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| Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers und die zulässige Anschlussberufung der Beklagten sind jeweils teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Unrecht festgestellt, dass die Aufenthaltsverbote teilweise rechtswidrig waren und die Feststellungsklage in Bezug auf die Meldeauflagen zu Unrecht abgewiesen (I.), dem Anfechtungsantrag aber zu Recht stattgegeben (II.). |
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| Die Klage ist mit dem Feststellungsantrag zulässig, aber nur teilweise begründet. Die gegen den Kläger in den Bescheiden vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 für Heimspieltage ausgesprochenen Aufenthaltsverbote waren rechtmäßig (1.), die für Auswärtsspieltage verfügten Meldeauflagen hingegen rechtswidrig (2.). |
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| 1. Die in den Bescheiden vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 verfügten Aufenthaltsverbote waren rechtmäßig. |
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| a) Rechtsgrundlage für die Aufenthaltsverbote ist § 27a Abs. 2 PolG. Danach kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird (Aufenthaltsverbot). Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen. Es darf die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten. |
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| b) Die Aufenthaltsverbote wurden formell rechtmäßig erlassen. |
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| aa) Die Beklagte war als Ortspolizeibehörde für den Erlass der Aufenthaltsverbote für Gebiete in ihrem Dienstbezirk in Bezug auf den in Freiburg, aber außerhalb des Geltungsbereichs der Aufenthaltsverbote wohnhaften Kläger sachlich wie örtlich zuständig (§ 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1 Nr. 4, § 62 Abs. 4 Satz 1 PolG und § 68 Abs. 1 PolG). |
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| bb) Der Kläger wurde vor dem Erlass der Aufenthaltsverbote angehört. |
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| Nach § 28 Abs. 1 LVwVfG ist vor dem Erlass eines Verwaltungsakts, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Die Beklagte hat diese Anforderungen erfüllt. Sie hat dem Kläger mit Schreiben vom 10.09.2014 mitgeteilt, sie beabsichtige, auch für die Zeit vom 21.09.2014 bis 20.12.2014 u.a. Aufenthaltsverbote an Heimspieltagen der Bundesliga- und der Regionalligamannschaft des SC Freiburg zu verhängen, und zur Begründung auf ihren Bescheid vom 19.08.2014 verwiesen. Der auf diese Anhörung ergangene (erste) Bescheid vom 19.09.2014 betraf Spieltage im Zeitraum vom 27.09.2014 bis 19.12.2014. Der (zweite) Bescheid vom 06.10.2014 betraf Spieltage am 28.11.2014, 13.12.2014 und 21.12.2014. Der zuletzt genannte Spieltag (21.12.2014) war zwar noch nicht Gegenstand des Anhörungsschreibens vom 10.09.2014. Denn dieses bezog sich nur auf den Zeitraum bis zum 20.12.2014. Die Beklagte hatte den Kläger aber im (ersten) Bescheid vom 19.09.2014 sinngemäß darauf hingewiesen, dass noch nicht genau feststehe, an welchem Tag um das vorletzte Dezemberwochenende der SC Freiburg spielen werde, da dafür die Tage vom 19. bis zum (nun) 21.12.2014 in Betracht kommen. Sie hatte deshalb mitgeteilt, dass der genaue Spieltag in einem noch ausstehenden „Ergänzungsbescheid“ festgelegt werde, was dann gut zwei Wochen später im Bescheid vom 06.10.2014 geschehen ist. Der Kläger hatte damit im Ergebnis Gelegenheit, sich jeweils vor dem Erlass der Verwaltungsakte zu dem Erlass von Aufenthaltsverboten an allen von der Beklagten geregelten Heimspieltagen zu äußern. Unabhängig davon wäre ein auf den 21.12.2014 bezogener Anhörungsmangel in dem mit Widerspruchsbescheid vom 18.12.2014 abgeschlossenen Widerspruchsverfahren geheilt worden, in dem der Kläger Gelegenheit zur Äußerung hatte (§ 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 LVwVfG). |
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| cc) Die Aufenthaltsverbote waren auch hinreichend begründet. |
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| Nach § 39 Abs. 1 LVwVfG ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen. In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung von Ermessensentscheidungen soll auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Die Ausführungen in den Bescheiden vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 zu den Aufenthaltsverboten genügen diesen formellen Anforderungen. |
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| Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte teilweise Textbausteine verwendet hat. Das Begründungserfordernis aus § 39 Abs. 1 LVwVfG hat in erster Linie eine Rechtsschutz- und Akzeptanzfunktion. Die Beteiligten sollen über die Gründe, die für die Entscheidung der Behörde maßgeblich waren, unterrichtet werden, um sie entweder zu überzeugen oder ihnen die Möglichkeit zu geben, über die Inanspruchnahme von Rechtsschutz zu entscheiden (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 15. Aufl., § 39 Rn. 4; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl., § 39 Rn. 1 m.w.N.). Die Begründung eines Verwaltungsakts muss deshalb auf den konkreten Fall abstellen und darf sich nicht in formelhaften Darlegungen erschöpfen. Soweit der Zweck der Begründung mit Textbausteinen oder Formularbegründungen erreicht werden kann, ist deren Verwendung aber nicht ausgeschlossen (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 19 m.w.N.; zu § 121 Abs.1 AO ebenso VG Cottbus, Urt. v. 18.11.2014 - 6 K 1220/12 - juris). Nach diesen Grundsätzen begegnet es keinen Bedenken, dass die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden Text verwendet hat, der sich teilweise auch in Bescheiden aus Parallelverfahren wiederfindet. Denn sie hat den Bezug zu dem konkreten Fall des Klägers u.a. durch die ausführliche Darstellung der ihm zur Last gelegten Vorfälle hergestellt (vgl. S. 5 f. des Bescheids vom 19.09.2014 = Bl. 131 d. Verw.-Akte und S. 3 des Bescheids vom 06.10.2014 = Bl. 157 d. Verw.-Akte). Ob diese Begründung die erlassenen Verwaltungsakte rechtlich trägt, ist keine Frage des formell-rechtlichen Begründungserfordernisses aus § 39 Abs. 1 LVwVfG, sondern allein der materiellen Rechtmäßigkeit (vgl. Kopp/Ramsauer, a.a.O., § 39 Rn. 2 m.w.N.). |
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| c) Die Bescheide vom 19.09.2014 und vom 06.10.2014 sind mit den Regelungen zu den Aufenthaltsverboten auch materiell rechtmäßig. |
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| Die Voraussetzungen für den Erlass eines Aufenthaltsverbots aus § 27a Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG waren erfüllt (aa). Die Beklagte hat die aus § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG folgende Dreimonatsgrenze nicht überschritten (bb). Die Verbote ergingen auch ermessensfehlerfrei, insbesondere verhältnismäßig (cc). |
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| aa) Nach § 27a Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Das Aufenthaltsverbot ist zeitlich und örtlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken und darf räumlich nicht den Zugang zur Wohnung der betroffenen Person umfassen. Die vom Kläger beanstandeten Bescheide erfüllen diese Voraussetzungen. |
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| Ob die Voraussetzungen für den Erlass eines Aufenthaltsverbotes nach § 27a Abs. 2 PolG vorlagen, beurteilt sich nach der ex ante-Sicht. Es kommt also darauf an, ob nach den Verhältnissen und dem möglichen Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Erlasses der Maßnahme eine Gefahrenlage im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 und 2 PolG vorlag (vgl. Senat, Beschl. v. 27.07.2016 - 1 S 2077/15 - zu § 27a Abs. 3 PolG; Ruder, Polizeirecht Bad.-Württ., 8. Aufl. Rn. 655). |
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| Grundlage der zu diesem Zeitpunkt anzustellenden Prognose müssen nach § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG „Tatsachen“ sein. Reine Vermutungen reichen also nicht aus (Stephan/Deger, Polizeigesetz für Bad.-Württ., 7. Aufl., § 27a Rn. 11; Zeitler/Trurnit, Polizeirecht für Bad.-Württ., 2. Aufl. Rn. 450). Es müssen vielmehr nachprüfbare, dem Beweis zugängliche Geschehnisse vorliegen, aus denen mit der erforderlichen Sicherheit auf die bevorstehende Begehung von Straftaten gerade durch die betreffende Person geschlossen werden kann (vgl. HessVGH, Beschl. v. 01.02.2017 - 8 A 2105/14.Z - juris m.w.N.; NdsOVG, Beschl. v. 07.05.2015 - 11 LA 188/14 - NdsVBl. 2015, 286; ähnl. Böhm/Mayer, DÖV 2017, 325 <329> m.w.N.; Ruder a.a.O. Rn. 655; Trurnit, VBlBW 2009, 205 <207>). Die Tatsachen, an die die Prognose der Begehung einer Straftat anknüpft, müssen sich konkret auf den Adressaten des Aufenthaltsverbotes beziehen. Allerdings können auch hierbei Indiztatsachen, d.h. indirekte Tatsachen, die für sich allein oder in einer Gesamtheit mit anderen Indizien auf das Vorliegen einer anderen Tatsache schließen lassen, die Prognose künftiger Straftaten rechtfertigen (vgl. HessVGH, Beschl. v. 01.02.2017, a.a.O.; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 3. Aufl., F Rn. 462). Die Tatsachen müssen geeignet sein, eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Begehung der Straftat bzw. des Beitrags zu ihrer Begehung zu begründen, wobei der Grad der gebotenen Wahrscheinlichkeit von der Wertigkeit der im Einzelfall zu schützenden Rechtsgüter abhängt (vgl. Belz/Mußmann u.a., Polizeigesetz für Bad.-Württ., 8. Aufl. § 27a Rn. 10; s. auch BVerwG, Urt. v. 25.07.2007 - 6 C 39.06 - BVerwGE 129, 142 für Meldeauflagen). |
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| Auch die Zugehörigkeit einer Person zu einer bestimmten Gruppe - etwa einer in der Vergangenheit als gewaltbereit aufgefallenen Fußballfangruppe - kann grundsätzlich eine „Tatsache“ darstellen, die für die Gefahrenprognose im Rahmen des § 27a Abs. 2 PolG zu berücksichtigen ist (vgl. insoweit HessVGH, Beschl. v. 01.02.2017, a.a.O.). Eine solche Zugehörigkeit kann ein Aufenthaltsverbot gegenüber der Person jedenfalls dann rechtfertigen, wenn weitere (Indiz-)Tatsachen hinzutreten, etwa eigene Tatbeiträge dieser Person an vergangenen Gewalttätigkeiten, oder wenn sie bereits durch ihre Anwesenheit und Solidarisierung aus der Gruppe heraus begangene Straftaten unterstützt (vgl. HessVGH, Beschl. v. 01.02.2017, a.a.O.). Von Letzterem ist regelmäßig bei Hooligan-Gruppen auszugehen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 09.06.2006 - 24 CS 06.1521 - BayVBl. 2006, 671). Denn der gewaltbereite Kern der Hooliganszene benötigt ein unterstützendes Umfeld, aus dem heraus - mit einer geringen Gefahr der individuellen Identifizierung - agiert werden kann. In solchen oder ähnlich gelagerten Fällen kann es für ein Aufenthaltsverbot, mit dem gewichtige Rechtsgüter Dritter, namentlich Leib oder Leben von Dritten, geschützt werden sollen, ausreichend sein, dass tatsachengestützte Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Adressat zu diesem Umfeld gehört (im Ergebnis ebenso oder ähnlich VG Stuttgart, Urt. v. 23.03.2017 - 1 K 6242/16 - juris; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 28.04.2016 - 17 K 3954/14 - juris allgemein zu „gewaltbereiten Anhängern eines Fußballvereins“; VG Köln, Beschl. v. 21.08.2015 - 20 L 2023/15 - juris für „Ultra-Gruppen“, VG Minden, Beschl. v. 02.10.2014 - 11 L 763/14 - juris; VG Aachen, Beschl. v. 26.04.2013 - 6 L 170/13 - juris für die „gewaltbereite Fußballszene“; VG Arnsberg, Beschl. v. 01.07.2009 - 3 L 345/09 - juris; VG Braunschweig, Beschl. v. 08.06.2006 - 5 B 173/06 - juris; VG Hannover. Beschl. v. 21.07.2011 - 10 B 2096/11 - juris für „Ultras“; Rachor, a.a.O., Rn. 462). In solchen Fällen kommt es auch nicht darauf an, ob der Adressat später selbst als Täter identifiziert und gegebenenfalls strafrechtlich belangt werden könnte. Denn die durch ein Aufenthaltsverbot abzuwehrende Gefahr besteht schon darin, dass er durch seine zum Ausdruck gebrachte Zugehörigkeit zu der durch Gewalttätigkeiten auffallenden Szene die Gewaltbereitschaft dieser Personen fördert und für diejenigen, die persönlich Gewalt anwenden, eine zumindest psychologische Stütze darstellt (vgl. VG Köln, Beschl. v. 21.08.2015, a.a.O.), d.h. im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG zur Begehung von Straftaten beitragen wird. Zur Abwehr solcher Gefahren ist es grundsätzlich gerechtfertigt, auch die Personen des Umfelds daran zu hindern, an wahrscheinlichen gewalttätigen Auseinandersetzungen teilzunehmen (vgl. VG Braunschweig, Beschl. v. 08.06.2006, a.a.O.; ähnlich VG Hannover, Beschl. v. 25.07.2016 - 10 B 3186/16 - für Adressaten, die, ohne strafrechtlich verurteilt worden zu sein, bereits mehrfach in Zusammenhang mit fußballbezogener Gewalt polizeilich in Erscheinung getreten sind; zu den Grenzen Böhm/Mayer, DÖV 2017, 325 <329 f.>: Anhänger einer Fußballmannschaft zu sein, genügt allein nicht). |
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| Ob die Zugehörigkeit zu einer Gruppe - allein oder in Verbindung mit weiteren (Indiz-)Tatsachen - die Annahme rechtfertigt, dass die gruppenzugehörige Person in einem bestimmten Gebiet eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird, hängt von den Umständen des Einzelfalls, namentlich der Gruppe, der zu ihr vorhandenen polizeilichen Erkenntnisse und der Einbindung des Betroffenen in diese Gruppe sowie seinem Verhalten in der Vergangenheit ab. Bei der gebotenen Würdigung der Einzelfallumstände kommt den Erkenntnissen der szenekundigen Beamten der Polizei ein besonderes Gewicht zu. Denn durch jahrelange Beobachtung der Hooliganszene sowie durch die Sachbearbeitung aller Delikte rund um Fußballspiele verfügen szenekundige Beamte über eine umfassende Personenkenntnis und sind in der Lage, Problemfans differenziert zu beurteilen. Für ihre Informationsgewinnung greifen diese Beamten auch auf die Zentrale Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) zurück, bei welcher sämtliche Hinweise aus allen Bundesligastandorten zentral gebündelt und von dort wieder an die einzelnen Dienststellen und hier an die szenekundigen Beamten weitergegeben werden. Außerdem stehen sie untereinander in ständigem Kontakt und beobachten die Hooliganszene anlässlich von Fußballspielen. Aus der Bündelung dieser Informationen wird das Erkenntnismaterial gewonnen, das zur Beurteilung der Gefahrenprognose bei Präventivmaßnahmen zugrunde gelegt wird. Es kann daher grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die szenekundigen Beamten auch differenzieren können, ob es sich bei erhaltenen Informationen - etwa Mitteilungen aus der Szene selbst - um einen vagen Hinweis handelt oder nicht (vgl. Senat, Beschl. v. 14.06.2000 - 1 S 1271/00 - VBlBW 2000, 474; s. ferner auch NdsOVG, Beschl. v. 16.01.2014 - 11 ME 313/13 - juris und Beschl. v. 12.05.2009 - 11 ME 190/09 - NordÖR 2009, 369; VG Düsseldorf, Urt. v. 05.07.2016, a.a.O.; VG Braunschweig, Beschl. v. 08.06.2006, a.a.O.; zur Kritik an der ZIS auch Böhm/Mayer, DÖV 2017, 325 <327>). |
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| Weitere Erkenntnisse, die bei der gebotenen Einzelfallwürdigung zu berücksichtigen sind, können sich außerdem u.a. aus Ermittlungs- oder Strafverfahren ergeben, die geführt wurden, weil die Person bereits polizeilich in Erscheinung getreten ist (vgl. Pewestorf/Söllner/Tölle, Polizei- und Ordnungsrecht, 2. Aufl., § 29 ASOG Rn. 18 f.). Dabei ist es auch nicht ausgeschlossen, Erkenntnisse aus Verfahren zu berücksichtigen, die zu keiner bußgeld- oder strafrechtlichen Ahndung geführt haben, sondern etwa nach § 153, § 153a StPO oder auch gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden. Allein aus der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ergibt sich zwar kein Anhaltspunkt für eine Gefahrenprognose, zumal die Schwelle zur Beschuldigteneigenschaft relativ niedrig ist (vgl. insoweit HessVGH, Beschl. v.01.02.2017, a.a.O.; Stephan/Deger, a.a.O., 7. Aufl., § 27a Rn. 11). Soweit sich aus den Ermittlungsverfahren aber im jeweiligen Einzelfall ein Restverdacht ergibt, können die dem zugrundeliegenden Tatsachen auch als „Tatsachen“ im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG als Grundlage einer Gefahrenprognose dienen (vgl. Senat, Beschl. v. 20.02.2011 - 1 S 2054/00 - NVwZ 2001, 1289 zu § 38 Abs. 1 PolG; ebenso NdsOVG, Beschl. v. 07.05.2015 - 11 LA 188/14 - NdsVBl. 2015, 286 zu § 17 Abs. 4 NdsSOG). Dabei kann auch berücksichtigt werden, dass für die Einstellung gemäß § 153 Abs. 1 StPO und gemäß § 153 a StPO ein hinreichender Tatverdacht ohnehin Voraussetzung ist (vgl. hierzu auch Senat, Urt. v. 26.05.1992 - 1 S 668/90 - ESVGH 42, 291). |
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| Im Regelfall setzt § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG die Feststellung von Vorfällen auch aus jüngerer Zeit voraus, um eine Gefährdungsprognose im Sinne dieser Vorschrift zu begründen (vgl. Ruder, a.a.O., Rn. 655). Dies schließt es allerdings nicht aus, dass im Einzelfall auch zeitlich weiter zurückliegende Vorfälle die Annahme einer weiterhin hinreichend konkreten Gefährdungslage im Sinne dieser Vorschrift rechtfertigen können. Eine starre zeitliche Grenze besteht insoweit nicht (vgl. Senat, Urt.v. 07.12.2004 - 1 S 2218/02 - VBlBW 2005, 231 zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG). Insbesondere wenn (Indiz-)Tatsachen aus jüngerer Zeit vorliegen, können weiter zurückliegende Tatsachen für die Prognosestellung ergänzend zu berücksichtigen sein. |
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| Nach diesen Grundsätzen ist die den angefochtenen Bescheiden zugrundeliegende Gefahrenprognose der Beklagten rechtlich nicht zu beanstanden. |
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| Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Gefahrenprognose und Ausgangspunkt der ex ante-Sicht ist der 19.09.2014. Die Beklagte hatte zwar eine erste Gefahrenprognose bereits beim Erlass des Bescheids vom 30.07.2014 angestellt. Der Bescheid vom 19.09.2014 beruht jedoch nicht auf dieser Prognose, sondern war Ergebnis einer eigenständigen und aktualisierten Gefahrenprognose, die am Tag des Erlasses - am 19.09.2014 - erstellt wurde. Das Polizeipräsidium Freiburg hatte der Beklagten mit dem Folgeantrag vom 08.09.2014 eine aktualisierte Darstellung der „personenbezogenen Erkenntnisse“ über den Kläger nebst einer „Vita“ der Ultra-Gruppe vorgelegt, zu der er nach Auffassung des Polizeivollzugsdienstes gehörte. Die Begründung des Bescheids vom 19.09.2014 hat diese Darstellungen aufgegriffen und ist dementsprechend in Teilen anders formuliert als die vorangegangenen Bescheide. Die „Ergänzungsverfügung“ vom 06.10.2014 beruht ebenfalls auf der Gefahrenprognose vom 19.09.2014. Denn zur Begründung des Bescheids vom 06.10.2014 verwies die Beklagte ohne nähere Erläuterung auf den Bescheid vom 19.09.2014. Weder die Begründung des Bescheids vom 06.10.2014 noch die diesbezüglichen Vorgänge in der Verwaltungsakte der Beklagten bieten einen Anhaltspunkt dafür, dass sie vor dem Erlass des Bescheids vom 06.10.2014 nochmals eine gegenüber dem 19.09.2014 neue und eigenständige Gefahrenprognose angestellt hatte. |
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| Ausgehend von dem damit maßgeblichen Erkenntnisstand der Beklagten am 19.09.2014 rechtfertigten Tatsachen die Annahme, dass der Kläger in den in den Bescheiden genannten Gebieten der Stadt Freiburg jedenfalls zur Begehung von Straftaten beitragen würde. |
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| Der Beklagten lag am 19.09.2014 eine ausführliche Darstellung zu der Entstehung und dem Verhalten der Ultra-Gruppe der „Corrillos“ seit 2012 vor, die von dem Polizeipräsidium Freiburg erstellt worden war („Vita Ultragruppierung ‚Corrillo‘, Bl. 85 d. Verw.-Akte). Anlass, an der Richtigkeit dieser unter Einbeziehung der szenekundigen Beamten erstellten Darstellung zu zweifeln, bestand nicht. Ausgehend davon konnte die Beklagte annehmen, dass aus dieser Gruppe seit 2012 im Zusammenhang mit Fußballspielen wiederholt Straftaten begangen wurden, die neben Sachbeschädigungen u.a. Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit Dritter umfassten und teils nur durch einen massiven Polizeieinsatz zu verhindern waren. |
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| Die Beklagte durfte ferner annehmen, dass der Kläger dieser Gruppe jedenfalls sehr nahe stand. Die szenekundigen Beamten des Polizeivollzugsdienstes hatten wiederholt erklärt, er gehöre nach ihren Erkenntnissen seit mehreren Jahren der Freiburger Ultraszene an („Personenbezogene Erkenntnisse“ vom 23.07.2014, Bl. 9 d. Verw.-Akte, und vom 03.09.2014, Bl. 83 d. Verw.-Akte). Die Richtigkeit dieser Prognosetatsache wird durch den Einwand des Prozessbevollmächtigten des Klägers, dieser habe die Gruppenzugehörigkeit bestritten, nicht in Frage gestellt. Der vom Verwaltungsgericht dazu angehörte Kläger hat in der mündlichen Verhandlung am 15.04.2015 erklärt, er sei nicht Teil dieser Gruppierung und nehme daher nicht an „offiziellen Aktionen“ wie Gesprächen mit dem Verein teil, er habe aber Kontakte zu Personen, die ihr angehörten, er bewege sich in diesem Bereich und stehe während der Spiele unter den Leuten, die zu den „Corrillos“ gehörten. Dem entspricht es, dass der Kläger bei dem Vorfall vom 21.03.2014 (Vorfall 4) in der Gruppe der „Corrillos“ stand und dem Mitglied einer anderen Gruppe („Red Pride“) auch nach eigener Darstellung einen Faustschlag versetzte, um ein Mitglied der „Corillos“ aus dem Schwitzkasten zu befreien. Auch die übrigen - zudem hinreichend aktuellen - Erkenntnisse aus den gegen ihn geführten Ermittlungsverfahren belegen jedenfalls, dass er über mehrere Jahre hinweg wiederholt polizeilich in Erscheinung getreten ist, weil er bei Auseinandersetzungen mit „Gegnern“ aus der Ultraszene bzw. aus dem Bereich gegnerischer Fans anwesend war und sich mit provozierenden Gesten und teils Schlägen beteiligt hat. Unabhängig davon, dass diese Verfahren teils (Vorfälle 2 und 5) wegen § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurden, weil ein Handeln in Notwehr bzw. zur Nothilfe angenommen oder nicht ausgeschlossen werden konnte, indizieren die den Ermittlungsverfahren zugrundeliegenden Sachverhalte jedenfalls, dass der Kläger dem sich gegenseitig unterstützenden Umfeld einer gewaltbereiten „Fangruppe“ zugehörte und auch einer aktiven Beteiligung an solchen Auseinandersetzungen nicht konsequent auswich. Die Bereitschaft, Polizisten bei Fußballspielen wie geschehen zu beleidigen (Vorfall 3), bestätigt diese Annahme. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass der Kläger mit einem solchen Verhalten - unabhängig vom Bestehen einer förmlich wohl ohnehin nicht „geregelten“ Mitgliedschaft bei den „Corrillos“ - in der gebotenen Zusammenschau jedenfalls Teil eines unterstützenden Umfelds im o.g. Sinne für Gruppenmitglieder ist, die aus der Gruppe und in ihrer Deckung Straftaten begehen. Das rechtfertigte - zumal bei Berücksichtigung des besonderen Gewichts der mit dem Aufenthaltsverbot zu schützenden Rechtsgüter von Leib und Leben Dritter - die Prognose, der Kläger werde zu aus dieser Gruppe erneut begangenen Straftaten im Sinne des § 27a Abs. 2 Satz 1 PolG in den von dem Aufenthaltsverbot umfassten Bereichen in Freiburg beitragen. |
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| bb) Die vom Kläger beanstandeten Aufenthaltsverbote hielten die sich aus § 27a Abs. 2 PolG ergebenden zeitlichen Grenzen ein. |
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| Nach § 27a Abs. 2 Satz 2 PolG ist das Aufenthaltsverbot zeitlich auf den zur Verhütung der Straftat erforderlichen Umfang zu beschränken. Es darf gemäß § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten. |
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| Der Gesetzgeber hat nicht näher erläutert, auf welche Zeiträume genau er den in Satz 3 genannten Dreimonatszeitraum beziehen wollte und welche Bedeutung dieser Frist und ihrem Ablauf im Einzelnen zukommen soll. Der Regelungsgehalt der Norm ist daher im Wege der Auslegung zu ermitteln. |
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| (1) Der Wortlaut der Vorschrift allein führt insoweit nur teilweise weiter. Er hilft bei der Bestimmung des Beginns des Dreimonatszeitraums, nicht aber bei der Berechnung und der Bestimmung des Endzeitpunkts. |
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| Die Bezugnahme des Wortes „Dauer“ in Satz 3 auf „es“, d.h. auf „das Aufenthaltsverbot“ legt nahe, dass der Dreimonatszeitraum frühestens in dem Zeitpunkt beginnen kann, in dem das Aufenthaltsverbot erstmals gilt, in dem der das Aufenthaltsverbot aussprechende Verwaltungsakt mit anderen Worten erstmals innere Wirksamkeit beansprucht (vgl. § 43 Abs. 1 Satz 2 LVwVfG). Denn vor diesem Zeitpunkt „dauert“ das Verbot noch nicht an. |
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| Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der Wortlaut der Norm isoliert betrachtet die Auslegung zuließe, dass auch für die Ermittlung des Endzeitpunkts der Dreimonatsfrist (nur) auf Zeiten abgestellt wird, in denen der Verwaltungsakt innere Wirksamkeit beansprucht. Zwingend gibt der Wortlaut diese Auslegung allerdings nicht vor. Er lässt auch die Deutung zu, dass der Endzeitpunkt unabhängig davon nach drei Monaten, gerechnet ab dem ersten Tag der Wirksamkeit des Verbots, erreicht ist. Für diese Betrachtungsweise spricht, wie insoweit der Kläger zutreffend hervorhebt, der Umstand, dass der Gesetzgeber auf eine Berechnung nach „Monaten“ abgestellt hat und gerade keine Berechnung vorgegeben hat, nach der innerhalb eines bestimmten Zeitraums bestimmte Höchstzeiten nicht überschritten werden dürfen (vgl. in diesem Sinne etwa den Wortlaut des § 22 Abs. 1 Nr. 1 PolG: „innerhalb einer Woche länger als 24 Stunden dauernde […] Observation“). |
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| (2) Die Gesetzessystematik führt bei der Auslegung des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG nicht entscheidend weiter. Der Gesetzgeber spricht auch an anderen Stellen des Polizeigesetzes von der „Dauer“ einer polizeilichen Maßnahme (vgl. § 20 Abs. 1 PolG - Anhalten einer Person für die „Dauer“ einer Befragung; § 28 Abs. 3 Satz 5 PolG - „höchstzulässige Dauer des Gewahrsams“; § 33 Abs. 5 PolG - „Gesamtdauer“ der Beschlagnahme von Forderungen und anderen Vermögensrechten; § 38 Abs. 2, 3 und 6 PolG - Datenspeicherung bis zur bzw. über die „Dauer von zwei Jahren“ hinaus; § 39 PolG - Anhalten eines Betroffenen für die „Dauer“ eines Datenabgleichs). Der Regelungszusammenhang dieser Vorschriften ist aber ein jeweils anderer als derjenige des § 27a Abs. 2 PolG, weshalb sich aus der Berechnung der zuletzt genannten „Dauern“ nichts für die Bestimmung des Inhalts der Dreimonatsgrenze aus § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG ergibt. Auch die Regelungen aus § 27a Abs. 4 PolG bieten hierzu keine Hinweise, da der Gesetzgeber in dieser Vorschrift andere Begrifflichkeiten und zeitliche Vorgaben als in § 27a Abs. 2 PolG verwendet und da er § 27a Abs. 4 PolG zudem nur auf Maßnahmen nach § 27a Abs. 3 PolG bezogen hat, der Spezialregelungen zu § 27a Abs. 1 PolG (Platzverweis) und gerade nicht zu § 27a Abs. 2 PolG (Aufenthaltsverbot) enthält (vgl. insoweit LT-Drs. 14/3165, S. 67). |
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| (3) Damit kommt Sinn und Zweck des § 27a Abs. 2 PolG für dessen Auslegung eine maßgebliche Bedeutung zu. Der Telos dieser Norm spricht dafür, dass der Gesetzgeber mit Satz 3 vorgegeben hat, dass die Polizei in einem Verwaltungsakt ein Aufenthaltsverbot längstens für die sich an den ersten Tag der Wirksamkeit des Verbots anschließenden drei Monate aussprechen kann, wobei jener Tag in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Tag des Erlasses des Verwaltungsakts stehen muss: |
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| § 27a PolG wurde durch das Gesetz zur Änderung des Polizeigesetzes vom 18.11.2008 (GBl. S. 390) mit Wirkung vom 22.11.2009 in das Polizeigesetz eingefügt. Der Landesgesetzgeber hat damit auf Anregungen reagiert, aufenthaltsverbietende Maßnahmen, die bis dahin auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel (§ 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 PolG) erlassen worden waren, angesichts ihrer Eingriffsintensität als Standardmaßnahmen spezialgesetzlich zu regeln (vgl. LT-Drs. 14/3165, S. 66; Stephan/Deger, a.a.O., § 27a Rn. 1 m.w.N.; Trurnit, VBlBW 2009, 205; zuvor Senat, Urt. v. 22.07.2004 - 1 S 2801/03 - VBlBW 2005, 138). Er wollte speziell mit § 27a Abs. 2 PolG eine Rechtsgrundlage für die „längerfristige Verweisung von einem Ort oder das längerfristige Verbot, einen Ort zu betreten“, schaffen. Solche Aufenthaltsverbote sollten der „vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten“ dienen (LT-Drs. 14/3165, S. 66). Der Erlass eines Aufenthaltsverbots erfordert aus diesem Grund die Prognose, dass eine Person in einem bestimmten Gebiet eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird. Diese Gefahrenprognose muss - wie gezeigt (vgl. oben unter 1.c)aa)) - auf hinreichend aktuelle Tatsachen gestützt und konkret auf den potentiellen Adressaten bezogen sein. |
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| Die Vorgabe des Gesetzgebers, konkrete Gefahrenprognosen zu erstellen, hat zwei Folgen. Die Notwendigkeit, die Gefahrenprognose durch hinreichend aktuelle und personenbezogene Tatsachen zu fundieren, schließt es zum einen aus, dass die Polizei eine Gefahrenprognose für einen beliebig langen Zeitraum stellen kann. Denn andernfalls besteht kein hinreichender zeitlicher Bezug zu den Prognosetatsachen mehr und wäre der Eingriff in das Grundrecht auf Freizügigkeit aus Art. 11 Abs. 1 GG nicht mehr gerechtfertigt (s. zur Eröffnung des Schutzbereichs von Art. 11 Abs. 1 GG bei Aufenthaltsverboten LT-Drs. 14/3165, S. 67; zu Wohnungsverweisen Senat, Urt. v. 22.07.2004, a.a.O., m.w.N.). Werden fundierte Gefahrenprognosen durchgeführt und regelmäßig auf aktueller Tatsachengrundlage wiederholt, kann das aber zum anderen im Einzelfall zu dem Ergebnis führen, dass nach mehreren Monaten eines bereits verfügten Aufenthaltsverbots weiterhin die Annahme gerechtfertigt ist, eine Person werde wie schon in vorangegangenen Monaten auch künftig Straftaten begehen, wenn sie sich in einem bestimmten Gebiet aufhält. |
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| Für die zweite dieser beiden Folgen trifft § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG keine Regelung. Der Dreimonatsgrenze kann nicht die Bedeutung eines Verbots mit dem Inhalt zukommen, dass die Polizei nach einem einmaligen - drei Monate umfassenden - Aufenthaltsverbot kein weiteres aussprechen kann. Eine solche Auslegung würde dazu führen, dass die Polizei einer solchen Person zukünftig kein Aufenthaltsverbot erteilen dürfte, obwohl die Gefahrenprognose weiterhin gerechtfertigt ist, obwohl also im Extremfall feststeht, dass diese Person, wenn sie ein bestimmtes Gebiet betreten wird, dort sicher eine Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit Dritter begehen wird. Dies wäre mit der Aufgabe der Polizei, effektive Gefahrenabwehr zu leisten (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 PolG) und Straftaten vorzubeugen, nicht zu vereinbaren. Eine Auslegung des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG als Verbot von wiederholten Aufenthaltsverboten liefe zudem dem Zweck des Gesetzes, eine Eingriffsgrundlage gerade für „qualifizierte Gefahren“ (LT-Drs. 14/3165, S. 67) zu schaffen, zuwider (im Ergebnis ebenso Stephan/Deger, a.a.O., § 27a Rn. 12; a.A. insoweit Belz/Mußmann u.a., a.a.O., § 27a Rn. 9; Ruder, a.a.O., Rn. 656). |
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| Kann der Regelungszweck des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG mithin nicht darin bestehen, die Erteilung von Aufenthaltsverboten nach dem Ablauf von drei Monaten generell auszuschließen, muss die zeitliche Beschränkung einen anderen Zweck haben. Nach der Gesetzesbegründung soll der Dreimonatsgrenze die Aufgabe zukommen, die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots „sicherzustellen“ (LT-Drs. 14/3165, S. 67). Dieser Zweck würde nicht erreicht, wenn § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG sich, wie die Beklagte meint, nur auf Zeiten der inneren Wirksamkeit eines Verwaltungsakts bezöge, wenn die Vorschrift also bei einem Aufenthaltsverbot, das gestützt auf ein und dieselbe Gefahrenprognose über einen längeren Zeitraum jeweils nur an einzelnen Tagen oder gar Stunden Wirksamkeit beansprucht, lediglich ein Gebot enthalten würde, mit der Summe der Tage oder Stunden drei Monate nicht zu überschreiten. Der vorliegende Fall verdeutlicht dies. Die Beklagte hat in den Bescheiden vom 19.09.2014 und 06.10.2014 Aufenthaltsverbote für regelmäßig zwölf Stunden an einzelnen Wochentagen ausgesprochen. Ausgehend von ihrer Betrachtungsweise könnte sie einem Adressaten in einem Bescheid über Jahre hinweg den Aufenthalt im Stadtgebiet für einzelne Tage oder Stunden verbieten, ohne die Grenze des § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG zu überschreiten. Die Aufgabe, die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots „sicherzustellen“, könnte die Norm bei dieser Betrachtungsweise nicht erfüllen. |
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| Maßgeblich für die Bestimmung der Dreimonatsgrenze ist deshalb nicht die innere Wirksamkeit des Verwaltungsakts. Die Dreimonatsgrenze betrifft vielmehr die erste der beiden oben genannten Konsequenzen aus dem Gebot konkreter Gefahrenprognosen, also die Notwendigkeit, Gefahrenprognosen auf einen für die Polizei tatsächlich überschaubaren Zeitraum zu beschränken. Diesen Zeitraum hat der Gesetzgeber in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG pauschalierend umschrieben. Er hat mit Satz 3 des § 27a Abs. 2 PolG vorgegeben, dass die Polizei in einem Verwaltungsakt ein Aufenthaltsverbot längstens für den sich an den Beginn des Aufenthaltsverbots anschließenden Zeitraum von drei Monate aussprechen kann, weil dieser Zeitraum bei pauschalierender Betrachtung noch hinreichend überschaubar und im oben genannten Sinn hinreichend aktuell ist. Für den sich daran anschließenden Zeitraum ist ein erneutes Aufenthaltsverbot nicht von vornherein ausgeschlossen, es erfordert jedoch eine neue - aktualisierte - polizeiliche Gefahrenprognose und ggf. den Erlass eines neuen Verwaltungsakts. Der Gesetzgeber hat also in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG sichergestellt, dass die Polizei ihre Gefahrenprognose bei den mit Blick auf Art. 11 Abs. 1 GG besonders eingriffsintensiven Aufenthaltsverboten engmaschig im Blick behält und keine Verwaltungsakte für zu lange Zeiträume erlässt. |
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| Aus diesem Zweck der Vorschrift folgt zugleich, dass zwischen dem Erlass eines Verwaltungsakts, mit dem ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen wird, und dem ersten Tag der Geltung des Aufenthaltsverbots kein beliebig langer Zeitraum liegen kann. Denn andernfalls wäre das Ziel, die Gefahrenprognose auf den sich an die Prognose unmittelbar anschließenden und deshalb überschaubaren Zeitraum zu beschränken, nicht zu erreichen. Vollumfänglich hätte der Gesetzgeber dieses Ziel erreicht, wenn er den Beginn des Dreimonatszeitraums noch weitergehend nicht (erst) auf den ersten Tag der Geltung des Aufenthaltsverbots, sondern (bereits) auf den Tag des Erlasses des Verwaltungsakts bezogen hätte. Eine solche restriktive Berechnung hat er in § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG allerdings nicht vorgegeben. Der Polizeibehörde verbleibt vielmehr die Möglichkeit, den Beginn des Aufenthaltsverbots auf einen Zeitpunkt nach dem Erlass und der Bekanntgabe des Bescheids zu bestimmen. Das folgt zum einen aus dem Wortlaut der Norm, der, wie gezeigt, insoweit auf den Beginn der inneren Wirksamkeit des Verwaltungsakts verweist („Dauer“ des Aufenthaltsverbots, vgl. dazu oben (1)). Dass Erlass und Beginn des Aufenthaltsverbots nicht auf denselben Tag fallen müssen, folgt zum anderen aus dem Umstand, dass den Behörden die Möglichkeit verbleiben sollte, abhängig von den Umständen des Einzelfalls die vollen drei Monate „auszuschöpfen“ (vgl. § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG a.E.: „nicht überschreiten“). Ein solches Ausschöpfen ist, da schon zwischen Erlass und Bekanntgabe eines Verwaltungsakts eine gewisse Zeitspanne liegen kann, in der Regel nur möglich, wenn die Behörde den Beginn des Aufenthaltsverbots auf einen Zeitpunkt nach dem Erlass des Verwaltungsakts bestimmen kann. Gemessen an Sinn und Zweck der Norm muss die Zeitspanne zwischen dem Erlass des Verwaltungsakts - der Gefahrenprognose - und dem Beginn des Aufenthaltsverbots allerdings kurz sein, muss das Aufenthaltsverbot mit anderen Worten in engem zeitlichen Zusammenhang zum Erlass des Verwaltungsakts stehen. |
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| (4) Die Gesetzesmaterialien aus der Entstehungsgeschichte des § 27a Abs. 2 PolG bestätigen dieses Normverständnis. |
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| Die Landesregierung hat in der Gesetzesbegründung nicht nur, wie gezeigt, erklärt, dass der Dreimonatsgrenze die Aufgabe zukommen soll, die Verhältnismäßigkeit des Aufenthaltsverbots „sicherzustellen“ (vgl. erneut LT-Drs. 14/3165, S. 67). Im Gesetzentwurf wurde danach ferner erläutert: „Bei der Anordnung eines Aufenthaltsverbotes sind im Rahmen der Ermessensausübung die besonderen Interessen des Betroffenen, beispielsweise die Möglichkeit, einen Arzt aufzusuchen, oder die Teilnahme an Wahlen, zu berücksichtigen. Die Vielgestaltigkeit denkbarer Sachverhalte entzieht sich aber einer generellen gesetzlichen Regelung“. Diese Ausführungen legen in der Zusammenschau zusätzlich nahe, dass dem Gesetzgeber eine mehrstufige Prüfung mit engmaschigen Kontrollen der Richtigkeit der Gefahrenprognose vorschwebte. Danach kann die Polizei in einem ersten Schritt eine Gefahrenprognose für einen maximal drei Monate umfassenden Folgezeitraum anstellen, um im zweiten Schritt zu prüfen und „feinzusteuern“, an welchen Zeiten genau innerhalb dieses Dreimonatszeitraums ein Aufenthaltsverbot tatbestandlich in Betracht kommt und verhältnismäßig ist. Im dritten Schritt kann ggf. während des Laufs dieses Dreimonatszeitraums geprüft werden, ob die Gefahrenprognose - sei es aufgrund neuer Tatsachen, sei es aufgrund der zuvor berücksichtigten Tatsachen und trotz des zwischenzeitlichen Zeitablaufs - weiterhin auch nach Ablauf dieses Zeitraums gerechtfertigt ist. |
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| (5) Ausgehend von diesem Normverständnis verletzten die Bescheide der Beklagten vom 19.09.2014 und vom 06.01.2014 die Dreimonatsgrenze des § 27a Abs. 2 Satz 2 und 3 PolG nicht. |
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| Der Beginn der Dreimonatsgrenze richtet sich in Bezug auf diese Bescheide nicht nach der ersten Gefahrenprognose, welche die Beklagte im Juli 2014 angestellt und ihren Bescheiden vom 30.07.2014, 06.08.2014 und 19.08.2014 zugrunde gelegt hatte. Denn vor dem Erlass des - hier streitgegenständlichen - Bescheids vom 19.09.2014 hatte die Beklagte, wie gezeigt, eine neue und eigenständige Gefahrenprognose angestellt. Mit dem Bescheid vom 19.09.2014 hat die Beklagte ein Aufenthaltsverbot ausgesprochen, das ab dem 27.09.2014 galt. Dieser erste Geltungstag lag acht Tage nach dem Erlass des Verwaltungsakts und stand damit in einem ausreichend engen zeitlichen Zusammenhang zu diesem. Die durch den Bescheid vom 19.09.2014 ausgelöste Dreimonatsfrist begann damit am 27.09.2014 und endete mit Ablauf des 26.12.2014. Der letzte vom Aufenthaltsverbot aus dem Bescheid vom 19.09.2014 betroffene Spieltag war der 29.11.2014. Dieser lag noch innerhalb der Dreimonatsgrenze. |
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| Auch der ergänzende Bescheid vom 06.10.2014 verstieß nicht gegen § 27a Abs. 2 Satz 3 PolG. Die Beklagte hatte darin Aufenthaltsverbote für drei weitere Spieltage ausgesprochen. Da der Bescheid nicht - wie geboten - erkennen ließ, dass ihm eine eigene und neue - aktualisierte - Gefahrenprognose zugrunde lag, sondern lediglich auf den Bescheid vom 19.09.2014 verwies, mussten sich die im Bescheid vom 06.10.2014 genannten Spieltage in dem durch den Bescheid vom 19.09.2014 ausgelösten Dreimonatszeitraum bewegen. Das war der Fall. Denn der Bescheid vom 06.10.2014 erstreckte das Aufenthaltsverbot auf die Spieltage am 28.11., 13.12. und 21.12.2014. Die am 26.12.2014 ablaufende zeitliche Höchstgrenze war damit eingehalten. |
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| cc) Die Beklagte hat auch ihr Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt (vgl. § 40 LVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO). |
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| Die in den beanstandeten Bescheiden erlassenen Aufenthaltsverbote waren insbesondere verhältnismäßig (vgl. § 5 PolG). Die Beklagte hat mit der Verhinderung von Straftaten u.a. gegen die körperliche Unversehrtheit ein legitimes Ziel verfolgt. Die dazu gegen den Kläger ausgesprochenen Aufenthaltsverbote an Heimspieltagen und an potentiellen Konfliktorten waren geeignet, solche Straftaten zu verhindern. Mildere, den Kläger weniger beeinträchtigende, aber ebenso wirksame Maßnahmen standen nicht zur Verfügung. Die im oben genannten Sinne punktuellen Aufenthaltsverbote waren auch sowohl einzeln als auch zusammenschauend betrachtet angemessen, d.h. verhältnismäßig im engeren Sinne. Die Beklagte hat durch die Aufenthaltsverbote zwar in erheblichem Umfang in das Grundrecht auf Freizügigkeit des Klägers aus Art. 11 Abs. 1 GG eingegriffen. Denn sein Recht, an einem selbstgewählten Ort Aufenthalt zu nehmen, wurde über mehrere Monate hinweg wiederholt für größere Bereiche im Gebiet der Stadt Freiburg beschnitten. Damit verbunden waren Eingriffe in die allgemeine Handlungsfreiheit des Klägers (Art. 2 Abs. 1 GG), da ihm die Teilnahme an mehreren Fußballspielen versagt wurde. Diese Nachteile standen aber nicht außer Verhältnis zu dem mit den Aufenthaltsverboten beabsichtigten Erfolg, denn die Beklagte schützte mit den räumlich wie zeitlich eingegrenzten Maßnahmen insbesondere Leib und Leben und damit Rechtsgüter von besonders hohem Rang (vgl. Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) vor schwerwiegenden Gefahren und unter Umständen dauerhaften, irreversiblen Schäden. |
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| 2. Die in den Bescheiden vom 19.09.2014 und 06.10.2014 verfügten Meldeauflagen waren hingegen rechtswidrig. |
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| a) Eine Rechtsgrundlage für die Erteilung der Meldeauflagen war allerdings mit den § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 PolG vorhanden. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des Senats ist geklärt, dass polizeiliche Meldeauflagen wie die hier streitgegenständliche auf der Grundlage der polizeilichen Generalklausel erlassen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 6 C 39.06 - BVerwGE 129, 142; Senat, Beschl. v. 13.07.2011 - 1 S 1335/11 -). Die Anwendung der Generalermächtigung als Grundlage für die umstrittene Meldeauflage ist insbesondere nicht deswegen ausgeschlossen, weil es der vorrangigen Schaffung einer speziellen Befugnisnorm bedurft hätte (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007, a.a.O.; Senat, Beschl. v. 13.07.2011, a.a.O.). Auch der Umstand, dass der Gesetzgeber Regelungen zur Erteilung von Aufenthaltsverboten geschaffen hat, lässt die Möglichkeit der Polizei, andere Maßnahmen, darunter Meldeauflagen, zu verfügen, unberührt (vgl. auch LT-Drs. 14/3165, S. 66). |
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| b) Die Meldeauflagen sind auch formell rechtmäßig ergangen. Die Beklagte war für deren Erlass insbesondere zuständig. |
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| aa) Die Beklagte war als Ortspolizeibehörde (§ 62 Abs. 4 PolG) gemäß § 60 Abs. 1, § 66 Abs. 2 PolG sachlich zuständig. |
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| bb) Ihre örtliche Zuständigkeit folgte aus § 68 Abs. 1 PolG. Nach dieser Vorschrift beschränkt sich die Zuständigkeit der Polizeibehörden auf ihren Dienstbezirk. Örtlich zuständig ist die Polizeibehörde, in deren Dienstbezirk eine polizeiliche Aufgabe wahrzunehmen ist, soweit durch Rechtsverordnung zum Zwecke der Verwaltungsvereinfachung etwas anderes bestimmt ist. Wahrzunehmen ist eine polizeiliche Aufgabe nicht nur dort, wo sich die polizeilich zu schützenden Personen oder Sachen befinden (so aber wohl Stephan/Deger, a.a.O., § 68 Rn. 3; Würtenberger/Heckmann, Polizeirecht in Bad.-Württ., 6. Aufl. Rn. 232), wo also der Schaden für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung droht, sondern auch dort, wo sich die Gefahrenquelle befindet (Belz/Mußmann u.a., a.a.O., § 68 Rn. 4 m.w.N.; Ruder, a.a.O., Rn. 138; so auch ausdrücklich § 88 Abs. 1 Satz 3 SOG LSA, vgl. dazu OVG Sachsen-Anhalt, Beschl. v. 19.06.2006 - 2 M 216/06 - juris; im Ergebnis bereits ebenso für im Ausland drohende Gefahren durch gewaltbereite Fußballfans Senat, Beschl. v. 14.06.2000 - 1 S 12/1/00 - VBlBW 2000, 474; OVG Bremen, Urt. v. 02.09.2008 - 1 A 161/06 - NordÖR 2009, 42 und OVG Bln.-Brbg., Urt. v. 21.03.2006 - 1 B 7.04 - juris). Die Vorschriften über die Organisation und Zuständigkeit der Polizei dienen keinem Selbstzweck, sondern sollen dazu beitragen, dass die Polizei ihre Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung abzuwehren, effektiv wahrnehmen kann. Mit diesem Zweck wäre eine Auslegung des § 68 Abs. 1 PolG nicht zu vereinbaren, nach der diejenige Behörde, in deren Bezirk sich die Gefahrenquelle - ggf. der Verhaltensstörer (§ 6 Abs. 1 PolG) - aufhält, gegen die Gefahrverwirklichung nicht einschreiten dürfte, obwohl sie aufgrund der räumlichen Nähe und ihrer Kenntnisse von der Gefahrenquelle den Eintritt eines Schadens unter Umständen am effektivsten verhindern kann. Daher war vorliegend (auch) die Beklagte dafür zuständig, gegen den in ihrem Bezirk wohnhaften und sich dort regelmäßig aufhaltenden Kläger eine Meldeauflage zu verfügen, mit der er an der Anreise zu einem Auswärtsspiel und einem Beitrag zu dortigen Straftaten gehindert werden sollte. |
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| c) Die Meldeauflagen waren aber materiell rechtswidrig. Die tatbestandlichen Voraussetzungen lagen zwar vor (aa), die Beklagte hat ihr diesbezügliches Ermessen jedoch fehlerhaft ausgeübt (bb). |
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| aa) Bei Erlass der Meldeauflage war die Prognose gerechtfertigt, dass seitens des Klägers konkrete Gefahren für die öffentliche Sicherheit an den Orten der Auswärtsspiele drohten. |
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| Nach der auch für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Meldeauflagen allein maßgeblichen ex ante-Sicht (vgl. zur Gefahrenprognose im Rahmen der § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 PolG Senat, Urt. v. 12.07.2010 - 1 S 349/10 - VBlBW 2010, 468 und v. 07.12.2004 - 1 S 2218/03 - VBlBW 2005, 231) traf die Beklagte rechtsfehlerfrei die Prognose, dass der Kläger - auch - bei Auswärtsbegegnungen des SC Freiburg zu Straftaten beitragen werde. Insoweit gelten die Ausführungen zu den Aufenthaltsverboten entsprechend. Anhaltspunkte für eine abweichende Beurteilung des Verhaltens des Klägers in Bezug auf Auswärtsspiele und das dortige Auftreten der „Corrillos“ bestanden nicht. |
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| bb) Die Beklagte hat die Meldeauflagen jedoch ermessensfehlerhaft ausgeübt. Der Erlass der Meldeauflagen gegen den Kläger war mit dem konkret verfügten Inhalt unverhältnismäßig (vgl. § 5 PolG). |
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| Die Meldeauflagen waren zwar für die Erreichung des von der Beklagten verfolgten legitimen Ziels geeignet. Der Kläger kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, als milderes Mittel gegenüber Meldeauflagen sei in Betracht gekommen, dass die Beklagte die Ortspolizeibehörden der Auswärtsspielorte unterrichtet, damit diese ggf. Aufenthaltsverbote verhängen könnten. Eine solche Vorgehensweise hätte den Kläger zwar weniger beeinträchtigt, sie wäre aber nicht ebenso effektiv wie die von der Beklagten verfügten Meldeauflagen gewesen, weil die Kontrolle des Aufenthaltsverbots bei Auswärtsspielen, an denen nur wenige mitreisende szenekundige Beamte der Beklagten zur Verfügung stehen, nur eingeschränkt möglich gewesen wäre. Die Meldeauflagen unterwarfen den Kläger einer weitaus wirkungsvolleren Kontrolle als die von ihm vorgeschlagene Alternative (vgl. BVerwG, Urt. v. 25.07.2007, a.a.O., zu Meldeauflagen als Alternative zu einer Personalausweisbeschränkung nebst Kontrollen durch die Grenzkontrollbehörden bei einem Ausreiseversuch ins Ausland; im Ergebnis ebenso für Meldeauflagen zur Verhinderung der Ausreise von gewaltbereiten Fußballfans Senat, Beschl. v. 14.06.2000, a.a.O.; insoweit auch OVG Bremen, Urt. v. 02.09.2008, a.a.O.). |
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| Als ebenso wirksames, aber milderes Mittel kam im vorliegenden Fall jedoch in Betracht, dem Kläger eine Meldeauflage zu erteilen, die ihn nicht - wie geschehen - grundsätzlich an seinen Wohnort band, sondern es ihm ermöglicht hätte, sich auch an anderen Polizeidienststellen im Bundesgebiet mit Ausnahme des Austragungsorts des Auswärtsspiels zu melden (vgl. zu Meldeauflagen dieses Inhalts BVerwG, Urt. v. 25.07.2007, a.a.O.). Da die Beklagte mit den Meldeauflagen lediglich erreichen wollte, dass der Kläger nicht zu dem jeweiligen Auswärtsspiel des SC Freiburg reist, wäre eine solche Meldeauflage zur Erreichung des Ziels ebenso geeignet gewesen. Sie hätte den Kläger zugleich wesentlich weniger beeinträchtigt, da er dadurch nicht über mehrere Wochen hinweg an den Auswärtsspieltagen an seinen Heimatort gebunden gewesen wäre, sondern sich mit der genannten Ausnahme an jedem anderen Ort seiner Wahl im Bundesgebiet hätte aufhalten können. Die vom Kläger beanstandeten Bescheide haben eine solche Ausweichmöglichkeit nicht in hinreichendem Umfang vorgesehen. Darin hatte die Beklagte lediglich erklärt, dass dem Kläger „bei wichtigen Gründen“ nach Rücksprache mit ihr eine „Ausnahmemöglichkeit“ eingeräumt werden könne. Es war aber weder erforderlich, den Wechsel des Meldeortes auf - zumal nicht hinreichend bestimmte - „wichtige Gründe“ zu beschränken noch solche Wechsel nur als „Ausnahmen“ vorzusehen, da es für die Erreichung des von der Beklagten verfolgten Zwecks ohne Belang war, aus welchen Gründen der Kläger Freiburg verlassen wollte, um sich an einem anderen Ort - abgesehen vom Austragungsort des Auswärtsspiels - aufzuhalten. Der Senat verkennt nicht, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung sinngemäß erklärt hat, die Möglichkeit zum Austausch eines Meldeorts in der Praxis des Jahres 2014 tatsächlich großzügig gehandhabt zu haben, ohne dass der Kläger dem entgegengetreten wäre. Hierauf kommt es jedoch für die Prüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids nicht entscheidungserheblich an. Streitgegenstand ist nicht die Verwaltungspraxis der Beklagten, sondern die Rechtmäßigkeit der vom Kläger beanstandeten Bescheide, deren Inhalt sich allein nach dem erklärten Willen der erlassenden Behörde, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung des Verwaltungsakts verstehen konnte, richtet (vgl. zuletzt VGH Bad.-Württ., Beschl. v. 16.02.2017 - 10 S 1160/16 - juris m.w.N.). |
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| Die Klage ist mit dem Antrag, die Gebührenfestsetzung im Bescheid vom 19.09.2014 aufzuheben, zulässig und begründet. |
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| Die auf §§ 1, 2 und 4 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Verwaltungsgebühren gestützte Gebührenfestsetzung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Da die Beklagte die Gebühr in Ausübung des ihr zustehenden Ermessens einheitlich für das in dem Bescheid verhängte Aufenthaltsverbot und die Meldeauflage festgesetzt hat, letztere aber rechtswidrig war, ist die einheitliche Gebührenfestsetzung insgesamt ermessensfehlerhaft ergangen. |
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| Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt. |
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| Beschluss vom 18. Mai 2017 |
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| Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2 GKG auf 10.000,-- EUR festgesetzt (in Anlehnung an Nr. 35.1 des Streitwertkatalogs 2013). |
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| Dieser Beschluss ist unanfechtbar. |
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