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| Die Berufung ist nach ihrer Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere wurde sie rechtzeitig eingelegt und begründet. |
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| Die Berufung bleibt aber in der Sache ohne Erfolg. Denn das Verwaltungsgericht hat der zulässigen Klage der Klägerin (vgl. dazu nachfolgend 1.), soweit über sie noch zu entscheiden war, zu Recht stattgegeben. Denn die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Linie ... mit der Geltungsdauer 01.10.2014 bis 30.09.2024 (2.). |
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| 1. Zu Recht und mit zutreffender Begründung ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Klage auf Erteilung der Genehmigungsurkunde als allgemeine Leistungsklage statthaft und auch sonst zulässig ist. Insbesondere stellt sich die vom Beklagten begehrte Maßnahme - die Erteilung oder Aushändigung der Genehmigungsurkunde gemäß § 15 Abs. 2 PBefG - nicht als mit Widerspruch und Verpflichtungsklage zu erstreitender Verwaltungsakt dar (vgl. dazu ausführlich Urteil des Senats vom 27.10.2016 - 12 S 2257/14 - UA S. 10 = juris Rn. 21). Soweit der Beklagte, der selbst vom vorherigen Eintritt der Genehmigungsfiktion nach § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG ausgeht, mit Bescheid vom 16.10.2014 eine Genehmigung für die beantragte Streckenführung erteilt hat (Ziff. I. 1. des Bescheids), um diese sodann auf die Zeit vom 01.10.2014 bis zum 31.12.2019 zu befristen (Ziff. I. 2. des Bescheids), ist die Klägerin durch die (nochmalige) Genehmigung nicht beschwert und hat diese Entscheidung deshalb zu Recht nicht zum Gegenstand ihrer Klage gemacht. Indes weicht die Befristung bis zum 31.12.2019 (Ziff. I. 2. des Bescheids) vom Inhalt des Genehmigungsantrags der Klägerin und von der gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG fingierten Genehmigung mit einer Geltungsdauer bis zum 30.09.2024 ab, so dass die Klägerin die Verfügung Ziff. I. 2. insoweit mit der Anfechtungsklage anzugreifen berechtigt ist. Dies hat das Verwaltungsgericht zutreffend erkannt und seiner Entscheidung zugrunde gelegt. |
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| 2. Zu Recht und mit wiederum zutreffender Begründung hat das Verwaltungsgericht die Beklagte zur Erteilung einer Genehmigungsurkunde für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen für die Linie ... mit der Geltungsdauer 01.10.2014 bis 30.09.2024 verurteilt. |
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| a) Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG wird dem Antragsteller eine Genehmigungsurkunde erteilt, wenn die Entscheidung über den Antrag unanfechtbar geworden ist. Dies war hier mit Ablauf des 13.12.2013 der Fall. Das Verwaltungsgericht hat insoweit zutreffend ausgeführt, dass die Klägerin unter Wahrung der Frist des § 12 Abs. 5 Satz 1 PBefG einen vollständigen Antrag auf Wiedererteilung der Linienverkehrsgenehmigung für die Dauer von zehn Jahren gestellt hat. Dieser Antrag hat die Frist des § 15 Abs. 1 Satz 2 PBefG in Gang gesetzt, die vor Fristablauf am 13.12.2013 vom Beklagten nicht nach Maßgabe des § 15 Abs. 1 Sätze 3 und 4 PBefG verlängert wurde. Deshalb gilt die Genehmigung gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG mit Ablauf des 13.12.2013 als erteilt. Das stellt auch der Beklagte nicht mehr in Frage. |
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| An dem Umstand des Eintritts der Genehmigungsfiktion ändert weder die am 27.12.2013 ausgesprochene Fristverlängerung bis zum 31.01.2014 etwas, die im Übrigen ebenfalls nicht eingehalten wurde, noch die spätere Genehmigungserteilung durch den Beklagten mit Bescheid vom 16.10.2014 (Verfügung Ziff. I. 1.). Letztere vermag die bereits mit Ablauf des 13.12.2013 als erteilt geltende Genehmigung insbesondere nicht zu negieren oder ihr eine abweichenden Inhalt beizumessen (zutr. U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 42a Rn. 47). |
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| b) Da die Klägerin die mit Ablauf des 13.12.2013 als erteilt geltende Genehmigung nicht angefochten hat und auch Anfechtungsrechte Dritter weder normativ vorgezeichnet noch sonst ersichtlich sind, ist die Genehmigung zwischenzeitlich bestandskräftig und damit im Rechtssinne „unanfechtbar“ (§ 15 Abs. 2 Satz 1 PBefG) geworden mit der Folge, dass die Klägerin die Erteilung der Genehmigungsurkunde verlangen kann. |
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| c) Anders als der Beklagte meint, hat die mit Ablauf des 13.12.2013 als erteilt geltende Genehmigung eine Geltungsdauer bis zum 30.09.2024 (aa). Hieran ändern weder der seinerzeit in Entstehung befindliche Nahverkehrsplan (bb) noch Art. 5 und 8 der VO 1370/2007 (cc) etwas. |
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| aa) Das Verwaltungsgericht hat in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil zutreffend erkannt, dass die gemäß § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG als erteilt geltende Linienverkehrsgenehmigung eine Geltungsdauer bis zum 30.09.2024 hat. Es liegt im Wesen einer fingierten Genehmigung, dass für deren Inhalt vor allem der Genehmigungsantrag maßgeblich ist. In diesem wurde - unter Hinweis der Klägerin auf das veraltete Antragsformular und die Novelle des PBefG - eine Geltungsdauer von zehn Jahren beantragt; die Klägerin hat hierfür u.a. anstehende Investitionen ins Feld geführt (vgl. zur Berücksichtigung der Investitionen mit Blick auf die Geltungsdauer: Heinze, in: Heinze/Fehling/Fiedler, PBefG, 2. Aufl., 2014, § 16 Rn. 7 ff.). Selbst wenn man mit dem Verwaltungsgericht davon ausgehen wollte, dass die Genehmigung mit dem beantragten Inhalt nur als erteilt gelten kann, wenn dieser sich im rechtlich zulässigen Rahmen bewegt, die Behörde daher (abstrakt) genauso hätte entscheiden können, erweist sich die beantragte Geltungsdauer von zehn Jahren als „fiktionsfähig“. Die Geltungsdauer einer Genehmigung für den Linienverkehr mit Kraftfahrzeugen darf gemäß § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG zehn Jahre nicht überschreiten. Hierbei handelt es sich um die in der Praxis offenbar übliche gewordene Regelfrist (vgl. Heinze, a.a.O., § 16 Rn. 13; Bidinger, PBefG, Loseblattslg., Band 1, § 16 Randbem. 6d und 7), die u.a. auch der Berufsfreiheit der Unternehmer (Art. 12 Abs. 1 GG) Rechnung trägt. Die von der Klägerin beantragte Geltungsdauer hält sich damit innerhalb der gesetzlichen Grenzen. Für die Frage der „Fiktionsfähigkeit“ kommt es auf die generelle Befugnis der Behörde und nicht darauf an, wie im konkreten Fall zu entscheiden gewesen wäre. |
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| § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG sieht vor, dass die Geltungsdauer im konkreten Fall von der Genehmigungsbehörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen zu bemessen ist. Ob der Behörde hierbei Ermessen zukommt und inwieweit gegebenenfalls auch die wirtschaftlichen Interessen des Unternehmers einzustellen sind, ist umstritten. Vorliegend kommt es darauf jedoch nicht an. Welche Entscheidung im konkreten Einzelfall rechtmäßig zu treffen wäre, kann schon deshalb nicht maßgeblich sein, weil eine Bemessung nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG durch die Genehmigungsbehörde erfolgen müsste. Hieran fehlt es bei einer Fiktion aber naturgemäß. In diesen Fällen kommt es daher - selbst bei enger Auffassung - nur darauf an, ob die Behörde eine entsprechende Genehmigung (abstrakt) hätte erteilen dürfen, was bei Einhaltung der gesetzlichen Höchstgeltungsdauer des § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG der Fall ist. |
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| bb) Der seinerzeit in Entstehung befindliche neue Nahverkehrsplan ändert daran nichts. Zwar sind bei der Bemessung der Geltungsdauer im Falle einer gesetzlichen Entscheidung gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 PBefG die öffentlichen Verkehrsinteressen und dabei insbesondere ein Nahverkehrsplan gemäß § 8 Abs. 3a Satz 2 PBefG zu beachten. Dies mag auch für den Nahverkehrsplan des Landkreises Heilbronn gelten, der unter Beteiligung der verschiedenen Verkehrsunternehmer des Landkreises - auch der Klägerin - zustande gekommen ist. Der Nahverkehrsplan einschließlich Linienbündelungskonzept war aber zum Zeitpunkt des Fiktionseintritts noch nicht beschlossen. Die Beschlussfassung erfolgte erst ein knappes Jahr später am 20.10.2014. Schon deshalb stand der Nahverkehrsplan Heilbronn dem Fiktionseintritt nicht entgegen (vgl. auch Bidinger, a.a.O., § 16 Randbem. 6g). § 8 Abs. 3a Satz 2 PBefG sieht die Berücksichtigungspflicht nur vor für Nahverkehrspläne, die bereits zustande gekommen sind. Selbst wenn man aber - mit einer in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 08.10.1998 - 3 S 1650/97 - BA S. 5 und 6; Fielitz/Grätz, PBefG, Loseblattslg., Band 1, § 16 Rn. 16) - auch im Entstehen befindliche Nahverkehrspläne bereits berücksichtigen können sollte, änderte dies im vorliegenden Fall nichts am Fiktionseintritt. Denn durch den Eintritt der Genehmigungsfiktion wird nicht auch zugleich die Rechtmäßigkeit der Genehmigung fingiert. Im Gegenteil liegt es nachgerade im Wesen einer allein an den Genehmigungsantrag anknüpfenden Fiktion, dass die „erzeugte“ Genehmigung wirksam und bestandskräftig werden kann, obwohl sie nicht im Einklang mit dem materiellen Recht steht (vgl. zur verfassungsrechtlich fragwürdigen Rechtmäßigkeitsfiktion: U. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 42a Rn. 14). § 15 Abs. 1 Satz 5 PBefG nimmt es deshalb hin, dass eine Genehmigung als erteilt gilt, die unter Berücksichtigung der in einem beschlossenen oder in Aufstellung befindlichen Nahverkehrsplan eine kürzere Befristung als die Maximalfrist des § 16 Abs. 2 Satz 2 PBefG gerechtfertigt hätte. Für den Inhalt der an den Antrag, insbesondere die beantragte Geltungsdauer anknüpfenden Fiktionsgenehmigung kann es auf die Überlegung, wie die Behörde unter Berücksichtigung der öffentlichen Verkehrsinteressen hätte entscheiden können, nicht ankommen. |
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| cc) Schließlich stehen Art. 5 und 8 der VO 1370/2007 dem Eintritt der Genehmigungsfiktion für eine Linienverkehrsgenehmigung mit einer Geltungsdauer bis 30.09.2024 nicht entgegen. Nach Art. 8 Abs. 2 VO 1370/2007 muss die Vergabe von Aufträgen für den öffentlichen Verkehr auf Schiene und Straße - unbeschadet von Art. 8 Abs. 3 ab dem 03.12.2019 im Einklang mit Art. 5 der nämlichen Verordnung erfolgen. Ab diesem Zeitpunkt erfolgt die Auftragsvergabe nach einheitlichen und formalisierteren Kriterien (vgl. Baumeister, Recht des ÖPNV, Praxishandbuch, Band 2, 2013, Art. 5 VO 1370/2007 Rn. 94 ff.; zum Übergangsrecht ebenda Rn. 145 ff, insbes. Rn. 149). Die Übergangsvorschrift ist aber - worauf der Beigeladene Ziff. 1 zutreffend hinweist - hinreichend eindeutig gefasst. Erst ab dem 03.12.2019 muss die Vergabe von Aufträgen für den öffentlichen Verkehr im Einklang mit Art. 5 VO 1370/2007 erfolgen. Es liegt an den Mitgliedstaaten zu bewerkstelligen, auf welche Weise Art. 5 VO 1370/2007 ab dem 03.12.2019 Rechnung getragen werden kann (vgl. auch Art. 8 Abs. 2 Satz 2 VO 1370/2007). Die (anfängliche) Befristung der Linienverkehrsgenehmigungen bis zu diesem Zeitpunkt mag ebenso in Betracht kommen wie Rücknahme und Widerruf der Genehmigungen, soweit diese eine längere Geltungsdauer haben. Dass diese unionsrechtlichen Bestimmungen dem Eintritt der Genehmigungsfiktion mit einer längeren Geltungsdauer der Linienverkehrsgenehmigung zwingend entgegenstehen, vermag der Senat aber nicht festzustellen. |
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| d) Soweit die demnach mit Ablauf des 13.12.2013 als mit einer Geltungsdauer bis zum 30.09.2024 als erteilt geltende Genehmigung durch Verfügung Ziff. I. 2. vom 16.10.2014 durch den Beklagten auf den 31.12.2019 befristet wurde, ist diese Entscheidung rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Diese nachträgliche zeitliche Befristung kann sich auf keine Ermächtigungsgrundlage im Personenbeförderungsgesetz stützen, namentlich sieht § 16 PBefG zwar die Befristung einer zu erteilenden Genehmigung, nicht aber die nachträgliche zeitliche Befristung einer bereits erteilten Genehmigung vor. Auch § 15 Abs. 3 PBefG bietet für eine nachträgliche zeitliche Befristung einer bereits als erteilt geltenden Genehmigung mit längerer Laufzeit keine Handhabe. Soweit in Rechtsprechung und Literatur die Auffassung vertreten wird, die Geltungsdauer stelle keine Nebenbestimmung, sondern eine inhaltliche Beschränkung der Genehmigung dar (so z.B. VG Karlsruhe, Urteil vom 09.02.2010 - 8 K 1038/09 - juris Rn. 17; Fielitz/Grätz, a.a.O., § 16 Rn. 1), muss sich die nachträgliche zeitliche Verkürzung einer als erteilt geltenden Genehmigung an den allgemeinen Regeln der §§ 48 ff. LVwVfG messen lassen. Die hier im Streit stehende Verfügung Ziff. I. 2. findet in diesen Bestimmungen keine Rechtsgrundlage, insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Beklagte eine Teilrücknahme bzw. einen Teilwiderruf der als erteilt geltenden Linienverkehrsgenehmigung aussprechen wollte; Ermessen ist insoweit nicht ausgeübt. Auch zeigt der unter dem 12.07.2016 verfügte Rücknahme-/Widerrufsbescheid, dass der Beklagte früher nicht nach Maßgabe der §§ 48 ff. LVwVfG handeln wollte oder gehandelt hat. Auch die Voraussetzungen für einen nachträglichen Erlass einer Befristung nach Maßgabe des § 36 Abs. 2 LVwVfG liegen nicht vor (vgl. dazu U. Stelkens, a.a.O., § 36 Rn. 41). |
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| e) Der Erteilung der Genehmigungsurkunde mit dem begehrten Inhalt steht schließlich auch nicht der Umstand entgegen, dass der Beklagte mit Verfügung vom 12.07.2016 „die mit Ablauf des 13.12.2013 eingetretene Genehmigungsfiktion zurückgenommen, hilfsweise widerrufen, hat, soweit sie über den 31.12.2019 hinaus befristet ist“. Denn die Klägerin hat gegen diesen Bescheid Widerspruch eingelegt. Die mit der Einlegung eines zulässigen Widerspruchs verbundene aufschiebende Wirkung hat zur Folge, dass die getroffene Regelung - gleich ob man insoweit die sog. Wirksamkeits- oder die Vollziehbarkeitstheorie zugrunde legt (vgl. dazu Schoch, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Band 1, § 80 Rn. 89 ff.) - vorläufig keine Folgen zeitigt, namentlich die nicht für sofort vollziehbar erklärte Rücknahme der Erteilung der Genehmigungsurkunde derzeit nicht mit Erfolg entgegen gehalten werden kann. |
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| 3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. |
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| Beschluss vom 20. Dezember 2016 |
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| Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird nach § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt (vgl. hierzu VG Stuttgart, Beschluss vom 13.04.2016 - 8 K 4573/14 -). |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). |
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