Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 12 S 2789/18

Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 11. Oktober 2018 - 8 K 458/17 - wird abgelehnt.

Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

 
Der nach § 124a Abs. 4 Sätze 1 und 4 VwGO rechtzeitig gestellte und begründete, auf den Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen vor, wenn unter Berücksichtigung der vom Antragsteller dargelegten Gesichtspunkte (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) die Richtigkeit des angefochtenen Urteils weiterer Prüfung bedarf, ein Erfolg der angestrebten Berufung nach den Erkenntnismöglichkeiten des Zulassungsverfahrens mithin möglich ist (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 - DVBl. 2004, 838, vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 - NVwZ 2004, 744, vom 12.11.2002 - 7 AV 4.02 - juris, Rn. 5, vom 11.11.2002 - 7 AV 3.02 - DVBl. 2003, 401 und vom 14.06.2002 - 7 AV 1.02 - DVBl. 2002, 1556). Dabei ist davon auszugehen, dass das Zulassungsverfahren nicht die Funktion hat, das Berufungsverfahren vorwegzunehmen (BVerfG, Beschluss vom 21.12.2009 - 1 BvR 812/09 - NJW 2010, 1062). Der Zulassungsgrund liegt daher vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 06.06.2018 - 2 BvR 350/18 - juris Rn. 16, vom 16.01.2017 - 2 BvR 2615/14 - Rn. 19 und vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - juris Rn. 17), es sei denn, es lässt sich im Einklang mit dem eingeschränkten Zweck des Zulassungsverfahren zuverlässig feststellen, dass das Verwaltungsgericht die Rechtssache im Ergebnis richtig entschieden hat und die angestrebte Berufung deshalb keinen Erfolg haben wird (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.07.2013 - 1 BvR 3057/11 - juris Rn. 40; BVerwG, Beschluss vom 10.03.2004, aaO). Bei der Prüfung der Ergebnisrichtigkeit dürfen die anderweitig herangezogenen tatsächlichen oder rechtlichen Gerichtspunkte auch nicht ihrerseits auf einen anderen Zulassungsgrund hinführen (vgl. Stuhlfauth in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 7. Aufl., § 124 Rn. 22). Nach Erlass der angegriffenen Entscheidung und bis zum Ablauf der gesetzlichen Begründungsfrist (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) neu eingetretene Tatsachen sowie erhebliche Änderungen des maßgeblichen Rechts können zu berücksichtigen sein (vgl. näher BVerwG, Beschlüsse vom 14.06.2002 und vom 15.12.2003, jew. aaO; Rudisile in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 124 Rn. 26p; Stuhlfauth, aaO, § 124 Rn. 26 ff.; Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl., § 124 Rn. 20 ff.).
Zur Darlegung ernstlicher Zweifel ist eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung erforderlich. Der Streitstoff muss dabei unter konkreter Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil gesichtet, rechtlich durchdrungen und aufbereitet werden. Erforderlich ist eine fallbezogene Begründung, die dem Berufungsgericht eine Beurteilung der Zulassungsfrage ohne weitere eigene aufwendige Ermittlungen ermöglicht. Das Maß der zu leistenden Substantiierung kann dabei von der jeweiligen Begründungsdichte und dem Begründungsaufwand der Entscheidung abhängig sein (vgl. näher Happ, aaO, § 124a Rn. 62 ff. mwN; Rudisile, aaO, § 124a Rn. 100).
Gemessen daran zeigt die Antragsbegründung nicht auf, dass das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts, mit dem die Klage des Klägers, eines kosovarischen Staatsangehörigen, gegen die Ausweisungsverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 22.12.2016 abgewiesen worden ist, ernstlichen Zweifeln ausgesetzt ist.
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass beim Kläger, der mit rechtskräftigem Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 30.11.2011 wegen bandenmäßigen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Jahren und vier Monaten verurteilt worden ist, ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG vorliegt.
Soweit der Kläger, der am 18.04.2018 aufgrund der Aussetzung der Vollstreckung des Strafrests nach Verbüßung von zwei Dritteln der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe zur Bewährung aus der Haft entlassen worden ist und wieder mit seiner Familie zusammenlebt, beanstandet, das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht bei ihm eine hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine künftige Begehung von Straftaten angenommen, übersieht er, dass das Verwaltungsgericht nicht nur aus Gründen der Spezialprävention eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung bejaht hat, sondern - der Sache nach selbständig tragend - auch eine Ausweisung aus generalpräventiven Gründen für geboten erachtet hat (UA ab S. 20 unter b). Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zur Ausweisung aus Gründen der Generalprävention geht der Zulassungsantrag aber nicht ein. Dass eine Gefährdung der öffentlichen Sicherheit deshalb vorliegt, weil die Gefahr der Begehung vergleichbarer Delikte durch andere Ausländer besteht, wird durch den Zulassungsantrag daher nicht infrage gestellt.
Ungeachtet dessen wird im Zulassungsantrag auch nicht in der gebotenen Weise dargelegt, dass die vom Verwaltungsgericht ausgehend von der bandenmäßigen Betäubungsmittelkriminalität bejahte hinreichende Wahrscheinlichkeit für eine künftige Begehung von Straftaten durch den Kläger selbst ernstlichen Zweifeln ausgesetzt ist.
Das Verwaltungsgericht hat zugrunde gelegt, dass es für die Beurteilung, ob nach dem Verhalten des Ausländers damit zu rechnen ist, dass er erneut die öffentliche Sicherung und Ordnung gefährdet, einer Prognose bedarf, bei der der Grad der Wahrscheinlichkeit neuer Verfehlungen und Art und Ausmaß möglicher Schäden zu ermitteln und zueinander in Bezug zu setzen sind. An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 - juris Rn. 42 mwN). Das Verwaltungsgericht hat ausgehend von der außerordentlichen Gefährlichkeit des bandenmäßigen Drogenhandels mit Kokain im Einzelnen begründet, weshalb im vorliegenden Fall an die Beurteilung der Wiederholungsgefahr nur geringe Anforderungen zu stellen sind (UA S. 14). Dieser Maßstab ist vom Kläger auch nicht in Frage gestellt worden.
Das Gericht hat im Rahmen der Prognose zur individuellen Wiederholungsgefahr unter anderem ausgeführt, es habe sich nicht davon überzeugen können, dass die Familie, insbesondere seine Ehefrau, den Kläger zukünftig von der Begehung von Straftaten abhalten und auf ihn Einfluss nehmen werde. Es hat unter Auswertung von Dokumentationen in der Gefangenenpersonalakte angenommen, die Persönlichkeit der Ehefrau weise keine Struktur auf, die richtungsweisend für ein straffreies Leben des Klägers sei (UA S. 19 f.). Soweit der Kläger beanstandet, das Verwaltungsgericht habe sich nur auf den Inhalt der beigezogenen Akten gestützt, ohne sich durch die Anhörung seiner in der mündlichen Verhandlung anwesenden Ehefrau ein eigenes Bild betreffend ihre Persönlichkeit zu verschaffen, erhebt er der Sache nach eine Aufklärungsrüge.
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Zwar können die Gründe, aus denen heraus ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bestehen, aus einer unzureichenden Ermittlung und Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts resultieren (vgl. etwa OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.01.2018 - 2 L 71/16 - Rn. 15), weshalb auch im Rahmen des geltend gemachten Zulassungsgrundes der ernstlichen Zweifel eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht in zulässiger Weise gerügt werden kann (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 17.02.2009 - 10 S 3156/08 - juris Rn. 5). Die Rüge einer Verletzung der Aufklärungspflicht erfordert allerdings die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Berufungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Rechtsmittelführer günstigeren Entscheidung hätten führen können. Außerdem muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder auf Grund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen (vgl. etwa BVerwG, Beschluss vom 10.08.2017 - 9 B 68.16 - juris Rn. 8; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18.05.2018 - 10 A 591/17 - juris Rn. 14; Happ, aaO, § 124a Rn. 75).
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Diesen Anforderungen genügt das Zulassungsvorbringen nicht. So fehlen etwa Ausführungen dazu, welche Feststellungen das Verwaltungsgericht bei einer Vernehmung der Ehefrau bzw. deren Anhörung voraussichtlich getroffen hätte. Auch ist nicht dargelegt, dass der in der mündlichen Verhandlung anwaltlich vertretene Kläger eine Vernehmung oder Anhörung der Ehefrau beantragt hätte. Solches ergibt sich auch nicht aus der Sitzungsniederschrift. Anhaltspunkte dafür, weshalb sich dem Gericht auch ohne Stellung eines entsprechenden (Beweis-)antrags die Vernehmung oder Anhörung der Ehefrau hätte aufdrängen müssen, sind nicht genannt und zudem nicht ersichtlich. Mit Blick auf die vom Verwaltungsgericht geschilderte Eindeutigkeit der Aussagen über die Ehefrau des Klägers in den Gefangenenpersonalakten und deren - auch im Zulassungsantrag angegebenen - Kontakte zur Familie ihres Ehemannes, deren Mitglieder teilweise an den Straftaten beteiligt waren, ergibt sich kein Anhalt dafür, dass eine persönliche Anhörung der Ehefrau zu einer für den Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können.
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Des Weiteren macht der Kläger geltend, das Verwaltungsgericht habe das kriminalprognostische Sachverständigengutachten fehlerhaft nicht in der gebotenen Weise herangezogen. Der Gutachter habe festgestellt, er habe seine Inhaftierung zu einer kritischen Reflektion nutzen können. Der Sachverständige sei zu dem Ergebnis gelangt, die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der aus seiner Tat hervorgegangenen Gefährlichkeit könne nur noch als sehr gering eingeschätzt werden. Diesbezüglich habe das Gericht lediglich darauf hingewiesen, dass es bei seiner Prognose nicht an die Einschätzung der Strafvollstreckungskammer gebunden sei, wobei jedoch die Entscheidungen der Strafgerichte nach § 57 StGB von tatsächlichem Gewicht seien und bei der Prognose ein wesentliches Indiz darstellten. In diesem Zusammenhang habe das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass die vorzeitige Haftentlassung und die Ausweisung unterschiedliche Zwecke verfolgten und es im ausländerrechtlichen Ausweisungsverfahren um die Frage gehe, ob das Risiko des Misslingens der Resozialisierung von der deutschen Gesellschaft oder der Gesellschaft im Heimatstaat des Ausländers getragen werden müsse. Aus diesem Grunde sei das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass das kriminalprognostische Sachverständigengutachten vom 16.03.2018 nicht durch das die Ausweisung prüfende Gericht heranzuziehen sei, was ernstlich zweifelhaft sei.
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Mit diesen Ausführungen zeigt der Antragsteller nicht auf, dass der Umgang des Verwaltungsgerichts mit dem kriminalprognostischen Gutachten den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfüllt.
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Das Landgericht Offenburg - Strafvollstreckungskammer - hat im Rahmen seiner Entscheidung vom 11.04.2018, mit der es die Restfreiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt hat, auch das kriminalprognostische Sachverständigengutachten vom 16.03.2018 des Dipl. Psych. K. herangezogen und sich - nach eigener kritischer Prüfung des Gutachtens - dessen Ergebnis angeschlossen, wonach die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens der aus der Tat hervorgegangenen Gefährlichkeit des Klägers nur noch als sehr gering eingeschätzt werden könne (vgl. im Einzelnen LG Offenburg, BA S. 4).
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Eine strafvollstreckungsrechtliche Entscheidung über die Aussetzung des Strafrestes zur Bewährung (§ 57 StGB) entfaltet zwar keine Bindungswirkung für das Ausweisungsverfahren (BVerwG, Urteile vom 15.01.2013 - 1 C 10.12 - juris Rn. 18 und vom 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 23). Einer positiven sachkundigen strafgerichtlichen Prognose kommt aber erhebliche indizielle Bedeutung zu; jedenfalls soweit die Prognose der Wiederholungsgefahr Bedeutung im Rahmen einer grundrechtlich erforderlichen Abwägung hat, bedarf es einer substantiierten Begründung, wenn von der strafgerichtlichen Einschätzung abgewichen werden soll (BVerfG, Beschlüsse vom 19.10.2016 - 2 BvR 1943/16 - Rn. 21 und vom 27.08.2010 - 2 BvR 130/10 - juris Rn. 36; Dörig, Handbuch Migrations- und Integrationsrecht, 2018, § 5 Rn. 531 ff.). Ein Abweichen kommt beispielsweise dann in Betracht, wenn die strafgerichtliche Prognose auf tatsächlich unzutreffenden Annahmen basiert (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 15.04.2011 - 11 S 189/11 - juris Rn. 64 ff.) oder dem Verwaltungsgericht umfassenderes Tatsachenmaterial zur Verfügung steht, das genügend zuverlässig eine andere Einschätzung der Wiederholungsgefahr erlaubt (BVerfG, Beschluss vom 27.08.2010 - 2 BvR 130/10 - juris Rn. 36). Solches kann etwa bei neueren Erkenntnissen aus der Zeit nach Haftentlassung der Fall sein, die beispielsweise auch durch eine aktuelle ausführliche Befragung des Ausländers in der mündlichen Verhandlung gewonnen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.2012 - 1 C 20.11 - juris Rn. 23).
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Das Verwaltungsgericht hat dem Urteil zufolge das kriminalprognostische Sachverständigengutachten auch deshalb nicht herangezogen, weil sich einige der dortigen Annahmen nicht mit den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichts decken. Nach dem Verwaltungsgericht geht das Gutachten unzutreffend davon aus, dass der Kläger seit 1998 ununterbrochen bis Mai 2011 über jeweils befristete Aufenthaltstitel verfügt habe (UA S. 19). Gemäß den Feststellungen des Verwaltungsgerichts beruhte der Aufenthalt des Klägers beginnend nach einer Wiedereinreise ab 05.04.2001 über mehrere Jahre auf einer Identitätstäuschung unter Vorlage eines gefälschten italienischen Passes (UA S. 2, 20), weshalb es der Sache nach zugrunde gelegt hat, dass damit eine wesentliche Annahme des Gutachtens, nämlich, dass der Kläger neben der Anlassverurteilung noch nie strafrechtlich in Erscheinung getreten ist (Gutachten S. 25), nicht zutrifft. Zu dieser selbstständig tragenden Erwägung verhält sich der Zulassungsantrag nicht. Auch die Überlegungen des Verwaltungsgerichts zu den unterschiedlichen Voraussetzungen und Bedeutungen der Prognose im Rahmen des § 57 StGB und der gefahrenabwehrrechtlichen Prognose bei der Ausweisung (UA S. 18) greift der Kläger nicht mit substantiierten Ausführungen an.
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Der Kläger rügt ferner, die Prognose des Verwaltungsgerichts zur Wiederholungsgefahr sei deshalb unzutreffend, weil er entgegen den Ausführungen im angefochtenen Urteil das Unrecht der von ihm begangenen Taten eingesehen habe und ihm deutlich bewusst geworden sei, welche schweren Verfehlungen er begangen habe. Der vom Verwaltungsgericht gezogene Schluss, er habe vorrangig Reue auf Grund der langen Haftstrafe und der Belastung für seine Familie empfunden, nicht jedoch für die Tat als solche und die Folgen für die Konsumenten von Betäubungsmitteln, sei nicht gerechtfertigt. Auch habe das Verwaltungsgericht aus den lediglich vier disziplinarischen Rügen, die er während seiner Haftzeit von siebeneinhalb Jahren erhalten habe, fehlerhaft den Schluss gezogen, ihm falle es schwer, sich an Regeln zu halten. Vielmehr sei es so gewesen, dass er während seiner Inhaftierung regelmäßig auf die Einhaltung der Regeln geachtet und auch Mitinhaftierte angehalten habe, Regeln einzuhalten. Das Verwaltungsgericht habe zudem die tatsächliche familiäre Situation, insbesondere seine tatsächlich bestehenden Bindungen zu seinen drei Kindern falsch gewürdigt. Es sei fehlerhaft davon ausgegangen, dass seine Familie, insbesondere auch seine Ehefrau, ihn nicht zukünftig von der Begehung von Straftaten abhalten und auf ihn Einfluss nehmen könne.
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Diese gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerichteten Ausführungen führen nicht auf eine Zulassung.
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Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen - nicht nur des Ergebnisses einer gegebenenfalls durchgeführten förmlichen Beweisaufnahme, sondern auch des Inhalts der Akten, des Vortrags der Beteiligten, eingeholter Auskünfte usw. - frei, d.h. nur an die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Gesichtspunkte und Argumente, an die Denkgesetze, anerkannte Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze gebunden, nicht dagegen grundsätzlich an starre Beweisregeln (Schenke in Kopp/Schenke, VwGO, 24. Aufl., § 108 Rn. 4; Happ, aaO, § 108 Rn. 5 ff.; Stuhlfauth, aaO, § 108 Rn. 10). Soweit - wie hier - eine fehlerhafte Sachverhalts- bzw. Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts gerügt wird, genügt für den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO allein der Vortrag, die Tatsachen seien anders als vom Verwaltungsgericht angenommen oder der Sachverhalt bzw. das Ergebnis einer Beweisaufnahme sei anders zu bewerten, nicht (vgl. etwa OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.06.2012 - 18 A 1459/11 - juris Rn. 9; Happ, aaO, § 124a Rn. 67; Rudisile, aaO, § 124a Rn. 101). Mit Einwänden gegen die freie, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnene richterliche Überzeugung wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts erst dann in Frage gestellt, wenn Gründe dafür aufgezeigt werden, dass die vom Verwaltungsgericht vorgenommene Überzeugungsbildung fehlerhaft ist, etwa weil das Verwaltungsgericht entscheidungserheblich von einem unzutreffenden, ggfs. auch unzureichend ermittelten, Sachverhalt ausgegangen ist (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 03.01.2018 - 2 L 71/16 - juris Rn 15) oder die Beweiswürdigung gedankliche Lücken oder Ungereimtheiten aufweist. Letzteres ist insbesondere bei einer Verletzung von Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, ggfs. heranzuziehenden gesetzlichen Beweisregeln oder sachwidriger Beweiswürdigung anzunehmen (vgl. auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 12.07.2012 - 2 S 1265/12 - juris Rn. 3 f.; Bayerischer VGH, Beschluss vom 25.10.2017 - 5 ZB 17.340 - juris Rn. 39; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29.09.2017 - OVG 5 N 40.16 - juris Rn. 9; OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.01.2014 - 12 A 2294/13 - juris Rn. 2 ff.). Derartige Mängel zeigt die Begründung des Zulassungsantrags jedoch nicht auf.
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Dass das Verwaltungsgericht, das die positive Entwicklungen des Klägers während der langen Haft einschließlich des positiven Arbeitszeugnisses gesehen und in seine Entscheidungsfindung eingestellt hat (UA S. 16 oben), dennoch zu dem Ergebnis gekommen ist, der Kläger habe während der Haft gezeigt, dass er Schwierigkeit habe, sich an Regeln zu halten, weshalb es auch nicht davon überzeugt sei, ihm gelinge künftig ein straffreies Lebens, ist das Ergebnis einer umfassenden Würdigung der vier disziplinarischen Rügen während der Haft einschließlich ihrer Gründe und Begleitumstände. Dabei hat die Kammer anlässlich des Vorfalls vom 14.12.2015 (Umgang des Klägers mit bei der Verteilung des Essens übrig gebliebenen Bananen) unter anderem hervorgehoben, dass er hierbei versucht habe, Absprachen zu fingieren, was auf ein intrigantes Verhalten schließen lasse (UA S. 16). Der Zulassungsantrag greift die tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts, die sich auf in den Gefangenenpersonalakten dokumentierte Vorgänge stützten, nicht an, sondern beschränkt sich auf den Vortrag, die Schlüsse, die das Verwaltungsgericht daraus ziehe, seien nicht gerechtfertigt, was aber den Anforderungen des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO iVm § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht genügt.
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Auch soweit die Kammer aufgrund der Anhörung des Klägers in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gelangt ist, es sei nicht zu erkennen, dass der Kläger die Straftaten als solche bereue und ihm ein Bewusstsein für seine Verantwortung für die Betäubungsmittelkriminalität fehle (siehe im Einzelnen UA S. 17), ist ein Fehler im Rahmen der Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht dargelegt. Entsprechendes gilt für die Feststellung des Gerichts, dass die Familienverhältnisse des Klägers nicht dafür sprächen, es werde künftig nicht mehr zu Straftaten kommen (UA S. 19 f.). In diesem Zusammenhang hat die Kammer auch darauf abgestellt, dass der Bruder und ein Cousin des Klägers an den Straftaten beteiligt gewesen seien, zu denen er nach wie vor ein enges Verhältnis habe, und dass jenseits der Familie für ihn kein sozialer Empfangsraum bestehe.
22 
Entgegen der Auffassung des Klägers hat das Verwaltungsgericht bei der Ermittlung und Würdigung der familiären Verhältnisse, insbesondere der Frage, inwieweit seine Töchter und die Ehefrau auf ihn angewiesen seien, nicht zu seinen Lasten darauf abgestellt, dass er im Jahre 2012 einer Verlegung in die Justizvollzugsanstalt Dietz, die dem damaligen Wohnort der Familie deutlich näher gelegen hat als die Justizvollzugsanstalt Offenburg, nicht zugestimmt habe. Bei den vom Kläger beanstandeten Passagen im Urteilstext handelt es sich um die Wiedergabe von Formulierungen des Regierungspräsidiums Freiburg in der Verfügung vom 22.12.2016, die das Verwaltungsgericht im Rahmen der Darstellung des wesentlichen Sach- und Streitstands im Tatbestand des Urteils referiert hat (UA S. 7). Ausweislich der Gründe hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung aber nicht auf diesen Umstand gestützt.
23 
Auch die Rügen des Klägers, das Verwaltungsgericht habe die Bedeutung der nach seiner Haftentlassung wieder belebten Kontakte zu seinem im Jahre 2004 geborenen und in Köln lebenden deutschen Sohn verkannt, deren erneuter Abbruch mit Beeinträchtigungen für diesen verbunden seien, und das Gericht mute seinen in den Jahren 2009 und 2018 geborenen Kindern, die die deutsche Staatsangehörigkeit haben, und deren Mutter, mit der er am 24.04.2018 die Ehe geschlossen hat, aufgrund der Ausweisung ein Leben im Kosovo zu, führen nicht zu einer Zulassung der Berufung.
24 
Das Verwaltungsgericht hat zutreffend dargelegt (UA S. 22), dass § 53 Abs. 1 AufenthG für eine Ausweisung ein Überwiegen des Interesses an der Ausreise gegenüber den privaten Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers im Bundesgebiet verlangt, das unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles im Rahmen einer umfassenden Verhältnismäßigkeitsprüfung festzustellen ist, wobei in die hierbei vorzunehmende Abwägung des Interesses an der Ausreise mit dem Bleibeinteresse die in § 53 Abs. 2 AufenthG niedergelegten Umstände in wertender Gesamtbetrachtung einzubeziehen sind. Bei der erforderlichen Gesamtabwägung sind zur Sicherung der Verhältnismäßigkeit der Ausweisung zudem grundrechtliche und konventionsrechtliche Schutzwirkungen (Art. 6 GG, Art. 8 EMRK) zu beachten (vgl. näher BVerwG, Urteil vom 27.07.2017 - 1 C 28.16 - juris Rn. 39; VGH Baden-Württemberg, Urteile vom 15.11.2017 - 11 S 1555/16 - juris Rn. 70 ff. und vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 - juris Rn. 57 ff.).
25 
Das Verwaltungsgericht hat den Kontaktaufbau zwischen Vater und Sohn nach der Haftentlassung des Klägers in seine Entscheidung eingestellt, dem im Ergebnis aber keine gegen eine Ausweisung sprechende Bedeutung beigemessen (im Einzelnen UA S. 23). Das Verwaltungsgericht ist im Rahmen der Gesamtabwägung zwischen den Interessen an einem weiteren Verbleib des Ausländers und dem öffentlichen Interesse an seiner Ausreise zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Belange von Vater und Sohn zurückzutreten haben. Mit Blick auf die im Einzelnen im Strafurteil festgestellte hohe Gefährlichkeit der Anlasstaten (vgl. etwa UA S. 14 f.) und die vom Kläger nach wie vor ausgehende Wiederholungsgefahr (vgl. zur Bedeutung der Gefahrenprognose im Rahmen der Gesamtabwägung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 - juris Rn. 55 ff., 63), die nicht mit (Verfahrens-) Rügen erfolgreich in Frage gestellt worden ist, ist dies nicht zu beanstanden. Entsprechendes gilt für die Trennung des Klägers von seinen beiden deutschen Kindern und ihrer Mutter.
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Entgegen der Auffassung des Klägers ist das Verwaltungsgericht im Rahmen der Gesamtabwägung nicht davon ausgegangen, dass seinen deutschen Kindern und deren Mutter aufgrund der Ausweisung ein Leben im Kosovo zuzumuten ist. Das Verwaltungsgericht hat vielmehr der Sache nach tragend eingestellt, dass die Ausweisung zur Trennung des Klägers von seiner Familie führt. Es hat zutreffend angenommen, dass die minderjährigen deutschen Kinder faktisch nicht gezwungen sind, den Kläger zu begleiten und aufgrund des Status ihrer Mutter gesichert weiter im Bundesgebiet verbleiben können (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 29.03.2017 - 11 S 2029/16 - juris Rn. 64). Es hat keine Anhaltspunkte dafür gesehen, dass die Gefahr neuer Straftaten des Klägers hingenommen werden müsste, weil sein Verbleib für die Kinder bzw. das Kindeswohl von überragender Bedeutung wäre. Auch der Senat sieht solche nicht.
27 
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
28 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
29 
Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in § 63 Abs. 2, § 47, § 52 Abs. 1 und § 39 Abs. 1 GKG.
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Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

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