Urteil vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 11 S 2029/16

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, wird die Revision zugelassen. Im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger, ein im Jahre 1973 in Luanda geborener angolanischer Staatsangehöriger, wendet sich gegen seine Ausweisung aus Deutschland. Hilfsweise erstrebt er eine neue Entscheidung des Beklagten über die Befristung des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots.
Der Kläger stellte nach seiner Einreise in das Bundesgebiet im Januar 1990 einen Asylantrag, zu dessen Begründung er vortrug, er sei Kriegswaise und nicht bereit gewesen, beim angolanischen Militär zu dienen, weshalb ihm politische Verfolgung drohe. Nach dem negativen Ausgang dieses und eines weiteren am 23. November 1993 in Gang gesetzten Asylverfahrens verblieb er in Deutschland. Er heiratete im Jahre 1994 eine deutsche Staatsangehörige und erhielt aufgrund dessen eine Aufenthaltserlaubnis. Ab dem 1. April 1997 war er im Besitz einer unbefristeten Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AuslG 1990. Die Ehe wurde im Jahre 1998 rechtskräftig geschieden.
Der Kläger lebt seit dem Jahre 2003 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft mit der im Jahre 1978 geborenen angolanischen Staatsangehörigen E. M. B., die im April 2002 in das Bundesgebiet einreiste. Ihr Asylantrag wurde rechtskräftig abgelehnt. Frau B. ist die Mutter von drei in den Jahren 2003, 2005 und 2011 im Bundesgebiet geborenen Töchtern, für die der Kläger die Vaterschaft anerkannt und eine Sorgerechtserklärung abgegeben hat. Sie ist seit dem 17. Oktober 2005 im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG, die immer wieder verlängert wird - zuletzt bis 12. Januar 2019.
Der Kläger ist ausweislich des Auszugs aus dem Zentralregister vom 30. Januar 2017, auf dessen Inhalt hinsichtlich der Einzelheiten verwiesen wird, im Bundesgebiet bislang 13 Mal verurteilt worden:
Nachdem der Kläger in den Jahren 1992 bis 1994 unter anderem wegen Verstößen gegen das Asylverfahrensgesetz insgesamt drei Mal zu Geldstrafen und am 19. Oktober 1994 wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in drei tateinheitlichen Fällen in Tateinheit mit Körperverletzung zu einer weiteren Geldstrafe verurteilt worden war, wurde er unter dem 16. August 1995 ausländerrechtlich verwarnt.
Am 4. Februar 1999 verhängte das Amtsgericht Lörrach wegen Verschaffens falscher amtlicher Ausweise eine Geldstrafe in Höhe von 25 Tagessätzen zu je 10 DM gegen ihn, weil er am 10. Oktober 1998 bei der versuchten Ausreise in die Schweiz bei der Grenzabfertigung im Badischen Bahnhof Basel einen durch Lichtbildauswechslung verfälschten, für eine andere Person ausgestellten portugiesischen Reisepass mit sich geführt hatte.
Das Amtsgericht Stuttgart-Bad Cannstatt verurteilte ihm am 24. Juli 2000 wegen Betrugs in zwei Fällen zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 30 DM.
Im Jahre 2001 wurde der Kläger wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe und im Jahre 2002 wegen Leistungserschleichung in fünf Fällen zu einer weiteren Geldstrafe verurteilt.
Mit seit 24. August 2002 rechtskräftigem Strafbefehl vom 25. Februar 2002 verhängte das Amtsgericht Nürtingen gegen den Kläger wegen Betrugs in Tateinheit mit Urkundenfälschung in vier Fällen eine Geldstrafe. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger ab dem 16. März 2001 aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatenschlusses Überweisungsträger ausgestellt auf ein Konto bei der ... Bank ..., Filiale N., Kontoinhaberin Frau S. K., vorlegte. Diese Überweisungsträger hatte er jeweils über Beträge von 132,59 DM, 256,84 DM, 200,43 DM sowie über 592,69 DM und 648,42 DM ausgestellt und jeweils mit der Unterschrift S.K. versehen, um den Eindruck zu erwecken, sie seien von einer berechtigten Person unterzeichnet worden. Das jeweilige Personal, so getäuscht, überwies jeweils das Geld, auf das der Kläger, wie er wusste, keinen Anspruch hatte.
10 
Es folgten Verurteilungen zu Geldstrafen durch das Amtsgericht Stuttgart am 9. April 2003 wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr und das Amtsgericht Göppingen am 11. Juli 2006 wegen Verstoßes gegen das Pflichtversicherungsgesetz.
11 
Mit rechtskräftigem Urteil vom 25. September 2007 verhängte das Landgericht Stuttgart gegen den Kläger wegen Urkundenfälschung in Tateinheit mit versuchtem Betrug in 37 Fällen sowie Urkundenfälschung in Tateinheit mit Betrug in 16 Fällen eine Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren. Ausweislich der diesem Strafverfahren zugrunde liegenden Anklageschriften war hinsichtlich weiterer Taten nach § 154 StPO verfahren worden.
12 
Dieser Verurteilung lag zugrunde, dass der Kläger mit nicht identifizierten Mittätern im Jahre 2005 beschloss, künftig regelmäßig bei unterschiedlichen Banken Überweisungsträger aus Briefkästen „herauszuangeln“. Sein Tatplan sah vor, die Kundendaten der Bankkunden den Überweisungsformularen zu entnehmen, sie auf Überweisungsformulare der jeweiligen Bank zu übertragen und als Empfänger solche Konten zu benennen, die er oder seine Mittäter zuvor mit falschen Personalien eröffnet hatten. Weiter war geplant, die Unterschrift der Bankkunden zu imitieren und die total gefälschten Überweisungsformulare bei den Banken einzureichen, um dadurch dauerhaften Gewinn zu erzielen. Die Empfängerkonten waren bei Kreditinstituten im In- und Ausland, dort insbesondere Spanien. Im Einzelnen kam es zwischen dem 27. März 2006 und dem 10. Februar 2007 zu 53 Taten. Teilweise führten die Verantwortlichen der Banken die Aufträge aus, teilweise kam es mangels Deckung der Kundenkonten nicht zur Ausführung, teilweise wurden die Fälschungen erkannt und in anderen Fällen konnte das Geld nach Ausführung der Überweisung wieder zurückerlangt werden. Die Überweisungsträger bezogen sich auf Beträge zwischen 2.124,09 Euro und 45.767,07 Euro. Die Überweisungen zielten auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von insgesamt ca. 458.698 Euro ab. Hinsichtlich der Einzelheiten der Sachverhaltsfeststellungen wird auf die Gründe des Urteils vom 25. September 2007 (unter II., Bl. 4 bis 11) Bezug genommen. Das Strafgericht legte für sämtliche (Einzel-) Strafen den Strafrahmen des § 263 Abs. 3 Nr. 1 StGB zugrunde und verneinte Gründe dafür, vom Vorliegen eines besonders schweren Falls trotz der Vermutungswirkung des Regelbeispiels abzusehen.
13 
Am 25. November 2014 verurteilte das Amtsgericht Stuttgart den Kläger wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug, zu einer Gesamtstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten. Das Urteil wurde am 29. April 2015 rechtskräftig. Dem Urteil zufolge eröffnete der Kläger ab dem 4. August 2012 unter Vorlage gefälschter Passdokumente, teilweise auch gefälschter Gehaltsnachweise, verschiedene Bankkonten unter falscher Identität, teilweise um den bewilligten Kreditrahmen auszunutzen, und teilweise um mittels gefälschter Überweisungsformulare Geld auf Konten transferieren zu lassen. In drei Fällen brachte er ausgefüllte Überweisungsträger verschiedener Bankkunden an sich, übertrug ihre Kundendaten auf Überweisungsformulare der jeweiligen Bank, imitierte die Unterschrift und reichte sie bei der Bank ein. Im Rahmen der Strafzumessung nahm das Strafgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an.
14 
Bei Begehung eines Teils der Taten, die der Verurteilung vom 25. November 2014 zugrunde lagen, stand der Kläger noch wegen des ausgesetzten Strafrests aus der Verurteilung durch das Landgericht Stuttgart vom 25. September 2007 unter Bewährung. Die durch das Landgericht verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren hatte er bis 18. November 2009 in der Justizvollzugsanstalt H. verbüßt. Ausweislich des Zentralregisterauszugs vom 30. Januar 2017 wurde der Strafrest aus dieser Verurteilung mit Wirkung vom 28. Dezember 2012 erlassen.
15 
Am 1. Juli 2015 stellte sich der Kläger in der Justizvollzugsanstalt Ulm zum Strafantritt. Beginnend ab 24. Oktober 2015 erhielt er Regelausgänge und ab 24. Dezember 2015 Freistellung aus der Haft. Nach dem Inhalt der Gefangenenpersonalakte versuchte der Kläger am 16. September 2016 einen Mitgefangenen, der ihn zuvor beleidigt und provoziert hatte, zu ohrfeigen. Da dieser zurückwich, streifte ihn die Hand des Klägers nur; äußere Verletzungen waren nicht festzustellen. Aufgrund dieses Vorfalls erfolgte am 22. September 2016 die Verlegung des Klägers in die Justizvollzugsanstalt H.. Dort befindet er sich mit Strafende 31. Dezember 2017 im geschlossenen Vollzug. Das Landgericht Ulm - Strafvollstreckungskammer - wies mit Beschluss vom 16. November 2016 den Antrag des Klägers auf gerichtliche Entscheidung gegen die Maßnahme seiner Ablösung vom offenen Vollzug als unbegründet zurück.
16 
Seit dem 10. Dezember 2015 betreibt der Kläger ein Insolvenzverfahren und führt regelmäßig Beträge ab.
17 
Gegen den Kläger erging unter dem 30. Juni 2008 erstmals eine Ausweisungsverfügung. In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart am 21. Juli 2009 - 5 K 2850/08 - schlossen die Beteiligten einen Vergleich, der u.a. die Duldung des Klägers ab Haftentlassung für die Dauer von drei Jahren und die Aufhebung der Ausweisung und Abschiebungsandrohung in der Verfügung vom 30. Juni 2008 vorsah, sofern er nicht erneut in dieser Zeit wegen einer vorsätzlich begangenen Straftat rechtskräftig verurteilt würde. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vergleichs wird auf die Sitzungsniederschrift im Verfahren 5 K 2850/08 verwiesen.
18 
Nachdem der Zentralregisterauszug vom 22. November 2012 keine neuen Straftaten aufführte und auch sonst keine Erkenntnisse vorlagen, hob das Regierungspräsidium Stuttgart unter dem 6. Dezember 2012 die Ausweisungsverfügung vom 30. Juni 2008 auf und veranlasste die Aushändigung der Niederlassungserlaubnis.
19 
Das Regierungspräsidium Stuttgart wies den Kläger nach vorheriger Anhörung mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 30. Januar 2016, zugestellt am 5. Februar 2016, aus dem Bundesgebiet aus (Ziffer 1) und drohte ihm die Abschiebung nach Angola aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise an, soweit die Ausweisung bis dahin bestandskräftig oder die sofortige Vollziehung der Ausweisung angeordnet worden ist (Ziffer 2). Unter Ziffer 3 wurde er für den Fall der Entlassung aus der Haft ohne Abschiebung aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland spätestens innerhalb von einem Monat nach Bestandskraft oder einer Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ausweisung zu verlassen, und ihm für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise die Abschiebung nach Angola angedroht. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet (Ziffer 4), wobei die Behörde über die Länge der Frist nach Ermessen entschied.
20 
Zur Begründung der gegen den Bescheid am 3. März 2016 beim Verwaltungsgericht Stuttgart erhobenen Klage trug die Prozessbevollmächtigte des Klägers vor, ihm sei bewusst, dass er zahlreiche Straftaten begangen habe und auch durch die Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Juni 2008 gewarnt gewesen sei. Er bedauere zutiefst, dass er gleichwohl noch einmal rückfällig geworden und es zu dem Urteil des Amtsgerichts Stuttgart vom November 2014 gekommen sei. Die Taten hätten sich (zwischen) Ende Juli 2012 und Februar 2013 ereignet. Im vorliegenden Fall überwiege bei der nach § 53 Abs. 1 AufenthG gebotenen Abwägung nicht das öffentliche Interesse an der Ausweisung, sondern sein Interesse an einem weiteren Verbleib im Bundesgebiet. Er habe sich zum Strafantritt selbst gestellt und ihm sei klar gewesen, dass er sich jetzt mit seiner Vergangenheit und seinen Taten auseinandersetzen müsse, um in Zukunft straffrei zu leben. Die Haftanstalt bewerte ihn positiv, was eine positive Sozialprognose rechtfertige. Ihm sei klar geworden, dass er seiner Verantwortung für die Familie nur gerecht werde, wenn er ein straffreies Leben führe und den Kindern in ihrer Entwicklung zur Seite stehe sowie für den Lebensunterhalt sorge. Er lebe mit seinen drei minderjährigen Töchtern deutscher Staatsangehörigkeit in familiärer Lebensgemeinschaft. Diese hätten das Recht, mit ihrem Vater in der Bundesrepublik zusammenzuleben. Durch die Ausweisung wäre die Eltern-Kind-Beziehung nachhaltig gestört. Ein das Kindeswohl berücksichtigender Umgang sei bei einer Abschiebung nach Angola nicht möglich.
21 
Der Beklagte trat der Klage entgegen.
22 
Mit Urteil vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - hob das Verwaltungsgericht nach Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung Ziffer 4 des angegriffenen Bescheids des Beklagten vom 30. Januar 2016 insoweit auf, als die darin gesetzte Frist für das Einreise- und Aufenthaltsverbot drei Jahre und sechs Monate überstieg und wies im Übrigen die Klage ab. Zur Begründung des Urteils führte das Gericht unter anderem aus, dass Art. 8 EMRK der Ausweisung nicht entgegenstehe. Im vorliegenden Fall fehle es an den tatbestandlichen Voraussetzungen. Ein reiner mehrjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet genüge nicht. Zu fordern sei darüber hinaus eine starke Verwurzelung in die hiesigen Verhältnisse. Gesichtspunkte, aus denen sich diese ergeben könne, seien gute deutsche Sprachkenntnisse, eine feste soziale Bindung etwa aufgrund gelungener beruflicher Integration, ein fester Wohnsitz, ein gesicherter Lebensunterhalt und das Fehlen von Straffälligkeit. Der Kläger habe einen festen Wohnsitz, eine deutsche Familie und spreche deutsch. Beruflich sei er wenig integriert und massiv, über einen längeren Zeitraum und unbeeindruckt von staatlichen Sanktionen oder Änderungen seiner persönlichen Lebensumstände wiederholt straffällig geworden. In jeder Straftat liege nicht nur eine Verletzung individueller Rechtsgüter, sondern auch eine solche gesellschaftlicher Bande. Sie störe neben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung auch das für ein gedeihliches Zusammenleben notwendige Vertrauen der übrigen Gesellschaftsmitglieder in die Rechtstreue ihrer Mitmenschen, setze auf Täterseite folglich eine gewisse Ignoranz gegen die Belange der Mitmenschen und der Gesellschaft voraus. Wer sich massiv und wiederholt gegen die Gesellschaft und ihre Normen auflehne, könne den Verweis aus deren Mitte nicht als unzumutbar rügen. Dies gelte umso mehr als der Kläger in Angola auch nicht entwurzelt sei. Mit Blick auf seine familiären Verhältnisse, insbesondere die deutschen Kinder, sei allerdings ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nur dann verhältnismäßig, wenn es drei Jahre und sechs Monate nicht übersteige.
23 
Gegen das Urteil hat der Senat auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 19. Oktober 2016 - 11 S 1655/16 - die Berufung zugelassen. Der Kläger hat die Berufung am 16. November 2016 unter Stellung eines Antrags begründet und trägt im Wesentlichen vor: Er sei seit 2002 mit seiner Lebensgefährtin zusammen und habe mit dieser drei deutsche Kinder. Seine Lebensgefährtin arbeite als Küchenhilfe täglich von 9 Uhr bis 15.30. Die älteste Tochter besuche den gymnasialen Zweig einer Gesamtschule, die mittlere Tochter die Realschule und die jüngste den Kindergarten. Er könne über eine Zeitarbeitsfirma jederzeit wieder bei seiner früheren Firma anfangen. Er sei nach Deutschland geflüchtet und habe um Asyl nachgesucht, weil er als Kindersoldat in Angola für den damaligen Diktator unter Zwang eingesetzt worden sei. Er habe keine Familie in Angola, seine Eltern seien beide gestorben. Angola würde ihn als geflüchteten Kindersoldaten sofort unter Strafe stellen und verurteilen. Es bestehe für ihn die Gefahr für Leib und Leben in Angola. Die von ihm getätigten strafbaren Handlungen erschienen in der Abwägung zur Abschiebung nach Angola und den damit für ihn dort verbundenen Repressalien nicht so gravierend, dass es für eine Abschiebung in sein Herkunftsland entscheidend sein könne. Wenn seine drei Kinder ohne den Vater, welcher einer geregelten Arbeit nachgehe und weiterhin nachgehen werde, aufwachsen müssten, wäre dies für ihre weitere Entwicklung katastrophal. Die sehr gut entwickelte Beziehung zu den Kindern wäre abrupt unterbrochen und der Vater würde den Kindern für eine sehr lange Zeit fehlen. Gerade jetzt seien seine Töchter in einer Entwicklungsphase, während derer sie den Vater bräuchten. Die von ihm verübten Straftaten seien keine gewalttätigen Delikte gewesen, so dass eine Güterabwägung zum Erhalt der Familieneinheit in Deutschland ausgehen müsse.
24 
Der Kläger beantragt,
25 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 - 11 K 1286/16 - zu ändern und die Ziffern 1 bis 3 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 aufzuheben,
26 
hilfsweise den Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung von Ziffer 4 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden.
27 
Der Beklagte beantragt,
28 
die Berufung zurückzuweisen.
29 
Er verteidigt die angefochtene Verfügung, insbesondere sei die Ausweisung auch mit Blick auf die familiären Belange verhältnismäßig.
30 
Der Senat hat den Kläger in der mündlichen Verhandlung angehört. Hinsichtlich seiner Angaben wird auf die Niederschrift Bezug genommen.
31 
Dem Senat liegen die Akten des Regierungspräsidiums Stuttgart, die Ausländerakten der unteren Ausländerbehörde bezüglich des Klägers und seiner Lebenspartnerin, die Strafakten einschließlich der Vollstreckungsakten im Verfahren 104 Ls 91 Js 4507/13, die Gefangenenpersonalakte sowie die Akten des Verwaltungsgerichts vor. Wegen des weiteren Vortrags und Sachverhalts wird auf die gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Akten verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
32 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 4 VwGO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg.
33 
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die mit Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 verfügte Ausweisung abgewiesen (I.). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch das Befristungsbegehren. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung weder einen eigenen Antrag zur Befristungsentscheidung formuliert noch spezielle Berufungsgründe vorgebracht hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat aus Gründen der Rechtseinheit folgt, ist das Befristungsbegehren als Minus notwendiger Bestandteil des Begehrens auf Aufhebung einer Ausweisung und kann daher von den Parteien nicht gesondert aus dem Verfahren ausgegliedert werden (BVerwG im Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 17). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehende Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots von drei Jahren und sechs Monaten zu Lasten des Klägers fehlerhaft wäre (II.). Die Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig; dies gilt auch soweit dem Kläger die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (III.).
34 
Maßgeblich für die Beurteilung all dieser Streitgegenstände, nämlich die Ausweisung, das Befristungsbegehren und die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung, ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 18, vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 -, juris Rn. 9 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16).
I.)
35 
Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
36 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung gemäß Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 394). Nachfolgende Änderungen in den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes durch spätere Gesetze haben die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen nicht verändert.
37 
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Systemwechsels im Ausweisungsrecht, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 49 und Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 19).
38 
Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die durch § 53 Abs. 1 Halbs. 2 und Abs. 3 AufenthG geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 26).
39 
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (1). Vom Kläger geht nach wie vor eine außerordentlich hohe Gefahr einer erneuten Straffälligkeit im Bereich betrügerischer Vermögenskriminalität aus (2). Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen gewichtige Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie nach § 53 Abs. 1, § 55 AufenthG gegenüber (3). Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Klägers und seiner Familie unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führt zu dem Ergebnis, dass das Regierungspräsidium die Ausweisung des Klägers zu Recht verfügt hat (4.).
40 
1.) Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Ausreichend ist die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 ff. StGB (Graßhof, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 54 Rn. 11 ). Der Kläger erfüllt aufgrund der seit 29. April 2015 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 25. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug diesen Tatbestand. Damit lag beim Kläger auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung vom 30. Januar 2016 und noch bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor; dort war bei Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Unschädlich ist hierbei, dass die Einzelstrafen der jeweiligen Vorsatztaten der Gesamtfreiheitsstrafe jeweils unterhalb von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt wurden. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unterscheidet sich insoweit von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, juris Rn. 12).
41 
2.) Die Gefahr, dass der Kläger erneut im Bereich der betrügerischen Vermögenskriminalität straffällig wird, ist außerordentlich hoch. Sie folgt aus dem entsprechenden strafrechtlichen Werdegang des Klägers, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt unbeeindruckt von irgendwelchen straf- und ordnungsrechtlichen Sanktionen zeigt.
42 
a) Für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, bedarf es einer Prognose, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zu einander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18). Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind nicht allein das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat zu berücksichtigen, sondern alle Umstände des Einzelfalls einzustellen, wie etwa die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 53 Rn. 28 m.w.N.). Diese Prognoseentscheidung obliegt dem die Ausweisung überprüfenden Gericht. Es gibt im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände (wie etwa psychische Erkrankungen), die die Hinzuziehung eines Sachverständigen gebieten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 12 und vom 01.03.2016 - 1 B 30.16 -, juris Rn. 7).
43 
b) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart im Urteil vom 4. November 2014 eröffnete der Kläger am 4. August 2012 mit dem falschen Namen R.-P. und weiteren falschen Personalien unter Vorlage eines gefälschten angolanischen Reisepasses ein Sparkonto bei einer Postbankfiliale der Postbank AG. Er wollte dieses Konto nutzen, um durch gefälschte Überweisungsträger Zahlungseingänge herbeizuführen und anschließend die Gelder unerkannt abheben zu können. Am 14. Januar 2013 eröffnete er bei drei verschiedenen Geldinstituten verschiedene Bankkonten, um diese für rechtswidrige Transaktionen zu nutzen und unerkannt eingehende Gelder abheben zu können. Dabei gab der Kläger, der hier unter dem Namen K. P. auftrat, (neue) falsche Personalien an und nutzte einen gefälschten französischen Reisepass. Für das an diesem Tag bei der Kreissparkasse L. eingerichtete Konto bekam der Kläger keine Kreditlinie eingeräumt und zahlte lediglich 5 Euro ein, weshalb es in der Folgezeit zu zahlreichen Lastschriftrückgaben kam. Bei der Filiale einer anderen Bank legte der Kläger außer dem gefälschten Pass auch gefälschte Gehaltsnachweise vor und im Vertrauen auf die Echtheit dieser Unterlagen erhielt er eine Kreditkarte zugesandt und ein Kreditkartenlimit in Höhe von 600 Euro eingeräumt. Dieses nutzend hob er am 2. Februar 2013 an einem Geldautomaten am ... Platz in Stuttgart 500 Euro und am 4. Februar 2013 an einem anderen Geldautomaten 80 Euro ab. Wie von ihm von vornherein beabsichtigt, glich er den negativen Saldo auch in der Folgezeit nicht aus. Im Rahmen eines Postident-Verfahrens eröffnete der Kläger ein Privat-Girokonto bei der Postbank AG und erhielt eine Kreditkarte. Mit dieser tätigte er am 13. Februar 2013 eine Zahlung in Höhe von 512,50 Euro und schädigte die Postbank insoweit. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli und dem 4. August 2012 entwendete der Kläger zudem aus dem Briefkasten einer Filiale einer Bank mehrere Überweisungsträger, die die Kundin J. K. dort zuvor eingeworfen hatte, fertigte hiervon Kopien und warf die Originale anschließend zurück in den Briefkasten. Sodann veranlasste er am 7. August 2013 mittels einer mit den Kontodaten und der Unterschrift von J. K. versehenen Kopie eines Überweisungsträgers eine Überweisung an sich selbst unter Angabe des falschen Empfängernamens R.-P. in Höhe von 2.759,65 Euro. Nachdem J. K. diese unberechtigte Überweisung bemerkt hatte, gelang es der Bank, ihr den Betrag zurück zu überweisen. Am 5. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Kreissparkasse E. einen Überweisungsträger für das dort geführte Konto des H. D. ein, welchen er zuvor mit einer von ihm nachgeahmten Unterschrift der Bevollmächtigten des H. D., der Tochter M. T., versehen hatte. Empfänger der Überweisung in Höhe von 6.800 Euro sollte er selbst unter Nutzung seines Kontos mit dem Alias-Personalien K. P. sein. Die Überweisung unterblieb, da die Bank Verdacht schöpfte. Unter dem 13. Februar 2013 reichte der Kläger einen Überweisungsträger mit einer gefälschten Unterschrift des Kontoinhabers A. R. bei der Kreissparkasse L. über 6.885,96 ein mit dem Ziel, dass ihm dieser Betrag auf das unter dem Namen K. P. auch bei dieser Bank geführten Konto überwiesen wird. Zur Ausführung der Überweisung kam es jedoch nicht, weil den Bankmitarbeitern eine Abweichung der Unterschrift aufgefallen war.
44 
Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart bestritt der Kläger diese Taten und trug vor, er habe weder mit den Eröffnungen der Konten noch mit den Überweisungen bzw. Abhebungen irgendetwas zu tun; er sei unschuldig (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 762 f.; Strafurteil Bl. 10). Das Amtsgericht war jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere der Auswertung der hinsichtlich des Abhebevorgangs am 2. Februar 2013 von der Überwachungskamera angefertigten Lichtbilder und der Analyse der Unterschriften durch eine Sachverständige, von der Täterschaft des Klägers überzeugt. Bei der Strafzumessung nahm das Amtsgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an, d.h. den Willen, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (Tiedemann, in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 263 Rn. 296). Es stellte zu Lasten des Klägers insbesondere darauf ab, dass er zumindest einen Teil der Taten als Bewährungsbrecher aus einer einschlägigen Verurteilung heraus begangen hatte, den Taten eine erhebliche kriminelle Energie zugrunde lag und zum Teil erhebliche Schäden eingetreten waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das Landeskriminalamt - Kriminaltechnisches Institut - erstellte unter dem 20. April 2015 ein Behördengutachten. Danach handelt es sich bei der Person auf den Täteraufnahmen am 2. Februar 2013 bei der Bank am ... Platz und bei dem Kläger nach den festgestellten optischen Übereinstimmungen wahrscheinlich um ein und dieselbe Person. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart am 29. April 2015 nahmen sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
45 
c) Eine weitere Grundlage für die Prognose des Senats ist der Umstand, dass der Kläger bereits vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 24. November 2014 einschlägig vorbestraft war. Nachdem der Kläger in den Jahren 2000 und 2002 wegen Betrugsdelikten zu Geldstrafen verurteilt worden war, intensivierte er ab dem Jahre 2005 nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart im Urteil vom 25. September 2007 seine „Karriere“ auf dem Gebiet der Vermögenskriminalität in Gestalt des Überweisungsbetrugs. Bei sämtlichen 53 Taten, die der Verurteilung vom 25. September 2007 zugrunde lagen und die sich in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ereignet hatten, bejahte das Strafgericht ein gewerbsmäßiges Handeln des Klägers. Obwohl anlässlich einer Durchsuchung am 19. Januar 2007 beim Kläger Zettel mit Notizen sichergestellt worden waren, die Bezüge zu Begünstigten von Überweisungsbetrugstaten aufwiesen (Name, Kontodaten), die später unter dem 25. September 2007 abgeurteilt wurden, sowie Blanko-Überweisungsvordrucke einer Bank, bei der der Kläger kein Konto unterhielt, setzte er noch kurze Zeit danach, nämlich am 25. Januar und im Februar 2007, sein kriminelles Verhalten fort. So erstellte er jeweils mit Datum vom 10. Februar 2007 einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des K. W. bei der Sparkasse P.-C. und zugunsten des Kontos B. H. bei der Postbank M. über einen Betrag von 7.987,09 Euro sowie einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos D. K. H. bei der Volksbank N. und zugunsten des Kontos des D. B. L. bei der Postbank M. in Höhe von 4.979,99 Euro. Ungeachtet dessen, dass ihm allein schon durch die Hausdurchsuchung bewusst gewesen sein musste, dass die Polizei ihn verdächtigte, bewirkte dies beim Kläger kein Unterlassen weiteren kriminellen Verhaltens. Auch die durch das Amtsgericht Stuttgart am 28. März 2007 angeordnete Untersuchungshaft und die daran anschließende Verbüßung der Strafhaft bis 18. November 2009 beeindruckten den Kläger offensichtlich in keiner Weise. Noch unter Bewährung nach § 57 StGB stehend und in Kenntnis der Inhalts des Duldungsvergleichs vom 21. Juli 2009 wurde der Kläger ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut auf dem Gebiet des Konto-bzw. Überweisungsbetrugs tätig.
46 
d) Es gibt keine Gründe, die den Senat daran hindern würden, für seine Prognose diese strafrechtlichen Verurteilungen zu verwerten. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, die Verurteilung 2014 sei zu Unrecht erfolgt. Seine Fingerabdrücke seien auf einer „Blanko-Überweisung“ gewesen, die er 2009 einem Bekannten gegeben habe. Die Polizei habe aus den Fingerabdrücken geschlossen, dass er es gewesen sei. Das sei aber falsch. Die Klamotten, die auf dem Lichtbild gewesen seien, habe er schon seit Jahren nicht mehr. Man habe Fotos von ihm aus dem Jahre 2005 verwendet. Jeder könne über einen Laptop alte Bilder einspielen. In der Verhandlung im Jahr 2014 sei erst ein Kripo-Beamter vernommen worden. Dieser habe gesagt, er gehöre einer Bande an, die von Stuttgart bis Köln aktiv sei. Er habe gesagt, er habe nichts damit zu tun. Es sei dann ausgehandelt worden, dass er die Berufung zurücknehme und er dafür ins „Freigängerheim“ komme.
47 
Aus den vom Senat beigezogenen Straf- bzw. Strafvollstreckungsakten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verständigung nach § 257c StPO vorgelegen hätte oder eine sonstige Abrede getroffenen worden wäre. Für den Senat belegen diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr, dass er auch die Zeit in der erneuten Haft bislang nicht genutzt hat, um sich zu seinen Straftaten tatsächlich zu bekennen und sich mit diesen kritisch auseinanderzusetzen. So ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auffällig, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 4. November 2014 angegeben hatte, er sei im Jahre 2007 zu Unrecht verurteilt worden (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 763, 766), obwohl er damals vor dem Landgericht - wenn auch im Wege einer pauschalen Verteidigererklärung - die Taten eingeräumt hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieses Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde, da es sich mit den Angaben der vernommenen Zeugen deckte (Strafurteil vom 25.09.2007, Bl. 11), und berücksichtigte dieses Geständnis im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd (a.a.O., Bl. 12).
48 
Der Heranziehung der Straftaten, die Gegenstand einer älteren Verurteilung sind, steht auch nicht der Gedanke des Verbrauchs entgegen, weil diese Anlass eines früheren Ausweisungsverfahren gewesen sind, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 21. Juli 2009 beendet worden ist und infolge dessen der Kläger drei Jahre nach Haftentlassung wieder in den Besitz der Niederlassungserlaubnis gelangt ist.
49 
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt, dass Ausweisungsgründe bzw. nunmehr Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind und die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 <313> und vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 <121 f.>). Aus der Ableitung dieser Kriterien aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben muss, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten. Zudem muss ein hierauf gegründetes Vertrauen des Ausländers schützenswert sein (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. (Geschäfts-)Grundlage des Vergleichs ist gewesen, dass der damals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger sich drei Jahre lang nach Haftentlassung keine vorsätzliche Straftat zu Schulde kommen lässt. Hieran hat sich der Kläger aber offensichtlich nicht gehalten.
50 
e) Der Kläger ist im Rahmen seines strafrechtlichen Verhaltens stets ideenreich, organisiert und planvoll vorgegangen. Was ihn letztlich zu den Straftaten bewegt hat, hat er nicht offenbart. Es gibt keine erkennbaren tatsächlichen Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die den Schluss nahelegen würden, dass sich trotz immer wieder aufgetretenen Urkundenfälschungen und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Kontoeröffnungen, Überweisungen oder sonstigen Verfügungen über Konten solches in Zukunft nicht mehr ereignen würde. Der Kläger verfügt nach wie vor nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der Vergangenheit haben sich Zeiten von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit abgewechselt (vgl. hierzu auch die vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2016 vorgelegten Unterlagen). Nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers lassen sich keine belastbaren stabilisierenden Faktoren erkennen. Er ist bei Begehung der mit Strafbefehl vom 25. Februar 2002 abgeurteilten vier Fälle des Überweisungsbetrugs alleinstehend gewesen. Bei Beginn der Serie von Straftaten, die dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007 zugrunde liegen, hat bereits eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner heutigen Partnerin und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern bestanden. Die Straftaten ab Sommer 2012 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der familiären Lebensgemeinschaft eine weitere Tochter angehört hat. Dass seine drei Töchter und Lebenspartnerin der entscheidende Antrieb wären, „künftig nichts mehr anzustellen“ (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung), lässt sich nicht objektivieren.
51 
Der Kläger zeichnet sich bislang vor allem durch eine fehlende Einsicht und Aufarbeitung seines strafrechtlichen Verhaltens aus. Er hat sich mit seinen Straftaten bis heute nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Die gilt insbesondere auch für seine letzte Verurteilung, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten hat. Dies belegt zudem sein Agieren in der Justizvollzugsanstalt. So hat die Justizvollzugsanstalt Ulm am 9. Juli 2015 in einem Vermerk über das Erstgespräch unter anderem festgehalten, der Kläger habe sich eher zurückhaltend und wortkarg verhalten. Zu den Taten befragt, habe er kaum Angaben gemacht. Er streite seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Die an ihn gerichteten Fragen habe er kurz und knapp beantwortet, eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten habe bislang wohl eher noch nicht stattgefunden. Das weitere Vollzugsverhalten bleibe abzuwarten. Anhaltspunkte für eine psychische Problematik bzw. eine psychologische/psychotherapeutische Indikation wurden nicht festgestellt. In einem Führungsbericht vom 10. November 2015 führte die Justizvollzugsanstalt wiederum aus, zu seinen Taten befragt habe der Kläger im Anamnesegespräch kaum Angaben gemacht. Er streite im Wesentlichen seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Aus einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 16. Juni 2016, die zum erfolglosen Antrag des Klägers vom 28. Mai 2016 auf Aussetzung der Vollstreckung der mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung erstellt worden ist, heißt es unter anderem, der Kläger sei kein Erstverbüßer und Bewährungsbrecher; eine Einsicht in sein Fehlverhalten sei bei ihm nicht zu erkennen. Aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. Februar 2017 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine bewährungsweise Entlassung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt H. auch für den Antrag des Klägers vom 7. November 2016 auf Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe nicht befürwortet.
52 
Soweit sich der Kläger selbst zu seinem strafrechtlichen Werdegang äußert, sind die Angaben pauschal und blenden die Tragweite der eigenen Verantwortung, Hintergründe und Folgen für die Opfer der Straftaten aus. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, er wolle sich zunächst für alles, was passiert sei, entschuldigen. Er leide selbst schon. Er wolle sich nunmehr um seine Familie kümmern und seinen Kindern ein guter Vater sein. Er bereue seine Taten sehr und merke, wie seine Familie leide. Seine Straftaten seien Dummheiten gewesen. Er wisse auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Er hätte nur Leuten helfen wollen. Er sei zwar als Einzeltäter verurteilt worden, tatsächlich hätten aber mehrere gehandelt. Er habe die Taten nicht so richtig begangen, sondern nur anderen Leuten geholfen und das Helfen sei etwas anderes. Mit den Leuten stehe er aktuell nicht in Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beklagte er vor allem die Situation seiner Töchter, die mit seiner Inhaftierung leben müssten, ohne sich jedoch zu seinem eigenen Fehlverhalten zu bekennen. Dass es dem Kläger an einem kritischen Umgang mit sich selbst mangelt, ist auch daran zu erkennen, dass er den Grund für seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt Ulm mit einer offenen Vollzugsform in den geschlossenen Vollzugs der Justizvollzugsanstalt H. allein bei anderen sieht.
53 
Auch die Haltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Strafvollstreckungskammer anlässlich des Antrags des Klägers auf Aussetzung des Strafrestes nach zwei Drittel verdeutlichen das Fortbestehen der vom Kläger ausgehenden Gefahr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist diesem Antrag unter Hinweis unter anderem auf die mehrfach einschlägigen Vorstrafen, den Bewährungsbruch und die hohe kriminelle Energie entgegen getreten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 9. Februar 2017 hat der Kläger erklärt, dies sei seine letzte Straffälligkeit, er habe eine Familie mit drei Kindern, er habe draußen als Lagerfachkraft bei der Firma F. seine Arbeit gemacht. Dort möchte er nach der Haftentlassung wieder arbeiten. Eine konkrete Arbeitszusage habe er nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Protokoll zufolge erläutert, dass nach derzeitiger Einschätzung keine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen und mehrfachen Vorstrafen und die letzte Haftverbüßung, die ihn nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Am 14. Februar 2017 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung des Strafrests zurückgenommen.
54 
Die Tatsache, dass der Strafvollzug des Klägers entsprechend den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt H. beanstandungsfrei verläuft, relativiert die Gefahrenprognose nicht. Der Kläger hatte auch in der Vergangenheit immer wieder längere Zeiten - auch in Freiheit - , in denen er nicht aufgefallen, jedoch dann erneut in unverändert kriminelle Verhaltensmuster zurückgefallen ist.
55 
3.) Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie gegenüber. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sind mit Blick auf die in der Vergangenheit geführte und nach Haftentlassung geplante Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft mit den drei deutschen minderjährigen Kindern, für die er auch das Personensorgerecht wahrnimmt, gegeben. Zudem hat der Kläger - im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung - eine Niederlassungserlaubnis besessen und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Juli 2009 erfolgte Aufhebung der Ausweisung unter dem 6. Dezember 2012 und Erteilung der Niederlassungserlaubnis unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG führen dazu, dass die Voraussetzungen auch nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen. Da die Regelung allein auf den tatsächlichen Besitz der Niederlassungserlaubnis abstellt, kommt es hier nicht darauf an, dass der Kläger noch unter der Geltung der „Bewährungszeit“ des Duldungsvergleichs von drei Jahren ab der Haftentlassung - bis 18. November 2009 war er inhaftiert - ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut einschlägig straffällig geworden und damit die Grundlage und die Intention des Vergleichs letztlich unterlaufen hat. Die Bewertung eines solchen Sachverhalts erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes ggfs. im Rahmen der Gesamtabwägung.
56 
4.) Das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers überwiegt die Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich.
57 
§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 141 ff.; Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 -, juris Rn. 76 f.). Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem ergänzend die vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK hierzu entwickelten Kriterien heranzuziehen (vgl. zu den sog. „Boultif-Üner-Kriterien“ insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.)
58 
Hiervon ausgehend ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit 1990 seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und über einen langjährigen und legalen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hat zwar keinen im Bundesgebiet allgemein anerkannten Bildungs- bzw. Berufsabschluss, er ist hier jedoch immer wieder erwerbstätig gewesen und hat nach seinen Angaben nach seiner Haftentlassung Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Er hat Möglichkeiten genutzt, sich Fähigkeiten anzueignen, mit denen bessere berufliche Perspektiven verbunden sein können, wie die Qualifizierung zur Lagerfachkraft im Jahre 2000 oder der Erwerb von Kenntnissen im Bereich Microsoft Excel 2000. Der Kläger spricht - wovon sich der Senat anlässlich der mündlichen Verhandlung hat überzeugen können - ein alltagstaugliches Deutsch.
59 
Von besonderer Bedeutung sind die familiären Bindungen. Der Kläger hat in Deutschland eine Familie gegründet. Wie insbesondere aus seinen Erklärungen in der Berufsverhandlung deutlich geworden ist, ist sein Verhältnis zu seinen drei deutschen Töchter, die den Kindergarten bzw. die weiterführende Schule besuchen, von einer wechselseitig innigen emotionalen Beziehung geprägt. Er nimmt - selbst unter den erschwerten Bedingungen des geschlossenen Vollzugs - aktiv am Leben der Kinder teil und hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere von den musikalischen Talenten der beiden größeren Töchtern näher berichtet. Seine Lebensgefährtin schöpft mit den Kindern die in der Vollzugsanstalt zulässigen Besuche aus. Der Kläger nutzt mit seinen Töchtern zudem mittlerweile das Vater-Kind-Projekt der Justizvollzugsanstalt, welches ihnen ermöglicht, mehr Zeit als bei einem Regelbesuch üblich miteinander zu verbringen. Nicht nur die drei am 16. Dezember 2003, 7. Oktober 2005 und 27. Dezember 2011 geborenen Töchter, die sich aufgrund ihres Alters in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden, haben ein außerordentlich hohes Interesse daran, dass ihr Vater im Bundegebiet verbleibt; dies gilt mit Blick auf die familiäre Lebensgemeinschaft gleichermaßen für die Lebensgefährtin und den Kläger selbst. Ihm kommt das Recht und die Aufgabe zu, als Vater für seine Kinder - auch emotional - zu sorgen. Seine Ausweisung - zumal sie zu seiner Trennung von den übrigen Familienmitgliedern führt - ist vor diesem Hintergrund ein erheblicher Eingriff in das auch durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
60 
Zu Lasten des Klägers ist die Schwere der begangenen Straftaten, deren Aburteilung zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der bereits oben festgestellten außerordentlich hohen Wiederholungsgefahr betrügerischer Vermögenskriminalität, fällt auch seine fehlende Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Rechtstreue ins Gewicht. Die Anzahl der Einträge im Zentralregister sprechen für sich.
61 
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die öffentlichen Interessen an einer Ausreise im Hinblick auf die drei deutschen Kinder nicht deshalb zurückzutreten, weil dieser keine Gewaltdelikte begangen hat, die sich gegen elementare Rechtsgüter wie Leib und Leben richten, sondern sich seine Verfehlungen primär auf dem Gebiet des Vermögensstrafrechts ereignet haben. Die Gesamtabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führt hier vielmehr auch unter Berücksichtigung des sehr hohen Gewichts der familiären Bindungen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.
62 
Bei den vom Kläger begangenen Straftaten handelt es sich um gewerbsmäßig begangene Betrugsdelikte in erheblicher Anzahl, überwiegend in Gestalt des Überweisungsbetrugs, die teilweise von Urkundenfälschungen begleitet worden sind. Der Kläger ist - wenn auch immer wieder mit „Pausen“ - seit dem Jahre 2001 auf diesem Gebiet „aktiv“. Es ist nicht ersichtlich, dass er sich aus für sein Leben atypischen Situationen, etwa einer einmalig erlebten finanziellen Bedrängnis, zu solchen Taten hat hinreißen lassen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er der geltenden (Strafrechts-)Ordnung ungeachtet seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet einfach keine Bedeutung beimisst, sondern allein so agiert, wie es ihm in den Sinn kommt und hierbei bereit ist, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen. Zu den Konten, die der Kläger „anzapfte“ oder „anzapfen“ wollte, gehören solche von Privatpersonen, von Firmen oder von Vereinen, wobei die Beträge, die in den Überweisungsträgern ausgewiesen waren, durchaus nicht unerheblich waren. Exemplarisch verdeutlichen dies die Taten Nr. 6 und 7, die durch das Amtsgericht Stuttgart unter dem 25. November 2014 abgeurteilt wurden, mit Überweisungsbeträgen von 6.800 Euro bzw. 6.885,96 Euro, und die Taten Nr. 14 und Nr. 38 im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007, bei denen es um 9.787,97 Euro (zu Lasten eines Vereins) bzw. 45.767,07 Euro (zu Lasten einer Schreinerei) handelte. Die Handlungen des Klägers waren allein bei den Straftaten, die Gegenstand der landgerichtlichen Verurteilung waren, auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von nahezu 459.000 Euro gerichtet. Bei seinen Taten ging der Kläger unter Benutzung verschiedener falscher Identitäten und unterschiedlicher Konten sehr professionell vor. Eine besondere Brisanz erhält die kriminelle Laufbahn des Klägers auch dadurch, dass er nicht allein und teilweise zudem grenzüberschreitend agiert hat (vgl. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2009 unter II.), aber auch insoweit bis heute „keinen reinen Tisch gemacht hat“. Dass bei etlichen Taten eine Schädigung der tatsächlichen Kontoinhaber bzw. der Geldinstitute letztlich vermieden und der Kläger durch die Polizei gefasst werden konnte, beruht allein darauf, dass andere Menschen aufgepasst bzw. interne und externe Kontrollsysteme funktioniert haben. Solche Zufälligkeiten entlasten den Kläger aber nicht. Bezeichnender Weise hat er im Übrigen immer wieder selbst festgestellt, dass Überweisungen durch die Bank nicht ausgeführt worden sind. Das hat ihn aber gerade nicht abgeschreckt. Mit den kriminellen Handlungen fuhr er unverändert fort.
63 
Die vom Kläger ausgehende außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr (siehe oben I.2.) von betrügerischen Aktionen im Bereich des bargeldlosen Transfers von Geldern unter Einschaltung einer Bank, auf dessen Funktionieren und korrekte Abwicklung der Einzelne, aber auch letztlich ein Wirtschaftssystem angewiesen sind, rechtfertigt die durch die Ausweisung herbeigeführte Trennung von seinen Familienmitgliedern (zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe Funke-Kaiser, Fragen des novellierten Aufenthaltsrechts, in: Dokumentation, 18. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Hamburg 2016, S. 221, 235).
64 
Die minderjährigen deutschen Töchter des Klägers sind faktisch nicht gezwungen den Kläger zu begleiten, sondern können weiter im Bundesgebiet leben. Da ihre Mutter über einen in der Vergangenheit stets verlängerten und aktuell bis 12. Januar 2019 gültigen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verfügt, ist gewährleistet, dass ein erziehungsberechtigter drittstaatsangehöriger Elternteil im Bundesgebiet verbleibt, weshalb die Kinder nicht das Unionsgebiet als Ganzes verlassen müssen (vgl. zu diesen Aspekten EuGH, Urteil vom 13.09.2016 - C-304/14 - CS, Rn. 24 ff.; u.a. in Anknüpfung an das Urteil vom 08.03.2011 - C-34/09 - Ruiz Zambrano; siehe schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 34). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gravierende Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender, ggf. existenzieller Bedeutung wäre. Das Leben der Töchter ist durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag schon seit längerer Zeit nicht um sich haben. Die beiden älteren Töchter haben diese Erfahrungen auch schon zuvor ab dem Jahre 2007 gemacht. Zwar ist die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen und Kontakten bei einem Aufenthalt des Klägers in Angola gegenüber der derzeitigen Situation deutlich erschwert, unmöglich ist dies jedoch auch mit Blick auf das Alter der Töchter nicht. Hinzu kommt, dass durch die Befristung der Wirkungen des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots (siehe nachfolgend II.) und der Möglichkeit für den Kläger, danach zu seinen deutschen Kindern zurückzukehren, die Trennung perspektivisch begrenzt ist. Da der Kläger bis zum Alter von etwa 17 Jahren in Angola gelebt und aktuell auch noch portugiesisch beherrscht, steht zu erwarten, dass er sich dort zurecht finden wird - zumal er im Jahre 2005 im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußball-WM zu Besuch in Angola gewesen ist und seine Partnerin, die im April 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist, ebenfalls aus Angola stammt. Nach dem Vermerk der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 9. Juli 2015 zum Erstgespräch mit dem Kläger leben zudem zwei jüngere Schwestern von ihm in Angola.
II.)
65 
Dem Kläger steht die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden, nicht zu.
66 
1.) Der Kläger hat eine - logisch vorrangige - (hilfsweise) Verpflichtung des Beklagten über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht beantragt. Für einen solchen Antrag gibt es auch keine Veranlassung. Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung hierzu keine Entscheidung getroffen; dies ist nicht zu beanstanden.
67 
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt werden. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung unter I. ergibt sich jedoch, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Abwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot dient, fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Ausreise schutzwürdige Belange des Ausländers überwiegt. Erweist sich eine Ausweisung als rechtmäßig, ist es nach den hierfür notwendigen Voraussetzungen ausgeschlossen, dass zum gleichen Zeitpunkt, der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblich ist, Anlass für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu diesem Zeitpunkt bestehen könnte. Würde sich eine Ausweisung hingegen als rechtswidrig erweisen, beispielsweise wegen einer nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage, wäre sie mit Wirkung ex tunc aufzuheben (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 21 ff.), so dass ebenfalls kein Raum für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wäre. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass seit der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung bedarf, die von der Ausländerbehörde nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 15), hatte für die Ausländerbehörde im vorliegenden Fall kein Grund für eine solche Ermessensentscheidung bestanden. Im Übrigen liegt der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - anders als der Befristung - keine Prognose zugrunde, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
68 
2.) Die Ausländerbehörde hat bei der Befristung des mit einer Ausweisung verbundenen gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots seit Inkrafttreten des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 19 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 65 f.). Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Auffassung, wonach es sich hierbei trotz des Wortlauts um eine gebundene Entscheidung handelt (grundlegend Senatsurteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris), aus Gründen der Rechtseinheit nicht mehr fest.
69 
Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ändert das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nichts am behördlichen Prüfprogramm, wie es von diesem im Urteil vom 10. Juli 2012 (1 C 19.11 -, juris Rn. 42) entwickelt worden ist (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 14.02. 2012 - 1 C 7.11 -, juris Rn. 28 f.). Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den unions- und konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK, gemessen und ggf. relativiert werden. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles einer umfassenden Abwägung aller betroffenen Belange (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 66).
70 
Das Regierungspräsidium hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen Bl. 17 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet. Das Verwaltungsgericht hat - allerdings unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2015 und damit unter Zugrundelegung der bisherigen Auffassung des Senats zum gebundenen Charakter der Befristungsentscheidung - in seinem Urteil die vom Beklagten festgesetzte Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit Blick auf die familiären Belange insoweit aufgehoben, als die Frist in Ziffer 4 des Bescheids vom 30. Januar 2016 drei Jahre und sechs Monate übersteigt. Der Beklagte hat hiergegen kein (Anschluss-) Rechtsmittel eingelegt. Dass diese für den Beklagten verbindliche Länge der Sperrfrist von drei Jahre und sechs Monaten, die unterhalb der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG liegt, zu Lasten des Klägers im Ergebnis fehlerhaft wäre, ist mit Blick auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit (siehe oben u.a. I. 2.) nicht ersichtlich; es ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, aufgrund der bereits oben unter I. dargestellten familiären Situation und weiterer individueller Belange könnte eine noch kürzere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Raum stehen. Es sind insbesondere auch nach Erlass der Verfügung keine weiteren Änderungen tatsächlicher Art eingetreten, die zu Gunsten des Klägers wirken und Anlass für neue bzw. ergänzende Ermessenserwägungen bei dem Beklagten sein könnten.
71 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
72 
Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche bzw. familiäre Umstände eine andere, günstigere Entscheidung angezeigt erscheinen ließen.
III.)
73 
Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
74 
Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Januar 2016 ist unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid dahingehend auszulegen, dass für den Fall der Entlassung aus der Haft der Kläger aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ausweisung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb dieser Frist die Abschiebung nach Angola angedroht wird. Entsprechendes soll gelten, falls - was aber nicht geschehen ist - der Sofortvollzug angeordnet wird. Die Frist von einem Monat ist auszulegen als 31 Tage (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 44). Für den Fall, dass sich der Kläger bei Bestandskraft der Ausweisung (oder deren sofortiger Vollziehbarkeit) noch in Haft befindet, wird ihm mit Ziffer 2 der Verfügung die Abschiebung ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht, wobei die unterbliebene Fristsetzung nach der Begründung des Bescheids allein auf § 59 Abs. 5 AufenthG beruht.
75 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Abschiebung nach Angola nicht deshalb unzulässig, weil er im Jahre 1990 unter Berufung auf den drohenden Einsatz als Kindersoldat aus Angola geflohen ist (1.). Soweit dem Kläger, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit voraussichtlichem Strafende 31. Dezember 2017 in Strafhaft befindet, die Abschiebung aus der Haft ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (§ 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), ist dies nicht zu beanstanden; dies steht insbesondere mit der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - RFRL - in Einklang (2.)
76 
1.) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Angola unzulässiger Zielstaat einer Abschiebung des Klägers mit der Folge der Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist. Soweit er ausführt, er sei im Alter von 17 Jahren vor der zwangsweisen Einsetzung als Kindersoldat für den damaligen Diktator geflohen und bei einer Rückkehr nach Angola bestehe für ihn eine Gefahr für Leib und Leben, ist damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nicht schlüssig vorgetragen, denn der Kläger hielt sich nach eigenen Angaben etwa 15 Jahre nach seiner Flucht im Jahre 2005 ohne Probleme in Angola auf. Im Übrigen steht bereits der negative Ausgang des Asylverfahrens einer Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegen (§ 42 AsylG).
77 
2.) Die Androhung der Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise entspricht den Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts (a). Dass dem Kläger nicht die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise eingeräumt worden ist, steht mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang (b). Dies beruht allerdings nicht auf einer „Opt-Out“-Entscheidung des Gesetzgebers auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL (aa), sondern basiert auf der vom Kläger ausgehenden Gefahr, die auch ein Unterbleiben der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 Abs. 4 RFRL trägt (bb).
78 
a) Nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bedarf es in den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. unter anderem dann, wenn der Ausländer sich - wie hier - auf richterliche Anordnung in Haft befindet, keiner Setzung einer Ausreisefrist. Nach nationalem Recht dient eine Ausreisefrist dazu, eine Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise vermeiden zu können. Sie bezweckt ferner dem Ausländer zu ermöglichen, seine Lebensverhältnisse in Deutschland abwickeln und ggfs. ein Rechtsschutzverfahren betreiben zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1997 - 1 C 14.96 -, juris Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG Rn. 105, 147 ). Ausgehend hiervon wird § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG als ein - gegenüber § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG - spezieller Fall angesehen, in dem die Setzung einer Ausreisefrist entbehrlich ist, weil im Falle der Abschiebung aus der Haft ohnehin keine freiwillige Ausreise möglich ist (so BayVGH, Beschluss vom 12.12.2016 - 10 C 16.2176 -, juris Rn. 8). Mit der Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll, wird der Ausländer in Haftfällen in die Lage versetzt, sich auf das Verlassen des Landes vorzubereiten und ggfs. entsprechende Maßnahmen zu treffen (Hocks, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl., 2016, § 59 AufenthG Rn. 17). Eine solche Konkretisierung des Zeitpunkts der Abschiebung ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Zwar beabsichtigt der Beklagte ausweislich des Hinweises in der Verfügung vom 30. Januar 2016, den Kläger zum Zeitpunkt der Haftentlassung auf der Grundlage der Entscheidung nach § 456a StPO abzuschieben. Eine derartige Entscheidung liegt ausweislich der beigezogenen Akten aber bislang nicht vor.
79 
Nach § 456a StPO kann die Strafvollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung oder Sicherung unter anderem dann absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich des Gesetzes abgeschoben wird. Die Regelung setzt aber voraus, dass diese Maßnahme, d.h. die Abschiebung, bereits bestandskräftig angedroht worden (Schmitt, in: Meyer/Großner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., 2016, § 456a Rn. 3; Appl, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 456a Rn. 3) oder diese zumindest vollziehbar ist und demnächst durchgeführt wird (Klein, in: Graf, StPO, 2010, § 456a Rn. 3). Wann die Staatsanwaltschaft ggfs. von einer weiteren Vollstreckung absieht, ist im vorliegenden Fall ungewiss.
80 
b) Dass dem Kläger auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht eingeräumt wird, steht im vorliegenden Fall mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang.
81 
Das Ziel der Richtlinie 2008/115 ist - wie sich aus ihren Erwägungsgründen 2 und 11 ergibt - die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rücknahmepolitik, die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden (EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-146/14 PPU - Mahdi - Rn. 38). Die Richtlinie ist von ihrem Zweck her sowohl ein Rückkehrinstrument als auch ein Menschen- bzw. Grundrechteinstrument, die den Mitgliedstaaten aber nicht unbedeutende Gestaltungsspielräume belässt (näher Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 136 ff.).
82 
aa) § 59 Abs. 5 AufenthG mit der normativen Folge des Unterbleibens einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist nicht bereits deshalb mit Unionsrecht in Einklang zu bringen, weil die Bundesrepublik insoweit vom „Opt-Out“ nach Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch gemacht hätte.
83 
Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist. Zwar könnte der Wortlaut „infolge“ durchaus daraufhin deuten, dass auch Rückkehrentscheidungen, die im Verwaltungswege erlassen werden, letztlich aber an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen, unter diese Regelung fallen können (dies jedenfalls für die frühere Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG a.F. annehmend Franßen-de la Cerda, Die Vergemeinschaftung der Rückführungspolitik - das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie, ZAR 2008, 377, 381; weitergehend Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 164 ff.). Für die Auffassung, dass die 2. Alternative des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL, die auf eine Rückkehrverpflichtung abstellt, die „infolge einer strafrechtlichen Sanktion“ ausgelöst wurde, nur Fälle betrifft, in denen die Rückkehrpflicht unmittelbar aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion als Nebenfolge ausgelöst wird (vgl. näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 302 ), sprechen nach der Bedeutung der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte die besseren Gründe.
84 
Die Kommission hat während der Beratungen im Rat stets deutlich gemacht, dass die verschiedenen Stufen „Beendigung des legalen Aufenthalts“ und (deswegen danach) illegaler Aufenthalt zu unterscheiden sind und die Rückführungsrichtlinie nur den letzteren Fall erfasst. Verschiedene Mitgliedstaaten, deren Strafrecht bei Delikten von Ausländern auch den Verlust des Aufenthaltsrechts als Strafe oder Nebenstrafe vorsieht, befürchteten, dass durch die Rückführungsrichtlinie in die ihrer alleinigen Kompetenz obliegenden Angelegenheit des nationalen Strafrechts eingegriffen würde. Obwohl sowohl das Europäische Parlament als auch andere Mitgliedstaaten die Auffassung der Kommission, dass die Beendigung des legalen Aufenthalts - auch mit Mitteln des Strafrechts - schon gar nicht vom Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie erfasst ist, stützten und eine solche Klausel für nicht notwendig erachteten, verlangten diese Länder ausdrücklich eine Optionsregelung. Letztlich ist dem aus Gründen des politischen Pragmatismus entsprochen worden, weil andernfalls die Gefahr des Scheiterns der Richtlinie gedroht hätte (siehe hierzu Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 11 Rn. 20 unter Hinweis auf Lutz, The Negotiations on the Return Directive, 2010, unter 2.2.2, S. 32; siehe auch Franßen-de la Cerda, a.a.O., ZAR 2008, 377, 381; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd Edition. 2016, Part C VII Art. 2 Rn. 15 f.).
85 
Auch der Umstand, dass erhebliche Bewertungsunsicherheiten (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 59 Rn. 302 ) auftreten würden, wenn man für die 2. Alt des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL eine Verwaltungsentscheidung genügen lassen würde, die allein oder jedenfalls maßgeblich auf eine vorangegangene strafrechtliche Sanktion gestützt wäre (wie etwa die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Bestehens eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen einer Straftat), spricht für die restriktive Interpretation.
86 
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12 - Filev und Osmani - Rn. 50 f.). Das Urteil beruht - entsprechend den Ausführungen in der Vorlage des Amtsgerichts Laufen vom Juni 2012 zu einer Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 1999 - auf der nicht problematisierten Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I 2258) von der in Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2008/115 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2013, a.a.O., Rn. 22, 50 ff.). Mangels entscheidungserheblicher Fragestellung sind aber die Problematik der Wirksamkeit und der Reichweite eines „Opt-Out“ keiner näheren Betrachtung durch den Gerichtshof der Europäischen Union unterzogen worden.
87 
Anlässlich des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 finden sich lediglich Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu, dass bezüglich der Dauer der für ein Einreiseverbot zu bestimmenden Frist explizit von der „Opt-Out“ Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris Rn. 71). In der Bundestagsdrucksache 17/5470, S. 21 heißt es zu § 11 AufenthG:
88 
„Die in dem neuen Satz 4 vorgesehenen Ausnahmen von der regelmäßigen Höchstfrist von 5 Jahren beruhen auf Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b - gegenüber verurteilten Straftätern wird der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit eingeschränkt - und Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 (schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung) der Rückführungsrichtlinie. Eine strafrechtliche Verurteilung im Sinne der Ausnahme erfordert das Zugrunde liegen schwerwiegender Straftaten.“
89 
Selbst wenn man der hier nicht geteilten Auffassung wäre, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Verwaltungsentscheidungen erfassen könnte, ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik auch mit Blick auf die Vorschrift des § 59 Abs. 5 AufenthG insoweit (wirksam) von dem „Opt-Out“ Gebrauch gemacht hätte. Diese Regelung gilt in der vorliegenden Fassung seit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I, 1970, 1982) unverändert. Es gibt keine Anhaltspunkte (in einer Gesetzesbegründung), die es erlaubten, ein „Opt-Out“ auch insoweit anzunehmen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 172 ), wenn eine gesetzliche Bestimmung, die vor Inkrafttreten einer Richtlinie bereits gegolten hat, schlicht später beibehalten wird. Ob es aus Gründen der Rechtsklarheit, insbesondere weil die Geltung des Unionsrechts keinen Zweifeln unterliegen darf, sogar geboten sein könnte, dass sich Art und Umfang des „Opt-Out“ aus dem Gesetz selbst ergeben müssen, kann daher hier offen bleiben (vgl. hierzu Lutz, in: Hailbronner/Thym, a.a.O., Art. 2 Rn. 5 f.; siehe zur Frage der Pflicht zur Veröffentlichung des Beschlusses nach Art. 2 Abs. 2 RFRL auch Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 179 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris Rn. 17 zur Frage der Erheblichkeit des Willens, Unionsrecht umzusetzen und anzuwenden).
90 
bb) Aufgrund der vom Kläger im vorliegenden Fall ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wahrt das in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vorgesehene Absehen von einer Frist für die freiwillige Ausreise aber die Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 RFRL.
91 
Die Richtlinie 2018/115 schreibt vor, welches Verfahren von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden ist, und legt die Reihenfolge der verschiedenen Schritte fest, die dieses Verfahren nacheinander umfasst. So sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zunächst vor, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - El Dridi - Rn. 34 f.). Teil dieser Rückkehrentscheidung ist auch die Entscheidung über eine Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 RFRL. Freiwillige Ausreise bedeutet die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist (Art. 3 Nr. 8 RFRL). Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 RFRL davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen. Auch mit Blick auf die Frage einer Ausreisefrist muss, wie sich aus den Erwägungsgründen 2, 6, 11 und 24 der Richtlinie 2008/115 sowie ihrem Art. 5 ergibt, gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, darunter der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die nach dieser Richtlinie getroffene Entscheidung im Einzelfall verhältnismäßig sein und die Grundrechte der betreffenden Person gebührend berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 69).
92 
Nach Art. 7 Abs. 4 RFRL darf von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unter anderem dann abgesehen werden, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der Begriff der Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie er in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorgesehen ist, setzt jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 60). Wie der Senat mit Beschluss vom 30. August 2016 (11 S 1660/16 - InfAuslR 2016, 421) ausgeführt hat, bedarf es hierzu nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer individuellen Prüfung des Einzelfalls und kann nicht allein aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Betreffende in (Straf-)haft befindet (EuGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.O., Rn. 70 ff.; vgl. zur Notwendigkeit der Einzelfallprüfung auch Urteil vom 21.03.2013 - C-522/11 - Mbaye - Rn. 31 f.; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 7 Rn. 14). Damit stellt der Gerichtshof vor allem sicher, dass die Verhängung (und Vollstreckung) etwa einer Haftstrafe allein wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nicht dazu führt, dass die zu Gunsten des Ausländers gewährten Garantien der Rückführungsrichtlinie keine Geltung mehr beanspruchen würden (Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 1 Rn. 25).
93 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 auch dahin ausgelegt, dass der Rückgriff auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, gar keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn der Drittstaatsangehörige eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, keine erneute Prüfung der Kriterien erfordert, die bereits geprüft wurden, um das Bestehen dieser Gefahr festzustellen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 73).
94 
Im vorliegenden Fall ist der Kläger aufgrund betrügerischer Vermögenskriminalität und Urkundenfälschung inhaftiert. Von ihm geht eine außerordentlich hohe Gefahr aus, dass er insoweit erneut straffällig wird. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zurecht die Ausweisung des Klägers verfügt. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe tragen zugleich die Annahme einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies erschließt sich aus den Ausführungen oben unter I.
95 
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RFRL, Art. 3 Nr. 4 RFRL allein die Abschiebungsandrohung (vgl. etwa Urteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492 und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412; Beschlüsse vom 30.08.2016 - 11 S 1660/16 -, InfAuslR 2016, 421 und vom 19.12.2012 - 1 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 307 ) und nicht die Ausweisung (siehe etwa Urteile vom 30.04.2014 - 11 S 244/14 -, juris, vom 15.10.2013 - 11 S 2114/13 -, juris und vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 292 ; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016 § 11 Rn. 15 ff.). Entscheidend ist jedoch, dass die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verfügung - hier die Ausweisung - und die Rückkehrentscheidung - hier die Abschiebungsandrohung - nach Art. 6 Abs. 6 RFRL im Rahmen einer Entscheidung ergehen dürfen. Unionsrechtlich muss lediglich sichergestellt werden, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie sie in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorausgesetzt wird, bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft worden ist. Dies ist hier im Rahmen der Ausweisung geschehen. Die normative Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, von einer Fristsetzung abzusehen, ist hier unmittelbare Folge der Ausweisung.
96 
Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass (Grund-)rechte des betroffenen Ausländers eine andere Entscheidung im Rahmen des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderlich machen könnten. Sofern dies (in anderen Fallkonstellationen) ggfs. zu erwägen wäre, kann dies durch die Anwendung des nationalen Rechts gewährleistet werden. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes („bedarf“) ist ersichtlich, dass die Setzung einer Ausreisefrist nicht durch die Norm untersagt ist, sondern vielmehr Raum für (unionsrechtlich) notwendige abweichende Entscheidung lässt (vgl. auch GK-AufenthG, § 59 Rn. 170 ff. ).
IV.)
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, denn es ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht.
99 
Im Übrigen liegen Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, nicht vor.
100 
Soweit die Revision zugelassen worden ist, gilt folgende
101 
Beschluss vom 29. März 2017
102 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf 10.000 Euro festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, juris).
103 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
32 
Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht und ordnungsgemäß begründete (§ 124a Abs. 6 und Abs. 3 Satz 4 VwGO) Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 27. Juli 2016 bleibt ohne Erfolg.
33 
Das Verwaltungsgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage gegen die mit Ziffer 1 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 verfügte Ausweisung abgewiesen (I.). Gegenstand des Berufungsverfahrens ist auch das Befristungsbegehren. Dies gilt ungeachtet dessen, dass der Kläger mit der Berufungsbegründung weder einen eigenen Antrag zur Befristungsentscheidung formuliert noch spezielle Berufungsgründe vorgebracht hat, denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der der Senat aus Gründen der Rechtseinheit folgt, ist das Befristungsbegehren als Minus notwendiger Bestandteil des Begehrens auf Aufhebung einer Ausweisung und kann daher von den Parteien nicht gesondert aus dem Verfahren ausgegliedert werden (BVerwG im Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 17). Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass die auf der Grundlage der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehende Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots von drei Jahren und sechs Monaten zu Lasten des Klägers fehlerhaft wäre (II.). Die Abschiebungsandrohung erweist sich ebenfalls als rechtmäßig; dies gilt auch soweit dem Kläger die Abschiebung aus der Haft heraus ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (III.).
34 
Maßgeblich für die Beurteilung all dieser Streitgegenstände, nämlich die Ausweisung, das Befristungsbegehren und die noch nicht vollzogene Abschiebungsandrohung, ist jeweils die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Berufungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 18, vom 14.05.2013 - 1 C 13.12 -, juris Rn. 9 und vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 16).
I.)
35 
Die Ausweisung des Klägers ist rechtmäßig.
36 
Rechtsgrundlage der Ausweisung ist § 53 Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung gemäß Art. 1 des Gesetzes zur erleichterten Ausweisung von straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern vom 11. März 2016 (BGBl. I, S. 394). Nachfolgende Änderungen in den Bestimmungen des Aufenthaltsgesetzes durch spätere Gesetze haben die für den vorliegenden Fall maßgeblichen Regelungen nicht verändert.
37 
Nach § 53 Abs. 1 AufenthG wird ein Ausländer ausgewiesen, dessen Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die freiheitliche demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland gefährdet, wenn die unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmende Abwägung der Interessen an der Ausreise mit den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet ergibt, dass das öffentliche Interesse an der Ausreise überwiegt. Ein Ermessen ist der Ausländerbehörde aufgrund des am 1. Januar 2016 in Kraft getretenen gesetzlichen Systemwechsels im Ausweisungsrecht, hin zu einer gebundenen Entscheidung, nicht mehr eingeräumt (siehe etwa BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 23; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 -, juris Rn. 49 und Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 19).
38 
Die in § 54 AufenthG fixierten Tatbestände erfüllen zwei Funktionen: Sie sind gesetzliche Umschreibungen spezieller öffentlicher Interessen an einer Ausweisung im Sinne von § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG und weisen diesen Ausweisungsinteressen zugleich ein besonderes Gewicht für die durch § 53 Abs. 1 Halbs. 2 und Abs. 3 AufenthG geforderte Abwägung zu. Ein Rückgriff auf die allgemeine Formulierung eines öffentlichen Ausweisungsinteresses in § 53 Abs. 1 Halbs. 1 AufenthG ist deshalb entbehrlich, wenn der Tatbestand eines besonderen Ausweisungsinteresses nach § 54 AufenthG verwirklicht ist. Allerdings bedarf es auch bei Verwirklichung eines Tatbestandes nach § 54 AufenthG stets der Feststellung, dass die von dem Ausländer ausgehende Gefahr im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt fortbesteht (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 26).
39 
Hier erfüllt das Verhalten des Klägers das besonders schwerwiegende Ausweisungsinteresse des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG (1). Vom Kläger geht nach wie vor eine außerordentlich hohe Gefahr einer erneuten Straffälligkeit im Bereich betrügerischer Vermögenskriminalität aus (2). Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen gewichtige Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie nach § 53 Abs. 1, § 55 AufenthG gegenüber (3). Die Abwägung zwischen dem öffentlichen Ausweisungsinteresse und dem Bleibeinteresse des Klägers und seiner Familie unter Berücksichtigung sämtlicher den Einzelfall prägender Umstände und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit führt zu dem Ergebnis, dass das Regierungspräsidium die Ausweisung des Klägers zu Recht verfügt hat (4.).
40 
1.) Nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG wiegt das Ausweisungsinteresse u.a. dann besonders schwer, wenn der Ausländer wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist. Ausreichend ist die Bildung einer Gesamtstrafe nach §§ 53 ff. StGB (Graßhof, in: BeckOK AuslR, AufenthG, § 54 Rn. 11 ). Der Kläger erfüllt aufgrund der seit 29. April 2015 rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 25. November 2014 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten wegen Urkundenfälschung in sieben Fällen, hiervon in drei Fällen in Tateinheit mit Betrug und in zwei Fällen in Tateinheit mit versuchtem Betrug diesen Tatbestand. Damit lag beim Kläger auch nach der im Zeitpunkt des Erlasses der Ausweisungsverfügung vom 30. Januar 2016 und noch bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung des § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse vor; dort war bei Verurteilung wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten zu einer Freiheitsstrafe von mehr als zwei Jahren ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse typisiert worden. Unschädlich ist hierbei, dass die Einzelstrafen der jeweiligen Vorsatztaten der Gesamtfreiheitsstrafe jeweils unterhalb von zwei Jahren Freiheitsstrafe festgesetzt wurden. § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG unterscheidet sich insoweit von § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG (vgl. BVerwG, Urteil vom 31.01.2013 - 10 C 17.12 -, juris Rn. 12).
41 
2.) Die Gefahr, dass der Kläger erneut im Bereich der betrügerischen Vermögenskriminalität straffällig wird, ist außerordentlich hoch. Sie folgt aus dem entsprechenden strafrechtlichen Werdegang des Klägers, der sich seit mehr als einem Jahrzehnt unbeeindruckt von irgendwelchen straf- und ordnungsrechtlichen Sanktionen zeigt.
42 
a) Für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, bedarf es einer Prognose, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zu einander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 18). Bei der insoweit zu treffenden Prognose sind nicht allein das Strafurteil und die diesem zugrunde liegende Straftat zu berücksichtigen, sondern alle Umstände des Einzelfalls einzustellen, wie etwa die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 12; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., § 53 Rn. 28 m.w.N.). Diese Prognoseentscheidung obliegt dem die Ausweisung überprüfenden Gericht. Es gibt im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für das Vorliegen besonderer Umstände (wie etwa psychische Erkrankungen), die die Hinzuziehung eines Sachverständigen gebieten würden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 11.09.2015 - 1 B 39.15 -, juris Rn. 12 und vom 01.03.2016 - 1 B 30.16 -, juris Rn. 7).
43 
b) Nach den Feststellungen des Amtsgerichts Stuttgart im Urteil vom 4. November 2014 eröffnete der Kläger am 4. August 2012 mit dem falschen Namen R.-P. und weiteren falschen Personalien unter Vorlage eines gefälschten angolanischen Reisepasses ein Sparkonto bei einer Postbankfiliale der Postbank AG. Er wollte dieses Konto nutzen, um durch gefälschte Überweisungsträger Zahlungseingänge herbeizuführen und anschließend die Gelder unerkannt abheben zu können. Am 14. Januar 2013 eröffnete er bei drei verschiedenen Geldinstituten verschiedene Bankkonten, um diese für rechtswidrige Transaktionen zu nutzen und unerkannt eingehende Gelder abheben zu können. Dabei gab der Kläger, der hier unter dem Namen K. P. auftrat, (neue) falsche Personalien an und nutzte einen gefälschten französischen Reisepass. Für das an diesem Tag bei der Kreissparkasse L. eingerichtete Konto bekam der Kläger keine Kreditlinie eingeräumt und zahlte lediglich 5 Euro ein, weshalb es in der Folgezeit zu zahlreichen Lastschriftrückgaben kam. Bei der Filiale einer anderen Bank legte der Kläger außer dem gefälschten Pass auch gefälschte Gehaltsnachweise vor und im Vertrauen auf die Echtheit dieser Unterlagen erhielt er eine Kreditkarte zugesandt und ein Kreditkartenlimit in Höhe von 600 Euro eingeräumt. Dieses nutzend hob er am 2. Februar 2013 an einem Geldautomaten am ... Platz in Stuttgart 500 Euro und am 4. Februar 2013 an einem anderen Geldautomaten 80 Euro ab. Wie von ihm von vornherein beabsichtigt, glich er den negativen Saldo auch in der Folgezeit nicht aus. Im Rahmen eines Postident-Verfahrens eröffnete der Kläger ein Privat-Girokonto bei der Postbank AG und erhielt eine Kreditkarte. Mit dieser tätigte er am 13. Februar 2013 eine Zahlung in Höhe von 512,50 Euro und schädigte die Postbank insoweit. Zu einem nicht genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 31. Juli und dem 4. August 2012 entwendete der Kläger zudem aus dem Briefkasten einer Filiale einer Bank mehrere Überweisungsträger, die die Kundin J. K. dort zuvor eingeworfen hatte, fertigte hiervon Kopien und warf die Originale anschließend zurück in den Briefkasten. Sodann veranlasste er am 7. August 2013 mittels einer mit den Kontodaten und der Unterschrift von J. K. versehenen Kopie eines Überweisungsträgers eine Überweisung an sich selbst unter Angabe des falschen Empfängernamens R.-P. in Höhe von 2.759,65 Euro. Nachdem J. K. diese unberechtigte Überweisung bemerkt hatte, gelang es der Bank, ihr den Betrag zurück zu überweisen. Am 5. Februar 2013 reichte der Kläger bei der Kreissparkasse E. einen Überweisungsträger für das dort geführte Konto des H. D. ein, welchen er zuvor mit einer von ihm nachgeahmten Unterschrift der Bevollmächtigten des H. D., der Tochter M. T., versehen hatte. Empfänger der Überweisung in Höhe von 6.800 Euro sollte er selbst unter Nutzung seines Kontos mit dem Alias-Personalien K. P. sein. Die Überweisung unterblieb, da die Bank Verdacht schöpfte. Unter dem 13. Februar 2013 reichte der Kläger einen Überweisungsträger mit einer gefälschten Unterschrift des Kontoinhabers A. R. bei der Kreissparkasse L. über 6.885,96 ein mit dem Ziel, dass ihm dieser Betrag auf das unter dem Namen K. P. auch bei dieser Bank geführten Konto überwiesen wird. Zur Ausführung der Überweisung kam es jedoch nicht, weil den Bankmitarbeitern eine Abweichung der Unterschrift aufgefallen war.
44 
Im Strafverfahren vor dem Amtsgericht Stuttgart bestritt der Kläger diese Taten und trug vor, er habe weder mit den Eröffnungen der Konten noch mit den Überweisungen bzw. Abhebungen irgendetwas zu tun; er sei unschuldig (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 762 f.; Strafurteil Bl. 10). Das Amtsgericht war jedoch nach Durchführung der Beweisaufnahme, insbesondere der Auswertung der hinsichtlich des Abhebevorgangs am 2. Februar 2013 von der Überwachungskamera angefertigten Lichtbilder und der Analyse der Unterschriften durch eine Sachverständige, von der Täterschaft des Klägers überzeugt. Bei der Strafzumessung nahm das Amtsgericht bei sämtlichen Taten ein gewerbsmäßiges Handeln an, d.h. den Willen, sich durch wiederholte Tatbegehung eine nicht nur vorübergehende Einnahmequelle von einigem Umfang und einiger Dauer zu verschaffen (Tiedemann, in: Laufhütte u.a., StGB Leipziger Kommentar, 12. Aufl. 2012, § 263 Rn. 296). Es stellte zu Lasten des Klägers insbesondere darauf ab, dass er zumindest einen Teil der Taten als Bewährungsbrecher aus einer einschlägigen Verurteilung heraus begangen hatte, den Taten eine erhebliche kriminelle Energie zugrunde lag und zum Teil erhebliche Schäden eingetreten waren. Gegen das Urteil des Amtsgerichts legten sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft Berufung ein. Das Landeskriminalamt - Kriminaltechnisches Institut - erstellte unter dem 20. April 2015 ein Behördengutachten. Danach handelt es sich bei der Person auf den Täteraufnahmen am 2. Februar 2013 bei der Bank am ... Platz und bei dem Kläger nach den festgestellten optischen Übereinstimmungen wahrscheinlich um ein und dieselbe Person. In der Hauptverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart am 29. April 2015 nahmen sowohl der Kläger als auch die Staatsanwaltschaft die Berufung zurück.
45 
c) Eine weitere Grundlage für die Prognose des Senats ist der Umstand, dass der Kläger bereits vor der Verurteilung durch das Amtsgericht Stuttgart vom 24. November 2014 einschlägig vorbestraft war. Nachdem der Kläger in den Jahren 2000 und 2002 wegen Betrugsdelikten zu Geldstrafen verurteilt worden war, intensivierte er ab dem Jahre 2005 nach den Feststellungen des Landgerichts Stuttgart im Urteil vom 25. September 2007 seine „Karriere“ auf dem Gebiet der Vermögenskriminalität in Gestalt des Überweisungsbetrugs. Bei sämtlichen 53 Taten, die der Verurteilung vom 25. September 2007 zugrunde lagen und die sich in einem Zeitraum von etwa einem Jahr ereignet hatten, bejahte das Strafgericht ein gewerbsmäßiges Handeln des Klägers. Obwohl anlässlich einer Durchsuchung am 19. Januar 2007 beim Kläger Zettel mit Notizen sichergestellt worden waren, die Bezüge zu Begünstigten von Überweisungsbetrugstaten aufwiesen (Name, Kontodaten), die später unter dem 25. September 2007 abgeurteilt wurden, sowie Blanko-Überweisungsvordrucke einer Bank, bei der der Kläger kein Konto unterhielt, setzte er noch kurze Zeit danach, nämlich am 25. Januar und im Februar 2007, sein kriminelles Verhalten fort. So erstellte er jeweils mit Datum vom 10. Februar 2007 einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des K. W. bei der Sparkasse P.-C. und zugunsten des Kontos B. H. bei der Postbank M. über einen Betrag von 7.987,09 Euro sowie einen Überweisungsträger zu Lasten des Kontos D. K. H. bei der Volksbank N. und zugunsten des Kontos des D. B. L. bei der Postbank M. in Höhe von 4.979,99 Euro. Ungeachtet dessen, dass ihm allein schon durch die Hausdurchsuchung bewusst gewesen sein musste, dass die Polizei ihn verdächtigte, bewirkte dies beim Kläger kein Unterlassen weiteren kriminellen Verhaltens. Auch die durch das Amtsgericht Stuttgart am 28. März 2007 angeordnete Untersuchungshaft und die daran anschließende Verbüßung der Strafhaft bis 18. November 2009 beeindruckten den Kläger offensichtlich in keiner Weise. Noch unter Bewährung nach § 57 StGB stehend und in Kenntnis der Inhalts des Duldungsvergleichs vom 21. Juli 2009 wurde der Kläger ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut auf dem Gebiet des Konto-bzw. Überweisungsbetrugs tätig.
46 
d) Es gibt keine Gründe, die den Senat daran hindern würden, für seine Prognose diese strafrechtlichen Verurteilungen zu verwerten. Der Kläger hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dahingehend geäußert, die Verurteilung 2014 sei zu Unrecht erfolgt. Seine Fingerabdrücke seien auf einer „Blanko-Überweisung“ gewesen, die er 2009 einem Bekannten gegeben habe. Die Polizei habe aus den Fingerabdrücken geschlossen, dass er es gewesen sei. Das sei aber falsch. Die Klamotten, die auf dem Lichtbild gewesen seien, habe er schon seit Jahren nicht mehr. Man habe Fotos von ihm aus dem Jahre 2005 verwendet. Jeder könne über einen Laptop alte Bilder einspielen. In der Verhandlung im Jahr 2014 sei erst ein Kripo-Beamter vernommen worden. Dieser habe gesagt, er gehöre einer Bande an, die von Stuttgart bis Köln aktiv sei. Er habe gesagt, er habe nichts damit zu tun. Es sei dann ausgehandelt worden, dass er die Berufung zurücknehme und er dafür ins „Freigängerheim“ komme.
47 
Aus den vom Senat beigezogenen Straf- bzw. Strafvollstreckungsakten ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass tatsächlich zu irgendeinem Zeitpunkt eine Verständigung nach § 257c StPO vorgelegen hätte oder eine sonstige Abrede getroffenen worden wäre. Für den Senat belegen diese Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vielmehr, dass er auch die Zeit in der erneuten Haft bislang nicht genutzt hat, um sich zu seinen Straftaten tatsächlich zu bekennen und sich mit diesen kritisch auseinanderzusetzen. So ist in diesem Zusammenhang im Übrigen auffällig, dass er in der Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Stuttgart am 4. November 2014 angegeben hatte, er sei im Jahre 2007 zu Unrecht verurteilt worden (Protokoll des Amtsgerichts vom 04.11.2015, Strafakte 104 Ls 91 Ls 4507/13, Bl. 763, 766), obwohl er damals vor dem Landgericht - wenn auch im Wege einer pauschalen Verteidigererklärung - die Taten eingeräumt hatte. Das Landgericht Stuttgart hatte keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass dieses Geständnis nicht der Wahrheit entsprechen würde, da es sich mit den Angaben der vernommenen Zeugen deckte (Strafurteil vom 25.09.2007, Bl. 11), und berücksichtigte dieses Geständnis im Rahmen der Strafzumessung erheblich strafmildernd (a.a.O., Bl. 12).
48 
Der Heranziehung der Straftaten, die Gegenstand einer älteren Verurteilung sind, steht auch nicht der Gedanke des Verbrauchs entgegen, weil diese Anlass eines früheren Ausweisungsverfahren gewesen sind, das mit einem gerichtlichen Vergleich vom 21. Juli 2009 beendet worden ist und infolge dessen der Kläger drei Jahre nach Haftentlassung wieder in den Besitz der Niederlassungserlaubnis gelangt ist.
49 
Zwar ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts grundsätzlich anerkannt, dass Ausweisungsgründe bzw. nunmehr Ausweisungsinteressen in Anwendung des Grundsatzes des Vertrauensschutzes einem Ausländer nur dann und so lange entgegengehalten werden dürfen, als sie noch aktuell und nicht verbraucht sind und die Ausländerbehörde auf ihre Geltendmachung nicht ausdrücklich oder konkludent verzichtet hat (vgl. BVerwG, Urteile vom 03.08.2004 - 1 C 30.02 -, BVerwGE 121, 297 <313> und vom 15.03.2005 - 1 C 26.03 -, BVerwGE 123, 114 <121 f.>). Aus der Ableitung dieser Kriterien aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes folgt jedoch, dass die Ausländerbehörde einen ihr zurechenbaren Vertrauenstatbestand geschaffen haben muss, aufgrund dessen der Ausländer annehmen kann, ihm werde ein bestimmtes Verhalten im Rahmen einer Ausweisung nicht entgegengehalten. Zudem muss ein hierauf gegründetes Vertrauen des Ausländers schützenswert sein (siehe insgesamt BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 3.16 -, juris Rn. 39). Im vorliegenden Fall fehlt es jedenfalls an einem schutzwürdigen Vertrauen des Klägers. (Geschäfts-)Grundlage des Vergleichs ist gewesen, dass der damals in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht anwaltlich vertretene Kläger sich drei Jahre lang nach Haftentlassung keine vorsätzliche Straftat zu Schulde kommen lässt. Hieran hat sich der Kläger aber offensichtlich nicht gehalten.
50 
e) Der Kläger ist im Rahmen seines strafrechtlichen Verhaltens stets ideenreich, organisiert und planvoll vorgegangen. Was ihn letztlich zu den Straftaten bewegt hat, hat er nicht offenbart. Es gibt keine erkennbaren tatsächlichen Änderungen in seinen Lebensverhältnissen, die den Schluss nahelegen würden, dass sich trotz immer wieder aufgetretenen Urkundenfälschungen und Betrugshandlungen im Zusammenhang mit Kontoeröffnungen, Überweisungen oder sonstigen Verfügungen über Konten solches in Zukunft nicht mehr ereignen würde. Der Kläger verfügt nach wie vor nicht über eine abgeschlossene Berufsausbildung und in der Vergangenheit haben sich Zeiten von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit abgewechselt (vgl. hierzu auch die vom Kläger mit Schriftsatz vom 27.07.2016 vorgelegten Unterlagen). Nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht sondern auch mit Blick auf die persönliche Situation des Klägers lassen sich keine belastbaren stabilisierenden Faktoren erkennen. Er ist bei Begehung der mit Strafbefehl vom 25. Februar 2002 abgeurteilten vier Fälle des Überweisungsbetrugs alleinstehend gewesen. Bei Beginn der Serie von Straftaten, die dem Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007 zugrunde liegen, hat bereits eine familiäre Lebensgemeinschaft mit seiner heutigen Partnerin und zwei in den Jahren 2003 und 2005 geborenen Töchtern bestanden. Die Straftaten ab Sommer 2012 sind zu einem Zeitpunkt erfolgt, zu dem der familiären Lebensgemeinschaft eine weitere Tochter angehört hat. Dass seine drei Töchter und Lebenspartnerin der entscheidende Antrieb wären, „künftig nichts mehr anzustellen“ (vgl. seine Angaben in der mündlichen Verhandlung), lässt sich nicht objektivieren.
51 
Der Kläger zeichnet sich bislang vor allem durch eine fehlende Einsicht und Aufarbeitung seines strafrechtlichen Verhaltens aus. Er hat sich mit seinen Straftaten bis heute nicht ernsthaft auseinandergesetzt. Die gilt insbesondere auch für seine letzte Verurteilung, deren Richtigkeit der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestritten hat. Dies belegt zudem sein Agieren in der Justizvollzugsanstalt. So hat die Justizvollzugsanstalt Ulm am 9. Juli 2015 in einem Vermerk über das Erstgespräch unter anderem festgehalten, der Kläger habe sich eher zurückhaltend und wortkarg verhalten. Zu den Taten befragt, habe er kaum Angaben gemacht. Er streite seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Die an ihn gerichteten Fragen habe er kurz und knapp beantwortet, eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Fehlverhalten habe bislang wohl eher noch nicht stattgefunden. Das weitere Vollzugsverhalten bleibe abzuwarten. Anhaltspunkte für eine psychische Problematik bzw. eine psychologische/psychotherapeutische Indikation wurden nicht festgestellt. In einem Führungsbericht vom 10. November 2015 führte die Justizvollzugsanstalt wiederum aus, zu seinen Taten befragt habe der Kläger im Anamnesegespräch kaum Angaben gemacht. Er streite im Wesentlichen seine Tatbeteiligung wie bereits vor Gericht ab. Aus einer Stellungnahme der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 16. Juni 2016, die zum erfolglosen Antrag des Klägers vom 28. Mai 2016 auf Aussetzung der Vollstreckung der mit Urteil des Amtsgerichts Stuttgart verhängten Gesamtfreiheitsstrafe nach Verbüßung der Hälfte zur Bewährung erstellt worden ist, heißt es unter anderem, der Kläger sei kein Erstverbüßer und Bewährungsbrecher; eine Einsicht in sein Fehlverhalten sei bei ihm nicht zu erkennen. Aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt H. vom 1. Februar 2017 ergibt sich nichts Gegenteiliges. Eine bewährungsweise Entlassung wurde seitens der Justizvollzugsanstalt H. auch für den Antrag des Klägers vom 7. November 2016 auf Strafaussetzung zur Bewährung nach Verbüßung von Zweidritteln der Strafe nicht befürwortet.
52 
Soweit sich der Kläger selbst zu seinem strafrechtlichen Werdegang äußert, sind die Angaben pauschal und blenden die Tragweite der eigenen Verantwortung, Hintergründe und Folgen für die Opfer der Straftaten aus. So hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erklärt, er wolle sich zunächst für alles, was passiert sei, entschuldigen. Er leide selbst schon. Er wolle sich nunmehr um seine Familie kümmern und seinen Kindern ein guter Vater sein. Er bereue seine Taten sehr und merke, wie seine Familie leide. Seine Straftaten seien Dummheiten gewesen. Er wisse auch nicht, wie es dazu gekommen sei. Er hätte nur Leuten helfen wollen. Er sei zwar als Einzeltäter verurteilt worden, tatsächlich hätten aber mehrere gehandelt. Er habe die Taten nicht so richtig begangen, sondern nur anderen Leuten geholfen und das Helfen sei etwas anderes. Mit den Leuten stehe er aktuell nicht in Kontakt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat beklagte er vor allem die Situation seiner Töchter, die mit seiner Inhaftierung leben müssten, ohne sich jedoch zu seinem eigenen Fehlverhalten zu bekennen. Dass es dem Kläger an einem kritischen Umgang mit sich selbst mangelt, ist auch daran zu erkennen, dass er den Grund für seine Verlegung von der Justizvollzugsanstalt Ulm mit einer offenen Vollzugsform in den geschlossenen Vollzugs der Justizvollzugsanstalt H. allein bei anderen sieht.
53 
Auch die Haltung der Staatsanwaltschaft Stuttgart und der Strafvollstreckungskammer anlässlich des Antrags des Klägers auf Aussetzung des Strafrestes nach zwei Drittel verdeutlichen das Fortbestehen der vom Kläger ausgehenden Gefahr. Die Staatsanwaltschaft Stuttgart ist diesem Antrag unter Hinweis unter anderem auf die mehrfach einschlägigen Vorstrafen, den Bewährungsbruch und die hohe kriminelle Energie entgegen getreten. Ausweislich des Protokolls über die mündliche Anhörung vor der Strafvollstreckungskammer am 9. Februar 2017 hat der Kläger erklärt, dies sei seine letzte Straffälligkeit, er habe eine Familie mit drei Kindern, er habe draußen als Lagerfachkraft bei der Firma F. seine Arbeit gemacht. Dort möchte er nach der Haftentlassung wieder arbeiten. Eine konkrete Arbeitszusage habe er nicht. Die Strafvollstreckungskammer hat dem Protokoll zufolge erläutert, dass nach derzeitiger Einschätzung keine Strafaussetzung zur Bewährung in Betracht komme, insbesondere im Hinblick auf die einschlägigen und mehrfachen Vorstrafen und die letzte Haftverbüßung, die ihn nicht davon abgehalten habe, erneut straffällig zu werden. Am 14. Februar 2017 hat der Kläger seinen Antrag auf Aussetzung des Strafrests zurückgenommen.
54 
Die Tatsache, dass der Strafvollzug des Klägers entsprechend den Stellungnahmen der Justizvollzugsanstalt H. beanstandungsfrei verläuft, relativiert die Gefahrenprognose nicht. Der Kläger hatte auch in der Vergangenheit immer wieder längere Zeiten - auch in Freiheit - , in denen er nicht aufgefallen, jedoch dann erneut in unverändert kriminelle Verhaltensmuster zurückgefallen ist.
55 
3.) Dem öffentlichen Ausweisungsinteresse stehen besonders schwerwiegende Bleibeinteressen des Klägers und seiner Familie gegenüber. Die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG sind mit Blick auf die in der Vergangenheit geführte und nach Haftentlassung geplante Fortsetzung der familiären Lebensgemeinschaft mit den drei deutschen minderjährigen Kindern, für die er auch das Personensorgerecht wahrnimmt, gegeben. Zudem hat der Kläger - im Zeitpunkt der Ausweisungsverfügung - eine Niederlassungserlaubnis besessen und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten. Die auf der Grundlage des gerichtlichen Vergleichs vom 21. Juli 2009 erfolgte Aufhebung der Ausweisung unter dem 6. Dezember 2012 und Erteilung der Niederlassungserlaubnis unter Hinweis auf § 84 Abs. 2 Satz 3 AufenthG führen dazu, dass die Voraussetzungen auch nach § 55 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegen. Da die Regelung allein auf den tatsächlichen Besitz der Niederlassungserlaubnis abstellt, kommt es hier nicht darauf an, dass der Kläger noch unter der Geltung der „Bewährungszeit“ des Duldungsvergleichs von drei Jahren ab der Haftentlassung - bis 18. November 2009 war er inhaftiert - ab Ende Juli / Anfang August 2012 erneut einschlägig straffällig geworden und damit die Grundlage und die Intention des Vergleichs letztlich unterlaufen hat. Die Bewertung eines solchen Sachverhalts erfolgt nach der Konzeption des Gesetzes ggfs. im Rahmen der Gesamtabwägung.
56 
4.) Das öffentliche Interesse an der Ausreise des Klägers überwiegt die Interessen an seinem weiteren Verbleib im Bundesgebiet deutlich.
57 
§ 53 Abs. 1 AufenthG verlangt für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Diese sind, nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere die Dauer des Aufenthalts des Ausländers, seine persönlichen, wirtschaftlichen und sonstigen Bindungen im Bundesgebiet und im Herkunftsstaat oder in einem anderen zur Aufnahme bereiten Staat, die Folgen der Ausweisung für Familienangehörige und Lebenspartner, sowie - in der seit dem 17. März 2016 geltenden Fassung - die Tatsache, ob sich der Ausländer rechtstreu verhalten hat, wobei die in Absatz 2 aufgezählten Umstände weder abschließend zu verstehen sind, noch nur zu Gunsten des Ausländers ausfallen müssen. Zudem sind stets die grund- und konventionsrechtliche Stellung des Ausländers und seiner Familie und die sich daraus ergebenden Gewichtungen in den Blick zu nehmen. Umstände im Sinne des § 53 Abs. 2 AufenthG prägen den Einzelfall insoweit, als sie über die den vertypten Interessen zugrunde liegenden Wertungen hinausgehen, diese unterschreiten oder ihnen entgegenstehen. Insbesondere ist hier der Frage nachzugehen, ob und in welchem Maße die konkreten Umstände des Einzelfalles signifikant von vertypten gesetzlichen Wertungen abweichen. Sind im konkreten Fall keine Gründe von erheblichem Gewicht - etwa auch solche rechtlicher Art - ersichtlich, die den gesetzlichen Wertungen der §§ 54, 55 AufenthG entgegenstehen, wird regelmäßig kein Anlass bestehen, diese Wertungen einzelfallbezogen zu korrigieren. Eine schematische und alleine den gesetzlichen Typisierungen und Gewichtungen verhaftete Betrachtungsweise, die einer umfassenden Bewertung der den Fall prägenden Umstände, jeweils entsprechend deren konkreten Gewicht, zuwiderlaufen würde, verbietet sich ebenso (BVerfG, Beschluss vom 10.05.2007 - 2 BvR 304/07 -, NVwZ 2007, 946) wie eine „mathematische“ Abwägung im Sinne eines bloßen Abzählens von Umständen, die das Ausweisungsinteresse einerseits und das Bleibeinteresse andererseits begründen (vgl. etwa VGH Bad.-Württ., Urteil vom 13.01.2016 - 11 S 889/15 - juris Rn. 141 ff.; Beschluss vom 11.04.2016 - 11 S 393/16 -, juris Rn. 29 ff.; OVG NRW, Urteil vom 10.05.2016 - 18 A 610/14 -, juris Rn. 76 f.). Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem ergänzend die vom Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Rahmen seiner Rechtsprechung zu Art. 8 EMRK hierzu entwickelten Kriterien heranzuziehen (vgl. zu den sog. „Boultif-Üner-Kriterien“ insbesondere EGMR, Urteile vom 18.10.2006 - 46410/99 <Üner> -, NVwZ 2007, 1279 und vom 02.08.2001 - 54273/00 -, InfAuslR 2001, 476 -; ausführlich auch: Bauer, in: Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 11. Aufl., 2016, Vorb §§ 53-56 AufenthG, Rn. 95 ff. und Mayer, VerwArch 2010, 482 <530 ff.>, m.w.N.)
58 
Hiervon ausgehend ist zu Gunsten des Klägers zu berücksichtigen, dass er seit 1990 seinen Lebensmittelpunkt in Deutschland hat und über einen langjährigen und legalen Aufenthalt im Bundesgebiet verfügt. Er hat zwar keinen im Bundesgebiet allgemein anerkannten Bildungs- bzw. Berufsabschluss, er ist hier jedoch immer wieder erwerbstätig gewesen und hat nach seinen Angaben nach seiner Haftentlassung Aussicht auf einen Arbeitsplatz. Er hat Möglichkeiten genutzt, sich Fähigkeiten anzueignen, mit denen bessere berufliche Perspektiven verbunden sein können, wie die Qualifizierung zur Lagerfachkraft im Jahre 2000 oder der Erwerb von Kenntnissen im Bereich Microsoft Excel 2000. Der Kläger spricht - wovon sich der Senat anlässlich der mündlichen Verhandlung hat überzeugen können - ein alltagstaugliches Deutsch.
59 
Von besonderer Bedeutung sind die familiären Bindungen. Der Kläger hat in Deutschland eine Familie gegründet. Wie insbesondere aus seinen Erklärungen in der Berufsverhandlung deutlich geworden ist, ist sein Verhältnis zu seinen drei deutschen Töchter, die den Kindergarten bzw. die weiterführende Schule besuchen, von einer wechselseitig innigen emotionalen Beziehung geprägt. Er nimmt - selbst unter den erschwerten Bedingungen des geschlossenen Vollzugs - aktiv am Leben der Kinder teil und hat in der mündlichen Verhandlung insbesondere von den musikalischen Talenten der beiden größeren Töchtern näher berichtet. Seine Lebensgefährtin schöpft mit den Kindern die in der Vollzugsanstalt zulässigen Besuche aus. Der Kläger nutzt mit seinen Töchtern zudem mittlerweile das Vater-Kind-Projekt der Justizvollzugsanstalt, welches ihnen ermöglicht, mehr Zeit als bei einem Regelbesuch üblich miteinander zu verbringen. Nicht nur die drei am 16. Dezember 2003, 7. Oktober 2005 und 27. Dezember 2011 geborenen Töchter, die sich aufgrund ihres Alters in unterschiedlichen Entwicklungsstufen befinden, haben ein außerordentlich hohes Interesse daran, dass ihr Vater im Bundegebiet verbleibt; dies gilt mit Blick auf die familiäre Lebensgemeinschaft gleichermaßen für die Lebensgefährtin und den Kläger selbst. Ihm kommt das Recht und die Aufgabe zu, als Vater für seine Kinder - auch emotional - zu sorgen. Seine Ausweisung - zumal sie zu seiner Trennung von den übrigen Familienmitgliedern führt - ist vor diesem Hintergrund ein erheblicher Eingriff in das auch durch Art. 8 Abs. 1 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens.
60 
Zu Lasten des Klägers ist die Schwere der begangenen Straftaten, deren Aburteilung zum Entstehen des Ausweisungsinteresses nach § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geführt hat, zu berücksichtigen. Neben der bereits oben festgestellten außerordentlich hohen Wiederholungsgefahr betrügerischer Vermögenskriminalität, fällt auch seine fehlende Bereitschaft bzw. Fähigkeit zur Rechtstreue ins Gewicht. Die Anzahl der Einträge im Zentralregister sprechen für sich.
61 
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers haben die öffentlichen Interessen an einer Ausreise im Hinblick auf die drei deutschen Kinder nicht deshalb zurückzutreten, weil dieser keine Gewaltdelikte begangen hat, die sich gegen elementare Rechtsgüter wie Leib und Leben richten, sondern sich seine Verfehlungen primär auf dem Gebiet des Vermögensstrafrechts ereignet haben. Die Gesamtabwägung unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes führt hier vielmehr auch unter Berücksichtigung des sehr hohen Gewichts der familiären Bindungen zu einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung.
62 
Bei den vom Kläger begangenen Straftaten handelt es sich um gewerbsmäßig begangene Betrugsdelikte in erheblicher Anzahl, überwiegend in Gestalt des Überweisungsbetrugs, die teilweise von Urkundenfälschungen begleitet worden sind. Der Kläger ist - wenn auch immer wieder mit „Pausen“ - seit dem Jahre 2001 auf diesem Gebiet „aktiv“. Es ist nicht ersichtlich, dass er sich aus für sein Leben atypischen Situationen, etwa einer einmalig erlebten finanziellen Bedrängnis, zu solchen Taten hat hinreißen lassen. Vielmehr drängt sich der Schluss auf, dass er der geltenden (Strafrechts-)Ordnung ungeachtet seines langjährigen Aufenthalts im Bundesgebiet einfach keine Bedeutung beimisst, sondern allein so agiert, wie es ihm in den Sinn kommt und hierbei bereit ist, zum eigenen Vorteil und zur Verschaffung einer regelmäßigen Einnahmequelle anderen Menschen erheblichen finanziellen Schaden zuzufügen. Zu den Konten, die der Kläger „anzapfte“ oder „anzapfen“ wollte, gehören solche von Privatpersonen, von Firmen oder von Vereinen, wobei die Beträge, die in den Überweisungsträgern ausgewiesen waren, durchaus nicht unerheblich waren. Exemplarisch verdeutlichen dies die Taten Nr. 6 und 7, die durch das Amtsgericht Stuttgart unter dem 25. November 2014 abgeurteilt wurden, mit Überweisungsbeträgen von 6.800 Euro bzw. 6.885,96 Euro, und die Taten Nr. 14 und Nr. 38 im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2007, bei denen es um 9.787,97 Euro (zu Lasten eines Vereins) bzw. 45.767,07 Euro (zu Lasten einer Schreinerei) handelte. Die Handlungen des Klägers waren allein bei den Straftaten, die Gegenstand der landgerichtlichen Verurteilung waren, auf ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen in Höhe von nahezu 459.000 Euro gerichtet. Bei seinen Taten ging der Kläger unter Benutzung verschiedener falscher Identitäten und unterschiedlicher Konten sehr professionell vor. Eine besondere Brisanz erhält die kriminelle Laufbahn des Klägers auch dadurch, dass er nicht allein und teilweise zudem grenzüberschreitend agiert hat (vgl. hierzu die Feststellungen im Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 25. September 2009 unter II.), aber auch insoweit bis heute „keinen reinen Tisch gemacht hat“. Dass bei etlichen Taten eine Schädigung der tatsächlichen Kontoinhaber bzw. der Geldinstitute letztlich vermieden und der Kläger durch die Polizei gefasst werden konnte, beruht allein darauf, dass andere Menschen aufgepasst bzw. interne und externe Kontrollsysteme funktioniert haben. Solche Zufälligkeiten entlasten den Kläger aber nicht. Bezeichnender Weise hat er im Übrigen immer wieder selbst festgestellt, dass Überweisungen durch die Bank nicht ausgeführt worden sind. Das hat ihn aber gerade nicht abgeschreckt. Mit den kriminellen Handlungen fuhr er unverändert fort.
63 
Die vom Kläger ausgehende außerordentlich hohe Wiederholungsgefahr (siehe oben I.2.) von betrügerischen Aktionen im Bereich des bargeldlosen Transfers von Geldern unter Einschaltung einer Bank, auf dessen Funktionieren und korrekte Abwicklung der Einzelne, aber auch letztlich ein Wirtschaftssystem angewiesen sind, rechtfertigt die durch die Ausweisung herbeigeführte Trennung von seinen Familienmitgliedern (zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit siehe Funke-Kaiser, Fragen des novellierten Aufenthaltsrechts, in: Dokumentation, 18. Deutscher Verwaltungsgerichtstag, Hamburg 2016, S. 221, 235).
64 
Die minderjährigen deutschen Töchter des Klägers sind faktisch nicht gezwungen den Kläger zu begleiten, sondern können weiter im Bundesgebiet leben. Da ihre Mutter über einen in der Vergangenheit stets verlängerten und aktuell bis 12. Januar 2019 gültigen Aufenthaltstitel nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AufenthG verfügt, ist gewährleistet, dass ein erziehungsberechtigter drittstaatsangehöriger Elternteil im Bundesgebiet verbleibt, weshalb die Kinder nicht das Unionsgebiet als Ganzes verlassen müssen (vgl. zu diesen Aspekten EuGH, Urteil vom 13.09.2016 - C-304/14 - CS, Rn. 24 ff.; u.a. in Anknüpfung an das Urteil vom 08.03.2011 - C-34/09 - Ruiz Zambrano; siehe schon VGH Bad.-Württ., Urteil vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, juris Rn. 34). Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die gravierende Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender, ggf. existenzieller Bedeutung wäre. Das Leben der Töchter ist durch die Inhaftierung des Klägers davon geprägt, dass sie ihren Vater im Alltag schon seit längerer Zeit nicht um sich haben. Die beiden älteren Töchter haben diese Erfahrungen auch schon zuvor ab dem Jahre 2007 gemacht. Zwar ist die Aufrechterhaltung von familiären Beziehungen und Kontakten bei einem Aufenthalt des Klägers in Angola gegenüber der derzeitigen Situation deutlich erschwert, unmöglich ist dies jedoch auch mit Blick auf das Alter der Töchter nicht. Hinzu kommt, dass durch die Befristung der Wirkungen des mit der Ausweisung verbundenen Einreise- und Aufenthaltsverbots (siehe nachfolgend II.) und der Möglichkeit für den Kläger, danach zu seinen deutschen Kindern zurückzukehren, die Trennung perspektivisch begrenzt ist. Da der Kläger bis zum Alter von etwa 17 Jahren in Angola gelebt und aktuell auch noch portugiesisch beherrscht, steht zu erwarten, dass er sich dort zurecht finden wird - zumal er im Jahre 2005 im Rahmen der Vorbereitungen auf die Fußball-WM zu Besuch in Angola gewesen ist und seine Partnerin, die im April 2002 in das Bundesgebiet eingereist ist, ebenfalls aus Angola stammt. Nach dem Vermerk der Justizvollzugsanstalt Ulm vom 9. Juli 2015 zum Erstgespräch mit dem Kläger leben zudem zwei jüngere Schwestern von ihm in Angola.
II.)
65 
Dem Kläger steht die hilfsweise begehrte Verpflichtung des Beklagten, unter Aufhebung der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 4 des Bescheids des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über die Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu entscheiden, nicht zu.
66 
1.) Der Kläger hat eine - logisch vorrangige - (hilfsweise) Verpflichtung des Beklagten über die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden, nicht beantragt. Für einen solchen Antrag gibt es auch keine Veranlassung. Der Beklagte hat in der angefochtenen Verfügung hierzu keine Entscheidung getroffen; dies ist nicht zu beanstanden.
67 
Nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG kann das Einreise- und Aufenthaltsverbot zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist nach Absatz 2 verkürzt werden. Aus den vorstehenden Ausführungen zur Rechtmäßigkeit der Ausweisung unter I. ergibt sich jedoch, dass die vom Kläger ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung, deren Abwehr das Einreise- und Aufenthaltsverbot dient, fortbesteht und das öffentliche Interesse an der Ausreise schutzwürdige Belange des Ausländers überwiegt. Erweist sich eine Ausweisung als rechtmäßig, ist es nach den hierfür notwendigen Voraussetzungen ausgeschlossen, dass zum gleichen Zeitpunkt, der für die Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Ausweisung maßgeblich ist, Anlass für die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu diesem Zeitpunkt bestehen könnte. Würde sich eine Ausweisung hingegen als rechtswidrig erweisen, beispielsweise wegen einer nach Erlass der Verfügung eingetretenen Änderung der Sach- oder Rechtslage, wäre sie mit Wirkung ex tunc aufzuheben (BVerwG, Urteil vom 04.10.2012 - 1 C 13.11 -, juris Rn. 21 ff.), so dass ebenfalls kein Raum für eine Entscheidung nach § 11 Abs. 4 Satz 1 AufenthG wäre. Soweit das Bundesverwaltungsgericht der Auffassung ist, dass seit der zum 1. August 2015 in Kraft getretenen gesetzlichen Neuordnung der Regelungen zur Beseitigung der Wirkungen einer Ausweisung die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots einer eigenständigen, von der Befristung zu trennenden Entscheidung bedarf, die von der Ausländerbehörde nicht nur nachträglich, sondern zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers auch schon zusammen mit der Ausweisung getroffen werden kann (BVerwG, Urteil vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 15), hatte für die Ausländerbehörde im vorliegenden Fall kein Grund für eine solche Ermessensentscheidung bestanden. Im Übrigen liegt der Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots - anders als der Befristung - keine Prognose zugrunde, so dass im maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen hierfür vorliegen müssen.
68 
2.) Die Ausländerbehörde hat bei der Befristung des mit einer Ausweisung verbundenen gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots seit Inkrafttreten des § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG durch das Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts und der Aufenthaltsbeendigung vom 27. Juli 2015 über die Länge der Frist nach Ermessen zu entscheiden (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 19 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 65 f.). Der Senat hält an seiner bislang vertretenen Auffassung, wonach es sich hierbei trotz des Wortlauts um eine gebundene Entscheidung handelt (grundlegend Senatsurteil vom 09.12.2015 - 11 S 1857/15 -, juris), aus Gründen der Rechtseinheit nicht mehr fest.
69 
Dem Bundesverwaltungsgericht zufolge ändert das Erfordernis einer Ermessensentscheidung nichts am behördlichen Prüfprogramm, wie es von diesem im Urteil vom 10. Juli 2012 (1 C 19.11 -, juris Rn. 42) entwickelt worden ist (vgl. auch schon BVerwG, Urteil vom 14.02. 2012 - 1 C 7.11 -, juris Rn. 28 f.). Die Ausländerbehörde muss bei der allein unter präventiven Gesichtspunkten festzusetzenden Frist das Gewicht des Ausweisungsinteresses und den mit der Ausweisung verfolgten Zweck berücksichtigen. Hierzu bedarf es in einem ersten Schritt der prognostischen Einschätzung im Einzelfall, wie lange das Verhalten des Betroffenen, das seiner Ausweisung zugrunde liegt, das öffentliche Interesse an der Gefahrenabwehr zu tragen vermag. Die auf diese Weise an der Erreichung des Ausweisungszwecks ermittelte Höchstfrist muss von der Behörde in einem zweiten Schritt an höherrangigem Recht, d.h. verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen (Art. 2 Abs. 1, Art. 6 GG) und den unions- und konventionsrechtlichen Vorgaben aus Art. 7 GRC und Art. 8 EMRK, gemessen und ggf. relativiert werden. Dabei sind von der Ausländerbehörde nicht nur die nach § 55 Abs. 1 und 2 AufenthG schutzwürdigen Bleibeinteressen des Ausländers in den Blick zu nehmen, sondern bedarf es nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auf der Grundlage der Umstände des Einzelfalles einer umfassenden Abwägung aller betroffenen Belange (BVerwG, Urteile vom 22.02.2017 - 1 C 27.16 -, juris Rn. 23 ff. und - 1 C 3.16 -, Rn. 66).
70 
Das Regierungspräsidium hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unter Zugrundelegung der Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. im Einzelnen Bl. 17 ff. der Verfügung) das Einreise- und Aufenthaltsverbot anhand einer zweistufigen Prüfung auf fünf Jahre nach Ausreise oder Abschiebung befristet. Das Verwaltungsgericht hat - allerdings unter Bezugnahme auf das Urteil des erkennenden Senats vom 9. Dezember 2015 und damit unter Zugrundelegung der bisherigen Auffassung des Senats zum gebundenen Charakter der Befristungsentscheidung - in seinem Urteil die vom Beklagten festgesetzte Länge des Einreise- und Aufenthaltsverbots mit Blick auf die familiären Belange insoweit aufgehoben, als die Frist in Ziffer 4 des Bescheids vom 30. Januar 2016 drei Jahre und sechs Monate übersteigt. Der Beklagte hat hiergegen kein (Anschluss-) Rechtsmittel eingelegt. Dass diese für den Beklagten verbindliche Länge der Sperrfrist von drei Jahre und sechs Monaten, die unterhalb der Fünf-Jahres-Frist nach § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG liegt, zu Lasten des Klägers im Ergebnis fehlerhaft wäre, ist mit Blick auf die von ihm ausgehende Gefährlichkeit (siehe oben u.a. I. 2.) nicht ersichtlich; es ergeben sich ferner keine Anhaltspunkte dafür, aufgrund der bereits oben unter I. dargestellten familiären Situation und weiterer individueller Belange könnte eine noch kürzere Dauer des Einreise- und Aufenthaltsverbots im Raum stehen. Es sind insbesondere auch nach Erlass der Verfügung keine weiteren Änderungen tatsächlicher Art eingetreten, die zu Gunsten des Klägers wirken und Anlass für neue bzw. ergänzende Ermessenserwägungen bei dem Beklagten sein könnten.
71 
Dass der Beklagte das durch eine Abschiebung eintretende Einreise- und Aufenthaltsverbot hinsichtlich der Länge gleichlaufend mit den Folgen der Ausweisung im Sinne einer einheitlichen Regelung ausgestaltet hat, verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
72 
Im Übrigen bleibt es dem Kläger unbenommen, einen Antrag auf Verkürzung des Einreise- und Aufenthaltsverbots zu stellen, wenn sich die Gefährdungssituation günstiger als erwartet entwickeln sollte oder neue persönliche bzw. familiäre Umstände eine andere, günstigere Entscheidung angezeigt erscheinen ließen.
III.)
73 
Die Klage gegen die Abschiebungsandrohung bleibt ebenfalls ohne Erfolg.
74 
Ziffer 3 der Verfügung vom 30. Januar 2016 ist unter Berücksichtigung der Begründung im angefochtenen Bescheid dahingehend auszulegen, dass für den Fall der Entlassung aus der Haft der Kläger aufgefordert wird, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb eines Monats nach Bestandskraft der Ausweisung zu verlassen und ihm für den Fall der nicht freiwilligen Ausreise innerhalb dieser Frist die Abschiebung nach Angola angedroht wird. Entsprechendes soll gelten, falls - was aber nicht geschehen ist - der Sofortvollzug angeordnet wird. Die Frist von einem Monat ist auszulegen als 31 Tage (BVerwG, Urteil vom 10.07.2012 - 1 C 19.11 -, juris Rn. 44). Für den Fall, dass sich der Kläger bei Bestandskraft der Ausweisung (oder deren sofortiger Vollziehbarkeit) noch in Haft befindet, wird ihm mit Ziffer 2 der Verfügung die Abschiebung ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht, wobei die unterbliebene Fristsetzung nach der Begründung des Bescheids allein auf § 59 Abs. 5 AufenthG beruht.
75 
Entgegen der Auffassung des Klägers ist seine Abschiebung nach Angola nicht deshalb unzulässig, weil er im Jahre 1990 unter Berufung auf den drohenden Einsatz als Kindersoldat aus Angola geflohen ist (1.). Soweit dem Kläger, der sich im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung mit voraussichtlichem Strafende 31. Dezember 2017 in Strafhaft befindet, die Abschiebung aus der Haft ohne Setzung einer Frist zur freiwilligen Ausreise angedroht wird (§ 59 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG), ist dies nicht zu beanstanden; dies steht insbesondere mit der Richtlinie 2008/115/EG vom 16.12.2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger (ABl. L 348 vom 24.12.2008, S. 98) - RFRL - in Einklang (2.)
76 
1.) Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Angola unzulässiger Zielstaat einer Abschiebung des Klägers mit der Folge der Einschränkung der Abschiebungsandrohung nach § 59 Abs. 3 Satz 2 AufenthG ist. Soweit er ausführt, er sei im Alter von 17 Jahren vor der zwangsweisen Einsetzung als Kindersoldat für den damaligen Diktator geflohen und bei einer Rückkehr nach Angola bestehe für ihn eine Gefahr für Leib und Leben, ist damit ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nicht schlüssig vorgetragen, denn der Kläger hielt sich nach eigenen Angaben etwa 15 Jahre nach seiner Flucht im Jahre 2005 ohne Probleme in Angola auf. Im Übrigen steht bereits der negative Ausgang des Asylverfahrens einer Berufung auf zielstaatsbezogene Abschiebungsverbote entgegen (§ 42 AsylG).
77 
2.) Die Androhung der Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise entspricht den Bestimmungen des nationalen Aufenthaltsrechts (a). Dass dem Kläger nicht die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise eingeräumt worden ist, steht mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang (b). Dies beruht allerdings nicht auf einer „Opt-Out“-Entscheidung des Gesetzgebers auf der Grundlage des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL (aa), sondern basiert auf der vom Kläger ausgehenden Gefahr, die auch ein Unterbleiben der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 Abs. 4 RFRL trägt (bb).
78 
a) Nach § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG bedarf es in den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 AufenthG, d.h. unter anderem dann, wenn der Ausländer sich - wie hier - auf richterliche Anordnung in Haft befindet, keiner Setzung einer Ausreisefrist. Nach nationalem Recht dient eine Ausreisefrist dazu, eine Abschiebung durch eine freiwillige Ausreise vermeiden zu können. Sie bezweckt ferner dem Ausländer zu ermöglichen, seine Lebensverhältnisse in Deutschland abwickeln und ggfs. ein Rechtsschutzverfahren betreiben zu können (vgl. BVerwG, Urteil vom 22.12.1997 - 1 C 14.96 -, juris Rn. 15; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 AufenthG Rn. 105, 147 ). Ausgehend hiervon wird § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG als ein - gegenüber § 59 Abs. 1 Satz 2 AufenthG - spezieller Fall angesehen, in dem die Setzung einer Ausreisefrist entbehrlich ist, weil im Falle der Abschiebung aus der Haft ohnehin keine freiwillige Ausreise möglich ist (so BayVGH, Beschluss vom 12.12.2016 - 10 C 16.2176 -, juris Rn. 8). Mit der Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 2 AufenthG, wonach die Abschiebung mindestens eine Woche vorher angekündigt werden soll, wird der Ausländer in Haftfällen in die Lage versetzt, sich auf das Verlassen des Landes vorzubereiten und ggfs. entsprechende Maßnahmen zu treffen (Hocks, in: Hofmann, AuslR, 2. Aufl., 2016, § 59 AufenthG Rn. 17). Eine solche Konkretisierung des Zeitpunkts der Abschiebung ist im vorliegenden Fall noch nicht erfolgt. Zwar beabsichtigt der Beklagte ausweislich des Hinweises in der Verfügung vom 30. Januar 2016, den Kläger zum Zeitpunkt der Haftentlassung auf der Grundlage der Entscheidung nach § 456a StPO abzuschieben. Eine derartige Entscheidung liegt ausweislich der beigezogenen Akten aber bislang nicht vor.
79 
Nach § 456a StPO kann die Strafvollstreckungsbehörde von der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe, einer Ersatzfreiheitsstrafe oder einer Maßregel der Besserung oder Sicherung unter anderem dann absehen, wenn der Verurteilte aus dem Geltungsbereich des Gesetzes abgeschoben wird. Die Regelung setzt aber voraus, dass diese Maßnahme, d.h. die Abschiebung, bereits bestandskräftig angedroht worden (Schmitt, in: Meyer/Großner/Schmitt, StPO, 59. Aufl., 2016, § 456a Rn. 3; Appl, in: Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Aufl., 2008, § 456a Rn. 3) oder diese zumindest vollziehbar ist und demnächst durchgeführt wird (Klein, in: Graf, StPO, 2010, § 456a Rn. 3). Wann die Staatsanwaltschaft ggfs. von einer weiteren Vollstreckung absieht, ist im vorliegenden Fall ungewiss.
80 
b) Dass dem Kläger auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG die Möglichkeit einer freiwilligen Ausreise nicht eingeräumt wird, steht im vorliegenden Fall mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang.
81 
Das Ziel der Richtlinie 2008/115 ist - wie sich aus ihren Erwägungsgründen 2 und 11 ergibt - die Festlegung einer wirksamen Rückkehr- und Rücknahmepolitik, die auf gemeinsamen Normen und rechtlichen Garantien beruht, die gewährleisten, dass die betreffenden Personen unter vollständiger Achtung der Grundrechte auf menschenwürdige Weise zurückgeführt werden (EuGH, Urteil vom 05.06.2014 - C-146/14 PPU - Mahdi - Rn. 38). Die Richtlinie ist von ihrem Zweck her sowohl ein Rückkehrinstrument als auch ein Menschen- bzw. Grundrechteinstrument, die den Mitgliedstaaten aber nicht unbedeutende Gestaltungsspielräume belässt (näher Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 136 ff.).
82 
aa) § 59 Abs. 5 AufenthG mit der normativen Folge des Unterbleibens einer Frist zur freiwilligen Ausreise ist nicht bereits deshalb mit Unionsrecht in Einklang zu bringen, weil die Bundesrepublik insoweit vom „Opt-Out“ nach Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Gebrauch gemacht hätte.
83 
Nach dieser Bestimmung können die Mitgliedstaaten beschließen, diese Richtlinie nicht auf Drittstaatsangehörige anzuwenden, die nach einzelstaatlichem Recht aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion oder infolge einer strafrechtlichen Sanktion rückkehrpflichtig sind oder gegen die ein Auslieferungsverfahren anhängig ist. Zwar könnte der Wortlaut „infolge“ durchaus daraufhin deuten, dass auch Rückkehrentscheidungen, die im Verwaltungswege erlassen werden, letztlich aber an eine strafrechtliche Verurteilung anknüpfen, unter diese Regelung fallen können (dies jedenfalls für die frühere Ist-Ausweisung nach § 53 AufenthG a.F. annehmend Franßen-de la Cerda, Die Vergemeinschaftung der Rückführungspolitik - das Inkrafttreten der EU-Rückführungsrichtlinie, ZAR 2008, 377, 381; weitergehend Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 164 ff.). Für die Auffassung, dass die 2. Alternative des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL, die auf eine Rückkehrverpflichtung abstellt, die „infolge einer strafrechtlichen Sanktion“ ausgelöst wurde, nur Fälle betrifft, in denen die Rückkehrpflicht unmittelbar aufgrund einer strafrechtlichen Sanktion als Nebenfolge ausgelöst wird (vgl. näher Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 302 ), sprechen nach der Bedeutung der Regelung und ihrer Entstehungsgeschichte die besseren Gründe.
84 
Die Kommission hat während der Beratungen im Rat stets deutlich gemacht, dass die verschiedenen Stufen „Beendigung des legalen Aufenthalts“ und (deswegen danach) illegaler Aufenthalt zu unterscheiden sind und die Rückführungsrichtlinie nur den letzteren Fall erfasst. Verschiedene Mitgliedstaaten, deren Strafrecht bei Delikten von Ausländern auch den Verlust des Aufenthaltsrechts als Strafe oder Nebenstrafe vorsieht, befürchteten, dass durch die Rückführungsrichtlinie in die ihrer alleinigen Kompetenz obliegenden Angelegenheit des nationalen Strafrechts eingegriffen würde. Obwohl sowohl das Europäische Parlament als auch andere Mitgliedstaaten die Auffassung der Kommission, dass die Beendigung des legalen Aufenthalts - auch mit Mitteln des Strafrechts - schon gar nicht vom Anwendungsbereich der Rückführungsrichtlinie erfasst ist, stützten und eine solche Klausel für nicht notwendig erachteten, verlangten diese Länder ausdrücklich eine Optionsregelung. Letztlich ist dem aus Gründen des politischen Pragmatismus entsprochen worden, weil andernfalls die Gefahr des Scheiterns der Richtlinie gedroht hätte (siehe hierzu Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016, § 11 Rn. 20 unter Hinweis auf Lutz, The Negotiations on the Return Directive, 2010, unter 2.2.2, S. 32; siehe auch Franßen-de la Cerda, a.a.O., ZAR 2008, 377, 381; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Immigration and Asylum Law, 2nd Edition. 2016, Part C VII Art. 2 Rn. 15 f.).
85 
Auch der Umstand, dass erhebliche Bewertungsunsicherheiten (vgl. dazu Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG § 59 Rn. 302 ) auftreten würden, wenn man für die 2. Alt des Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL eine Verwaltungsentscheidung genügen lassen würde, die allein oder jedenfalls maßgeblich auf eine vorangegangene strafrechtliche Sanktion gestützt wäre (wie etwa die Versagung der Erteilung eines Aufenthaltstitels aufgrund des Bestehens eines Ausweisungsinteresses nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG wegen einer Straftat), spricht für die restriktive Interpretation.
86 
Eine andere Sichtweise ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 19. September 2013 (C-297/12 - Filev und Osmani - Rn. 50 f.). Das Urteil beruht - entsprechend den Ausführungen in der Vorlage des Amtsgerichts Laufen vom Juni 2012 zu einer Ausweisungsentscheidung aus dem Jahre 1999 - auf der nicht problematisierten Annahme, dass die Bundesrepublik Deutschland mit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 22. November 2011 (BGBl I 2258) von der in Art. 2 Abs. 2 lit. b) der Richtlinie 2008/115 enthaltenen Ermächtigung Gebrauch gemacht habe (vgl. EuGH, Urteil vom 19.09.2013, a.a.O., Rn. 22, 50 ff.). Mangels entscheidungserheblicher Fragestellung sind aber die Problematik der Wirksamkeit und der Reichweite eines „Opt-Out“ keiner näheren Betrachtung durch den Gerichtshof der Europäischen Union unterzogen worden.
87 
Anlässlich des Richtlinienumsetzungsgesetzes 2011 finden sich lediglich Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu, dass bezüglich der Dauer der für ein Einreiseverbot zu bestimmenden Frist explizit von der „Opt-Out“ Möglichkeit Gebrauch gemacht werden solle (vgl. hierzu auch Senatsurteil vom 06.11.2012 - 11 S 2307/11 -, juris Rn. 71). In der Bundestagsdrucksache 17/5470, S. 21 heißt es zu § 11 AufenthG:
88 
„Die in dem neuen Satz 4 vorgesehenen Ausnahmen von der regelmäßigen Höchstfrist von 5 Jahren beruhen auf Artikel 2 Absatz 2 Buchstabe b - gegenüber verurteilten Straftätern wird der Anwendungsbereich der Richtlinie insoweit eingeschränkt - und Artikel 11 Absatz 2 Satz 2 (schwerwiegende Gefahr für die Sicherheit und Ordnung) der Rückführungsrichtlinie. Eine strafrechtliche Verurteilung im Sinne der Ausnahme erfordert das Zugrunde liegen schwerwiegender Straftaten.“
89 
Selbst wenn man der hier nicht geteilten Auffassung wäre, dass Art. 2 Abs. 2 lit. b) RFRL Verwaltungsentscheidungen erfassen könnte, ist nicht ersichtlich, dass die Bundesrepublik auch mit Blick auf die Vorschrift des § 59 Abs. 5 AufenthG insoweit (wirksam) von dem „Opt-Out“ Gebrauch gemacht hätte. Diese Regelung gilt in der vorliegenden Fassung seit dem Richtlinienumsetzungsgesetz vom 19. August 2007 (BGBl I, 1970, 1982) unverändert. Es gibt keine Anhaltspunkte (in einer Gesetzesbegründung), die es erlaubten, ein „Opt-Out“ auch insoweit anzunehmen (vgl. Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 172 ), wenn eine gesetzliche Bestimmung, die vor Inkrafttreten einer Richtlinie bereits gegolten hat, schlicht später beibehalten wird. Ob es aus Gründen der Rechtsklarheit, insbesondere weil die Geltung des Unionsrechts keinen Zweifeln unterliegen darf, sogar geboten sein könnte, dass sich Art und Umfang des „Opt-Out“ aus dem Gesetz selbst ergeben müssen, kann daher hier offen bleiben (vgl. hierzu Lutz, in: Hailbronner/Thym, a.a.O., Art. 2 Rn. 5 f.; siehe zur Frage der Pflicht zur Veröffentlichung des Beschlusses nach Art. 2 Abs. 2 RFRL auch Augustin, Die Rückführungsrichtlinie der Europäischen Union, 2016, S. 179 ff.; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 23.03.2017 - 1 C 17.16 -, juris Rn. 17 zur Frage der Erheblichkeit des Willens, Unionsrecht umzusetzen und anzuwenden).
90 
bb) Aufgrund der vom Kläger im vorliegenden Fall ausgehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung wahrt das in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG vorgesehene Absehen von einer Frist für die freiwillige Ausreise aber die Vorgaben des Art. 7 Abs. 4 RFRL.
91 
Die Richtlinie 2018/115 schreibt vor, welches Verfahren von jedem Mitgliedstaat bei der Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger anzuwenden ist, und legt die Reihenfolge der verschiedenen Schritte fest, die dieses Verfahren nacheinander umfasst. So sieht Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie zunächst vor, dass die Mitgliedstaaten grundsätzlich verpflichtet sind, gegen alle illegal in ihrem Hoheitsgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörige eine Rückkehrentscheidung zu erlassen (EuGH, Urteil vom 28.04.2011 - C-61/11 PPU - El Dridi - Rn. 34 f.). Teil dieser Rückkehrentscheidung ist auch die Entscheidung über eine Frist zur freiwilligen Ausreise nach Art. 7 RFRL. Freiwillige Ausreise bedeutet die Erfüllung der Rückkehrverpflichtung innerhalb der dafür in der Rückkehrentscheidung festgesetzten Frist (Art. 3 Nr. 8 RFRL). Besteht Fluchtgefahr oder ist der Antrag auf einen Aufenthaltstitel als offensichtlich unbegründet oder missbräuchlich abgelehnt worden oder stellt die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die öffentliche Sicherheit oder die nationale Sicherheit dar, so können die Mitgliedstaaten nach Art. 7 Abs. 4 RFRL davon absehen, eine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, oder sie können eine Ausreisefrist von weniger als sieben Tagen einräumen. Auch mit Blick auf die Frage einer Ausreisefrist muss, wie sich aus den Erwägungsgründen 2, 6, 11 und 24 der Richtlinie 2008/115 sowie ihrem Art. 5 ergibt, gemäß den allgemeinen Grundsätzen des Unionsrechts, darunter der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die nach dieser Richtlinie getroffene Entscheidung im Einzelfall verhältnismäßig sein und die Grundrechte der betreffenden Person gebührend berücksichtigen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 69).
92 
Nach Art. 7 Abs. 4 RFRL darf von der Gewährung einer Frist zur freiwilligen Ausreise unter anderem dann abgesehen werden, wenn die betreffende Person eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt. Der Begriff der Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie er in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorgesehen ist, setzt jedenfalls voraus, dass außer der sozialen Störung, die jeder Gesetzesverstoß darstellt, eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr vorliegt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 60). Wie der Senat mit Beschluss vom 30. August 2016 (11 S 1660/16 - InfAuslR 2016, 421) ausgeführt hat, bedarf es hierzu nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union einer individuellen Prüfung des Einzelfalls und kann nicht allein aus der Tatsache geschlossen werden, dass sich der Betreffende in (Straf-)haft befindet (EuGH, Urteil vom 11.06.2015, a.a.O., Rn. 70 ff.; vgl. zur Notwendigkeit der Einzelfallprüfung auch Urteil vom 21.03.2013 - C-522/11 - Mbaye - Rn. 31 f.; Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 7 Rn. 14). Damit stellt der Gerichtshof vor allem sicher, dass die Verhängung (und Vollstreckung) etwa einer Haftstrafe allein wegen unerlaubter Einreise und unerlaubtem Aufenthalt nicht dazu führt, dass die zu Gunsten des Ausländers gewährten Garantien der Rückführungsrichtlinie keine Geltung mehr beanspruchen würden (Lutz, in: Hailbronner/Thym, EU Migration and Asylum Law, 2nd Ed., 2016, Part C VII Art. 1 Rn. 25).
93 
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat allerdings Art. 7 Abs. 4 der Richtlinie 2008/115 auch dahin ausgelegt, dass der Rückgriff auf die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, gar keine Frist für die freiwillige Ausreise zu gewähren, wenn der Drittstaatsangehörige eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt, keine erneute Prüfung der Kriterien erfordert, die bereits geprüft wurden, um das Bestehen dieser Gefahr festzustellen (EuGH, Urteil vom 11.06.2015 - C-554/13 - Z.Zh.; I.O. - Rn. 73).
94 
Im vorliegenden Fall ist der Kläger aufgrund betrügerischer Vermögenskriminalität und Urkundenfälschung inhaftiert. Von ihm geht eine außerordentlich hohe Gefahr aus, dass er insoweit erneut straffällig wird. Die Ausländerbehörde hat unter Berücksichtigung der persönlichen und familiären Bindungen des Klägers und unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zurecht die Ausweisung des Klägers verfügt. Die für die Ausweisung maßgeblichen Gründe tragen zugleich die Annahme einer tatsächlichen, gegenwärtigen und erheblichen Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Dies erschließt sich aus den Ausführungen oben unter I.
95 
Zwar ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats die Rückkehrentscheidung im Sinne des Art. 6 Abs. 1 RFRL, Art. 3 Nr. 4 RFRL allein die Abschiebungsandrohung (vgl. etwa Urteile vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, NVwZ-RR 2012, 492 und vom 07.12.2011 - 11 S 897/11 -, NVwZ-RR 2012, 412; Beschlüsse vom 30.08.2016 - 11 S 1660/16 -, InfAuslR 2016, 421 und vom 19.12.2012 - 1 S 2303/12 -, InfAuslR 2013, 98; Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 307 ) und nicht die Ausweisung (siehe etwa Urteile vom 30.04.2014 - 11 S 244/14 -, juris, vom 15.10.2013 - 11 S 2114/13 -, juris und vom 10.02.2012 - 11 S 1361/11 -, juris; vgl. auch Funke-Kaiser, in: GK-AufenthG, § 59 Rn. 292 ; Bauer, in: Bergmann/Dienelt, AuslR, 11. Aufl., 2016 § 11 Rn. 15 ff.). Entscheidend ist jedoch, dass die die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendende Verfügung - hier die Ausweisung - und die Rückkehrentscheidung - hier die Abschiebungsandrohung - nach Art. 6 Abs. 6 RFRL im Rahmen einer Entscheidung ergehen dürfen. Unionsrechtlich muss lediglich sichergestellt werden, dass die Gefahr für die öffentliche Ordnung, wie sie in Art. 7 Abs. 4 RFRL vorausgesetzt wird, bereits an anderer Stelle unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls geprüft worden ist. Dies ist hier im Rahmen der Ausweisung geschehen. Die normative Regelung in § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG, von einer Fristsetzung abzusehen, ist hier unmittelbare Folge der Ausweisung.
96 
Es gibt im vorliegenden Fall keine Anhaltspunkte dafür, dass (Grund-)rechte des betroffenen Ausländers eine andere Entscheidung im Rahmen des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG erforderlich machen könnten. Sofern dies (in anderen Fallkonstellationen) ggfs. zu erwägen wäre, kann dies durch die Anwendung des nationalen Rechts gewährleistet werden. Schon aus dem Wortlaut des Gesetzes („bedarf“) ist ersichtlich, dass die Setzung einer Ausreisefrist nicht durch die Norm untersagt ist, sondern vielmehr Raum für (unionsrechtlich) notwendige abweichende Entscheidung lässt (vgl. auch GK-AufenthG, § 59 Rn. 170 ff. ).
IV.)
97 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
98 
Soweit die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts hinsichtlich Ziffer 2 der Verfügung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30. Januar 2016 zurückgewiesen worden ist, war die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsache (vgl. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen, denn es ist bislang höchstrichterlich nicht geklärt, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen die Abschiebung aus der Haft ohne Setzen einer Frist zur freiwilligen Ausreise auf der Grundlage des § 59 Abs. 5 Satz 1 AufenthG mit der Rückführungsrichtlinie in Einklang steht.
99 
Im Übrigen liegen Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, nicht vor.
100 
Soweit die Revision zugelassen worden ist, gilt folgende
101 
Beschluss vom 29. März 2017
102 
Der Streitwert wird gemäß § 63 Abs. 2, § 47 sowie § 52 Abs. 1 GKG für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf 10.000 Euro festgesetzt (vgl. Senatsbeschluss vom 25.05.2016 - 11 S 2480/15 -, juris).
103 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Verwandte Urteile

Keine verwandten Inhalte vorhanden.

Referenzen