichteten Anlieger wohl nur dann zur Bereitstellung von Abfallbehältern an einer Sammelstelle verpflichten kann, wenn ihm dessen Transport dorthin zumutbar ist (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.04.2011 - 4 K 1030/09 - juris Rn. 20 m.w.N.). Auch hierzu enthalten weder die Planbegründung noch die Stellungnahme der Verwaltung in der Vorlage für die Gemeinderatssitzung vom 10.06.2010 irgendwelche Überlegungen. Anlass zu solchen weitergehenden Ermittlungen und Bewertungen hätte nicht zuletzt auch deshalb bestanden, weil bereits im Zuge der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit im November 2005 u.a. die Einhaltung von Vorschriften für Erschließungsstraßen hinsichtlich Wendeanlagen gefordert und ein erhöhtes Unfallrisiko infolge des großen Gefälles der Erschließungsstraße geltend gemacht worden war.
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Aufgrund dieses Ermittlungs- und Bewertungsdefizits sind zugleich die mit der Planung insoweit aufgeworfenen Konflikte nicht gelöst. Es ist nach Aktenlage zudem völlig unklar, ob und wo Abfallbehälter aus dem Plangebiet an der Einmündung der Erschließungsstraße in die Aufhauser Straße bereit gestellt werden können. Das Landratsamt - Straßenverkehrsamt - hatte ausdrücklich angeregt, in diesem Einmündungsbereich eine "Abstellfläche für Mülleimer" vorzusehen. Das ist jedoch nicht, etwa durch Festsetzung einer Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB, geschehen. Auch sonst hat sich diese Anregung weder im Bebauungsplan noch in den örtlichen Bauvorschriften niedergeschlagen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, ob und wo die erforderliche Abstellfläche im Planvollzug geschaffen wird, gab es in dem für die Rechtmäßigkeit der Abwägung maßgebenden Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) nach Aktenlage ebenfalls nicht.
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b) Der Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans auch nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich und nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden.
29
Die Antragsgegnerin hat die von der Planung berührten Belange des Verkehrs, die ihr bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt und bewertet. Insoweit nimmt der Senat auf die obigen Ausführungen (a)) Bezug. Dieser Mangel ist offensichtlich, weil er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Gemeinderates über dessen Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 4 CN 1.11 - BVerwGE 145, 231 m.w.N.). Er ist schließlich auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Denn nach den Umständen des vorliegenden Falles besteht die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012, a.a.O. m.w.N.), insbesondere durch eine Tieferlegung der Erschließungsstraße mit der Folge einer deutlich geringeren Längsneigung, durch eine um eine Wendeanlage vergrößerte Straßenverkehrsfläche und/oder durch eine Fläche als Sammelstelle für Abfallbehälter. Es gibt es ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin die Abweichung von den Empfehlungen der Richtlinien für die Anlagen von Straßen - Ausgabe 2006 - auf ein Überwiegen anderer öffentlicher oder privater Belange gestützt hat. Die Antragstellerin hat den Abwägungsmangel schließlich auch mit ihren Rügen zur nicht ordnungsgemäßen Erschließung des Plangebiets im Antragsschriftsatz vom 08.06.2011, welcher der Antragsgegnerin am 17.06.2011 zugegangen ist (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Beschluss vom 18.06.1982 - 4 N 6.79 - 1983, 347; Senatsbeschluss vom 24.10.1996 - 8 S 3336/95 - VBlBW 1997, 137), innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts hinreichend konkretisiert und substantiiert (vgl. dazu Senatsurteil vom 04.04.2012 - 8 S 1300/09 - VBlBW 2012, 391 m.w.N.) schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht.
30
3. Zudem ist die Duldungspflicht in der textlichen Festsetzung Nr. 1.3 Satz 2 mit § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB unvereinbar.
31
Die auf § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB gestützte Textfestsetzung "Flächen für die Herstellung des Straßenkörpers" bestimmt: "Das Hineinragen des für die Randsteine oder Rabattenplatten als Abgrenzung zur öffentlichen Fläche erforderlichen Betonfußes, sowie notwendige Böschungen in das Grundstück sind zu dulden". Die Festsetzung einer solchen Duldungspflicht ist mangels tragfähiger Rechtsgrundlage rechtswidrig. Der zuständige Straßenbaulastträger ist allein auf der Grundlage einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB nicht berechtigt, Böschungen oder andere Vorrichtungen zur Herstellung des Straßenkörpers auf einem Privatgrundstück tatsächlich herzustellen und zu unterhalten, solange die hierzu erforderliche Rechtsmacht noch nicht auf ihn übergegangen ist (BVerwG, Urteil vom 27.08.2009 - 4 CN 5.08 -BVerwGE 134, 355, Rn. 33/34). Folglich kann eine entsprechende Duldungspflicht eines Grundeigentümers auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB nicht festgesetzt werden und kommen andere Rechtsgrundlagen für die Festsetzung einer solchen Duldungspflicht von vorn herein nicht in Betracht (BVerwG, Urteil vom 27.08.2009, a.a.O.). Ungeachtet dessen ist die Festsetzung auch nicht hinreichend bestimmt. Denn im Lageplan zum Bebauungsplan sind "Flächen für die Herstellung des Straßenkörpers", auf die sich die Duldungspflicht bezieht, tatsächlich nicht festgesetzt.
32
4. Die genannten Rechtsverstöße führen zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans und der mit ihm beschlossenen örtlichen Bauvorschriften.
33
Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn - erstens - die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn - zweitens - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61>). Die Teilunwirksamkeit stellt dabei zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme dar (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - juris Rn. 3). Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Denn ohne die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße nebst den zu ihrer Herstellung notwendigen Flächen i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB können die restlichen Festsetzungen des Bebauungsplans für sich betrachtet mangels Verkehrserschließung des Plangebiets keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken. Aus den gleichen Gründen teilen die nur für das Plangebiet erlassenen örtlichen Bauvorschriften das rechtliche Schicksal des Bebauungsplans.
B.
34
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht erfüllt.
35
Beschluss vom 31. Oktober 2013
36
Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 10.000,-- Euro festgesetzt.
37
Der Beschluss ist unanfechtbar.
Gründe
A.
12
Der Antrag ist zulässig (I.) und begründet (II.).
I.
13
Der Antrag ist nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 VwGO i.V.m. § 4 AGVwGO statthaft. Die angegriffene Satzung fasst nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassene Festsetzungen und andere im Rang unter dem Landesgesetz stehende örtliche Bauvorschriften, die mangels landesrechtlicher Grundlage keine Festsetzungen des Bebauungsplans sind, äußerlich in einem Regelungswerk zusammen (vgl. Senatsurteil vom 22.04.2002 - 8 S 177/02 -ESVGH 52, 252; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 09.08.2002 - 5 S 818/00 -VBlBW 2003, 208). Der Antrag ist auch sonst zulässig. Er wurde fristgerecht innerhalb eines Jahres nach der Bekanntmachung der Satzung gestellt (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO) und ist nicht nach § 47 Abs. 2a VwGO unzulässig. Schließlich macht die Antragstellerin hinreichend geltend, durch die Satzung oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein (§ 47 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 VwGO).
14
An die Geltendmachung einer solchen Rechtsverletzung dürfen keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Es reicht aus, dass hinreichend substantiiert Tatsachen vorgetragen werden, die eine Rechtsverletzung als möglich erscheinen lassen (BVerwG, Urteil vom 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - NVwZ 1998, 732; Urteil vom 24.09.1998 - 4 CN 2.98 - BVerwGE 107, 215 <217>). Daran fehlt es, wenn Rechte eines Antragstellers unter Zugrundelegung des Antragsvorbringens offensichtlich und eindeutig nach keiner Betrachtungsweise verletzt sein können (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.07.1973 - VII C 6.72 -BVerwGE 44, 1 m.w.N.). Das ist hier nicht der Fall. Zwar scheidet die Möglichkeit einer Verletzung des Eigentumsgrundrechts nach Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (vgl. dazu BVerwG, Beschluss vom 13.11.2012 - 4 BN 23.12 - juris Rn. 3 m.w.N.) aus, weil die Antragstellerin nicht Eigentümerin eines Grundstücks im Plangebiet ist. Ihre Antragsbefugnis folgt aber aus der Möglichkeit einer Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB, soweit dieses der Antragstellerin ein Recht auf gerechte Abwägung eigener abwägungserheblicher Belange (BVerwG, Urteil vom 24.09.1998, a.a.O.) vermittelt.
15
Macht ein Antragsteller eine Verletzung des Abwägungsgebots nach § 1 Abs. 7 BauGB geltend, genügt die Darlegung eines abwägungserheblichen privaten Belangs des Antragstellers. Nicht erforderlich ist, dass im einzelnen Tatsachen vorgetragen werden, die konkret eine fehlerhafte Behandlung eines abwägungserheblichen eigenen Belangs des Antragstellers durch die Gemeinde als möglich erscheinen lassen (Senatsurteil vom 02.07.2013 - 8 S 1784/11 - im Anschluss an BVerwG, Urteil vom 30.04.2004 - 4 CN 1.03 -Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 165 und Beschluss vom 17.12.2012 - 4 BN 19.12 - BauR 2013, 753 Rn. 3). Allerdings ist nicht jeder private Belang abwägungserheblich, sondern nur ein solcher, der “nach Lage der Dinge“ in der konkreten Planungssituation einen städtebaulich relevanten Bezug hat (BVerwG, Urteil vom 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309>). Belange eines Eigentümers, dessen Grundstück nicht in den Geltungsbereich des Bebauungsplans einbezogen ist, sind abwägungserheblich, wenn der Bebauungsplan oder seine Ausführung nachteilige Auswirkungen auf das Grundstück und seine Nutzung haben kann; solche planungsbedingten Folgen müssen, wenn sie mehr als geringfügig, schutzwürdig und erkennbar sind, ebenso wie jeder vergleichbare Konflikt innerhalb des Plangebiets im Rahmen des Abwägungsgebots bewältigt werden (BVerwG, Urteile vom 30.04.2004 - 4 CN 1.03 - BRS 67 Nr. 51 und vom 24.09.1998, a.a.O.).
16
Gemessen daran benennt die Antragstellerin jedenfalls mit ihrem Vortrag, der Schattenwurf neuer Wohnhäuser am Hang könne die ohnehin schon durch den Bergschatten vorbelastete Wohnnutzung auf ihrem Grundstück unzumutbar beeinträchtigen und eine Bebauung des an ihr Grundstück angrenzenden Steilhangs mit Gebäuden könne tiefer gelegene Grundstücke durch ein Abrutschen des Hangs oder abfließendes Wasser gefährden, abwägungserhebliche eigene private Belange als verletzt. Denn sie macht damit mehr als geringfügige, schutzwürdige und für die Gemeinde erkennbare planungsbedingte Folgen für die Nutzung ihres Grundeigentums geltend.
II.
17
Der Antrag ist auch begründet. Der Bebauungsplan "Berg/Friedhof" mit örtlichen Bauvorschriften vom 10.06.2010 ist wegen beachtlicher Verletzung höherrangigen Rechts ungültig. Die Aufstellung des Bebauungsplan verstößt zwar nicht gegen das Gebot städtebaulicher Erforderlichkeit von Bauleitplänen nach § 1 Abs. 3 BauGB (1.). Jedoch verletzt die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) und dieser Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans beachtlich (2.). Zudem ist die Duldungspflicht in der textlichen Festsetzung Nr. 1.3 Satz 2 mit § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB unvereinbar (3.). Diese beachtlichen Rechtsverstöße führen zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans und der mit ihm beschlossenen örtlichen Bauvorschriften (4.). Keiner Entscheidung bedarf daher, ob weitere beachtliche Rechtsverstöße vorliegen, insbesondere soweit die Antragstellerin sonstige Abwägungsmängel rügt.
18
1. Der Bebauungsplan ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich. Diese Vorschrift setzt der Bauleitplanung eine erste, wenn auch strikt bindende Schranke, die lediglich grobe und einigermaßen offensichtliche Missgriffe ausschließt. Sie betrifft die generelle Erforderlichkeit der Planung, nicht Einzelheiten einer konkreten planerischen Lösung, für die das Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) maßgeblich ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013 - 4 CN 6.11 - BauR 2013, 1402 m.w.N.). Was i. S. des § 1 Abs. 3 BauGB städtebaulich erforderlich ist, bestimmt sich nach der jeweiligen planerischen Konzeption der Gemeinde (BVerwG, Urteil vom 17.09.2003 - 4 C 14.01 - BVerwGE 119, 25 <31>). Nicht erforderlich ist demzufolge nur ein Bebauungsplan ohne positive Planungskonzeption, der ersichtlich der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuches nicht bestimmt sind, oder der die Aufgabe der verbindlichen Bauleitplanung nicht zu erfüllen vermag, weil er aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht vollzugsfähig ist (BVerwG, Urteil vom 27.03.2013, a.a.O.).
19
Ein derartiger offensichtlicher planerischer Missgriff liegt nicht vor. Der in der Planbegründung angegebene Grund, zur Deckung des Wohnbedarfs mangels räumlicher Alternativen im Gemeindegebiet unmittelbar anschließend an vorhandene Wohnbebauung zusätzliche Bauplätze für Wohnhäuser schaffen zu wollen, lässt ein vertretbares Konzept für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung im Plangebiet erkennen. Es gibt weder Anhaltspunkte für einen städtebaulichen Missgriff noch für Umstände, die den Schluss nahelegen, die Planung sei aus tatsächlichen oder Rechtsgründen auf Dauer oder auf unabsehbare Zeit nicht zu verwirklichen. Solche Anhaltspunkte ergeben sich insbesondere nicht schon aus dem von der Antragstellerin angeführten abstrakten Gefährdungspotenzial einer Hangbebauung. Wie aus dem von der Gemeinde eingeholten Baugrundgutachten des Dipl.-Geol. Dr. ... vom 11.01.2006 hervorgeht, ist die geplante Hangbebauung mit Wohnhäusern im Grundsatz möglich, wenn bei der Bauausführung bestimmte technische Anforderungen, insbesondere DIN-Vorschriften, beachtet werden. Aus der Stellungnahme des Landesamts für Geologie, Rohstoffe und Bergbau beim Regierungspräsidium Freiburg vom 12.10.2006 folgt nichts Anderes; darin wird ausdrücklich auf das Baugrundgutachten verwiesen.
20
2. Jedoch verstößt die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße gegen das Abwägungsgebot nach § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB (a)) und dieser Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans auch beachtlich (b)).
21
a) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen (§ 1 Abs. 7 BauGB), insbesondere sind die für diese Abwägung bedeutsamen Belange (Abwägungsmaterial) zu ermitteln und zu bewerten (§ 2 Abs. 3 BauGB). Die gerichtliche Kontrolle der Abwägung beschränkt sich - im Rahmen der Planerhaltungsvorschriften (§§ 214, 215 BauGB) - auf die Nachprüfung, ob eine Abwägung überhaupt stattgefunden hat, ob an Belangen eingestellt wird, was nach Lage der Dinge eingestellt werden muss, ob die Bedeutung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange erkannt und der Ausgleich zwischen ihnen in einer Weise vorgenommen wird, der ihrer objektiven Gewichtigkeit entspricht (st. Rspr., vgl. grundlegend BVerwG, Urteile vom 12.12.1969 - IV C 105.66 - BVerwGE 34, 301 <309> und vom 05.07.1974 - IV C 50.72 -BVerwGE 45, 309 <315>). Eine gerechte Abwägung in diesem Sinne erfordert insbesondere, dass ein Bauleitplan von ihm geschaffene oder ihm zurechenbare Konflikte grundsätzlich selbst löst (Gebot der Konfliktbewältigung). Die Verlagerung einer Problemlösung in den nachfolgenden Planvollzug ist nur zulässig, wenn bei vorausschauender Betrachtung die Durchführung der als notwendig erkannten Konfliktlösungsmaßnahmen außerhalb des Bauleitplanverfahrens im Planvollzug sichergestellt ist. Das ist nicht der Fall, wenn bereits im Planungsstadium absehbar ist, dass sich der Interessenkonflikt auch dort nicht sachgerecht lösen lassen wird (st. Rspr., vgl. BVerwG, Urteil vom 19.04.2012 - 4 CN 3.11 - BVerwGE 143, 24, juris Rn. 19. m.w.N.).
22
Zum Abwägungsmaterial (§ 2 Abs. 3 BauGB) gehören auch die Belange des Verkehrs (§ 1 Abs. 6 Nr. 9 BauGB). Der Begriff "Verkehr" wird einerseits durch die Anforderungen ausgestaltet, welche die für die Bebaubarkeit der Grundstücke elementare verkehrliche Erschließung stellen, und andererseits durch diejenigen beim Bau bzw. bei der Erhaltung, Erweiterung oder Verbesserung einer (Erschließungs-)Straße zu beachtenden Erfordernisse, die sich aus dem regelmäßigen Verkehrsbedürfnis und den allgemein anerkannten Regeln des Straßenbaus ergeben. Dieser in § 9 Abs. 1 Satz 2 StrG niedergelegte Inhalt der Straßenbaulast ist auch bei der abwägenden Entscheidung über die Festsetzung der für die Erschließung eines (Wohn-)Baugebiets vorgesehenen öffentlichen Verkehrsflächen allgemeiner Zweckbestimmung (§ 9 Abs. 1 Nr. 11 Alt. 1 BauGB) zu beachten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000 - 5 S 2778/98 - NVwZ-RR 2001, 13). Geeignete Anhaltspunkte zur Ermittlung und Bewertung der für diese Entscheidung bedeutsamen Belange des Verkehrs liefern insbesondere die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - RASt Ausgabe 2006 - der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV). Zwar enthalten diese Richtlinien keine verbindlichen Rechtsnormen. Als von Fachleuten erstellte Vorschriften konkretisieren sie aber sachverständig allgemein anerkannte Regeln des Straßenbaus i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 2 StrG. Als solche liefern sie für Ermittlung und Bewertung der Belange des Verkehrs Anhaltspunkte, wie Erschließungsstraßen im Normalfall nach ihrem Raumbedarf und zur Gewährleistung von Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu entwerfen und zu gestalten sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.1989 - 8 C 6.88 - BVerwGE 82, 102, 111 <zu den Empfehlungen für die Anlage von Erschließungsstraßen 1985/95>; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 13.04.2000, a.a.O., und vom 20.12.1979 - III 1664/79 - juris Rn. 39 <zu den Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen, Teil Erschließung, 1971>). Das gilt im Besonderen für die Erreichbarkeit der erschlossenen Grundstücke mit Feuerwehr-, Müll- und Versorgungsfahrzeugen (VGH Bad.-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O.; Bay. VGH, Urteil vom 24.05.2012 - 2 N 12.448 - juris Rn. 44). Wegen der vielfältigen städtebaulichen Anforderungen an Stadtstraßen geben die Richtlinien für die Bauleitplanung allerdings keinen starren Maßstab vor, zumal die sachgerechte Erfüllung der städtebaulichen Aufgabe, die verkehrliche Erreichbarkeit von Grundstücken sicherzustellen, nicht verlangt, dass mit - großen - Personen- und Versorgungsfahrzeugen unmittelbar an die Grenze eines Grundstücks herangefahren werden kann (vgl. BVerwG, Urteile vom 01.03.1991 - 8 C 59.89 - BVerwGE 88, 70, juris Rn. 22, und vom 04.06.1993 - 8 C 33.91 -BVerwGE 92, 304, juris Rn. 13). Andererseits berücksichtigen die Empfehlungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - gerade auch städtebauliche Merkmale (vgl. Nr. 2.3 RASt 2006). Daher soll von den in ihnen angegebenen Werten und Lösungen grundsätzlich "nur abgewichen werden, wenn die daraus entwickelte Lösung den spezifischen Anforderungen der Entwurfsaufgabe nachweislich besser gerecht wird" (vgl. Nr. 0 Absatz 5 RASt Ausgabe 2006). Das stellt entsprechende Anforderungen an Ermittlung und Bewertung der Verkehrsbelange, wenn das bauleitplanerische Erschließungskonzept der Gemeinde von den Empfehlungen der Richtlinien abweicht. Darüber hinaus kommt eine Abweichung allerdings auch aufgrund überwiegender anderer öffentlicher oder privater Belange in Betracht (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O.).
23
Gemessen daran ist die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße im Bebauungsplan "Berg/Friedhof" abwägungsfehlerhaft. Die Gemeinde hat insoweit die Belange des Verkehrs in Bezug auf die zumutbare Erreichbarkeit der neuen Wohngrundstücke mit regelmäßig verkehrenden Müllfahrzeugen entgegen § 2 Abs. 3 BauGB unzutreffend ermittelt und bewertet, indem sie von den Empfehlungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - RASt Ausgabe 2006 - ohne nachweislich bessere Lösung abgewichen ist; zugleich hat sie die mit ihrer Planung in dieser Hinsicht aufgeworfenen Konflikte nicht gelöst.
24
Die Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - enthalten in ihren Empfehlungen für typische Entwurfssituationen, die einen Großteil praktisch vorkommender Aufgabenstellungen abdecken, zum Querschnitt von Erschließungsstraßen der hier in Rede stehenden Kategoriengruppe "ES V" (kleinräumige Verbindungsfunktion, Wohnweg oder Wohnstraße) den besonderen Hinweis, bei Sackgassen müsse je nach örtlichen Bedingungen eine Wendemöglichkeit für Müllfahrzeuge vorgesehen werden, die als Platzraum gestaltet werden sollte (Nr. 5.2.1 RASt Ausgabe 2006). In ihrem Abschnitt zu einzelnen Entwurfselementen heißt es, das Ende von Stichstraßen oder Stichwegen sollte als Wendeanlage gestaltet werden, wobei Grundstückszufahrten und Gehwegüberfahrten für die Wendeflächen mitbenutzt werden könnten; der Flächenbedarf richte sich nach Achszahl und Wendekreis der Müllfahrzeuge; sofern für bestimmte regelmäßig verkehrende Fahrzeuge keine Wendeanlagen geschaffen werden könnten, seien Durchfahrten zu ermöglichen; Bilder 56 bis 59 und Tabelle 17 beschreiben die für Müllfahrzeuge notwendigen Maße von Wendeanlagen und Wendekreisradien (Nr. 6.1.2.1 und 6.1.2.2 RASt Ausgabe 2006). Damit wird auch dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Unfallverhütungsvorschriften (vgl. § 15 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII) das Rückwärtsfahren von Müllfahrzeugen in Sackgassen ohne Wendeanlagen verbieten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O.) und dass gegebenenfalls Vorschriften der Straßenverkehrsordnung ein solches Rückwärtsfahren ausschließen (vgl. BayVGH, Urteil vom 11.03.2005 - 20 B 04.2741 - juris Rn. 18). Die Empfehlungen der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - entsprechen nicht zuletzt auch allgemeinen städtebaulichen Anforderungen und Erfahrungen, wonach es grundsätzlich nicht vertretbar ist, regelmäßig verkehrenden Fahrzeugen der Müllabfuhr oder vergleichbaren Ver- und Entsorgungsfahrzeugen wegen Fehlens einer Wendemöglichkeit vorzugeben, auf einer längeren Strecke zurückzusetzen oder kleinere Fahrzeuge einzusetzen (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 13.04.2000, a.a.O und OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 13.09.2007 - 7 D 96/06.NE - juris Rn. 39 f., jeweils m.w.N.; siehe auch bereits Nr. 4 Absatz 4 des Erlasses des Innenministeriums zur Einführung der "Richtlinien der ARGEBAU für die Berücksichtigung des Verkehrs im Städtebau in Baden-Württemberg" vom 22.05.1969, GABl. S. 376, wonach Stichstraßen mit Wendeplätzen versehen werden sollen, die Fahrzeugen der Müllabfuhr ein Wenden ermöglichen).
25
Die Planung der Antragsgegnerin entspricht den Empfehlungen der Richtlinien für die Anlagen von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - nicht. Die festgesetzte Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße sieht eine Wendeanlage nicht vor. Gründe für die Abweichung sind der Planbegründung nicht zu entnehmen. Im Normenkontrollverfahren hat die Antragsgegnerin auf Nachfrage mitgeteilt, die Verkehrserschließung des Plangebiets entspreche mit Ausnahme der Längsneigung einschlägigen technischen Regelwerken, insbesondere den Richtlinien für die Anlagen von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 -. Das trifft jedoch, wie dargelegt, hinsichtlich der Empfehlungen zur Anlage von Wendeanlagen am Ende von Stichstraßen nicht zu. Allerdings mag einiges dafür sprechen, dass bereits die deutlich über der empfohlenen Bemessungsgrenze (12%) liegende - im Gebiet der Antragsgegnerin wohl ortstypische -Längsneigung der Erschließungsstraße eine Befahrbarkeit mit Müllfahrzeugen ausschließt. Die Planbegründung verhält sich dazu allerdings ebenso wenig wie zu der im Rahmen der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung geforderten Beachtung einschlägiger Vorschriften zur Herstellung von Erschließungsstraßen mit Wendeanlagen. Die Planbegründung äußert sich im Kapitel "Zufahrtsverhältnisse" zwar zur Erhaltung von "Wendemöglichkeiten" durch den Verzicht auf öffentliche Stellplätze entlang der Stichstraße, geht aber nicht auf die Erreichbarkeit der Grundstücke für Müllfahrzeuge ein. Insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass die nötige Wendefläche für ein Müllfahrzeug durch Mitbenutzung von Grundstückszufahrten oder Gehwegüberfahrten zur Verfügung steht. Die Planung geht daher offenbar davon aus, dass Müllfahrzeuge die Erschließungsstraße überhaupt nicht befahren, worauf auch die Äußerung der Gemeindeverwaltung in der Vorlage für die Gemeinderatssitzung am 10.06.2010 hindeutet, die Abfallbehälter seien von den Anliegern des Plangebiets zur Abholung an der Aufhauser Straße bereit zu stellen.
26
Die erheblich über der Bemessungsgrenze der Richtlinien für die Anlage von Stadtstraßen - Ausgabe 2006 - liegende Längsneigung (bis zu 20%) eines Teilstücks der Erschließungsstraße könnte zwar ein vertretbarer städtebaulicher Gesichtspunkt für eine Abweichung von den Empfehlungen der Richtlinien sein, der den Verzicht auf eine Wendeanlage am Ende der Stichstraße im Rahmen bauleitplanerischer Gestaltungsfreiheit rechtfertigen könnte (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.04.1990 - 8 C 77.88 - NVwZ 1991, 76; siehe auch BayVGH, Urteil vom 14.10.2003 - 20 B 03.637 - UPR 2004, 76, juris Rn. 28). Gerade wegen der Topographie des Plangebiets stellt ein solcher Verzicht jedoch besondere Anforderungen an Ermittlung und Bewertung der Verkehrsbelange, was die Erreichbarkeit der Wohngrundstücke mit regelmäßig verkehrenden Müllfahrzeugen angeht. Die Planung der Antragsgegnerin geht offenbar davon aus, es sei den Anliegern im Plangebiet möglich und zumutbar, die Abfallbehälter auf einem Sammelplatz an der Aufhauser Straße zur Leerung bereit zu stellen. Das liegt in Anbetracht der bis zu 20%igen Längsneigung des von der Aufhauser Straße hinaufführenden Teilstücks der geplanten Erschließungsstraße jedoch nicht ohne Weiteres auf der Hand. Der üblicherweise von Hand durchgeführte Transport gefüllter Abfallbehälter und ihr Rücktransport nach Leerung auf einer Straße mit bis zu 20% Längsneigung könnte infolge dieses erheblichen Gefälles insbesondere im Winter möglicherweise nicht zumutbar, insbesondere aber mit erheblichen Gefahren für die Sicherheit der betroffenen Anlieger aber auch von Verkehrsteilnehmern, auch auf der Aufhauser Straße, verbunden sein. Die Planbegründung, in der die Abwägung der öffentlichen und privaten Belange dargestellt ist, verhält sich indes nicht dazu, ob ein solcher Transport gefahrlos möglich und zumutbar ist. Dies bedarf folglich weiterer Ermittlung und Bewertung, insbesondere unter Beteiligung des für die Abfallentsorgung zuständigen Landkreises, zumal dieser einen zur Überlassung von Abfall verpflichteten Anlieger wohl nur dann zur Bereitstellung von Abfallbehältern an einer Sammelstelle verpflichten kann, wenn ihm dessen Transport dorthin zumutbar ist (vgl. VG Freiburg, Urteil vom 20.04.2011 - 4 K 1030/09 - juris Rn. 20 m.w.N.). Auch hierzu enthalten weder die Planbegründung noch die Stellungnahme der Verwaltung in der Vorlage für die Gemeinderatssitzung vom 10.06.2010 irgendwelche Überlegungen. Anlass zu solchen weitergehenden Ermittlungen und Bewertungen hätte nicht zuletzt auch deshalb bestanden, weil bereits im Zuge der frühzeitigen Beteiligung der Öffentlichkeit im November 2005 u.a. die Einhaltung von Vorschriften für Erschließungsstraßen hinsichtlich Wendeanlagen gefordert und ein erhöhtes Unfallrisiko infolge des großen Gefälles der Erschließungsstraße geltend gemacht worden war.
27
Aufgrund dieses Ermittlungs- und Bewertungsdefizits sind zugleich die mit der Planung insoweit aufgeworfenen Konflikte nicht gelöst. Es ist nach Aktenlage zudem völlig unklar, ob und wo Abfallbehälter aus dem Plangebiet an der Einmündung der Erschließungsstraße in die Aufhauser Straße bereit gestellt werden können. Das Landratsamt - Straßenverkehrsamt - hatte ausdrücklich angeregt, in diesem Einmündungsbereich eine "Abstellfläche für Mülleimer" vorzusehen. Das ist jedoch nicht, etwa durch Festsetzung einer Fläche nach § 9 Abs. 1 Nr. 22 BauGB, geschehen. Auch sonst hat sich diese Anregung weder im Bebauungsplan noch in den örtlichen Bauvorschriften niedergeschlagen. Konkrete Anhaltspunkte dafür, ob und wo die erforderliche Abstellfläche im Planvollzug geschaffen wird, gab es in dem für die Rechtmäßigkeit der Abwägung maßgebenden Zeitpunkt der Beschlussfassung über den Bebauungsplan (§ 214 Abs. 3 Satz 1 BauGB) nach Aktenlage ebenfalls nicht.
28
b) Der Abwägungsmangel ist für die Rechtswirksamkeit des Bebauungsplans auch nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB beachtlich und nicht nach § 215 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB unbeachtlich geworden.
29
Die Antragsgegnerin hat die von der Planung berührten Belange des Verkehrs, die ihr bekannt waren oder hätten bekannt sein müssen, in wesentlichen Punkten nicht zutreffend ermittelt und bewertet. Insoweit nimmt der Senat auf die obigen Ausführungen (a)) Bezug. Dieser Mangel ist offensichtlich, weil er auf objektiv feststellbaren Umständen beruht und ohne Ausforschung der Mitglieder des Gemeinderates über dessen Planungsvorstellungen für den Rechtsanwender erkennbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 4 CN 1.11 - BVerwGE 145, 231 m.w.N.). Er ist schließlich auch auf das Abwägungsergebnis von Einfluss gewesen. Denn nach den Umständen des vorliegenden Falles besteht die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel die Planung anders ausgefallen wäre (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012, a.a.O. m.w.N.), insbesondere durch eine Tieferlegung der Erschließungsstraße mit der Folge einer deutlich geringeren Längsneigung, durch eine um eine Wendeanlage vergrößerte Straßenverkehrsfläche und/oder durch eine Fläche als Sammelstelle für Abfallbehälter. Es gibt es ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin die Abweichung von den Empfehlungen der Richtlinien für die Anlagen von Straßen - Ausgabe 2006 - auf ein Überwiegen anderer öffentlicher oder privater Belange gestützt hat. Die Antragstellerin hat den Abwägungsmangel schließlich auch mit ihren Rügen zur nicht ordnungsgemäßen Erschließung des Plangebiets im Antragsschriftsatz vom 08.06.2011, welcher der Antragsgegnerin am 17.06.2011 zugegangen ist (vgl. zu dieser Möglichkeit BVerwG, Beschluss vom 18.06.1982 - 4 N 6.79 - 1983, 347; Senatsbeschluss vom 24.10.1996 - 8 S 3336/95 - VBlBW 1997, 137), innerhalb eines Jahres seit Bekanntmachung der Satzung unter Darlegung des die Verletzung begründenden Sachverhalts hinreichend konkretisiert und substantiiert (vgl. dazu Senatsurteil vom 04.04.2012 - 8 S 1300/09 - VBlBW 2012, 391 m.w.N.) schriftlich gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht.
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3. Zudem ist die Duldungspflicht in der textlichen Festsetzung Nr. 1.3 Satz 2 mit § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB unvereinbar.
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Die auf § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB gestützte Textfestsetzung "Flächen für die Herstellung des Straßenkörpers" bestimmt: "Das Hineinragen des für die Randsteine oder Rabattenplatten als Abgrenzung zur öffentlichen Fläche erforderlichen Betonfußes, sowie notwendige Böschungen in das Grundstück sind zu dulden". Die Festsetzung einer solchen Duldungspflicht ist mangels tragfähiger Rechtsgrundlage rechtswidrig. Der zuständige Straßenbaulastträger ist allein auf der Grundlage einer Festsetzung nach § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB nicht berechtigt, Böschungen oder andere Vorrichtungen zur Herstellung des Straßenkörpers auf einem Privatgrundstück tatsächlich herzustellen und zu unterhalten, solange die hierzu erforderliche Rechtsmacht noch nicht auf ihn übergegangen ist (BVerwG, Urteil vom 27.08.2009 - 4 CN 5.08 -BVerwGE 134, 355, Rn. 33/34). Folglich kann eine entsprechende Duldungspflicht eines Grundeigentümers auf der Grundlage des § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB nicht festgesetzt werden und kommen andere Rechtsgrundlagen für die Festsetzung einer solchen Duldungspflicht von vorn herein nicht in Betracht (BVerwG, Urteil vom 27.08.2009, a.a.O.). Ungeachtet dessen ist die Festsetzung auch nicht hinreichend bestimmt. Denn im Lageplan zum Bebauungsplan sind "Flächen für die Herstellung des Straßenkörpers", auf die sich die Duldungspflicht bezieht, tatsächlich nicht festgesetzt.
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4. Die genannten Rechtsverstöße führen zur Unwirksamkeit des gesamten Bebauungsplans und der mit ihm beschlossenen örtlichen Bauvorschriften.
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Mängel, die einzelnen Festsetzungen eines Bebauungsplans anhaften, führen nur dann nicht zu dessen Gesamtunwirksamkeit, wenn - erstens - die übrigen Regelungen, Maßnahmen oder Festsetzungen, für sich betrachtet, noch eine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken können und wenn - zweitens - die Gemeinde nach ihrem im Planungsverfahren zum Ausdruck gekommenen Willen im Zweifel auch eine Satzung dieses eingeschränkten Inhalts beschlossen hätte (BVerwG, Urteil vom 19.09.2002 - 4 CN 1.02 - BVerwGE 117, 58 <61>). Die Teilunwirksamkeit stellt dabei zur Gesamtunwirksamkeit eine von besonderen Umständen abhängende Ausnahme dar (BVerwG, Beschluss vom 24.04.2013 - 4 BN 22.13 - juris Rn. 3). Hier fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung. Denn ohne die Festsetzung der Straßenverkehrsfläche für die Erschließungsstraße nebst den zu ihrer Herstellung notwendigen Flächen i. S. des § 9 Abs. 1 Nr. 26 BauGB können die restlichen Festsetzungen des Bebauungsplans für sich betrachtet mangels Verkehrserschließung des Plangebiets keine sinnvolle städtebauliche Ordnung im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB bewirken. Aus den gleichen Gründen teilen die nur für das Plangebiet erlassenen örtlichen Bauvorschriften das rechtliche Schicksal des Bebauungsplans.
B.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) sind nicht erfüllt.
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Beschluss vom 31. Oktober 2013
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Der Streitwert für das Verfahren wird gemäß § 52 Abs. 1 GKG endgültig auf 10.000,-- Euro festgesetzt.