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| Die Anträge der Antragsteller zu 1 und 2 sind unzulässig. |
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| Der Antrag der Antragstellerin zu 3 ist dagegen zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. |
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| Die Anträge sind nur teilweise zulässig. |
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| 1. Die Antragsteller haben die nach § 47 Abs. 1 Nr. 1 VwGO statthaften Anträge gegen den am 11.7.2014 bekannt gemachten Bebauungsplan jeweils innerhalb der Jahresfrist aus § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO gestellt. |
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| 2. Die Antragsteller zu 1 und 2 besitzen jedoch nicht die gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO erforderliche Antragsbefugnis, da sie nicht geltend machen können, durch die beanstandende Festsetzung den Bebauungsplan in ihren Rechten verletzt zu werden. Denn es wird keine Eigentumsbetroffenheit für das jeweilige Sondereigentum der Antragsteller an den beiden Wohneinheiten im Gebäude geltend gemacht, sondern nur hinsichtlich des Grundstücks ..., über das der festgesetzte Geh- und Radweg verlaufen soll. Das gilt auch insoweit, als die Antragsteller eine besondere Gefährdungssituation beim Überqueren des Geh- und Radweges mit ihren Kraftfahrzeugen geltend machen. Betroffen ist davon nicht das Sondereigentum der Antragsteller zu 1 und zu 2 an den Garagen, die sich ca. 7 m nördlich des Geh- und Radweges befinden, sondern das ungehinderte Zu- und Abfahren über das gemeinsame Grundstück und das zivilrechtliche Geh- und Fahrrecht auf dem Grundstück .... |
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| Das Grundstück ... steht nach den vorgelegten Grundbuchauszügen im Gemeinschaftseigentum der Wohnungseigentümer. Insoweit ist nach § 1 Abs. 5 WEG nur die Wohnungseigentümergemeinschaft und nicht der einzelne Wohnungseigentümer aufgrund seines Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum berechtigt, Beeinträchtigungen des gemeinschaftlichen Eigentums im eigenen Namen geltend zu machen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 24.11.2016 – 1 CS 16.2011 – juris; Urteil vom 12.7.2012 – 2 B 12.1211 – BauR 2012, 1925; Beschluss vom 12.9.2005 - 1 ZB 05.42 - BauR 2006, 501; OVG Berlin-Bbg., Beschluss vom 15.10.2012 - OVG 2 N 111.10 - juris; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24.8.2015 – 7 B 886/15 – juris). Dabei handelt es sich um eine Maßnahme der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 20 Abs. 1 WEG). Diese steht gemäß § 21 Abs. 1 WEG grundsätzlich den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu. Der einzelne Wohnungseigentümer ist gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1, § 21 Abs. 1 WEG nicht berechtigt, aufgrund seines ideellen Anteils am gemeinschaftlichen Eigentum wegen Beeinträchtigung dieses Eigentums Abwehrrechte geltend zu machen. Ein einzelner Sondereigentümer kann eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums lediglich in den engen Grenzen einer Notgeschäftsführung (§ 21 Abs. 2 WEG) und nur in Prozessstandschaft für die Eigentümergemeinschaft abwehren. Die dafür erforderlichen Voraussetzungen sind jedoch im vorliegenden Fall nicht gegeben. |
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| Aus der von den Antragstellern angeführten Entscheidung des OVG Berlin-Brandenburg (Urteil vom 20.11.2009 – OVG 2 A 19.07 – juris) ergibt sich nichts Gegenteiliges. In dieser Entscheidung wurden zwar sowohl die einzelnen Wohnungseigentümer als auch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer als klagebefugt angesehen, allerdings wurde im dort entschiedenen Fall - im Unterschied zum hier vorliegenden - sowohl eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Grundstücks durch einschränkende Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung als auch eine Beeinträchtigung des jeweiligen Sondereigentums durch höhere Lärmimmissionen geltend gemacht. |
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| Die in Rede stehende Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums kann somit nur von der Antragstellerin zu 3 abgewehrt werden. Soweit die Antragstellerin zu 3. als Gemeinschaft der Wohnungseigentümer das gemeinschaftliche Eigentum verwaltet und dabei am Rechtsverkehr teilnimmt, ist sie gemäß § 10 Abs. 6 WEG rechtsfähig (vgl. BGH, Beschluss vom 2. 6. 2005 - V ZB 32/05 - NJW 2005, 2061) und damit im Verwaltungsverfahren und im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auch beteiligtenfähig (§ 61 Nr. 2 VwGO). |
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| Der Normenkontrollantrag der Antragstellerin zu 3 ist auch begründet. |
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| 1. Die Antragsgegnerin hat den Bebauungsplan als einen solchen der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren ohne Umweltprüfung gemäß § 13a BauGB aufgestellt. Ob die Voraussetzungen für die Wahl dieses Verfahrens vorlagen, erscheint dem Senat fraglich. Das Plangebiet ist - vom Grundstück der Antragsteller abgesehen - bisher nur entlang der S... Straße und der Z... Straße bebaut. Aufgrund der Größe der bislang unbebauten Fläche von ca. 100 m x 80 m dürfte es wohl als „Außenbereich im Innenbereich“ anzusehen sein. Ob solche Flächen einer Planaufstellung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB zugänglich sind, ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang ungeklärt. Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Urteil vom 4.11.2015 (– 4 CN 9.14 – BVerwGE 153, 174) entschieden, dass in einen Bebauungsplan der Innenentwicklung nach § 13a BauGB jedenfalls keine Außenbereichsflächen einbezogen werden dürfen, die jenseits der äußeren Grenzen des Siedlungsbereichs liegen. Ob das auch für den sog. „Außenbereich im Innenbereich“ gilt, wurde dagegen ausdrücklich offen gelassen. |
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| Diese Frage ist auch im vorliegenden Verfahren nicht klärungsbedürftig. Die Wahl des beschleunigten anstelle des Regelverfahrens zur Planaufstellung stellt für sich genommen keinen nach § 214 Abs. 1 BauGB beachtlichen Verfahrensfehler dar. Die dortige Auflistung der im Bebauungsplanverfahren relevanten Verfahrensfehler ist abschließend (vgl. BVerwG, Urteil vom 4.8.2008 – 4 CN 4.08 – BVerwGE 134, 264 Rn. 18). Die fehlerhafte Wahl des beschleunigten Verfahrens führt jedoch regelmäßig zu weiteren Verfahrensfehlern. So wird im beschleunigten Verfahren keine Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt und entgegen § 2a Satz 2 Nr. 2 BauGB kein Umweltbericht erstellt, der nach § 2a Satz 3 BauGB Teil der Begründung ist, nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB mit dem Entwurf öffentlich ausgelegt werden müsste und nach § 9 Abs. 8 BauGB der Begründung beizufügen ist. Solche Fehler sind nach § 214 Abs. 1 BauGB beachtlich. |
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| Sollte die Antragsgegnerin das beschleunigte Verfahren zu Unrecht gewählt haben, so sind diese Verfahrensfehler jedenfalls nach § 215 Abs. 1 BauGB unbeachtlich geworden, weil sie nicht innerhalb eines Jahres seit der Bekanntmachung des Bebauungsplans am 11.7.2014 schriftlich und unter Darlegung des entsprechenden Sachverhalts gegenüber der Antragsgegnerin geltend gemacht worden sind. Der bei der Bekanntmachung erteilte Hinweis auf die Voraussetzungen für die Geltendmachung der Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB, von Vorschriften über das Verhältnis von Flächennutzungs- und Bebauungsplan nach § 214 Abs. 2 BauGB oder nach § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB beachtliche Mängel des Abwägungsvorgangs sowie auf die Rechtsfolgen ist insoweit ordnungsgemäß (§ 215 Abs. 2 BauGB). |
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| Ohne Erfolg berufen die Antragsteller sich in diesem Zusammenhang darauf, dass die Bekanntmachung keinen Hinweis auf die Fälle des § 214 Abs. 2a Nr. 2 bis 4 BauGB enthalte. Denn solche Defizite führen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Hinweises nach § 215 Abs. 2 BauGB, sondern erfassen jeweils nur die Vorschriftengruppe aus dem Katalog des § 215 Abs. 1 BauGB, die von dem Fehler betroffen ist (vgl. etwa VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 17.2.2014 - 5 S 3254/11 - BauR 2014, 1243; Urteil vom 9.6.2009 - 3 S 1108/07 - NVwZ-RR 2009, 953). Nur bezüglich dieser „infizierten“ Gruppen - hier die § 215 Abs. 1 Satz 2 angesprochenen Verfahrensfehler nach § 214 Abs. 2a BauGB - wird die Rügefrist des § 215 Abs. 1 BauGB nicht in Gang gesetzt. Für die oben angeführten Fehler im Zusammenhang mit einer möglicherweise fehlerhaften Wahl des vereinfachten Verfahrens nach § 13a BauGB sind die Vorschriftengruppen der Verfahrens- und Formfehler nach § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BauGB und der Verletzung von Vorschriften über das Verhältnis von Flächennutzungs- und Bebauungsplan nach § 214 Abs. 2 BauGB einschlägig. Insoweit ist der Hinweis zutreffend und bleibt wirksam. |
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| Dagegen sind die Fälle des § 214 Abs. 2a BauGB für die hier in Rede stehenden Fehler nicht einschlägig. § 214 Abs. 2a Nr. 2 BauGB betrifft einen Mangel, der ohnehin unbeachtlich ist, ohne dass es auf die Jahresfrist des § 215 Abs. 1 BauGB ankäme. § 214 Abs. 2a Nr. 3 BauGB betrifft nicht das fehlerhafte Unterbleiben einer Umweltprüfung schlechthin, sondern nur aufgrund einer Vorprüfung im Einzelfall nach § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BauGB. Hier ist das vereinfachte Verfahren aber ersichtlich nicht aufgrund einer Vorprüfung, sondern gemäß § 13a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB gewählt worden, weil das Plangebiet unter 20.000 qm groß ist. § 214 Abs. 2a Nr. 4 BauGB betrifft die Wahl des vereinfachten Verfahrens entgegen § 13a Abs. 1 Satz 4 BauGB, wenn durch den Bebauungsplan die Zulässigkeit von Vorhaben begründet wird, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich wäre. Das ist im vorliegenden Fall auch nicht erkennbar, weil mit dem Plan lediglich Flächen für Wohnbebauung, öffentliche und private Grünflächen sowie öffentliche Verkehrsflächen ohne überörtliche Bedeutung festgesetzt werden. |
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| 2. Ferner liegt kein beachtlicher Verfahrensfehler darin, dass den Antragstellern entgegen § 3 Abs. 2 Satz 4 BauGB bei der zweiten und dritten Auslegung das Ergebnis der Prüfung ihrer Stellungnahmen nicht schriftlich mitgeteilt worden ist. Diese Mitteilung dient der Unterrichtung der Beteiligten, ob und wie die Gemeinde sich mit den erhobenen Einwendungen auseinandergesetzt hat. Sie hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Beschluss vom 3.12.2008 – 4 BN 25/08 – BauR 2009, 609; Beschluss vom 11.11.2002 – 4 BN 52/02 – NVwZ 2003, 206) nicht den Zweck, den Entscheidungsprozess weiter offen zu halten und den Beteiligten nach Mitteilung des Ergebnisses der Prüfung noch weitere Mitwirkungsmöglichkeiten zu eröffnen. Die Mitteilung ist deshalb kein Bestandteil des Normsetzungsprozesses mehr. Ihr Ergehen ist auch nicht Voraussetzung für die Wirksamkeit des Bebauungsplans (vgl. bereits VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 5.6.1996 – 8 S 487/96 – VBlBW 1996, 376; Beschluss vom 17.3.1967 – I 728/65 – BRS 18 Nr. 5; ebenso Schrödter, in: Schrödter, BauGB 8. Aufl. § 3 Rn. 87). |
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| 3. Der Satzungsbeschluss ist aber nach § 18 Abs. 6 Satz 1 GemO rechtswidrig, weil bei der Beratung und Beschlussfassung gegen § 18 Abs. 5 GemO verstoßen worden wurde. |
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| a) § 18 Abs. 1 GemO verbietet bei Vorliegen eines der in Abs. 1 und Abs. 2 genannten Befangenheitsgründe die Mitwirkung des befangenen Gemeinderatsmitglieds an der Beratung und Entscheidung über die befangenheitsbegründende Angelegenheit. Darüber hinaus muss nach § 18 Abs. 5 GemO der Gemeinderat, der an der Beratung und Entscheidung nicht mitwirken darf, die Sitzung verlassen. Diese Regelungen sowie die in § 18 Abs. 6 S. 1 GemO für den Fall eines Verstoßes gegen dieselben normierte Rechtswidrigkeit des dennoch gefassten Gemeinderatsbeschlusses dienen der Unparteilichkeit der Amtsführung der Gemeindeorgane. Die Bürgerschaft soll darauf vertrauen können, dass die Gemeinderäte ihr Ehrenamt pflichtbewusst versehen und mit den ihnen übertragenen Entscheidungen nicht ihre privaten Interessen verfolgen. Aus diesem Grunde ist schon der böse Schein zu meiden. Diesem Gesetzeszweck würde es nicht gerecht, wenn ein Gemeinderat, der weder beratend noch entscheidend mitwirken darf, in der Sitzung verbleiben dürfte. Denn allein seine Anwesenheit inmitten des beratenden Kollegiums könnte die Beratung und Abstimmung unsachgemäß beeinflussen. Abgesehen davon wäre - solange er im Kollegium verbleibt - die Kontrolle darüber, ob er sich auch tatsächlich jeder aktiven Mitwirkung an der Beratung enthält, zumindest sehr erschwert, wenn nicht ausgeschlossen. Durch das Gebot, die Sitzung zu verlassen, wird sichergestellt, dass sich ein befangener Gemeinderat ausreichend von dem übrigen Kollegium abhebt. Der außenstehende Bürger (Zuhörer) kann damit erkennen, dass der betreffende Gemeinderat befangen ist und aus diesem Grund an der Beratung und Entscheidung nicht mitwirkt. Mit einer ausreichend erkennbaren räumlichen Trennung wird auch eine Einflussnahme durch physische Anwesenheit weitgehend ausgeschlossen (vgl. hierzu VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2001 – 3 S 2574/99 – juris Rn. 31; Beschluss vom 18.7.1973 - II 306/72 - ESVGH 24, 125). Wegen des in § 35 Abs. 1 S. 1 GemO niedergelegten Grundsatzes der Öffentlichkeit von Gemeinderatssitzungen kann es dem befangenen Gemeinderat allerdings nicht verwehrt werden, in einer öffentlichen Sitzung bei den Verhandlungen des Gemeinderats zuzuhören. Zur Beachtung der Befangenheitsvorschriften genügt es daher, dass sich der befangene Gemeinderat bei einer Verhandlung in öffentlicher Sitzung in den Zuhörerraum begibt (vgl. zu alledem VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2001 a.a.O.; vom 1.10.1994 - 5 S 3142/93 -, VBlBW 1995, 193 ff.; Beschluss v. 18.7.1973 a.a.O; Kuntze/Bronner/Katz, GemO für Bad.-Württ., Stand 2016, RdNr. 24 zu § 18). |
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| In Ausnahmefällen soll es nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg auch genügen, dass der befangene Gemeinderat mit seinem Stuhl so weit vom Sitzungstisch abrückt, dass er den ausschließlich den Gemeinderäten vorbehaltenen Bereich am Sitzungstisch verlässt, damit sein Ausschluss von der Beratung und Entscheidung über die angegriffene Satzung ausreichend erkennbar ist. Das wurde etwa in Fällen bejaht, in denen Zuschauerbereich nicht eindeutig vom Arbeitsbereich des Gemeinderats abgegrenzt war und der befangene Gemeinderat sich mit seinem Stuhl zumindest so weit unter die Zuschauer zurückgezogen hatte, dass ein Durchgang zwischen ihm und dem Gemeinderatstisch möglich war (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.2.2001, a.a.O.). Soweit die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf diese Entscheidung meint, dass es ausreiche, wenn der befangene Gemeinderat „um Stuhlesbreite vom Sitzungstisch abrücke“, werden die in der Rechtsprechung gestellten Anforderungen verkannt. Denn es muss auch in Situationen der räumlichen Enge für jedermann deutlich erkennbar sein, dass ein befangener Gemeinderat von der Beratung und Beschlussfassung ausgeschlossen ist und keinen Einfluss darauf nehmen darf. Das bloße „Abrücken um Stuhlesbreite“ genügt dementsprechend jedenfalls dann nicht, wenn es - wie im vorliegenden Fall - einen vom Bereich des Gemeinderatskollegiums äußerlich eindeutig abgegrenzten Bereich gibt, auch wenn sich dieser in unmittelbarer Nähe befindet (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.10.1994 - 5 S 3142/93 - VBlBW 1995, 193). Aus der o. g. Entscheidung vom 23.02.2001 ergibt sich nichts anderes. Der Entscheidung liegt ein Sachverhalt zu Grunde, in dem ein befangener Gemeinderat sich mit seinem Stuhl aktiv in einen auch für Zuschauer zugänglichen Bereich des Sitzungssaals begeben und neben den dort bereits sitzenden Zuschauern Platz genommen hatte, also ebenso weit von der Beratung und Beschlussfassung im Gremium entfernt war wie diese. Nur unter diesen Umständen hat es der Verwaltungsgerichtshof für die deutliche Erkennbarkeit ausreichen lassen, dass zwischen dem Stuhl des befangenen Gemeinderats und dem Gemeinderatstisch wenigstens eine ausreichende Durchgangsbreite für eine Person verblieben war. |
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| b) Nach diesen Grundsätzen ist ein Verstoß gegen § 18 Abs. 5 GemO festzustellen, der zur Rechtswidrigkeit der Beschlussfassung führt. |
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| aa) Die Gemeinderätin Frau O. war nach § 18 Abs. 1 GemO befangen, weil sie selbst Grundstückseigentümerin bzw. mit weiteren Grundstückseigentümern im Plangebiet in gerader Linie verwandt ist. Das steht außer Streit. |
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| bb) Aus dem Protokoll der Gemeinderatssitzung vom 1.7.2014 ergibt sich, dass Frau O. den Sitzungssaal nicht verlassen, sondern lediglich mit ihrem Stuhl vom Sitzungstisch abgerückt ist. Die Beweisaufnahme durch Vernehmung der Zeugen ...,... hat zur Überzeugung des Senats ergeben, dass bei der Sitzung im Rathaus H... der Zuhörerbereich wegen des großen Andrangs mit einer zusätzlichen dritten Sitzreihe bestuhlt war, so dass zwischen den Stühlen der vordersten Zuschauerreihe und den Rückenlehnen der besetzten Stühle am Gemeinderatstisch allenfalls genug Platz war, um den Durchgang einer Person zu ermöglichen. Die Befangenheit der Gemeinderätin O. wurde in der Sitzung angesprochen, sie ist daraufhin nach den übereinstimmenden Zeugenaussagen mit ihrem Stuhl nicht seitlich, sondern lediglich ein Stück nach hinten in Richtung der Zuschauerplätze vom Sitzungstisch abgerückt. Dass zwischen ihr und dem am Gemeinderatstisch tagenden Gremium eine ausreichende Durchgangsbreite für eine Person verblieben wäre, hat der Senat nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen können, weil die befragten Zeugen dazu keine hinreichend genauen Angaben machen konnten. Da nach den insoweit übereinstimmenden Zeugenaussagen zwischen den Stühlen der Gemeinderäte und der ersten Sitzreihe der Zuschauer aber ohnehin nur ausreichend Platz für den Durchgang einer Person war, hätte die befangene Gemeinderätin mit ihrem Stuhl praktisch bis zu den Knien der Zuschauer in der ersten Reihe nach hinten rücken müssen, um diese Distanz herzustellen. Das erscheint dem Senat wenig wahrscheinlich. Darauf kommt es aber auch nicht entscheidend an. Denn es ist jedenfalls festzustellen, dass die befangene Gemeinderätin nicht - wie von der Antragsgegnerin vorgetragen - in die Reihe der Zuschauerstühle oder neben diese abgerückt ist, sondern mit ihrem Stuhl auch weiterhin in dem Bereich zwischen der ersten Sitzreihe der Zuschauer und dem Sitzungstisch des Gemeinderats verblieben ist. Sie hat sich also immer noch deutlich näher am Sitzungsgeschehen befunden als die Zuschauer in der ersten Sitzreihe. Für ein deutlich erkennbares Abrücken vom Sitzungstisch, das einem Verlassen der Sitzung gleichsteht, ist das nicht ausreichend. |
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| c) Der damit vorliegende Mangel der Beschlussfassung ist auch nicht nach § 4 Abs. 4 Satz 1 GemO unbeachtlich geworden, weil die Verletzung der Vorschriften über die Teilnahme von befangenen Gemeinderäten an der Sitzung innerhalb der Jahresfrist mit dem Normenkontrollantrag der Antragsteller zu 1 und zu 2 vom 16.12.2014 schriftlich gegenüber der Gemeinde geltend gemacht worden ist (§ 4 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 Alt. 3 GemO). |
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| 4. Die von den Antragstellern aufgeworfenen Fragen nach der Erforderlichkeit des Bebauungsplans und insbesondere der Festsetzung des Geh- und Radwegs im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB und dem Vorliegen eines Verstoßes gegen das Abwägungsgebot des § 1 Abs. 7 BauGB sind nicht mehr entscheidungserheblich. Im Hinblick auf ein von der Antragsgegnerin möglicherweise beabsichtigtes ergänzendes Verfahren nach § 214 Abs. 4 BauGB ist jedoch auf Folgendes hinzuweisen: |
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| a) Festsetzungen eines Bebauungsplans haben keine enteignende Vorwirkung. Mit der Festsetzung von Flächen für einen öffentlichen Geh- und Radweg ist daher keine Entscheidung über die Zulässigkeit einer Enteignung dieser Flächen verbunden (BVerfG, Beschluss vom 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979; BVerwG, Beschluss vom 14.6.2007 - 4 BN 21.07 - BRS 71 Nr. 3; Urteil vom 6.6.2002 - 4 CN 6.01 - NVwZ 2002, 1506; Beschluss vom 21.2.1991 - 4 NB 16.90 - NVwZ 1991, 873). Setzt ein Bebauungsplan - wie hier - auf einem bisher privat genutzten Grundstück eine öffentliche Verkehrsfläche fest, bedarf es deshalb bei der Aufstellung des Plans keiner vollen Prüfung der Enteignungsvoraussetzungen (BVerfG, Beschluss vom 22.2.1999 - 1 BvR 565/91 - NVwZ 1999, 979). Ob der Vollzug der Festsetzung es erfordert, das Grundstück seinem bisherigen Eigentümer hoheitlich zu entziehen, ist vielmehr erst in einem etwaigen Enteignungsverfahren zu entscheiden. |
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| Das enthebt die Gemeinde aber nicht der Verpflichtung, bei der Aufstellung eines Bebauungsplans auch diejenigen schutzwürdigen privaten Interessen angemessen zu berücksichtigen, die sich aus dem Eigentum und dessen Nutzung herleiten lassen (BVerwG, Beschluss vom 14.6.2007, a.a.O.). Bei der Inanspruchnahme von privatem Grundeigentum muss insbesondere geprüft werden, ob es ein milderes Mittel gibt, das zur Zweckerreichung gleich geeignet ist, den Eigentümer aber weniger belastet (BVerfG, Beschluss vom 19.12.2002 - 1 BvR 1402/01 - NVwZ 2003, 727; BVerwG, Beschluss vom 14.6.2007, a.a.O.; Urteil vom 6.6.2002, a.a.O.). Das Gewicht des Eingriffs muss außerdem zur Dringlichkeit der für die Planung sprechenden Interessen in einem angemessenen Verhältnis stehen (BVerwG, Urteil vom 16.5.1991 - 4 C 17.90 - BVerwGE 88, 191). Diese Belange müssen umso gewichtiger sein, je stärker die Festsetzungen eines Bebauungsplans die Privatnützigkeit der betroffenen Grundstücke beschränken oder gar ausschließen (BVerwG, Beschluss vom 18.12.1987 - 4 NB 4.87 - NVwZ 1988, 727; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.3.2015 - 3 S 156/14 - VBlBW 2015, 343; Urteil vom 6.2.2014 - 3 S 207/13 - VBlBW 2015, 37; Urteil vom 26.9.2003 - 3 S 1650/02 - BauR 2004, 373). |
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| b) Für den Senat ist es auch ohne ein von den Antragstellern für erforderlich gehaltenes Verkehrsgutachten nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin ein verkehrliches Bedürfnis für eine Fußgänger- und Radwegverbindung zwischen der A... Straße und den Geschäften und Einrichtungen am westlichen Ortsrand (u.a. Einkaufsmarkt, Schule, Kindergarten) sieht. Dabei handelt es sich um eine Stichstraße ohne Verbindung zu anderen öffentlichen Wegen und Straßen. Für Anwohner der A... Straße führt der Weg von dort zum westlichen Ortsrand auf öffentlichen Straßen bisher zwingend zunächst in Richtung Ortsmitte und über den K... Platz auf die S... Straße, was verglichen mit den geplanten Geh- und Radwegen im Plangebiet einen nicht unerheblichen Umweg bedeutet. Für Ziel- und Quellverkehr aus dem Inneren des Plangebiets ergibt sich ebenfalls eine kürzere Wegeverbindung zum K... Platz und zur Ortsmitte, weil nicht zuerst die S... Straße oder die Z... Straße erreicht werden muss. Dasselbe gilt für Wege zwischen der A... Straße und dem im Plangebiet vorgesehenen Spielplatz. Der öffentliche Weg ... kann diese Verbindungen offensichtlich auch nicht aufnehmen, weil er keine Verbindung von bzw. zur A... Straße über öffentliche Straßen oder Wege aufweist. Als Ersatz hat sich auf dem Grundstück ... ein nicht öffentlich gewidmeter, „wilder“ Fußweg entwickelt. Wenn eine solche Wegeverbindung entsteht, ist es aber auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens naheliegend, dass auch die Anwohner der A... Straße ebenfalls ein Verkehrsbedürfnis haben, diesen zu nutzen. Mit nennenswertem Durchgangsverkehr ist dagegen nicht zu rechnen, weil die kürzeste Verbindung von der Ortsmitte in den westlichen Ortsteil dennoch direkt über die S... Straße bzw. ... Straße führt, wie die Antragsteller selbst zutreffend vorbringen. |
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| Die Begründung zum Bebauungsplan geht davon aus, dass diese Wegeverbindung heute schon – rechtswidrig – häufig benutzt werde, und zwar von der A... Straße über das Grundstück der Antragsteller entweder auf den „wilden“ Fußweg auf ... oder über die private befestigte Zufahrt der Antragsteller auf dem Grundstück ... zur S... Straße. Das beruht nach Aktenlage vor allem auf Beobachtungen des Planverfassers, wird aber auch durch Stellungnahmen von Anwohnern der A... Straße im Planaufstellungsverfahren bestätigt, wonach die Anbindung von der A... Straße in den westlichen Ortsteil über die S... Straße, die Z... Straße und über den Privatweg A... Straße ... der Antragsteller sehr gut sei; dieser Weg dürfe von allen Personen genutzt werden, von den Antragsteller werde das geduldet. Schließlich legen auch die von den Antragstellern selbst vorgelegten Bilder von der Örtlichkeit einen entsprechenden Fußgängerverkehr nahe. Danach hat sich auf dem schmalen Grünstreifen zwischen der A... Straße und dem befestigten Grundstück der Antragsteller bereits ein Trampelpfad gebildet. Der Eigentümer des Grundstücks ... hat Anlass gesehen, an der privaten Zufahrt sogar eigens Hinweisschilder („Privatweg Durchgang verboten“ bzw. „Durchgang nur bis zum Haus A... Straße ...“) anzubringen, um solche Verkehre zu unterbinden. Das wäre nach der Überzeugung des Senats nicht erforderlich, wenn tatsächlich kürzere und gefahrlosere Wegeverbindungen in diese Richtung bestünden und diese Verbindung deshalb ohnehin nicht angenommen würde. |
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| c) Sinnvolle Alternativen für eine Wegführung ohne Inanspruchnahme des Grundstücks der Antragsteller sind für den Senat nicht erkennbar, weil das Grundstück der Antragsteller weiter nach Süden reicht als die A... Straße und dort spitzwinklig zuläuft. Eine Wegführung etwa über das Grundstück ... und den öffentlichen Weg ... würde dazu führen, dass der Weg mehrmals scharf abknickt und für Fahrradfahrer kaum noch geeignet wäre. |
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| d) Andererseits ist aus den Akten des Planaufstellungsverfahrens aber nicht erkennbar, dass beim Satzungsbeschluss die Nachteile der Wegführung für die Antragsteller dem öffentlichen Verkehrsbedürfnis umfassend gegenübergestellt und geprüft worden wäre, ob sie dazu noch in einem angemessenen Verhältnis stehen. |
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| Die Antragsgegnerin hat zwar offenbar gesehen, dass der geplante Geh- und Radweg Grundstücksfläche der Antragsteller in Anspruch nimmt. Es wurde auch gesehen, dass die Antragsteller weiterhin wie bisher über das zivilrechtlich gesicherte Geh- und Fahrrecht auf dem Grundstück ... auf ihr eigenes Grundstück zu- und abfahren könnten, dass sie dabei aber stärker als bislang auf Fußgänger und Radfahrer achten müssten, weil der geplante Geh- und Radweg wohl stärker frequentiert wäre als der schlecht angebundene öffentliche Weg ..., den die Antragsteller bisher schon queren mussten. Diese Situation soll durch das Abrücken des Weges an den Südrand der A... Straße erheblich entschärft werden, so dass den Antragstellern vor ihrer Garage ca. 7 m als Rangierraum bleiben. Außerdem soll eine Umlaufsperre im Bereich der Einmündung des Weges in die A... Straße den Fahrradverkehr verlangsamen. Diese Maßnahmen erscheinen dem Senat grundsätzlich plausibel und nicht von vornherein ungeeignet. |
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| Es ist aber nicht ersichtlich, inwiefern berücksichtigt wurde, dass das Grundstück der Antragsteller durch den öffentlichen Geh- und Radweg in zwei Teile geteilt würde. Das würde sich für die Antragsteller so auswirken, dass sie zum einen die Wegfläche mit ca. 6,5 m x 2,5 m = 16,25 qm verlieren würden. Zum anderen wäre der verbleibende spitzwinklige Grundstücksteil südlich des Weges mit ca. 31,5 qm kaum noch sinnvoll nutzbar. Die - für sich genommen - nicht zu beanstandende Erwägung der Antragsgegnerin, dass das Grundstück der Antragsteller an einer vergleichsweise unempfindlichen Stelle überquert werde, weil es dort nicht - oder allenfalls mit untergeordneten Nebenanlagen - bebaubar sei, findet sich weder in der in der Aufbereitung der Stellungnahmen aus der Planauslage für den Gemeinderat noch in der Begründung zum Bebauungsplan, sondern ist erstmals im Normenkontrollverfahren ausgeführt worden. |
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| Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 1, 159 Satz 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 ZPO. |
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| Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision aus § 132 Abs. 2 VwGO liegen nicht vor. |
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| Beschluss vom 23. Dezember 2016 |
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| Der Streitwert wird gemäß §§ 39 Abs. 1, 52 Abs. 1 GKG und Nr. 9.8.1. des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit auf 10.000 EUR festgesetzt. Der Senat ist dabei davon ausgegangen, dass alle drei Antragsteller dasselbe Interesse verfolgen, eine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Grundstücks durch den Geh- und Radweg abzuwenden. |
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