Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 4 S 17/19

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 15. November 2018 - 4 K 1787/17 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
I.
Der Antrag ist schon unzulässig, denn er entspricht nicht den Vorgaben des Vertretungszwangs nach § 67 Abs. 4 VwGO. Gemäß den Sätzen 1 und 2 dieser Norm müssen sich die Beteiligten vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Für seinen Zulassungsantrag fehlt dem Kläger mithin die Postulationsfähigkeit, was auch nicht durch nachträgliche anwaltliche Genehmigung geheilt werden kann (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl. 2018, § 67 Rn. 41, m.w.N.). Es ist für den Senat offensichtlich, dass die weitgehend rechtsunkundigen und teilweise wirren Ausführungen auf den Seiten 2 bis 50 des Schriftsatzes vom 21.01.2019 in Verbindung mit den zusätzlichen drei „Anlagesonderbänden“ vom insoweit postulationsunfähigen Kläger selbst verfasst wurden und nicht von seinem erfahrenen Prozessbevollmächtigten.
Der Vertretungszwang des § 67 Abs. 4 VwGO kann nicht dadurch unzulässig umgangen werden, dass ein postulationsfähiger Prozessvertreter pauschal auf Schriftstücke seines Mandanten oder von Dritten Bezug nimmt bzw. solche - wie hier - in eigene Schriftsätze hineinkopiert, d.h. auf der ersten Seite mit seinem Briefkopf versieht und auf der letzten Seite eigenhändig unterschreibt. Dies ergibt sich insbesondere aus dem Zweck des Vertretungszwangs nach § 67 Abs. 4 VwGO. Danach muss im Interesse eines geordneten und sachlichen Ganges des Verfahrens deutlich werden, dass der Prozessbevollmächtigte sich die von ihm vorgetragenen oder vorgelegten Ausführungen seiner Mandanten zu Eigen gemacht hat. Sein schriftsätzliches Vorbringen muss erkennen lassen, dass er selbst eine eigene Prüfung, Sichtung und rechtliche Durchdringung des vorgebrachten Streitstoffs vorgenommen hat (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BVerwG, Beschluss vom 11.12.2012 - 8 B 58.12 -, NVwZ-RR 2013, 341 w.m.N.). In diesem Sinne muss eine dem Vertretungszwang unterliegende Rechtsmittelbegründung vom Prozessbevollmächtigten „erarbeitet“ sein (vgl. BVerwG, Beschluss vom 20.07.2000 - 1 B 37.00 -, Juris). Soweit der Vertretene bei der Erstellung eines Schriftsatzes mitgewirkt hat, muss erkennbar sein, dass der Vertreter den Schriftsatz eigenständig geprüft, rechtlich durchdrungen und für gut befunden hat, wofür allein eine entsprechende Erklärung des Prozessbevollmächtigten nicht ausreicht (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 01.10.1998 - 7 S 1819/98 -, Juris; Stuhlfauth in Bader u.a., VwGO, 6.Aufl. 2014, § 67 Rn. 24).
Nach diesen Maßstäben genügt die Begründung des Zulassungsantrags vom 21.01.2019 nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 i.V.m. § 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO. Sie beschränkt sich auf eine einleitende, gewissermaßen entschuldigende Erklärung des Prozessbevollmächtigten auf Seite 1 des Schriftsatzes und übernimmt dann ab Seite 2 bis Seite 50 kommentarlos die (auch mit anderer Formatierung gefertigten) Ausführungen des Klägers. Ein eigenständiges „Erarbeiten“ der weitgehend rechtsunkundigen und teilweise wirren Ausführungen liegt offensichtlich nicht vor.
II.
Ohnehin könnten die vom Kläger geltend gemachten und nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein maßgeblichen Gründe zu keiner Zulassung der Berufung führen.
1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind nach ständiger Rechtsprechung des Senats dann gegeben, wenn neben den für die Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sprechenden Umständen gewichtige dagegensprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatsachenfragen bewirken, beziehungsweise wenn der Erfolg des Rechtsmittels, dessen Eröffnung angestrebt wird, zumindest ebenso wahrscheinlich ist wie der Misserfolg (vgl. Senatsbeschluss vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263). Dies ist bereits dann ausreichend dargelegt, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392, und Beschluss vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83), wobei jedoch alle tragenden Begründungsteile angegriffen werden müssen, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf mehrere jeweils selbständig tragende Erwägungen gestützt ist (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 § 133 <nF> VwGO Nr. 26, und Beschluss vom 11.09.2002 - 9 B 61.02 -, Juris). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Dies kann regelmäßig nur dadurch erfolgen, dass konkret auf die angegriffene Entscheidung bezogen aufgezeigt wird, was im Einzelnen und warum dies als fehlerhaft erachtet wird. Eine Bezugnahme auf früheren Vortrag genügt regelmäßig nicht (vgl. schon Senatsbeschluss vom 19.05.1998 - 4 S 660/98 -, Juris).
Ausgehend hiervon werden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils mit dem Zulassungsvorbringen nicht hervorgerufen. Das Verwaltungsgericht hat die auf Aufhebung der dienstlichen Beurteilung des Klägers vom 21.07.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.03.2017, hilfsweise auf Feststellung deren Rechtswidrigkeit, gerichtete Klage zutreffend abgewiesen. Die 4. Kammer sei nach dem Geschäftsverteilungsplan des Gerichts für die Entscheidung zuständig. Die Klage sei im Hauptantrag abzuweisen, weil nach bestandskräftiger Entlassung des Klägers aus dem Beamtenverhältnis das Rechtsschutzinteresse entfallen sei. Denn die Beurteilung habe ihre rechtliche Zweckbestimmung verloren, Auswahlgrundlage für künftige Personalentscheidungen zu sein. Im Hilfsantrag sei die Klage abzuweisen, weil im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kein berechtigtes Feststellungsinteresse bestehe. Denn der Kläger bemühe sich nach eigenem Vortrag nicht um eine neue Arbeitsstelle und die Beurteilung verletze ihn auch nicht in seiner Ehre oder Menschenwürde. Dem setzt der Kläger in seinen wortreichen Ausführungen nichts Substantiiertes entgegen. Im Wesentlichen nimmt er nicht einmal zur Kenntnis, dass die Klage im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteile vom 13.06.1985 - 2 C 6.83 <Rn. 16> - und vom 19.12.2002 - 2 C 31.01 <Rn. 14> -, beide Juris) überzeugend schon als unzulässig abgewiesen worden ist. Seine Verweise auf noch offene Verfahren, auf seine Fortbildungsnachweise, seine existentielle Notlage, seine Erwartungen an die Bearbeitung von Anträgen durch das Verwaltungsgericht und die Behörden, sein Pochen auf den für ihn zuständigen Berichterstatter RaVG M. bzw. den gesetzlichen Richter, sein gegen die Entlassung laufendes Verfassungsbeschwerdeverfahren, die Möglichkeit der Restitutionsklage nach erfolgreicher Verfassungsbeschwerde, seine von ihm als stigmatisierend wahrgenommene Behandlung durch die Schulverwaltung und Gerichte sowie die angenommenen negativen, ehr- und menschenwürdewidrigen Nachwirkungen seiner Entlassung sowie die als rechtswidrig angesehene Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung begründen allesamt keine ernstlichen Richtigkeitszweifel an der zutreffenden und überzeugend begründeten Abweisung der Klage durch das Verwaltungsgericht.
2. Die Berufung ist auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten aufweist. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, kann sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ergeben. Der Antragsteller genügt seiner Darlegungslast dann regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit er die Schwierigkeit des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, hat er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23.06.2000, a.a.O. und vom 08.03.2001 - 1 BvR 1653/99 -, NVwZ 2001, 552). Da dieser Zulassungsgrund ebenso wie der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall gewährleisten soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl 2004, 838, vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744, vom 12.11.2002 - 7 AV 4.02 -, Juris, vom 11.11.2002 - 7 AV 3.02 -, DVBl 2003, 401 und vom 14.06.2002 - 7 AV 1.02 -, DVBl 2002, 1556), muss zugleich deutlich gemacht werden, dass wegen der in Anspruch genommenen besonderen Schwierigkeiten der Ausgang des Berufungsverfahrens jedenfalls ergebnisoffen ist (Bay. VGH, Beschluss vom 04.11.2003 - 12 ZB 03.2223 -, BayVBl 2004, 248).
Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ist in der Rechtsprechung geklärt, dass nach bestandskräftiger Entlassung grundsätzlich kein schützenswertes Interesse an der inhaltlichen Überprüfung einer dienstlichen Beurteilung mehr besteht. Dass im Falle des Klägers anderes gelten soll bzw. die Beantwortung dieser Rechtsfrage besondere Schwierigkeiten aufwerfen könnte, hat er nicht hinreichend aufgezeigt und ist auch nicht sonst wie ersichtlich. Die Rechtssache des Klägers weist auch nicht dadurch besondere Schwierigkeiten auf, dass er immer neue Verfahren anhängig macht und jeweils viele Seiten Papier beschreibt und auch deshalb seine Personalakte inzwischen den Umfang von 10 Bänden erreicht hat.
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3. Die Berufung ist weiter nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO zuzulassen, weil kein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel hinreichend substantiiert geltend gemacht wird bzw. vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Da die Klage zutreffend als unzulässig abzuweisen war, liegt das geltend gemachte richterliche Unterlassen der besonderen Beachtung der Persönlichkeitsrechte des Klägers oder seiner Personaldaten nicht vor. Auch musste das Kultusministerium nicht in das Klageverfahren einbezogen oder weiter auf Fortbildungsbescheinigungen eingegangen werden. Eine Verletzung effektiven richterlichen Rechtsschutzes kann nicht erkannt werden, auch nicht im Hinblick auf noch offene Verfahren. Der erkennende Einzelrichter war gesetzlicher Richter. Einem Wiedereinsetzungs- und Ruhensantrag musste nicht entsprochen werden. Es war auch kein „Notanwalt“ zu bestellen. Auch der vorgelegte Schriftverkehr mit der 4., der 1. und der 13. Kammer des Verwaltungsgerichts bzw. die Hinweise des Klägers auf Probleme mit der Rechtsschutzversicherung oder die „laufbahnrechtliche Dauerprobezeit“ oder die jahrelange Alimentierung ohne Dienst begründen keinen Verfahrensfehler.
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4. Die Berufung ist schließlich auch nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, weil die Rechtssache selbst vor dem Hintergrund des geltend gemachten Datenschutzrechtes keine grundsätzliche Bedeutung hat. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn das erstrebte weitere Gerichtsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen oder im Bereich der Tatsachenfragen nicht geklärten Fragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höhergerichtlicher Klärung bedürfen. Die Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt vom Kläger, dass er unter Durchdringung des Streitstoffes eine konkrete Rechtsfrage aufwirft, die für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund gibt, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. schon Senatsbeschluss vom 05.06.1997 - 4 S 1050/97 -, VBlBW 1997, 420, m.w.N.).
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Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht. Der Kläger hat nicht hinreichend substantiiert dargelegt, dass die von ihm aufgeworfenen Fragen bezüglich des Datenmissbrauchs, der Speicherpflicht, der Aktualisierungspflicht, der Streitwertfestsetzungen, der Datenauskünfte, der Deutschen Rentenversicherung, des Unterhaltsbeitrags, des Übergangsgelds, der Versorgungsansprüche, der Beihilfe, des gesetzlichen Richters, des Transparenzgebots, des beamtenrechtlichen Datenschutzes sowie der Handlungs- und Meinungsfreiheit für eine Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wären. Aufgrund der Unzulässigkeit der Klage würden sie sich vielmehr im Wesentlichen so nicht stellen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 47 Abs. 1 und 3 sowie § 52 Abs. 1 und 2 GKG i.V.m. Nr. 10.5 Streitwertkatalog 2013.
15 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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