Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - wird zurückgewiesen.
Die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - wird zurückgewiesen.
Von den Gerichtskosten des Berufungsverfahrens und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin im Berufungsverfahren trägt der Beklagte 3/8 und die Beigeladene 5/8. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren selbst.
Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - wird hinsichtlich der Kostenentscheidung in Nummer 3 des Tenors von Amts wegen wie folgt geändert: Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin trägt der Beklagte 3/8 und die Beigeladene 5/8. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Die Revision wird nicht zugelassen.
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| Die Beteiligten streiten im Rahmen einer Bauvoranfrage der Beigeladenen insbesondere über die Gültigkeit eines Bebauungsplans und eines Ortsbauplans sowie um das Vorliegen der Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 BauGB. |
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| Am 27. Januar 2014 stellte die Beigeladene bei der Klägerin eine Bauvoranfrage bezüglich der Bebaubarkeit des Grundstücks in C auf der Gemarkung Stammheim mit der Flurstück-Nummer ... mit zwei Einfamilienhäusern, zwei Garagen, einem Holzschuppen und zwei Stellplätzen. Die Erschließung des an einem Hang gelegenen Grundstücks sollte über die F... Straße erfolgen, von der aus auf dem genannten Grundstück ein privater Erschließungsweg errichtet werden sollte. |
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| Für das Grundstück, das in dem Flächennutzungsplan der Verwaltungsgemeinschaft C/Oberreichenbach vom 21. Februar 2003 als Wohnbaufläche dargestellt ist, beanspruchte zur Zeit der Beantragung des Bauvorbescheids der Ortsbauplan „Gänsäcker“ der damals eigenständigen Gemeinde Stammheim vom 8.Februar 1960, dessen Genehmigung am 2. September 1960 bekannt gemacht worden war, Geltung. Der Ortsbauplan sah für den betreffenden Grundstücksbereich keine überbaubare Grundstücksfläche vor. Der östliche Bereich des Ortsbauplans wurde durch den Bebauungsplan „Gänsäcker II“ vom 5. Oktober 1970, dessen Genehmigung am 6. November 1970 bekannt gemacht wurde, überplant. Das Grundstück der Beigeladenen wird von diesem Bebauungsplan nicht erfasst. Allerdings grenzt er nach einem schmalen in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Wegegrundstück an das Grundstück der Beigeladenen östlich an. Am 7. November 2003 trat für die drei nördlich des Baugrundstücks gelegenen Grundstücke der Bebauungsplan „Gänsäcker I, 1. Erweiterung“ in Kraft. Mit Urteil vom 15. Februar 2011 prüfte das Verwaltungsgericht Karlsruhe den hier gegenständlichen Ortsbauplan „Gänsäcker“ vom 8. Februar 1960 inzident und hielt ihn für unwirksam, weil er nicht ordnungsgemäß ausgefertigt, unbestimmt und mittlerweile funktionslos geworden sei (8 K 932/10). |
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| Mit Bescheid vom 15. September 2014 versagte die Klägerin der Beigeladenen die Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. Zur Begründung führte die Klägerin aus, die von der Beigeladenen für die Bebauung vorgesehene Grundstücksfläche liege außerhalb der im Ortsbauplan „Gänsäcker“ festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche. Der Ortsbauplan „Gänsäcker“ sei im hier fraglichen Bereich nicht funktionslos geworden. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. Februar 2011 betreffe allein einen abgrenzbaren Teil im westlichen Bereich des Plans und nicht das hier fragliche Grundstück. Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB könne nicht erteilt werden, weil die Grundzüge der Planung berührt seien. Zudem sei der Eingriff nicht geringfügig. Die Erschließung des Grundstücks als Baufläche solle zudem über den Fi... Weg erfolgen. Hierfür sei ein Bebauungsplan zu erlassen. |
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| Auf den Widerspruch der Beigeladenen hob das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 4. November 2014 den Bescheid der Klägerin vom 15. September 2014 auf und gab die Bauvoranfrage an die Klägerin zurück, um das Verfahren zu betreiben und sodann erneut über die Bauvoranfrage zu entscheiden. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, der Ortsbauplan „Gänsäcker“ sei nicht anzuwenden, weil er vom Verwaltungsgericht Karlsruhe als unwirksam angesehen worden sei. Abgesehen davon sei der Plan im Hinblick auf die Festlegung der überbaubaren Grundstücksfläche funktionslos geworden. Beinahe sämtliche Grundstücke befänden sich außerhalb der festgesetzten überbaubaren Grundstücksfläche. Eine Baurechtsbehörde dürfe eine als funktionslos erkannte Festsetzung nicht anwenden. Maßstab für die Bauvoranfrage sei damit § 34 BauGB. Es spreche viel dafür, dass sich das Bauvorhaben nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden solle, in die Eigenart der näheren Umgebung einfüge. Die Erschließung könne auch gesichert werden. Gleichwohl könne das Regierungspräsidium nicht selbst über die Sache entscheiden. Erforderlich sei die Konkretisierung der Bauvoranfrage durch bestimmte Fragen. Zudem sei bisher die Nachbarbeteiligung nach § 55 LBO nicht durchgeführt worden, was die Klägerin nachzuholen habe. Sobald dies geschehen sei, werde die Klägerin erneut über die Bauvoranfrage zu entscheiden haben. |
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| Mit Schreiben vom 10. November 2014 präzisierte die Beigeladene gegenüber der Klägerin die Bauvoranfrage auf die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit der genannten baulichen Anlagen sowie auf die Zulässigkeit der eingezeichneten Erschließung. Außerdem erklärte die Eigentümerin des einzigen angrenzenden Grundstücks gegenüber der Klägerin ihre Zustimmung zum Bauvorhaben der Beigeladenen. |
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| Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 4. Dezember 2014 Klage erhoben und die Aufhebung des Widerspruchsbescheids beantragt. Das Regierungspräsidium habe den Ortsbauplan „Gänsäcker“ zu Unrecht für unwirksam befunden. Der Plan sei ordnungsgemäß ausgefertigt und jedenfalls für den hier fraglichen Bereich nicht funktionslos geworden. Dies zeige sich daran, dass der Plan auch jetzt noch in der Lage sei, eine Fläche von Bebauung freizuhalten, die nach dem Willen des damaligen Satzungsgebers nicht bebaut werden solle. |
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| Am 18. Dezember 2014 beschloss der Gemeinderat der Klägerin für die Grundstücke mit den Flurstück-Nummern ..., ... und ... - mithin auch die Flächen des Vorhabens der Beigeladenen - die Aufstellung eines Bebauungsplans „Gänsäcker I, 2. Änderung“ sowie zu seiner Sicherung eine Veränderungssperre. Der Aufstellungsbeschluss und die Durchführung im Verfahren nach § 13a BauGB ohne Umweltprüfung und Umweltbericht sowie die Veränderungssperre wurden im Mitteilungsblatt der Klägerin am 9. Januar 2015 bekannt gemacht. Vom 11. September 2015 bis zum 7. Oktober 2015 erfolgte die frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 BauGB. |
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| Am 18. November 2015 hat die Beigeladene gegen die Klägerin Widerklage erhoben und in der mündlichen Verhandlung beantragt, 1. die Klägerin zu verpflichten, der Beigeladenen einen positiven Bauvorbescheid zu der von ihr unter dem Datum vom 27. Januar 2014 eingereichten Bauvoranfrage für die Errichtung von zwei Einfamilienhäusern und zwei Garagen sowie einem Holzschuppen und zwei Stellplätzen zu erteilen, und 2. hilfsweise festzustellen, dass ihr die Klägerin bis spätestens 8. Januar 2015 einen positiven Bauvorbescheid zu der unter dem Datum vom 27. Januar 2014 eingereichten Bauvoranfrage für die Errichtung von zwei Einfamilienhäusern und zwei Garagen sowie einem Holzschuppen und zwei Stellplätzen hätte erteilen müssen. Außerdem hat die Klägerin beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung hat die Beigeladene vorgetragen, der Ortsbauplan „Gänsäcker“ sei funktionslos und unwirksam. Daher stünden seine Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche dem Vorhaben nicht entgegen. Jedenfalls sei nicht ersichtlich, weshalb keine Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB möglich sei. Grundzüge der Planung seien nicht berührt, weil das Konzept von überbaubaren und nicht überbaubaren Flächen hinfällig geworden sei. Die am 9. Januar 2014 bekannt gemachte Veränderungssperre stehe dem Vorhaben nicht entgegen; sie sei unwirksam. Das Vorhaben erfülle die Voraussetzungen des § 34 BauGB. Es füge sich in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Dies gelte auch für das einzige hier streitige Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche. Unmittelbar benachbart zum Vorhabengrundstück seien in östlicher Richtung Gebäude mit einer entsprechenden Bebauungstiefe und in zweiter oder dritter Reihe genehmigt und errichtet worden. Die Erschließung sei über das eigene Grundstück von der F... Straße aus gesichert. Die Feststellungsklage sei im Falle, dass das Gericht die Auffassung vertrete, die Veränderungssperre stehe dem Vorhaben entgegen, begründet. Sie habe dann zur Erledigung eines Anspruchs auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids geführt. |
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| Mit Urteil vom 26. November 2015 (2 K 4241/14) hat das Verwaltungsgericht den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 4. November 2014 aufgehoben und die Widerklage abgewiesen. Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin hat das Verwaltungsgericht zu 6/13 dem Beklagten und zu 7/13 der Beigeladenen auferlegt; im Übrigen sollten die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst tragen. Den Streitwert hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. November 2015 auf 70.000 Euro festgesetzt (60.000 Euro für die Klage und 10.000 Euro für die Widerklage). |
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| Zur Begründung des Urteils hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, die Klage gegen den Widerspruchsbescheid sei zulässig und begründet. Das Regierungspräsidium habe im Widerspruchsbescheid die Festsetzungen des Ortsbauplans „Gänsäcker“ zu Unrecht außer Acht gelassen. Der Plan sei wirksam erlassen und nicht unwirksam geworden. Das Urteil der 8. Kammer im Verfahren 8 K 932/10 binde die Kammer nicht. Rechtsgrundlage für den Ortsbauplan sei Art. 7 der Württembergischen Bauordnung vom 28. Juli 1910, letztmals geändert am 13. März 1931. Die formellen Anforderungen an den Erlass eines Ortsbauplans seien gegeben. Zwar liege keine ordnungsgemäße Ausfertigung vor, da sich auf dem Ortsbauplan kein Ausfertigungsvermerk befinde. Dies sei jedoch unschädlich, weil eine „gedankliche Schnur“ zwischen dem Dokument über den Satzungsbeschluss und dem Plan bestehe. Es stehe zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der vorliegende Ortsbauplan „Gänsäcker“ derjenige sei, auf den das Protokoll vom 8. Februar 1960 Bezug nehme. Der Ortsbauplan „Gänsäcker“ sei im für den hiesigen Rechtsstreit relevanten Teil auch bestimmt. Eine möglicherweise für die Randbereiche seines Geltungsbereichs vorliegende Unbestimmtheit würde nur zu einer Teilnichtigkeit für jene Gebiete führen. Ein Bebauungsplan müsse seinen Geltungsbereich regeln. Da es keine textliche Umschreibung des Geltungsbereichs gebe, sei allein auf den Plan abzustellen. Dabei sei davon auszugehen, dass der Geltungsbereich des Bebauungsplans so weit reiche, wie zeichnerische Festsetzungen getroffen worden seien. Die grüne Kolorierung stelle eine solche zeichnerische Festsetzung dar. Aus § 5 Abs. 2 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der Bauordnung vom 10. Mai 1911, letztmals geändert am 5. September 1935, ergebe sich, dass eine grüne Kolorierung Bauverbots- und Vorgartenflächen festsetze. Möglicherweise sei der Plan in seiner östlichen Ausdehnung zu unbestimmt, weil dort die grüne Kolorierung nicht parzellenscharf, sondern „wolkenförmig“, nach außen hin verblassend, aufgetragen sei. Auch nach Süden hin sei nicht klar, ob der Geltungsbereich des Plans an der Straße „... - ...“ ende oder ob die detaillierten Darstellungen südlich dieser Straße auch Teil seines Geltungsbereichs seien. Selbst wenn man den Bebauungsplan hinsichtlich der am östlichen Rand gelegenen Flurstücke oder der südlich der Straße „...“ gelegenen Grundstücke für unbestimmt hielte, wäre dadurch der Plan nur hinsichtlich dieser Flächen teilnichtig, hinsichtlich der streitgegenständlichen Fläche aber wirksam. Der Bebauungsplan sei auch nicht funktionslos geworden. Zwar gebe es stellenweise Abweichungen der tatsächlichen Bebauung von der geplanten, die am gravierendsten in der unmittelbaren Nachbarschaft des streitgegenständlichen Grundstücks im Verfahren 8 K 932/10 seien. Insgesamt betrachtet entspreche die vorhandene Bebauung jedoch dem Plan. Das gelte insbesondere für das Gebiet um das im vorliegenden Verfahren streitgegenständliche Grundstück. Zwar seien die Gebäude F... Straße ... und ... teilweise außerhalb des Baufensters errichtet, das Gebäude F... Straße ... sogar vollständig. Durch die erteilten Befreiungen sei der Plan jedoch nicht funktionslos geworden. An jedem im Plan vorgesehenen Standort sei ein Gebäude errichtet worden. Der ursprüngliche Plan, entlang der Straße in gleichmäßigen Abständen freistehende Einfamilienhäuser zu errichten, sei erkennbar verwirklicht worden. Gerade bezüglich der streitgegenständlichen Fläche komme dem Plan noch eine Funktion zu, nämlich diese von Bebauung freizuhalten. |
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| Die Widerklage sei zulässig, aber unbegründet. Die Beigeladene habe keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage sei derjenige der mündlichen Verhandlung. Der Erteilung eines Bauvorbescheids stehe die Wirksamkeit der Veränderungssperre entgegen. Die Veränderungssperre sei wirksam. Die Beigeladene habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahme von der Veränderungssperre. Die hilfsweise erhobene Widerklage auf Feststellung, dass die Klägerin bis zum Erlass der Veränderungssperre verpflichtet gewesen sei, die Bauvoranfrage positiv zu bescheiden, habe keinen Erfolg. Das geplante Vorhaben habe gegen die Festsetzungen des wirksamen Ortsbauplans „Gänsäcker“ verstoßen, da es außerhalb der Baugrenzen habe errichtet werden sollen. Die Beigeladene habe auch keinen Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB von den Festsetzungen des Bebauungsplans gehabt. |
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| Gegen dieses Urteil hat der Beklagte am 23. Februar 2016 die Zulassung der Berufung beantragt. Am 2. März 2016 hat auch die Beigeladene die Zulassung der Berufung beantragt. Mit Beschluss vom 4. April 2017 hat der Senat die Berufungen zugelassen. Soweit das Urteil den Widerspruchsbescheid des Beklagten aufgehoben habe, lägen besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten vor, weil über die Gültigkeit eines Ortsbauplans aus dem Jahr 1960 zu entscheiden sei. Bezogen auf die Widerklage habe die Beigeladene ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils dargelegt. |
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| Im Mitteilungsblatt der Klägerin vom 22. September 2017 wurde bekannt gemacht, dass der Bebauungsplanentwurf in der Zeit vom 2. Oktober bis 8. November 2017 mit der Möglichkeit zur Stellungnahme nach § 3 Abs. 2 BauGB öffentlich ausgelegt werde. Das Verfahren werde im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB ohne Umweltprüfung nach § 2 Abs. 4 BauGB durchgeführt. Die Beigeladene und die beiden anderen von der Planung betroffenen Grundstückseigentümer gaben eine Stellungnahme ab, in der sie die Erschließung über den Fi... Weg als unnötig ablehnten und sich dagegen wandten, für den Ausbau des Fi... Wegs mit Wendehammer Teile ihres Grundstücks zur Verfügung stellen zu müssen. |
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| Am 14. Dezember 2017 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan als Satzung. Der Beschluss wurde am 22. Dezember 2017 bekannt gemacht. |
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| Der Beklagte bringt zur Begründung seiner Berufung vor, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei der Ortsbauplan „Gänsäcker“ unwirksam. Er sei nicht ordnungsgemäß ausgefertigt und unbestimmt. Das Verwaltungsgericht habe zudem verkannt, dass es sich bei der grünen Kolorierung um keine Festsetzung handele. Festsetzungen von Bauverbots- und Vorgartenflächen seien stets gezielt und nicht so weitflächig erfolgt. Die grüne Farbe sei auch viel zu unterschiedlich stark aufgebracht, als dass man die Auffassung vertreten könne, hierbei handele es sich um eine Festsetzung. In einigen Bereichen sei die genaue Abgrenzung zwischen den Grüntönen sogar ausdrücklich mit einer feinen gestrichelten Linie dargestellt. Hierdurch seien Bauverbots- und Vorgartenflächen mit hellgrüner Farbe festgesetzt worden. Dunkelgrüne Flächen seien lediglich gestalterisch koloriert. Sollte es sich bei den grünen Flächen um Bauverbots- und Vorgartenflächen handeln, wäre dies abwägungsfehlerhaft. Denn für eine solche weitreichende Einschränkung der Bebaubarkeit fehle die planerische Rechtfertigung. Schließlich sei der Ortsbauplan auch wegen Funktionslosigkeit rechtlich unbeachtlich. Maßgeblich sei daher § 34 BauGB. Danach sei das Bauvorhaben der Beigeladenen planungsrechtlich zulässig. Es füge sich insbesondere auch im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Abgesehen davon werde die Klägerin durch den Widerspruchsbescheid nicht in ihrer Planungshoheit verletzt. Der Plan sei wegen seiner Funktionslosigkeit nicht verworfen, sondern schlicht nicht angewandt worden. Zudem unterliege eine Gemeinde, die - wie die Klägerin - untere Verwaltungsbehörde sei, der Fachaufsicht der übergeordneten Baurechtsbehörden. Insoweit sei die Gemeinde bei Fragen der Rechtsanwendung von Baurecht weisungsgebunden. |
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| das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen. |
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| Die Beigeladene beantragt sinngemäß, |
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| auf die Berufung des Beklagten das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - zu ändern und die Klage abzuweisen. |
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| die Berufung des Beklagten zurückzuweisen. |
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| Zur Begründung bringt die Klägerin vor, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei richtig. Der Ortsbauplan „Gänsäcker“ sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids noch gültig gewesen. Die Planungshoheit einer Gemeinde sei auch dann betroffen, wenn eine Behörde den Plan wegen angeblicher Funktionslosigkeit nicht anwende. Es liege kein hier durchgreifender Bestimmtheitsmangel vor. Auch sei es unerheblich, dass der Ortbauplan nicht ausgefertigt sei, weil zwischen dem Satzungsbeschluss und dem Ortsbauplan eine hinreichende „gedankliche Schnur“ bestehe. |
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| Die Beigeladene schließt sich hinsichtlich der Berufung des Beklagten dessen Ausführungen an. Der Ortsbauplan sei unwirksam. Soweit darin in weitem Umfang Bauverbotsflächen festgesetzt seien, stelle dies einen schwerwiegenden Eingriff in die Eigentumsfreiheit dar. Es werde auch nicht klar, ob es sich bei den unterschiedlich grünen Farbauftragungen um Festsetzungen handeln solle. Die durch Baulinien festgesetzten Baufenster seien nach hinten offen, weshalb es keinen Sinn mache, die bewusste Öffnung durch die Festsetzung einer Grünfläche zu konterkarieren. Darüber hinaus sei der Ortsbauplan funktionslos geworden. Aus der vom Beklagten im Widerspruchsverfahren erstellten Projektion ergebe sich, dass die tatsächliche Bebauung von der im Plan vorgesehenen Bebauung so massiv abweiche, dass der Plan keine steuernde Wirkung entfaltet habe. |
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| Zur Begründung ihrer eigenen Berufung bringt die Beigeladene vor, auch der aktuelle Bebauungsplan „Gänsäcker I, 2. Änderung“ vom 22. Dezember 2017 sei unwirksam. Daher stünden weder er noch der Ortsbauplan der Bauvoranfrage entgegen. Ihr Vorhaben sei nach § 34 BauGB zulässig. Dies gelte auch im Hinblick auf die überbaubare Grundstücksfläche. Das Vorhabengrundstück solle mit einer Bebauungstiefe von etwa 60 m gemessen von der F... Straße als Erschließungsstraße bebaut werden. Unmittelbar benachbart zum Vorhabengrundstück befänden sich entlang des A... Wegs, M... Wegs und D... Wegs Gebäude in einer Bebauungstiefe von etwa 80 bis 90 m, gemessen von der F... Straße als Erschließungsstraße. Die genannten Wege hätten selbst keine Erschließungsfunktion, sondern seien bloße Stichstraßen. Eine solche Stichstraße stelle auch der von ihr geplante Erschließungsweg dar. Dabei sei es unerheblich, dass sich der von ihr geplante Stichweg im Privateigentum und nicht im Gemeindeeigentum befinde. Jedenfalls löse die von ihr geplante Bebauung keine bodenrechtlichen Spannungen aus. |
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| Auch die hilfsweise erhobene Klage sei begründet. Bis zum Erlass der Veränderungssperre sei die Klägerin verpflichtet gewesen, die Bauvoranfrage positiv zu bescheiden. Der Ortsbauplan sei unwirksam. Ihr Vorhaben füge sich nach § 34 BauGB in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Aber selbst wenn der Ortsbauplan nicht unwirksam sein sollte, hätte sie Anspruch auf Erteilung einer Befreiung nach § 31 Abs. 2 BauGB gehabt. |
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| Die Beigeladene beantragt, |
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| das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - zu ändern und die Klägerin zu verpflichten, ihr einen positiven Bauvorbescheid zu der unter dem Datum vom 27. Januar 2014 eingereichten Bauvoranfrage, konkretisiert durch das Schreiben vom 10. November 2014, zu erteilen. |
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| Hilfsweise beantragt die Beigeladene, |
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| das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - zu ändern und festzustellen, dass die Klägerin ihr spätestens zum 8. Januar 2015 einen positiven Bauvorbescheid zu der unter dem Datum 27. Januar 2014 eingereichten Bauvoranfrage, konkretisiert durch das Schreiben vom 10. November 2014, hätte erteilen müssen. |
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| die Berufung der Beigeladenen zurückzuweisen. |
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| Zur Begründung trägt sie vor, die Widerklage sei unzulässig. Sie sei erst nach Ablauf der Monatsfrist des § 74 VwGO erhoben worden. Die Widerspruchsbehörde habe dem Widerspruch nur teilweise stattgeben. Hinsichtlich des nicht stattgebenden Teils hätte die Beigeladene Verpflichtungsklage erheben müssen. Die Widerklage sei auch unbegründet. Der Erteilung eines Bauvorbescheides stehe der am 22. Dezember 2017 in Kraft getretene Bebauungsplan entgegen. Der Bebauungsplan sei wirksam. Die von der Beigeladenen geltend gemachten Fehler lägen nicht vor. Vorsorglich werde darauf hingewiesen, dass ein Bauvorbescheid auch nicht nach § 34 BauGB zu erteilen sei. Das Vorhaben füge sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche nicht in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Entgegen dem Vortrag der Beigeladenen existiere entlang der F... Straße - auf die es hier allein ankomme - keine Bebauung in zweiter oder gar dritter Reihe. |
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| Dem Senat liegen die Akten des Verwaltungsgerichts Karlsruhe aus dem Ausgangsverfahren 2 K 4241/14 sowie aus dem Verfahren 8 K 932/10 vor. Darüber hinaus liegt die Akte der Klägerin zum Antrag der Beigeladenen vom 27. Januar 2014 auf Erteilung eines Bauvorbescheids und die hierzu einschlägige Akte des Widerspruchsverfahrens vor dem Regierungspräsidium Karlsruhe vor. Ferner liegt die Bauakte der Klägerin zu einem im Jahr 2012 durchgeführten Baugenehmigungsverfahren auf dem Grundstück der Gemarkung Calw-Stammheim mit der Flurstück-Nummer ... vor. Weiter liegt die Verfahrensakte zur Aufstellung des Ortsbauplans „Gänsäcker“, des Bebauungsplans „Gänsäcker II“ sowie zum Bebauungsplan „Gänsäcker I, 2. Änderung“ mit der dazugehörigen Veränderungssperre vor. |
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| Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt dieser Akten und die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen. |
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| Die Berufungen haben keinen Erfolg. Sie sind zwar zulässig, aber unbegründet. |
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| Dies gilt zunächst für die Berufung der Beigeladenen. Das Verwaltungsgericht hat die Widerklage der Beigeladenen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Widerklage hat weder in ihrem Haupt- (I.) noch in ihrem Hilfsantrag (II.) Erfolg. |
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| Der Hauptantrag der Widerklage hat keinen Erfolg. |
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| a) Die spezifischen für eine Widerklage geltenden Anforderungen des § 89 VwGO sind erfüllt. |
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| Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann bei dem Gericht der Klage eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln zusammenhängt. |
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| Danach setzt die Erhebung der Widerklage zunächst die Rechtshängigkeit der Hauptklage voraus (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.5.2009 - 7 LB 185/06 - NVwZ-RR 2009, 231, juris Rn. 11; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 89 Rn. 3). Hier ist seit Erhebung der Widerklage am 18. November 2015 die Hauptklage anhängig. |
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| Ferner muss zwischen dem Gegenanspruch und dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch ein Zusammenhang bestehen. Allerdings darf sich die Widerklage nicht in der bloßen Leugnung des Klageanspruchs erschöpfen, sondern muss darüber hinaus gehen. Es müssen jeweils selbständige Streitgegenstände vorliegen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 7; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 89 Rn. 6; W. R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 89 Rn. 1a und 5). Auch diese Voraussetzung ist hier gegeben. Mit der Klage macht die klagende Gemeinde geltend, der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums, mit dem sie zur Neubescheidung des Antrags der Beigeladenen auf Erteilung eines Bauvorbescheids verpflichtet wurde, verletze sie in ihrer Planungshoheit und sei deshalb aufzuheben. Dagegen wird mit der Widerklage der Anspruch auf Verpflichtung der Klägerin zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids geltend gemacht. Beide Ansprüche stehen in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang. Jedoch handelt es sich um jeweils selbständige Streitgegenstände. Die Widerklage erschöpft sich nicht in der bloßen Leugnung des Anspruchs der Klägerin, sondern geht darüber hinaus. |
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| Klage und Widerklage betreffen weiter - wie von § 89 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorausgesetzt - dieselbe Verfahrensart. |
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| Einer Widerklage steht auch nicht § 89 Abs. 1 Satz 2 VwGO entgegen, wonach diese ausgeschlossen ist, wenn in den Fällen des § 52 Nr. 1 VwGO für die Klage wegen des Gegenanspruchs ein anderes Gericht zuständig ist. Hier ist für die Hauptsacheklage nach § 52 Nr. 1 VwGO das Verwaltungsgericht Karlsruhe örtlich zuständig, weil sich der angegriffene Widerspruchsbescheid auf eine Bauvoranfrage und mithin um ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis bezieht. Auch für die Widerklage - der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheids - ist nach § 52 Nr. 1 VwGO das Verwaltungsgericht Karlsruhe örtlich zuständig. |
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| Der Erhebung der Widerklage steht ferner nicht entgegen, dass sie von der Beigeladenen erhoben wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.6.1962 - 2 RU 109/58 - BSGE 17, 139; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 4; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 89 Rn. 9; Schmid in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 89 Rn. 4; a. A. Peters/Pätzold in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 89 Rn. 11; Wolff in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 89 Rn. 9; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 89 Rn. 4; Stuhlfauth in Bader u.a., VwGO, 7. Aufl., § 89 Rn. 5; wohl auch Hess. VGH, Beschluss vom 16.12.1991 - 4 TH 1814/19 - DVBl. 1992, 780, juris Rn. 76). Dies gilt jedenfalls in Fällen, in denen der notwendig Beigeladene, der sich auf der Seite des Beklagten beteiligt, die Widerklage gegen den Kläger erhebt. Für die Zulässigkeit einer solchen Widerklage spricht der prozessökonomische Zweck des Rechtsinstituts der Widerklage. Zudem kann der notwendig Beigeladene nach § 66 Satz 2 VwGO abweichende Sachanträge stellen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 4), die - wenn § 66 Satz 2 VwGO einen über § 66 Satz 1 VwGO hinausgehenden Anwendungsbereich haben soll - sich nicht im Rahmen des Streitgegenstandes halten müssen (so: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.12.2011 - 4 S 2543/11 - juris Rn. 11; Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 66 Rn. 6; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 66 Rn. 21; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 66 Rn. 6; Kintz in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 66 Rn. 8; Porz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl., § 66 VwGO Rn. 6; v. Albedyll in Bader u.a., VwGO, 7. Aufl., § 66 Rn. 9; offen gelassen von BVerwG, Beschluss vom 31.5.2010 - 3 B 29.10 - juris Rn. 10, und Urteil vom 22.5.2014 - 3 C 8.13 - BVerwGE 149, 343 - juris Rn. 20; a. A. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 66 Rn. 10). Eine Zulässigkeit der Widerklage ist hier damit gegeben. Die erfolgte Beiladung war notwendig im Sinne von § 65 Abs. 2 VwGO, weil die Klägerin mit der Anfechtungsklage einen Widerspruchsbescheid angreift, welcher die Rechtsposition der Beigeladenen im Bauvorbescheidverfahren verbessert hat und im Falle des Erfolgs der Anfechtungsklage aufgehoben würde. Im Übrigen greift vorliegend auch das teilweise gegen die Zulässigkeit einer Widerklage eines Beigeladenen herangezogene Argument, aus Gründen der Prozessökonomie könnten die gesetzliche Zuständigkeitsordnung und der gesetzliche Richter nicht überspielt werden (so argumentiert Stuhlfauth in Bader u.a., VwGO, 7. Aufl., § 89 Rn. 5; Peters/Pätzold in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 89 Rn. 11), nicht durch. Denn hier ist für die Klage und die Widerklage - wäre sie eine selbständige Klage - dasselbe Verwaltungsgericht örtlich zuständig; beide Verfahren hätten auch nach § 93 Satz 1 VwGO verbunden werden können. |
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| Schließlich ist die Widerklage nicht wegen § 89 Abs. 2 VwGO unzulässig. Danach ist bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen die Widerklage ausgeschlossen. Allerdings ist dieser Ausschluss entsprechend dem Willen des Gesetzgebers auf Fälle zu reduzieren, in denen der Widerbeklagte dem beigeladenen Widerkläger im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses untergeordnet ist. Denn in diesen Fällen hat der Widerkläger alternativ die Möglichkeit, einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. BT-Drs. III/55, S. 41; BVerwG, Urteile vom 17.4.2002 - 9 A 24.01 - BVerwGE 116, 175, juris Rn. 63, und vom 8.9.2005 - 3 C 49.04 - NVwZ 2006, 703, 705; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 15; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 89 Rn. 12 f.). Vorliegend ist die Klägerin der Beigeladenen nicht in dem Sinne unterworfen, dass die beigeladene Widerklägerin gegenüber der Widerbeklagten durch Verwaltungsakt Regelungen erlassen könnte. Vielmehr wendet sich hier eine Bürgerin gegen einen Hoheitsträger und begehrt dessen Verpflichtung auf Erlass eines Verwaltungsakts. |
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| b) Bezüglich des Hauptantrags der Widerklage liegen auch die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen vor. |
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| aa) Bei der Widerklage handelt es sich um eine nach § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthafte Verpflichtungsklage auf Erlass des von der Beigeladenen beantragten und von der Klägerin abgelehnten Bauvorbescheids. |
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| bb) Die Beigeladene ist nach § 42 Abs. 2 Var. 2 VwGO möglicherweise in ihren Rechten verletzt. Sie hat möglicherweise einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids aus § 57 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. |
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| cc) Die Verpflichtungsklage ist ohne abschließende Durchführung des nach § 68 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich erforderlichen Vorverfahrens zulässig. Zwar hat das Regierungspräsidium auf den Widerspruch der Beigeladenen bereits mit Bescheid vom 4. November 2014 entschieden. Dabei kann dahinstehen, ob es rechtlich zulässig war, dass es im Widerspruchsbescheid lediglich den ablehnenden Bescheid aufgehoben und die Klägerin als Ausgangsbehörde zur erneuten Entscheidung angewiesen hat, ohne eine im Sinne des Verpflichtungsanspruchs der Beigeladenen positive Entscheidung festzulegen (vgl. zur Zulässigkeit einer Zurückverweisung bei Verpflichtung der Ausgangsbehörde zu einer bestimmten Entscheidung zugunsten des Widerspruchsführers: BVerwG, Urteile vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 - BVerwGE 130, 113, juris Rn. 11, und vom 10.12.1970 - VIII C 97.70 - BVerwGE 37, 47, juris Rn. 12 ff.; Geis in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 73 Rn. 38; ablehnend: Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 73 Rn. 15; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 73 Rn. 41), und das Widerspruchsverfahren bereits deshalb als nicht abgeschlossen anzusehen ist. |
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| Denn jedenfalls hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid nach § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a BauGB findet hier keine Anwendung (wie hier Senatsbeschluss vom 24.10.1996 - 5 S 1959/96 - NVwZ 1997, 1008; Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 212a Rn. 2; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rn. 28; Hornmann in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl., § 212a Rn. 17 ff.; Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 80 Rn. 61.1; a. A. Nds. OVG, Beschlüsse vom 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris und vom 21.10.2009 - 1 ME 192/09 - NVwZ-RR 2010, 140, juris Rn. 11; Kalb/Külpmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 212a Rn. 25; Schoch in ders./Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 162). Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid bewirkt, dass der Vollzug dieses Bescheids gehindert wird und dass aus diesem keine Folgen gezogen werden dürfen (sog. „Vollzugshemmung“, vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.1988 - 8 C 72.87 - NVwZ-RR 1989, 497; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rn. 6; nach a. A. wird die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO sogar als Wirksamkeitshemmung verstanden). Nach § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO gilt dies auch in den Fällen von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung oder Drittwirkung (§ 80a VwGO). Daher ist die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - unbeachtlich und nur im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten von Bedeutung, sondern auch im Verhältnis zur Beigeladenen als Antragstellerin und Widerspruchsführerin. Die Anfechtungsklage hat somit dem Widerspruchsbescheid die Vollziehbarkeit genommen. Im Fall des Erfolgs der Anfechtungsklage ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben. Die Widerspruchsbehörde muss dann erneut über den Widerspruch entscheiden. Das Widerspruchsverfahren ist daher noch nicht beendet (entsprechend fehlt es an einem abgeschossenen Vorverfahren, wenn der Widerspruchsbescheid zwar erlassen, aber mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 75 Rn. 6). |
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| Der gesetzlich ungeregelte Ausnahmegrund des Verzichts auf das Vorverfahren oder des rügelosen Einlassens (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217, juris Rn. 37; Saurenhaus/Buchheister in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 68 Rn. 17) liegt hier nicht vor. Der Beklagte als Träger der Widerspruchsbehörde - der nicht der Widerbeklagte ist - hat zur Widerklage bislang keinen Antrag gestellt und sich auf diese inhaltlich nicht eingelassen. Der Beklagte hat auch nicht zum Ausdruck gebracht, der Widerspruch werde keinen Erfolg haben. Vielmehr hält er wie bisher den Widerspruch für begründet und die Klägerin zur erneuten Entscheidung verpflichtet. |
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| Jedoch ist die Verpflichtungsklage hier auch ohne endgültig abgeschlossenes Widerspruchsverfahren gemäß § 75 VwGO zulässig. Die Beigeladene hat am 29. September 2014 Widerspruch erhoben. Die Wartefrist des § 75 Satz 2 VwGO von drei Monaten ist damit bereits abgelaufen. Es liegt auch kein zureichender Grund vor, weshalb über den Widerspruch noch nicht endgültig entschieden ist. Die Aussetzung des Verfahrens in der hier gegebenen Konstellation einer Klage gegen den Widerspruchsbescheid und einer Widerklage, mit welcher die Verpflichtung zum Erlass des auch im Vorverfahren gegenständlichen Verwaltungsakts begehrt wird, wäre dem Recht der Beigeladenen auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes abträglich und prozessökonomisch wenig sinnvoll. Denn ob überhaupt noch eine erneute Entscheidung des Regierungspräsidiums über den Widerspruch erforderlich ist, wird im vorliegenden Verfahren geklärt. Sollte es im Berufungsverfahren bei der Aufhebung des Widerspruchsbescheids durch das Verwaltungsgericht bleiben, verlöre die Beigeladene durch den Wegfall einer erneuten Widerspruchsentscheidung durch das Regierungspräsidium keine Rechtsschutzmöglichkeit. Der Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids ist keine Ermessensentscheidung. Vielmehr wird durch die gleichzeitige Entscheidung über ihren Verpflichtungsantrag ihr Rechtsschutzbegehren einer schnelleren Klärung zugeführt. Auch das Regierungspräsidium verliert insoweit keine eigenständige Entscheidungsmöglichkeit. Daher ist das Verfahren bezüglich der Widerklage nicht nach § 75 Satz 3 VwGO vom Verwaltungsgerichtshof auszusetzen. |
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| dd) Die Verpflichtungsklage ist - entgegen der Meinung der Klägerin - auch nicht verfristet. |
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| Nach § 74 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids zu erheben. Allerdings gilt diese Frist nicht in den Fällen des § 75 VwGO (vgl. Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 74 Rn. 13). |
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| 2. Die Widerklage ist in ihrem Hauptantrag jedoch unbegründet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Die Beigeladene hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach §§ 57 und 58 LBO liegen nicht vor. Das Bauvorhaben, das die einheitlich zu bewertende Bauvoranfrage der Beigeladenen zum Gegenstand hat (dazu a), widerspricht dem am 22. Dezember 2017 in Kraft getretenen Bebauungsplan der Klägerin (dazu c). Die Bauvoranfrage wäre aber auch dann negativ zu beantworten, wenn dieser Bebauungsplan unwirksam wäre und sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens an den Vorgaben des bis zum Inkrafttreten dieses Bebauungsplans Geltung beanspruchenden Ortsbauplans der Klägerin vom 8. Februar 1960 messen lassen müsste (dazu d). Aber selbst wenn beide Pläne unwirksam sein sollten - was hier offen bleiben kann -, hätte die Beigeladene keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid, weil das Vorhaben dem dann maßgeblichen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB widerspricht (dazu e). Die vom Verwaltungsgericht zur Verneinung des Anspruchs der Beigeladenen noch herangezogene Veränderungssperre ist mittlerweile ohne Bedeutung (dazu b). |
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| a) Die Bauvoranfrage der Beigeladenen ist einheitlich zu beantworten und nicht teilbar. |
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| Werden in einem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids mehrere Fragen zur Klärung gestellt, kommt als Minus die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nur hinsichtlich einer der aufgeworfenen Fragen in Betracht, soweit der Antragsteller ein Interesse an einem solchermaßen beschränkten Bauvorbescheid hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.2003 - 3 S 439/03 - juris Leitsatz 1 und Rn. 19 f.). Wird eine Bauvoranfrage eingereicht, in der mehrere Fragen entsprechend dem Willen des Bauherrn als untrennbare Einheit gestellt sind, ist der Bauvorbescheid insgesamt zu versagen, wenn auch nur eine der Fragen verneint werden muss (vgl. Schlotterbeck in ders./Hager/Busch/Gammerl, LBO und LBOAVO, 7. Aufl, § 57 LBO Rn. 55). |
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| Hier begehrt die Beigeladene als Bauherrin und Antragstellerin gemäß ihrem Schreiben an die Klägerin vom 10. November 2014 einen Bauvorbescheid für folgende zwei Fragen: „(1.) Sind die auf den überbauten Flächen im Lageplan meiner Bauvoranfrage eingezeichneten zwei Einfamilienhäuser, zwei Garagen, Schuppen und zwei Stellplätze bauplanungsrechtlich zulässig? (2.) Ist die Erschließung über den eingezeichneten Zugang auf meinem Grundstück zulässig?“ |
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| Beide Fragen sind als Einheit zu verstehen. Die Beigeladene wünscht eine Erschließung der geplanten Bebauung ausdrücklich nur über den von ihr in den Lageplan eingezeichneten Zugang von der F... Straße aus. Die Frage nach der Bebauung kann von der Frage nach der Erschließung nicht getrennt werden, weil sie dem Baukonzept der Beigeladenen widerspricht. |
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| b) Die Erfolglosigkeit des Verpflichtungsbegehrens ergibt sich aber nicht mehr - worauf das Verwaltungsgericht noch abgestellt hat - aus der am 8. Dezember 2014 beschlossenen, am 9. Januar 2015 bekanntgemachten sowie am 22. November 2016 um ein Jahr verlängerten Veränderungssperre. Denn abgesehen davon, dass die Geltungsdauer der Veränderungssperre mittlerweile abgelaufen ist (vgl. dazu § 17 Abs. 1 und 2 BauGB), ist diese jedenfalls mit dem rechtsverbindlichen Abschluss des Bebauungsplanverfahrens unwirksam geworden. Der Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 ist am 22. Dezember 2017 mit der Bekanntmachung seines Beschlusses in Kraft getreten (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB). Die Veränderungssperre ist damit selbst dann außer Kraft getreten, wenn der Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 unter Fehlern leiden würde, die zu seiner Unwirksamkeit führten (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB; BVerwG, Beschluss vom 28.2.1990 - 4 B 179.89 - NVwZ 1990, 656, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urteil vom 24.4.2007 - 1 KN 22/07 - juris Rn. 38 f.). |
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| c) Jedoch sind ausgehend von den Maßstäben des Bebauungsplans vom 14. Dezember 2017 beide Fragen der Bauvoranfrage der Beigeladenen zu verneinen (§ 29 Abs. 1 und § 30 Abs. 1 BauGB). Dabei handelt es sich bei dem Bebauungsplan um einen qualifizierten Bebauungsplan im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB. |
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| aa) Dies gilt zunächst für die von der Beigeladenen geplante Erschließung ihres Bauvorhabens. Nach dem Bebauungsplan ist die Erschließung des Vorhabengrundstücks über den Fi... Weg vorgesehen. Die Beigeladene plant jedoch eine Erschließung über die F... Straße mit einer von dort über ihr Grundstück verlaufenden Zufahrt. Eine solche Erschließung ist nach den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans jedoch ausgeschlossen, der auf der fraglichen Fläche aufgrund von § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 11 BauGB einen Bereich ohne Ein- und Ausfahrt festsetzt. |
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| bb) Aber auch die Frage nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Bebauung mit zwei Wohnhäusern mit Garagen, Stellplätzen und einem Schuppen sowie der Zufahrt ist insgesamt negativ zu beantworten. Ein erheblicher Teil des geplanten Bauvorhabens - das Wohnhaus 2, die beiden Garagen, der Schuppen und die Zufahrt über die F... Straße - liegt außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen und kann - teilweise wegen der in Nummer III.5 des Bebauungsplans enthaltenen textlichen Festsetzungen - auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 5 BauNVO zugelassen werden. |
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| cc) Die Voraussetzungen dafür, dass die Klägerin gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nach ihrem Ermessen der Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche und zu Bereichen ohne Ein- und Ausfahrt erteilten könnte oder bei einer Ermessensreduzierung auf Null erteilen müsste, sind nicht gegeben. Denn eine Befreiung würde die Grundzüge der Planung berühren. |
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| Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept, das heißt dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde, zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 37, und vom 9.3.1990 - 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66, juris Rn. 19; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Krautzberger, BauGB, § 31 Rn. 35). |
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| Ziel des Bebauungsplans ist es, die Bebauung der drei von seinem Anwendungsbereich erfassten Grundstücke zu steuern und diese über den Fi... Weg zu erschließen. Eine separate Erschließung der drei Grundstücke aus südlicher Richtung über die F... Straße sollte gerade verhindert werden. Durch das festgesetzte „Baufenster“ soll eine Bebauung in „zweiter Reihe“ ausgeschlossen werden. Das geplante Bauvorhaben der Beigeladenen würde mit beiden Wohnhäusern, seinen beiden Garagen, dem Schuppen und der Zufahrt über die F... Straße von diesen tragenden Säulen des Bebauungsplans abweichen und damit sein Grundkonzept im Ganzen in Frage stellen. |
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| d) Selbst wenn der Bebauungsplan der Klägerin unwirksam wäre und die Bauvoranfrage an dem dann Geltung beanspruchenden Ortsbauplan der Klägerin vom 8. Februar 1960 zu messen wäre, wäre die Bauvoranfrage negativ zu bescheiden. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Einwendungen der Beigeladenen gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchgreifen. |
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| Das Grundstück der Beigeladenen, das heute mit der Flurstück-Nummer ... bezeichnet ist, erstreckt sich in dem Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 über Teile der mit den Flurstück-Nummern ..., ... und ... bezeichneten Grundstücke. Die Beigeladene begehrt einen Bauvorbescheid für Flächen, die in dem Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 mit dunkelgrüner Farbe gestaltet sind. Dadurch wurde für den so gestalteten Bereich eine Fläche festgesetzt, innerhalb derer die Errichtung von Bauten ausgeschlossen ist. |
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| Dies ergibt sich aus Art. 1a Abs. 1 und Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung (Württ. BauO) vom 28. Juli 1910 (RegBl. S. 333), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 13. März 1937 (Reg.Bl. 33), sowie aus § 5 Abs. 2 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der (Württembergischen) Bauordnung vom 10. Mai 1911 (Reg.Bl. S. 77), zuletzt geändert am 5. September 1930 (Reg.Bl. S. 286). Diese Regeln galten am 8. Februar 1960 für die damals selbständige Gemeinde Stammheim. Sie gehörte bis 1918 zum Königreich Württemberg und danach zum Volksstaat Württemberg. Von 1947 bis 1952 gehörte Stammheim zum späteren Bundesland Württemberg-Hohenzollern. Nach Gründung des Bundeslandes Baden-Württemberg galt gemäß Art. 94 Abs. 3 Satz 1 LV das sonstige Recht der bisherigen Länder fort, soweit es nicht der Landesverfassung widersprach. Entsprechendes galt nach Art. 123 Abs. 1 GG für das vor dem 23. Mai 1949 geltende Recht im Hinblick auf das Grundgesetz. |
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| Die Regelungen der Württembergischen Bauordnung über die bodenrechtliche Planung und Anlage der Orte und Ortsstraßen und die Zulässigkeit von Bauvorhaben sind erst durch § 186 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23. Juni 1969 (BGBl. I S. 341) gemäß § 189 Abs. 1 BBauG zum 30. Juni 1961 aufgehoben worden. Der von der Gemeinde Stammheim am 8. Februar 1960 beschlossene, vom Landratsamt Calw am 18. August 1960 genehmigte und am 2. September 1960 bekannt gemachte Ortsbauplan kann bei Beachtung der Voraussetzungen des § 173 Abs. 3 BBauG und des § 233 Abs. 3 BauGB als Bebauungsplan fortgelten (vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 1.9.2016 - 4 C 2.15 - NVwZ 2017, 720). Ob er diesen Voraussetzungen genügt, kann hier - weil der von der Beigeladenen geltend gemachte Anspruch auch an § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB scheiterte (siehe nachfolgend) - offenbleiben. |
|
| Nach Art. 1a Abs. 1 Württ. BauO ist innerhalb des Gebiets eines Ortsbauplans und, soweit kein solcher besteht, innerhalb eines geschlossenen Wohnbezirks, die Errichtung von Bauten (Art. 29) nur zulässig, wenn die Baufläche nicht nach dem Ortsbauplan oder einer Ortsbausatzung unüberbaubar ist. Als Bauten galten nach Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Württ. BauO alle Arten von Gebäuden und nach Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 Württ. BauO auch Wege, die unmittelbar mit einem Gebäude zusammenhängen und seine zweckentsprechende Benützung zu ermöglichen oder zu erleichtern bestimmt sind. Nach Art. 11 Abs. 2 Württ. BauO kann in dem Ortsbauplan die Anlegung von Vorgärten oder Vorplätzen vor den Gebäuden festgesetzt werden. Nach Art. 11 Abs. 4 Württ. BauO konnten zur Erhaltung freier Hof- und Gartenflächen im Innern der Baublöcke oder wenn sonst dauernde öffentliche Interessen es erfordern, Grenzen (Baugrenzen) festgesetzt werden, innerhalb oder außerhalb deren die Errichtung von Bauten ausgeschlossen oder nur unter beschränkenden Bestimmungen gestattet ist. In § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der (Württembergischen) Bauordnung war geregelt, dass Vorgärten, Vorplätze, öffentliche nicht als Straße dienende Plätze und Straßenseiten, die nicht mit Gebäuden besetzt werden dürfen, sowie die nach Art. 11 Abs. 4 von der Bebauung ganz oder teilweise ausgeschlossenen Flächen mit grüner Farbe - für den genehmigten Bestand hellgrün, für den neuen Bestand dunkelgrün - anzulegen sind. |
|
| Ausgehend hiervon ist die Kennzeichnung der hier maßgeblichen Teile des Grundstücks der Beigeladenen mit dunkelgrüner Farbe als Festsetzung einer Bauverbotsfläche anzusehen und nicht - wie der Beklagte meint - als schlichte gestalterische Darstellung. Denn die Anlage einer Fläche in dunkelgrüner Farbe ist aufgrund der genannten ministeriellen Verfügung als Festsetzung zu verstehen. Dies ergibt sich auch daraus, dass im fraglichen Ortsbauplan die dunkelgrünen Flächen in aller Regel im hinteren Bereich der durch Baulinien für die Gebäude vorgesehenen Flächen liegen. Auch der Umstand, dass Baulinien jeweils nur für drei Gebäudeseiten, aber nicht für die hintere Seite festgesetzt wurde, spricht - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - nicht gegen die Annahme eines Bauverbots im hinteren Grundstücksbereich. Denn nach § 3 Abs. 1 der ebenfalls am 8. Februar 1969 beschlossenen Ortsbausatzung (Anbauvorschriften) für das Baugebiet „Gänsäcker“ waren die Hauptgebäude an die Baulinien zu stellen. Bereits aufgrund der vorderen Baulinie ging der Satzungsgeber davon aus, dass das Bauverbot im hinteren Bereich beachtet werde. Soweit in den Bereichen zwischen den Erschließungsstraßen und den für die Gebäude vorgesehenen Flächen eine hellgrüne Farbe aufgetragen wurde, steht dies - anders als der Beklagte meint - der Annahme, dass mit der Verwendung der dunkelgrünen Farbe ebenfalls ein Bauverbot festgesetzt werden sollte, nicht entgegen. Denn die Verwendung von dunkelgrüner oder hellgrüner Farbe war in beiden Fällen für Vorgärten und Bauverbotsflächen vorgesehen und sollte sich allein hinsichtlich des Genehmigungszustands unterscheiden. |
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| Bei Anwendung dieser Vorgaben sind die von der Beigeladenen geplanten Gebäude unzulässig. Die Frage 1 ihrer Bauvoranfrage ist zu verneinen. Aber auch der von der Beigeladenen geplante Erschließungsweg, auf die sich die Frage 2 ihrer Bauvoranfrage bezieht, muss sich, da er die Errichtung eines Baus im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 Württ. BauO betrifft, an diesen Maßstäben messen lassen und wäre vom Bauverbot betroffen. |
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| Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 und § 233 Abs. 1 BauGB scheidet aus, weil die von der Beigeladenen geplante Bebauung in zweiter und dritter Reihe die Grundzüge der Planung berührt. Der Ortsbauplan sieht allein eine Bebauung in erster Reihe entlang der Erschließungsstraßen vor. Daran hat sich durch die 1. Erweiterung des Bebauungsplans „Gänsäcker“ im Jahr 2003 nichts geändert. Auch an der dort geplanten Verlängerung des Fi... Wegs mit der Festsetzung von drei „Baufenstern“ nördlich des Fi... Wegs wurde allein eine Bebauung in erster Reihe zugelassen. Auch in dem östlich des Grundstücks der Beigeladenen anschließenden Bebauungsplan „Gänsäcker II“ aus dem Jahr 1970 ist eine Bebauung allein in erster Reihe vorgesehen, wobei allerdings die Erschließungsstraßen auch in nord-südlicher Achse verlaufen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass dort allein eine Bebauung in erster Reihe festgesetzt ist. |
|
| Der Umstand, dass insbesondere die Wohngebäude unterhalb des Vorhabengrundstücks entlang der F... Straße die im Ortsbauplan festgesetzten Baulinien zur Seite teilweise erheblich überschreiten und dass südlich von der Fx-... Straße an der G... Straße ausweislich des vorgelegten Luftbildes vereinzelt Bebauung in zweiter Reihe oder Doppelhäuser vorhanden sind, führt nicht dazu, dass der genannte Grundzug der Planung, eine Hinterlandbebauung zu verhindern, durch den Plan im Bereich nördlich der F... Straße nicht mehr verwirklicht werden kann. |
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| e) Aber selbst wenn der Ortsbauplan „Gänsäcker“ vom 8. Februar 1960 - etwa wegen eines Ausfertigungsmangels, eines Bestimmtheitsmangels oder wegen Funktionslosigkeit - unwirksam sein sollte, ist die Bauvoranfrage negativ zu beantworten. Das Bauvorhaben der Beigeladenen ist auch nicht nach den Vorgaben des § 34 BauGB zulässig. |
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| aa) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. |
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| Ein Grundstück fällt nicht bereits deshalb unter § 34 Abs. 1 BauGB, weil es von einer zusammenhängenden Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Ausschlaggebend ist, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383, juris Rn. 4; Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Zur Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gehören in der Regel nur bauliche Anlagen, die geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383, juris Rn. 5; Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275). Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie gebettet ist, nur an äußerlich erkennbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen. Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden, die ein Bild „von oben“ vermitteln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 574, juris Rn. 13). |
|
| Das Vorhabengrundstück der Beigeladenen befindet sich danach - ohne dass es der Einnahme eines Augenscheins bedürfte - im Bebauungszusammenhang und stellt keine sogenannte „Außenbereichsinsel“ dar. Das Vorhabengrundstück sowie die beiden unmittelbar westlich von ihm gelegenen unbebauten Grundstücke liegen in einem großen Wohngebiet, das durch Wohngebäude, die von Gärten umgeben sind, geprägt wird. Unmittelbar südlich des Vorhabengrundstücks gibt es bereits ein Wohnhaus mit Garten. Jenseits eines kleinen Fußwegs befinden sich auch östlich des Vorhabengrundstücks drei Wohnhäuser mit Garten, die in entlang einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Erschließungsstraße (A... Weg) liegen. Auch nördlich des Vorhabengrundstücks liegt hinter einer Erschließungsstraße (Fi... Weg) ein Wohnhaus. Nördlich des Fi... Wegs finden sich in westlicher Richtung von diesem Wohnhaus weitere Wohngebäude mit Garten. Südlich des Fi... Wegs gibt es neben dem Vorhabengrundstück in westlicher Richtung erst in einem Abstand von rund 80 m weitere Wohngebäude. An der südlich am Vorhabengrundstück vorbeiführenden F... Straße findet sich beidseitig Wohnbebauung mit Gärten. |
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| Der östlich verlaufende Fußweg stellt keine Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs dar. Denn aufgrund seiner geringen Breite bildet er in dem gesamten Gebiet, das durch eine aufgelockerte Bauweise geprägt ist, keine Zäsur. Auch der Umstand, dass der Fi... Weg in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Vorhabengrundstück nur einseitig nach Norden bebaut ist, führt nicht dazu, dass durch ihn der Bebauungszusammenhang dieser Bebauung mit dem Vorhabengrundstück aufgehoben wird. Zwar begründet eine einseitige Straßenbebauung die Regelvermutung einer trennenden Wirkung. Jedoch sind auch hier die konkreten örtlichen Verhältnisse maßgebend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1988 - 4 B 19.88 - NVwZ-RR 1989, 6). Der Fi... Weg ist allein in seinen letzten etwa 80 m einseitig nach Norden bebaut, im Übrigen jedoch beidseitig. Bei einer aufgelockerten Bauweise wird ein Abstand von bis 90 m jedenfalls als unschädlich für das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhangs angenommen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.7.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59, BeckRS 1986, 1619). |
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| Die im Zusammenhang vorhandene Bebauung stellt auch einen „Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB dar. Das Vorhabengrundstück bildet zusammen mit zwei anderen Grundstücken eine inselartige Baulücke inmitten eines entlang von Erschließungsstraßen ausgebildeten Wohngebietes. Damit ist eine organische Siedlungsstruktur der Bebauung vorhanden. |
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| bb) Das Vorhaben der Beigeladenen fügt sich jedoch nicht nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Auch dies ergibt sich bereits offensichtlich aus den in der Akte vorhandenen Plänen und dem vorhandenen Luftbild, ohne dass es der Einnahme eines Augenscheins bedarf. |
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| Die „nähere Umgebung“ grenzt sich danach ab, ob und inwieweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und ob und inwieweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7). Maßstabsbildend für die überbaubare Grundstücksfläche sind die in der näheren Umgebung tatsächlich vorhandenen Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 47). Eine rückwärtige Bebauung ist unzulässig, wenn im hinteren Bereich der umliegenden Grundstücke keine Bebauung oder nur Nebenanlagen vorhanden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.11.1997 - 4 B 172.97 - NVwZ-RR 1998, 539, juris Rn. 6; Sächs. OVG, Beschluss vom 18.10.2013 - 5 A 117/11 - juris Rn. 3; Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 34 Rn. 57). Bei der Beantwortung der Frage, ob eine rückwärtige Bebauung eines Grundstücks nach der tatsächlich vorhandenen überbaubaren Grundstücksfläche zulässig ist, wird es deshalb regelmäßig darauf ankommen, in welchem Umfang die den Maßstab bildenden umliegenden Grundstücke eine rückwärtige Bebauung aufweisen. Da das Merkmal der „rückwärtigen Bebauung“ auf einen bestimmten räumlichen Bezug zur Erschließungsstraße hinweist, wird es - je nach der konkreten Situation - auch darauf ankommen können, ob ein Grundstück von mehreren Straßen erschlossen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.11.1997 - 4 B 172.97 - NVwZ-RR 1998, 539, juris Rn. 7). Aus § 23 Abs. 4 Satz 2 BauNVO, der hier mangels Bebauungsplan nicht unmittelbar einschlägig ist, lässt sich aber der planungsrechtliche Grundsatz entnehmen, dass die Bebauungstiefe von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln ist. Auf dem Vorhabengrundstück geplante oder vorhandene private Wege sind für die Ermittlung der überbaubaren Grundstücksfläche unerheblich. Sonst hätte es ein Bauherr in der Hand, allein durch die Trassierung einer inneren Erschließung eines Grundstücks das städtebauliche Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche zu bestimmen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 7; VG München, Urteil vom 7.12.2009 - M 8 K 09.2000 - juris Rn. 32). Im Übrigen kommt es für die Beurteilung des Einfügens nach der zu überbauenden Grundstücksfläche nicht darauf an, ob das Vorhaben für den Betrachter aus einem bestimmten Blickwinkel eine Baulinie bildet, von der visuell der Eindruck einer Zugehörigkeit zu einer Hinterlandbebauung erweckt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.1989 - 4 B 43 und 44.89 - NVwZ-RR 1990, 294, juris Rn. 3). |
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| Ein Vorhaben, das den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält, kann jedoch ausnahmsweise zulässig sein, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet, ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.3.1999 - 4 B 15.99 - ZfBR 2000, 68, juris Rn. 4 ff., und vom 4.10.1995 - 4 B 68.95 -, NVwZ-RR 1996, 375, juris Rn. 3; Urteil vom 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, juris Rn. 47; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl., § 34 Rn. 54). |
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| Nach diesen Vorgaben ist ausgehend von der die nähere Umgebung bildenden vorhandenen Bebauung entlang der F... Straße, des Fi... Wegs sowie des A... Wegs festzustellen, dass sich Hauptgebäude allein in erster Reihe entlang der Erschließungsstraßen finden. Allein an der weiter südlich gelegenen G... Straße, die für das Vorhabengrundstück aufgrund ihrer Entfernung nicht mehr maßstabsbildend ist, gibt es vereinzelt eine Bebauung in zweiter Reihe oder in Form von Doppelhäusern. Daraus ergibt sich, dass in der näheren Umgebung allein eine Bebauungstiefe vorhanden ist, die der Tiefe der vorhandenen Hauptgebäude entspricht. Da die Bebauungstiefe die Wirkung einer hinteren Baugrenze besitzt, ergibt sich aus dem Ende der Bebauung zugleich die hintere Baugrenze. Diesen Maßstäben widerspricht die von der Beigeladenen vorgesehene Bebauung mit zwei Wohnhäusern, die ausgehend von einer Erschließung über die F... Straße zu einer Bebauung in zweiter und dritter Reihe führte. Das geplante Wohnhaus 1 würde sich wohl allein bei einer Erschließung vom Fi... Weg aus - sollte diese technisch möglich sein - hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Die Bauvoranfrage der Beigeladenen enthält jedoch keine auf die planungsrechtliche Zulässigkeit des Wohnhauses 1 isolierte Frage. |
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| Da es nach den oben genannten Maßstäben auf den Bezug zur jeweiligen Erschließungsstraße ankommt, führt der Verweis der Beigeladenen auf die im A... Weg, M... Weg und D... Weg vorhandene Bebauung nicht weiter. Zwar befindet sich die dortige Bebauung von der in Ost-West-Richtung verlaufenden F... Straße aus gesehen in zweiter oder dritter Reihe. Jedoch übersieht die Beigeladene, dass es nicht auf die optische Wahrnehmung von irgendeinem Punkt im Gelände ankommt und dass die F... Straße insoweit nicht die maßgebliche Bezugsstraße ist. Vielmehr sind die genannten, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Wege die für die Bestimmung der vorhandenen Bebauungstiefe maßgeblichen Erschließungsstraßen. Die genannten Wege sind keine bloß privat errichteten Stichwege, sondern im für sie maßgeblichen Bebauungsplan „Gänsäcker II“ als öffentliche Verkehrsflächen festgesetzt. An ihrem Ende befindet sich eine Fläche zum Parken, aber auch zum Wenden. Dagegen handelt es sich bei der auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen geplanten, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Zufahrt um keine öffentliche Straße, sondern um einen geplanten und ausweislich des in der Akte vorhandenen Luftbilds zum Teil bereits errichteten privaten Weg. Ein solcher ist - wie oben ausgeführt - für die Beurteilung der Frage, ob eine Bebauung in erster Reihe oder eine Hinterlandbebauung vorliegt, unerheblich. |
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| Das Vorhaben der Beigeladenen fügt sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche auch nicht ausnahmsweise ein. Denn es führt zu beachtlichen bodenrechtlichen Spannungen. Das Vorhaben der Beigeladenen hätte negative Vorbildwirkung auf die beiden in westlicher Richtung gelegenen Nachbargrundstücke und ermöglichte dort im Verhältnis zur F... Straße ebenfalls eine Hinterlandbebauung, obwohl auf diesen auch eine Bebauung in erster Reihe vom Fi... Weg aus gesehen möglich sein dürfte. Eine über Privatwege erschlossene Bebauung in zweiter oder dritter Reihe auf den genannten Grundstücken entspräche nicht der an den Erschließungsstraßen A... Weg, M... Weg und D... Weg vorhandenen Bebauung, weil diese über eine öffentliche und hinreichend ausgebaute, mit einer großen Park- und Wendeplatte ausgestattete Zuwegung verfügen. Durch eine Hinterlandbebauung würde somit das Ortsbild der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks umgestaltet. Auch führten die für eine Hinterlandbebauung notwendigen Zufahrtswege zu einer erheblichen Versiegelung des Bodens. Damit würden durch das Vorhaben der Beigeladenen Belange beeinträchtigt, die über das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche gesteuert werden. Dazu gehört unter anderem die Wahrung des Ortsbildes, der Erhalt von Freiflächen oder die Beschränkung der Versiegelung (vgl. zu den Zwecken einer Festsetzung nach § 23 BauNVO: Schilder in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 23 Rn. 2; König in ders./Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl., § 23 Rn. 9; OVG B.-Bbb., Urteil vom 11.10.2007 - OVG 2 A 7.06 - juris Rn. 88). Zudem wirft eine Hinterlandbebauung Fragen der dauerhaften Sicherung der Erschließung der Hinterliegergrundstücke auf, wenn der Zugang - wie hier - über private Grundstücke erfolgt (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 34 Rn. 65). Das Vorhaben der Beigeladenen führt damit zu bodenrechtlicher Unruhe. |
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| cc) Damit kann dahinstehen, ob sich das Bauvorhaben der Beigeladenen nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise in die nähere Umgebung einfügt. |
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| Der Hilfsantrag der Beigeladenen, über den wegen der Erfolglosigkeit des Hauptantrags der Widerklage der Beigeladenen zu entscheiden ist, hat ebenfalls keinen Erfolg. |
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| Die Beigeladene begehrt hilfsweise für den Fall des Misserfolgs der mit dem Hauptantrag am 18. November 2015 erhobenen Verpflichtungsklage die Feststellung, dass sie bis zur Bekanntmachung und dem Inkrafttreten der Veränderungssperre am 9. Januar 2015 einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides hatte. |
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| Dabei handelt es sich um eine Feststellungsklage in doppelt entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage nach § 113 Abs. 5 VwGO sowie auf den Fall der Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens vor Klageerhebung (dazu BVerwG, Urteil vom 18.12.2007 - 6 C 47.06 - NVwZ 2008, 571, juris Rn. 12; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., 3 113 Rn. 72). Denn die Beigeladene macht geltend, der Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids habe sich vor der Klageerhebung durch Inkrafttreten der Veränderungssperre und fortgesetzt durch den Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 erledigt. |
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| Die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis liegt vor. |
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| Die Beigeladene verfügt auch über ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Die Feststellungsklage dient hier der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses. Dies genügt bei einer Erledigung vor Klageerhebung zwar regelmäßig nicht für ein Feststellungsinteresse, weil die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Rechtsverhältnisses im Rahmen einer Amtshaftungsklage auch von den Zivilgerichten getroffen werden kann. Hier wurde die Feststellungsklage der Beigeladenen jedoch in Form einer Widerklage erhoben, nachdem die Klägerin Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten erhoben hatte, mit dem über den Widerspruch der Beigeladenen gegen die Versagung des Bauvorbescheids durch die Klägerin entschieden worden war. Ferner hat die Beigeladene zulässig im Wege einer Widerklage ihren Anspruch auf Verpflichtung der Klägerin auf Erteilung des Bauvorbescheids geltend gemacht. Angesichts dieser bereits rechtshängigen Verfahren entspricht es dem Grundsatz der Prozessökonomie, dass auch die Frage, ob der Beigeladenen am 8. Januar 2015 ein Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids zustand, im Rahmen des vorliegenden Prozesses geklärt wird. Damit verfügt die Beigeladene über ein Rechtsschutzinteresse für die begehrte Feststellung. |
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| Die Voraussetzungen der Widerklage nach § 89 VwGO liegen ebenfalls vor (s.o.). |
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| 2. Der Hilfsantrag der Widerklage ist jedoch unbegründet. |
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| Die Beigeladene hatte vor der am 9. Januar 2015 erfolgten Bekanntmachung und damit dem Inkrafttreten der Veränderungssperre keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids. Dem stand - wie sich aus den Ausführungen zur Klage unter Nummer I ergibt - entweder die Festsetzung eines Bauverbots für die fraglichen Grundstücksteile im Ortsbauplan der Gemeinde Stammheim vom 8. Februar 1960 oder - sollte dieser unwirksam sein - § 34 BauGB entgegen. |
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| Die Berufung des Beklagten ist ebenfalls zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 4. November 2014 aufgehoben. |
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| Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 und § 79 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwGO statthaft. Sie zielt auf die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Beklagten, der mit einer erstmaligen Beschwer für die Klägerin verbunden ist. |
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| Die Klagebefugnis der Klägerin ist nach § 42 Abs. 2 Var. 1 VwGO gegeben. Die Klägerin kann geltend machen, durch den Widerspruchsbescheid, mit dem das Regierungspräsidium den ablehnenden Bescheid der Klägerin über den Antrag der Beigeladenen auf Erteilung eines Bauvorbescheids aufgehoben und der Klägerin aufgegeben hat, über die Bauvoranfrage erneut zu entscheiden, möglicherweise in ihrer Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 71 Abs. 1 LV verletzt zu sein. |
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| Eine Verletzung der Planungshoheit kann sich ergeben, wenn die nicht mit der Gemeinde identische Baurechtsbehörde oder die Widerspruchsbehörde ein Bauvorhaben entgegen den Festsetzungen eines Bebauungsplans der Gemeinde zulässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.1981 - 4 C 36.78 - NVwZ 1982, 310, juris Rn. 11, 14). Auch kann eine von der Baurechtsbehörde verschiedene Gemeinde geltend machen, eine Baugenehmigung sei ohne ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB oder unter rechtswidriger Ersetzung des Einvernehmens erteilt worden (vgl. Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 36 Rn. 37, 39). Dagegen kann sich eine Gemeinde wie die Klägerin, die zugleich untere Baurechtsbehörde ist, nicht auf § 36 Abs. 1 BauGB berufen. Die mit der unteren Baurechtsbehörde identische Gemeinde darf die Ablehnung eines Bauantrags oder des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids nicht mit der Versagung ihres Einvernehmens begründen. Daher kann sie die von der Widerspruchsbehörde verfügte Verpflichtung, einem solchen Antrag stattzugeben oder über ihn unter Beachtung der abweichenden Rechtsauffassung der Widerspruchsbehörde erneut zu entscheiden, nicht unter Berufung auf ihr fehlendes Einvernehmen angreifen. Der Erfolg eines Abwehranspruchs setzt vielmehr die Verletzung ihrer materiellen Planungshoheit voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2004 - 4 C 16.03 - BVerwGE 121, 339, juris Rn. 10 ff.). |
|
| Eine Gemeinde kann sich jedoch auf einen Verstoß gegen das materielle Recht der §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB berufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.6.2010 - 4 B 60.09 - BauR 2010, 1737, juris Rn. 10; Urteil vom 19.8.2004 - 4 C 16.03 - BVerwGE 121, 339, juris Rn. 14; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 36 Rn. 47). Insbesondere kann aufgrund des Umstands, dass bei Identität von Gemeinde und Baurechtsbehörde kein Einvernehmen nach § 36 BauGB erforderlich ist, nicht gefolgert werden, die Gemeinde könne gegenüber einem Widerspruchsbescheid nicht die Verletzung von §§ 34 und 35 BauGB geltend machen, sondern allein, dass das Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig und wesentlich störe, wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung entziehe oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt würden (so aber VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.7.2009 - 8 S 1686/08 - juris Rn. 31 ff. und 46). Denn auch die Vorschriften in § 34 und 35 BauGB dienen dem Schutz der kommunalen Planungshoheit. Die Rechtsstellung der Gemeinde reicht bei der Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids weiter, als dies bei Vorhaben der Fall ist, die nach den Regelungen des Fachplanungsrechts planfestgestellt oder genehmigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.6.2010 - 4 B 60.09 - BauR 2010, 1737, juris Rn. 11). |
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| Damit kann hier die Klägerin eine Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen, indem sie vorbringt, der Beklagte habe zu Unrecht ihren Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 für unwirksam oder unbeachtlich gehalten, den die Bauvoranfrage ablehnenden Bescheid aufgehoben und sie angewiesen, erneut über die Bauvoranfrage zu entscheiden. Ferner kann sie rügen, der Widerspruchsbescheid verletze ihre Planungshoheit, weil er ihren Versagungsbescheid aufgehoben habe und damit ihrem am 22. Dezember 2017 in Kraft getretenen Bebauungsplan widerspreche. Schließlich kann sie auch eine Verletzung von § 34 Abs. 1 BauGB rügen, sollten die Pläne unwirksam sein. |
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| Die Klage ist nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO ohne Vorverfahren zulässig. |
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| Die Frist des § 74 Abs. 1 VwGO ist gewahrt. Die Klägerin hat am 4. Dezember 2014 gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. November 2014 Klage erhoben. |
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| Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fehlt auch nach Erlass des Bebauungsplans vom 14. Dezember 2017 nicht. Der Widerspruchsbescheid hat diesen Bebauungsplan noch gar nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, dass dieser bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids berücksichtigt wird. Sie hat ferner ein berechtigtes Interesse daran, die Rechtsaufassung des Regierungspräsidiums überprüfen zu lassen, das für die Erteilung des Bauvorbescheids allein § 34 BauGB für maßgeblich hält. |
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| Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 4. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Anfechtungsklage einer Gemeinde gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem sie zur Erteilung einer von ihr versagten Baugenehmigung verpflichtet wird, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - und nicht der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids. (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 - BVerwGE 130, 113, juris Rn. 9 ff.). Dies gilt auch dann, wenn die Widerspruchsbehörde die Gemeinde - wie hier - lediglich zur Neubescheidung ohne Vorgabe einer bestimmten Entscheidung verpflichtet. |
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| 1. Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig, weil die durch ihn bewirkte Aufhebung der Versagung des Bauvorbescheids durch die Klägerin - wie sich aus den Ausführungen zur Widerklage ergibt - rechtswidrig ist. Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. |
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| 2. Der Widerspruchsbescheid verletzt materiell-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Planungshoheit dienen. Ist der Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 gültig, verstößt die Verpflichtung zur Neubescheidung des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids gegen dessen Festsetzungen und verletzt damit die Planungshoheit der Klägerin. Sollte er unwirksam sein und der dann zu prüfende Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 wirksam sein, würde der Widerspruchsbescheid diese Planungsvorgabe der Klägerin verletzen. Sollten beide Pläne unwirksam sein, stünde dem Vorhaben § 34 Abs. 1 BauGB entgegen, der ebenfalls dem Schutz der Planungshoheit der Gemeinde dient. |
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| Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO sowie § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO und die sog. Baumbach’sche Formel (vgl. dazu: Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 100 ZPO Rn. 5 ff.). § 159 Satz 2 VwGO ist hier auf das Verhältnis eines Beigeladenen zum Hauptbeteiligten nicht anwendbar (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 159 Rn. 6; Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl., § 159 Rn. 7; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 159 Rn. 5; a. A. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl, § 159 Rn. 21, der dann aber die Zweckmäßigkeit der Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung verneint und somit zum gleichen Ergebnis kommt). |
|
| Nach § 154 Abs. 2 VwGO trägt die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder ein Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Als Antrag im Sinne von § 154 Abs. 3 VwGO gilt auch ein Antrag des Beigeladenen im Rahmen eines von einem anderen Beteiligten eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens (vgl. Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl., § 154 Rn. 13; Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 154 Rn. 15). Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften sie nach § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen. |
|
| Ausgehend hiervon hat die Beigeladene bezüglich des Berufungsverfahrens 5/8 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Die Beigeladene ist mit ihrer Berufung bezüglich der Widerklage unterlegen, die einen Wert von einem 1/4 des Gesamtstreitwerts hat. Außerdem hat die Beigeladene zur Berufung des Beklagten einen eigenen Antrag gestellt, weshalb sie zur Hälfte auch für die Kosten haftet, die durch die vom Beklagten bezüglich der Klage eingereichten Berufung entstanden sind. Da der Streitwert dieser Berufung 3/4 des Gesamtstreitwertes von 80.000 Euro ausmacht, haftet die Beigeladene insoweit für 3/8. Zusammengerechnet muss die Beigeladene damit 5/8 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen. Der Beklagte hat bezüglich des Berufungsverfahrens 3/8 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. |
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| Die Kostenentscheidung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts ist entsprechend zu ändern. Die Änderung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichts erfolgt von Amts wegen. Anträge der Beteiligten liegen insoweit nicht vor. § 129 VwGO, wonach das Urteil des Verwaltungsgerichts nur insoweit geändert werden darf, als eine Änderung beantragt ist, gilt für die Kostenentscheidung nicht. Denn die Kosten sind grundsätzlich kein Gegenstand der Antragstellung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 308 Abs. 2 ZPO). Über die Kosten des Verfahrens ist in allen Instanzen von Amts wegen zu erkennen. In der Rechtsmittelinstanz unterliegt die Kostenentscheidung nicht dem Verbot der nachteiligen Änderung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1962 - V C 62.61 - BVerwGE 14, 171, juris Rn.16 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 11.7.2008 - 1 ME 120/08 - NVwZ-RR 2009, 325, juris Rn. 22). |
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| Die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ist fehlerhaft, weil sie - wie sich aus dem Streitwertbeschluss vom gleichen Tage ergibt - von dem falschen Streitwert ausgeht, nämlich von 70.000 Euro anstelle von 80.000 Euro. Abgesehen davon ist auch die Berechnung der Kostenverteilung fehlerhaft. Maßgeblich für die Kostenverteilung sind im erstinstanzlichen Verfahren § 154 Abs. 1 und 3 sowie § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO und die sog. Baumbach’sche Formel (vgl. dazu: Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 100 ZPO Rn. 5 ff.). Die Aufteilung der Kosten entspricht der Aufteilung im Berufungsverfahren. Die Beigeladene hat hinsichtlich der Klage einen Antrag gestellt (§ 154 Abs. 3 VwGO). |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Die hier entschiedenen Rechtsfragen haben, soweit sie erheblich sind, keine grundsätzliche Bedeutung im Sine von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, sondern sind als hinreichend geklärt anzusehen. |
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| Beschluss vom 25. September 2018 |
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| Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 45 Abs. 1 GKG auf 80.000 Euro festgesetzt. |
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| Der vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - auf 70.000 Euro festgesetzte Streitwert wird nach Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gemäß 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert und auf 80.000 Euro festgesetzt. |
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| Als Streitwert für die Klage sowie die diesbezügliche Berufung ist nach § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie in entsprechender Anwendung von Nummer 9.8.3 und Nummer 34.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., Anh. § 164) jeweils ein Betrag von 60.000 Euro festzusetzen. Die klagende Gemeinde macht die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts durch den angegriffenen Widerspruchsbescheid des Beklagten geltend, der inzident einen Bebauungsplan der Klägerin verworfen hatte und den nunmehr Geltung beanspruchenden Bebauungsplan der Klägerin vom 14. Dezember 2017 unbeachtet lässt. |
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| Für die Widerklage auf Verpflichtung zum Erlass eines Bauvorbescheids sowie für die diesbezügliche Berufung ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.1 und 9.2 des Streitwertkatalogs jeweils ein Streitwert von 20.000 Euro festzusetzen. Dieser ergibt sich aus dem Wert einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus in Höhe von 20.000 Euro, der - da es um zwei Wohnhäuser geht - in einem ersten Rechenschritt zu verdoppeln ist. Da Gegenstand der Verpflichtungsklage keine Baugenehmigung, sondern lediglich ein Bauvorbescheid ist, ist hiervon ein Bruchteil von ½ anzusetzen. Dies führt zu einem Streitwert von 20.000 Euro für den Hauptantrag der Widerklage und die diesbezügliche Berufung. |
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| Der Wert der hilfsweise erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht hinzuzurechnen, weil beide Ansprüche wirtschaftlich denselben Gegenstand betreffen (vgl. dazu Schindler in Dörndorfer, BeckOK Kostenrecht, § 45 GKG Rn. 12). Dagegen sind die Streitwerte der Klage und der Widerklage und sowie der diesbezüglichen Berufungen nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zusammenzurechnen. Sie betreffen nicht denselben Gegenstand. Mit der Klage macht die Klägerin die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts geltend, wohingegen die Beigeladene mit der Widerklage ihren Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids verfolgt. |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). |
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| Die Berufungen haben keinen Erfolg. Sie sind zwar zulässig, aber unbegründet. |
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| Dies gilt zunächst für die Berufung der Beigeladenen. Das Verwaltungsgericht hat die Widerklage der Beigeladenen im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Widerklage hat weder in ihrem Haupt- (I.) noch in ihrem Hilfsantrag (II.) Erfolg. |
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| Der Hauptantrag der Widerklage hat keinen Erfolg. |
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| a) Die spezifischen für eine Widerklage geltenden Anforderungen des § 89 VwGO sind erfüllt. |
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| Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann bei dem Gericht der Klage eine Widerklage erhoben werden, wenn der Gegenanspruch mit dem in der Klage geltend gemachten Anspruch oder mit den gegen ihn vorgebrachten Verteidigungsmitteln zusammenhängt. |
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| Danach setzt die Erhebung der Widerklage zunächst die Rechtshängigkeit der Hauptklage voraus (vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 11.5.2009 - 7 LB 185/06 - NVwZ-RR 2009, 231, juris Rn. 11; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 89 Rn. 3). Hier ist seit Erhebung der Widerklage am 18. November 2015 die Hauptklage anhängig. |
|
| Ferner muss zwischen dem Gegenanspruch und dem mit der Klage geltend gemachten Anspruch ein Zusammenhang bestehen. Allerdings darf sich die Widerklage nicht in der bloßen Leugnung des Klageanspruchs erschöpfen, sondern muss darüber hinaus gehen. Es müssen jeweils selbständige Streitgegenstände vorliegen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 7; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 89 Rn. 6; W. R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 89 Rn. 1a und 5). Auch diese Voraussetzung ist hier gegeben. Mit der Klage macht die klagende Gemeinde geltend, der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums, mit dem sie zur Neubescheidung des Antrags der Beigeladenen auf Erteilung eines Bauvorbescheids verpflichtet wurde, verletze sie in ihrer Planungshoheit und sei deshalb aufzuheben. Dagegen wird mit der Widerklage der Anspruch auf Verpflichtung der Klägerin zur Erteilung des beantragten Bauvorbescheids geltend gemacht. Beide Ansprüche stehen in einem engen tatsächlichen und rechtlichen Zusammenhang. Jedoch handelt es sich um jeweils selbständige Streitgegenstände. Die Widerklage erschöpft sich nicht in der bloßen Leugnung des Anspruchs der Klägerin, sondern geht darüber hinaus. |
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| Klage und Widerklage betreffen weiter - wie von § 89 Abs. 1 Satz 1 VwGO vorausgesetzt - dieselbe Verfahrensart. |
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| Einer Widerklage steht auch nicht § 89 Abs. 1 Satz 2 VwGO entgegen, wonach diese ausgeschlossen ist, wenn in den Fällen des § 52 Nr. 1 VwGO für die Klage wegen des Gegenanspruchs ein anderes Gericht zuständig ist. Hier ist für die Hauptsacheklage nach § 52 Nr. 1 VwGO das Verwaltungsgericht Karlsruhe örtlich zuständig, weil sich der angegriffene Widerspruchsbescheid auf eine Bauvoranfrage und mithin um ein ortsgebundenes Rechtsverhältnis bezieht. Auch für die Widerklage - der Verpflichtungsklage auf Erteilung eines Bauvorbescheids - ist nach § 52 Nr. 1 VwGO das Verwaltungsgericht Karlsruhe örtlich zuständig. |
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| Der Erhebung der Widerklage steht ferner nicht entgegen, dass sie von der Beigeladenen erhoben wurde (vgl. BSG, Urteil vom 29.6.1962 - 2 RU 109/58 - BSGE 17, 139; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 4; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 89 Rn. 9; Schmid in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl., § 89 Rn. 4; a. A. Peters/Pätzold in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 89 Rn. 11; Wolff in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 89 Rn. 9; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 89 Rn. 4; Stuhlfauth in Bader u.a., VwGO, 7. Aufl., § 89 Rn. 5; wohl auch Hess. VGH, Beschluss vom 16.12.1991 - 4 TH 1814/19 - DVBl. 1992, 780, juris Rn. 76). Dies gilt jedenfalls in Fällen, in denen der notwendig Beigeladene, der sich auf der Seite des Beklagten beteiligt, die Widerklage gegen den Kläger erhebt. Für die Zulässigkeit einer solchen Widerklage spricht der prozessökonomische Zweck des Rechtsinstituts der Widerklage. Zudem kann der notwendig Beigeladene nach § 66 Satz 2 VwGO abweichende Sachanträge stellen (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 4), die - wenn § 66 Satz 2 VwGO einen über § 66 Satz 1 VwGO hinausgehenden Anwendungsbereich haben soll - sich nicht im Rahmen des Streitgegenstandes halten müssen (so: VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.12.2011 - 4 S 2543/11 - juris Rn. 11; Bier in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 66 Rn. 6; Czybulka in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 66 Rn. 21; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 66 Rn. 6; Kintz in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 66 Rn. 8; Porz in Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 4. Aufl., § 66 VwGO Rn. 6; v. Albedyll in Bader u.a., VwGO, 7. Aufl., § 66 Rn. 9; offen gelassen von BVerwG, Beschluss vom 31.5.2010 - 3 B 29.10 - juris Rn. 10, und Urteil vom 22.5.2014 - 3 C 8.13 - BVerwGE 149, 343 - juris Rn. 20; a. A. Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 66 Rn. 10). Eine Zulässigkeit der Widerklage ist hier damit gegeben. Die erfolgte Beiladung war notwendig im Sinne von § 65 Abs. 2 VwGO, weil die Klägerin mit der Anfechtungsklage einen Widerspruchsbescheid angreift, welcher die Rechtsposition der Beigeladenen im Bauvorbescheidverfahren verbessert hat und im Falle des Erfolgs der Anfechtungsklage aufgehoben würde. Im Übrigen greift vorliegend auch das teilweise gegen die Zulässigkeit einer Widerklage eines Beigeladenen herangezogene Argument, aus Gründen der Prozessökonomie könnten die gesetzliche Zuständigkeitsordnung und der gesetzliche Richter nicht überspielt werden (so argumentiert Stuhlfauth in Bader u.a., VwGO, 7. Aufl., § 89 Rn. 5; Peters/Pätzold in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 89 Rn. 11), nicht durch. Denn hier ist für die Klage und die Widerklage - wäre sie eine selbständige Klage - dasselbe Verwaltungsgericht örtlich zuständig; beide Verfahren hätten auch nach § 93 Satz 1 VwGO verbunden werden können. |
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| Schließlich ist die Widerklage nicht wegen § 89 Abs. 2 VwGO unzulässig. Danach ist bei Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen die Widerklage ausgeschlossen. Allerdings ist dieser Ausschluss entsprechend dem Willen des Gesetzgebers auf Fälle zu reduzieren, in denen der Widerbeklagte dem beigeladenen Widerkläger im Rahmen eines Subordinationsverhältnisses untergeordnet ist. Denn in diesen Fällen hat der Widerkläger alternativ die Möglichkeit, einen Verwaltungsakt zu erlassen (vgl. BT-Drs. III/55, S. 41; BVerwG, Urteile vom 17.4.2002 - 9 A 24.01 - BVerwGE 116, 175, juris Rn. 63, und vom 8.9.2005 - 3 C 49.04 - NVwZ 2006, 703, 705; Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 89 Rn. 15; Ortloff/Riese in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 89 Rn. 12 f.). Vorliegend ist die Klägerin der Beigeladenen nicht in dem Sinne unterworfen, dass die beigeladene Widerklägerin gegenüber der Widerbeklagten durch Verwaltungsakt Regelungen erlassen könnte. Vielmehr wendet sich hier eine Bürgerin gegen einen Hoheitsträger und begehrt dessen Verpflichtung auf Erlass eines Verwaltungsakts. |
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| b) Bezüglich des Hauptantrags der Widerklage liegen auch die allgemeinen Zulässigkeitsvoraussetzungen vor. |
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| aa) Bei der Widerklage handelt es sich um eine nach § 42 Abs. 1 Var. 2 VwGO statthafte Verpflichtungsklage auf Erlass des von der Beigeladenen beantragten und von der Klägerin abgelehnten Bauvorbescheids. |
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| bb) Die Beigeladene ist nach § 42 Abs. 2 Var. 2 VwGO möglicherweise in ihren Rechten verletzt. Sie hat möglicherweise einen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids aus § 57 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit § 58 Abs. 1 Satz 1 LBO. |
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| cc) Die Verpflichtungsklage ist ohne abschließende Durchführung des nach § 68 Abs. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich erforderlichen Vorverfahrens zulässig. Zwar hat das Regierungspräsidium auf den Widerspruch der Beigeladenen bereits mit Bescheid vom 4. November 2014 entschieden. Dabei kann dahinstehen, ob es rechtlich zulässig war, dass es im Widerspruchsbescheid lediglich den ablehnenden Bescheid aufgehoben und die Klägerin als Ausgangsbehörde zur erneuten Entscheidung angewiesen hat, ohne eine im Sinne des Verpflichtungsanspruchs der Beigeladenen positive Entscheidung festzulegen (vgl. zur Zulässigkeit einer Zurückverweisung bei Verpflichtung der Ausgangsbehörde zu einer bestimmten Entscheidung zugunsten des Widerspruchsführers: BVerwG, Urteile vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 - BVerwGE 130, 113, juris Rn. 11, und vom 10.12.1970 - VIII C 97.70 - BVerwGE 37, 47, juris Rn. 12 ff.; Geis in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 73 Rn. 38; ablehnend: Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 73 Rn. 15; Dolde/Porsch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 73 Rn. 41), und das Widerspruchsverfahren bereits deshalb als nicht abgeschlossen anzusehen ist. |
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| Denn jedenfalls hat die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid nach § 80 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO aufschiebende Wirkung. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO in Verbindung mit § 212a BauGB findet hier keine Anwendung (wie hier Senatsbeschluss vom 24.10.1996 - 5 S 1959/96 - NVwZ 1997, 1008; Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 212a Rn. 2; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rn. 28; Hornmann in Spannowsky/Uechtritz, BauGB, 2. Aufl., § 212a Rn. 17 ff.; Gersdorf in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, § 80 Rn. 61.1; a. A. Nds. OVG, Beschlüsse vom 30.3.1999 - 1 M 897/99 - juris und vom 21.10.2009 - 1 ME 192/09 - NVwZ-RR 2010, 140, juris Rn. 11; Kalb/Külpmann in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 212a Rn. 25; Schoch in ders./Schneider/Bier, VwGO, § 80 Rn. 162). Die Anfechtungsklage der Klägerin gegen den Widerspruchsbescheid bewirkt, dass der Vollzug dieses Bescheids gehindert wird und dass aus diesem keine Folgen gezogen werden dürfen (sog. „Vollzugshemmung“, vgl. BVerwG, Urteil vom 9.12.1988 - 8 C 72.87 - NVwZ-RR 1989, 497; Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 80 Rn. 6; nach a. A. wird die aufschiebende Wirkung nach § 80 Abs. 1 VwGO sogar als Wirksamkeitshemmung verstanden). Nach § 80 Abs. 1 Satz 2 VwGO gilt dies auch in den Fällen von Verwaltungsakten mit Doppelwirkung oder Drittwirkung (§ 80a VwGO). Daher ist die von der Klägerin erhobene Anfechtungsklage nicht - wie das Verwaltungsgericht meint - unbeachtlich und nur im Verhältnis der Klägerin zum Beklagten von Bedeutung, sondern auch im Verhältnis zur Beigeladenen als Antragstellerin und Widerspruchsführerin. Die Anfechtungsklage hat somit dem Widerspruchsbescheid die Vollziehbarkeit genommen. Im Fall des Erfolgs der Anfechtungsklage ist der Widerspruchsbescheid aufzuheben. Die Widerspruchsbehörde muss dann erneut über den Widerspruch entscheiden. Das Widerspruchsverfahren ist daher noch nicht beendet (entsprechend fehlt es an einem abgeschossenen Vorverfahren, wenn der Widerspruchsbescheid zwar erlassen, aber mangels Bekanntgabe nicht wirksam geworden ist, vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 75 Rn. 6). |
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| Der gesetzlich ungeregelte Ausnahmegrund des Verzichts auf das Vorverfahren oder des rügelosen Einlassens (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.10.2013 - 2 C 23.12 - BVerwGE 148, 217, juris Rn. 37; Saurenhaus/Buchheister in Wysk, VwGO, 2. Aufl., § 68 Rn. 17) liegt hier nicht vor. Der Beklagte als Träger der Widerspruchsbehörde - der nicht der Widerbeklagte ist - hat zur Widerklage bislang keinen Antrag gestellt und sich auf diese inhaltlich nicht eingelassen. Der Beklagte hat auch nicht zum Ausdruck gebracht, der Widerspruch werde keinen Erfolg haben. Vielmehr hält er wie bisher den Widerspruch für begründet und die Klägerin zur erneuten Entscheidung verpflichtet. |
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| Jedoch ist die Verpflichtungsklage hier auch ohne endgültig abgeschlossenes Widerspruchsverfahren gemäß § 75 VwGO zulässig. Die Beigeladene hat am 29. September 2014 Widerspruch erhoben. Die Wartefrist des § 75 Satz 2 VwGO von drei Monaten ist damit bereits abgelaufen. Es liegt auch kein zureichender Grund vor, weshalb über den Widerspruch noch nicht endgültig entschieden ist. Die Aussetzung des Verfahrens in der hier gegebenen Konstellation einer Klage gegen den Widerspruchsbescheid und einer Widerklage, mit welcher die Verpflichtung zum Erlass des auch im Vorverfahren gegenständlichen Verwaltungsakts begehrt wird, wäre dem Recht der Beigeladenen auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes abträglich und prozessökonomisch wenig sinnvoll. Denn ob überhaupt noch eine erneute Entscheidung des Regierungspräsidiums über den Widerspruch erforderlich ist, wird im vorliegenden Verfahren geklärt. Sollte es im Berufungsverfahren bei der Aufhebung des Widerspruchsbescheids durch das Verwaltungsgericht bleiben, verlöre die Beigeladene durch den Wegfall einer erneuten Widerspruchsentscheidung durch das Regierungspräsidium keine Rechtsschutzmöglichkeit. Der Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids ist keine Ermessensentscheidung. Vielmehr wird durch die gleichzeitige Entscheidung über ihren Verpflichtungsantrag ihr Rechtsschutzbegehren einer schnelleren Klärung zugeführt. Auch das Regierungspräsidium verliert insoweit keine eigenständige Entscheidungsmöglichkeit. Daher ist das Verfahren bezüglich der Widerklage nicht nach § 75 Satz 3 VwGO vom Verwaltungsgerichtshof auszusetzen. |
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| dd) Die Verpflichtungsklage ist - entgegen der Meinung der Klägerin - auch nicht verfristet. |
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| Nach § 74 Abs. 2 VwGO ist die Verpflichtungsklage innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids zu erheben. Allerdings gilt diese Frist nicht in den Fällen des § 75 VwGO (vgl. Brenner in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl., § 74 Rn. 13). |
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| 2. Die Widerklage ist in ihrem Hauptantrag jedoch unbegründet (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). |
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| Die Beigeladene hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des Senats keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nach §§ 57 und 58 LBO liegen nicht vor. Das Bauvorhaben, das die einheitlich zu bewertende Bauvoranfrage der Beigeladenen zum Gegenstand hat (dazu a), widerspricht dem am 22. Dezember 2017 in Kraft getretenen Bebauungsplan der Klägerin (dazu c). Die Bauvoranfrage wäre aber auch dann negativ zu beantworten, wenn dieser Bebauungsplan unwirksam wäre und sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens an den Vorgaben des bis zum Inkrafttreten dieses Bebauungsplans Geltung beanspruchenden Ortsbauplans der Klägerin vom 8. Februar 1960 messen lassen müsste (dazu d). Aber selbst wenn beide Pläne unwirksam sein sollten - was hier offen bleiben kann -, hätte die Beigeladene keinen Anspruch auf den begehrten Bauvorbescheid, weil das Vorhaben dem dann maßgeblichen § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB widerspricht (dazu e). Die vom Verwaltungsgericht zur Verneinung des Anspruchs der Beigeladenen noch herangezogene Veränderungssperre ist mittlerweile ohne Bedeutung (dazu b). |
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| a) Die Bauvoranfrage der Beigeladenen ist einheitlich zu beantworten und nicht teilbar. |
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| Werden in einem Antrag auf Erteilung eines Bauvorbescheids mehrere Fragen zur Klärung gestellt, kommt als Minus die Erteilung eines positiven Bauvorbescheids nur hinsichtlich einer der aufgeworfenen Fragen in Betracht, soweit der Antragsteller ein Interesse an einem solchermaßen beschränkten Bauvorbescheid hat (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 3.11.2003 - 3 S 439/03 - juris Leitsatz 1 und Rn. 19 f.). Wird eine Bauvoranfrage eingereicht, in der mehrere Fragen entsprechend dem Willen des Bauherrn als untrennbare Einheit gestellt sind, ist der Bauvorbescheid insgesamt zu versagen, wenn auch nur eine der Fragen verneint werden muss (vgl. Schlotterbeck in ders./Hager/Busch/Gammerl, LBO und LBOAVO, 7. Aufl, § 57 LBO Rn. 55). |
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| Hier begehrt die Beigeladene als Bauherrin und Antragstellerin gemäß ihrem Schreiben an die Klägerin vom 10. November 2014 einen Bauvorbescheid für folgende zwei Fragen: „(1.) Sind die auf den überbauten Flächen im Lageplan meiner Bauvoranfrage eingezeichneten zwei Einfamilienhäuser, zwei Garagen, Schuppen und zwei Stellplätze bauplanungsrechtlich zulässig? (2.) Ist die Erschließung über den eingezeichneten Zugang auf meinem Grundstück zulässig?“ |
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| Beide Fragen sind als Einheit zu verstehen. Die Beigeladene wünscht eine Erschließung der geplanten Bebauung ausdrücklich nur über den von ihr in den Lageplan eingezeichneten Zugang von der F... Straße aus. Die Frage nach der Bebauung kann von der Frage nach der Erschließung nicht getrennt werden, weil sie dem Baukonzept der Beigeladenen widerspricht. |
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| b) Die Erfolglosigkeit des Verpflichtungsbegehrens ergibt sich aber nicht mehr - worauf das Verwaltungsgericht noch abgestellt hat - aus der am 8. Dezember 2014 beschlossenen, am 9. Januar 2015 bekanntgemachten sowie am 22. November 2016 um ein Jahr verlängerten Veränderungssperre. Denn abgesehen davon, dass die Geltungsdauer der Veränderungssperre mittlerweile abgelaufen ist (vgl. dazu § 17 Abs. 1 und 2 BauGB), ist diese jedenfalls mit dem rechtsverbindlichen Abschluss des Bebauungsplanverfahrens unwirksam geworden. Der Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 ist am 22. Dezember 2017 mit der Bekanntmachung seines Beschlusses in Kraft getreten (vgl. § 10 Abs. 3 Satz 4 BauGB). Die Veränderungssperre ist damit selbst dann außer Kraft getreten, wenn der Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 unter Fehlern leiden würde, die zu seiner Unwirksamkeit führten (vgl. § 17 Abs. 5 BauGB; BVerwG, Beschluss vom 28.2.1990 - 4 B 179.89 - NVwZ 1990, 656, juris Rn. 6; Nds. OVG, Urteil vom 24.4.2007 - 1 KN 22/07 - juris Rn. 38 f.). |
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| c) Jedoch sind ausgehend von den Maßstäben des Bebauungsplans vom 14. Dezember 2017 beide Fragen der Bauvoranfrage der Beigeladenen zu verneinen (§ 29 Abs. 1 und § 30 Abs. 1 BauGB). Dabei handelt es sich bei dem Bebauungsplan um einen qualifizierten Bebauungsplan im Sinne von § 30 Abs. 1 BauGB. |
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| aa) Dies gilt zunächst für die von der Beigeladenen geplante Erschließung ihres Bauvorhabens. Nach dem Bebauungsplan ist die Erschließung des Vorhabengrundstücks über den Fi... Weg vorgesehen. Die Beigeladene plant jedoch eine Erschließung über die F... Straße mit einer von dort über ihr Grundstück verlaufenden Zufahrt. Eine solche Erschließung ist nach den zeichnerischen Festsetzungen des Bebauungsplans jedoch ausgeschlossen, der auf der fraglichen Fläche aufgrund von § 9 Abs. 1 Nr. 4 und 11 BauGB einen Bereich ohne Ein- und Ausfahrt festsetzt. |
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| bb) Aber auch die Frage nach der planungsrechtlichen Zulässigkeit der Bebauung mit zwei Wohnhäusern mit Garagen, Stellplätzen und einem Schuppen sowie der Zufahrt ist insgesamt negativ zu beantworten. Ein erheblicher Teil des geplanten Bauvorhabens - das Wohnhaus 2, die beiden Garagen, der Schuppen und die Zufahrt über die F... Straße - liegt außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Baugrenzen und kann - teilweise wegen der in Nummer III.5 des Bebauungsplans enthaltenen textlichen Festsetzungen - auch nicht nach § 23 Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 5 BauNVO zugelassen werden. |
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| cc) Die Voraussetzungen dafür, dass die Klägerin gemäß § 31 Abs. 2 BauGB nach ihrem Ermessen der Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche und zu Bereichen ohne Ein- und Ausfahrt erteilten könnte oder bei einer Ermessensreduzierung auf Null erteilen müsste, sind nicht gegeben. Denn eine Befreiung würde die Grundzüge der Planung berühren. |
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| Ob die Grundzüge der Planung berührt sind, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept, das heißt dem im Bebauungsplan zum Ausdruck gekommenen planerischen Willen der Gemeinde, zuwider läuft. Je tiefer die Befreiung in das Interessengeflecht der Planung eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die nur im Wege der (Um-)Planung möglich ist. Die Beantwortung der Frage, ob Grundzüge der Planung berührt werden, setzt einerseits die Feststellung voraus, was zum planerischen Grundkonzept gehört und andererseits die Feststellung, ob dieses planerische Grundkonzept gerade durch die in Frage stehende Befreiung berührt wird (vgl. BVerwG, Urteile vom 18.11.2010 - 4 C 10.09 - BVerwGE 138, 166, juris Rn. 37, und vom 9.3.1990 - 8 C 76.88 - BVerwGE 85, 66, juris Rn. 19; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Krautzberger, BauGB, § 31 Rn. 35). |
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| Ziel des Bebauungsplans ist es, die Bebauung der drei von seinem Anwendungsbereich erfassten Grundstücke zu steuern und diese über den Fi... Weg zu erschließen. Eine separate Erschließung der drei Grundstücke aus südlicher Richtung über die F... Straße sollte gerade verhindert werden. Durch das festgesetzte „Baufenster“ soll eine Bebauung in „zweiter Reihe“ ausgeschlossen werden. Das geplante Bauvorhaben der Beigeladenen würde mit beiden Wohnhäusern, seinen beiden Garagen, dem Schuppen und der Zufahrt über die F... Straße von diesen tragenden Säulen des Bebauungsplans abweichen und damit sein Grundkonzept im Ganzen in Frage stellen. |
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| d) Selbst wenn der Bebauungsplan der Klägerin unwirksam wäre und die Bauvoranfrage an dem dann Geltung beanspruchenden Ortsbauplan der Klägerin vom 8. Februar 1960 zu messen wäre, wäre die Bauvoranfrage negativ zu bescheiden. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Einwendungen der Beigeladenen gegen die Wirksamkeit des Bebauungsplans durchgreifen. |
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| Das Grundstück der Beigeladenen, das heute mit der Flurstück-Nummer ... bezeichnet ist, erstreckt sich in dem Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 über Teile der mit den Flurstück-Nummern ..., ... und ... bezeichneten Grundstücke. Die Beigeladene begehrt einen Bauvorbescheid für Flächen, die in dem Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 mit dunkelgrüner Farbe gestaltet sind. Dadurch wurde für den so gestalteten Bereich eine Fläche festgesetzt, innerhalb derer die Errichtung von Bauten ausgeschlossen ist. |
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| Dies ergibt sich aus Art. 1a Abs. 1 und Art. 11 Abs. 4 der Württembergischen Bauordnung (Württ. BauO) vom 28. Juli 1910 (RegBl. S. 333), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 13. März 1937 (Reg.Bl. 33), sowie aus § 5 Abs. 2 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der (Württembergischen) Bauordnung vom 10. Mai 1911 (Reg.Bl. S. 77), zuletzt geändert am 5. September 1930 (Reg.Bl. S. 286). Diese Regeln galten am 8. Februar 1960 für die damals selbständige Gemeinde Stammheim. Sie gehörte bis 1918 zum Königreich Württemberg und danach zum Volksstaat Württemberg. Von 1947 bis 1952 gehörte Stammheim zum späteren Bundesland Württemberg-Hohenzollern. Nach Gründung des Bundeslandes Baden-Württemberg galt gemäß Art. 94 Abs. 3 Satz 1 LV das sonstige Recht der bisherigen Länder fort, soweit es nicht der Landesverfassung widersprach. Entsprechendes galt nach Art. 123 Abs. 1 GG für das vor dem 23. Mai 1949 geltende Recht im Hinblick auf das Grundgesetz. |
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| Die Regelungen der Württembergischen Bauordnung über die bodenrechtliche Planung und Anlage der Orte und Ortsstraßen und die Zulässigkeit von Bauvorhaben sind erst durch § 186 Abs. 1 Satz 1 des Bundesbaugesetzes (BBauG) vom 23. Juni 1969 (BGBl. I S. 341) gemäß § 189 Abs. 1 BBauG zum 30. Juni 1961 aufgehoben worden. Der von der Gemeinde Stammheim am 8. Februar 1960 beschlossene, vom Landratsamt Calw am 18. August 1960 genehmigte und am 2. September 1960 bekannt gemachte Ortsbauplan kann bei Beachtung der Voraussetzungen des § 173 Abs. 3 BBauG und des § 233 Abs. 3 BauGB als Bebauungsplan fortgelten (vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteil vom 1.9.2016 - 4 C 2.15 - NVwZ 2017, 720). Ob er diesen Voraussetzungen genügt, kann hier - weil der von der Beigeladenen geltend gemachte Anspruch auch an § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB scheiterte (siehe nachfolgend) - offenbleiben. |
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| Nach Art. 1a Abs. 1 Württ. BauO ist innerhalb des Gebiets eines Ortsbauplans und, soweit kein solcher besteht, innerhalb eines geschlossenen Wohnbezirks, die Errichtung von Bauten (Art. 29) nur zulässig, wenn die Baufläche nicht nach dem Ortsbauplan oder einer Ortsbausatzung unüberbaubar ist. Als Bauten galten nach Art. 29 Abs. 1 Nr. 1 Württ. BauO alle Arten von Gebäuden und nach Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 Württ. BauO auch Wege, die unmittelbar mit einem Gebäude zusammenhängen und seine zweckentsprechende Benützung zu ermöglichen oder zu erleichtern bestimmt sind. Nach Art. 11 Abs. 2 Württ. BauO kann in dem Ortsbauplan die Anlegung von Vorgärten oder Vorplätzen vor den Gebäuden festgesetzt werden. Nach Art. 11 Abs. 4 Württ. BauO konnten zur Erhaltung freier Hof- und Gartenflächen im Innern der Baublöcke oder wenn sonst dauernde öffentliche Interessen es erfordern, Grenzen (Baugrenzen) festgesetzt werden, innerhalb oder außerhalb deren die Errichtung von Bauten ausgeschlossen oder nur unter beschränkenden Bestimmungen gestattet ist. In § 5 Abs. 2 Satz 1 der Verfügung des Ministeriums des Innern zum Vollzug der (Württembergischen) Bauordnung war geregelt, dass Vorgärten, Vorplätze, öffentliche nicht als Straße dienende Plätze und Straßenseiten, die nicht mit Gebäuden besetzt werden dürfen, sowie die nach Art. 11 Abs. 4 von der Bebauung ganz oder teilweise ausgeschlossenen Flächen mit grüner Farbe - für den genehmigten Bestand hellgrün, für den neuen Bestand dunkelgrün - anzulegen sind. |
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| Ausgehend hiervon ist die Kennzeichnung der hier maßgeblichen Teile des Grundstücks der Beigeladenen mit dunkelgrüner Farbe als Festsetzung einer Bauverbotsfläche anzusehen und nicht - wie der Beklagte meint - als schlichte gestalterische Darstellung. Denn die Anlage einer Fläche in dunkelgrüner Farbe ist aufgrund der genannten ministeriellen Verfügung als Festsetzung zu verstehen. Dies ergibt sich auch daraus, dass im fraglichen Ortsbauplan die dunkelgrünen Flächen in aller Regel im hinteren Bereich der durch Baulinien für die Gebäude vorgesehenen Flächen liegen. Auch der Umstand, dass Baulinien jeweils nur für drei Gebäudeseiten, aber nicht für die hintere Seite festgesetzt wurde, spricht - entgegen der Auffassung der Beigeladenen - nicht gegen die Annahme eines Bauverbots im hinteren Grundstücksbereich. Denn nach § 3 Abs. 1 der ebenfalls am 8. Februar 1969 beschlossenen Ortsbausatzung (Anbauvorschriften) für das Baugebiet „Gänsäcker“ waren die Hauptgebäude an die Baulinien zu stellen. Bereits aufgrund der vorderen Baulinie ging der Satzungsgeber davon aus, dass das Bauverbot im hinteren Bereich beachtet werde. Soweit in den Bereichen zwischen den Erschließungsstraßen und den für die Gebäude vorgesehenen Flächen eine hellgrüne Farbe aufgetragen wurde, steht dies - anders als der Beklagte meint - der Annahme, dass mit der Verwendung der dunkelgrünen Farbe ebenfalls ein Bauverbot festgesetzt werden sollte, nicht entgegen. Denn die Verwendung von dunkelgrüner oder hellgrüner Farbe war in beiden Fällen für Vorgärten und Bauverbotsflächen vorgesehen und sollte sich allein hinsichtlich des Genehmigungszustands unterscheiden. |
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| Bei Anwendung dieser Vorgaben sind die von der Beigeladenen geplanten Gebäude unzulässig. Die Frage 1 ihrer Bauvoranfrage ist zu verneinen. Aber auch der von der Beigeladenen geplante Erschließungsweg, auf die sich die Frage 2 ihrer Bauvoranfrage bezieht, muss sich, da er die Errichtung eines Baus im Sinne von Art. 29 Abs. 1 Nr. 3 Württ. BauO betrifft, an diesen Maßstäben messen lassen und wäre vom Bauverbot betroffen. |
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| Eine Befreiung nach § 31 Abs. 2 und § 233 Abs. 1 BauGB scheidet aus, weil die von der Beigeladenen geplante Bebauung in zweiter und dritter Reihe die Grundzüge der Planung berührt. Der Ortsbauplan sieht allein eine Bebauung in erster Reihe entlang der Erschließungsstraßen vor. Daran hat sich durch die 1. Erweiterung des Bebauungsplans „Gänsäcker“ im Jahr 2003 nichts geändert. Auch an der dort geplanten Verlängerung des Fi... Wegs mit der Festsetzung von drei „Baufenstern“ nördlich des Fi... Wegs wurde allein eine Bebauung in erster Reihe zugelassen. Auch in dem östlich des Grundstücks der Beigeladenen anschließenden Bebauungsplan „Gänsäcker II“ aus dem Jahr 1970 ist eine Bebauung allein in erster Reihe vorgesehen, wobei allerdings die Erschließungsstraßen auch in nord-südlicher Achse verlaufen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass dort allein eine Bebauung in erster Reihe festgesetzt ist. |
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| Der Umstand, dass insbesondere die Wohngebäude unterhalb des Vorhabengrundstücks entlang der F... Straße die im Ortsbauplan festgesetzten Baulinien zur Seite teilweise erheblich überschreiten und dass südlich von der Fx-... Straße an der G... Straße ausweislich des vorgelegten Luftbildes vereinzelt Bebauung in zweiter Reihe oder Doppelhäuser vorhanden sind, führt nicht dazu, dass der genannte Grundzug der Planung, eine Hinterlandbebauung zu verhindern, durch den Plan im Bereich nördlich der F... Straße nicht mehr verwirklicht werden kann. |
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| e) Aber selbst wenn der Ortsbauplan „Gänsäcker“ vom 8. Februar 1960 - etwa wegen eines Ausfertigungsmangels, eines Bestimmtheitsmangels oder wegen Funktionslosigkeit - unwirksam sein sollte, ist die Bauvoranfrage negativ zu beantworten. Das Bauvorhaben der Beigeladenen ist auch nicht nach den Vorgaben des § 34 BauGB zulässig. |
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| aa) Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist ein Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. |
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| Ein Grundstück fällt nicht bereits deshalb unter § 34 Abs. 1 BauGB, weil es von einer zusammenhängenden Bebauung umgeben ist. Erforderlich ist vielmehr, dass das Grundstück selbst einen Bestandteil des Zusammenhangs bildet, selbst also an dem Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit teilnimmt. Ausschlaggebend ist, ob und inwieweit eine tatsächlich aufeinanderfolgende Bebauung trotz etwa vorhandener Baulücken nach der Verkehrsauffassung den Eindruck der Geschlossenheit und Zusammengehörigkeit vermittelt und die zur Bebauung vorgesehene Fläche (noch) diesem Zusammenhang angehört. Ortsteil im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB ist jeder Bebauungskomplex im Gebiet einer Gemeinde, der nach der Zahl der vorhandenen Bauten ein gewisses Gewicht besitzt und Ausdruck einer organischen Siedlungsstruktur ist. Für die Frage, ob ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt, kommt es auf die tatsächlich vorhandene Bebauung an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383, juris Rn. 4; Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275). Wie eng die Aufeinanderfolge von Baulichkeiten sein muss, um sich noch als zusammenhängende Bebauung darzustellen, ist nicht nach geografisch-mathematischen Maßstäben, sondern auf Grund einer umfassenden Bewertung des im Einzelfall vorliegenden konkreten Sachverhalts zu entscheiden. Zur Bebauung im Sinne des § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB gehören in der Regel nur bauliche Anlagen, die geeignet sind, dem Gebiet ein bestimmtes städtebauliches Gepräge zu verleihen. Welche Bedeutung Straßen und Wegen für die Abgrenzung von Innen- und Außenbereich zukommt, ergibt sich ebenfalls nur aus einer Bewertung der tatsächlichen Gegebenheiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 2.4.2007 - 4 B 7.07 - BauR 2007, 1383, juris Rn. 5; Urteil vom 30.6.2015 - 4 C 5.14 - BVerwGE 152, 275). Die für die Bestimmung des Bebauungszusammenhangs erforderliche wertende und bewertende Betrachtung der tatsächlichen Verhältnisse kann nach dem Sachzusammenhang, in den sie gebettet ist, nur an äußerlich erkennbare Gegebenheiten der vorhandenen Bebauung und der übrigen Geländeverhältnisse anknüpfen. Zur Ermittlung können auch Lagepläne verwendet werden, die ein Bild „von oben“ vermitteln (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 574, juris Rn. 13). |
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| Das Vorhabengrundstück der Beigeladenen befindet sich danach - ohne dass es der Einnahme eines Augenscheins bedürfte - im Bebauungszusammenhang und stellt keine sogenannte „Außenbereichsinsel“ dar. Das Vorhabengrundstück sowie die beiden unmittelbar westlich von ihm gelegenen unbebauten Grundstücke liegen in einem großen Wohngebiet, das durch Wohngebäude, die von Gärten umgeben sind, geprägt wird. Unmittelbar südlich des Vorhabengrundstücks gibt es bereits ein Wohnhaus mit Garten. Jenseits eines kleinen Fußwegs befinden sich auch östlich des Vorhabengrundstücks drei Wohnhäuser mit Garten, die in entlang einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Erschließungsstraße (A... Weg) liegen. Auch nördlich des Vorhabengrundstücks liegt hinter einer Erschließungsstraße (Fi... Weg) ein Wohnhaus. Nördlich des Fi... Wegs finden sich in westlicher Richtung von diesem Wohnhaus weitere Wohngebäude mit Garten. Südlich des Fi... Wegs gibt es neben dem Vorhabengrundstück in westlicher Richtung erst in einem Abstand von rund 80 m weitere Wohngebäude. An der südlich am Vorhabengrundstück vorbeiführenden F... Straße findet sich beidseitig Wohnbebauung mit Gärten. |
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| Der östlich verlaufende Fußweg stellt keine Unterbrechung des Bebauungszusammenhangs dar. Denn aufgrund seiner geringen Breite bildet er in dem gesamten Gebiet, das durch eine aufgelockerte Bauweise geprägt ist, keine Zäsur. Auch der Umstand, dass der Fi... Weg in der unmittelbaren Nachbarschaft zum Vorhabengrundstück nur einseitig nach Norden bebaut ist, führt nicht dazu, dass durch ihn der Bebauungszusammenhang dieser Bebauung mit dem Vorhabengrundstück aufgehoben wird. Zwar begründet eine einseitige Straßenbebauung die Regelvermutung einer trennenden Wirkung. Jedoch sind auch hier die konkreten örtlichen Verhältnisse maßgebend (vgl. BVerwG, Beschluss vom 16.2.1988 - 4 B 19.88 - NVwZ-RR 1989, 6). Der Fi... Weg ist allein in seinen letzten etwa 80 m einseitig nach Norden bebaut, im Übrigen jedoch beidseitig. Bei einer aufgelockerten Bauweise wird ein Abstand von bis 90 m jedenfalls als unschädlich für das Vorhandensein eines Bebauungszusammenhangs angenommen (vgl. VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.7.1986 - 8 S 2815/85 - BauR 1987, 59, BeckRS 1986, 1619). |
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| Die im Zusammenhang vorhandene Bebauung stellt auch einen „Ortsteil“ im Sinne von § 34 Abs. 1 Satz 1 BauGB dar. Das Vorhabengrundstück bildet zusammen mit zwei anderen Grundstücken eine inselartige Baulücke inmitten eines entlang von Erschließungsstraßen ausgebildeten Wohngebietes. Damit ist eine organische Siedlungsstruktur der Bebauung vorhanden. |
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| bb) Das Vorhaben der Beigeladenen fügt sich jedoch nicht nach der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Auch dies ergibt sich bereits offensichtlich aus den in der Akte vorhandenen Plänen und dem vorhandenen Luftbild, ohne dass es der Einnahme eines Augenscheins bedarf. |
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| Die „nähere Umgebung“ grenzt sich danach ab, ob und inwieweit sich die Ausführung eines Vorhabens auf sie auswirken kann und ob und inwieweit die Umgebung ihrerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt oder beeinflusst (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.5.2014 - 4 B 38.13 - NVwZ 2014, 1246, juris Rn. 7). Maßstabsbildend für die überbaubare Grundstücksfläche sind die in der näheren Umgebung tatsächlich vorhandenen Baulinien, Baugrenzen und Bebauungstiefen (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 34 Rn. 47). Eine rückwärtige Bebauung ist unzulässig, wenn im hinteren Bereich der umliegenden Grundstücke keine Bebauung oder nur Nebenanlagen vorhanden sind (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.11.1997 - 4 B 172.97 - NVwZ-RR 1998, 539, juris Rn. 6; Sächs. OVG, Beschluss vom 18.10.2013 - 5 A 117/11 - juris Rn. 3; Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 34 Rn. 57). Bei der Beantwortung der Frage, ob eine rückwärtige Bebauung eines Grundstücks nach der tatsächlich vorhandenen überbaubaren Grundstücksfläche zulässig ist, wird es deshalb regelmäßig darauf ankommen, in welchem Umfang die den Maßstab bildenden umliegenden Grundstücke eine rückwärtige Bebauung aufweisen. Da das Merkmal der „rückwärtigen Bebauung“ auf einen bestimmten räumlichen Bezug zur Erschließungsstraße hinweist, wird es - je nach der konkreten Situation - auch darauf ankommen können, ob ein Grundstück von mehreren Straßen erschlossen wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6.11.1997 - 4 B 172.97 - NVwZ-RR 1998, 539, juris Rn. 7). Aus § 23 Abs. 4 Satz 2 BauNVO, der hier mangels Bebauungsplan nicht unmittelbar einschlägig ist, lässt sich aber der planungsrechtliche Grundsatz entnehmen, dass die Bebauungstiefe von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln ist. Auf dem Vorhabengrundstück geplante oder vorhandene private Wege sind für die Ermittlung der überbaubaren Grundstücksfläche unerheblich. Sonst hätte es ein Bauherr in der Hand, allein durch die Trassierung einer inneren Erschließung eines Grundstücks das städtebauliche Merkmal der überbaubaren Grundstücksfläche zu bestimmen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 6.11.2009 - 2 CS 09.2222 - juris Rn. 7; VG München, Urteil vom 7.12.2009 - M 8 K 09.2000 - juris Rn. 32). Im Übrigen kommt es für die Beurteilung des Einfügens nach der zu überbauenden Grundstücksfläche nicht darauf an, ob das Vorhaben für den Betrachter aus einem bestimmten Blickwinkel eine Baulinie bildet, von der visuell der Eindruck einer Zugehörigkeit zu einer Hinterlandbebauung erweckt wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 28.11.1989 - 4 B 43 und 44.89 - NVwZ-RR 1990, 294, juris Rn. 3). |
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| Ein Vorhaben, das den durch seine Umgebung gesetzten Rahmen nicht einhält, kann jedoch ausnahmsweise zulässig sein, wenn es weder selbst noch infolge einer nicht auszuschließenden Vorbildwirkung geeignet, ist, bodenrechtlich beachtliche Spannungen zu begründen oder zu erhöhen (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 25.3.1999 - 4 B 15.99 - ZfBR 2000, 68, juris Rn. 4 ff., und vom 4.10.1995 - 4 B 68.95 -, NVwZ-RR 1996, 375, juris Rn. 3; Urteil vom 26.5.1978 - IV C 9.77 - BVerwGE 55, 369, juris Rn. 47; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 13. Aufl., § 34 Rn. 54). |
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| Nach diesen Vorgaben ist ausgehend von der die nähere Umgebung bildenden vorhandenen Bebauung entlang der F... Straße, des Fi... Wegs sowie des A... Wegs festzustellen, dass sich Hauptgebäude allein in erster Reihe entlang der Erschließungsstraßen finden. Allein an der weiter südlich gelegenen G... Straße, die für das Vorhabengrundstück aufgrund ihrer Entfernung nicht mehr maßstabsbildend ist, gibt es vereinzelt eine Bebauung in zweiter Reihe oder in Form von Doppelhäusern. Daraus ergibt sich, dass in der näheren Umgebung allein eine Bebauungstiefe vorhanden ist, die der Tiefe der vorhandenen Hauptgebäude entspricht. Da die Bebauungstiefe die Wirkung einer hinteren Baugrenze besitzt, ergibt sich aus dem Ende der Bebauung zugleich die hintere Baugrenze. Diesen Maßstäben widerspricht die von der Beigeladenen vorgesehene Bebauung mit zwei Wohnhäusern, die ausgehend von einer Erschließung über die F... Straße zu einer Bebauung in zweiter und dritter Reihe führte. Das geplante Wohnhaus 1 würde sich wohl allein bei einer Erschließung vom Fi... Weg aus - sollte diese technisch möglich sein - hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Die Bauvoranfrage der Beigeladenen enthält jedoch keine auf die planungsrechtliche Zulässigkeit des Wohnhauses 1 isolierte Frage. |
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| Da es nach den oben genannten Maßstäben auf den Bezug zur jeweiligen Erschließungsstraße ankommt, führt der Verweis der Beigeladenen auf die im A... Weg, M... Weg und D... Weg vorhandene Bebauung nicht weiter. Zwar befindet sich die dortige Bebauung von der in Ost-West-Richtung verlaufenden F... Straße aus gesehen in zweiter oder dritter Reihe. Jedoch übersieht die Beigeladene, dass es nicht auf die optische Wahrnehmung von irgendeinem Punkt im Gelände ankommt und dass die F... Straße insoweit nicht die maßgebliche Bezugsstraße ist. Vielmehr sind die genannten, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Wege die für die Bestimmung der vorhandenen Bebauungstiefe maßgeblichen Erschließungsstraßen. Die genannten Wege sind keine bloß privat errichteten Stichwege, sondern im für sie maßgeblichen Bebauungsplan „Gänsäcker II“ als öffentliche Verkehrsflächen festgesetzt. An ihrem Ende befindet sich eine Fläche zum Parken, aber auch zum Wenden. Dagegen handelt es sich bei der auf dem Vorhabengrundstück der Beigeladenen geplanten, in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Zufahrt um keine öffentliche Straße, sondern um einen geplanten und ausweislich des in der Akte vorhandenen Luftbilds zum Teil bereits errichteten privaten Weg. Ein solcher ist - wie oben ausgeführt - für die Beurteilung der Frage, ob eine Bebauung in erster Reihe oder eine Hinterlandbebauung vorliegt, unerheblich. |
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| Das Vorhaben der Beigeladenen fügt sich hinsichtlich der überbaubaren Grundstücksfläche auch nicht ausnahmsweise ein. Denn es führt zu beachtlichen bodenrechtlichen Spannungen. Das Vorhaben der Beigeladenen hätte negative Vorbildwirkung auf die beiden in westlicher Richtung gelegenen Nachbargrundstücke und ermöglichte dort im Verhältnis zur F... Straße ebenfalls eine Hinterlandbebauung, obwohl auf diesen auch eine Bebauung in erster Reihe vom Fi... Weg aus gesehen möglich sein dürfte. Eine über Privatwege erschlossene Bebauung in zweiter oder dritter Reihe auf den genannten Grundstücken entspräche nicht der an den Erschließungsstraßen A... Weg, M... Weg und D... Weg vorhandenen Bebauung, weil diese über eine öffentliche und hinreichend ausgebaute, mit einer großen Park- und Wendeplatte ausgestattete Zuwegung verfügen. Durch eine Hinterlandbebauung würde somit das Ortsbild der näheren Umgebung des Vorhabengrundstücks umgestaltet. Auch führten die für eine Hinterlandbebauung notwendigen Zufahrtswege zu einer erheblichen Versiegelung des Bodens. Damit würden durch das Vorhaben der Beigeladenen Belange beeinträchtigt, die über das Kriterium der überbaubaren Grundstücksfläche gesteuert werden. Dazu gehört unter anderem die Wahrung des Ortsbildes, der Erhalt von Freiflächen oder die Beschränkung der Versiegelung (vgl. zu den Zwecken einer Festsetzung nach § 23 BauNVO: Schilder in Bönker/Bischopink, BauNVO, 2. Aufl., § 23 Rn. 2; König in ders./Roeser/Stock, BauNVO, 3. Aufl., § 23 Rn. 9; OVG B.-Bbb., Urteil vom 11.10.2007 - OVG 2 A 7.06 - juris Rn. 88). Zudem wirft eine Hinterlandbebauung Fragen der dauerhaften Sicherung der Erschließung der Hinterliegergrundstücke auf, wenn der Zugang - wie hier - über private Grundstücke erfolgt (vgl. Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 34 Rn. 65). Das Vorhaben der Beigeladenen führt damit zu bodenrechtlicher Unruhe. |
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| cc) Damit kann dahinstehen, ob sich das Bauvorhaben der Beigeladenen nach Art und Maß der baulichen Nutzung sowie der Bauweise in die nähere Umgebung einfügt. |
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| Der Hilfsantrag der Beigeladenen, über den wegen der Erfolglosigkeit des Hauptantrags der Widerklage der Beigeladenen zu entscheiden ist, hat ebenfalls keinen Erfolg. |
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| Die Beigeladene begehrt hilfsweise für den Fall des Misserfolgs der mit dem Hauptantrag am 18. November 2015 erhobenen Verpflichtungsklage die Feststellung, dass sie bis zur Bekanntmachung und dem Inkrafttreten der Veränderungssperre am 9. Januar 2015 einen Anspruch auf Erteilung eines positiven Bauvorbescheides hatte. |
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| Dabei handelt es sich um eine Feststellungsklage in doppelt entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auf die Verpflichtungsklage nach § 113 Abs. 5 VwGO sowie auf den Fall der Erledigung eines Verpflichtungsbegehrens vor Klageerhebung (dazu BVerwG, Urteil vom 18.12.2007 - 6 C 47.06 - NVwZ 2008, 571, juris Rn. 12; Bamberger in Wysk, VwGO, 2. Aufl., 3 113 Rn. 72). Denn die Beigeladene macht geltend, der Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids habe sich vor der Klageerhebung durch Inkrafttreten der Veränderungssperre und fortgesetzt durch den Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 erledigt. |
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| Die entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis liegt vor. |
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| Die Beigeladene verfügt auch über ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Die Feststellungsklage dient hier der Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses. Dies genügt bei einer Erledigung vor Klageerhebung zwar regelmäßig nicht für ein Feststellungsinteresse, weil die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Rechtsverhältnisses im Rahmen einer Amtshaftungsklage auch von den Zivilgerichten getroffen werden kann. Hier wurde die Feststellungsklage der Beigeladenen jedoch in Form einer Widerklage erhoben, nachdem die Klägerin Anfechtungsklage gegen den Widerspruchsbescheid des Beklagten erhoben hatte, mit dem über den Widerspruch der Beigeladenen gegen die Versagung des Bauvorbescheids durch die Klägerin entschieden worden war. Ferner hat die Beigeladene zulässig im Wege einer Widerklage ihren Anspruch auf Verpflichtung der Klägerin auf Erteilung des Bauvorbescheids geltend gemacht. Angesichts dieser bereits rechtshängigen Verfahren entspricht es dem Grundsatz der Prozessökonomie, dass auch die Frage, ob der Beigeladenen am 8. Januar 2015 ein Anspruch auf Erteilung des Bauvorbescheids zustand, im Rahmen des vorliegenden Prozesses geklärt wird. Damit verfügt die Beigeladene über ein Rechtsschutzinteresse für die begehrte Feststellung. |
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| Die Voraussetzungen der Widerklage nach § 89 VwGO liegen ebenfalls vor (s.o.). |
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| 2. Der Hilfsantrag der Widerklage ist jedoch unbegründet. |
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| Die Beigeladene hatte vor der am 9. Januar 2015 erfolgten Bekanntmachung und damit dem Inkrafttreten der Veränderungssperre keinen Anspruch auf Erteilung des begehrten Bauvorbescheids. Dem stand - wie sich aus den Ausführungen zur Klage unter Nummer I ergibt - entweder die Festsetzung eines Bauverbots für die fraglichen Grundstücksteile im Ortsbauplan der Gemeinde Stammheim vom 8. Februar 1960 oder - sollte dieser unwirksam sein - § 34 BauGB entgegen. |
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| Die Berufung des Beklagten ist ebenfalls zurückzuweisen. Das Verwaltungsgericht hat der Klage der Klägerin im Ergebnis zu Recht stattgegeben und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 4. November 2014 aufgehoben. |
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| Die Klage ist als Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Var. 1 und § 79 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 VwGO statthaft. Sie zielt auf die Aufhebung des Widerspruchsbescheids des Beklagten, der mit einer erstmaligen Beschwer für die Klägerin verbunden ist. |
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| Die Klagebefugnis der Klägerin ist nach § 42 Abs. 2 Var. 1 VwGO gegeben. Die Klägerin kann geltend machen, durch den Widerspruchsbescheid, mit dem das Regierungspräsidium den ablehnenden Bescheid der Klägerin über den Antrag der Beigeladenen auf Erteilung eines Bauvorbescheids aufgehoben und der Klägerin aufgegeben hat, über die Bauvoranfrage erneut zu entscheiden, möglicherweise in ihrer Planungshoheit aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 71 Abs. 1 LV verletzt zu sein. |
|
| Eine Verletzung der Planungshoheit kann sich ergeben, wenn die nicht mit der Gemeinde identische Baurechtsbehörde oder die Widerspruchsbehörde ein Bauvorhaben entgegen den Festsetzungen eines Bebauungsplans der Gemeinde zulässt (vgl. BVerwG, Urteil vom 27.11.1981 - 4 C 36.78 - NVwZ 1982, 310, juris Rn. 11, 14). Auch kann eine von der Baurechtsbehörde verschiedene Gemeinde geltend machen, eine Baugenehmigung sei ohne ihr Einvernehmen nach § 36 BauGB oder unter rechtswidriger Ersetzung des Einvernehmens erteilt worden (vgl. Rieger in Schrödter, BauGB, 8. Aufl., § 36 Rn. 37, 39). Dagegen kann sich eine Gemeinde wie die Klägerin, die zugleich untere Baurechtsbehörde ist, nicht auf § 36 Abs. 1 BauGB berufen. Die mit der unteren Baurechtsbehörde identische Gemeinde darf die Ablehnung eines Bauantrags oder des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids nicht mit der Versagung ihres Einvernehmens begründen. Daher kann sie die von der Widerspruchsbehörde verfügte Verpflichtung, einem solchen Antrag stattzugeben oder über ihn unter Beachtung der abweichenden Rechtsauffassung der Widerspruchsbehörde erneut zu entscheiden, nicht unter Berufung auf ihr fehlendes Einvernehmen angreifen. Der Erfolg eines Abwehranspruchs setzt vielmehr die Verletzung ihrer materiellen Planungshoheit voraus (vgl. BVerwG, Urteil vom 19.8.2004 - 4 C 16.03 - BVerwGE 121, 339, juris Rn. 10 ff.). |
|
| Eine Gemeinde kann sich jedoch auf einen Verstoß gegen das materielle Recht der §§ 31, 33, 34 und 35 BauGB berufen (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.6.2010 - 4 B 60.09 - BauR 2010, 1737, juris Rn. 10; Urteil vom 19.8.2004 - 4 C 16.03 - BVerwGE 121, 339, juris Rn. 14; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 36 Rn. 47). Insbesondere kann aufgrund des Umstands, dass bei Identität von Gemeinde und Baurechtsbehörde kein Einvernehmen nach § 36 BauGB erforderlich ist, nicht gefolgert werden, die Gemeinde könne gegenüber einem Widerspruchsbescheid nicht die Verletzung von §§ 34 und 35 BauGB geltend machen, sondern allein, dass das Vorhaben eine hinreichend bestimmte Planung nachhaltig und wesentlich störe, wesentliche Teile des Gemeindegebietes einer durchsetzbaren Planung entziehe oder wenn kommunale Einrichtungen durch das Vorhaben erheblich beeinträchtigt würden (so aber VGH Bad.-Württ., Urteil vom 8.7.2009 - 8 S 1686/08 - juris Rn. 31 ff. und 46). Denn auch die Vorschriften in § 34 und 35 BauGB dienen dem Schutz der kommunalen Planungshoheit. Die Rechtsstellung der Gemeinde reicht bei der Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids weiter, als dies bei Vorhaben der Fall ist, die nach den Regelungen des Fachplanungsrechts planfestgestellt oder genehmigt werden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.6.2010 - 4 B 60.09 - BauR 2010, 1737, juris Rn. 11). |
|
| Damit kann hier die Klägerin eine Verletzung ihrer Planungshoheit geltend machen, indem sie vorbringt, der Beklagte habe zu Unrecht ihren Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 für unwirksam oder unbeachtlich gehalten, den die Bauvoranfrage ablehnenden Bescheid aufgehoben und sie angewiesen, erneut über die Bauvoranfrage zu entscheiden. Ferner kann sie rügen, der Widerspruchsbescheid verletze ihre Planungshoheit, weil er ihren Versagungsbescheid aufgehoben habe und damit ihrem am 22. Dezember 2017 in Kraft getretenen Bebauungsplan widerspreche. Schließlich kann sie auch eine Verletzung von § 34 Abs. 1 BauGB rügen, sollten die Pläne unwirksam sein. |
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| Die Klage ist nach § 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Alt. 2 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 2 VwGO in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 1 AGVwGO ohne Vorverfahren zulässig. |
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| Die Frist des § 74 Abs. 1 VwGO ist gewahrt. Die Klägerin hat am 4. Dezember 2014 gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. November 2014 Klage erhoben. |
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| Das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage fehlt auch nach Erlass des Bebauungsplans vom 14. Dezember 2017 nicht. Der Widerspruchsbescheid hat diesen Bebauungsplan noch gar nicht berücksichtigt. Die Klägerin hat ein berechtigtes Interesse daran, dass dieser bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids berücksichtigt wird. Sie hat ferner ein berechtigtes Interesse daran, die Rechtsaufassung des Regierungspräsidiums überprüfen zu lassen, das für die Erteilung des Bauvorbescheids allein § 34 BauGB für maßgeblich hält. |
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| Der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 4. November 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). |
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| Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Anfechtungsklage einer Gemeinde gegen einen Widerspruchsbescheid, mit dem sie zur Erteilung einer von ihr versagten Baugenehmigung verpflichtet wird, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - und nicht der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids. (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2007 - 4 C 9.07 - BVerwGE 130, 113, juris Rn. 9 ff.). Dies gilt auch dann, wenn die Widerspruchsbehörde die Gemeinde - wie hier - lediglich zur Neubescheidung ohne Vorgabe einer bestimmten Entscheidung verpflichtet. |
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| 1. Der Widerspruchsbescheid ist rechtswidrig, weil die durch ihn bewirkte Aufhebung der Versagung des Bauvorbescheids durch die Klägerin - wie sich aus den Ausführungen zur Widerklage ergibt - rechtswidrig ist. Die Beigeladene hat keinen Anspruch auf Erteilung des beantragten Bauvorbescheids. |
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| 2. Der Widerspruchsbescheid verletzt materiell-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz der Planungshoheit dienen. Ist der Bebauungsplan vom 14. Dezember 2017 gültig, verstößt die Verpflichtung zur Neubescheidung des Antrags auf Erteilung eines Bauvorbescheids gegen dessen Festsetzungen und verletzt damit die Planungshoheit der Klägerin. Sollte er unwirksam sein und der dann zu prüfende Ortsbauplan vom 8. Februar 1960 wirksam sein, würde der Widerspruchsbescheid diese Planungsvorgabe der Klägerin verletzen. Sollten beide Pläne unwirksam sein, stünde dem Vorhaben § 34 Abs. 1 BauGB entgegen, der ebenfalls dem Schutz der Planungshoheit der Gemeinde dient. |
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| Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 und 3 VwGO sowie § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO und die sog. Baumbach’sche Formel (vgl. dazu: Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 100 ZPO Rn. 5 ff.). § 159 Satz 2 VwGO ist hier auf das Verhältnis eines Beigeladenen zum Hauptbeteiligten nicht anwendbar (vgl. Rennert in Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 159 Rn. 6; Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl., § 159 Rn. 7; W.-R. Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 159 Rn. 5; a. A. Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl, § 159 Rn. 21, der dann aber die Zweckmäßigkeit der Anordnung einer gesamtschuldnerischen Haftung verneint und somit zum gleichen Ergebnis kommt). |
|
| Nach § 154 Abs. 2 VwGO trägt die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat. Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder ein Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Als Antrag im Sinne von § 154 Abs. 3 VwGO gilt auch ein Antrag des Beigeladenen im Rahmen eines von einem anderen Beteiligten eingeleiteten Rechtsmittelverfahrens (vgl. Wysk in ders., VwGO, 2. Aufl., § 154 Rn. 13; Olbertz in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 154 Rn. 15). Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so haften sie nach § 159 Satz 1 VwGO und § 100 Abs. 1 ZPO nach Kopfteilen. |
|
| Ausgehend hiervon hat die Beigeladene bezüglich des Berufungsverfahrens 5/8 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. Die Beigeladene ist mit ihrer Berufung bezüglich der Widerklage unterlegen, die einen Wert von einem 1/4 des Gesamtstreitwerts hat. Außerdem hat die Beigeladene zur Berufung des Beklagten einen eigenen Antrag gestellt, weshalb sie zur Hälfte auch für die Kosten haftet, die durch die vom Beklagten bezüglich der Klage eingereichten Berufung entstanden sind. Da der Streitwert dieser Berufung 3/4 des Gesamtstreitwertes von 80.000 Euro ausmacht, haftet die Beigeladene insoweit für 3/8. Zusammengerechnet muss die Beigeladene damit 5/8 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen. Der Beklagte hat bezüglich des Berufungsverfahrens 3/8 der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu tragen. |
|
| Die Kostenentscheidung des angegriffenen Urteils des Verwaltungsgerichts ist entsprechend zu ändern. Die Änderung der Kostenentscheidung des Urteils des Verwaltungsgerichts erfolgt von Amts wegen. Anträge der Beteiligten liegen insoweit nicht vor. § 129 VwGO, wonach das Urteil des Verwaltungsgerichts nur insoweit geändert werden darf, als eine Änderung beantragt ist, gilt für die Kostenentscheidung nicht. Denn die Kosten sind grundsätzlich kein Gegenstand der Antragstellung (vgl. § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 308 Abs. 2 ZPO). Über die Kosten des Verfahrens ist in allen Instanzen von Amts wegen zu erkennen. In der Rechtsmittelinstanz unterliegt die Kostenentscheidung nicht dem Verbot der nachteiligen Änderung (vgl. BVerwG, Urteil vom 23.5.1962 - V C 62.61 - BVerwGE 14, 171, juris Rn.16 f.; Nds. OVG, Beschluss vom 11.7.2008 - 1 ME 120/08 - NVwZ-RR 2009, 325, juris Rn. 22). |
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| Die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ist fehlerhaft, weil sie - wie sich aus dem Streitwertbeschluss vom gleichen Tage ergibt - von dem falschen Streitwert ausgeht, nämlich von 70.000 Euro anstelle von 80.000 Euro. Abgesehen davon ist auch die Berechnung der Kostenverteilung fehlerhaft. Maßgeblich für die Kostenverteilung sind im erstinstanzlichen Verfahren § 154 Abs. 1 und 3 sowie § 159 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 100 Abs. 1 ZPO und die sog. Baumbach’sche Formel (vgl. dazu: Herget in Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 100 ZPO Rn. 5 ff.). Die Aufteilung der Kosten entspricht der Aufteilung im Berufungsverfahren. Die Beigeladene hat hinsichtlich der Klage einen Antrag gestellt (§ 154 Abs. 3 VwGO). |
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| Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Die hier entschiedenen Rechtsfragen haben, soweit sie erheblich sind, keine grundsätzliche Bedeutung im Sine von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, sondern sind als hinreichend geklärt anzusehen. |
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| Beschluss vom 25. September 2018 |
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| Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 Satz 1 und § 45 Abs. 1 GKG auf 80.000 Euro festgesetzt. |
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| Der vom Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Beschluss vom 26. November 2015 - 2 K 4241/14 - auf 70.000 Euro festgesetzte Streitwert wird nach Anhörung der Beteiligten in der mündlichen Verhandlung gemäß 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert und auf 80.000 Euro festgesetzt. |
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| Als Streitwert für die Klage sowie die diesbezügliche Berufung ist nach § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG sowie in entsprechender Anwendung von Nummer 9.8.3 und Nummer 34.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., Anh. § 164) jeweils ein Betrag von 60.000 Euro festzusetzen. Die klagende Gemeinde macht die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts durch den angegriffenen Widerspruchsbescheid des Beklagten geltend, der inzident einen Bebauungsplan der Klägerin verworfen hatte und den nunmehr Geltung beanspruchenden Bebauungsplan der Klägerin vom 14. Dezember 2017 unbeachtet lässt. |
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| Für die Widerklage auf Verpflichtung zum Erlass eines Bauvorbescheids sowie für die diesbezügliche Berufung ist gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG in Verbindung mit Nr. 9.1.1 und 9.2 des Streitwertkatalogs jeweils ein Streitwert von 20.000 Euro festzusetzen. Dieser ergibt sich aus dem Wert einer Baugenehmigung für ein Wohnhaus in Höhe von 20.000 Euro, der - da es um zwei Wohnhäuser geht - in einem ersten Rechenschritt zu verdoppeln ist. Da Gegenstand der Verpflichtungsklage keine Baugenehmigung, sondern lediglich ein Bauvorbescheid ist, ist hiervon ein Bruchteil von ½ anzusetzen. Dies führt zu einem Streitwert von 20.000 Euro für den Hauptantrag der Widerklage und die diesbezügliche Berufung. |
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| Der Wert der hilfsweise erhobenen Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach § 45 Abs. 1 Satz 1 GKG nicht hinzuzurechnen, weil beide Ansprüche wirtschaftlich denselben Gegenstand betreffen (vgl. dazu Schindler in Dörndorfer, BeckOK Kostenrecht, § 45 GKG Rn. 12). Dagegen sind die Streitwerte der Klage und der Widerklage und sowie der diesbezüglichen Berufungen nach § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG zusammenzurechnen. Sie betreffen nicht denselben Gegenstand. Mit der Klage macht die Klägerin die Verletzung ihres Selbstverwaltungsrechts geltend, wohingegen die Beigeladene mit der Widerklage ihren Anspruch auf Erteilung eines Bauvorbescheids verfolgt. |
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| Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). |
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