Beschluss vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg - 9 S 1116/20

Tenor

Der Antrag des Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 28. Januar 2020 - 4 K 5085/19 - wird abgelehnt.

Der Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert des Zulassungsverfahrens wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Aus den vom Beklagten genannten Gründen ist die Berufung nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) oder wegen deren grundsätzlicher Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung sind gegeben, wenn ein tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt worden ist (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 03.03.2004 - 1 BvR 461/03 -, BVerfGE 110, 77, 83; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 -, NVwZ 2011, 546; VerfGH BW, Urteile vom 15.02.2016 - 1 VB 57/14, 1 VB 58/14 -, juris; Senatsbeschluss vom 20.05.2010 - 9 S 2530/09 -, VBlBW 2010, 480; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 25.02.1997 - 4 S 496/97 -, VBlBW 1997, 263), wobei alle tragenden Begründungsteile angegriffen werden müssen, wenn die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf mehrere jeweils selbständig tragende Erwägungen gestützt ist (Rudisile, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: Juli 2019, § 124a Rn. 96; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 19.08.1997 - 7 B 261.97 -, Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26, und Beschluss vom 11.09.2002 - 9 B 61.02 -, juris). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO erfordert dabei eine substantiierte Auseinandersetzung mit der erstinstanzlichen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Dies kann regelmäßig nur dadurch erfolgen, dass konkret auf die angegriffene Entscheidung bezogen aufgezeigt wird, was im Einzelnen und warum dies als fehlerhaft erachtet wird. „Darlegen” bedeutet schon nach allgemeinem Sprachgebrauch mehr als lediglich ein allgemeiner Hinweis; „darlegen” bedeutet vielmehr so viel wie „erläutern”, „erklären” oder „näher auf etwas eingehen”. Eine Bezugnahme auf früheren Vortrag genügt nicht (vgl. nur VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 19.05.1998 - 4 S 660/98 -, juris; Kopp/Schenke, VwGO, 26. Aufl. 2020, § 124a Rn. 49 m. w. N.).An diesem Maßstab gemessen werden mit der Antragsschrift ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils nicht aufgezeigt.
Das Verwaltungsgericht hat entschieden, die Durchführung der mündlichen Abiturprüfung der Klägerin im Fach Geographie genüge nicht den Anforderungen des Gebots der Chancengleichheit nach Art. 3 Abs. 1 GG, und hat dies mit zwei selbständig tragenden Erwägungen begründet: Der Klägerin sei es im Gegensatz zu den übrigen vier Prüflingen in diesem Fach einerseits verwehrt worden, ihre vorbereitete Präsentationsprüfung unter Zuhilfenahme eines Laptops und eines Beamers zu halten, und andererseits, die zur Verfügung stehende Vorbereitungszeit von 30 Minuten zur Vorbereitung auf die Prüfung zu nutzen.
Zu dem ersten Gesichtspunkt hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, der Klägerin sei es aufgrund der technischen Probleme, die der Schule zuzurechnen seien, nicht möglich gewesen, die vorbereitete Präsentation zu halten. Es sei für das Gericht nicht mehr aufklärbar gewesen, weshalb der von der Klägerin zur Prüfung mitgebrachte USB-Stick nicht funktioniert habe. Dies beruhe vor allem darauf, dass die Prüfungskommission den USB-Stick nicht, wie es ihr oblegen hätte, einbehalten habe.
Die Schule sei für die Zurverfügungstellung eines geeigneten Prüfungsorts verantwortlich und trage damit insoweit auch die Feststellungslast bei Unaufklärbarkeit dieser Voraussetzung. Neben der Geeignetheit des Raums an sich gehöre auch die Zurverfügungstellung einer funktionierenden Hardware wie eines PCs und eines Beamers durch die Schule zu den Mindestanforderungen an die Durchführung einer Prüfung, wenn die Schule diese Möglichkeit von sich aus einräume. Nicht verantwortlich sei die Schule hingegen für vom Prüfling mitzubringende Prüfungsmaterialien wie Karteikarten, Folien oder USB-Sticks.
Diese Auffassung ist zutreffend. Soweit der Beklagte unter Hinweis auf § 24 Abs. 5 NGVO meint, es sei bereits fraglich, ob die Schule im Rahmen von mündlichen Prüfungen eine Pflicht zur Zurverfügungstellung einer funktionierenden Hardware wie eines Beamers und eines PCs treffe, und es bestehe auch keine Pflicht zur Anfertigung einer PowerPoint-Präsentation, verkennt er den Gehalt der Ausführungen des Verwaltungsgerichts. Dieses hat entscheidend darauf abgestellt, dass die Zurverfügungstellung einer funktionierenden Hardware dann zu den Mindestanforderungen an die Durchführung einer Prüfung gehöre, wenn die Schule diese Möglichkeit von sich aus einräume. Dies aber war hier der Fall.
Im Schreiben des stellvertretenden Schulleiters vom 30.04.2018 an die Kolleginnen und Kollegen (As. 19 der Verwaltungsakte) heißt es unter dem Betreff „Mündliches Prüfungsfach (Präsentationsprüfung) im Abitur 2018“: „Bitte beachten Sie, dass wir in diesem Schuljahr auch wieder PC/Laptop mit Beamer (insbesondere für PowerPoint-Präsentationen) zulassen. Allerdings muss (für die Raumplanung) von den Schülern auf dem Formular verbindlich angegeben werden, ob sie einen von der Schule gestellten Beamer oder (zusätzlich) PC/Laptop in der Prüfung benötigen. Wer seine eigenen Geräte mit zur Prüfung bringt, braucht hier nichts anzukreuzen.“
Danach hat die Schule unzweifelhaft die Benutzung von schuleigener Hardware für die Prüfung angeboten. Dann ist sie aber auch für den fehlerfreien Betrieb dieser Geräte verantwortlich. Dass § 24 Abs. 5 der hier noch anwendbaren Verordnung des Kultusministeriums über die Jahrgangsstufen sowie über die Abiturprüfung an Gymnasien der Normalform und Gymnasien in Aufbauform mit Internat (Abiturverordnung Gymnasien der Normalform - NGVO) vom 24.07.2001 (GBl. S. 518), zuletzt geändert durch Art. 12 der Verordnung vom 19.04.2016 (GBl. S. 308, 322), keine bestimmte Prüfungsform vorschreibt, ändert daran nichts.
Nicht zu erschüttern vermag der Beklagte auch die Auffassung des Verwaltungsgerichts, er habe die Gewährleistung eines im dargestellten Sinne geeigneten Prüfungsrahmens nicht nachweisen können. Ohne Erfolg greift er die Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an und stellt eine Obliegenheitsverletzung der Klägerin in den Mittelpunkt seiner Argumentation. Er meint, wenn es ein Prüfling - wie hier die Klägerin - im Vorfeld der Prüfung unterlassen habe, das Speichermedium am Präsentationscomputer auf seine Funktionsfähigkeit hin zu testen, müsse sich dies im Rahmen der Prüfung, ob die Schule einen ordnungsgemäßen Prüfungsrahmen geschaffen habe, im Rahmen der Beweislast nachteilig für den Prüfling auswirken; dies gelte jedenfalls dann, wenn - wie im vorliegenden Fall - keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass die Funktionalität der Geräte nicht gegeben gewesen sei. Dabei verkennt der Beklagte zweierlei: Zum einen bestehen hier durchaus zumindest Anhaltspunkte für ein Technikversagen, denn der USB-Stick der Klägerin konnte nicht eingebunden werden. Zum anderen gelten besondere Anforderungen an die Darlegung, wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils gerade hinsichtlich einer Tatsachen- oder Beweiswürdigung geltend gemacht werden (vgl. hierzu VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.07.2012 - 2 S 1265/12 -, NVwZ-RR 2012, 778 und vom 02.04.2008 - 13 S 171/08 -, AuAS 2008, 150; OVG Nds., Beschluss vom 18.01.2001 - 4 L 2401/00 -, juris). Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Verwaltungsgericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Es ist bei der Würdigung aller erheblichen Tatsachen - nicht nur des Ergebnisses einer gegebenenfalls durchgeführten förmlichen Beweisaufnahme, sondern auch des Inhalts der Akten, des Vertrags der Beteiligten, eingeholter Auskünfte usw. frei, d. h. nur an die innere Überzeugungskraft der in Betracht kommenden Gesichtspunkte und Argumente, an die Denkgesetze, anerkannten Erfahrungssätze und Auslegungsgrundsätze gebunden (vgl. Kopp/Schenke, a. a. O., § 108 Rn. 4 m. w. N.). Ist das Gericht unter umfassender Würdigung des Aktenteninhalts und der Angaben der Beteiligten (sowie gegebenenfalls des Ergebnisses einer Beweisaufnahme) zu der Überzeugung gelangt, dass entscheidungserhebliche Tatsachen vorliegen oder nicht, können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Beweiswürdigung nicht schon durch die Darlegung von Tatsachen hervorgerufen werden, die lediglich belegen, dass auch eine inhaltlich andere Überzeugung möglich gewesen wäre oder dass das Berufungsgericht bei einer Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme nach Aktenlage zu einem anderen Ergebnis gelangen könnte; für die umfassende Würdigung des Ergebnisses der Beweisaufnahme durch das Verwaltungsgericht fehlt dem Berufungsgericht im Zulassungsverfahren ohnehin regelmäßig der im Einzelfall wesentliche persönliche Eindruck von den Beteiligten und Zeugen. Vielmehr bedarf es der Darlegung erheblicher Fehler bei der Tatsachen- oder Beweiswürdigung, die etwa dann vorliegen können, wenn das Gericht von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgegangen ist, gegen Denkgesetze verstoßen, gesetzliche Beweisregeln missachtet hat oder die entscheidungstragenden Erwägungen nicht nachvollzogen werden können (vgl. BVerwG, Urteil vom 05.07.1994 - 9 C 158.94 - InfAusIR 1994, 424; Beschluss vom 28.03.2012 - 8 B 76.11 - Juris m.w.N.; VGH Bad.-Württ., Beschlüsse vom 12.07.2012 - 2 S 1265/12 - NVwZ-RR 2012, 778, vom 27.03.2008 - 11 S 2194/07 -, vom 02.04.2008 - 13 S 171/08 - a.a.O. und vom 27.10.2016 - 4 S 1891/15 - juris Rn. 3 m. w. N.; Stuhlfauth, in: Bader u.a., VwGO, 7. Aufl, 2018, § 124 Rn. 18 und 20).
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Diese Voraussetzungen legt der Beklagte auch mit der Behauptung nicht dar, die Feststellung des Gerichts, dass die Technik nicht ordnungsgemäß funktioniert habe und sich ein etwaiges Versäumnis der Klägerin hier deshalb nicht auswirken könne, stehe im Widerspruch zu den übrigen Ausführungen des Gerichts, wonach er, der Beklagte, lediglich nicht nachweisen könne, dass ein geeigneter Prüfungsrahmen bestanden habe. Dieser Widerspruch besteht nicht; der Beklagte beachtet nicht hinreichend, dass das Verwaltungsgericht zwischen dem Funktionieren der Technik einerseits und der Ursache bzw. Verantwortlichkeit hierfür andererseits getrennt hat. Abgesehen davon ließe selbst ein erfolgreicher Test in den Tagen vor der Prüfung keine hinreichenden Rückschlüsse auf die Ursache eines Fehlers am Prüfungstag zu; das Verwaltungsgericht und der Beklagte weisen zutreffend auf die Unberechenbarkeit und Anfälligkeit informationstechnischer Systeme hin.
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Soweit der Beklagte sich gegen die Auffassung des Verwaltungsgerichts wendet, der USB-Stick sei von der Schule einzubehalten gewesen, führt auch dies nicht auf ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Eine entsprechende Verpflichtung folgt - unabhängig von der Frage der Reichweite des § 26 LVwVfG - schon aus der Protokollierungspflicht.
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Nach § 24 Abs. 8 Satz 1 NGVO ist über die mündliche Prüfung des einzelnen Schülers ein Protokoll zu fertigen, das die Zusammensetzung des Fachausschusses, die Prüfungsthemen und -aufgaben, die Dauer und den wesentlichen Verlauf der Prüfung sowie das Prüfungsergebnis festhält (vgl. auch § 26 Abs. 9 AGVO). Diese Angaben betreffen den äußeren Ablauf des Prüfungsgeschehens. Besondere Vorgänge in diesem Ablauf müssen protokollarisch festgehalten werden, wobei bei der Bestimmung des Umfangs der normierten Protokollierungspflicht auf Sinn und Zweck der Niederschrift abzustellen ist (vgl. Senatsurteil vom 27.03.1990 - 9 S 2059/89 -, NVwZ-RR 1990, 479).
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Das Protokoll ist eine öffentliche Urkunde im Sinne der § 415 Abs. 1, § 417 ZPO und dient (allein) dem Beweis, wenn auch nicht mit der gleichen Beweiskraft ausgestattet wie ein Gerichtsprotokoll. Es soll im Bedarfsfall - also etwa im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung - auf die im Protokoll enthaltenen Feststellungen zu Beweiszwecken darüber zurückgegriffen werden können, ob die rechtlichen Anforderungen an die Prüfung bzw. das Prüfungsverfahren eingehalten sind (Senatsurteil vom 27.03.1990, a. a. O.; Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 455 f.). Die nach § 24 Abs. 8 NGVO zu protokollierenden Tatbestände betreffen solche rechtlichen - und damit der gerichtlichen Kontrolle zugänglichen - Anforderungen an die Prüfung. Mit dem „wesentlichen Verlauf der Prüfung“ ist danach primär der äußere Ablauf der Prüfung angesprochen, bei der etwa Unterbrechungen oder Störungen durch äußere Einwirkungen auftreten können (Senatsurteil vom 27.03.1990, a. a. O.).
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Aus diesen Grundsätzen folgt zum einen, wie das Verwaltungsgericht zu Recht dargelegt hat, dass - neben den als Protokollanhang zu sichernden Materialien, dazu sogleich - sowohl das Auftreten technischer Schwierigkeiten als auch der Umstand, dass die Klägerin nicht ihre vorbereitete Präsentation, sondern eine auf Quellenmaterialien basierende Präsentation gehalten hat, zu protokollieren gewesen wären. Zum anderen ergibt sich daraus aber auch, dass auch der von der Klägerin mitgebrachte USB-Stick als Anlage zum Protokoll zu nehmen gewesen wäre. Dies sieht im Grundsatz, wenn auch nicht in letzter Konsequenz die Schule ebenfalls nicht anders, wie sich aus ihren Hinweisen an die Prüfer ergibt.
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In dem bereits erwähnten Schreiben vom 30.04.2018 an die Prüfer heißt es: „Zu Beginn der Präsentationsprüfung müssen die Prüflinge folgende Unterlagen abgeben:
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1. Schriftliche Gliederung der Präsentation
2. Quellenangaben
3. Versicherungserklärung über die eigenständige Anfertigung der Präsentation
4. Digitales Material für die Prüfung (Dies ist auf dem bereit liegenden Speicherstick abzuspeichern!) Diese Unterlagen werden als Anlage zum Prüfungsprotokoll benötigt!“ (Hervorhebung im Original)
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Weiter heißt es in einem - wohl an die Prüfer gerichteten - „Hinweis für Präsentationsprüfungen - Speicher-Stick“ (As. 16 der Verwaltungsakte): „Falls Abiturienten ihre digitalen Prüfungsmaterialien (insbesondere PowerPoint-Präsentationen) nicht selbst auf CD-ROM gespeichert (als Protokoll-Anhang) abgeben, so sind diese auf beiliegendem Speicherstick in einem separaten, mit dem Namen des Prüflings versehenen Ordner abzuspeichern. Dieser Speicherstick wird am Ende des Prüfungstages von Herrn B. gesammelt (und auf CD-ROM gebrannt).“ Diese Verpflichtung des Prüflings zur Abgabe der verwendeten digitalen Prüfungsmaterialien ergibt sich aus seiner Mitwirkungspflicht im Prüfungsverfahren. Zutreffend geht die Schule davon aus, dass (auch) die digitalen Materialien bzw. Medien als Protokoll-Anhang zu sichern sind. Dies gilt aber erst recht und gerade zu Beweiszwecken auch für den Fall, dass sie in der Prüfung wegen Problemen mit der Technik nicht verwendet werden konnten. Ob die Einbehaltung des USB-Sticks den Nachweis eines ordnungsgemäßen Prüfungsrahmens letztlich erbracht hätte, ist nicht entscheidend. Die Eignung dazu bestand in jedem Fall.
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Unabhängig davon und darüber hinaus hat der Beklagte auch die weitere, selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts nicht zu erschüttern vermocht. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, die Prüfungskommission habe sich auch nicht ausreichend darum bemüht, entsprechende Abhilfemaßnahmen zu treffen, um die verfahrensrechtliche Ungleichbehandlung auszugleichen und die verfahrensrechtlichen Anforderungen zu wahren. So wäre es ohne weiteres möglich gewesen, der Klägerin eine weitere Vorbereitungszeit einzuräumen, da ihr die Möglichkeit genommen worden sei, sich in der 30minütigen Vorbereitungszeit gedanklich zu sammeln und auf die bevorstehende Präsentation mit anschließender Erörterung einzulassen. Die von der Vorsitzenden der Prüfungskommission wohl gestellte Nachfrage, ob die Klägerin die Prüfung halten könne, welche diese in der für sie bestehenden Drucksituation bejaht habe, entbinde die Prüfungskommission nicht von der ihr von Amts wegen obliegenden Verpflichtung, entsprechende Abhilfemaßnahmen vorzunehmen. Vielmehr wäre zu erwarten gewesen, dass auf die eingetretene Störung des Prüfungsablaufs eingegangen und nach Ausgleichsmöglichkeiten gesucht werde, ohne den Druck auf die ohnehin schon angespannte Klägerin zu erhöhen. Andere Abhilfemaßnahmen, wie zum Beispiel das hier ohne weiteres mögliche Beiholen des eigenen Laptops der Klägerin, seien nicht in Erwägung gezogen worden. Eine Bevorzugung der Klägerin gegenüber den anderen Prüflingen hätte nicht vorgelegen, weil die Klägerin nachweislich die ihr zustehende Vorbereitungszeit aufgrund der technischen Störung nicht gehabt habe.
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Dem hält der Beklagte entgegen, er gehe davon aus, dass die Klägerin vom Fachlehrer entsprechend seiner Stellungnahme vom 22.01.2019 vor der Prüfung darauf hingewiesen worden sei, dass sie die Prüfung auch im Falle versagender Technik halten müsse, wobei bereits fraglich sei, ob ein solcher Hinweis überhaupt zwingend erfolgen müsse, weil eine entsprechende Hinweispflicht bei § 24 Abs. 5 NGVO im Gegensatz zu § 28 Abs. 6 NGVO, der die Hinweispflicht für prüfungsrechtliche Konsequenzen von Täuschungshandlungen und Ordnungsverstößen regele, fehle. Diesen Hinweis hätte die Klägerin zum Anlass nehmen müssen, die Vorbereitungszeit von 30 Minuten zur Vorbereitung auf die Präsentation zu nutzen. Die Klägerin habe in der mündlichen Verhandlung jedoch angegeben, die gesamten 30 Minuten damit verbracht zu haben, die Präsentation zum Laufen zu bringen. Es hätte der Klägerin freigestanden, sich in dieser Zeit ihren Laptop von zu Hause zu holen bzw. sich bringen zu lassen oder die verbleibende Zeit für die Vorbereitung der tatsächlich gehaltenen Präsentation zu nutzen. Entsprechende Anstrengungen habe die Klägerin jedoch nicht unternommen. Nachdem die aufgetretenen technischen Schwierigkeiten nach Prüfung durch die Schule ausschließlich auf den USB-Stick der Klägerin zurückzuführen gewesen seien, habe für die Prüfungskommission auch kein Anlass dazu bestanden, weitere Abhilfemaßnahmen zu treffen, zumal dies mit Blick auf die Mitprüflinge gegen den Chancengleichheitsgrundsatz verstoßen hätte. Mit diesem Vorbringen zeigt der Beklagte nicht ansatzweise auf, dass die Auffassung des Verwaltungsgerichts ernstlichen Richtigkeitszweifeln begegnete. Im Übrigen verlangt der Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG), dass für vergleichbare Prüflinge soweit wie möglich vergleichbare Prüfungsbedingungen gelten (BVerfG, Beschluss vom 17.04.1991 - 1 BvR 419/81 u. 213/83 -, BVerfGE 84, 34, 52; BVerwG, Urteil vom 24.02.1993 - 6 C 38.92 -, BVerwGE 91, 262). Ungewöhnliche äußere Einwirkungen, die geeignet sind, die Konzentration eines Prüflings nicht nur unerheblich zu erschweren und ihn dadurch abzuhalten, seine wahre Befähigung nachzuweisen, sind eine Verletzung der Chancengleichheit (BVerwG, Urteil vom 11.08.1993 - 6 C 2.93 -, BVerwGE 94, 64; Urteil vom 29.08.1990 - 7 C 9.90 -, BVerwGE 85, 323). So verhält es sich hier. Zu den äußeren Vorbedingungen für den Prüfungserfolg gehört auch, dass dem Prüfling eine angemessene Zeit für die Vorbereitung zur Prüfung zur Verfügung gestellt wird (vgl. Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O., Rn. 404). Dies war hier bei der Klägerin im Gegensatz zu ihren Mitprüflingen nicht der Fall.
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Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass hier eine Störung im Prüfungsablauf vorlag, die die Prüfungskommission zur Abhilfe verpflichtet hätte (vgl. dazu auch Niehues/Fischer/Jeremias, a. a. O., Rn. 474 ff.). Es ist unstreitig, dass der von der Klägerin mitgebrachte USB-Stick sich nicht in die von der Schule gestellte Hardware einbinden ließ. Ebenso unstreitig ist, dass die Klägerin während der gesamten Vorbereitungszeit versucht hat, ihre Präsentation „zum Laufen zu bringen“. Dies kann ihr unabhängig davon nicht zur Last gelegt werden, ob tatsächlich - was zwischen den Beteiligten im Streit steht - ein Hinweis erteilt worden ist, dass die Präsentation auch im Falle eines technischen Versagens zu halten sei. Denn unabhängig davon, dass Zweifel bestehen über die Reichweite eines solchen Hinweises (Wann liegt ein Technikversagen vor? Wer stellt ein Technikversagen fest?), hat die Klägerin sich in der Prüfungssituation, die naturgemäß mit besonderer Anspannung für sie verbunden ist, nachvollziehbar verhalten, indem sie versucht hat, die technischen Probleme zu überwinden, um ihre Präsentation wie vorgesehen halten zu können. Ein Zeitpunkt, zu dem sie diesen Versuch hätte beenden müssen, um sich auf eine Präsentation ohne die vorbereitete PowerPoint-Datei vorzubereiten, lässt sich weder feststellen noch festlegen. Ebenso wenig lässt sich feststellen, dass diese Störung ihre Ursache ausschließlich in der Sphäre der Klägerin hatte. Sie hat im Übrigen unwidersprochen vorgetragen, dass der USB-Stick mit ihrem Laptop funktioniert habe und funktioniere.
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Diese Störung der äußeren Prüfungsbedingungen hätte die Prüfungskommission, wie das Verwaltungsgericht zu Recht entschieden hat, zum Anlass nehmen müssen, Abhilfe zu schaffen. Es ist auch nicht erkennbar, dass dies nicht ohne weiteres noch am Prüfungstag hätte erfolgen können. Gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass dieser Fehler erheblich war, hat der Beklagte nichts erinnert.
22 
2. Die Annahme besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO setzt voraus, dass der Rechtssache nicht nur allgemeine oder durchschnittliche Schwierigkeiten zukommen. Ob eine Sache in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht schwierig ist, kann sich schon aus dem Begründungsaufwand des erstinstanzlichen Urteils ergeben. Der Antragsteller genügt seiner Darlegungslast dann regelmäßig mit erläuternden Hinweisen auf die einschlägigen Passagen des Urteils. Soweit er die Schwierigkeit des Falles darin erblickt, dass das Gericht auf bestimmte tatsächliche Aspekte nicht eingegangen ist oder notwendige Rechtsfragen nicht oder unzutreffend beantwortet hat, hat er diese Gesichtspunkte in nachvollziehbarer Weise darzustellen und ihren Schwierigkeitsgrad plausibel zu machen (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 23.06.2000 - 1 BvR 830/00 -, VBlBW 2000, 392 und vom 08.03.2001 - 1 BvR 1653/99 -, NVwZ 2001, 552). Da dieser Zulassungsgrund aber ebenso wie der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Richtigkeit der Entscheidung im Einzelfall gewährleisten soll (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 10.03.2004 - 7 AV 4.03 -, DVBl 2004, 838, vom 15.12.2003 - 7 AV 2.03 -, NVwZ 2004, 744, vom 12.11.2002 - 7 AV 4.02 -, juris, vom 11.11.2002 - 7 AV 3.02 -, DVBl 2003, 401 und vom 14.06.2002 - 7 AV 1.02 -, DVBl 2002, 1556), muss zugleich deutlich gemacht werden, dass wegen der in Anspruch genommenen besonderen Schwierigkeiten der Ausgang des Beru-fungsverfahrens jedenfalls offen ist (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 21.03.2013 - 4 S 170/13 -, IÖD 2013, 103; Bay. VGH, Beschluss vom 04.11.2003 - 12 ZB 03.2223 -, BayVBl 2004, 248). Diese Voraussetzungen sind, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, hier nicht gegeben.
23 
3. Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache zu, wenn es für ihre Entscheidung maßgebend auf eine konkrete, über den Einzelfall hinausgehende Rechts- oder Tatsachenfrage ankommt, deren Klärung im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 24.01.2007 - 1 BvR 382/05 -, juris Rn. 25). Die nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gebotene Darlegung dieser Voraussetzungen verlangt, dass unter Durchdringung des Streitstoffes eine klärungsbedürftige konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage aufgezeigt wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war und die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich sein wird, und dass ein Hinweis auf den Grund gegeben wird, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.11.2011 - 5 B 29.11 -, juris, zum Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen entspricht der Antrag nicht.
24 
Der Beklagte macht geltend, die Rechtssache sei von grundsätzlicher Bedeutung für die Durchführung von mündlichen Abiturprüfungen und sonstigen mündlichen Prüfungen (Präsentationsprüfungen) an den Schulen in Baden-Württemberg. Es sei im Rahmen der Abiturprüfungen üblich, dass die Schüler im Vorfeld der mündlichen Prüfung - in der Regel durch ein entsprechendes Formblatt - darauf hingewiesen würden, dass sie die Prüfung bzw. Präsentation auch im Falle eines technischen Versagens halten müssten. Dies gelte unabhängig davon, ob die Schule oder der Prüfling die entsprechenden technischen Geräte zur Verfügung stelle. Das Urteil des Verwaltungsgerichts stelle diese Prüfungspraxis in Frage, indem es für die Schulen eine Nachweispflicht für die Funktionsfähigkeit der zur Verfügung gestellten technischen Geräte normiere und gleichzeitig der Prüfung der Funktionsfähigkeit des Speichermediums im Vorfeld der Prüfung durch den Prüfling in diesem Fall kein Gewicht beimesse. Damit rüttele das Urteil an den Grundfesten mündlicher (Abitur-)prüfungen in Baden-Württemberg.
25 
Mit diesem Vorbringen wird jedoch schon eine grundsätzlich bedeutsame, von den Umständen des Einzelfalls losgelöster Klärung in einem Berufungsverfahren zugängliche Frage nicht bezeichnet. Abgesehen davon lässt der Beklagte jede Darlegung dazu vermissen, weshalb die von ihm angesprochenen Gesichtspunkte klärungsbedürftig sind, in welchem Umfang, aus welchen Gründen und von welcher Seite die Beantwortung also umstritten ist. Nichts anderes gilt für die Rahmen des Zulassungsgrundes der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten vom Beklagten angesprochenen Fragen.
26 
4. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl. § 124a Abs. 5 Satz 3 VwGO).
27 
5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Zulassungsverfahren beruht auf § 47 Abs. 3 in Verbindung mit § 47 Abs. 1 sowie § 52 Abs. 1 GKG (vgl. Nr. 38.6 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs 2013).
28 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

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