(1) Die Betreiber von Übertragungsnetzen halten Reserveleistung vor, um im Fall einer Gefährdung oder Störung der Sicherheit oder Zuverlässigkeit des Elektrizitätsversorgungssystems Leistungsbilanzdefizite infolge des nicht vollständigen Ausgleichs von Angebot und Nachfrage an den Strommärkten im deutschen Netzregelverbund auszugleichen (Kapazitätsreserve). Die Kapazitätsreserve wird schrittweise ab dem Winterhalbjahr 2018/2019 außerhalb der Strommärkte gebildet. Die Anlagen der Kapazitätsreserve speisen ausschließlich auf Anforderung der Betreiber von Übertragungsnetzen ein.
(2) Die Bildung der Kapazitätsreserve erfolgt im Rahmen eines wettbewerblichen Ausschreibungsverfahrens oder eines diesem hinsichtlich Transparenz und Nichtdiskriminierung gleichwertigen wettbewerblichen Verfahrens (Beschaffungsverfahren). Die Betreiber der Übertragungsnetze führen das Beschaffungsverfahren ab dem Jahr 2017 in regelmäßigen Abständen durch. In der Kapazitätsreserve werden Anlagen mit folgender Reserveleistung gebunden:
- 1.
-
für die Leistungserbringung ab dem Winterhalbjahr 2018/2019 eine Reserveleistung von 2 Gigawatt, - 2.
-
für die Leistungserbringung ab dem Winterhalbjahr 2020/2021 eine Reserveleistung in Höhe von 2 Gigawatt vorbehaltlich einer Anpassung nach Absatz 5.
(3) Die Betreiber der Anlagen der Kapazitätsreserve erhalten eine jährliche Vergütung, deren Höhe im Rahmen des Beschaffungsverfahrens nach Absatz 2 ermittelt wird. Die Vergütung umfasst alle Kosten, soweit sie nicht nach Satz 3 gesondert erstattet werden, einschließlich der Kosten für
- 1.
-
die Vorhaltung der Anlage, die auch die Kosten für den Stromverbrauch der Anlage selbst, für auf Grund anderer gesetzlicher Vorschriften notwendige Anfahrvorgänge sowie für die Instandhaltung der Anlage und Nachbesserungen umfassen, sowie - 2.
-
den Werteverbrauch durch den Einsatz der Anlage.
- 1.
-
die Kosten für die Einspeisungen von Wirkleistung oder Blindleistung der Anlage, wenn und soweit sie durch eine von den Betreibern von Übertragungsnetzen angeforderte Einspeisung von Wirkleistung oder Blindleistung im Rahmen der Kapazitätsreserve oder Netzreserve verursacht worden sind, - 2.
-
die variablen Instandhaltungskosten der Anlage, wenn und soweit sie durch eine von den Betreibern von Übertragungsnetzen angeforderte Einspeisung von Wirkleistung oder Blindleistung im Rahmen der Netzreserve verursacht worden sind, - 3.
-
die Kosten, die gegenüber einer im Strommarkt üblichen Brennstoffversorgung dafür entstehen, dass die Brennstoffversorgung der Anlage jederzeit entsprechend den Anforderungen der Betreiber von Übertragungsnetzen sichergestellt werden muss, und - 4.
-
die Kosten, die dafür entstehen, dass auf Anforderung der Betreiber von Übertragungsnetzen die Schwarzstartfähigkeit der Anlage oder die Fähigkeit zur Blindleistungseinspeisung ohne Wirkleistungseinspeisung hergestellt oder aufrechterhalten wird.
(4) Die Betreiber von Anlagen, die in der Kapazitätsreserve gebunden sind,
- 1.
-
dürfen die Leistung oder Arbeit dieser Anlagen weder ganz noch teilweise auf den Strommärkten veräußern (Vermarktungsverbot) und - 2.
-
müssen diese Anlagen endgültig stilllegen, sobald die Anlagen nicht mehr in der Kapazitätsreserve gebunden sind (Rückkehrverbot), wobei Absatz 2 Satz 4 sowie die Regelungen zur Stilllegung von Erzeugungsanlagen nach den §§ 13b und 13c sowie zur Netzreserve nach § 13d unberührt bleiben; Betreiber von Lasten müssen diese nicht endgültig stilllegen, dürfen aber mit den Lasten endgültig nicht mehr an den Ausschreibungen auf Grund einer Verordnung nach § 13i Absatz 1 und 2 teilnehmen.
(5) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie überprüft den Umfang der Kapazitätsreserve bis zum 31. Oktober 2018 und dann mindestens alle zwei Jahre auf Basis des Berichts zum Monitoring der Versorgungssicherheit nach § 63 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und entscheidet, ob eine Anpassung des Umfangs erforderlich ist. Die Entscheidung ist zu begründen und zu veröffentlichen. Eine eventuell erforderliche Anpassung des Umfangs der Kapazitätsreserve erfolgt durch oder auf Grund der Rechtsverordnung nach § 13h oder durch Festlegung der Bundesnetzagentur nach § 13j Absatz 4. Eine Entscheidung, durch die die gebundene Reserveleistung 5 Prozent der durchschnittlichen Jahreshöchstlast im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland übersteigen würde, darf nur durch Rechtsverordnung nach § 13h ergehen; diese Rechtsverordnung bedarf der Zustimmung des Bundestages. Der zugrunde zu legende Wert der durchschnittlichen Jahreshöchstlast errechnet sich als Durchschnittswert aus der für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr, in dem die Erhöhung erstmals stattfinden soll, sowie das Folgejahr prognostizierten Jahreshöchstlast. Die Prognosen sind aus dem jährlichen Bericht der Bundesnetzagentur nach § 3 Absatz 1 der Netzreserveverordnung zu entnehmen. Der Jahreshöchstlastwert umfasst auch Netzverluste.