Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 2 S 2804/18

Tenor

Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 19. November 2018 - 2 S 2404/18 - wird zurückgewiesen.

Gründe

 
Die Anhörungsrüge des Antragstellers gegen den Beschluss des Senats vom 19.11.2018, mit dem sein Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen eine zu erwartende Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 08.10.2018 - 1 K 9297/18 - abgelehnt wurde, bleibt ohne Erfolg.
1. Sie ist allerdings statthaft und auch im Übrigen zulässig (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 und 4 VwGO).
a) Da der Antragsteller eine Verletzung des rechtlichen Gehörs gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe geltend macht, unterliegt er nicht dem Vertretungszwang. Denn auch bei dem auf Fortführung des abgeschlossenen Prozesskostenhilfeverfahrens abzielenden Anhörungsrügeverfahren handelt es sich um ein Prozesskostenhilfeverfahren i.S.v. § 152a Abs. 2 Satz 5 VwGO i.V.m. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO (vgl. dazu OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 24.07.2013 - 17 E 666/13 -, juris Rn. 4; BayVGH, Beschluss vom 16.05.2011 - 8 C 11.1094 -, juris Rn. 2).
b) Zwar wird eine Anhörungsrüge gegen einen Beschluss eines Obergerichtes, mit dem ein Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt wird, teilweise mit der Begründung für unstatthaft gehalten, dass der die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnende Beschluss nicht rechtskraftfähig sei und jederzeit wiederholt werden könne, wenn neue Tatsachen vorlägen oder sich die Rechtslage geändert habe (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 15.12.2005 - 24 U 204/05 -, juris und LSG Bad.-Württ., Beschluss vom 19.12.2007 - L 11 R 5526/07 R, - juris). Dies überzeugt zum einen aber nicht in Fällen wie dem vorliegenden, in denen eine Änderung der Sach- und Rechtslage schon wegen Zeitablaufs nicht zum Tragen kommen kann (ebenso NiedersOVG, Beschluss vom 26.02.2013 - 10 LA 12/13 -, juris Rn. 5). Zum anderen hätte diese Rechtsaufassung die verfassungsrechtlich bedenkliche Konsequenz, dass dem Antragsteller auch dann, wenn eine Gehörsverletzung vorliegt und das abgeschlossene Prozesskostenhilfeverfahren an sich fortgesetzt werden müsste, Prozesskostenhilfe nicht mehr rückwirkend ab dem Zeitpunkt des Einganges des ersten Antrages bewilligt werden könnte. Denn bei einem wiederholten Prozesskostenhilfeantrag wäre eine rückwirkende Bewilligung bezogen auf einen Zeitpunkt vor dem Eingang des (wiederholten) PKH-Antrages unzulässig (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 75. Aufl., § 119 Rn. 10).
Der Senat folgt dieser Rechtsaufassung deshalb nicht und hält die Anhörungsrüge auch gegen einen die Gewährung von Prozesskostenhilfe ablehnenden Beschluss für grundsätzlich statthaft.
2. Die Anhörungsrüge ist jedoch unbegründet.
Nach § 152 a Abs. 2 Satz 6 VwGO muss (neben der Bezeichnung der angegriffenen Entscheidung) das Vorliegen der in Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 VwGO genannten Voraussetzungen dargelegt, d.h. es muss schlüssig dargetan werden, dass das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat. Wegen der Anforderungen im Einzelnen kann auf die Rechtsprechung zur Darlegung des Verfahrensmangels des Gehörsverstoßes im Rahmen eines Berufungszulassungsantrags (§§ 124 Abs. 2 Nr. 5, 124a Abs. 4 Satz 3 VwGO) zurückgegriffen werden. Das Gebot des rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, das tatsächliche und rechtliche Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in seine Erwägungen einzubeziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist erst verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 30.10.1990 - 2 BvR 562/88 -, BVerfGE 83, 24 = NVwZ 1991, 664 = NJW 1991, 283; Beschluss vom 24.02.2009 - 1 BvR 188/09 -, NVwZ 2009, 580). Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen der Beteiligten auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Allein eine fehlende Auseinandersetzung mit Ausführungen der Beteiligten rechtfertigt nicht bereits den Schluss darauf, dass das Gericht sie nicht zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hätte. Der Anspruch auf rechtliches Gehör begründet - namentlich bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen - keine Pflicht der Gerichte, jedes Vorbringen der Verfahrensbeteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.01.2009 - 9 B 64.08 -, NVwZ 2009, 329; Beschluss vom 24.05.2007 - 4 BN 16.07 u.a. -, BauR 2007, 2041; Beschluss vom 23.06.2008 - 9 VR 13.08 -, NVwZ 2008, 1027; Beschluss vom 22.05.2006 - 10 B 9.06 -, NJW 2006, 2648).
Nach Maßgabe dessen liegt der behauptete Gehörsverstoß - unabhängig von der Darlegungsfrage - jedenfalls in der Sache nicht vor. In seinem Beschluss vom 19.11.2018 (2 S 2404/18) hat der Senat im Einzelnen ausgeführt, dass dem Antragsteller Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung gegen eine von der Antragsgegnerin einzulegende Beschwerde nur gewährt werden kann, wenn ein Rechtsmittel des Gegners überhaupt vorliegt und dass dies hier nicht der Fall ist. Mit seinem Vorbringen im Anhörungsrügeverfahren, der Senat habe „die Beschwerde“ nicht bearbeitet, den Vortrag des Antragstellers nicht berücksichtigt, den Sachverhalt von Amts wegen nicht ermittelt und es überdies unterlassen, Rechtsschutzmaßnahmen zugunsten des Antragstellers zu treffen, übersieht der Antragsteller, dass schon das Verwaltungsgericht seinem Rechtsschutzantrag mit Beschluss vom 08.10.2018 vollumfänglich stattgegeben und ihm für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe bewilligt hatte. Da ein Rechtsmittel der Antragsgegnerin gegen diesen Beschluss nicht vorliegt und dem Antragsteller schon allein deshalb keine Prozesskostenhilfe zur Rechtsverteidigung mehr bewilligt werden konnte, kam es im Verfahren 2 S 2404/18 auf die Würdigung der in den Schriftsätzen des Antragstellers angesprochenen und von ihm für grundsätzlich gehaltenen inhaltlichen Fragen nicht mehr entscheidungserheblich an. Bereits mit Schreiben vom 05.11.2018 hatte der Senat den Antragsteller darauf hingewiesen, dass sowohl das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag als auch die Notwendigkeit der Rechtsverteidigung zweifelhaft seien, nachdem eine Beschwerde der Antragsgegnerin nicht vorliege und auch nicht mehr zulässig erhoben werden könne. Der Antragsteller mag diese - auch dem Beschluss vom 19.11.2018 zugrundeliegende - Rechtsauffassung für inhaltlich falsch halten, eine Gehörsverletzung liegt darin aber nicht. Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nach ständiger Rechtsprechung nicht davor, dass das Gericht dem zur Kenntnis genommenen und in Erwägung gezogenen Vorbringen nicht folgt, sondern aus Gründen des materiellen Rechts oder des Prozessrechts zu einem anderen Ergebnis gelangt, als der Beteiligte es für richtig hält (vgl. u. a. BVerwG, Beschlüsse vom 31.07.2006 - 5 C 3.07 -, vom 02.11.2006 - 7 C 10.06 - und vom 21.12.2006 - 2 B 74.06 - jeweils juris).
3. Eine Kostenentscheidung war nicht zu treffen. Zwar fällt nach Nr. 5400 der Anlage 1 des Kostenverzeichnisses zum GKG im Falle einer zurückgewiesenen Anhörungsrüge - wie hier - an sich eine Festgebühr von 60,00 EUR an. Diese Vorschrift kommt jedoch nicht zur Anwendung, wenn die Anhörungsrüge - wie hier - gerade darauf abzielt, das Gericht im Wege der Selbstkorrektur zu einer Fortführung des abgeschlossenen Prozesskostenhilfeverfahrens zu veranlassen, das seinerseits gerichtskostenfrei ist. Wenn Gerichtskosten gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 GKG aber „nur nach diesem Gesetz erhoben“ werden und dieses für Prozesskostenhilfeverfahren keinen entsprechenden Gebührentatbestand vorsieht, so gilt dies auch für ein zugehöriges Anhörungsrügeverfahren. Entstandene Kosten des Antragsgegners werden nicht erstattet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO).
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

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