Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 3 S 1891/18

Tenor

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 11. Juli 2018 - 4 K 2551/16 - wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 425.551,02 EUR festgesetzt.

Gründe

 
I.
Die zum Unternehmensverbund der Stadtwerke Konstanz GmbH gehörende Klägerin betreibt zahlreiche Passagierschiffslinien auf dem Bodensee, u.a. den deutschen Teil der „Weißen Flotte“ und die Fähre Friedrichshafen - Romanshorn. Der Hafen Friedrichshafen steht im Eigentum der Bodensee-Hafen-Gesellschaft mbH (BHG), welche ebenfalls dem Unternehmensverbund der Stadtwerke Konstanz GmbH angehört. Die BHG hat die Hafenanlage an die Klägerin verpachtet. Über den Hafen Friedrichshafen führt die Klägerin Anlandungen der Fähre Friedrichshafen - Romanshorn sowie Anlandungen der „Weißen Flotte“ durch.
Vor dem Hafen Friedrichshafen befindet sich eine ausgedehnte Flachwasserzone, die den Hafen von dem tieferen Teil des Bodensees trennt. Der Hafen ist für Schiffe über eine markierte Zufahrtsrinne erreichbar. Da sich in der Zufahrt regelmäßig Untiefen bilden, muss diese von Zeit zu Zeit ausgebaggert werden, um die Erreichbarkeit des Hafens zu gewährleisten. In seiner Stellungnahme vom 29.7.2013 zu einer Kleinen Anfrage zur Verlandungsproblematik in Hafenbereichen am Bodensee vertrat das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (nachfolgend: Umweltministerium) die Ansicht, die Offenhaltung der Zufahrten liege in der Verantwortung der jeweiligen Hafenbetreiber. Der Bodensee als Gewässer erster Ordnung liege zwar in der Unterhaltungslast des Landes, wozu nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG auch die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern wie dem Bodensee gehöre. Für die Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen gelte jedoch eine Ausnahme. Dass Zufahrten zu Häfen nicht von der allgemeinen Unterhaltungspflicht umfasst seien, sei schon bisherige Rechtsauffassung gewesen, bevor die Ausnahme ausdrücklich in § 39 des neuen Wasserhaushaltsgesetzes vom 1.7.2009 aufgenommen worden sei.
Mit Schreiben vom 4.9.2014 legte die Klägerin gegenüber dem Umweltministerium ihre gegenteilige Auffassung dar und erbat eine Zusage des Beklagten zur Übernahme der Kosten für die Ausbaggerung der Hafenzufahrt. Das Umweltministerium lehnte dies mit Schreiben vom 4.11.2015 ab und wiederholte seinen bisherigen Rechtsstandpunkt. Nachdem über die Frage auch in dem weiteren Schriftwechsel zwischen den Beteiligten keine Einigung erzielt werden konnte, veranlasste die Klägerin selbst die Ausbaggerung der Hafenzufahrt, wofür ihr Kosten in Höhe von 425.551,02 EUR entstanden.
Mit Schreiben vom 18.5.2016 verlangte die Klägerin von dem Beklagten den Ersatz dieser Kosten. Der Beklagte lehnte dies mit Schreiben des Umweltministeriums vom 8.6.2016 ab.
Die Klägerin hat am 16.6.2016 Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, an sie den Betrag von 425.551 EUR zuzüglich jährlich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 11. Juli 2018 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten auf Erstattung der ihr durch die Ausbaggerung der Hafenzufahrt entstandenen Kosten. Die Voraussetzungen einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne Auftrag in entsprechender Anwendung der 670 ff. BGB lägen nicht vor. Dies sei schon deshalb der Fall, weil es sich bei dem „Geschäft“, der Ausbaggerung der Hafenzufahrt, nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG nicht um ein solches des Beklagten handele. Mit den in dieser Vorschrift genannten und von der Gewässerunterhaltung ausgenommenen „besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen“ seien Zufahrten gemeint, bei denen die bloße natürliche Gewässernutzung nicht ausreiche, sondern eine besondere Fahrrinne erforderlich sei, unabhängig davon, wie diese Fahrrinne/Zufahrt hergestellt und freigehalten werde. Nach dem Vorbringen der Klägerin bedürfe es für eine entsprechende Schiffbarkeit in der Zufahrt zum Hafen Friedrichshafen einer Vertiefung der natürlichen Bodentiefe um ca. 1,50 m bis 2 m. Die natürlichen Gegebenheiten im Bereich der Zufahrt reichten somit nicht aus, um eine entsprechende Schiffbarkeit zu gewährleisten. Bei der Zufahrt handele es sich danach um eine besondere Zufahrt im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG. Entgegen der Auffassung der Klägerin werde die „Hafenzufahrtsklausel“ nicht durch das Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg verdrängt, da dieses Gesetz keine von § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG abweichende Regelung enthalte. Die in § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG getroffene Regelung werde auch nicht durch das Übereinkommen vom 1.6.1973 über die Schifffahrt auf dem Bodensee (BSÜ) verdrängt. Das Gesetz vom 1.6.1973, durch das dieses Übereinkommen in ein Bundesgesetz transformiert worden sei, stehe zwar in der Normenhierarchie auf derselben Stufe wie das Wasserhaushaltsgesetz. Das Bodenseeschifffahrtsübereinkommen enthalte jedoch keine Regelungen zum Umfang der Unterhaltungslast. Etwas anderes ergebe sich insbesondere nicht aus Art. 4 BSÜ. Mit der Vorschrift sei nur bezweckt, dass der Staat nicht aktiv Schifffahrtshindernisse schaffe bzw. zulasse, soweit diese nicht zur Wahrung anderer öffentlicher Interessen unvermeidbar seien. Eine aktive Hindernisbeseitigungspflicht lasse sich der Vorschrift dagegen nicht entnehmen. Eine andere Auslegung ergebe sich auch nicht aus einer systematischen Auslegung und dem Sinn und Zweck des Bodenseeschifffahrtsübereinkommens. Die Klägerin könne den von ihr gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Anspruch auch nicht auf einen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch stützen. Ein solcher Anspruch scheitere ebenfalls daran, dass der Beklagte für die Ausbaggerung nicht zuständig sei, weshalb er durch die von der Klägerin vorgenommene Ausbaggerung der Hafenzufahrt keine Aufwendungen erspart habe.
II.
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe, die gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nur im Rahmen der Darlegungen der Klägerin zu prüfen sind, liegen nicht vor.
1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
a) Zur Gewässerunterhaltung gehört nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG auch die Erhaltung der Schiffbarkeit von schiffbaren Gewässern mit Ausnahme der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts sind mit den in dieser Vorschrift genannten „besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen“ Zufahrten gemeint, bei denen die bloße natürliche Gewässernutzung nicht ausreicht, sondern eine besondere Fahrrinne erforderlich ist, unabhängig davon, wie diese Fahrrinne hergestellt und freigehalten wird. Eine bauliche Anlage sei somit nicht erforderlich. Nach dem Vorbringen der Klägerin bedürfe es für eine entsprechende Schiffbarkeit in der Zufahrt zum Hafen Friedrichshafen einer Vertiefung der natürlichen Bodentiefe um ca. 1,50 m bis 2 m. Die natürlichen Gegebenheiten im Bereich der Zufahrt reichten somit nicht aus, um eine entsprechende Schiffbarkeit zu gewährleisten. Bei der Zufahrt handele es sich danach um eine besondere Zufahrt im Sinne des § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG, auf die sich nach dieser Vorschrift die Gewässerunterhaltungspflicht des beklagten Landes nicht erstrecke.
Gegen diese Auffassung bestehen entgegen der Ansicht der Klägerin keine Bedenken. Dafür, dass mit den § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG nur Zufahrten gemeint sind, die über bauliche oder sonstige Anlagen zur Befestigung oder Sicherung verfügen, ist der Vorschrift nichts zu entnehmen. Mit § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG wird an die Regelung in § 8 WaStrG über die Unterhaltung der Binnenwasserstraßen angeknüpft, zu der nach § 8 Abs. 1 WaStrG die Erhaltung der Schiffbarkeit gehört. Die Zufahrten zu den Lösch-, Lade- und Anlegestellen sowie zu den Häfen außer den bundeseigenen Schutz-, Liege- und Bauhäfen sind davon gemäß § 8 Abs. 3 WaStrG ausgenommen. § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG hat sein Vorbild ferner in den beim Erlass des Wasserhaushaltsgesetzes in verschiedenen Landeswassergesetzen enthaltenen Regelungen, nach der sich die Erhaltung der Schiffbarkeit nur auf das dem öffentlichen Schiffsverkehr dienende Fahrwassererstreckt und nicht die besonderen Zufahrtsstraßen zu den Häfenumfasst (vgl. § 99 Bremisches Wassergesetz in der Fassung vom 24.2.2004, § 35 Abs. 3 des Hamburgischen Wassergesetzes vom 29.3.2005, § 98 Abs. 3 des Niedersächsisches Wassergesetzes in der Fassung vom 1.12.1970 sowie § 102 Abs. 4 Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt vom 21.4.1998; ähnlich ferner § 40 Abs. 3 des Berliner Wassergesetzes in der Fassung vom 17.6.2005). Mit der Vorschrift wird daher in Übereinstimmung mit § 8 Abs. 3 WaStrG sowie den genannten landesrechtlichen Regelungen zum Ausdruck gebracht, dass zur Gewässerunterhaltung nur die Erhaltung der allgemeinen Schiffbarkeit gehört (Niesen, in: Berendes/Frenz/Müggenborg, WHG, 2. Aufl., § 39 Rn. 48; Reinhardt, in: Reinhardt/Czychowski, WHG, 11. Aufl. § 39 Rn. 46). Unter den Begriff der in der Vorschrift genannten „besonderen Zufahrten“ fallen dementsprechend - ohne Rücksicht auf ihre Gestaltung - alle von dem durchgehenden Schiffsverkehr abzweigenden Zufahrten, mit denen die wasserseitige Verbindung zu dem jeweiligen Hafen bzw. der jeweiligen Schiffsanlegestelle hergestellt wird (vgl. Kotulla, WHG, 2. Aufl., § 39 Rn. 25; Friesecke, Bundeswasserstraßengesetz, 6. Aufl., § 8 Rn. 9).
10 
b) Das Verwaltungsgericht hat weiter angenommen, aus dem Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg ergebe sich ebenfalls nicht, dass das Ausbaggern der Hafenzufahrt zur Gewässerunterhaltungslast des beklagten Landes gehöre, da das Gesetz keine von § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG abweichende Regelung enthalte. Auch das begegnet entgegen der Ansicht der Klägerin keinen Bedenken.
11 
Das vom Bund erlassene Wasserhaushaltsgesetz vom 31.7.2009 stützt sich auf die dem Bund gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 32 GG zustehende konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes für den Wasserhaushalt, mit der die zuvor bestehende Rahmengesetzgebungszuständigkeit abgelöst worden ist. Das Verhältnis zwischen dem Wasserhaushaltsgesetz des Bundes und den Wassergesetzen der Länder bestimmt sich daher nach Art. 72 GG. Die Länder haben danach auf dem Gebiet des Wasserhaushalts die Befugnis zur Gesetzgebung, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht durch Gesetz Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Hat der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch gemacht, können die Länder durch Gesetz hiervon abweichende Regelungen treffen; stoff- oder anlagenbezogene Regelungen sind davon ausgenommen (Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG). Im Verhältnis von Bundes- und Landesrecht geht dabei das jeweils spätere Gesetz vor (Art. 72 Abs. 3 Satz 2 WHG).
12 
Das Verwaltungsgericht ist danach zu Recht davon ausgegangen, dass das zum 1.3.2010 in Kraft getretene Wasserhaushaltsgesetz vom 31.7.2009 auch in Baden-Württemberg ohne Rücksicht auf das unterstellte Bestehen einer zuvor geltenden, anderslautenden landesgesetzlichen Regelung uneingeschränkt geltendes Recht ist. Eines „Zutuns“ des Landesgesetzgebers bedarf es dazu nicht. Die sich aus Art. 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 GG ergebende Befugnis des Landesgesetzgebers, durch Gesetz - mit Ausnahme von stoff- und anlagenbezogenen Regelungen - von der bundesrechtlichen Regelung abweichende Regelungen über den Wasserhaushalt zu treffen, bleibt davon allerdings unberührt. Der Landesgesetzgeber hat jedoch von dieser Befugnis jedenfalls insoweit keinen Gebrauch gemacht, als es um die hier in Rede stehende Regelung in § 39 WHG über den Umfang der Gewässerunterhaltungslast geht. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, trifft das am 3.12.2013 neu erlassene Wassergesetz für Baden-Württemberg keine von § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG abweichende Regelung. Etwas anderes wird auch von der Klägerin nicht behauptet. Mit ihrem stattdessen erhobenen Einwand, aus einem bloßen gesetzgeberischen Unterlassen einer § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG betreffenden Regelung im Wassergesetz könne nicht darauf geschlossen werden, dass der des Landesgesetzgebers nun die Geltung der bundesrechtlichen „Hafenzufahrtsklausel“ wolle, verkennt die Klägerin die dargestellten, sich aus Art. 72 GG ergebenden Zusammenhänge.
13 
c) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben sich auch nicht aus dem Einwand der Klägerin, dass es sich bei dem Bodensee um eine „Landeswasserstraße“ handele.
14 
Ein Landeswasserstraßengesetz gibt es weder in Baden-Württemberg noch in den anderen Ländern. Der Begriff der Landeswasserstraße wird auch im Wassergesetz des Landes Baden-Württemberg nicht verwendet. Das Wassergesetz enthält allerdings in seinem 3. Abschnitt (§§ 39 ff WG) Regelungen über „Gewässer, die für die Schifffahrt bestimmt sind“, worunter nach § 39 Abs. 1 Satz 2 WG die in Anlage 4 zu diesem Gesetz aufgeführten Gewässer gehören. Der dort genannte Bodensee einschließlich Untersee und Seerhein „innerhalb des baden-Württembergischen Staatsgebiets und im Rahmen des Kondominiums“ ist danach ein für die Schifffahrt bestimmtes Gewässer. Was die hier in Rede stehende Frage nach dem Umfang der Unterhaltungspflicht betrifft, ergeben sich daraus jedoch keine weiteren Konsequenzen. Nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG gehört zwar zur Gewässerunterhaltung bei schiffbaren Gewässern auch die Erhaltung der Schiffbarkeit. Die besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen sind davon jedoch, wie bereits angesprochen, ausgenommen.
15 
d) Gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung bestehen schließlich auch insoweit keine Bedenken, als das Verwaltungsgericht angenommen hat, die in § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG getroffene Regelung werde durch das Übereinkommen über die Schifffahrt auf dem Bodensee (BSÜ) nicht verdrängt.
16 
Das von der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft am 1.6.1973 geschlossene Übereinkommen wurde durch den Bundesgesetzgeber mit Gesetz vom 1.10.1975 in das innerstaatliche Recht transformiert. In der Normenhierarchie steht dieses Gesetz auf derselben Stufe wie das Wasserhaushaltsgesetz, wovon auch das Verwaltungsgericht ausgegangen ist. Eine Normenkollision ist jedoch auch für den Senat nicht zu erkennen.
17 
aa) Die Klägerin beruft sich für ihre gegenteilige Auffassung auf Art. 4 des Abkommens, wonach die Vertragsstaaten dafür zu sorgen haben, „dass die Schifffahrt durch Bauten und sonstige künstliche Anlagen oder auf andere Weise nicht mehr behindert wird, als dies zur Wahrung anderer öffentlicher Interessen unvermeidbar ist“. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, bezweckt die Vorschrift jedoch allein, dass die Vertragssaaten nicht selbst Schifffahrtshindernisse schaffen oder zulassen, soweit dies nicht zur Wahrung anderer öffentlicher Interessen unvermeidbar ist. Sie begründet dagegen keine Verpflichtung, durch natürliche Verlandungsprozesse entstehende Schifffahrtshindernisse durch Ausbaggerungen oder andere Maßnahmen zu beseitigen. Das legt schon der Wortlaut der Regelung nahe, nach der die sich aus ihr ergebene Verpflichtung nicht für Behinderungen gilt, die zur Wahrung anderer öffentlicher Interessen unvermeidbar sind. Die dem Entwurf des Gesetzes vom 1.10.1975 beigefügte Begründung bestätigt dies. Art. 4 BSÜ wiederholt danach den Grundgedanken des Art. 3 der - durch das Bodenseeschifffahrtsübereinkommen ersetzten - Internationalen Schifffahrts- und Hafenordnung für den Bodensee (ISHO) vom 22.9.1867 (BT-Drs. 7/3439, S. 15). Nach der - unter Überschrift „Beseitigung von Schifffahrtshindernissen stehenden - Regelung in Art. 3 ISHO hatten die Bodensee-Uferstaaten auch dafür Sorge zu tragen, „dass nicht durch irgendwelche künstlichen Anlagen, durch den Betrieb von Gewerben oder durch sonstige Unternehmungen der Schifffahrt auf dem Bodensee Hindernisse bereitet werden“. Ein natürlicher Verlandungsprozess lässt sich nicht unter den Begriff der „sonstigen Unternehmungen“ subsumieren. Eine Verpflichtung, einem solchen Prozess durch Ausbaggerungen oder andere Maßnahmen entgegen zu wirken, wurde durch Art. 3 ISHO deshalb unzweifelhaft nicht begründet. Dafür, das mit Art. 4 BSÜ hiervon abgewichen werden sollte, lässt sich der Begründung des Gesetzentwurfs nichts entnehmen. Als Beispiele für unter die Vorschrift fallende Schifffahrtshindernisse werden in der Begründung nur „Umschlagsanlagen, Landungsbrücken, Überspannungen des Gewässers durch Seile oder stromführende Leitungen sowie schwimmende Einrichtungen für die Schiff(f)ahrt und andere Zwecke“ genannt.
18 
Die übrigen Regelungen des Bodenseeschifffahrtsübereinkommens sowie Sinn und Zweck des Übereinkommens rechtfertigen aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen keine andere Beurteilung.
19 
bb) Ein Widerspruch zwischen der in § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG getroffenen Regelung, nach der die besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen von Gewässerunterhaltungspflicht ausgenommen sind, und Art. 4 BSÜ wäre im Übrigen auch dann zu verneinen, wenn man zu Gunsten der Klägerin unterstellte, dass Art. 4 BSÜ auch die Verpflichtung der Vertragsstaaten begründet, dafür Sorge zu tragen, dass durch natürliche Verlandungsprozesse entstehende Schifffahrtshindernisse durch Ausbaggerungen oder andere Maßnahmen beseitigt werden. Denn die in § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG hinsichtlich der besonderen Zufahrten zu Häfen und Schiffsanlegestellen gemachte Ausnahme bedeutet zugleich, dass die Unterhaltungspflicht insoweit den Hafen- oder Schiffsanlegestellenbetreibern obliegt (Niesen, a.a.O., § 39 Rn. 48, Drost/Ell, Schütte, Das neue Wasserrecht, 2018, S. 121; Rehder, Niedersächsisches Wassergesetz, 4. Aufl., § 80 Rn. 4). Die in § 39 Abs. 5 WG den Betreibern von öffentlichen Hafen- und Umschlaganlagen, Lande- und Anlegestellen sowie Fähren, auferlegte Verpflichtung, den Betrieb ordnungsgemäß auszurichten und zu führen, erstreckt sich dementsprechend auch auf die Zufahrten zu den Hafen- und Umschlaganlagen bzw. Lande- und Anlegestellen.
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2. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sind ebenfalls nicht gegeben. Wie sich aus den oben gemachten Ausführungen ergibt, weist die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten auf.
21 
3. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung.
22 
Der Umstand, dass es zu einer Rechtsfrage noch keine Rechtsprechung gibt, verleiht einer Rechtssache für sich allein keine grundsätzliche Bedeutung. Einer Rechtssache hat vielmehr nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn im Berufungsverfahren zu einer für die Entscheidung des Berufungsgerichts maßgeblich gewesenen Rechtsfrage eine obergerichtliche Entscheidung zu erwarten ist, durch die die Einheitlichkeit der Rechtsprechung gewahrt oder das Recht in bedeutsamer Weise fortentwickelt werden kann. An dieser Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Rechtsfrage mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesinterpretation ohne weiteres beantworten lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 7.2.2005 - 4 BN 1.05 - NVwZ 2005, 584; Beschl. v. 28.5.1997 - 4 B 91.97 - NVwZ 1998, 172; Urt. v. 31.7.1987 - 5 B 49.87 - Buchholz § 132 VwGO Nr. 249 zur Zulassung der Revision).
23 
Die von der Klägerin in ihrem Antrag formulierten Fragen
24 
Gilt in Baden-Württemberg die bundesrechtliche Hafenzufahrtsklausel des § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG 2010, obwohl landesrechtlich zuvor seit 1960 keine solche Hafenzufahrtsklausel gegolten hat, obwohl das spätere Wassergesetz 2014 wie alle Landeswassergesetze seit 1960 - keine Hafenzufahrtsklausel enthält und obwohl das Wassergesetz ebenso wie die Gesetzesmaterialien hierzu „schweigen
25 
Ist der Begriff der „besonderen Hafenzufahrt“ nach § 39 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 WHG so auszulegen, dass jegliche Fahrrinne im natürlichen Boden des Gewässers eine solche besondere Hafenzufahrt darstellt, oder bedarf es hierfür zusätzlicher Merkmale wie etwa baulicher oder sonstiger Anlagen zur besonderen Befestigung oder Sicherung dieser Hafenzufahrt? Was ist dann eine „nicht besondere“ Hafenzufahrt?
26 
Folgt aus Art. 4 des Bodensee-Schifffahrts-Übereinkommens von 1973 (BSÜ), aus der dortigen Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland dafür zu sorgen, dass die Schifffahrt weder „durch Bauten und sonstige künstliche Anlagen“ noch „auf andere Weise“, behindert werde, eine Verpflichtung des beklagten Landes zur Ausbaggerung verlandeter Hafenzufahrten, hier der Hafenzufahrt Friedrichshafen, soweit sie nicht wirksam für die Schifffahrt gesperrt sind?
27 
Besteht eine Unterhaltungspflicht des beklagten Landes für den Bodensee als Landeswasserstraße und folgt hieraus die Pflicht zur Ausbaggerung verlandender Hafenzufahrten am Bodensee?
28 
verleihen dem Rechtsstreit danach keine grundsätzliche Bedeutung.
29 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
30 
Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf den §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 3 Satz 1 GKG und folgt der von den Beteiligten nicht beanstandeten Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts
31 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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