Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 28. Juni 2010 - A 4 K 4167/09 - geändert. Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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| Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn auf diese Möglichkeit war in der Ladung zum Termin hingewiesen worden (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). |
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| Die nach Zulassung durch den 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Denn die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (I.) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (II.), keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (III.), keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (IV.) und keinen Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots (V.). Dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag ist nicht zu entsprechen (VI.). |
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| Für die Beurteilung des Begehrens des Klägers ist auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abzustellen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG). Maßgeblich in rechtlicher Hinsicht ist deshalb das zuletzt durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl I S. 1939) geänderte Asylgesetz. |
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| Die erstinstanzlich gestellten Klageanträge sind im Hinblick auf die aktuelle Rechtslage, insbesondere auf die seit 01.12.2013 geltenden §§ 3 ff. AsylG (vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.08.2013, BGBl I S. 3474), wie folgt zu verstehen und entsprechend in der mündlichen Verhandlung gestellt worden: |
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| Der auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtete Hauptantrag ist weder durch die genannte noch durch sonstige Gesetzesnovellen berührt worden. |
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| Der auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG in der zum Zeitpunkt des Ergehens des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltenden Fassung gerichtete erste Hilfsantrag ist nunmehr als Antrag auf die Verpflichtung zur Gewährung subsidiären Schutzes auszulegen. Denn in § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind die bisher in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG enthaltenen Abschiebungsverbote zusammengefasst worden (vgl. BT-Drs. 17/13063, S. 25). |
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| Der auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG „höchsthilfsweise“ gestellte Hilfsantrag kann ohne Änderung weiterverfolgt werden; die Vorschriften sind nicht geändert worden. |
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| Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG. |
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| 1. Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. |
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| Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl EU L 337/9; so genannte Qualifikationsrichtlinie - QRL -) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u. a. gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 24 a.E.). |
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| Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. |
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| Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 26 m.w.N.). |
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| Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 27 ff.). Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchstabe d QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 32 = NVwZ 2013, 936 Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falls die „reale Möglichkeit“ einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnenen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z. B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z. B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen. |
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| Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können. |
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| Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen liegen regelmäßig teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss. |
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| Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (zur so genannten Gruppenverfolgung vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 30 ff.). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religionszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms - ferner eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. |
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| Für die Gruppenverfolgung (wie auch für jede Individualverfolgung) gilt weiter, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d. h. wenn keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die auch vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (vgl. § 3e AsylG, Art. 8 QRL). |
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| Diese ursprünglich zum Asylgrundrecht für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze können prinzipiell auf die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragen werden, wie sie durch § 3c Nr. 3 AsylG (vgl. Art. 6 Buchstabe c QRL) ausdrücklich als flüchtlingsrechtlich relevant geregelt ist. |
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| Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne des § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. Diese Maßstäbe haben auch bei der Anwendung der Richtlinie 2011/95/EU Gültigkeit. |
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| Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 34 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchstabe e und f QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden mit Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen. |
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| 2. Dem Kläger ist die Flüchtlingseigenschaft nicht aus individuellen Verfolgungsgründen zuzuerkennen. Der Senat konnte aufgrund des bisherigen Ablaufs des Asylverfahrens und insbesondere aufgrund der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung und des in ihr von seiner Person gewonnenen Eindrucks nicht die erforderliche Überzeugung davon gewinnen, dass die nach seinem Vorbringen fluchtauslösende Entführung und Erpressung durch die EPDP oder die Karuna-Gruppe der Wahrheit entspricht. Vielmehr spricht nach Auffassung des Senats vieles dafür, dass der Kläger den wahren Grund für seine Ausreise nach wie vor für sich behält. |
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| An der Glaubwürdigkeit des Klägers bestehen zunächst aus dem Grund ganz erhebliche Zweifel, dass er im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Einreise im September 2008 nicht miteinander in Einklang zu bringende Angaben zu den Gründen seiner Flucht gemacht hat. So gab er bei der Bundespolizei im Wesentlichen an, er habe schon seit zwei Jahren versucht, Sri Lanka zu verlassen, sei seit über zehn Jahren Mitglied der LTTE, habe lange Zeit das sri-lankische Militär mit Bargeld bestochen und müsse damit rechnen, vom Militär grundlos verhaftet zu werden. Von einer Entführung und Erpressung durch Mitglieder tamilischer regierungsnaher Organisationen war nicht im Ansatz die Rede. Es besteht für den Senat keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass der Kläger die in den Wortprotokollen über die Vernehmungen niedergelegten Angaben gemacht hat. Nicht zuletzt wurden die Vernehmungen, bei denen ein Dolmetscher für die tamilische Sprache eingebunden war, ausweislich von beigefügten Vermerken dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt. Plausible Gründe dafür, dass die Vernehmungen unrichtig wiedergegeben worden sein könnten, hat der Kläger im Übrigen auch in der mündlichen Verhandlung nicht gemacht; er hat sich - darauf angesprochen - mehrmals darauf beschränkt zu bestreiten, die in den Protokollen festgehaltenen Angaben gemacht zu haben. Eine ganz andere Verfolgungsgeschichte hat der Kläger dann in seiner Anhörung beim Bundesamt erzählt: Grund für seine Ausreise sei gewesen, dass Leute ihn mitgenommen und von ihm Geld verlangt hätten; dann hätten sie ihn wieder gehen lassen. Auf Nachfragen des Anhörenden berichtete er unter anderem, die Entführung habe am 14.04.2008 stattgefunden, er sei sechs Tage in einem Haus festgehalten und ihm sei dann eine dreimonatige Zahlungsfrist gewährt worden. |
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| Die angebliche Entführung und Erpressung hat der Kläger dann auch in der mündlichen Verhandlung als Ereignis genannt, das bei ihm erst den Entschluss zur Flucht ins Ausland hat reifen lassen. Allerdings konnte er dem Senat nicht den Eindruck vermitteln, von etwas tatsächlich Erlebtem zu berichten; es spricht vielmehr viel dafür, dass der Kläger ein Schicksal, das andere Personen erlitten haben, auf sich projiziert hat. Auf die eingangs seiner Anhörung gestellte Frage nach dem Grund seiner Ausreise nannte der Kläger in einigen wenigen Sätzen lediglich Eckpunkte der angeblichen Entführung und Erpressung. Wesentlich ausführlicher, detailreicher und nach Einschätzung des Senats durchaus glaubhaft wurden dann erst die Schilderungen seines Reisewegs, auf die sich die Fragestellung indes überhaupt nicht erstreckte. Die gezielten Nachfragen brachten dann auch keine Ausführungen, die den Schluss zulassen könnten, dass sich das Geschehen tatsächlich so wie vom Kläger behauptet ereignet hat. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass ihm selbstverständlich bewusst ist, dass die Erinnerung an Ereignisse mit zunehmendem Zeitablauf nachlässt; allerdings wäre die vom Kläger behauptete Entführung und Erpressung ein so einschneidendes Ereignis gewesen, dass auch nach über acht Jahren zu erwarten gewesen wäre, dass der Kläger zumindest einige für die Richtigkeit seiner Angaben sprechende Details hätte schildern können. Das hat er indes nicht getan. Auf die gezielten Fragen antwortete er meist wortkarg. Einzelheiten zu dem Raum etwa, in dem er immerhin sechs Tage festgehalten worden sein will, konnte er mit Ausnahme solcher, die letztlich nur ein geringes Maß an Einfallsreichtum erfordern (angebliche Größe, weiße Wandfarbe, Licht an der Decke) nicht liefern. Angaben dazu, ob der Raum Fenster hatte, wie er möbliert war und dabei insbesondere, ob er eine als solche zu bezeichnende Schlafgelegenheit hatte, wie sie eigentlich zu erwarten gewesen wären, machte der Kläger nicht. Auf die Forderungen der Entführer angesprochen verwies der Kläger stets nur auf deren Verlangen von Geld. Mit welchen Nachteilen die Entführer für den Fall der Nichtzahlung gedroht haben, war dem Kläger keiner nähren Erwähnung wert. Blass blieben auch die Ausführungen zu der angeblichen Folter. Nachdem er zunächst lediglich die Behauptung von Folter in den Raum gestellt hatte, verwies er auf Nachfrage nur darauf, dass er geschlagen worden sei. Auf weitere Nachfrage gab er sodann an, er sei mit Stiefeln getreten und mit einem Holzknüppel geschlagen worden. Wie viele Personen ihn angeblich geschlagen und getreten haben, welche Körperstellen betroffen waren und ob und welche Verletzungen er infolge der Misshandlungen erlitten hat, blieb unerwähnt. Hinzu kommt, dass es sich insoweit um gesteigertes Vorbringen handelt, da der Kläger die Thematik „Folter“ erstmals vor dem Senat erwähnt hat. Auf entsprechenden Vorhalt hat er lediglich erklärt, er sei wohl bei seiner Anhörung nicht ausdrücklich danach gefragt worden. Sollte er allerdings tatsächlich gefoltert worden sein, erscheint es fernliegend, dass er auf diesen Umstand nicht von sich aus hingewiesen hätte. |
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| Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben zu seinem Verfolgungsschicksal sprechen auch seine Angaben zu dem weiteren Geschehen nach seiner angeblichen Freilassung. Davon, dass die Erpresser bereits im Juni 2008 bei ihm zu Hause vorbeigekommen seien, wie er es in seiner Anhörung beim Bundesamt erzählt hat, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht berichtet. Vielmehr verwies er darauf, dass die Erpresser seine bisherige Unterkunft am 20.07.2008, dem Tag des angeblichen Fristablaufs, aufgesucht hätten. Diese Angabe passt allerdings in keiner Weise zu den Ausführungen seiner Ehefrau in dem dem Bundesamt vorgelegten Brief vom 15.10.2008, wonach die Entführungsbande jetzt häufiger zu ihr nach Hause komme. Erst nach zahlreichen, eindringlichen Nachfragen, nicht zuletzt seines Prozessbevollmächtigten, gab der Kläger an, dass es auch nachfolgend - zuletzt im Jahr 2009 oder im Jahr 2010 - Probleme gegeben habe. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auch einerseits angegeben, seine Ehefrau lasse sich durch ihren Bruder bei Besuchen der Erpresser verleugnen. Andererseits gab der Kläger an, es gebe Probleme, wenn die Erpresser seine Ehefrau sehen. |
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| Offenbleiben kann nach Vorstehendem, ob die Entführung und Erpressung überhaupt von flüchtlingsschutzrelevanter Bedeutung gewesen wären. In Betracht käme hier lediglich eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (vgl. § 3c Nr. 3 AsylG). Der Kläger hat auf die Frage, weshalb er als Opfer der Entführung und Erpressung ausgewählt worden sei, geantwortet, dies sei geschehen, weil er wohlhabend gewesen sei. Diese Aussage ist zunächst erstaunlich, will der Kläger die - nach seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung, die nicht mit der Angabe in der Anhörung beim Bundesamt übereinstimmt (damals: drei Millionen Rupien) - für die Organisation der Ausreise gezahlten zwei Millionen Rupien insbesondere durch den Verkauf von Goldschmuck seiner Frau und die Aufnahme eines Darlehens aufgebracht haben. Der Aussage lässt sich aber vor allem entnehmen, dass sich der Kläger zumindest im Wesentlichen als Opfer krimineller Machenschaften sah; eine Verbindung mit seiner tamilischen Volkszugehörigkeit oder gar seiner behaupteten Unterstützungstätigkeiten für die LTTE war für den Senat nicht erkennbar. |
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| Eine staatliche Verfolgung hat der Kläger schon nicht als Grund für seine Ausreise behauptet. Nicht zuletzt da dem Kläger offensichtlich ohne Probleme ein Reiseausweis ausgestellt wurde und er legal und ungehindert das Land verlassen konnte, bestehen hierfür auch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die vom Kläger erst auf Nachfragen angeführten Unterstützungstätigkeiten für die LTTE (Helfen beim Aufbauen und Dekorieren einer Bühne) waren, die Richtigkeit der Angaben unterstellt, allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Dass er konkret durch sie ins Visier der Sicherheitskräfte geraten sein könnte, hat er bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung gerade nicht vorgetragen. Es blieb insoweit bei der allgemein gehaltenen Behauptung, Armeeangehörige hätten die Veranstaltungen an den Großheldentagen überwacht. |
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| 3. Auch eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen Gruppenverfolgung kommt nicht in Betracht. |
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| Tamilen waren zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers im August 2008 keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt (dazu a). Sie sind es auch heute nicht (dazu b). |
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| a) Die Lage in Sri Lanka stellt sich im Hinblick auf den Asylantrag des Klägers und bezogen auf den Zeitpunkt seiner Ausreise im Wesentlichen wie im Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 09.11.2010 (A 4 S 703/10, juris) bezogen auf das Jahr 2007 dar. Dort heißt es (a.a.O. Rn. 46 ff.): |
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| Die Lage in Sri Lanka stellte sich 2007 nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen wie folgt dar: |
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| In Sri Lanka lebten 2007 geschätzt 20,01 Millionen Menschen. Der Anteil der tamilischen Bevölkerung lag ungefähr bei 10 % (Fischer-Weltalmanach 2010, S. 474). Nach den Angaben des Ministeriums für Volkszählung und Statistik lebten 2006 im Großraum Colombo 2.251.274 Einwohner, davon waren 247.739 tamilische Volkszugehörige sri-lankischer Staatsangehörigkeit und 24.821 indische Tamilen (vgl. UK Home Office, Country of Origin Report Sri Lanka vom 15.11.2007, S. 122, Nr. 20.13). |
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| Die innenpolitische Lage Sri Lankas war von dem jahrzehntelangen ethnischen Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen bestimmt. Das Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung [und] der tamilischen Rebellenorganisation Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) aus dem Februar 2002 war von Präsident Rajapakse im Januar 2008 offiziell aufgekündigt worden, nachdem es von beiden Seiten seit langem nicht mehr eingehalten worden war. Bereits ab November 2005 war es zu einer drastischen Zunahme von Waffenstillstandsverletzungen durch die LTTE und die im Jahr zuvor von ihr abgespaltene, mit der Regierung kollaborierende Karuna-Gruppe unter „Oberst Karuna“ (Muralitharan Vinayagamurthi), einem ehemaligen Vertrauten des LTTE-Führers Prabahakaran, gekommen. Seit April 2006 hatte die Regierung versucht, die LTTE, die zu diesem Zeitpunkt noch den Norden und Osten des Landes kontrollierte, mit offensiven Maßnahmen zurückzudrängen. Ab Mitte 2006 war es dann zu großflächigen, längeren Kampfhandlungen gekommen. Unterstützt von den paramilitärischen Einheiten der Karuna-Gruppe, die sich als Vertretung der Ost-Tamilen verstand, konnten die Streitkräfte im Juli 2007 nach den vorhergehenden Rückzug der LTTE-Soldaten die letzten von der LTTE gehaltenen Stellungen im Osten Sri Lankas einnehmen (Lagebericht des AA vom 07.04.2009, Stand März 2009, S. 5). |
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| Eine systematische und direkte Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen wegen Rasse, Nationalität oder politischer Überzeugung von Seiten der Regierung fand seit dem Waffenstillstandsabkommen von 2002 nicht statt (Lageberichte des AA vom 26.06.2007, Stand Juni 2007, S. 6 und vom 05.02.2008, Stand Februar 2008, S. 7). Allerdings standen Tamilen im Generalverdacht, die LTTE zu unterstützen, und mussten mit staatlichen Repressionen rechnen. Sie wurden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt. Sie sind aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - in eine Art Generalverdacht der Sicherheitskräfte geraten. Die ständigen Razzien, Pkw-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richteten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die Wiedereinführung des „Terrorism Prevention Act“ Ende 2006 - ein Notstandsgesetz, das Verhaftungen ohne Haftbefehl und eine Inhaftierung bis zu 18 Monaten erlaubt, wenn die Behörden insbesondere den Verdacht terroristischer Aktivitäten haben (vgl. SFH, Sri Lanka, Aktuelle Situation, Update vom 11.12.2008, S. 3) - war die richterliche Kontrolle solcher Verhaftungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wurde, musste mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung hat kommen müssen (Lagebericht des AA vom 05.02.2008, Stand Februar 2008, S. 8). So wurden am 30. und 31.12.2005 im Rahmen der von Militär und Polizei in Colombo durchgeführten Operation „Strangers Night III.“ 920 Personen, die weit überwiegende Mehrheit Tamilen, verhaftet (Human Rights Watch, Return to War - Human Rights under Siege - August 2007, S. 74). |
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| Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) hat in seiner Stellungnahme zum Bedarf an internationalem Schutz von Asylsuchenden aus Sri Lanka vom 01.02.2007, die eine Zusammenfassung und Teilübersetzung der „UNHCR Position on the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Sri Lanka (December 2006)“ enthält, unter anderem ausgeführt, dass von der sich dramatisch verschlechternden Menschenrechtslage im besonderem Maße Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes betroffen seien. Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass bei dem Verdacht, dass sie Verbindungen zur LTTE unterhalten, Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen Behörden oder mutmaßlich von der Regierung gestützte Paramilitärs drohten (S. 2). Für Tamilen aus Colombo bestand aufgrund der im April bzw. Dezember 2006 drastisch verschärften Sicherheitsbestimmungen ein erhöhtes Risiko, willkürlichen, missbräuchlichen Polizeimaßnahmen - insbesondere Sicherheitskontrollen, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Hausdurchsuchungen oder Leibesvisitationen - unterworfen zu werden. Tamilen aus Colombo waren darüber hinaus besonders gefährdet, Opfer von Entführungen, Verschleppungen oder Tötungen zu werden. Zwischen dem 20.08.2006 und dem 02.09.2006 waren Presseberichten zufolge mehr als 25 Tamilen entführt worden, nur zwei Personen waren bis zum Dezember 2006 wieder freigekommen (S. 2 f.). Diese Maßnahmen zur Bekämpfung der dauernden Bedrohung durch terroristische Attacken im Großraum Colombo waren teilweise für die gesamte tamilische Minderheit bedrohlich und stellten ihre Sicherheit in Frage. Extralegale Tötungen, die seit jeher Teil des Konflikts gewesen waren, wurden seit Dezember 2005 auch in signifikanter Zahl von Regierungsseite verübt. Viele Taten sind an gewöhnlichen Personen begangen worden, die kaum erkennbar in Verbindung zu dem Konflikt standen. Teilweise handelte es sich um Teile eines Musters, die LTTE anzugreifen, teilweise geschahen sie aus politischen Motiven. Sie konnten aber auch einen kriminellen Hintergrund haben (Asylsuchende aus Sri Lanka, Position der SFH vom 01.02.2007 S. 5). |
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| Die International Crisis Group hat in ihrem Bericht vom 14.06.2007 (Sri Lanka’s Human Rights Crisis, Asia Report N. 135) unter anderem festgehalten, dass die Anzahl der Verschwundenen in den letzten achtzehn Monaten nur schwerlich mit Sicherheit festzustellen sei. Verschiedene verlässliche Quellen berichteten von mehr als 1.500 Betroffenen, wobei das Schicksal von mindestens 1.000 Personen unklar gewesen sei. Die höchste Anzahl von Betroffenen sei in den von der Regierung kontrollierten Bereichen Jaffnas festzustellen gewesen. Dort seien 731 Fälle registriert worden, in 512 Fällen gebe es noch keine Aufklärung. Im Großraum Colombo sei es zu mehr als 70 berichteten Fällen von Entführungen und des Verschwindenlassens gekommen. Die meisten der Betroffenen seien junge tamilische Volkszugehörige gewesen, die der Zusammenarbeit mit der LTTE verdächtigt worden seien. Auch eine Vielzahl von Personen ohne Verbindung zur LTTE seien Opfer dieses Verschwindenlassens geworden. |
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| Human Rights Watch (HRW) geht in seinem Bericht aus dem August 2007 (Return to War - Human Rights under Siege -) davon aus, dass Entführungen und Fälle des Verschwindenlassens seit August 2006 auch in Colombo zu einer weitverbreiteten Erscheinung geworden seien. Die Organisation gelangt auf der Grundlage von Gesprächen mit 26 Familien von verschwundenen Personen zu dieser Aussage (S. 53 f.). Landesweit geht HRW für den Zeitraum vom 14.09.2006 bis zum 25.02.2007 von 2.020 Fällen Entführter oder sonst verschwundener Personen aus. „Ungefähr 1.134 Personen“ seien lebend wieder aufgefunden worden, die anderen seien weiterhin vermisst (S. 7). |
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| Nach dem Country Report on Human Rights Practices zu Sri Lanka des U.S. Department of State 2007 vom 11.03.2008 waren extralegale Tötungen in Jaffna an der Tagesordnung. Zwischen dem 30.11.2007 und dem 02.12.2007 sind nach zwei Bombenangriffen der LTTE in und um Colombo beinahe 2.500 tamilische Volkszugehörige in der Hauptstadt und geschätzte 3.500 Tamilen im ganzen Land verhaftet worden. Die Inhaftierten, überwiegend männliche tamilische Zivilisten sollen allein aufgrund ihrer tamilischen Nachnamen verhaftet worden sein. Die überwiegende Mehrheit von ihnen wurde bald wieder freigelassen. Zum Jahreswechsel waren nur noch zwölf von 372 im Boosa detention camp Inhaftierten in Gewahrsam. |
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| Aus diesen Erkenntnissen lässt sich selbst dann, wenn alle Angaben zutreffen sollten, zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers Ende November 2007 nicht auf eine Gruppenverfolgung der Gruppe der (jüngeren männlichen) Tamilen schließen. Ein staatliches Verfolgungsprogramm lässt sich nicht feststellen. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wurde keine Volksgruppe gezielt allein wegen eines unveränderlichen Merkmals verfolgt. Die Anzahl der festzustellenden Übergriffe lässt nicht ohne weiteres auf die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit eines jeden Gruppenmitglieds schließen. Selbst wenn alle Übergriffe im Großraum Colombo zwischen November 2005 und Dezember 2007 dem sri-lankischen Staat zuzurechnen wären - tatsächlich sind dabei auch Übergriffe der LTTE und „rein kriminelle Übergriffe“ mit dem Ziel der Lösegelderpressung unter den registrierten Fällen - und alle Inhaftierungen - auch die von bloß kurzer Dauer von nicht mehr als drei Tagen - gezählt werden, ist das Verhältnis von 3.400 Verhaftungen zu mehr als 240.000 tamilischen Einwohnern angesichts des Zeitraums von zwei Jahren nicht geeignet, eine Regelvermutung der Gefährdung eines jeden Gruppenmitglieds zu rechtfertigen. Zieht man darüber hinaus in Betracht, dass 2.500 der Inhaftierten nach kurzer Zeit wieder freigelassen worden sind und damit keine Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 RL 2004/83/EG erdulden mussten, ergibt sich eine Betroffenheit von 0,3 % der gesamten tamilischen Bevölkerung. Dieser - für die Bewertung des Standards der Achtung der Menschenrechte insoweit gleichwohl hohe - Prozentsatz der Betroffenen innerhalb eines Zweijahreszeitraums führt nicht zum Schluss auf die erforderliche aktuelle Gefahr der Betroffenheit jedes Gruppenmitglieds. |
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| Zu einer anderen Beurteilung bezogen auf den Zeitpunkt August 2008 besteht kein Anlass. Auch der Kläger hat nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde. |
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| b) Die Lage in Sri Lanka stellt sich im Hinblick auf den Asylantrag des Klägers derzeit wie folgt dar: |
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| aa) Bezogen auf den Zeitpunkt November 2010 führte der erkennende Gerichtshof in seinem Urteil vom 09.11.2010 aus (a.a.O. Rn. 57 ff.): |
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| Am 19.05.2009 hat der sri-lankische Staatspräsident Mahinda Rajapakse in einer Parlamentsansprache den Sieg der Regierungstruppen über die tamilische Separatistenorganisation LTTE verkündet. Tags zuvor war nach den Angaben des Militärs bei einem der letzten Gefechte der LTTE-Anführer Velupillai Prabhakaran ums Leben gekommen, nachdem zuvor fast die gesamte militärische und politische Führung der LTTE umgekommen war. Der seit 1983 mit Unterbrechungen währende Bürgerkrieg war damit beendet (Lagebericht des AA vom 02.09.2009, Stand: August 2009, S. 6). Hunderttausende Menschen mussten während des Bürgerkriegs ihre Heimatorte im tamilischen Norden und Osten des Landes verlassen. Als Binnenvertriebene suchten sie Zuflucht in weniger gefährdeten Gebieten des Landes. Viele entschieden sich auch dafür, ins Ausland zu gehen. In der Ostprovinz konnten die Binnenvertriebenen inzwischen bis auf einige Ausnahmen in ihre Heimatgemeinden zurückkehren (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 8). Rund 300.000 Zivilpersonen waren in den letzten Monaten des Bürgerkriegs im von der LTTE gehaltenen, kontinuierlich schrumpfenden Gebiet eingeschlossen. Notgedrungen zogen sie mit den LTTE-Verbänden mit und waren in der zuletzt nur wenige Quadratkilometer ausmachenden Kampfzone im Nordwesten des Landes allen Schrecken dieser Kämpfe ausgesetzt. Nach deren Beendigung brachte sie die Armee in geschlossenen Lagern hauptsächlich in Vavuniya im nördlichen Vanni unter, zu denen nationale und internationale Hilfsorganisationen lange nur eingeschränkt Zugang hatten. Die Regierung begründete diese Lagerunterbringung mit der Notwendigkeit, sich unter den Binnenvertriebenen verbergende ehemalige LTTE-Kämpfer herauszufiltern, und der Unmöglichkeit, die Betroffenen in noch verminte Heimatorte zurückkehren zu lassen. Einigen wenigen wurde die Rücksiedlung im Juni 2009 gestattet. Im August 2009 begann dann sehr zögerlich ein Rücksiedlungsprozess, der im Oktober größeren Umfang annahm und sich ab Dezember wieder verlangsamte, da die Herkunftsorte der Verbliebenen (im Juni 2010 waren noch knapp 60.000 Personen in Lagern untergebracht) noch erheblich zerstört und vermint sind. Einem gesonderten Regime unterliegen die geschlossenen, so genannten „Rehabilitationslager“, in denen rund 8.000 ehemalige LTTE-Kämpfer (bzw. Personen, die insoweit verdächtigt werden) untergebracht sind. Zu diesen Lagern haben weder das IKRK noch Hilfsorganisationen Zugang. Die Antiterrorgesetze von 1979 (Prevention of Terrorism Act) haben weiter Bestand. Die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen insbesondere in Colombo, einschließlich der zahlreichen Kontrollpunkte von Polizei und Militär, werden aufrecht erhalten (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 9 f.). |
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| Zu den Insassen der „Rehabilitationslager“ hat Human Rights Watch festgestellt, dass zwar die meisten der Verdächtigten in den letzten Wochen der Kampfhandlungen und in der Zeit unmittelbar danach inhaftiert worden seien, dass aber auch neue Inhaftierungen, nämlich im Oktober 2009, erfolgt seien (Human Rights Watch, Legal Limbo - The Uncertain Fate of Detained LTTE Suspects in Sri Lanka, Februar 2010, S. 6). |
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| In unterschiedlichen Bereichen kommt es zu staatlichen repressiven Maßnahmen, die Anzeichen für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung aufweisen. Davon sind nicht nur Tamilen betroffen, sondern auch regierungskritische Singhalesen. So werden oppositionelle Parlamentsabgeordnete, die der Regierung gefährlich werden können, unter fadenscheinigen Vorwürfen verhört, verhaftet oder bedroht. Der Generalverdacht, dass jeder Tamile ein Anhänger, Unterstützer oder gar Mitglied der LTTE war und ist, wird im singhalesischen Teil der Gesellschaft von vielen geteilt, insbesondere bei den staatlichen Sicherheitskräften (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 10 f.). |
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| Für eine systematische Verfolgung von Tamilen allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit gibt es keine Anhaltspunkte, sie müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien und Hausdurchsuchungen, schikanösen Behandlungen (Beleidigungen, langes Warten, exzessive Kontrolle von Fahrzeugen, Erpressung von Geldbeträgen) bei den zahlreichen Polizeikontrollen im Straßenverkehr und Verhaftungen richten sich vor allem gegen Tamilen, wobei aus dem Norden und Osten stammende Tamilen darunter noch in höherem Maße zu leiden haben. Durch Anwendung des Prevention of Terrorism Act ist die richterliche Kontrolle solcher Verhaftungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder einer Anklageerhebung kommen muss. Die Situation hat sich seit Beendigung der Kampfhandlungen nicht verbessert (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 11). |
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| Ein Asylantrag im Ausland, der von vielen in Sri Lanka als legitimer Versuch angesehen wird, sich einen Aufenthaltsstatus zu verschaffen, begründet in aller Regel noch keinen Verdacht, der LTTE nahe zu stehen. Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Sri Lanka niederlassen wollen, müssen indes einen Anfangsverdacht und entsprechendes Misstrauen bis zu Schikanen durch die Sicherheitsorgane gegenwärtigen. Mindestens ebenso stark steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Das Ende der Kampfhandlungen hat diesbezüglich nicht zu einer Entspannung geführt. Am 26.05.2010 wurde am Flughafen Colombo bei der Einreise eine in Deutschland ansässige Sri-Lankerin unter dem Verdacht der LTTE-Unterstützung festgenommen, die nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Deutschland für die LTTE Gelder eingesammelt und im Frühjahr letzten Jahres Demonstrationen organisiert haben soll. Belastbaren Berichten anderer Botschaften zufolge gibt es Einzelfälle, in denen zurückgeführte Tamilen nach Ankunft in Colombo unter LTTE-Verdacht festgenommen wurden (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 24). |
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| Aus dem „Report of Information Gathering Visit to Colombo, Sri Lanka, 23. bis 29. August 2009“ vom 22.10.2009 des „U.K. Foreign and Commonwealth Office Migration Directorate“ (FCO), für den sowohl staatliche sri-lankische Stellen als auch Nichtregierungsorganisationen befragt wurden, ergibt sich, dass unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit nicht freiwillig nach Sri Lanka zurückkehrende Personen dem Criminal Investigation Department zur Feststellung der Staatsangehörigkeit und Kontrolle des Vorstrafenregisters überstellt werden. Die Befragung kann mehr als 24 Stunden dauern. Die Betroffenen werden erkennungsdienstlich behandelt. Abhängig vom Einzelfall ist eine Überstellung an den Geheimdienst (State Intelligence Service) oder das Terrorist Investigation Department zum Zwecke der Befragung denkbar. Jeder, der wegen eines Vergehens gesucht wird, muss mit seiner Verhaftung rechnen. Vorbestrafte oder Personen mit Verbindungen zur LTTE werden weitergehend befragt und gegebenenfalls in Gewahrsam genommen. Laut Nichtregierungsorganisationen würden Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes einer genaueren Überprüfung als andere unterzogen. Verschiedene Faktoren, nämlich ein offener Haftbefehl, Vorstrafen, Verbindungen zur LTTE, eine illegale Ausreise, Verbindungen zu Medien oder Nichtregierungsorganisationen und das Fehlen eines Ausweises (ID Card) oder anderer Personaldokumente, erhöhten das Risiko, Schwierigkeiten bei der Einreise zu bekommen, einschließlich einer möglichen Ingewahrsamnahme (S. 5). Hingegen konnte keine der befragte Quellen angeben, dass sichtbare Narben einen Einfluss auf die Behandlung bei der Einreise haben könnten. Im Falle, dass der Verdacht einer Verbindung zur LTTE bestünde, könnten solche Narben Anlass zu einer Befragung sein, jedoch würden diesbezüglich keine körperlichen Untersuchungen durchgeführt (S. 16). |
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| Überwiegend hätten die Befragten angegeben, dass die Anzahl der Razzien (cordon and search operations) in den letzten Monaten nicht zurückgegangen sei. Es gebe keine Informationen zu der Anzahl möglicher Festnahmen. Grundsätzlich seien junge männliche Tamilen, die aus dem Norden oder Osten des Landes stammten, im Zuge von Razzien einem besonderen Festnahmerisiko ausgesetzt. Die bereits genannten Faktoren erhöhten das Risiko. Tamilen ohne Beschäftigung oder „legitimen Aufenthaltsgrund“ würden ebenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit als verdächtig angesehen (S. 5). |
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| Nach ganz überwiegender Meinung der Befragten hat es - wenn überhaupt - seit Juni 2009 nur noch sehr wenige Entführungen / Fälle des Verschwindenlassens gegeben. Die Entführungen erfolgten demzufolge sowohl zur Lösegelderpressung als auch aus politischen Gründen. Die Nichtregierungsquellen stimmten weitgehend darin überein, dass die Sicherheitskräfte in den meisten Fällen in gewisser Weise beteiligt seien und die Polizei keine ernsthaften Ermittlungen durchführe (S. 5 f.). Bei den Straßenkontrollen im Großraum Colombo, die nach Angabe der meisten Befragten nicht nennenswert reduziert worden seien, würde es nur sehr selten zu Festnahmen kommen. Seit Juni 2009 seien keine bekannt geworden. |
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| Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 16.06.2010 und der (ältere) Bericht des U.K. Foreign and Commonwealth Office Migration Directorate ergänzen sich. Jedenfalls die hier zitierten allgemeinen Feststellungen (S. 5 f.), die auf mindestens weit überwiegend übereinstimmenden Angaben der Befragten beruhen, sind geeignet, die insoweit knapper gehaltenen Aussagen der Lageberichte zu den Gefährdungen von Tamilen zu illustrieren. Eine Gruppenverfolgung der Gruppe der (jüngeren männlichen) Tamilen (im wehrfähigen Alter) lässt sich auf der Basis der wiedergegebenen Erkenntnisse nicht feststellen. Insbesondere angesichts des Umstands, dass Verhaftungen bei Razzien ebenso selten geworden sind wie an Straßenkontrollpunkten und Fälle des Verschwindenlassens ebenfalls kaum mehr vorkommen, lässt sich eine generelle staatliche oder staatlich tolerierte Verfolgung der Gruppe der Tamilen nicht feststellen. Anderes lässt sich auch nicht aus dem Fortbestehen der „rehabilitation camps“ schließen. Denn jedenfalls gibt es keine Hinweise darauf, dass nach deren Begründung noch Personen in einer für die Annahme einer Gruppenverfolgung aller - jedenfalls der im wehrfähigen Alter befindlichen - Tamilen relevanten Größenordnung in diese Lager verbracht worden sind. Aus dem vom Kläger zitierten Bericht von Human Rights Watch, Legal Limbo, The Uncertain Fate of Detained LTTE Suspects in Sri Lanka, ergibt sich unter Bezugnahme auf den „Indian Express“ vom 28. Oktober 2009, dass mindestens 300 LTTE Kader, die sich unter den Binnenvertriebenen versteckt hätten, verhaftet worden seien. Damit ist weder ein Bezug zu der Gruppe aller Tamilen oder jedenfalls derjenigen im wehrfähigen Alter aufgezeigt noch ergibt sich aus den berichteten Vorkommnissen, dass diese bis zum Tag der mündlichen Verhandlung gleichsam an der Tagesordnung gewesen wären. |
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| Die Einlassung des Klägers, aus dem zitierten Bericht von Human Rights Watch ergebe sich eine Zunahme der Fälle des Verschwindenlassens, vermag stichhaltige Indizien für eine Gruppenverfolgung aller (wehrfähigen) Tamilen nicht darzutun. Den dortigen Ausführungen im Unterkapitel „Concerns about Possible Enforced Disappearances“ sind vielmehr zunächst zwei Einzelfälle des Verschwindens nach Ende des Bürgerkriegs zu entnehmen. Darüber hinaus wird über eine Internierung von Dutzenden von Personen aus dem Lager „Menik Farm“ berichtet. Es wird weiter geschildert, dass das Schicksal der internierten Personen häufig - bis zum Tag des Berichts - unklar geblieben sei. Daraus lässt sich ein erhöhtes Risiko für solche Personen ableiten, die aus Sicht der Behörden im Verdacht stehen, mit der LTTE zusammengearbeitet haben, nicht jedoch eine Gruppenverfolgung aller (jungen männlichen) Tamilen. Der gegen alle Tamilen gerichtete so genannte „Generalverdacht“ führt offenkundig für sich genommen noch nicht regelmäßig zu Übergriffen der Sicherheitsbehörden. Vielmehr kommt es auf individuell gefahrerhöhende Umstände an, bei deren Vorliegen im Einzelfall eine begründete Furcht vor Verfolgung anzunehmen sein kann. |
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| Auch aus dem vom Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Gutachten des European Center for Constitutional and Human Rights „Study on Criminal Accoutability in Sri Lanka as of January 2009“ aus dem Juni 2010 lässt sich die von ihm behauptete Gruppenverfolgung nicht ableiten. Dem Bericht lässt sich entnehmen, dass die Anzahl der in den „welfare centers“ in Gewahrsam gehaltenen Personen von 280.000 (zwischen März 2008 und Juni 2009) bis in den Januar 2010 auf rund 80.000 abgenommen hat. Dem Bericht, der sich mit den Zuständen in den Lagern beschäftigt, ist nicht zu entnehmen, dass sri-lankische Staatsangehörige nach ihrer Wiedereinreise dazu gezwungen worden wären, in solchen Lagern zu leben. Weiter beschäftigt sich das Gutachten unter Zitierung des bereits erwähnten Berichts von Human Rights Watch aus dem Februar 2010 mit der Behandlung von der LTTE-Mitgliedschaft Verdächtigten. Auch diesen Ausführungen ist nichts zu einer anhaltenden Verhaftungswelle - wie sie für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendig wäre - nach Beendigung des Bürgerkriegs und in den folgenden Monaten im Jahr 2009 zu entnehmen. |
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| Schließlich führt insoweit der Verweis des Klägers auf die Lageeinschätzung der International Crisis Group vom 17.02.2010, die sein Prozessbevollmächtigter im „Parallelverfahren“ (A 4 S 693/10) vorgelegt hat, nicht zum Erfolg seiner Klage. Dem Bericht ist zwar zu entnehmen, dass das Vorgehen der Regierung im Norden und Osten des Landes zur Verängstigung und Entfremdung der Minderheiten führe. Das aus dieser Behandlung aber ein systematisches Ausgrenzen der tamilischen Minderheit aus der staatlichen, übergreifenden Friedensordnung im Sinne einer Entrechtung abzuleiten wäre, ergibt sich weder aus diesem Bericht noch aus der Gesamtschau. Ebenso wenig lässt sich ein staatliches Verfolgungsprogramm hinsichtlich aller Tamilen oder auch nur der im wehrfähigen Alter befindlichen Gruppenmitglieder feststellen. Anderes kann möglicherweise für die im Zuge der Beendigung der kriegerischen Auseinandersetzungen unmittelbar in den rehabilitation camps Inhaftierten oder die aus den Flüchtlingslagern „herausgefilterten“, in rehabilitation camps verbrachten Personen gelten. Jedoch ist ein solches systematisches Vorgehen gegenüber etwa in Colombo lebenden Tamilen nicht feststellbar. |
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| Die rechtliche Einschätzung zur fehlenden begründeten Furcht vor einer Gruppenverfolgung entspricht auch der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 08.07.2009 - 3 A 3295/07.A - und vom 24.08.2010 - 3 A 864/09.A -) und - der Sache nach - des UK Asylum and Immigration Tribunal (TK (Tamils - LP updated) Sri Lanka CG [2009]UKAIT 00049 RdNr. 73). |
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| bb) Erst recht ist die Annahme einer Gruppenverfolgung zum derzeitigen Zeitpunkt (Oktober 2016) nicht gerechtfertigt. |
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| (1) In Sri Lanka leben nach Auskunft des Auswärtigen Amts (Länderinformation, Stand: Februar 2015) 20,7 Millionen Menschen. Der Anteil der Sri-Lanka-Tamilen beträgt 11,2 % (auch Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 7); es ist mithin von etwa 2,3 Millionen Volkszugehörigen auszugehen. „Indian Tamils“ machen 4,2 % der Bevölkerung aus. |
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| Am 08.01.2015 wurde Maithripala Sirisena bei der Präsidentenwahl, bei der die Wahlbeteiligung bei 81,5 % lag, zum Präsidenten Sri Lankas gewählt. Er setzte sich mit 51,28 % der Stimmen gegen den bisherigen Amtsinhaber Rajapaksa durch, der 47,58 % erhielt. Am 17.08.2015 fanden Parlamentswahlen statt, die nach Einschätzung des Auswärtigen Amts frei und fair waren (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 6). Die Tamilenpartei ITAK erhielt 4,62 % der Stimmen und damit 16 Mandate, sie stellt mit Rajavarothiam Sampanthan den Oppositionsführer (a.a.O.). |
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| Mit dem Amtsantritt Sirisenas am 09.01.2015 hat sich die politische Situation in Sri Lanka nach Einschätzung des Auswärtigen Amts (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 5) erheblich zum Positiven verändert. Demokratie und Rechtsstaat seien gestärkt worden. Die Menschenrechte, insbesondere die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit würden wieder respektiert. Die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition seien nicht mehr eingeschränkt (a.a.O. S. 7). Menschenrechtsorganisationen hätten größere Freiräume (a.a.O. S. 6). So genannte Verschwundenen-Fälle seien seit dem Amtsantritt der neuen Regierung nicht mehr bekannt geworden (a.a.O. S. 12). |
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| Das Auswärtige Amt merkt in seinem jüngsten Lagebericht aber auch an, dass insbesondere im Norden und Osten noch nicht alle Menschenrechtsverletzungen abgestellt seien (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 5). Einzelne Menschenrechtsvertreter würden dort vom Sicherheitsapparat verfolgt und ihre Gesprächspartner würden gelegentlich noch von Sicherheitskräften ausgefragt (a.a.O. S. 6, auch S. 7; vgl. auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, mit dem Hinweis auf Berichte von Menschenrechtsverteidigern zu Überwachungen durch die Polizei und das Militär im Norden und Osten sowie Befragungen). Die Polizei wende mitunter noch immer unverhältnismäßigen Zwang an (a.a.O. S. 7; vgl. auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, mit dem Hinweis auf Beschwerden über die Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt bei Polizeieinsätzen im Zusammenhang mit Demonstrationen). Als Beispiel nennt das Auswärtige Amt die Beendigung friedlicher Studentendemonstrationen mittels Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken (a.a.O. S. 7); es verweist zudem auf Angaben Internationaler Organisationen und Presseberichte, wonach Folter weiterhin gelegentlich zur Erpressung von Geständnissen angewandt wird (a.a.O. S. 11; vgl. auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, mit dem Hinweis auf Berichte über Folter und andere Misshandlungen). Auch sollen Misshandlungen bei der Festnahme von Verdächtigen sowie in Gefängnissen weiter vorkommen (a.a.O. S. 12). |
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| Amnesty International (Amnesty Report 2016, Sri Lanka) verweist darüber hinaus auf Berichte über ungeklärte Todesfälle in Polizeigewahrsam; Häftlinge würden häufig an Verletzungen sterben, die den Schluss zuließen, dass sie gefoltert und misshandelt worden seien. |
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| Nach Angaben des Auswärtigen Amts hat die neue Regierung zahlreiche Schritte unternommen, um die Wiederversöhnung zwischen den verschiedenen Gemeinschaften im Land voranzubringen (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 5). Sie suche aktiv den Dialog mit der tamilischen Diaspora (auch a.a.O. S. 10). Amnesty International berichtet zudem darüber (Amnesty Report 2015, Sri Lanka), dass im Jahr 2015 am Jahrestag der Beendigung des bewaffneten Konflikts öffentliche Gedenkfeiern von Tamilen im Wesentlichen erlaubt waren (vgl. auch Human Rights Watch, Sri Lanka After the Tigers, 19.02.2016, mit dem Hinweis, dass Gedenkfeiern für verstorbene Tamilen mittlerweile erlaubt seien), und fügt hinzu, dass über eine starke Polizeipräsenz bei derartigen Zusammenkünften berichtet worden sei (vgl. auch Human Rights Watch, Time to seize the Moment in Sri Lanka, 25.05.2016). Insbesondere Human Rights Watch macht aber auch darauf aufmerksam, dass ein Erfolg versprechender Versöhnungsprozess, der unter anderem auch eine Aufarbeitung der beiderseitigen Kriegsverbrechen beinhaltet, noch nicht wirklich ins Werk gesetzt worden ist (vgl. etwa die Beiträge „Time to seize the Moment“ [25.05.2016] und „Unfinished Business in Sri Lanka“ [01.09.2016]). |
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| Nach Einschätzung des Auswärtigen Amts gibt es gegenüber Tamilen im Norden und Osten seit dem Amtsantritt Sirisenas „keine direkten staatlichen Repressionen mehr“ (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 7). In Sri Lanka gebe es keine diskriminierende Gesetzgebung, Verwaltungspraxis oder Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis (a.a.O. S. 8). Der von der Polizei angewendete unverhältnismäßige Zwang richte sich nicht gegen eine bestimmte Gruppe (a.a.O. S. 7). Während die Anwendung von Folter früher vor allem Tamilen betroffen habe, sollen mittlerweile Singhalesen in gleichem Maß betroffen sein (a.a.O. S. 11 unter Berufung auf Berichte von Human Rights Watch und lokale Menschenrechtsorganisationen; Human Rights Watch [Time to seize the Moment in Sri Lanka, 25.05.2016] spricht von „continued reports of the torture of detainees“ [fortgesetzten Berichten über die Folter von Inhaftierten]). |
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| Das Auswärtige Amt führt weiter aus, dass der infolge des langjährigen Bürgerkriegs umfassende Sicherheitsapparat nach Ende des Konflikts 2009 kaum reduziert wurde und insbesondere im Norden und Osten noch stark vertreten ist (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 6, auch S. 7; vgl. auch Human Rights Watch, Unfinished Business in Sri Lanka, 01.09.2016). Es verweist zudem darauf, dass nach Angaben der sri-lankischen NGO Groundviews 2015 noch immer mindestens 181 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Symphatisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hätten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert seien; bis November 2015 seien 38 davon gegen Kaution freigelassen worden (a.a.O. S. 12). |
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| Die Schweizerische Flüchtlingshilfe weist in ihrer Auskunft vom 22.04.2016 „Sri Lanka: Gefährdung bei Rückkehr und Zugang zu medizinischer Versorgung in Haft“ darauf hin (S. 3), dass Berichte der NGO Freedom from Torture und International Truth & Justice Project Sri Lanka vom Januar 2016 insgesamt 27 Fälle dokumentierten, in denen tamilische Personen durch sri-lankische Sicherheitskräfte gefoltert, willkürlich verhaftet oder entführt worden seien. Der jüngste in dem letztgenannten Bericht dokumentierte Fall (von insgesamt 20 Fällen) habe sich im Dezember 2015 zugetragen (vgl. a.a.O. S. 4). Während der Verhöre seien mehrere der Betroffenen beschuldigt worden, die LTTE wiederaufbauen zu wollen oder das Land in Unruhe zu bringen. 19 der Personen seien Opfer von Entführungen mittels weißer Lieferwagen geworden („White Van Abduction“). 16 der Personen hätten in der Vergangenheit eine Funktion der LTTE auf niedriger Stufe gehabt. |
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| Der Prevention of Terrorism Act (s. o. aa und a) ist weiterhin in Kraft (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 7 und 12; auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, und Human Rights Watch, UN Human Rights Council: High Commissioner’s Report on human rights of Rohingya Muslims and other minorities in Burma/Maanmar and on Sri Lanka, 30.06.2016). Das Auswärtige Amt führt aus, die Regierung gebe an, 181 Personen seien auf seiner Grundlage inhaftiert, wobei die Mehrheit tamilischer Herkunft sei, die Zivilgesellschaft gehe hingegen von rund 250 Personen aus (a.a.O. S. 7). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe verweist darauf, dass verschiedene Schätzungen „sich auf bis über 200 Personen“ beliefen (Auskunft vom 22.04.2016, S. 6). Amnesty International zitiert eine Erklärung des Oppositionsführers Sampanthan vor dem Parlament, dass noch 217 Personen auf der Grundlage der Bestimmungen des PTA inhaftiert seien (Amnesty Report 2016, Sri Lanka). Nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe wird er „weiterhin eingesetzt, um tamilische Personen zu verhaften, welche der angeblichen Verbindungen zur LTTE verdächtigt werden“ (Auskunft vom 22.04.2016, S. 6; entsprechend Amnesty Report 2016, Sri Lanka; ferner Human Rights Watch, Time to seize the Moment in Sri Lanka, 25.05.2016). Die Flüchtlingshilfe verweist auch auf eine sri-lankische Zeitung, die von Verhaftungen von Militärpersonal unter dem PTA berichtet hat. |
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| Rückkehrer müssen nach Einschätzung des Auswärtigen Amts grundsätzlich keine staatlichen Repressalien gegen sich fürchten, jedoch müssen sie sich nach Rückkehr Vernehmungen durch die Immigration, das National Bureau of Investigation und das Criminal Investigation Department stellen; ob es zur Anwendung von Gewalt kommt, ist nicht bekannt (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 13). Mit solchen Vernehmungen ist insbesondere zu rechnen, wenn die rückkehrende Person keinen gültigen sri-lankischen Reisepass vorlegen kann; Fälle diskriminierender Behandlung solcher Personen (auch von Tamilen) sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt (a.a.O. S. 14). Bei der Einreise mit gültigem sri-lankischem Reisepass würden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt; dies gelte auch für Zurückgeführte (a.a.O. S. 14). |
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| Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrer Auskunft vom 22.04.2016 aus (S. 1), dass es auch nach Amtsantritt des neuen Präsidenten zu Verhaftungen von tamilischen Rückkehrenden kam. Die Verhaftungen schienen oft mit angeblichen Verbindungen zur LTTE zusammenzuhängen. Eine zuvor erfolgte illegale Ausreise könne bei der Rückkehr ebenfalls zu einer Verhaftung führen. Die Flüchtlingshilfe führt nach diesen einleitenden Bemerkungen unter Berufung auf verschiedene Quellen einzelne Fälle auf. So verweist sie zunächst auf einen Bericht der Zeitung Ceylon News vom 19.04.2016, wonach ein aus Mullaitivu stammender Tamile bei seiner Rückkehr aus Doha am 12.04.2016 durch das Terrorist Investigation Department am Flughafen aufgegriffen und anschließend sieben Stunden verhört worden sei (a.a.O. S. 1 f.). Anschließend sei er mit der Aufforderung freigelassen worden, am nächsten Morgen das TID-Büro in Colombo aufzusuchen. Am folgenden Tag sei er dort verhaftet worden. Die Flüchtlingshilfe spricht außerdem etwa den Fall eines tamilischen Journalisten an, der nach seiner Rückkehr nach Sri Lanka durch die sri-lankischen Behörden verhaftet worden sei (a.a.O. S. 2). Der Journalist und Aktivist sei im Jahr 2012 nach Australien geflohen und habe sich aufgrund der positiven Signale der aktuellen sri-lankischen Regierung für die Rückkehr entschieden. Er sei nach der Inhaftierung auf Kaution freigelassen worden. Ihm seien aber Auslandsreisen für fünf Jahre untersagt worden und er müsse sich jeden Monat im berüchtigten vierten Stock des Hauptquartiers des CID in Colombo melden. Unter Berufung auf TamilNet führt die Flüchtlingshilfe auch aus, dass viele tamilische Rückkehrende aus dem Nahen Osten in der jüngsten Zeit durch den sri-lankischen Militärgeheimdienst verhaftet worden seien (a.a.O. S 2). Die Flüchtlingshilfe zitiert schließlich etwa auch aus einem Bericht der International Crisis Group, wonach weiterhin rückkehrende tamilische Personen unter Anwendung des Prevention auf Terror Act (PTA) wegen des Verdachts auf zurückliegende LTTE-Verbindungen verhaftet würden; viele würden in durch das Militär betriebene Rehabilitationsprogramme geschickt. |
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| Die Schweizerische Flüchtlingshilfe trägt in der Auskunft vom 22.04.2016 auch vor, dass das International Truth & Justice Project Sri Lanka im Januar 2016 zu dem Schluss gekommen sei, dass tamilische Personen, welche aus dem Ausland zurückkehrten, überwacht würden (a.a.O. S. 4). So gebe es weiterhin ein umfangreiches Netzwerk von tamilischen Informanten, welche Rückkehrende beobachteten. Das sichere Verlassen des Flughafens sei deswegen keine Garantie für die spätere Sicherheit. Die Flüchtlingshilfe gibt ferner die Einschätzung von International Truth & Justice Project wieder, dass es für tamilische Personen im Ausland noch nicht sicher sei, nach Sri Lanka zurückzukehren, wenn die betroffene Person in der Vergangenheit eine Verbindung zur LTTE aufweise (a.a.O. S. 5). |
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| (2) Diese Erkenntnisse lassen, selbst wenn sich alle Angaben zu flüchtlingsschutzrelevanten Menschenrechtsverletzungen als zutreffend erweisen sollten, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht den Schluss auf eine Gruppenverfolgung von Tamilen, auch nicht vom männlichen Tamilen aus dem Norden, zu. Ein staatliches Verfolgungsprogramm lässt sich nach wie vor nicht feststellen. Auch die Zahl an Verhaftungen und Überwachungen von Tamilen sowie an ihnen gegenüber vorgenommene Handlungen, die als Folter einzustufen sind, lässt nicht annähernd auf die Gefahr schließen, dass (nahezu) jedes Gruppenmitglied mit solchen Maßnahmen zu rechnen hat. Dabei ist auch zu bedenken, dass nicht jede Verhaftung mit anschließendem Verhör schon eine Menschenrechtsverletzung darstellt. |
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| Der nach den vorliegenden Erkenntnismitteln bestehenden, im Vergleich zu den Jahren 2008 und 2010 deutlich verbesserten Gesamtsituation der Tamilen in Sri Lanka hat der Kläger nichts entgegengehalten. |
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| Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. |
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| 1. Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315; jüngst etwa Kammerbeschluss vom 09.03.2016 - 2 BvR 348/16 - juris Rn. 12). Politische Verfolgung ist grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfGE 80, 315). An gezielten Rechtsverletzungen fehlt es bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Heimatstaat zu erleiden hat, wie Hunger, Naturkatastrophen, aber auch bei den allgemeinen Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen (BVerfGE 80, 315, 335). Ob eine gezielte Verletzung von Rechten vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (BVerfGE 80, 315, 335). |
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| Das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG beruht auf dem Zufluchtgedanken, mithin auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung - Flucht - Asyl (BVerfGE 80, 315, 344). Nach dem hierdurch geprägten normativen Leitbild des Grundrechts ist typischerweise asylberechtigt, wer aufgrund politischer Verfolgung gezwungen ist, sein Land zu verlassen und im Ausland Schutz und Zuflucht zu suchen, und deswegen in die Bundesrepublik Deutschland kommt. Atypisch, wenn auch häufig, ist der Fall des unverfolgt Eingereisten, der hier gleichwohl Asyl begehrte und dafür auf Umstände verweist, die erst während seines Hierseins entstanden sind oder deren erst künftiges Entstehen er besorgt (sog. Nachfluchttatbestände). |
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| Nach diesem normativen Leitbild des Asylgrundrechts gelten für die Beurteilung, ob ein Asylsuchender politisch Verfolgter im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG ist, unterschiedliche Maßstäbe je nachdem, ob er seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (BVerfGE 80, 315, 344). |
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| Ergibt die rückschauende Betrachtung, dass der Asylsuchende vor landesweiter politischer Verfolgung geflohen ist, so kommt eine Anerkennung als Asylberechtigter regelmäßig in Betracht. Ergibt sie eine lediglich regionale Verfolgungsgefahr, so bedarf es der weiteren Feststellung, dass der Asylsuchende landesweit in einer ausweglosen Lage war. Steht fest, dass Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist ist und dass ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates im beschriebenen Sinn unzumutbar war, so ist er gemäß Art. 16a Abs. 1 GG asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Daher muss sein Asylantrag Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Ist die Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet, kommt es darauf an, ob mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist; eine Anerkennung als Asylberechtigter ist nicht geboten, wenn der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher sein kann. Gleiches gilt, wenn sich - bei fortbestehender regional begrenzter politischer Verfolgung - nach der Einreise in den Geltungsbereich des Grundgesetzes eine zumutbare inländische Fluchtalternative eröffnet. |
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| Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat unverfolgt verlassen, so kann sein Asylantrag nach Art. 16a Abs. 1 GG nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von beachtlichen Nachfluchttatbeständen politische Verfolgung droht (BVerfGE 80, 315, 345 f.). Droht diese Gefahr nur in einem Teil des Heimatstaates, so kann der Betroffene auf Gebiete verwiesen werden, in denen er vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist, es sei denn, es drohen dort andere unzumutbare Nachteile oder Gefahren. |
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| 2. Der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten steht entgegen, dass nach Überzeugung des Senats die nach dem Vorbringen des Klägers fluchtauslösende Entführung und Erpressung durch die EPDP oder die Karuna-Gruppe nicht der Wahrheit entspricht (s. o. II. 2.) und er zum Zeitpunkt der Ausreise nicht Mitglied einer verfolgten Gruppe war (s. o. II. 3. a) sowie er ein solches auch zum heutigen Zeitpunkt nicht ist (s. o. II. 3. b bb). |
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| Der Kläger hat weiterhin nicht den von ihm hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Plausible Anhaltspunkte dafür, dass ihm in Sri Lanka ein ernsthafter Schaden i. S. v. § 4 Abs. 1 AsylG drohen könnte, bestehen nach dem Gesagten nicht. |
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| Der Kläger hat schließlich auch nicht den weiter hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AsylG. Auch insoweit gilt, dass für den Senat kein Sachverhalt ersichtlich ist, der das Vorliegen der genannten Verbote zu begründen in der Lage wäre. |
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| Dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag ist nicht zu entsprechen. |
|
| 1. a) Soweit der Antrag auf die Einholung eines Gutachtens eines sachverständigen Universitätsprofessors für Europäisches Recht gerichtet ist, zielt der Antrag auf die Klärung einer Rechtsfrage, nicht aber auf eine dem (Sachverständigen-)Beweis zugängliche Tatsachenfrage. Die Ermittlung der Rechtslage und die Anwendung der einschlägigen Vorschriften auf einen konkreten Fall ist ureigene Aufgabe der Rechtsprechung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 293 ZPO: s. a. Geimer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 293 Rn. 1, nicht zuletzt unter Hinweis auf den Grundsatz „iura novit curia“). Die Ermittlung der Rechtslage ist infolgedessen in aller Regel keine Tatsachenfeststellung. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Ermittlung ausländischen Rechts sowie der ausländischen Rechtspraxis im Verwaltungsprozess nicht der Rechtserkenntnis zuzuordnen, sondern wie eine Tatsachenfeststellung zu behandeln ist (Urteil vom 19.07.2012 - 10 C 2.12 - NJW 2012, 3461 Rn. 16; kritisch dazu Geimer, a.a.O. Rn. 14). Denn die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), deren Auslegung und Anwendung auf seinen Fall der Kläger geklärt haben will, ist kein ausländisches Recht. Die EMRK gilt vielmehr in der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307, 315); deutsche Gerichte haben sie wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfG, a.a.O. S. 317). |
|
| b) Der Beweisantrag geht weiterhin von einer unzutreffenden Ausgangslage aus. Die Beklagte hat gegen das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts das statthafte Rechtsmittel eingelegt; infolge des Suspensiveffekts (zunächst des Antrags auf Zulassung der Berufung, sodann der Berufung) war sie nicht verpflichtet, der ihr vom Verwaltungsgericht auferlegten Verpflichtung nachzukommen. Folglich hatte der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Rechtsstellung eines Asylberechtigten inne. |
|
| c) Die Auffassung des Klägers, der Senat sei infolge der Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof daran gehindert, auf die Berufung der Beklagten das verwaltungsgerichtliche Urteil zu ändern, teilt der Senat nicht. Er vermag weder dem vom Kläger ausdrücklich angesprochenen Art. 3 EMRK noch dem von ihm der Sache nach angesprochenen Art. 4 EMRK auch nur im Ansatz eine derartige Wirkung zu entnehmen. Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unangemessen lange gedauert haben dürfte (vgl. § 173 Satz 2 VwGO i. V. m. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG). Rechtsfolge einer unangemessenen Verfahrensdauer - die der Kläger allerdings nicht mit einer Verzögerungsrüge (vgl. § 198 Abs. 3 GVG) beanstandet hat - ist indessen grundsätzlich eine angemessene Entschädigung in Geld. Dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer über das Fehlen materieller Anspruchsvoraussetzungen hinweghelfen könnte, ist gesetzlich nicht vorgesehen und es besteht aus Sicht des Senats auch kein Anlass für eine hierauf gerichtete - was ihre Zulässigkeit angeht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/00 - BVerfGE 128, 193), problematische - richterliche Rechtsfortbildung. Auch der Kläger nennt keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die auch nur einen Ansatz für seine Auffassung bieten könnte. |
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| 2. a) Soweit der Antrag auf die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichtet ist, handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag. Ein solcher liegt vor, wenn Behauptungen ins Blaue hinein aufgestellt werden (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - juris Rn. 133). Hiervon ist auszugehen, wenn für den Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BVerwG, Beschluss vom 17.09.2014 - 8 B 15.14 - juris Rn. 10). So liegt es hier. Zum einen hat der Kläger bereits nicht dargelegt, dass er tatsächlich darauf vertraut hat, als Asylberechtigter anerkannt zu werden; das wäre schon deshalb veranlasst gewesen, weil der Kläger bereits mit der Stellung des Zulassungsantrags damit rechnen musste, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts keinen Bestand haben würde. Zum anderen und vor allem gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger infolge der Zurückweisung der Berufung psychisch erkranken würde. Der Kläger hat nicht vorgetragen, geschweige denn - etwa mittels Vorlage eines ärztlichen Schreibens - untermauert, gegenwärtig an einer psychischen (Grund-)Erkrankung zu leiden, die sich im Fall einer Klageabweisung verschlechtern würde. |
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| b) Abgesehen davon ist der Beweisantrag auch aus dem Grund abzulehnen, dass die vom Kläger in den Raum gestellte „gravierende psychische Reaktion … auch im Sinne einer psychischen Erkrankung“ keine entscheidungserhebliche Tatsache ist. Eine eventuelle psychische Erkrankung könnte im Rahmen der vorliegenden Klage lediglich Bedeutung hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG Bedeutung erlangen. Hierfür ist erforderlich, dass sich eine vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leben und Leib führt, d. h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach Rückkehr droht. Der Kläger stellt hier schon nicht eine Erkrankung unter Beweis, die bereits vorhanden ist, er behauptet vielmehr, im Fall der Abweisung seiner Klage zu erkranken. Hinzu kommt, dass von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht Schutz vor Abschiebung nicht bei Vorliegen jeglicher Erkrankung gewährt wird. Vielmehr schützt die Vorschrift nur vor einer erheblichen und alsbaldigen Verschlimmerung für den Fall einer Rückkehr. Darum geht es dem Kläger aber mit seinem Beweisantrag nicht. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Gerichtskostenfreiheit aus § 83b AsylG. |
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| Ein Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor. |
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| Der Senat konnte verhandeln und entscheiden, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung nicht vertreten war. Denn auf diese Möglichkeit war in der Ladung zum Termin hingewiesen worden (vgl. § 102 Abs. 2 VwGO). |
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| Die nach Zulassung durch den 12. Senat des erkennenden Gerichtshofs statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten hat Erfolg. Denn die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (I.) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (II.), keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter (III.), keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes (IV.) und keinen Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots (V.). Dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag ist nicht zu entsprechen (VI.). |
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| Für die Beurteilung des Begehrens des Klägers ist auf den Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Senat abzustellen (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG). Maßgeblich in rechtlicher Hinsicht ist deshalb das zuletzt durch Art. 6 des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 (BGBl I S. 1939) geänderte Asylgesetz. |
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| Die erstinstanzlich gestellten Klageanträge sind im Hinblick auf die aktuelle Rechtslage, insbesondere auf die seit 01.12.2013 geltenden §§ 3 ff. AsylG (vgl. Art. 1 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2011/95/EU vom 28.08.2013, BGBl I S. 3474), wie folgt zu verstehen und entsprechend in der mündlichen Verhandlung gestellt worden: |
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| Der auf die Verpflichtung zur Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG und zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gerichtete Hauptantrag ist weder durch die genannte noch durch sonstige Gesetzesnovellen berührt worden. |
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| Der auf die Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG in der zum Zeitpunkt des Ergehens des verwaltungsgerichtlichen Urteils geltenden Fassung gerichtete erste Hilfsantrag ist nunmehr als Antrag auf die Verpflichtung zur Gewährung subsidiären Schutzes auszulegen. Denn in § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG sind die bisher in § 60 Abs. 2, 3 und 7 Satz 2 AufenthG enthaltenen Abschiebungsverbote zusammengefasst worden (vgl. BT-Drs. 17/13063, S. 25). |
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| Der auf die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG „höchsthilfsweise“ gestellte Hilfsantrag kann ohne Änderung weiterverfolgt werden; die Vorschriften sind nicht geändert worden. |
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| Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4 AsylG. |
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| 1. Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG oder das Bundesamt hat nach § 60 Abs. 8 Satz 3 AufenthG von der Anwendung des § 60 Abs. 1 AufenthG abgesehen. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.07.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugungen oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will. |
|
| Nach § 3a Abs. 1 AsylG (vgl. auch Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13.12.2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes, ABl EU L 337/9; so genannte Qualifikationsrichtlinie - QRL -) gelten als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG Handlungen, die 1. auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist, oder 2. in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist. Nach § 3a Abs. 2 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 2 QRL) können als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG u. a. gelten: 1. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt, 2. gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden, 3. unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung, 4. Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung, 5. Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Abs. 2 AsylG fallen, 6. Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind. Nach § 3a Abs. 3 AsylG (vgl. Art. 9 Abs. 3 QRL) muss zwischen den Verfolgungsgründen und den als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen eine Verknüpfung bestehen (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 24 a.E.). |
|
| Die Verfolgung kann nach § 3c AsylG (vgl. Art. 6 QRL) ausgehen von 1. dem Staat, 2. Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder 3. nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder willens sind, im Sinne des § 3d AsylG (vgl. Art. 7 QRL) Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. |
|
| Der Charakter einer Verfolgungshandlung erfordert, dass das Verhalten des betreffenden Akteurs im Sinne einer objektiven Gerichtetheit auf die Verletzung eines nach § 3a AsylG (Art. 9 QRL) geschützten Rechtsguts selbst zielt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 26 m.w.N.). |
|
| Der für die Beurteilung zugrunde zu legende Prognosemaßstab ist der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 27 ff.). Die relevanten Rechtsgutsverletzungen müssen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser aus dem Tatbestandsmerkmal „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung“ des Art. 2 Buchstabe d QRL abzuleitende Maßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“); dieser Maßstab ist kein anderer als der der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.02.2013 - 10 C 23.12 - BVerwGE 146, 67 Rn. 32 = NVwZ 2013, 936 Rn. 32). Er setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des gesamten zur Prüfung gestellten und relevanten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände die dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende bzw. bewertende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Entscheidend ist, ob aus der Sicht eines vernünftig denkenden und nicht übertrieben furchtsamen Menschen gerade in der Lage des konkreten Asylsuchenden nach Abwägung aller bekannten Umstände eine Rückkehr in den Heimatstaat als unzumutbar einzuschätzen ist. Unzumutbar kann eine Rückkehr in den Heimatstaat auch dann sein, wenn ein mathematischer Wahrscheinlichkeitsgrad von weniger als 50 Prozent für eine politische Verfolgung gegeben ist. In einem solchen Fall reicht zwar die bloße theoretische Möglichkeit einer Verfolgung nicht aus. Ein vernünftig denkender Mensch wird sie außer Betracht lassen. Ergeben jedoch die Gesamtumstände des Falls die „reale Möglichkeit“ einer flüchtlingsrechtlich relevanten Verfolgung, wird auch ein verständiger Mensch das Risiko einer Rückkehr in den Heimatstaat nicht auf sich nehmen. Ein verständiger Betrachter wird bei der Abwägung aller Umstände daneben auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs in einem gewissen Umfang in seine Betrachtung einbeziehen. Wenn nämlich bei quantitativer Betrachtungsweise nur eine eher geringere mathematische Wahrscheinlichkeit für eine Verfolgung besteht, kann es auch aus der Sicht eines besonnenen Menschen bei der Überlegung, ob er in seinen Heimatstaat zurückkehren kann, einen ganz erheblichen Unterschied bedeuten, ob er z. B. lediglich eine Gefängnisstrafe von einem Monat oder aber Folter oder gar die Todesstrafe riskiert. Auch gilt: Je unabwendbarer eine drohende Verfolgung erscheint, desto unmittelbarer steht sie bevor. Je schwerer der befürchtete Verfolgungseingriff ist, desto weniger kann es dem Gefährdeten zugemutet werden, mit der Flucht zuzuwarten, bis der Verfolger unmittelbar vor der Tür steht. Das gilt auch dann, wenn der Eintritt der befürchteten Verfolgung von reiner Willkür abhängt, das befürchtete Ereignis somit im Grunde jederzeit eintreten kann, ohne dass allerdings im Einzelfall immer gesagt werden könnte, dass dessen Eintritt zeitlich in nächster Nähe bevorsteht. Die allgemeinen Begleitumstände, z. B. eine Willkürpraxis, die Repressionsmethoden gegen bestimmte oppositionelle oder verwundbare Gruppen, sind allgemeine Prognosetatsachen. |
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| Für die Beurteilung sind alle Akte zu berücksichtigen und einzustellen, denen der Ausländer ausgesetzt war oder die ihm gedroht hatten, um festzustellen, ob unter Berücksichtigung seiner persönlichen Umstände diese Handlungen als Verfolgung im Sinne von Art. 9 Abs. 1 QRL gelten können. |
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| Zur Erstellung der erforderlichen Prognose sind objektiviert die Prognosetatsachen nach den allgemeinen Maßstäben des verwaltungsverfahrensrechtlichen und verwaltungsgerichtlichen Regelbeweismaßes der Überzeugungsgewissheit zu ermitteln und festzustellen. Diese Tatsachen liegen regelmäßig teils in der Vergangenheit, teils in der Gegenwart. Sie müssen sodann in einer Gesamtschau verknüpft und gewissermaßen in die Zukunft projiziert werden. Auch wenn insoweit - wie sich bereits aus dem Gefahrbegriff ergibt - eine beachtliche Wahrscheinlichkeit ausreicht und deshalb ein „voller Beweis“ nicht erbracht werden kann, ändert dies nichts daran, dass das Gericht von der Richtigkeit seiner verfahrensfehlerfrei gewonnenen Prognose drohender Verfolgung die volle Überzeugung gewonnen haben muss. |
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| Die Gefahr eigener Verfolgung für einen Ausländer, der die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft begehrt, kann sich nicht nur aus gegen ihn selbst gerichteten Maßnahmen ergeben, sondern auch aus gegen Dritte gerichteten Maßnahmen, wenn diese Dritten wegen eines asylerheblichen Merkmals verfolgt werden, das er mit ihnen teilt, und wenn er sich mit ihnen in einer nach Ort, Zeit und Wiederholungsträchtigkeit vergleichbaren Lage befindet (zur so genannten Gruppenverfolgung vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 30 ff.). Dabei ist je nach den tatsächlichen Gegebenheiten auch zu berücksichtigen, ob die Verfolgung allein an ein bestimmtes unverfügbares Merkmal wie die Religionszugehörigkeit anknüpft oder ob für die Bildung der verfolgten Gruppe und die Annahme einer individuellen Betroffenheit weitere Umstände oder Indizien hinzutreten müssen. Die Annahme einer alle Gruppenmitglieder erfassenden gruppengerichteten Verfolgung setzt - abgesehen von den Fällen eines (staatlichen) Verfolgungsprogramms - ferner eine bestimmte „Verfolgungsdichte“ voraus, welche die „Regelvermutung“ eigener Verfolgung rechtfertigt. Hierfür ist die Gefahr einer so großen Vielzahl von Eingriffshandlungen in flüchtlingsrechtlich geschützte Rechtsgüter erforderlich, dass es sich dabei nicht mehr um vereinzelt bleibende individuelle Übergriffe oder um eine Vielzahl einzelner Übergriffe handelt. Die Verfolgungshandlungen müssen vielmehr im Verfolgungszeitraum und Verfolgungsgebiet auf alle sich dort aufhaltenden Gruppenmitglieder zielen und sich in quantitativer Hinsicht so ausweiten, wiederholen und um sich greifen, dass daraus für jeden Gruppenangehörigen nicht nur die Möglichkeit, sondern ohne weiteres die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit entsteht. Voraussetzung für die Annahme einer Gruppenverfolgung ist ferner, dass die festgestellten Verfolgungsmaßnahmen die von ihnen Betroffenen gerade in Anknüpfung an asylerhebliche Merkmale treffen. Ob eine in dieser Weise spezifische Zielrichtung vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines der in § 3b AsylG genannten Merkmale erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten. |
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| Für die Gruppenverfolgung (wie auch für jede Individualverfolgung) gilt weiter, dass sie mit Rücksicht auf den allgemeinen Grundsatz der Subsidiarität des Flüchtlingsrechts den Betroffenen einen Schutzanspruch im Ausland nur vermittelt, wenn sie im Herkunftsland landesweit droht, d. h. wenn keine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative besteht, die auch vom Zufluchtsland aus erreichbar sein muss (vgl. § 3e AsylG, Art. 8 QRL). |
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| Diese ursprünglich zum Asylgrundrecht für die unmittelbare und die mittelbare staatliche Gruppenverfolgung entwickelten Grundsätze können prinzipiell auf die Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure übertragen werden, wie sie durch § 3c Nr. 3 AsylG (vgl. Art. 6 Buchstabe c QRL) ausdrücklich als flüchtlingsrechtlich relevant geregelt ist. |
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| Ob Verfolgungshandlungen das Kriterium der Verfolgungsdichte erfüllen, ist von den Tatsachengerichten aufgrund einer wertenden Betrachtung im Sinne der Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung zu entscheiden. Dabei muss zunächst die Gesamtzahl der Angehörigen der von Verfolgungshandlungen betroffenen Gruppe ermittelt werden. Weiter müssen Anzahl und Intensität aller Verfolgungsmaßnahmen, gegen die Schutz weder von staatlichen Stellen noch von staatsähnlichen Herrschaftsorganisationen im Sinne des § 3c Nr. 1 und 2 AsylG einschließlich internationaler Organisationen zu erlangen ist, festgestellt und hinsichtlich der Anknüpfung an ein oder mehrere unverfügbare Merkmale im Sinne von § 3b AsylG nach ihrer objektiven Gerichtetheit zugeordnet werden. Alle danach gleichgleichgearteten, auf eine nach denselben Merkmalen zusammengesetzte Gruppe bezogenen Verfolgungsmaßnahmen müssen schließlich zur ermittelten Größe dieser Gruppe in Beziehung gesetzt werden, weil eine bestimmte Anzahl von Eingriffen, die sich für eine kleine Gruppe von Verfolgten bereits als bedrohlich erweist, gegenüber einer großen Gruppe vergleichsweise geringfügig erscheinen kann. Diese Maßstäbe haben auch bei der Anwendung der Richtlinie 2011/95/EU Gültigkeit. |
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| Der der Prognose zugrunde zu legende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ist unabhängig davon, ob bereits Vorverfolgung oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG (vgl. Art. 15 QRL) vorliegt (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 27.08.2014 - A 11 S 1128/14 - juris Rn. 34 m.w.N.). Die Tatsache, dass ein Ausländer bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden ernsthaft bedroht war, ist allerdings ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Ausländers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. Art. 4 Abs. 4 QRL); es besteht die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Den in der Vergangenheit liegenden Umständen wird Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beigelegt. Dadurch wird der Vorverfolgte bzw. Geschädigte von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die verfolgungsbegründenden bzw. schadenstiftenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland wiederholen werden. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden; hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Die nach Art. 4 Abs. 4 QRL maßgebenden stichhaltigen Gründe, die gegen eine erneute Verfolgung sprechen, können bei richtigem Verständnis der Norm letztlich keine anderen Gründe sein als die, die im Rahmen der „Wegfall der Umstände-Klausel“ des Art. 11 Abs. 1 Buchstabe e und f QRL maßgebend sind. Dafür spricht, dass der EuGH diese Grundsätze in einen Kontext mit der „Wegfall der Umstände-Klausel“ gestellt hat. Nur wenn die Faktoren, welche die Furcht des Flüchtlings begründeten, dauerhaft beseitigt sind, die Veränderung der Umstände also erheblich und nicht nur vorübergehend ist, wird die Beweiskraft der Vorverfolgung entkräftet. Würden mit Blick auf ein bestimmtes Herkunftsland statusrechtliche Entscheidungen wegen veränderter Umstände aufgehoben, ist es gerechtfertigt, dem Vorverfolgten im Asylverfahren die Umstände, welche die geänderte Einschätzung der Verfolgungssituation als stichhaltige Gründe leiten, entgegenzuhalten. In diesem Fall bleibt ihm dann die Möglichkeit, unter Hinweis auf besondere, seine Person betreffende Umstände nach Maßgabe des allgemeinen Wahrscheinlichkeitsmaßstabs erneut eine ihn treffende Verfolgung geltend zu machen. |
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| 2. Dem Kläger ist die Flüchtlingseigenschaft nicht aus individuellen Verfolgungsgründen zuzuerkennen. Der Senat konnte aufgrund des bisherigen Ablaufs des Asylverfahrens und insbesondere aufgrund der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung und des in ihr von seiner Person gewonnenen Eindrucks nicht die erforderliche Überzeugung davon gewinnen, dass die nach seinem Vorbringen fluchtauslösende Entführung und Erpressung durch die EPDP oder die Karuna-Gruppe der Wahrheit entspricht. Vielmehr spricht nach Auffassung des Senats vieles dafür, dass der Kläger den wahren Grund für seine Ausreise nach wie vor für sich behält. |
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| An der Glaubwürdigkeit des Klägers bestehen zunächst aus dem Grund ganz erhebliche Zweifel, dass er im zeitlichen Zusammenhang mit seiner Einreise im September 2008 nicht miteinander in Einklang zu bringende Angaben zu den Gründen seiner Flucht gemacht hat. So gab er bei der Bundespolizei im Wesentlichen an, er habe schon seit zwei Jahren versucht, Sri Lanka zu verlassen, sei seit über zehn Jahren Mitglied der LTTE, habe lange Zeit das sri-lankische Militär mit Bargeld bestochen und müsse damit rechnen, vom Militär grundlos verhaftet zu werden. Von einer Entführung und Erpressung durch Mitglieder tamilischer regierungsnaher Organisationen war nicht im Ansatz die Rede. Es besteht für den Senat keine Veranlassung, daran zu zweifeln, dass der Kläger die in den Wortprotokollen über die Vernehmungen niedergelegten Angaben gemacht hat. Nicht zuletzt wurden die Vernehmungen, bei denen ein Dolmetscher für die tamilische Sprache eingebunden war, ausweislich von beigefügten Vermerken dem Kläger vorgelesen und von ihm genehmigt. Plausible Gründe dafür, dass die Vernehmungen unrichtig wiedergegeben worden sein könnten, hat der Kläger im Übrigen auch in der mündlichen Verhandlung nicht gemacht; er hat sich - darauf angesprochen - mehrmals darauf beschränkt zu bestreiten, die in den Protokollen festgehaltenen Angaben gemacht zu haben. Eine ganz andere Verfolgungsgeschichte hat der Kläger dann in seiner Anhörung beim Bundesamt erzählt: Grund für seine Ausreise sei gewesen, dass Leute ihn mitgenommen und von ihm Geld verlangt hätten; dann hätten sie ihn wieder gehen lassen. Auf Nachfragen des Anhörenden berichtete er unter anderem, die Entführung habe am 14.04.2008 stattgefunden, er sei sechs Tage in einem Haus festgehalten und ihm sei dann eine dreimonatige Zahlungsfrist gewährt worden. |
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| Die angebliche Entführung und Erpressung hat der Kläger dann auch in der mündlichen Verhandlung als Ereignis genannt, das bei ihm erst den Entschluss zur Flucht ins Ausland hat reifen lassen. Allerdings konnte er dem Senat nicht den Eindruck vermitteln, von etwas tatsächlich Erlebtem zu berichten; es spricht vielmehr viel dafür, dass der Kläger ein Schicksal, das andere Personen erlitten haben, auf sich projiziert hat. Auf die eingangs seiner Anhörung gestellte Frage nach dem Grund seiner Ausreise nannte der Kläger in einigen wenigen Sätzen lediglich Eckpunkte der angeblichen Entführung und Erpressung. Wesentlich ausführlicher, detailreicher und nach Einschätzung des Senats durchaus glaubhaft wurden dann erst die Schilderungen seines Reisewegs, auf die sich die Fragestellung indes überhaupt nicht erstreckte. Die gezielten Nachfragen brachten dann auch keine Ausführungen, die den Schluss zulassen könnten, dass sich das Geschehen tatsächlich so wie vom Kläger behauptet ereignet hat. In diesem Zusammenhang merkt der Senat an, dass ihm selbstverständlich bewusst ist, dass die Erinnerung an Ereignisse mit zunehmendem Zeitablauf nachlässt; allerdings wäre die vom Kläger behauptete Entführung und Erpressung ein so einschneidendes Ereignis gewesen, dass auch nach über acht Jahren zu erwarten gewesen wäre, dass der Kläger zumindest einige für die Richtigkeit seiner Angaben sprechende Details hätte schildern können. Das hat er indes nicht getan. Auf die gezielten Fragen antwortete er meist wortkarg. Einzelheiten zu dem Raum etwa, in dem er immerhin sechs Tage festgehalten worden sein will, konnte er mit Ausnahme solcher, die letztlich nur ein geringes Maß an Einfallsreichtum erfordern (angebliche Größe, weiße Wandfarbe, Licht an der Decke) nicht liefern. Angaben dazu, ob der Raum Fenster hatte, wie er möbliert war und dabei insbesondere, ob er eine als solche zu bezeichnende Schlafgelegenheit hatte, wie sie eigentlich zu erwarten gewesen wären, machte der Kläger nicht. Auf die Forderungen der Entführer angesprochen verwies der Kläger stets nur auf deren Verlangen von Geld. Mit welchen Nachteilen die Entführer für den Fall der Nichtzahlung gedroht haben, war dem Kläger keiner nähren Erwähnung wert. Blass blieben auch die Ausführungen zu der angeblichen Folter. Nachdem er zunächst lediglich die Behauptung von Folter in den Raum gestellt hatte, verwies er auf Nachfrage nur darauf, dass er geschlagen worden sei. Auf weitere Nachfrage gab er sodann an, er sei mit Stiefeln getreten und mit einem Holzknüppel geschlagen worden. Wie viele Personen ihn angeblich geschlagen und getreten haben, welche Körperstellen betroffen waren und ob und welche Verletzungen er infolge der Misshandlungen erlitten hat, blieb unerwähnt. Hinzu kommt, dass es sich insoweit um gesteigertes Vorbringen handelt, da der Kläger die Thematik „Folter“ erstmals vor dem Senat erwähnt hat. Auf entsprechenden Vorhalt hat er lediglich erklärt, er sei wohl bei seiner Anhörung nicht ausdrücklich danach gefragt worden. Sollte er allerdings tatsächlich gefoltert worden sein, erscheint es fernliegend, dass er auf diesen Umstand nicht von sich aus hingewiesen hätte. |
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| Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben zu seinem Verfolgungsschicksal sprechen auch seine Angaben zu dem weiteren Geschehen nach seiner angeblichen Freilassung. Davon, dass die Erpresser bereits im Juni 2008 bei ihm zu Hause vorbeigekommen seien, wie er es in seiner Anhörung beim Bundesamt erzählt hat, hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht berichtet. Vielmehr verwies er darauf, dass die Erpresser seine bisherige Unterkunft am 20.07.2008, dem Tag des angeblichen Fristablaufs, aufgesucht hätten. Diese Angabe passt allerdings in keiner Weise zu den Ausführungen seiner Ehefrau in dem dem Bundesamt vorgelegten Brief vom 15.10.2008, wonach die Entführungsbande jetzt häufiger zu ihr nach Hause komme. Erst nach zahlreichen, eindringlichen Nachfragen, nicht zuletzt seines Prozessbevollmächtigten, gab der Kläger an, dass es auch nachfolgend - zuletzt im Jahr 2009 oder im Jahr 2010 - Probleme gegeben habe. In diesem Zusammenhang hat der Kläger auch einerseits angegeben, seine Ehefrau lasse sich durch ihren Bruder bei Besuchen der Erpresser verleugnen. Andererseits gab der Kläger an, es gebe Probleme, wenn die Erpresser seine Ehefrau sehen. |
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| Offenbleiben kann nach Vorstehendem, ob die Entführung und Erpressung überhaupt von flüchtlingsschutzrelevanter Bedeutung gewesen wären. In Betracht käme hier lediglich eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure (vgl. § 3c Nr. 3 AsylG). Der Kläger hat auf die Frage, weshalb er als Opfer der Entführung und Erpressung ausgewählt worden sei, geantwortet, dies sei geschehen, weil er wohlhabend gewesen sei. Diese Aussage ist zunächst erstaunlich, will der Kläger die - nach seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung, die nicht mit der Angabe in der Anhörung beim Bundesamt übereinstimmt (damals: drei Millionen Rupien) - für die Organisation der Ausreise gezahlten zwei Millionen Rupien insbesondere durch den Verkauf von Goldschmuck seiner Frau und die Aufnahme eines Darlehens aufgebracht haben. Der Aussage lässt sich aber vor allem entnehmen, dass sich der Kläger zumindest im Wesentlichen als Opfer krimineller Machenschaften sah; eine Verbindung mit seiner tamilischen Volkszugehörigkeit oder gar seiner behaupteten Unterstützungstätigkeiten für die LTTE war für den Senat nicht erkennbar. |
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| Eine staatliche Verfolgung hat der Kläger schon nicht als Grund für seine Ausreise behauptet. Nicht zuletzt da dem Kläger offensichtlich ohne Probleme ein Reiseausweis ausgestellt wurde und er legal und ungehindert das Land verlassen konnte, bestehen hierfür auch keine hinreichenden Anhaltspunkte. Die vom Kläger erst auf Nachfragen angeführten Unterstützungstätigkeiten für die LTTE (Helfen beim Aufbauen und Dekorieren einer Bühne) waren, die Richtigkeit der Angaben unterstellt, allenfalls von untergeordneter Bedeutung. Dass er konkret durch sie ins Visier der Sicherheitskräfte geraten sein könnte, hat er bei seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung gerade nicht vorgetragen. Es blieb insoweit bei der allgemein gehaltenen Behauptung, Armeeangehörige hätten die Veranstaltungen an den Großheldentagen überwacht. |
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| 3. Auch eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen Gruppenverfolgung kommt nicht in Betracht. |
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| Tamilen waren zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers im August 2008 keiner Gruppenverfolgung ausgesetzt (dazu a). Sie sind es auch heute nicht (dazu b). |
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| a) Die Lage in Sri Lanka stellt sich im Hinblick auf den Asylantrag des Klägers und bezogen auf den Zeitpunkt seiner Ausreise im Wesentlichen wie im Urteil des erkennenden Gerichtshofs vom 09.11.2010 (A 4 S 703/10, juris) bezogen auf das Jahr 2007 dar. Dort heißt es (a.a.O. Rn. 46 ff.): |
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| Die Lage in Sri Lanka stellte sich 2007 nach den dem Senat vorliegenden Erkenntnissen wie folgt dar: |
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| In Sri Lanka lebten 2007 geschätzt 20,01 Millionen Menschen. Der Anteil der tamilischen Bevölkerung lag ungefähr bei 10 % (Fischer-Weltalmanach 2010, S. 474). Nach den Angaben des Ministeriums für Volkszählung und Statistik lebten 2006 im Großraum Colombo 2.251.274 Einwohner, davon waren 247.739 tamilische Volkszugehörige sri-lankischer Staatsangehörigkeit und 24.821 indische Tamilen (vgl. UK Home Office, Country of Origin Report Sri Lanka vom 15.11.2007, S. 122, Nr. 20.13). |
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| Die innenpolitische Lage Sri Lankas war von dem jahrzehntelangen ethnischen Konflikt zwischen Singhalesen und Tamilen bestimmt. Das Waffenstillstandsabkommen zwischen der Regierung [und] der tamilischen Rebellenorganisation Liberation Tigers of Tamil Eelam (LTTE) aus dem Februar 2002 war von Präsident Rajapakse im Januar 2008 offiziell aufgekündigt worden, nachdem es von beiden Seiten seit langem nicht mehr eingehalten worden war. Bereits ab November 2005 war es zu einer drastischen Zunahme von Waffenstillstandsverletzungen durch die LTTE und die im Jahr zuvor von ihr abgespaltene, mit der Regierung kollaborierende Karuna-Gruppe unter „Oberst Karuna“ (Muralitharan Vinayagamurthi), einem ehemaligen Vertrauten des LTTE-Führers Prabahakaran, gekommen. Seit April 2006 hatte die Regierung versucht, die LTTE, die zu diesem Zeitpunkt noch den Norden und Osten des Landes kontrollierte, mit offensiven Maßnahmen zurückzudrängen. Ab Mitte 2006 war es dann zu großflächigen, längeren Kampfhandlungen gekommen. Unterstützt von den paramilitärischen Einheiten der Karuna-Gruppe, die sich als Vertretung der Ost-Tamilen verstand, konnten die Streitkräfte im Juli 2007 nach den vorhergehenden Rückzug der LTTE-Soldaten die letzten von der LTTE gehaltenen Stellungen im Osten Sri Lankas einnehmen (Lagebericht des AA vom 07.04.2009, Stand März 2009, S. 5). |
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| Eine systematische und direkte Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen wegen Rasse, Nationalität oder politischer Überzeugung von Seiten der Regierung fand seit dem Waffenstillstandsabkommen von 2002 nicht statt (Lageberichte des AA vom 26.06.2007, Stand Juni 2007, S. 6 und vom 05.02.2008, Stand Februar 2008, S. 7). Allerdings standen Tamilen im Generalverdacht, die LTTE zu unterstützen, und mussten mit staatlichen Repressionen rechnen. Sie wurden nicht allein aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit systematisch verfolgt. Sie sind aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - in eine Art Generalverdacht der Sicherheitskräfte geraten. Die ständigen Razzien, Pkw-Kontrollen und Verhaftungen bei Vorliegen schon geringster Verdachtsmomente richteten sich vor allem gegen Tamilen. Durch die Wiedereinführung des „Terrorism Prevention Act“ Ende 2006 - ein Notstandsgesetz, das Verhaftungen ohne Haftbefehl und eine Inhaftierung bis zu 18 Monaten erlaubt, wenn die Behörden insbesondere den Verdacht terroristischer Aktivitäten haben (vgl. SFH, Sri Lanka, Aktuelle Situation, Update vom 11.12.2008, S. 3) - war die richterliche Kontrolle solcher Verhaftungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wurde, musste mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder gar einer Anklageerhebung hat kommen müssen (Lagebericht des AA vom 05.02.2008, Stand Februar 2008, S. 8). So wurden am 30. und 31.12.2005 im Rahmen der von Militär und Polizei in Colombo durchgeführten Operation „Strangers Night III.“ 920 Personen, die weit überwiegende Mehrheit Tamilen, verhaftet (Human Rights Watch, Return to War - Human Rights under Siege - August 2007, S. 74). |
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| Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) hat in seiner Stellungnahme zum Bedarf an internationalem Schutz von Asylsuchenden aus Sri Lanka vom 01.02.2007, die eine Zusammenfassung und Teilübersetzung der „UNHCR Position on the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Sri Lanka (December 2006)“ enthält, unter anderem ausgeführt, dass von der sich dramatisch verschlechternden Menschenrechtslage im besonderem Maße Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes betroffen seien. Aus der Stellungnahme ergibt sich, dass bei dem Verdacht, dass sie Verbindungen zur LTTE unterhalten, Menschenrechtsverletzungen durch die staatlichen Behörden oder mutmaßlich von der Regierung gestützte Paramilitärs drohten (S. 2). Für Tamilen aus Colombo bestand aufgrund der im April bzw. Dezember 2006 drastisch verschärften Sicherheitsbestimmungen ein erhöhtes Risiko, willkürlichen, missbräuchlichen Polizeimaßnahmen - insbesondere Sicherheitskontrollen, Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, Hausdurchsuchungen oder Leibesvisitationen - unterworfen zu werden. Tamilen aus Colombo waren darüber hinaus besonders gefährdet, Opfer von Entführungen, Verschleppungen oder Tötungen zu werden. Zwischen dem 20.08.2006 und dem 02.09.2006 waren Presseberichten zufolge mehr als 25 Tamilen entführt worden, nur zwei Personen waren bis zum Dezember 2006 wieder freigekommen (S. 2 f.). Diese Maßnahmen zur Bekämpfung der dauernden Bedrohung durch terroristische Attacken im Großraum Colombo waren teilweise für die gesamte tamilische Minderheit bedrohlich und stellten ihre Sicherheit in Frage. Extralegale Tötungen, die seit jeher Teil des Konflikts gewesen waren, wurden seit Dezember 2005 auch in signifikanter Zahl von Regierungsseite verübt. Viele Taten sind an gewöhnlichen Personen begangen worden, die kaum erkennbar in Verbindung zu dem Konflikt standen. Teilweise handelte es sich um Teile eines Musters, die LTTE anzugreifen, teilweise geschahen sie aus politischen Motiven. Sie konnten aber auch einen kriminellen Hintergrund haben (Asylsuchende aus Sri Lanka, Position der SFH vom 01.02.2007 S. 5). |
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| Die International Crisis Group hat in ihrem Bericht vom 14.06.2007 (Sri Lanka’s Human Rights Crisis, Asia Report N. 135) unter anderem festgehalten, dass die Anzahl der Verschwundenen in den letzten achtzehn Monaten nur schwerlich mit Sicherheit festzustellen sei. Verschiedene verlässliche Quellen berichteten von mehr als 1.500 Betroffenen, wobei das Schicksal von mindestens 1.000 Personen unklar gewesen sei. Die höchste Anzahl von Betroffenen sei in den von der Regierung kontrollierten Bereichen Jaffnas festzustellen gewesen. Dort seien 731 Fälle registriert worden, in 512 Fällen gebe es noch keine Aufklärung. Im Großraum Colombo sei es zu mehr als 70 berichteten Fällen von Entführungen und des Verschwindenlassens gekommen. Die meisten der Betroffenen seien junge tamilische Volkszugehörige gewesen, die der Zusammenarbeit mit der LTTE verdächtigt worden seien. Auch eine Vielzahl von Personen ohne Verbindung zur LTTE seien Opfer dieses Verschwindenlassens geworden. |
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| Human Rights Watch (HRW) geht in seinem Bericht aus dem August 2007 (Return to War - Human Rights under Siege -) davon aus, dass Entführungen und Fälle des Verschwindenlassens seit August 2006 auch in Colombo zu einer weitverbreiteten Erscheinung geworden seien. Die Organisation gelangt auf der Grundlage von Gesprächen mit 26 Familien von verschwundenen Personen zu dieser Aussage (S. 53 f.). Landesweit geht HRW für den Zeitraum vom 14.09.2006 bis zum 25.02.2007 von 2.020 Fällen Entführter oder sonst verschwundener Personen aus. „Ungefähr 1.134 Personen“ seien lebend wieder aufgefunden worden, die anderen seien weiterhin vermisst (S. 7). |
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| Nach dem Country Report on Human Rights Practices zu Sri Lanka des U.S. Department of State 2007 vom 11.03.2008 waren extralegale Tötungen in Jaffna an der Tagesordnung. Zwischen dem 30.11.2007 und dem 02.12.2007 sind nach zwei Bombenangriffen der LTTE in und um Colombo beinahe 2.500 tamilische Volkszugehörige in der Hauptstadt und geschätzte 3.500 Tamilen im ganzen Land verhaftet worden. Die Inhaftierten, überwiegend männliche tamilische Zivilisten sollen allein aufgrund ihrer tamilischen Nachnamen verhaftet worden sein. Die überwiegende Mehrheit von ihnen wurde bald wieder freigelassen. Zum Jahreswechsel waren nur noch zwölf von 372 im Boosa detention camp Inhaftierten in Gewahrsam. |
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| Aus diesen Erkenntnissen lässt sich selbst dann, wenn alle Angaben zutreffen sollten, zum Zeitpunkt der Ausreise des Klägers Ende November 2007 nicht auf eine Gruppenverfolgung der Gruppe der (jüngeren männlichen) Tamilen schließen. Ein staatliches Verfolgungsprogramm lässt sich nicht feststellen. Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amts wurde keine Volksgruppe gezielt allein wegen eines unveränderlichen Merkmals verfolgt. Die Anzahl der festzustellenden Übergriffe lässt nicht ohne weiteres auf die aktuelle Gefahr eigener Betroffenheit eines jeden Gruppenmitglieds schließen. Selbst wenn alle Übergriffe im Großraum Colombo zwischen November 2005 und Dezember 2007 dem sri-lankischen Staat zuzurechnen wären - tatsächlich sind dabei auch Übergriffe der LTTE und „rein kriminelle Übergriffe“ mit dem Ziel der Lösegelderpressung unter den registrierten Fällen - und alle Inhaftierungen - auch die von bloß kurzer Dauer von nicht mehr als drei Tagen - gezählt werden, ist das Verhältnis von 3.400 Verhaftungen zu mehr als 240.000 tamilischen Einwohnern angesichts des Zeitraums von zwei Jahren nicht geeignet, eine Regelvermutung der Gefährdung eines jeden Gruppenmitglieds zu rechtfertigen. Zieht man darüber hinaus in Betracht, dass 2.500 der Inhaftierten nach kurzer Zeit wieder freigelassen worden sind und damit keine Verfolgungshandlung im Sinne des Art. 9 RL 2004/83/EG erdulden mussten, ergibt sich eine Betroffenheit von 0,3 % der gesamten tamilischen Bevölkerung. Dieser - für die Bewertung des Standards der Achtung der Menschenrechte insoweit gleichwohl hohe - Prozentsatz der Betroffenen innerhalb eines Zweijahreszeitraums führt nicht zum Schluss auf die erforderliche aktuelle Gefahr der Betroffenheit jedes Gruppenmitglieds. |
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| Zu einer anderen Beurteilung bezogen auf den Zeitpunkt August 2008 besteht kein Anlass. Auch der Kläger hat nichts vorgetragen, was eine abweichende Beurteilung rechtfertigen würde. |
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| b) Die Lage in Sri Lanka stellt sich im Hinblick auf den Asylantrag des Klägers derzeit wie folgt dar: |
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| aa) Bezogen auf den Zeitpunkt November 2010 führte der erkennende Gerichtshof in seinem Urteil vom 09.11.2010 aus (a.a.O. Rn. 57 ff.): |
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| Am 19.05.2009 hat der sri-lankische Staatspräsident Mahinda Rajapakse in einer Parlamentsansprache den Sieg der Regierungstruppen über die tamilische Separatistenorganisation LTTE verkündet. Tags zuvor war nach den Angaben des Militärs bei einem der letzten Gefechte der LTTE-Anführer Velupillai Prabhakaran ums Leben gekommen, nachdem zuvor fast die gesamte militärische und politische Führung der LTTE umgekommen war. Der seit 1983 mit Unterbrechungen währende Bürgerkrieg war damit beendet (Lagebericht des AA vom 02.09.2009, Stand: August 2009, S. 6). Hunderttausende Menschen mussten während des Bürgerkriegs ihre Heimatorte im tamilischen Norden und Osten des Landes verlassen. Als Binnenvertriebene suchten sie Zuflucht in weniger gefährdeten Gebieten des Landes. Viele entschieden sich auch dafür, ins Ausland zu gehen. In der Ostprovinz konnten die Binnenvertriebenen inzwischen bis auf einige Ausnahmen in ihre Heimatgemeinden zurückkehren (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 8). Rund 300.000 Zivilpersonen waren in den letzten Monaten des Bürgerkriegs im von der LTTE gehaltenen, kontinuierlich schrumpfenden Gebiet eingeschlossen. Notgedrungen zogen sie mit den LTTE-Verbänden mit und waren in der zuletzt nur wenige Quadratkilometer ausmachenden Kampfzone im Nordwesten des Landes allen Schrecken dieser Kämpfe ausgesetzt. Nach deren Beendigung brachte sie die Armee in geschlossenen Lagern hauptsächlich in Vavuniya im nördlichen Vanni unter, zu denen nationale und internationale Hilfsorganisationen lange nur eingeschränkt Zugang hatten. Die Regierung begründete diese Lagerunterbringung mit der Notwendigkeit, sich unter den Binnenvertriebenen verbergende ehemalige LTTE-Kämpfer herauszufiltern, und der Unmöglichkeit, die Betroffenen in noch verminte Heimatorte zurückkehren zu lassen. Einigen wenigen wurde die Rücksiedlung im Juni 2009 gestattet. Im August 2009 begann dann sehr zögerlich ein Rücksiedlungsprozess, der im Oktober größeren Umfang annahm und sich ab Dezember wieder verlangsamte, da die Herkunftsorte der Verbliebenen (im Juni 2010 waren noch knapp 60.000 Personen in Lagern untergebracht) noch erheblich zerstört und vermint sind. Einem gesonderten Regime unterliegen die geschlossenen, so genannten „Rehabilitationslager“, in denen rund 8.000 ehemalige LTTE-Kämpfer (bzw. Personen, die insoweit verdächtigt werden) untergebracht sind. Zu diesen Lagern haben weder das IKRK noch Hilfsorganisationen Zugang. Die Antiterrorgesetze von 1979 (Prevention of Terrorism Act) haben weiter Bestand. Die umfangreichen Sicherheitsvorkehrungen insbesondere in Colombo, einschließlich der zahlreichen Kontrollpunkte von Polizei und Militär, werden aufrecht erhalten (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 9 f.). |
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| Zu den Insassen der „Rehabilitationslager“ hat Human Rights Watch festgestellt, dass zwar die meisten der Verdächtigten in den letzten Wochen der Kampfhandlungen und in der Zeit unmittelbar danach inhaftiert worden seien, dass aber auch neue Inhaftierungen, nämlich im Oktober 2009, erfolgt seien (Human Rights Watch, Legal Limbo - The Uncertain Fate of Detained LTTE Suspects in Sri Lanka, Februar 2010, S. 6). |
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| In unterschiedlichen Bereichen kommt es zu staatlichen repressiven Maßnahmen, die Anzeichen für eine systematische Verfolgung bestimmter Personen oder Personengruppen wegen ihrer Rasse, Nationalität, Religion oder politischer Überzeugung aufweisen. Davon sind nicht nur Tamilen betroffen, sondern auch regierungskritische Singhalesen. So werden oppositionelle Parlamentsabgeordnete, die der Regierung gefährlich werden können, unter fadenscheinigen Vorwürfen verhört, verhaftet oder bedroht. Der Generalverdacht, dass jeder Tamile ein Anhänger, Unterstützer oder gar Mitglied der LTTE war und ist, wird im singhalesischen Teil der Gesellschaft von vielen geteilt, insbesondere bei den staatlichen Sicherheitskräften (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 10 f.). |
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| Für eine systematische Verfolgung von Tamilen allein wegen ihrer ethnischen Zugehörigkeit gibt es keine Anhaltspunkte, sie müssen aber - durch ihre tamilische Sprache und die entsprechenden Einträge in Ausweiskarten für die Sicherheitskräfte leicht identifizierbar - jederzeit mit staatlichen Repressionen rechnen. Die ständigen Razzien und Hausdurchsuchungen, schikanösen Behandlungen (Beleidigungen, langes Warten, exzessive Kontrolle von Fahrzeugen, Erpressung von Geldbeträgen) bei den zahlreichen Polizeikontrollen im Straßenverkehr und Verhaftungen richten sich vor allem gegen Tamilen, wobei aus dem Norden und Osten stammende Tamilen darunter noch in höherem Maße zu leiden haben. Durch Anwendung des Prevention of Terrorism Act ist die richterliche Kontrolle solcher Verhaftungen kaum mehr gewährleistet. Wer verhaftet wird, muss mit längerer Inhaftierung rechnen, ohne dass es zu weiteren Verfahrensschritten oder einer Anklageerhebung kommen muss. Die Situation hat sich seit Beendigung der Kampfhandlungen nicht verbessert (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 11). |
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| Ein Asylantrag im Ausland, der von vielen in Sri Lanka als legitimer Versuch angesehen wird, sich einen Aufenthaltsstatus zu verschaffen, begründet in aller Regel noch keinen Verdacht, der LTTE nahe zu stehen. Rückkehrer, die aus den nördlichen oder östlichen Landesteilen stammen und sich nun erstmals in Sri Lanka niederlassen wollen, müssen indes einen Anfangsverdacht und entsprechendes Misstrauen bis zu Schikanen durch die Sicherheitsorgane gegenwärtigen. Mindestens ebenso stark steht unter Verdacht, wer bereits früher als Anhänger der LTTE auffällig geworden war. Das Ende der Kampfhandlungen hat diesbezüglich nicht zu einer Entspannung geführt. Am 26.05.2010 wurde am Flughafen Colombo bei der Einreise eine in Deutschland ansässige Sri-Lankerin unter dem Verdacht der LTTE-Unterstützung festgenommen, die nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in Deutschland für die LTTE Gelder eingesammelt und im Frühjahr letzten Jahres Demonstrationen organisiert haben soll. Belastbaren Berichten anderer Botschaften zufolge gibt es Einzelfälle, in denen zurückgeführte Tamilen nach Ankunft in Colombo unter LTTE-Verdacht festgenommen wurden (Lagebericht des AA vom 16.06.2010, Stand: Juni 2010, S. 24). |
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| Aus dem „Report of Information Gathering Visit to Colombo, Sri Lanka, 23. bis 29. August 2009“ vom 22.10.2009 des „U.K. Foreign and Commonwealth Office Migration Directorate“ (FCO), für den sowohl staatliche sri-lankische Stellen als auch Nichtregierungsorganisationen befragt wurden, ergibt sich, dass unabhängig von ihrer Volkszugehörigkeit nicht freiwillig nach Sri Lanka zurückkehrende Personen dem Criminal Investigation Department zur Feststellung der Staatsangehörigkeit und Kontrolle des Vorstrafenregisters überstellt werden. Die Befragung kann mehr als 24 Stunden dauern. Die Betroffenen werden erkennungsdienstlich behandelt. Abhängig vom Einzelfall ist eine Überstellung an den Geheimdienst (State Intelligence Service) oder das Terrorist Investigation Department zum Zwecke der Befragung denkbar. Jeder, der wegen eines Vergehens gesucht wird, muss mit seiner Verhaftung rechnen. Vorbestrafte oder Personen mit Verbindungen zur LTTE werden weitergehend befragt und gegebenenfalls in Gewahrsam genommen. Laut Nichtregierungsorganisationen würden Tamilen aus dem Norden und Osten des Landes einer genaueren Überprüfung als andere unterzogen. Verschiedene Faktoren, nämlich ein offener Haftbefehl, Vorstrafen, Verbindungen zur LTTE, eine illegale Ausreise, Verbindungen zu Medien oder Nichtregierungsorganisationen und das Fehlen eines Ausweises (ID Card) oder anderer Personaldokumente, erhöhten das Risiko, Schwierigkeiten bei der Einreise zu bekommen, einschließlich einer möglichen Ingewahrsamnahme (S. 5). Hingegen konnte keine der befragte Quellen angeben, dass sichtbare Narben einen Einfluss auf die Behandlung bei der Einreise haben könnten. Im Falle, dass der Verdacht einer Verbindung zur LTTE bestünde, könnten solche Narben Anlass zu einer Befragung sein, jedoch würden diesbezüglich keine körperlichen Untersuchungen durchgeführt (S. 16). |
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| Überwiegend hätten die Befragten angegeben, dass die Anzahl der Razzien (cordon and search operations) in den letzten Monaten nicht zurückgegangen sei. Es gebe keine Informationen zu der Anzahl möglicher Festnahmen. Grundsätzlich seien junge männliche Tamilen, die aus dem Norden oder Osten des Landes stammten, im Zuge von Razzien einem besonderen Festnahmerisiko ausgesetzt. Die bereits genannten Faktoren erhöhten das Risiko. Tamilen ohne Beschäftigung oder „legitimen Aufenthaltsgrund“ würden ebenfalls mit großer Wahrscheinlichkeit als verdächtig angesehen (S. 5). |
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| Nach ganz überwiegender Meinung der Befragten hat es - wenn überhaupt - seit Juni 2009 nur noch sehr wenige Entführungen / Fälle des Verschwindenlassens gegeben. Die Entführungen erfolgten demzufolge sowohl zur Lösegelderpressung als auch aus politischen Gründen. Die Nichtregierungsquellen stimmten weitgehend darin überein, dass die Sicherheitskräfte in den meisten Fällen in gewisser Weise beteiligt seien und die Polizei keine ernsthaften Ermittlungen durchführe (S. 5 f.). Bei den Straßenkontrollen im Großraum Colombo, die nach Angabe der meisten Befragten nicht nennenswert reduziert worden seien, würde es nur sehr selten zu Festnahmen kommen. Seit Juni 2009 seien keine bekannt geworden. |
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| Der Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 16.06.2010 und der (ältere) Bericht des U.K. Foreign and Commonwealth Office Migration Directorate ergänzen sich. Jedenfalls die hier zitierten allgemeinen Feststellungen (S. 5 f.), die auf mindestens weit überwiegend übereinstimmenden Angaben der Befragten beruhen, sind geeignet, die insoweit knapper gehaltenen Aussagen der Lageberichte zu den Gefährdungen von Tamilen zu illustrieren. Eine Gruppenverfolgung der Gruppe der (jüngeren männlichen) Tamilen (im wehrfähigen Alter) lässt sich auf der Basis der wiedergegebenen Erkenntnisse nicht feststellen. Insbesondere angesichts des Umstands, dass Verhaftungen bei Razzien ebenso selten geworden sind wie an Straßenkontrollpunkten und Fälle des Verschwindenlassens ebenfalls kaum mehr vorkommen, lässt sich eine generelle staatliche oder staatlich tolerierte Verfolgung der Gruppe der Tamilen nicht feststellen. Anderes lässt sich auch nicht aus dem Fortbestehen der „rehabilitation camps“ schließen. Denn jedenfalls gibt es keine Hinweise darauf, dass nach deren Begründung noch Personen in einer für die Annahme einer Gruppenverfolgung aller - jedenfalls der im wehrfähigen Alter befindlichen - Tamilen relevanten Größenordnung in diese Lager verbracht worden sind. Aus dem vom Kläger zitierten Bericht von Human Rights Watch, Legal Limbo, The Uncertain Fate of Detained LTTE Suspects in Sri Lanka, ergibt sich unter Bezugnahme auf den „Indian Express“ vom 28. Oktober 2009, dass mindestens 300 LTTE Kader, die sich unter den Binnenvertriebenen versteckt hätten, verhaftet worden seien. Damit ist weder ein Bezug zu der Gruppe aller Tamilen oder jedenfalls derjenigen im wehrfähigen Alter aufgezeigt noch ergibt sich aus den berichteten Vorkommnissen, dass diese bis zum Tag der mündlichen Verhandlung gleichsam an der Tagesordnung gewesen wären. |
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| Die Einlassung des Klägers, aus dem zitierten Bericht von Human Rights Watch ergebe sich eine Zunahme der Fälle des Verschwindenlassens, vermag stichhaltige Indizien für eine Gruppenverfolgung aller (wehrfähigen) Tamilen nicht darzutun. Den dortigen Ausführungen im Unterkapitel „Concerns about Possible Enforced Disappearances“ sind vielmehr zunächst zwei Einzelfälle des Verschwindens nach Ende des Bürgerkriegs zu entnehmen. Darüber hinaus wird über eine Internierung von Dutzenden von Personen aus dem Lager „Menik Farm“ berichtet. Es wird weiter geschildert, dass das Schicksal der internierten Personen häufig - bis zum Tag des Berichts - unklar geblieben sei. Daraus lässt sich ein erhöhtes Risiko für solche Personen ableiten, die aus Sicht der Behörden im Verdacht stehen, mit der LTTE zusammengearbeitet haben, nicht jedoch eine Gruppenverfolgung aller (jungen männlichen) Tamilen. Der gegen alle Tamilen gerichtete so genannte „Generalverdacht“ führt offenkundig für sich genommen noch nicht regelmäßig zu Übergriffen der Sicherheitsbehörden. Vielmehr kommt es auf individuell gefahrerhöhende Umstände an, bei deren Vorliegen im Einzelfall eine begründete Furcht vor Verfolgung anzunehmen sein kann. |
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| Auch aus dem vom Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Gutachten des European Center for Constitutional and Human Rights „Study on Criminal Accoutability in Sri Lanka as of January 2009“ aus dem Juni 2010 lässt sich die von ihm behauptete Gruppenverfolgung nicht ableiten. Dem Bericht lässt sich entnehmen, dass die Anzahl der in den „welfare centers“ in Gewahrsam gehaltenen Personen von 280.000 (zwischen März 2008 und Juni 2009) bis in den Januar 2010 auf rund 80.000 abgenommen hat. Dem Bericht, der sich mit den Zuständen in den Lagern beschäftigt, ist nicht zu entnehmen, dass sri-lankische Staatsangehörige nach ihrer Wiedereinreise dazu gezwungen worden wären, in solchen Lagern zu leben. Weiter beschäftigt sich das Gutachten unter Zitierung des bereits erwähnten Berichts von Human Rights Watch aus dem Februar 2010 mit der Behandlung von der LTTE-Mitgliedschaft Verdächtigten. Auch diesen Ausführungen ist nichts zu einer anhaltenden Verhaftungswelle - wie sie für die Annahme einer Gruppenverfolgung notwendig wäre - nach Beendigung des Bürgerkriegs und in den folgenden Monaten im Jahr 2009 zu entnehmen. |
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| Schließlich führt insoweit der Verweis des Klägers auf die Lageeinschätzung der International Crisis Group vom 17.02.2010, die sein Prozessbevollmächtigter im „Parallelverfahren“ (A 4 S 693/10) vorgelegt hat, nicht zum Erfolg seiner Klage. Dem Bericht ist zwar zu entnehmen, dass das Vorgehen der Regierung im Norden und Osten des Landes zur Verängstigung und Entfremdung der Minderheiten führe. Das aus dieser Behandlung aber ein systematisches Ausgrenzen der tamilischen Minderheit aus der staatlichen, übergreifenden Friedensordnung im Sinne einer Entrechtung abzuleiten wäre, ergibt sich weder aus diesem Bericht noch aus der Gesamtschau. Ebenso wenig lässt sich ein staatliches Verfolgungsprogramm hinsichtlich aller Tamilen oder auch nur der im wehrfähigen Alter befindlichen Gruppenmitglieder feststellen. Anderes kann möglicherweise für die im Zuge der Beendigung der kriegerischen Auseinandersetzungen unmittelbar in den rehabilitation camps Inhaftierten oder die aus den Flüchtlingslagern „herausgefilterten“, in rehabilitation camps verbrachten Personen gelten. Jedoch ist ein solches systematisches Vorgehen gegenüber etwa in Colombo lebenden Tamilen nicht feststellbar. |
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| Die rechtliche Einschätzung zur fehlenden begründeten Furcht vor einer Gruppenverfolgung entspricht auch der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteile vom 08.07.2009 - 3 A 3295/07.A - und vom 24.08.2010 - 3 A 864/09.A -) und - der Sache nach - des UK Asylum and Immigration Tribunal (TK (Tamils - LP updated) Sri Lanka CG [2009]UKAIT 00049 RdNr. 73). |
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| bb) Erst recht ist die Annahme einer Gruppenverfolgung zum derzeitigen Zeitpunkt (Oktober 2016) nicht gerechtfertigt. |
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| (1) In Sri Lanka leben nach Auskunft des Auswärtigen Amts (Länderinformation, Stand: Februar 2015) 20,7 Millionen Menschen. Der Anteil der Sri-Lanka-Tamilen beträgt 11,2 % (auch Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 7); es ist mithin von etwa 2,3 Millionen Volkszugehörigen auszugehen. „Indian Tamils“ machen 4,2 % der Bevölkerung aus. |
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| Am 08.01.2015 wurde Maithripala Sirisena bei der Präsidentenwahl, bei der die Wahlbeteiligung bei 81,5 % lag, zum Präsidenten Sri Lankas gewählt. Er setzte sich mit 51,28 % der Stimmen gegen den bisherigen Amtsinhaber Rajapaksa durch, der 47,58 % erhielt. Am 17.08.2015 fanden Parlamentswahlen statt, die nach Einschätzung des Auswärtigen Amts frei und fair waren (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 6). Die Tamilenpartei ITAK erhielt 4,62 % der Stimmen und damit 16 Mandate, sie stellt mit Rajavarothiam Sampanthan den Oppositionsführer (a.a.O.). |
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| Mit dem Amtsantritt Sirisenas am 09.01.2015 hat sich die politische Situation in Sri Lanka nach Einschätzung des Auswärtigen Amts (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 5) erheblich zum Positiven verändert. Demokratie und Rechtsstaat seien gestärkt worden. Die Menschenrechte, insbesondere die Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit würden wieder respektiert. Die Betätigungsmöglichkeiten der politischen Opposition seien nicht mehr eingeschränkt (a.a.O. S. 7). Menschenrechtsorganisationen hätten größere Freiräume (a.a.O. S. 6). So genannte Verschwundenen-Fälle seien seit dem Amtsantritt der neuen Regierung nicht mehr bekannt geworden (a.a.O. S. 12). |
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| Das Auswärtige Amt merkt in seinem jüngsten Lagebericht aber auch an, dass insbesondere im Norden und Osten noch nicht alle Menschenrechtsverletzungen abgestellt seien (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 5). Einzelne Menschenrechtsvertreter würden dort vom Sicherheitsapparat verfolgt und ihre Gesprächspartner würden gelegentlich noch von Sicherheitskräften ausgefragt (a.a.O. S. 6, auch S. 7; vgl. auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, mit dem Hinweis auf Berichte von Menschenrechtsverteidigern zu Überwachungen durch die Polizei und das Militär im Norden und Osten sowie Befragungen). Die Polizei wende mitunter noch immer unverhältnismäßigen Zwang an (a.a.O. S. 7; vgl. auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, mit dem Hinweis auf Beschwerden über die Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt bei Polizeieinsätzen im Zusammenhang mit Demonstrationen). Als Beispiel nennt das Auswärtige Amt die Beendigung friedlicher Studentendemonstrationen mittels Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken (a.a.O. S. 7); es verweist zudem auf Angaben Internationaler Organisationen und Presseberichte, wonach Folter weiterhin gelegentlich zur Erpressung von Geständnissen angewandt wird (a.a.O. S. 11; vgl. auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, mit dem Hinweis auf Berichte über Folter und andere Misshandlungen). Auch sollen Misshandlungen bei der Festnahme von Verdächtigen sowie in Gefängnissen weiter vorkommen (a.a.O. S. 12). |
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| Amnesty International (Amnesty Report 2016, Sri Lanka) verweist darüber hinaus auf Berichte über ungeklärte Todesfälle in Polizeigewahrsam; Häftlinge würden häufig an Verletzungen sterben, die den Schluss zuließen, dass sie gefoltert und misshandelt worden seien. |
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| Nach Angaben des Auswärtigen Amts hat die neue Regierung zahlreiche Schritte unternommen, um die Wiederversöhnung zwischen den verschiedenen Gemeinschaften im Land voranzubringen (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 5). Sie suche aktiv den Dialog mit der tamilischen Diaspora (auch a.a.O. S. 10). Amnesty International berichtet zudem darüber (Amnesty Report 2015, Sri Lanka), dass im Jahr 2015 am Jahrestag der Beendigung des bewaffneten Konflikts öffentliche Gedenkfeiern von Tamilen im Wesentlichen erlaubt waren (vgl. auch Human Rights Watch, Sri Lanka After the Tigers, 19.02.2016, mit dem Hinweis, dass Gedenkfeiern für verstorbene Tamilen mittlerweile erlaubt seien), und fügt hinzu, dass über eine starke Polizeipräsenz bei derartigen Zusammenkünften berichtet worden sei (vgl. auch Human Rights Watch, Time to seize the Moment in Sri Lanka, 25.05.2016). Insbesondere Human Rights Watch macht aber auch darauf aufmerksam, dass ein Erfolg versprechender Versöhnungsprozess, der unter anderem auch eine Aufarbeitung der beiderseitigen Kriegsverbrechen beinhaltet, noch nicht wirklich ins Werk gesetzt worden ist (vgl. etwa die Beiträge „Time to seize the Moment“ [25.05.2016] und „Unfinished Business in Sri Lanka“ [01.09.2016]). |
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| Nach Einschätzung des Auswärtigen Amts gibt es gegenüber Tamilen im Norden und Osten seit dem Amtsantritt Sirisenas „keine direkten staatlichen Repressionen mehr“ (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 7). In Sri Lanka gebe es keine diskriminierende Gesetzgebung, Verwaltungspraxis oder Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis (a.a.O. S. 8). Der von der Polizei angewendete unverhältnismäßige Zwang richte sich nicht gegen eine bestimmte Gruppe (a.a.O. S. 7). Während die Anwendung von Folter früher vor allem Tamilen betroffen habe, sollen mittlerweile Singhalesen in gleichem Maß betroffen sein (a.a.O. S. 11 unter Berufung auf Berichte von Human Rights Watch und lokale Menschenrechtsorganisationen; Human Rights Watch [Time to seize the Moment in Sri Lanka, 25.05.2016] spricht von „continued reports of the torture of detainees“ [fortgesetzten Berichten über die Folter von Inhaftierten]). |
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| Das Auswärtige Amt führt weiter aus, dass der infolge des langjährigen Bürgerkriegs umfassende Sicherheitsapparat nach Ende des Konflikts 2009 kaum reduziert wurde und insbesondere im Norden und Osten noch stark vertreten ist (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 6, auch S. 7; vgl. auch Human Rights Watch, Unfinished Business in Sri Lanka, 01.09.2016). Es verweist zudem darauf, dass nach Angaben der sri-lankischen NGO Groundviews 2015 noch immer mindestens 181 von ehemals ca. 12.000 LTTE-Mitgliedern oder -Symphatisanten, die sich bei Kriegsende gestellt hätten, ohne Gerichtsurteil inhaftiert seien; bis November 2015 seien 38 davon gegen Kaution freigelassen worden (a.a.O. S. 12). |
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| Die Schweizerische Flüchtlingshilfe weist in ihrer Auskunft vom 22.04.2016 „Sri Lanka: Gefährdung bei Rückkehr und Zugang zu medizinischer Versorgung in Haft“ darauf hin (S. 3), dass Berichte der NGO Freedom from Torture und International Truth & Justice Project Sri Lanka vom Januar 2016 insgesamt 27 Fälle dokumentierten, in denen tamilische Personen durch sri-lankische Sicherheitskräfte gefoltert, willkürlich verhaftet oder entführt worden seien. Der jüngste in dem letztgenannten Bericht dokumentierte Fall (von insgesamt 20 Fällen) habe sich im Dezember 2015 zugetragen (vgl. a.a.O. S. 4). Während der Verhöre seien mehrere der Betroffenen beschuldigt worden, die LTTE wiederaufbauen zu wollen oder das Land in Unruhe zu bringen. 19 der Personen seien Opfer von Entführungen mittels weißer Lieferwagen geworden („White Van Abduction“). 16 der Personen hätten in der Vergangenheit eine Funktion der LTTE auf niedriger Stufe gehabt. |
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| Der Prevention of Terrorism Act (s. o. aa und a) ist weiterhin in Kraft (Auswärtiges Amt, Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 7 und 12; auch Amnesty Report 2016, Sri Lanka, und Human Rights Watch, UN Human Rights Council: High Commissioner’s Report on human rights of Rohingya Muslims and other minorities in Burma/Maanmar and on Sri Lanka, 30.06.2016). Das Auswärtige Amt führt aus, die Regierung gebe an, 181 Personen seien auf seiner Grundlage inhaftiert, wobei die Mehrheit tamilischer Herkunft sei, die Zivilgesellschaft gehe hingegen von rund 250 Personen aus (a.a.O. S. 7). Die Schweizerische Flüchtlingshilfe verweist darauf, dass verschiedene Schätzungen „sich auf bis über 200 Personen“ beliefen (Auskunft vom 22.04.2016, S. 6). Amnesty International zitiert eine Erklärung des Oppositionsführers Sampanthan vor dem Parlament, dass noch 217 Personen auf der Grundlage der Bestimmungen des PTA inhaftiert seien (Amnesty Report 2016, Sri Lanka). Nach Angaben der Schweizerischen Flüchtlingshilfe wird er „weiterhin eingesetzt, um tamilische Personen zu verhaften, welche der angeblichen Verbindungen zur LTTE verdächtigt werden“ (Auskunft vom 22.04.2016, S. 6; entsprechend Amnesty Report 2016, Sri Lanka; ferner Human Rights Watch, Time to seize the Moment in Sri Lanka, 25.05.2016). Die Flüchtlingshilfe verweist auch auf eine sri-lankische Zeitung, die von Verhaftungen von Militärpersonal unter dem PTA berichtet hat. |
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| Rückkehrer müssen nach Einschätzung des Auswärtigen Amts grundsätzlich keine staatlichen Repressalien gegen sich fürchten, jedoch müssen sie sich nach Rückkehr Vernehmungen durch die Immigration, das National Bureau of Investigation und das Criminal Investigation Department stellen; ob es zur Anwendung von Gewalt kommt, ist nicht bekannt (Lagebericht vom 30.12.2015, Stand November 2015, S. 13). Mit solchen Vernehmungen ist insbesondere zu rechnen, wenn die rückkehrende Person keinen gültigen sri-lankischen Reisepass vorlegen kann; Fälle diskriminierender Behandlung solcher Personen (auch von Tamilen) sind dem Auswärtigen Amt nicht bekannt (a.a.O. S. 14). Bei der Einreise mit gültigem sri-lankischem Reisepass würden die Einreiseformalitäten zumeist zügig erledigt; dies gelte auch für Zurückgeführte (a.a.O. S. 14). |
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| Die Schweizerische Flüchtlingshilfe führt in ihrer Auskunft vom 22.04.2016 aus (S. 1), dass es auch nach Amtsantritt des neuen Präsidenten zu Verhaftungen von tamilischen Rückkehrenden kam. Die Verhaftungen schienen oft mit angeblichen Verbindungen zur LTTE zusammenzuhängen. Eine zuvor erfolgte illegale Ausreise könne bei der Rückkehr ebenfalls zu einer Verhaftung führen. Die Flüchtlingshilfe führt nach diesen einleitenden Bemerkungen unter Berufung auf verschiedene Quellen einzelne Fälle auf. So verweist sie zunächst auf einen Bericht der Zeitung Ceylon News vom 19.04.2016, wonach ein aus Mullaitivu stammender Tamile bei seiner Rückkehr aus Doha am 12.04.2016 durch das Terrorist Investigation Department am Flughafen aufgegriffen und anschließend sieben Stunden verhört worden sei (a.a.O. S. 1 f.). Anschließend sei er mit der Aufforderung freigelassen worden, am nächsten Morgen das TID-Büro in Colombo aufzusuchen. Am folgenden Tag sei er dort verhaftet worden. Die Flüchtlingshilfe spricht außerdem etwa den Fall eines tamilischen Journalisten an, der nach seiner Rückkehr nach Sri Lanka durch die sri-lankischen Behörden verhaftet worden sei (a.a.O. S. 2). Der Journalist und Aktivist sei im Jahr 2012 nach Australien geflohen und habe sich aufgrund der positiven Signale der aktuellen sri-lankischen Regierung für die Rückkehr entschieden. Er sei nach der Inhaftierung auf Kaution freigelassen worden. Ihm seien aber Auslandsreisen für fünf Jahre untersagt worden und er müsse sich jeden Monat im berüchtigten vierten Stock des Hauptquartiers des CID in Colombo melden. Unter Berufung auf TamilNet führt die Flüchtlingshilfe auch aus, dass viele tamilische Rückkehrende aus dem Nahen Osten in der jüngsten Zeit durch den sri-lankischen Militärgeheimdienst verhaftet worden seien (a.a.O. S 2). Die Flüchtlingshilfe zitiert schließlich etwa auch aus einem Bericht der International Crisis Group, wonach weiterhin rückkehrende tamilische Personen unter Anwendung des Prevention auf Terror Act (PTA) wegen des Verdachts auf zurückliegende LTTE-Verbindungen verhaftet würden; viele würden in durch das Militär betriebene Rehabilitationsprogramme geschickt. |
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| Die Schweizerische Flüchtlingshilfe trägt in der Auskunft vom 22.04.2016 auch vor, dass das International Truth & Justice Project Sri Lanka im Januar 2016 zu dem Schluss gekommen sei, dass tamilische Personen, welche aus dem Ausland zurückkehrten, überwacht würden (a.a.O. S. 4). So gebe es weiterhin ein umfangreiches Netzwerk von tamilischen Informanten, welche Rückkehrende beobachteten. Das sichere Verlassen des Flughafens sei deswegen keine Garantie für die spätere Sicherheit. Die Flüchtlingshilfe gibt ferner die Einschätzung von International Truth & Justice Project wieder, dass es für tamilische Personen im Ausland noch nicht sicher sei, nach Sri Lanka zurückzukehren, wenn die betroffene Person in der Vergangenheit eine Verbindung zur LTTE aufweise (a.a.O. S. 5). |
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| (2) Diese Erkenntnisse lassen, selbst wenn sich alle Angaben zu flüchtlingsschutzrelevanten Menschenrechtsverletzungen als zutreffend erweisen sollten, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht den Schluss auf eine Gruppenverfolgung von Tamilen, auch nicht vom männlichen Tamilen aus dem Norden, zu. Ein staatliches Verfolgungsprogramm lässt sich nach wie vor nicht feststellen. Auch die Zahl an Verhaftungen und Überwachungen von Tamilen sowie an ihnen gegenüber vorgenommene Handlungen, die als Folter einzustufen sind, lässt nicht annähernd auf die Gefahr schließen, dass (nahezu) jedes Gruppenmitglied mit solchen Maßnahmen zu rechnen hat. Dabei ist auch zu bedenken, dass nicht jede Verhaftung mit anschließendem Verhör schon eine Menschenrechtsverletzung darstellt. |
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| Der nach den vorliegenden Erkenntnismitteln bestehenden, im Vergleich zu den Jahren 2008 und 2010 deutlich verbesserten Gesamtsituation der Tamilen in Sri Lanka hat der Kläger nichts entgegengehalten. |
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| Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG. |
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| 1. Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Eine Verfolgung ist dann eine politische, wenn sie dem Einzelnen in Anknüpfung an seine politische Überzeugung, seine religiöse Grundentscheidung oder an für ihn unverfügbare Merkmale, die sein Anderssein prägen, gezielt Rechtsverletzungen zufügt, die ihn ihrer Intensität nach aus der übergreifenden Friedensordnung der staatlichen Einheit ausgrenzen (BVerfG, Beschluss vom 10.07.1989 - 2 BvR 502/86 u.a. - BVerfGE 80, 315; jüngst etwa Kammerbeschluss vom 09.03.2016 - 2 BvR 348/16 - juris Rn. 12). Politische Verfolgung ist grundsätzlich staatliche Verfolgung (BVerfGE 80, 315). An gezielten Rechtsverletzungen fehlt es bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Heimatstaat zu erleiden hat, wie Hunger, Naturkatastrophen, aber auch bei den allgemeinen Auswirkungen von Unruhen, Revolutionen und Kriegen (BVerfGE 80, 315, 335). Ob eine gezielte Verletzung von Rechten vorliegt, die Verfolgung mithin „wegen“ eines Asylmerkmals erfolgt, ist anhand ihres inhaltlichen Charakters nach der erkennbaren Gerichtetheit der Maßnahme selbst zu beurteilen, nicht nach den subjektiven Gründen oder Motiven, die den Verfolgenden dabei leiten (BVerfGE 80, 315, 335). |
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| Das Asylgrundrecht des Art. 16a Abs. 1 GG beruht auf dem Zufluchtgedanken, mithin auf dem Kausalzusammenhang Verfolgung - Flucht - Asyl (BVerfGE 80, 315, 344). Nach dem hierdurch geprägten normativen Leitbild des Grundrechts ist typischerweise asylberechtigt, wer aufgrund politischer Verfolgung gezwungen ist, sein Land zu verlassen und im Ausland Schutz und Zuflucht zu suchen, und deswegen in die Bundesrepublik Deutschland kommt. Atypisch, wenn auch häufig, ist der Fall des unverfolgt Eingereisten, der hier gleichwohl Asyl begehrte und dafür auf Umstände verweist, die erst während seines Hierseins entstanden sind oder deren erst künftiges Entstehen er besorgt (sog. Nachfluchttatbestände). |
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| Nach diesem normativen Leitbild des Asylgrundrechts gelten für die Beurteilung, ob ein Asylsuchender politisch Verfolgter im Sinne des Art. 16a Abs. 1 GG ist, unterschiedliche Maßstäbe je nachdem, ob er seinen Heimatstaat auf der Flucht vor eingetretener oder unmittelbar drohender Verfolgung verlassen hat oder ob er unverfolgt in die Bundesrepublik Deutschland gekommen ist (BVerfGE 80, 315, 344). |
|
| Ergibt die rückschauende Betrachtung, dass der Asylsuchende vor landesweiter politischer Verfolgung geflohen ist, so kommt eine Anerkennung als Asylberechtigter regelmäßig in Betracht. Ergibt sie eine lediglich regionale Verfolgungsgefahr, so bedarf es der weiteren Feststellung, dass der Asylsuchende landesweit in einer ausweglosen Lage war. Steht fest, dass Asylsuchende wegen bestehender oder unmittelbar drohender politischer Verfolgung ausgereist ist und dass ihm auch ein Ausweichen innerhalb seines Heimatstaates im beschriebenen Sinn unzumutbar war, so ist er gemäß Art. 16a Abs. 1 GG asylberechtigt, es sei denn, er kann in seinem eigenen Staat wieder Schutz finden. Daher muss sein Asylantrag Erfolg haben, wenn die fluchtbegründenden Umstände im Zeitpunkt der Entscheidung ohne wesentliche Änderung fortbestehen. Ist die Verfolgungsgefahr zwischenzeitlich beendet, kommt es darauf an, ob mit ihrem Wiederaufleben zu rechnen ist; eine Anerkennung als Asylberechtigter ist nicht geboten, wenn der Asylsuchende vor erneuter Verfolgung hinreichend sicher sein kann. Gleiches gilt, wenn sich - bei fortbestehender regional begrenzter politischer Verfolgung - nach der Einreise in den Geltungsbereich des Grundgesetzes eine zumutbare inländische Fluchtalternative eröffnet. |
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| Hat der Asylsuchende seinen Heimatstaat unverfolgt verlassen, so kann sein Asylantrag nach Art. 16a Abs. 1 GG nur Erfolg haben, wenn ihm aufgrund von beachtlichen Nachfluchttatbeständen politische Verfolgung droht (BVerfGE 80, 315, 345 f.). Droht diese Gefahr nur in einem Teil des Heimatstaates, so kann der Betroffene auf Gebiete verwiesen werden, in denen er vor politischer Verfolgung hinreichend sicher ist, es sei denn, es drohen dort andere unzumutbare Nachteile oder Gefahren. |
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| 2. Der Anerkennung des Klägers als Asylberechtigten steht entgegen, dass nach Überzeugung des Senats die nach dem Vorbringen des Klägers fluchtauslösende Entführung und Erpressung durch die EPDP oder die Karuna-Gruppe nicht der Wahrheit entspricht (s. o. II. 2.) und er zum Zeitpunkt der Ausreise nicht Mitglied einer verfolgten Gruppe war (s. o. II. 3. a) sowie er ein solches auch zum heutigen Zeitpunkt nicht ist (s. o. II. 3. b bb). |
|
| Der Kläger hat weiterhin nicht den von ihm hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes. Plausible Anhaltspunkte dafür, dass ihm in Sri Lanka ein ernsthafter Schaden i. S. v. § 4 Abs. 1 AsylG drohen könnte, bestehen nach dem Gesagten nicht. |
|
| Der Kläger hat schließlich auch nicht den weiter hilfsweise geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Bestehens eines nationalen Abschiebungsverbots gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AsylG. Auch insoweit gilt, dass für den Senat kein Sachverhalt ersichtlich ist, der das Vorliegen der genannten Verbote zu begründen in der Lage wäre. |
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| Dem vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Hilfsbeweisantrag ist nicht zu entsprechen. |
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| 1. a) Soweit der Antrag auf die Einholung eines Gutachtens eines sachverständigen Universitätsprofessors für Europäisches Recht gerichtet ist, zielt der Antrag auf die Klärung einer Rechtsfrage, nicht aber auf eine dem (Sachverständigen-)Beweis zugängliche Tatsachenfrage. Die Ermittlung der Rechtslage und die Anwendung der einschlägigen Vorschriften auf einen konkreten Fall ist ureigene Aufgabe der Rechtsprechung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 293 ZPO: s. a. Geimer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 293 Rn. 1, nicht zuletzt unter Hinweis auf den Grundsatz „iura novit curia“). Die Ermittlung der Rechtslage ist infolgedessen in aller Regel keine Tatsachenfeststellung. Etwas anderes folgt auch nicht aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, nach der die Ermittlung ausländischen Rechts sowie der ausländischen Rechtspraxis im Verwaltungsprozess nicht der Rechtserkenntnis zuzuordnen, sondern wie eine Tatsachenfeststellung zu behandeln ist (Urteil vom 19.07.2012 - 10 C 2.12 - NJW 2012, 3461 Rn. 16; kritisch dazu Geimer, a.a.O. Rn. 14). Denn die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), deren Auslegung und Anwendung auf seinen Fall der Kläger geklärt haben will, ist kein ausländisches Recht. Die EMRK gilt vielmehr in der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes (vgl. nur BVerfG, Beschluss vom 14.10.2004 - 2 BvR 1481/04 - BVerfGE 111, 307, 315); deutsche Gerichte haben sie wie anderes Gesetzesrecht des Bundes im Rahmen methodisch vertretbarer Auslegung zu beachten und anzuwenden (BVerfG, a.a.O. S. 317). |
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| b) Der Beweisantrag geht weiterhin von einer unzutreffenden Ausgangslage aus. Die Beklagte hat gegen das stattgebende Urteil des Verwaltungsgerichts das statthafte Rechtsmittel eingelegt; infolge des Suspensiveffekts (zunächst des Antrags auf Zulassung der Berufung, sodann der Berufung) war sie nicht verpflichtet, der ihr vom Verwaltungsgericht auferlegten Verpflichtung nachzukommen. Folglich hatte der Kläger zu keinem Zeitpunkt die Rechtsstellung eines Asylberechtigten inne. |
|
| c) Die Auffassung des Klägers, der Senat sei infolge der Dauer des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof daran gehindert, auf die Berufung der Beklagten das verwaltungsgerichtliche Urteil zu ändern, teilt der Senat nicht. Er vermag weder dem vom Kläger ausdrücklich angesprochenen Art. 3 EMRK noch dem von ihm der Sache nach angesprochenen Art. 4 EMRK auch nur im Ansatz eine derartige Wirkung zu entnehmen. Dem Kläger ist zwar zuzugestehen, dass das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof unangemessen lange gedauert haben dürfte (vgl. § 173 Satz 2 VwGO i. V. m. § 198 Abs. 1 Satz 1 GVG). Rechtsfolge einer unangemessenen Verfahrensdauer - die der Kläger allerdings nicht mit einer Verzögerungsrüge (vgl. § 198 Abs. 3 GVG) beanstandet hat - ist indessen grundsätzlich eine angemessene Entschädigung in Geld. Dass eine unangemessen lange Verfahrensdauer über das Fehlen materieller Anspruchsvoraussetzungen hinweghelfen könnte, ist gesetzlich nicht vorgesehen und es besteht aus Sicht des Senats auch kein Anlass für eine hierauf gerichtete - was ihre Zulässigkeit angeht (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 25.01.2011 - 1 BvR 918/00 - BVerfGE 128, 193), problematische - richterliche Rechtsfortbildung. Auch der Kläger nennt keine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, die auch nur einen Ansatz für seine Auffassung bieten könnte. |
|
| 2. a) Soweit der Antrag auf die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens gerichtet ist, handelt es sich um einen unzulässigen Ausforschungsbeweisantrag. Ein solcher liegt vor, wenn Behauptungen ins Blaue hinein aufgestellt werden (vgl. Senatsurteil vom 12.03.2015 - 10 S 1169/13 - juris Rn. 133). Hiervon ist auszugehen, wenn für den Wahrheitsgehalt nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht (BVerwG, Beschluss vom 17.09.2014 - 8 B 15.14 - juris Rn. 10). So liegt es hier. Zum einen hat der Kläger bereits nicht dargelegt, dass er tatsächlich darauf vertraut hat, als Asylberechtigter anerkannt zu werden; das wäre schon deshalb veranlasst gewesen, weil der Kläger bereits mit der Stellung des Zulassungsantrags damit rechnen musste, dass das Urteil des Verwaltungsgerichts keinen Bestand haben würde. Zum anderen und vor allem gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger infolge der Zurückweisung der Berufung psychisch erkranken würde. Der Kläger hat nicht vorgetragen, geschweige denn - etwa mittels Vorlage eines ärztlichen Schreibens - untermauert, gegenwärtig an einer psychischen (Grund-)Erkrankung zu leiden, die sich im Fall einer Klageabweisung verschlechtern würde. |
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| b) Abgesehen davon ist der Beweisantrag auch aus dem Grund abzulehnen, dass die vom Kläger in den Raum gestellte „gravierende psychische Reaktion … auch im Sinne einer psychischen Erkrankung“ keine entscheidungserhebliche Tatsache ist. Eine eventuelle psychische Erkrankung könnte im Rahmen der vorliegenden Klage lediglich Bedeutung hinsichtlich des Anspruchs auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG Bedeutung erlangen. Hierfür ist erforderlich, dass sich eine vorhandene Erkrankung des Ausländers aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leben und Leib führt, d. h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach Rückkehr droht. Der Kläger stellt hier schon nicht eine Erkrankung unter Beweis, die bereits vorhanden ist, er behauptet vielmehr, im Fall der Abweisung seiner Klage zu erkranken. Hinzu kommt, dass von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG nicht Schutz vor Abschiebung nicht bei Vorliegen jeglicher Erkrankung gewährt wird. Vielmehr schützt die Vorschrift nur vor einer erheblichen und alsbaldigen Verschlimmerung für den Fall einer Rückkehr. Darum geht es dem Kläger aber mit seinem Beweisantrag nicht. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO und die Gerichtskostenfreiheit aus § 83b AsylG. |
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| Ein Revisionszulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO liegt nicht vor. |
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