Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 3 S 149/17

Tenor

Auf die Beschwerden der Antragsteller wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 30. Dezember 2016 - 2 K 4378/16 - geändert.

Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung des Landratsamts Ortenaukreis vom 31. Oktober 2016 wird hinsichtlich der im Norden des Baugrundstücks entlang des ... Weges genehmigten zwölf Kfz-Stellplätze angeordnet. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen die Antragsteller als Gesamtschuldner zu zwei Drittel und der Antragsgegner zu einem Drittel. Die Beigeladene behält ihre außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen auf sich.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf EUR 7.500,- festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die Antragsteller erstreben die Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes gegen eine der beigeladenen Stadt vom Beklagten erteilte Genehmigung zur Errichtung von zwei Gebäuden mit Wohnungen für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen und zur Herstellung von Kfz-Stellplätzen.
Die Antragsteller sind Eigentümer des mit einer Doppelhaushälfte bebauten Grundstücks Flst.-Nr. ..., ... Weg …, auf der Gemarkung der Beigeladenen. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Thomasbreite-Marbach“ vom 6.10.1983, der - insoweit von nachfolgenden Änderungen nicht berührt - dort ein allgemeines Wohngebiet festsetzt und bei einer Geschoßflächenzahl von 1,0 eine Bebauung mit drei Vollgeschossen, davon eines im Dachgeschoss, zulässt. Im Süden grenzt der in diesem Bereich rund 3 m breite ... Weg an das Grundstück der Antragsteller. An diesen schließt sich das außerhalb des Plangebiets gelegene, bislang unbebaute und ebenso wie der umgebende Bereich landwirtschaftlich genutzte Grundstück Flst.-Nr. ... an.
Am 31.10.2016 erteilte der Beklagte der Beigeladenen die beantragte Baugenehmigung für zwei Gebäude mit insgesamt 14 Wohnungen für die Anschlussunterbringung von Flüchtlingen sowie von 26 Kfz-Stellplätzen auf dem Grundstück Flst.-Nr. .... Zugleich wies es die von den Antragstellern erhobenen Einwendungen betreffend die Zulässigkeit des Vorhabens im Außenbereich sowie die von der Nutzung der Gebäude und der Stellplätze ausgehenden Einwirkungen auf ihr Grundstück zurück. Über die von den Antragstellern hiergegen am 14.11.2016 erhobenen Widersprüche ist bislang nicht entschieden.
Am 29.11.2016 haben die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Freiburg die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Widersprüche gegen die der Beigeladenen erteilte Baugenehmigung beantragt und hierzu im Wesentlichen ihre bereits im Rahmen der Angrenzerbenachrichtigung erhobenen Einwendungen wiederholt.
Das Verwaltungsgericht hat die Anträge mit Beschluss vom 30.12.2016 abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Interesse der Beigeladenen an einer sofortigen Ausnutzung der Baugenehmigung überwiege das gegenläufige Aussetzungsinteresse der Antragsteller. Denn die erhobenen Widersprüche hätten bei summarischer Prüfung voraussichtlich keinen Erfolg. Das genehmigte Vorhaben sei bauplanungsrechtlich als sonstiges, nicht privilegiertes Vorhaben im Außenbereich nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Zwar sei zweifelhaft, ob der Beigeladenen die erleichterte Zulassungsmöglichkeit nach § 246 Abs. 9 i. V. mit § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB für Vorhaben zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden zu Gute komme, da das Baugrundstück wohl nicht innerhalb des Siedlungsbereichs liege. Allerdings komme es hierauf im Ergebnis nicht an, da den Antragstellern Nachbarschutz nur über das Gebot der Rücksichtnahme gewährt werden könne. Eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens lasse sich aber bei summarischer Prüfung nicht feststellen. Insbesondere ließen die beiden Wohngebäude ebenso wie andere Mehrfamilienhäuser unzumutbare Lärmemissionen auch durch Kinderlärm sowie den Aufenthalt im Freien im üblichen Umfang nicht typischerweise erwarten. Die allgemeinen Wohngeräusche seien grundsätzlich hinzunehmen. Anderweitige Belästigungen oder befürchtete besondere polizeiliche Gefahren seien städtebaulich nicht beachtlich; ihnen sei im Einzelfall mit den Mitteln des Polizei- und Ordnungsrechts bzw. des zivilen Nachbarrechts zu begegnen. Rücksichtslos sei das Vorhaben voraussichtlich auch nicht mit Blick auf die geltend gemachte Zunahme von Lärm- und Abgasimmissionen durch den Verkehr im Bereich der 6 m von der Grundstücksgrenze der Antragsteller geplanten zwölf notwendigen Stellplätze. Der Antragsgegner weise zu Recht darauf hin, dass es sich hierbei nicht um öffentliche Stellplätze handle. Daher sei nicht zu erwarten, dass ein atypisches, über das übliche Maß hinausgehendes Verkehrsaufkommen entstehen könne. Eine Rücksichtslosigkeit des Vorhabens lasse sich auch im Übrigen nicht feststellen.
Hiergegen richten sich die von den Antragstellern erhobenen Beschwerden.
II.
Die fristgerecht eingelegten (§ 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und begründeten (§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerden der Antragsteller sind zulässig und zum Teil begründet.
Unter Berücksichtigung der im Beschwerdeverfahren innerhalb der Monatsfrist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung des Senats gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, ist der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern. Die aufschiebende Wirkung der Widersprüche der Antragsteller gegen die der Beigeladenen vom Antragsgegner erteilte Baugenehmigung vom 31.10.2016 ist nach den §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO anzuordnen, soweit diese die im Norden des Baugrundstücks entlang des ... Weges vorgesehenen zwölf Kfz-Stellplätze betrifft. Denn in Bezug auf die Genehmigung dieser Stellplätze ist nach derzeitigem Erkenntnisstand ein Erfolg der Widersprüche der Antragsteller überwiegend wahrscheinlich und ergibt die gebotene Abwägung mithin, dass das Vollzugsinteresse der Beigeladenen hinter das Interesse der Antragsteller, von möglicherweise unzumutbaren Lärmimmissionen vorläufig verschont zu bleiben, zurückzutreten hat. Im Übrigen sind die Anträge abzulehnen, da es auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nach aller Voraussicht an einer Verletzung eigener Rechte der Antragsteller fehlt.
1. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass das genehmigte Außenbereichsvorhaben nicht der Privilegierung des § 35 Abs. 1 BauGB unterfällt und daher nach § 35 Abs. 2 BauGB nur dann im Einzelfall zugelassen werden kann, wenn seine Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist. Dies ist zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit.
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2. Ebenfalls zutreffend hat das Verwaltungsgericht dargelegt, dass - anders als vom Antragsgegner und der Beigeladenen angenommen - erhebliche Zweifel daran bestehen, ob dem Vorhaben die Privilegierung des § 246 Abs. 9 i. V. mit § 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB zu Gute kommt.
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a) Nach diesen Regelungen kann bis zum 31.12.2019 einem Vorhaben, das der Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden dient und im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit nach § 30 Abs. 1 BauGB oder § 34 BauGB zu beurteilenden bebauten Flächen innerhalb des Siedlungsbereichs erfolgen soll (§ 246 Abs. 9 BauGB), nicht entgegengehalten werden, dass es Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widerspricht, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt (§ 35 Abs. 4 Satz 1 BauGB), soweit es im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB ist.
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Das in dieser Vorschrift genannte Erfordernis der Lage innerhalb des Siedlungsbereichs ist hier voraussichtlich nicht erfüllt.
13 
Der mit dem Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen vom 20.11.2014 in § 246 BauGB eingefügte Abs. 9 geht auf eine von den Ländern Hamburg, Baden-Württemberg und Bremen beantragte Gesetzesinitiative des Bundesrats zurück. Hintergrund dieser Gesetzesinitiative waren die bereits im Jahre 2014 gestiegenen Flüchtlingszahlen und die insbesondere in Ballungsgebieten verzeichneten Schwierigkeiten bei der Bereitstellung von Unterkünften (BR-Drs. 419/14, S. 4., BT-Drs. 18/2752, S. 7 f.). In der Einzelbegründung heißt es zu dem - § 246 Abs. 9 BauGB entsprechenden - Art. 1 § 2 Abs. 3 des Gesetzentwurfs des Bundesrates, die Errichtung von Anlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbewerberinnen und Asylbewerbern im Außenbereich nach § 35 BauGB sei allenfalls im Ausnahmefall möglich. Gerade in Ballungszentren sei es notwendig, zur Bewältigung der Zuwanderung in geeigneten Fällen auch die sogenannten „Außenbereichsinseln im Innenbereich“ also die im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit bebauten Flächen gelegenen Außenbereichsflächen zu nutzen. Um dies zu erleichtern, würden die Anlagen zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbewerberinnen und Asylbewerbern für den Fall der Errichtung im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit einem bebauten Ortsteil innerhalb des Siedlungsbereichs den teilprivilegierten Vorhaben gleichgesetzt (BR-Drs. 419/14, S. 5 f., BT-Drs. 18/2752, S. 7 f.). Der Erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg hat hierzu in der Plenardebatte des Bundesrats vom 19.9.2014 (Plenarprot. 925. Sitzung, S. 283) ausgeführt, die Unterscheidung zwischen unbeplantem Innenbereich und Außenbereich sei „manchmal nur eine Lücke zwischen vielen Häusern und Gebäuden, die ohnehin da stehen“. Dem entspricht die Begründung der Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates, wonach die Vorschrift insbesondere auf Flächen in Ortsteilen ziele, die mangels Bebauungszusammenhang nicht nach § 34 Absatz 1 BauGB bebaubar seien (BT-Drs. 18/2752, S. 11 zur seinerzeit als § 246 Absatz 7 BauGB vorgesehenen Neuregelung).
14 
Die sich hieraus ergebende Zielrichtung des Gesetzgebers, für die in § 246 Abs. 9 BauGB bezeichneten Zwecke die Bebaubarkeit von durch Gebäude umgebenen größeren und kleineren Außenbereichsflächen zu erleichtern, dürfte zugleich die äußerste Grenze einer Bebauung „innerhalb des Siedlungsbereichs“ beschreiben. Denn dieses Erfordernis lässt eine Erweiterung des äußeren Umgriffs vorhandener Siedlungsbereiche, also eine „Entwicklung nach außen" wohl nicht zu (vgl. hierzu Battis/Mitschang/Reidt, „Das Gesetz über Maßnahmen im Bauplanungsrecht zur Erleichterung der Unterbringung von Flüchtlingen“, NVwZ 2014, 1609 ff. sowie zu § 13a Abs. 1 Satz 1 BauGB BVerwG, Urt. v. 4.11.2015 - 4 CN 9.14 - BVerwGE 153,174). Dies dürfte - anders als der Antragsgegner und die Beigeladene meinen - selbst dann gelten, wenn eine Außenbereichsfläche so stark von der angrenzenden Bebauung geprägt ist, dass sie sich als deren organische Fortsetzung darstellt und damit für eine Einbeziehungssatzung nach § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB in Betracht käme (vgl. auch hierzu BVerwG, Urt. v. 4.11.2015, a. a. O.). Denn im Unterschied zu § 246 Abs. 9 BauGB enthält § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB nicht das Erfordernis einer Lage innerhalb des Siedlungszusammenhanges.
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b) Die von den Antragstellern geltend gemachten Zweifel daran, dass § 246 Abs. 9 BauGB für Anlagen der hier vorgesehenen Anschlussunterbringung Geltung beansprucht, teilt der Senat dagegen nicht. Denn der Anwendungsbereich dieser Regelung erfasst - wenn nicht sogar die Herstellung von Wohngebäuden (vgl. hierzu wiederum die Begründung der Stellungnahme der Bundesregierung zum Gesetzentwurf des Bundesrates [BT-Drs. 18/2752, S. 11] sowie unter Hinweis hierauf Blechschmidt, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand August 2016, RdNr. 57 zu § 246) - zumindest die Errichtung von Unterbringungsmöglichkeiten für anerkannte Flüchtlinge und Asylberechtigte, die noch keine anderweitige Unterkunft nachweisen können und dort mithin nicht dauerhaft wohnen (vgl. Battis/Mitschang/Reidt, a. a. O.), also die hier in Rede stehende Anschlussunterbringung.
16 
Auf die nach einem - derzeit nicht absehbaren - Wegfall des gemeindlichen Unterbringungsbedarfs von der Beigeladenen vorgesehene weitere Verwendung der genehmigten Gebäude kommt es vorliegend nicht an. Denn eine von der Flüchtlingsunterbringung abweichende Anschlussnutzung ist von der Baugenehmigung nicht umfasst.
17 
3. Das Verwaltungsgericht hat ferner zu Recht offen gelassen, ob das Bauvorhaben angesichts der unter 2. gemachten Ausführungen objektiv-rechtlich nach § 35 Abs. 2 und 3 BauGB im Außenbereich zulässig ist. Denn der Nachbar erlangt eine schutzwürdige Abwehrposition nicht allein dadurch, dass die auf seinem Grundstück verwirklichte Nutzung baurechtlich zulässig, das auf dem anderen Grundstück genehmigte Vorhaben dagegen wegen einer Beeinträchtigung öffentlicher Belange, die nicht dem Schutz privater Dritter zu dienen bestimmt sind, nach § 35 Abs. 2 BauGB unzulässig ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 28.10.1993 - 4 C 5.93 - NVwZ 1994, 686 ff.). Vielmehr wird Nachbarschutz gegenüber Vorhaben im Außenbereich nur über das - in § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BauGB verankerte - Gebot der Rücksichtnahme gewährt (vgl. Reidt, in: Battis/Krautzberger/Löhr, RdNr. 72 vor §§ 29 bis 38).
18 
Welche Anforderungen das Gebot der Rücksichtnahme im Einzelnen begründet, hängt wesentlich von den jeweiligen Umständen ab. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung desjenigen ist, dem die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zu Gute kommt, umso mehr kann er an Rücksichtnahme verlangen. Je verständlicher und unabweisbarer die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen sind, umso weniger braucht derjenige, der das Vorhaben verwirklichen will, Rücksicht zu nehmen. Abzustellen ist darauf, was einerseits dem Rücksichtnahmebegünstigten und andererseits dem Rücksichtnahmepflichtigen nach Lage der Dinge zuzumuten ist. Bei der Interessengewichtung spielt eine maßgebende Rolle, ob es um ein Vorhaben geht, das grundsätzlich zulässig und nur ausnahmsweise unter bestimmten Voraussetzungen nicht zuzulassen ist, oder ob es sich - umgekehrt - um ein solches handelt, das an sich unzulässig ist und nur ausnahmsweise zugelassen werden kann. Bedeutsam ist ferner, inwieweit derjenige, der sich gegen ein Vorhaben wendet, eine rechtlich geschützte wehrfähige Position innehat (vgl. BVerwG, Beschl. v. 6.12.1996 - 4 B 215.96 - NVwZ-RR 1997, 516 f.)
19 
a) Eine unzumutbare Nutzungsbeeinträchtigung des Grundstücks der Antragssteller durch Lärmeinwirkungen infolge der Anschlussunterbringung von Asylberechtigten und Flüchtlingen in den geplanten Gebäuden, wie sie die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung nochmals hervorheben, ist nicht zu erwarten.
20 
Dabei ist davon auszugehen, dass sich die in einem allgemeinen Wohngebiet ansässigen Antragsteller nicht mit Erfolg darauf zu berufen vermögen, eine benachbarte Wohnnutzung sei nach der Art der baulichen Nutzung typischerweise rücksichtslos. Nichts anderes gilt im Ergebnis für eine hier in Rede stehende Anschlussunterbringung von Asylberechtigten und Flüchtlingen. Vielmehr ist eine solche angesichts ihres zumindest wohnähnlichen Charakters grundsätzlich mit dem Wohnen verträglich (vgl. zu einer Asylbewerberunterkunft BVerwG, Urt. v. 17.12.1998 - 4 C 16.97 - BVerwGE 108, 190 ff.).
21 
Sind mithin von der genehmigten Einrichtung ausgehende unzumutbare Lärmemissionen nicht typischerweise zu besorgen, so sind vorliegend auch keine Umstände erkennbar, die für ihre Rücksichtslosigkeit im Einzelfall sprechen könnten.
22 
Dies gilt zunächst mit Blick auf die vorgesehene Zahl der Bewohner, die von den Antragstellern mit rund 100 Personen angegeben wird, angesichts der geplanten 14 Schlafräume und zwölf Kinderzimmer selbst unter Einbeziehung von weiteren sechs zum Schlafen geeigneten Wohnräumen aber eher bei rund 60 Personen liegen dürfte. Denn selbst eine Belegung mit 100 Personen spräche für sich allein nicht für unzumutbare Lärmbelästigungen in der Nachbarschaft (vgl. zur Errichtung einer Einrichtung der Folgeunterbringung mit 700 Plätzen OVG Hamburg, Beschl. v. 9.5.2016 - 2 Bs 38/16 - NVwZ-RR 2016, 854 ff.).
23 
Daraus, dass die Antragsteller erhöhte Beeinträchtigungen durch Konflikte zwischen den künftigen Bewohnern der Einrichtungsgebäude befürchten, ergibt sich nichts anderes. Insbesondere vermag der Senat der Einschätzung der Antragsteller, auch in Unterkünften für die Anschlussunterbringung liege ein hohes Konfliktpotenzial vor, weshalb bei dreistelligen Bewohnerzahlen regelmäßig Sicherheitsdienste eingesetzt werden müssten, jedenfalls mit Blick auf den vorliegenden Fall nicht zu folgen.
24 
Die geplanten 14 Wohnungen - davon acht mit einer Fläche von jeweils rund 64 m², vier mit einer Fläche von je rund 50 m² und zwei mit einer Fläche von jeweils rund 99 m² - sind angesichts ihrer Größe und der Zahl der Zimmer vornehmlich auf die Unterbringung von Familien mit Kindern ausgelegt. Demgemäß sind - wie ausgeführt - zwölf Räume ausdrücklich als Kinderzimmer vorgesehen. Angesichts einer damit einhergehenden familiären Einbindung der Asylberechtigten und Flüchtlinge spricht nichts für ein Konfliktpotenzial, das wesentlich über dasjenige von Mehrfamilienhäusern in einem Wohngebiet hinausgeht. Durch Mehrfamilienhäuser hervorgerufene Lärmemissionen sind den Antragstellern zumutbar, zumal entsprechende Gebäude mit Blick auf die im Bebauungsplan „Thomasbreite-Marbach“ festgesetzten drei Vollgeschosse (davon eines im Dachgeschoss) sowie die festgesetzte Geschoßflächenzahl von 1,0 auch innerhalb des Plangebiets in der Umgebung ihres Grundstücks zulässig sind. Das gilt auch unter Berücksichtigung einer Belegung der Gesamtwohnfläche von rund 923 m² mit 60 bis allenfalls 100 Personen. Insbesondere die letztgenannte Zahl ließe sich nämlich nur durch Unterbringung von mehr als zwei Personen in den 32 möglichen Schlafräumen erreichen. Mit Blick auf die nach den genehmigten Plänen abgeschlossenen 14 Wohneinheiten käme damit für eine Belegung realistischerweise vorwiegend Familien mit einer größeren Zahl von Kindern in Frage. Dass und weshalb die Antragsteller Kinderlärm hinzunehmen haben, hat das Verwaltungsgericht im angegriffenen Beschluss zutreffend dargelegt; hierauf wird verwiesen (§ 117 Abs. 5 VwGO in entsprechender Anwendung).
25 
Eine möglicherweise konfliktfördernde bauliche Verdichtung auf dem Baugrundstück lässt sich ebenfalls nicht feststellen. Die beiden Einrichtungsgebäude sowie die Laubengänge, Müllplätze, Balkone und Fahrradständer mit einer Grundfläche von insgesamt 662,29 m² und einer Geschossfläche von 1251,6 m² nehmen das 2430 m² große Baugrundstück nur mit einer Grundflächenzahl rund 0,27 und einer Geschossflächenzahl von ca. 0,51 in Anspruch. Damit liegt eine eher geringe bauliche Verdichtung vor. Dies gilt auch im Vergleich zu den Festsetzungen des Bebauungsplans „Thomasbreite-Marbach“, die im Bereich des Grundstücks der Antragsteller durch den Bebauungsplan „Thomasbreite-Marbach“ eine Grundflächenzahl 0,4 und - wie ausgeführt -eine Geschoßflächenzahl 1,0 zulassen.
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Da die Außenwohnbereiche der beiden Einrichtungsgebäude vom Grundstück der Antragsteller abgewandt sind, lassen sich schließlich auch insoweit keine unzumutbaren Beeinträchtigungen erkennen.
27 
b) Anders verhält es sich mit Blick auf einen Teil der genehmigten 26 Kfz-Stellplätze. Im Ergebnis zu Recht dürften die Antragsteller unzumutbare Beeinträchtigungen ihres Grundstücks durch die entlang des ... Weges genehmigten zwölf Stellplätze geltend machen.
28 
Für Belästigungen und Störungen durch von Anlagen ausgehende schädliche Umwelteinwirkungen legt das Bundesimmissionsschutzgesetz das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht grundsätzlich allgemein fest (vgl. BVerwG, Urte. v. 30.9.1983 - 4 C 74.78 - BVerwGE 68, 58 ff. und v. 23.09.1999 - 4 C 6.98 - BVerwGE 109, 314 ff; vgl. auch Urte. v. 29.8.2007 - 4 C 2.07 - BVerwGE 129, 209 ff. und v. 29.11.2012 - 4 C 8.11 -BVerwGE 145, 145 ff.). Bewertungsmaßstab für die hier in Rede stehenden Lärmimmissionen (§ 3 Abs. 2 BImSchG) ist daher im Grundsatz, ob sie nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeizuführen (§ 3 Abs. 1 BImSchG). Diese Frage ist, sofern rechtlich verbindliche Grenzwerte fehlen, in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu beantworten (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.1.1989 - 7 C 77.87 - BVerwGE 81, 197).
29 
Unter welchen Voraussetzungen die von einer Anlage ausgehenden Geräuscheinwirkungen in diesem Sinne schädlich sind, wird durch die auf der Grundlage von § 48 BImSchG erlassene TA Lärm, die nach ihrer Nr. 1 Abs. 2 sowohl für genehmigungsbedürftige als auch für nicht genehmigungsbedürftige Anlagen gilt, bestimmt (vgl. auch hierzu BVerwG, Urte. v. 29.8.2007 und v. 29.11.2012 jew. a. a. O.). Die TA Lärm sieht für allgemeine Wohngebiete Immissionsrichtwerte von 55 dB(A) tags und 40 dB(A) nachts vor; dabei dürfen einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 db(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 db(A) überschreiten und ist bei der Ermittlung des Beurteilungspegels für Tageszeiten mit erhöhter Empfindlichkeit die erhöhte Störwirkung von Geräuschen durch eine Zuschlag von 6 dB zu berücksichtigen (vgl. die Nrn. 6.1 und 6.5 TA Lärm).
30 
Schon um Wertungswidersprüche zu § 12 Abs. 2 BauNVO zu vermeiden, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass Garagen und Stellplätze, deren Zahl dem durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf entspricht, auch in einem von Wohnbebauung geprägten Bereich keine erheblichen, billigerweise unzumutbaren Störungen hervorrufen. Daher findet die TA Lärm mit ihren Immissionsrichtwerten (Nr. 6.1), dem Spitzenpegelkriterium (Nr. 6.3) und der von ihr definierten Vorbelastung (Nr. 2.4) bei der Beurteilung von Immissionen, die durch die Nutzung zugelassener notwendiger Stellplätze eines Wohnvorhabens verursacht werden, in der Regel keine Anwendung (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 11.12.2013 - 3 S 1964/13 - VBlBW 2014, 275 ff. und Beschl. v. 20.7.1995 - 3 S 3538/94 - VBlBW 1996, 143 ff.). Umfasst allerdings die Baugenehmigung weitere, nicht notwendige Stellplätze, so ist die Frage der Zumutbarkeit insoweit unter Berücksichtigung der Immissionsrichtwerte der TA Lärm und insbesondere des nächtlichen Spitzenpegels von 60 dB(A) zu beurteilen. Dabei ist die Zuordnung der einzelnen Stellplätze zur Gruppe der ohne Weiteres zumutbaren notwendigen oder zur Gruppe der individuell auf Zumutbarkeit zu prüfenden weiteren Stellplätze nicht in das Belieben des Bauherrn gestellt. Vielmehr ist diese anhand der Wertung des § 37 Abs. 8 Satz 2 Satz 2 LBO, wonach Stellplätze und Garagen so angeordnet und hergestellt werden müssen, dass sie u. a. das Wohnen und Arbeiten, die Ruhe und die Erholung in der Umgebung durch Lärm oder Gerüche nicht erheblich stören, vorzunehmen.
31 
In Anwendung dieser Grundsätze haben die Antragsteller die im Westen und Südwesten des Baugrundstücks entlang der ...-Straße vorgesehenen 14 Kfz-Stellplätze nach aller Voraussicht hinzunehmen. Denn für die genehmigten 14 Wohnungen ist die Herstellung von Stellplätzen in dieser Anzahl notwendig (§ 37 Abs. 1 Satz 1 LBO). Auch ergibt die Beurteilung auf der Grundlage des § 37 Abs. 8 Satz 2 LBO, dass die besagten Stellplätze aufgrund ihrer deutlich größeren Entfernung zu den Grundstücken der Antragsteller und der sonstigen Anwohner sowie der in Teilen zu erwartenden Lärmabschirmung durch die genehmigten Gebäude ein wesentlich geringeres Störpotenzial beinhalten als die im Norden entlang des ... Weges genehmigten zwölf Kfz-Stellplätze.
32 
Von der Nutzung der Stellplätze entlang des ... Weges dürften dagegen nach aller Voraussicht unzumutbare Lärmbelästigungen für die Antragsteller zu erwarten sein. Denn ausgehend von den Ermittlungen des Bayerischen Landesamtes für Umwelt zum Parkplatzlärm, dass ein Pkw bei beschleunigter Abfahrt in 7,5 m Abstand einen mittleren Maximalpegel von 67 dB(A), das Türenschließen einen solchen von 72 dB(A) und das Schließen der Heck- bzw. Kofferraumklappe einen Wert von 78 dB(A) erzeugt (Parkplatzlärmstudie, 6. Aufl. 2007, Nr. 8.1, Tab. 35, S. 87), liegt es nahe, dass die Nutzung der vorgesehenen Stellplätze entlang des ... Weges eine Überschreitung des nächtlichen Spitzenpegels von 60 dB(A) an dem rund 12 m entfernten Wohnhaus der Antragsteller zur Folge haben wird.
33 
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 i. V . mit den §§ 159 Satz 2, 162 Abs. 3 VwGO. Eine Erstattung von Kosten der Beigeladenen scheidet aus, da diese in beiden Rechtzügen keinen Antrag gestellt und sich daher auch nicht am Kostenrisiko beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).
34 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf den §§ 63 Abs. 2 Satz 1, 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 1 GKG i. V. mit Nr. 9.7.1 des Streitwertkataloges 2013 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und folgt der von den Beteiligten nicht angegriffenen Streitwertfestsetzung durch das Verwaltungsgericht.
35 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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