List view for cases

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            "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<ul class=\"ol\"><li><p>I. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vollständige schriftliche Auskunft darüber zu erteilen, in welchem Umfang die Beklagte im geschäftlichen Verkehr in Deutschland Hosen wie nachfolgend eingeblendet</p>\n</li>\n</ul>\n<p>            (Es folgt eine Darstellung)</p>\n<p>angeboten und/oder beworben und/oder vertrieben hat und zwar insbesondere durch Vorlage eines Verzeichnisses, aus dem sich je Produktart ergibt:</p>\n<p>- Namen und Anschrift der gewerblichen Abnehmer der oben abgebildeten Hosen und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren bzw. an die sie geliefert worden sind; und</p>\n<p>- die Menge der ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten oben abgebildeten Hosen sowie die Preise, die für diese von ihren Abnehmern bezahlt wurden, sowie die entsprechenden Einstandspreise für die Produkte;</p>\n<p>- der Umfang der für die oben abgebildeten Hosen betriebenen Werbung, unter Mitteilung der Werbemedien und ihrer Erscheinungsdaten und Auflagenzahlen, Sendedaten und -reichweiten, Veröffentlichungen im Internet und Zugriffszahlen auf diese Inhalte, sowie vergleichbare Angaben für andere Medien.</p>\n<p>II. Die Beklagte wird verurteilt, die zu erteilenden Auskünfte nach Ziffer I. im Wege der Vorlage sämtlicher Lieferverträge, Auftragsbestätigungen, Rechnungen, Lieferbescheinigungen, Quittungen, jeweils sowohl für den Einkauf als auch für den Verkauf der Ware zu belegen und daraus nach Art einer geordneten Rechnungsaufstellung die in Ziffer I. genannten Auskünfte schlüssig und nachvollziehbar darzulegen.</p>\n<p>III. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche durch die Verletzungshandlung gemäß Ziffer I. entstandenen oder zukünftig entstehenden Schäden zu ersetzen.</p>\n<p>IV. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>\n<p>V. Das Urteil ist hinsichtlich II. und III. gegen Sicherheitsleitung in Höhe von 15.000,00 € und hinsichtlich der Kosten in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">T a t b e s t a n d :</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin behauptet, sie sei Alleinimporteurin und ausschließlich Vertriebsberechtigte in Deutschland der Produkte der Marke „Y“ der aus Z. Die X ist ein Modeunternehmen. Die unter der Marke „Y“ angebotenen Damenbekleidungsartikel sollen insbesondere die Zielgruppe „Trendy“ der jungen, 14-29jährigen, modebewussten Damen ansprechen. Hierzu gehören auch Jeansmodelle.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin trägt hierzu vor: Die „Y“-Jeans würden von der X hergestellt und in Deutschland in den großen und bekannten Bekleidungsgeschäften angeboten (Breuninger, Konen, Ludwig Beck, Engelhorn, Daniels oder Leo’s). Hauptwettbewerber in diesem Bereich seien Hersteller wie G-Star, Diesel, Replay, Tommy Hilfiger, Closed, Cambio, Herrlicher, Pepe Jeans, Drykorn, Levi’s und Scotch & Soda. Das erfolgreichste Jeansmodell der Marke „Y“ sei das Modell „P78A“, dieses werde seit Frühjahr 2010 auch auf dem deutschen Markt angeboten. Weiter würden noch zwei weitere Modelle „P68C“ und „P82D“, die charakteristische Merkmale der „P78A“ aufwiesen, vertrieben; diese seien allerdings jeweils leicht anders geschnitten. „P68C“ sei als SLIM-Modell ausgestaltet (insbesondere für jüngere Käuferinnen), „P82D“ sei ein „MINI BAGGY“-Modell, dessen Beine eine leichte O-Form aufwiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der Gestaltung der Jeansmodelle verweist die Kammer auf die vorgelegten Abbildungen sowie die zur Akte gereichten Originalprodukte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Die besondere Gestaltung ihrer Jeans beschreibt die Klägerin wie folgt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">- V-förmige Nähte auf der Vorderseite der Hosenbeine,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">- nicht verdeckte Knopfleiste am Hosenschlitz,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">- zwei fast parallel geschwungene Nähte an den Vordertaschen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">- Gesäßtaschen aus drei sich überlappenden Teilen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">- zwei Reihen Doppelnähte auf der Hosenrückseite.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Sie, die Klägerin, habe in Deutschland das Modell „P78A“ wie folgt abgesetzt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">2010:       ca. 2.000 Stück (geschätzt)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">2011:       ca. 4.000 Stück (geschätzt)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">2012: über   26.000 Stück, Umsatz über 1 Mio. EUR</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">2013: über 195.000 Stück, Umsatz über 8 Mio. EUR</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">2014: über 407.000 Stück, Umsatz über 16 Mio. EUR</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">2015: über 308.000 Stück, Umsatz über 12 Mio. EUR</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">2016: über 215.000 Stück, Umsatz über   8 Mio. EUR</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">2017: über 200.000 Stück, Umsatz über 7,7 Mio. EUR</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Die „Y“-Jeans hätten in Deutschland eine große Aufmerksamkeit erregt. Zahlreiche Modemagazine hätten hierüber berichtet. Die „Y“-Jeans würden umfangreich beworben. Hierzu trägt die Klägerin im Einzelnen vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte ist Teil des dänischen Unternehmens Bestseller, welches eines der größten europäischen Bekleidungsunternehmen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Die streitgegenständlichen und im Tenor zu I. abgebildeten Hosen sind im Dezember 2017 von der Amazon EU S.à.r.l. auf deren Internetseite angeboten worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der Gestaltung der hier in Rede stehenden Jeans verweist die Kammer auf die zur Akte gereichten Abbildungen sowie auf das vorgelegte Originalprodukt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Nach einer Abmahnung der Klägerin vom 20.12.2017 erteilte die Amazon EU S.à.r.l. die Auskunft, dass die streitgegenständlichen Hosen von der Beklagten geliefert worden seien. Daraufhin mahnte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 18.01.2018 ab (Anlage K 16). Am 07.02.2018 gab die Beklagte eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab (Anlage K 16). In der Folgezeit entwickelte sich hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz ein Schriftwechsel zwischen den Parteien. Wegen der Einzelheiten verweist die Kammer auf den als Anlagenkonvolut K 17 vorgelegten Schriftwechsel. Eine gütliche Einigung konnte nicht gefunden werden. Die Verhandlungen endeten am 06.09.2018. Am 24.10.2018 hat die Klägerin die vorliegende Klage eingereicht, mit der sie Auskunft und Feststellung der Schadensersatzverpflichtung begehrt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin sieht in dem Vertrieb des Jeansmodells der Beklagten eine unlautere Nachahmung der „Y“-Jeansmodelle „P78A“, „P68C“ und „P82D“.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">wie erkannt;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">hilfsweise: festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin das durch die Verletzungshandlungen gemäß Ziffer I. Erlangte herauszugeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Sie bestreitet, dass die Klägerin Alleinimporteurin und ausschließlich Vertriebsberechtigte in Deutschland der Produkte der Marke „Y“ der X aus Z sei. Es sei auch nicht dargelegt, dass die X-Herstellerin der Jeans sei. Es fehle an der wettbewerblichen Eigenart der Jeans der Klägerin sowie an einer Verletzungshandlung. Es gebe eine Vielzahl von Jeanshosen unterschiedlicher Hersteller, die dieselben Gestaltungsmerkmale aufwiesen wie die Produkte der Klägerin. Hierzu führt die Beklagte im Einzelnen unter Bezugnahme auf das Anlagenkonvolut B 3 aus. Die angegriffene Hose weiche zudem in wesentlichen Gestaltungsmerkmalen deutlich von den Modellen der Klägerin ab, so dass ein abweichender Gesamteindruck entstehe. Der Auskunftsanspruch sei erfüllt. Schließlich erhebt die Beklagte die Einrede der Verjährung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den sonstigen Akteninhalt Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kammer hat die zur Akte gereichten Hosen im Termin zur mündlichen Verhandlung in Augenschein genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\"><strong><span style=\"text-decoration:underline\">E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :</span></strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage hat Erfolg.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Auskunftsanspruch sowie dem Grunde nach ein Schadensersatzanspruch aus § 9 S. 1 UWG i.V.m. §§ 3, 4 Nr. 3 a) UWG, § 242 BGB zu.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">Im Einzelnen:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">I. Die X ist Herstellerin der „Y“ Jeans.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">Dies hat die Klägerin durch Vorlage von Auszügen aus der Webseite der X(Anlagenkonvolut K 28), von Markenunterlagen (Anlagenkonvolut K 29), nach denen die X Inhaberin der „Y“ Marken ist, sowie durch Vorlage der Originalprodukte mit den entsprechenden eingenähten Etiketten zur Überzeugung der Kammer ausreichend belegt, zumal die Beklagte die Herstellereigenschaft der X in der Klageerwiderung zunächst nicht in Abrede gestellt hatte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">II. Die Klägerin ist als Alleinvertriebsberechtigte aktivlegitimiert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin hat auf Hinweis der Kammer die Vertriebsverträge zwischen der Klägerin und der X für die Jahre 2012 – 2014, 2014 – 2018 und 2019 – 2024 (Anlagen K 25 – K 27) in Auszügen zu den Akten gereicht, aus denen sich ergibt, dass die Klägerin die alleinige und exklusive Vertriebspartnerin für Artikel der Marke „Y“ der X im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ist. Zwar hat sich die X in den Verträgen vorbehalten, ihre bisherigen Direktkunden weiterhin zu beliefern. Bei diesen handelt es sich jedoch um wenige Einzelhändler (zunächst 14, aktuell nur noch 6), die lediglich an Endkunden und nicht an gewerbliche Wiederverkäufer verkaufen (dürfen). Darüber hinaus hat die Klägerin dargelegt, dass diese Direktkunden lediglich das Privileg haben, sich die Ware direkt in Italien bei der X aussuchen zu dürfen. Die Bestellungen werden dann über die Klägerin abgewickelt und auch von ihr an die Direktkunden fakturiert. Die X liefert die Ware zwar direkt an die Direktkunden, stellt diese aber wie jede andere Lieferung der Klägerin in Rechnung. Das Privileg der Direktkunden erklärt sich daher allein aus der vor Abschluss des ersten Vertriebsvertrages zwischen der Klägerin und der X im Jahre 2012 bestehenden Kundenbeziehung der Direktkunden zu der X S.p.A.. Diese Art der Kundenbeziehung von jetzt nur noch 6 Einzelhändlern – die Klägerin beliefert in Deutschland rund 2200 Abnehmer – zu der X S.p.A., die letztendlich über die Klägerin abgewickelt wird, vermag das Alleinvertriebsrecht der Klägerin damit - nicht zuletzt auch aufgrund der nahezu wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit - nicht in Frage zu stellen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">III. Die Beklagte hat durch Angebot und Vertrieb der angegriffenen Jeanshose § 3 Abs. 1 UWG zuwidergehandelt. Danach sind unlautere geschäftliche Handlungen unzulässig, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen. Unlauter im Sinne von § 3 Abs. 1 UWG handelt gemäß § 4 Nr. 3 a) UWG insbesondere, wer Waren oder Dienstleistungen anbietet, die eine Nachahmung der Waren oder Dienstleistungen eines Mitbewerbers sind, wenn er eine vermeidbare Täuschung der Abnehmer über die betriebliche Herkunft herbeiführt. Gemäß § 4 Nr. 3 UWG kann der Vertrieb eines nachahmenden Erzeugnisses wettbewerbswidrig sein, wenn das nachgeahmte Produkt über wettbewerbliche Eigenart verfügt und besondere Umstände hinzutreten, die die Nachahmung unlauter erscheinen lassen. So verhält es sich, wenn die Nachahmung geeignet ist, eine Herkunftstäuschung hervorzurufen und der Nachahmer geeignete und zumutbare Maßnahmen zur Vermeidung der Herkunftstäuschung unterlässt. Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (BGH, WRP 2010, 94 = GRUR 2010, 80 Tz. 21 - LIKEaBIKE; WRP 2012, 1379 = GRUR 2012, 1155 Tz. 16 - Sandmalkasten; WRP 2013, 1188 = GRUR 2013, 951 Tz. 14 - Regalsystem; WRP 2013, 1339 = GRUR 2013, 1052 Tz. 15 - Einkaufswagen III; OLG Köln, GRUR-RR 2014, 25, 26 f. - Kinderhochstuhl \"Sit up\", jeweils mwN).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">Bei Anwendung dieser Grundsätze erweist sich das Angebot und der Vertrieb der angegriffenen Jeans der Beklagten als wettbewerbswidrig:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">44</span><p class=\"absatzLinks\">1) Die von der Klägerin unter der Bezeichnung „P78A“, „P68C“ und „P82D“ unter der Marke „Y“ vertriebenen Jeans-Modelle haben wettbewerbliche Eigenart.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">45</span><p class=\"absatzLinks\">Eine wettbewerbliche Eigenart liegt vor, wenn die konkrete Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale des Erzeugnisses geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten des Erzeugnisses hinzuweisen (ständige Rechtsprechung, vgl. BGH Urteil vom 28.05.2009, LIKEaBIKE, I ZR 124/06, Rdnr. 21, juris). Dabei können einzelne Gestaltungsmerkmale in ihrem Zusammenwirken eine wettbewerbliche Eigenart verstärken oder begründen, wenn sie den Gesamteindruck des Erzeugnisses bestimmen (BGH, Urteil vom 28.05.2009, LIKEaBIKE, I ZR 124/06, Rdnr. 34, juris). In der Rechtsprechung ist weiter anerkannt, dass auch bei Modeerzeugnissen in Ausnahmefällen deren besonders originelle Gestaltung als Hinweis auf die betriebliche Herkunft angesehen werden und eine wettbewerbliche Eigenart unter diesem Gesichtspunkt vorliegen kann. Im Bereich der Mode begründet sich die wettbewerbliche Eigenart in der Regel aufgrund ästhetischer Merkmale. Das ist zum einen der Fall, wenn die – nicht technischen, sondern ästhetischen – Merkmale einer Ware, insbesondere die Gestaltung ihrer äußeren Form sowie das sonstige Design, die Ware so individualisieren, dass der Verbraucher annimmt, so gestaltete Produkte müssten aus derselben betrieblichen Herkunftsstätte stammen. Es genügt zum anderen aber auch, dass das Produkt für ihn spezielle Besonderheiten aufweist, die es von allen anderen unterscheidet. Diese können insbesondere im ästhetischen Bereich in einer überdurchschnittlichen individuellen schöpferischen Gestaltung liegen. In der Regel ist es aber auch gerade hier die Kombination bestimmter einzelner Merkmale, die der Verkehr als Hinweis auf die Herkunft oder auf modische Besonderheiten ansieht (vgl. von Hellfeld in Kirchner/Kirchner-Freis, Handbuch Moderecht, Seite 167 f.; OLG Köln, Urteil vom 14.07.2017 – 6 U 197/16 – S. 16). Anders als bei kurzlebigen Modeneuheiten besteht in einem solchen Fall ein einer zeitlichen Beschränkung nicht von vornherein unterworfener Nachahmungsschutz (vgl. z.B. BGH, Urteil vom 15.09.2005, Jeans, I ZR 151/02, Rdnr. 24, juris).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">46</span><p class=\"absatzLinks\">Wenn und soweit der Entscheidung des Oberlandesgerichtes München vom 04.07.2019 – 29 U 3490/17 – (wohl nicht rechtskräftig) eine abweichende Sicht der Dinge zu entnehmen sein sollte, teilt die Kammer diese nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">47</span><p class=\"absatzLinks\">Obgleich im Produktbereich der Jeanshosen eine sehr große Vielfalt von verschiedenen Gestaltungen bzw. Designs auf dem Markt existiert, verfügen die in Rede stehenden Jeansmodelle der Klägerin über eine besondere Kombination charakteristischer Merkmale, die sie von einer klassischen Jeansform deutlich abheben und die ihre wettbewerbliche Eigenart begründen. Für das Design der Jeansmodelle der Klägerin sind – wie diese zutreffend dargelegt hat – zahlreiche Gestaltungselemente prägend. So zeichnet sich die Jeanshose durch die V-förmigen Nähte auf der Vorderseite der Hosenbeine, die nicht verdeckte Knopfleiste am Hosenschlitz, zwei fast parallel geschwungene Nähte an den Vordertaschen, Gesäßtaschen aus drei sich überlappenden Teilen und durch zwei Reihen Doppelnähte auf der Hosenrückseite aus. Wenngleich verschiedene der Einzelelemente bei einer Vielzahl von Jeans und auch von anderen Herstellern verwendet werden mögen und bei Jeans gerichtsbekannt eine hohe Musterdichte herrscht, führt diese von der Klägerin gewählte konkrete Kombination der Gestaltungselemente in Zusammenschau mit der – unabhängig von der Richtigkeit der von der Klägerin genannten konkreten Verkaufs- und Umsatzzahlen – jedenfalls weiten Verbreitung der Jeans-Modelle zu einer wettbewerblichen Eigenart.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">48</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Schwächung oder gar ein Verlust dieser wettbewerblichen Eigenart durch die im Produktumfeld vertriebenen Jeansmodelle ist nicht festzustellen. Die von der Beklagten aufgezeigten Jeans des wettbewerblichen Umfeldes mögen zwar teilweise einzelne der charakteristischen Merkmale der von der Klägerin angeführten Jeansmodelle aufweisen, bei diesen sind aber nicht mehrere oder gar alle charakteristischen Gestaltungsmerkmale in der die wettbewerbliche Eigenart der Modelle der Klägerin begründenden Weise miteinander kombiniert. Insoweit kann die Kammer auf die zutreffenden Ausführungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 29.01.2019, dort Seiten 6-14, verweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">49</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit die Beklagte – wie auch im Termin zur mündlichen Verhandlung - Jeansmodelle angeführt und präsentiert hat, die u.U. tatsächlich als Nachahmungen der Hosen der Klägerin angesehen werden könnten, sind diese nicht geeignet, die wettbewerbliche Eigenart zu schwächen oder insgesamt in Frage zu stellen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">50</span><p class=\"absatzLinks\">Die wettbewerbliche Eigenart eines Produkts kann verloren gehen, wenn seine konkrete Ausgestaltung oder seine Merkmale auf Grund der Entwicklung der Verhältnisse auf dem Markt, beispielsweise durch eine Vielzahl von Nachahmungen, nicht mehr geeignet sind, die angesprochenen Verkehrskreise auf seine betriebliche Herkunft oder seine Besonderheiten hinzuweisen (BGH, Urteil vom 24.05.2007 – I ZR 104/04, GRUR 2007, 984 – Gartenliege). Der Anspruch aus § 4 Nr. 3 UWG entfällt aber nicht bereits dadurch, dass andere Nachahmer mehr oder weniger gleichzeitig auf den Markt kommen. Andernfalls könnte sich jeder Nachahmer auf die allgemeine Verbreitung der Gestaltungsform durch die anderen Nachahmer berufen und dem betroffenen Hersteller des Originals würde die Möglichkeit der rechtlichen Gegenwehr genommen (BGH, Urteil vom 24.03.2005 – I ZR 131/02, GRUR 2005, 600 – Handtuchklemmen, m.w.N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">51</span><p class=\"absatzLinks\">Darüber hinaus kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf den Vertrieb anderer Nachahmungsprodukte berufen, solange Ansprüche wegen dieser Produkte nicht durch Verwirkung untergegangen sind (vgl. OLG Köln, Urteil vom 18.12.2015 – 6 U 44/15  – Crocs, juris).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">52</span><p class=\"absatzLinks\">Schließlich ist zu berücksichtigen, dass die Jeanshosen der Klägerin bereits seit langer Zeit auf dem Markt in einem hohen Maß präsent sind, so dass auch nur ein intensiver Vertrieb von ähnlichen Produkten die wettbewerbliche Eigenart schwächen würde (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 11.12.2014 – 15 U 94/14, MarkenR 2015, 102).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">53</span><p class=\"absatzLinks\">Die wettbewerbliche Eigenart wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Klägerin selbst zahlreiche Jeansmodelle anbietet, bei denen sie die von der Klägerin als charakteristisch bezeichneten Gestaltungsmerkmale, nämlich die V-förmigen Teilungsnähte auf den Oberschenkeln und die sichtbare Knopfleiste am Hosenschlitz, entweder überhaupt nicht oder aber in anderer Kombination verwendet. Insoweit führt dies nicht dazu, dass der Verkehr nicht mehr auf die Herkunft der Produkte schließen könne. Wenn dies der Fall wäre, könnte jeder Modehersteller stets nur ein Modell einer Warenkategorie anbieten, da ja anderenfalls beim Verkehr große Verwirrung und der Verlust der wettbewerblichen Eigenart eintreten würde. Vielmehr wissen die Verbraucher, dass (dieselben) Modehersteller auch völlig anders gestaltete und/oder leicht abgewandelte Modelle vertreiben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">54</span><p class=\"absatzLinks\">2) Die angegriffene Jeans-Hose der Beklagten stellt eine wettbewerbsrechtlich relevante Nachahmung der Y-Jeans-Modelle „P78A“, „P68C“ und „P82D“ der Klägerin dar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">55</span><p class=\"absatzLinks\">Eine nahezu identische Übernahme ist gegeben, wenn nach dem Gesamteindruck der sich gegenüberstehenden Erzeugnisse die Nachahmung nur geringfügige Abweichungen vom Original aufweist (BGH, GRUR 2000, 521, 524 – Modulgerüst I; BGH, GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Dabei kommt es darauf an, ob gerade die übernommenen Gestaltungsmittel die wettbewerbliche Eigenart des nachgeahmten Produkts begründen (BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 32 – Handtaschen<em>;</em> BGH, GRUR 2010, 1125 Tz. 25 – Femur-Teil). Eine nachschaffende Übernahme liegt dagegen bereits vor, wenn die Nachahmung wiedererkennbare wesentliche Elemente des Originals aufweist und sich nicht deutlich davon absetzt. Geringfügige Abweichungen vom Original sind unerheblich, solange das Original als Vorbild erkennbar bleibt (OLG Köln, Urteil vom 19.09.2014 – 6 U 7/14 – S. 10; OLG Hamburg, MarkenR 2011, 275, 280 = juris Tz. 55; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 37. Aufl. 2019, § 4 Rn. 3.37).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">56</span><p class=\"absatzLinks\">Bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten ist auf den Gesamteindruck abzustellen, den Original und Nachahmung bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH, GRUR 2005, 600, 602 – Handtuchklemmen; BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 32 – Handtaschen; BGH, GRUR 2009, 1069 Tz. 20 – Knoblauchwürste). Dabei ist der Erfahrungssatz zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung auf Grund eines Erinnerungseindrucks gewinnt. Dabei treten regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervor, so dass es mehr auf die Übereinstimmungen als die Unterschiede ankommt (BGH, GRUR 2007, 795 Tz. 34 – Handtaschen; BGH, GRUR 2010, 80 Tz. 41 – LIKEaBIKE; OLG Köln, Urteil vom 19.09.2014 – 6 U 7/14 – S. 10; Köhler, in: Köhler/Bornkamm, UWG, 37. Aufl. 2019, § 4 Rn. 3.43). Maßgebend für die Beurteilung von Übereinstimmungen ist der jeweilige Gesamteindruck, den die verschiedenen Erzeugnisse bei ihrer bestimmungsgemäßen Benutzung dem Betrachter vermitteln (BGH, GRUR 2002, 629, 632 – Blendsegel). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt (z.B. BGH, Urteil vom 28.05.2009, LIKEaBIKE, I ZR 124/06, Rdnr. 21, juris).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">57</span><p class=\"absatzLinks\">Bei der von der Beklagten vertriebenen Jeans wurden nahezu sämtliche charakteristischen gestalterischen Merkmale der Jeans der Klägerin übernommen, was zu einem nahezu identischen Gesamteindruck der angegriffenen Jeans führt. So finden sich auf der Vorderseite sowohl die V-förmigen Nähte als auch die unverdeckte Knopfleiste sowie die doppelte Nahtführung unterhalb der Taschen. Auf der Rückseite wurde die horizontal verlaufende zusätzliche Naht zwischen Gesäßtaschen und Bund übernommen. Soweit die Beklagte auf Unterschiede in der Gestaltung der sich gegenüberstehenden Jeans verweist fallen diese Abweichungen erst bei einem unmittelbaren Vergleich der Hosen auf und verändern den Gesamteindruck nicht. Ebenso führt die – allerdings - abweichende Gestaltung der Gesäßtaschen nicht zu einer anderen Gesamtwirkung. Wie ausgeführt, ist bei der Beurteilung der Übereinstimmung oder Ähnlichkeit von Produkten auf den Gesamteindruck abzustellen und zu berücksichtigen, dass der Verkehr die fraglichen Produkte regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und dabei regelmäßig die übereinstimmenden Merkmale mehr hervortreten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">58</span><p class=\"absatzLinks\">3) Es liegt auch eine vermeidbare Herkunftstäuschung vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">59</span><p class=\"absatzLinks\">Für die Gefahr einer Herkunftstäuschung reicht es aus, dass bei den angesprochenen Verkehrskreisen der Eindruck erweckt wird, es handele sich bei dem nachahmenden Produkt um eine neue Serie oder eine Zweitmarke des Herstellers des Originals oder es bestünden zumindest lizenz- oder gesellschaftsrechtliche Beziehungen zu ihm (BGH, NJW-RR 2001, 405, 407 – Messerkennzeichnung; BGH, GRUR 2009, 1073 Tz. 15 – Ausbeinmesser). Das Hervorrufen bloßer Assoziationen an das Originalprodukt reicht nicht aus. Maßgebend ist die Sichtweise des durchschnittlich informierten, situationsadäquat aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers (oder sonstigen Marktteilnehmers), der sich für das Produkt interessiert (BGH, GRUR 2010, 1125 = WRP 2010, 1465 Tz. 32 – Femur-Teil; OLG Köln, Urteil vom 07.03.2014 – 6 U 160/13).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">60</span><p class=\"absatzLinks\">Die Jeanshosen der Klägerin verfügen, wie dargelegt, zumindest über eine gewisse Bekanntheit. Der Käufer, der ein Angebot der Beklagten wahrnimmt, wird angesichts der Übereinstimmungen in den prägenden Merkmalen der Jeanshosen davon ausgehen, es handele sich um die ihm bekannte Jeanshose der Klägerin oder jedenfalls solche eines Herstellers, der mit der Klägerin organisatorisch oder geschäftlich verbunden ist. Durch die bestehenden Unterschiede wird die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht beseitigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">61</span><p class=\"absatzLinks\">Die Gefahr einer Herkunftstäuschung wird schließlich auch nicht dadurch vermieden, dass die angegriffenen Jeanshose die Bezeichnung „P“ trägt. Zwar kann die hinreichend sichtbare Anbringung einer Herstellerbezeichnung eine an sich bestehende Verwechslungsgefahr beseitigen (BGH, GRUR 2002, 820, 823 – Bremszangen). Bei „P“ handelt es sich jedoch aus Sicht des Verkehrs nicht eindeutig um eine Herstellerkennzeichnung. „P“ erscheint vielmehr eher als Handelsmarke, welche die Gefahr einer Herkunftstäuschung nicht auszuräumen vermag (vgl.: BGH, GRUR 2009, 1069 Tz. 16 ff. – Knoblauchwürste; BGH, GRUR 2001, 251, 254 - Messerkennzeichnung).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">62</span><p class=\"absatzLinks\">4)  Der Beklagten ist auch zuzumuten, durch Umgestaltung ihrer Jeanshose die Gefahr einer Herkunftstäuschung zu vermeiden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">63</span><p class=\"absatzLinks\">Es ist einem Unternehmer zwar nicht verwehrt, auf die Verkäuflichkeit seines Erzeugnisses zu achten und dementsprechend die Erwartungen der Abnehmer zu berücksichtigen. Die Angemessenheit ist aber zu verneinen, wenn dem Mitbewerber auch bei gleicher Prioritätensetzung ein hinreichender Spielraum für Abweichungen zur Verfügung steht. Das setzt eine Gesamtabwägung voraus. Ein Indiz dafür ist, wenn abweichende Konkurrenzprodukte mit einem „eigenen Gesicht“ auf dem Markt sind (BGH, GRUR 2002, 86, 90 – Laubhefter; BGH, GRUR 2009, 1073 Tz. 15 – Ausbeinmesser; OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 – 6 U 11/13 – S. 32 f.; Köhler/Bornkamm, UWG 37. Aufl. 2019, § 4 Rn. 3.49). Diese Voraussetzungen sind hier angesichts der in diesem Verfahren vorgetragenen zahlreichen Produkte des wettbewerblichen Umfelds erfüllt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">64</span><p class=\"absatzLinks\">5) Im Rahmen der bei der Anwendung des § 4 Nr. 3 a) UWG gebotenen Gesamtabwägung ist zu berücksichtigen, dass eine Wechselwirkung zwischen dem Grad der wettbewerblichen Eigenart, der Art und Weise und der Intensität der Übernahme sowie den besonderen wettbewerblichen Umständen besteht, so dass bei einer größeren wettbewerblichen Eigenart und einem höheren Grad der Übernahme geringere Anforderungen an die besonderen Umstände zu stellen sind, die die Wettbewerbswidrigkeit der Nachahmung begründen und umgekehrt. Bei einer nahezu identischen Übernahme sind die Anforderungen an die wettbewerbliche Eigenart und an die besonderen wettbewerblichen Umstände geringer als einer nur nachschaffenden Übernahme (BGH, GRUR 2012, 1155 Tz. 16 – Sandmalkasten; OLG Köln, Urteil vom 18.10.2013 - 6 U 11/13 – S. 33). Im vorliegenden Fall trifft eine fast identische Übernahme mit einer durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart zusammen. Die Anforderungen an die besonderen wettbewerblichen Umstände sind daher niedriger anzusetzen, so dass im Gesamtergebnis von einer unlauteren Nachahmung im Sinne des § 4 N. 3 a) UWG auszugehen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">65</span><p class=\"absatzLinks\">6) Die Beklagte hat auch zumindest fahrlässig und damit schuldhaft gehandelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">66</span><p class=\"absatzLinks\">Bei sorgfältiger Prüfung hätten sie erkennen können und müssen, dass die Klägerin mit nahezu identischen Jeansmodellen seit langem im Markt präsent ist. Sie hätte vor dem Marktzutritt prüfen müssen, ob der Vertrieb der streitgegenständlichen Jeanshose Rechte Dritter verletzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">67</span><p class=\"absatzLinks\">Dass der Klägerin durch die Wettbewerbsverletzung seitens der Beklagten ein Schaden entstanden ist, erscheint nicht ausgeschlossen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">68</span><p class=\"absatzLinks\">IV. Die Beklagte hat den geltend gemachten Auskunftsanspruch nicht erfüllt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">69</span><p class=\"absatzLinks\">Zwar hat die Beklagte vorprozessual Vertriebs- und Umsatzzahlen genannt. Der Auskunftsanspruch geht jedoch weiter. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Erteilung sämtlicher Auskünfte, welche im Tenor zu II. und im Tenor zu III. tituliert sind. Nur so wird die Klägerin in die Lage versetzt, ihren Schadensersatzanspruch nach einer der drei ihr zur Verfügung stehenden Berechnungsmethoden zu beziffern.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">70</span><p class=\"absatzLinks\">V. Die Ansprüche der Klägerin sind nicht verjährt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">71</span><p class=\"absatzLinks\">Der Lauf der Verjährung war jedenfalls so lange durch Verhandlungen der Parteien im Sinne des § 203 BGB gehemmt, dass die Klage noch innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist eingereicht worden ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">72</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kammer verweist auf den von der Beklagten als Anlage B 5 vorgelegten „Zeitstrahl“.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">73</span><p class=\"absatzLinks\">Unstreitig hat die Klägerin am 10.01.2018 Kenntnis von der Verletzungshandlung erlangt. Die Verhandlungen der Parteien begannen unstreitig am 31.01.2018 und währten zunächst jedenfalls bis zum 20.04.2018, was – so auch die Beklagte – zu einer Hemmung von 80 Tagen führt. Ob nach dem 20.04.2018 für einen gewissen weiteren Zeitraum, in dem die Klägerin trotz Fristablauf nach Treu und Glauben noch eine Rückmeldung der Beklagten erwarten konnte (BGH NJW 1986, 1337; BGH NJW 2009, 1806), eine Hemmung anzunehmen ist, kann dahinstehen. Jedenfalls ist der Lauf der Verjährung ab dem 02.08.2018 (und nicht erst – wie die Beklagte meint – am 23.08.2018) mit der erneuten Kontaktaufnahme der Klägerin (Möglichkeit der außergerichtlichen Einigung), die zu den E-Mails der Beklagten vom 09.08.2018 (Erklärung der Bereitschaft zu Auskunftserteilung), 14.08.2018 (Bitte um Fristverlängerung) und 23.08.2018 (Vergleichsangebot der Beklagten)  erneut gehemmt worden, da die Parteien die Vergleichsverhandlungen wieder aufgenommen haben. Diese sind am 06.09.2018 gescheitert. Die Hemmung vom 02.08.2018 bis 06.09.2018 währte 36 Tage, so dass von einer Hemmung von insgesamt 116 Tagen auszugehen ist. Unter Berücksichtigung einer Hemmung von 116 Tagen ist die Klage am 24.10.2018 noch innerhalb der Verjährungsfrist eingereicht worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">74</span><p class=\"absatzLinks\">Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">75</span><p class=\"absatzLinks\">Streitwert: 35.000,00 €</p>\n      "
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            "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\">Tatbestand:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Streitig zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Kläger zu gewährenden Grundsi-cherungsleistungen, hier insbesondere ein höherer Bedarf auf Grund alters- und ge-schlechtsspezifischer Diskriminierung, Rechtsmittelkosten, sowie die Übernahme der Kosten für einen Elektroradiator zum zusätzlichen Beheizen der Wohnung im zweiten Kalenderhalbjahr 2014.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger bezieht seit dem 01.01.2005 laufend Grundsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von dem Beklagten. Er bewohnt eine 48 qm große Erdgeschosswohnung, bestehend aus einem Kinderzimmer, einem Bad, einer Küche welche ohne Tür mit dem Flur verbunden ist, ei-nem Wohnzimmer und einem Schlafzimmer. Die Wohnung wird mit einer Gasetagenhei-zung beheizt. Die Warmwasserbereitung erfolgt nach Angaben des Klägers jedoch über Strom. Die Gasetagenheizung hat nach den Herstellerangaben eine kleinste Wärmebe-lastung von 8,4 Kilowatt (kW), die elektrische Leistungsaufnahme beträgt 120 Watt (W).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Bereits bei seiner ersten Antragstellung gab der Kläger an, dass er auf Grund seiner per-sönlichen Lebensführung, seiner Anschauungen, sowie seiner genetischen Anlagen einen erhöhten monatlichen Mehraufwand habe. Er berief sich dabei unter anderem auf die UN-Menschenrechte. Hinsichtlich sowohl der höheren Bedarfe, als auch der Heizkosten wurde in der Vergan-genheit bereits eine Vielzahl von Verfahren vor dem hiesigen Sozialgericht und dem Landessozialgericht geführt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Bescheid vom 23.05.2014 bewilligte der Beklagte dem Kläger Grundsicherungsleis-tungen für den Zeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2014 in Höhe von 391,00 Euro Regelleis-tung und 279,04 Euro für die Kosten der Unterkunft und Heizung (insgesamt: 670,04 Eu-ro). Gegen den Bescheid erhob der Kläger Widerspruch. Mit Änderungsbescheid vom 04.08.2014 rechnete der Beklagte ein Guthaben aus einer Nebenkostenabrechnung an. Mit weiterem Änderungsbescheid vom 17.06.2015 hob der Beklagte den Änderungsbescheid vom 04.08.2014 wieder auf und bewilligte die Leistun-gen in ursprünglicher Höhe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Widerspruchsbescheid vom 21.05.2015 setzte der Beklagte die Leistungen ausdrück-lich wieder in ursprünglicher Höhe von insgesamt 670,04 Euro fest und wies den Wider-spruch des Klägers im Übrigen zurück. Hinsichtlich der Höhe der Heizkosten und der Verfassungsmäßigkeit der Bedarfe verwies der Beklagte insoweit auf die abgeschlossenen Gerichtsverfahren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Mit der dagegen am 19.06.2015 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren wei-ter. Er trägt vor, dass junge Menschen einen höheren Ernährungsbedarf haben als ältere, sowie Männer einen höheren Bedarf als Frauen. Dies sei wissenschaftlich erwiesen. Auch sei die Unterscheidung zwischen Arbeitslosengeld und der bis 2004 bestehenden Arbeitslosenhilfe unzulässig. Ebenso unzulässig sei die Unterscheidung zwischen Ar-beitslosengeld und Arbeitslosengeld II. Das Handeln des Beklagten verstoße gegen hö-herrangiges Recht, insbesondere gegen die UN-Menschenrechte. Seine Heizkosten inklusive des Betriebes des Elektroradiators seien angemessen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">den Bescheid vom 23.05.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.08.2014 und 17.06.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 abzuändern und den Beklagten zur Gewährung weiterer Leistungen zu verurtei-len.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger beantragt dabei insbesondere:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">1. Ich beantrage, meine dokumentierte Inbetriebnahme meines Elektroradiators \"Baufa 1500 Watt Type ERST 15, Nr. 316088\" meine tatsächlichen Heizkosten vollumfänglich zu erstatten. Dies ist ein Volumen von 270 kw/h</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">2. Ich beantrage, die Entscheidungen des LSG NRW als Beweis hinzuzuziehen u.a. Urteil L 2 AS 273/14, L 2 AS 564/14, L 2 AS 798/14 und L 2 AS 800/14.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">3. Ich beantrage, das Sitzungsprotokoll vom 23.09.2014 und die entsprechen-den späteren anderslautenden Entscheidungen des LSG NRW als Beweis hinzuzuziehen u.a. die Sitzungsprotokolle zu denselben Aktenzeichen, wie zu den Urteilen unter 2. genannt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">4. Beantrage ich einen Schadensersatz gem. § 823 BGB und 839 BGB sowie auch einen immateriellen Schaden nach § 253 BGB. Außerdem fordere ich Schmerzensgeld (§ 847 BGB).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">5. Ich beantrage, die verfassungswidrigen Diskriminierungen bei der Ernährung bzw. Diskriminierung von Männern/jungen Menschen gegenüber Frau-en/älteren Menschen bei der Ernährung durch die nichtbedarfsgerechte/nicht transparente Grundsicherung SGB II Regelleistung zu unterlassen. Ich ma-che begründet höhere Leistungen geltend.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">6. Ich beantrage, die fehlende Transparenz insbesondere der Referenzgruppe der Einkommens- und Verbraucherstichprobe und die Streichungen von Ta-bak und Alkohol zu unterlassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">7. Ich beantrage es zu unterlassen, an dem verfassungswidrigen Handeln, ver-fassungswidrigen Diskriminierungen festzuhalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">8a. Ich beantrage, dass das Handeln (die Bescheidungen) der Beklagten und das Handeln Deutschlands in Übereinstimmung mit den Zielen und Grunds-ätzen der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte stehen, weil Deutsch-land sich in der Schlussakte der KSZE unter VII dazu verpflichtet hat, dass sein Handeln in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der all-gemeinen Erklärung der Menschenrechte steht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">8b. Ich beantrage es zu unterlassen, dass das Handeln Deutschlands nicht in Übereinstimmung mit den Zielen und Grundsätzen der allgemeinen Erklä-rung der Menschenrechte steht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">9. Ich beantrage, die Unterscheidung ALG und ALG II bzw. die Diskriminierung der sogenannten Langzeitarbeitslosen zu unterlassen. Ich beantrage, alle Ar-beitslosen gleich zu behandeln, abzusichern und die widerrechtlichen Sank-tionsandrohungen und Sanktionen zu unterlassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">9a. Ich beantrage eine Erstattung meiner Rechtsmittelkosten. Ich beantrage Kos-tenfestsetzung und mache Schadensersatzansprüche geltend.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">10. Ich beantrage die Verfahren gem. § 100 Abs. 2 Grundgesetz auszusetzen und an das zuständige Bundesverfassungsgericht zu verweisen, weil es um Völkerrecht/Schlussakte der KSZE geht, weil sich Deutschland in der Schlussakte der KSZE unter VII dazu verpflichtet hat, dass sein Handeln mit den Zielen und Grundsätzen der allgemeinen Erklärung der Menschen-rechte im Einklang steht und Deutschland/Jobcenter dieser Verpflichtung aus der Schlussakte der KSZE unter VII zuwider handelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">11. Ich beantrage, meine gesamten schriftlichen Einreichungen/Anträge zu be-rücksichtigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Der Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Er ist bei seiner im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vertretenen Auffassung verblieben und verweist auf die Ausführungen in den vorangegangenen Verfahren so-wie im angefochtenen Widerspruchsbescheid.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat eine Übersicht über die Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr einge-reicht. Hinsichtlich des Betriebes des Elektroradiators zum Beheizen der Wohnung hat der Kläger eine Aufstellung zu den Akten gereicht, wann und wie lange er im Zeitraum ab Januar 2015 den Radiator benutzt hat. Zudem hat er Erklärungen seiner Mutter und seiner Brü¬der eingereicht, ausweislich derer der Kläger auch mit dem Elektroradiator ge-heizt habe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, sowie des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten Be-zug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Entscheidungsgründe:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Die form- und fristgerecht erhobene, insgesamt zulässige Klage ist nicht begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Der Bescheid vom 23.05.2014 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 04.08.2014 und 17.06.2015 und des Widerspruchsbescheides vom 21.05.2015 ist rechtmäßig. Der Kläger wird durch diesen Bescheid nicht in seinen Rechten verletzt, § 54 Abs. 2 Sozial-gerichtsgesetz (SGG).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Die Höhe der von dem Beklagten übernommenen Kosten für die Unterkunft und Hei-zung im hier streitgegenständlichen Zeitraum 01.07.2014 bis 31.12.2014 sind nicht zu beanstanden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Die Wohnung des Klägers ist mit einer Gasetagenheizung ausgestattet. Die Abschläge für die Gasversorgung werden in voller Höhe übernommen. Für den Betriebsstrom der Gasheizung wird zusätzlich ein Anteil von 5% der Heizkosten übernommen. Dies entspricht der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.09.2016, Az.: L 31 AS 300/15; LSG Nordrhein-Westfalen, Ur-teil vom 19.02.2013, Az.: L 2 AS 2081/12; Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 10.06.2016, Az.: L 11 AS 1788/15 m.w.N. Auch das Bundessozialgericht ver-weist darauf, dass die Kosten für den Betriebsstrom mangels eigenen Zählers einer Schätzung zugänglich sind, und dass ein Anteil von 4 – 10% der Brennstoffkosten eine mögliche Rechenweise für die Schätzung darstellt: BSG, Urteil vom 03.12.2015, Az.: B 4 AS 47/14 R).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">Die Übernahme der Kosten für den Elektroradiator kommt daneben nicht in Betracht. Zum einen ist die Wohnung mit einer Gasetagenheizung ausgestattet. Wenn diese nicht ausreicht, um die Wohnung komplett zu beheizen, muss sich der Kläger an seinen Ver-mieter wenden. Auch das Fehlen eines Heizkörpers im Flur und in der Küche führt nicht zu einem Anspruch auf Kostenübernahme durch den Beklagten. Aus der Tatsache, dass das Landessozialgericht in einem der Sitzungsprotokolle der früheren Verfahren festge-halten hat, dass ein Anspruch darauf bestehe, die gesamte Wohnung zu beheizen, ergibt sich insoweit nichts anderes. Aus den von dem Kläger eingereichten Protokollen über den Betrieb des Elektroradiators in anderen Streitzeiträumen (hier: ab 2015, im Pa-rallelverfahren S 46 AS 4050/14 auch für den früheren Zeitraum Januar bis März 2014) ergibt sich, dass er den Radiator ausschließlich abends und nachts verwendet hat. Im Verhandlungstermin hat der Kläger zudem angegeben, dass er den Elektroradiator nicht nur in der Küche und im Flur, sondern auch in seinem Arbeitszimmer (das auch als Kin-derzimmer bezeichnet worden ist), im Wohnzimmer und im Schlafzimmer benutzt hat. Die Notwendigkeit des Heizens mit dem Elektroradiator ist zur Überzeugung der Kammer nicht gegeben. Denn in der Küche und insbesondere im Flur, in dem man sich nicht dauerhaft aufhält, erschließt sich die Notwendigkeit des Heizens in der Nacht nicht. In den anderen Räumen sind Heizkörper vorhanden, die mit der Gasetagenheizung beheizt werden können. Die insoweit entstehenden Kosten werden von dem Beklagten über-nommen. Zum anderen sind die Kosten für den Betrieb des Elektroradiators nicht nachgewiesen. Zwar hat der Kläger Erklärungen von Familienangehörigen eingereicht, dass er den Ra-diator benutzt habe, aber dies stellt keinen geeigneten Nachweis über die genaue Be-triebsdauer und insbesondere nicht über die dadurch entstandenen Kosten dar. Die blo-ße Behauptung, dass der Elektroradiator einen Betrag X verbrauche und dass deshalb ein Verbrauch von 270 kw/h im hier streitigen Zeitraum gegeben sei, ist zur Überzeugung der Kammer nicht ausreichend, um den tatsächlichen Verbrauch zu belegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">Die weiteren Anträge des Klägers zu Nr. 2. bis 11. haben ebenfalls keinen Erfolg. Die Urteile und Sitzungsprotokolle des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen liegen vor, für eine weitergehende Beiziehung der in den Anträgen Nr. 2. und 3. genannten und bereits vorliegenden Urteile und Protokolle fehlt das Rechtsschutzbedürfnis.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Für eine Schadenersatzforderung und Schmerzensgeld (Antrag Nr. 4) besteht keine Zu-ständigkeit des Sozialgerichts. Der Sozialrechtsweg gemäß § 51 SGG ist nicht eröffnet. Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden gemäß § 51 Abs. 1 SGG nur über öf-fentlich-rechtliche Streitigkeiten in den unter Nr. 1 – 10 genannten Fällen und gemäß § 51 Abs. 2 SGG über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung sowie der sozialen und privaten Pflegeversicherung. Eine Scha-denersatzklage kann daher vor dem Sozialgericht keinen Erfolg haben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">Die Anträge Nr. 5. bis 9. sind unzulässig, soweit sie auf die allgemeine Verfassungswid-rigkeit oder auf allgemeine Ansprüche anderer Menschen abstellen. Eine konkrete eige-ne Beschwer des Klägers im Sinne des § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG ist insoweit nicht ersicht-lich. Soweit der Kläger die Verfassungsmäßigkeit des Regelsatzes (§ 20 SGB II) in Frage stellt und höhere Leistungen begehrt, da er als junger Mann einen höheren Bedarf habe als ältere Menschen oder Frauen, ist die Klage unbegründet. Das Gericht hat an der Verfassungsmäßigkeit der Höhe des Regelbedarfes keine Zweifel (vgl. u.a. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 16.07.2014, Az.: L 2 AS 1866/13, sowie BSG, Urteil vom 28.03.2013, Az.: B 4 AS 12/12 R).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag Nr. 9a ist weder zulässig, noch begründet. Rechtsmittelkosten werden nach § 63 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) übernommen, soweit ein Widerspruch er-folgreich ist. In Klageverfahren werden Kosten nach § 193 SGG erstattet. Die Kostener-stattung erfolgt hierbei konkret für das jeweilige Verfahren. Im vorliegenden Verfahren waren Widerspruch und Klage nicht erfolgreich, so dass eine Kostenerstattung insoweit nicht in Betracht kommt. Eine allgemeine, über § 63 SGB X und § 193 SGG hinausge-hende Erstattung von Rechtsmittelkosten sieht das Gesetz nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">Dem Antrag Nr. 10 war ebenfalls nicht zu folgen. Gemäß Art. 100 Abs. 2 Grundgesetz hat das Gericht die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen, wenn in ei-nem Rechtsstreit zweifelhaft ist, ob eine Regel des Völkerrechtes Bestandteil des Bun-desrechtes ist und ob sie unmittelbar Rechte und Pflichten für den Einzelnen erzeugt. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Das Gericht hat keine Zweifel daran, dass dem Kläger weitere Ansprüche auf Grund völkerrechtliche Bestimmungen nicht zustehen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">Antrag Nr. 11 ist gegenstandslos, da alle Anträge des Klägers berücksichtigt worden sind. Sämtliche Schriftsätze und Anträge waren ohnehin Gegenstand des Verfahrens, so dass ein Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag nicht gegeben ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.</p>\n      "
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            "type": "Urteil",
            "ecli": "ECLI:DE:LAGD:2022:1215.12SA347.21.00",
            "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.05.2021 - 9 Ca 1053/21 - teilweise abgeändert und die Beklagte zu 1) verurteilt,</p>\n<p>a) an den Kläger für November 2020 1.629,94 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 04.01.2021 zu zahlen;</p>\n<p>b) an den Kläger für Dezember 2020 1.382,80 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;</p>\n<p>2. Die weitergehende Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.05.2021 - 9 Ca 1053/21 -, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2021 - 9 Ca 5918/20 und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.06.2021 - 4 Ca 5890/20 - werden zurückgewiesen.</p>\n<p>3. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger auferlegt.</p>\n<p>4. Die Revision wird zugelassen.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\">T A T B E S T A N D:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz zuletzt noch über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten zu 1), einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten zu 2), die Frage eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) sowie über die Zahlung einer sog. Sektorzulage (Sektor Pay).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 1) war ein Flugdienstleistungsunternehmen im S.-Konzern mit Sitz in T. (×.). Zwischen ihr und dem am 20.08.1985 geborenen, verheirateten Kläger, der zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet ist, bestand seit dem 05.08.2019 ein Arbeitsverhältnis. Grundlage war zuletzt der in englischer Sprache abgefasste Arbeitsvertrag vom 30.12.2019/07.01.2020. Der Kläger war danach als Flugkapitän an der Heimatbasis B. beschäftigt. Der Arbeitsvertrag enthielt eine Versetzungsklausel, welche sich auch auf einen Einsatz in einem anderen Land als  desjenigen der Heimatbasis bezog. Der Kläger verdiente monatlich ca. 7.000,00 Euro brutto.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Das für die Beklagte zu 1) von einem externen Dienstleister betriebene Operations Control Center (OCC) nebst Einsatzplanung (\"Rostering\") befand sich in X. (Polen), verschiedene Funktionsträger der Beklagten zu 1), etwa der Director of Operations und andere für den Flugbetrieb vorgeschriebene \"nominated persons\" saßen in T.. Die Beklagte zu 1) betrieb mindestens 24 in ×. registrierte Flugzeuge des Modells Airbus A-320 von vier Basen aus (X., B., Q. und T.). In B. waren sieben Flugzeuge stationiert, die zumindest wegen der in X. durchgeführten Wartung wechselten. Weiter hatte die Beklagte zu 1) in B. als Ansprechpartner für das Personal und Externe einen sog. \"Base Captain\" eingesetzt, dessen Befugnisse im Betriebshandbuch, Teil A, Ziffer 1.3.5 (\"Operations Manual\", im Folgenden OMA, Anlage K13, deren S. 37 f.) festgehalten waren, und einen \"Base Supervisor\". Inwieweit der Base Captain Weisungsbefugnis gegenüber den Mitarbeitern der Basis hatte, ist streitig. Wesentliche Personalentscheidungen z. B. über Einstellungen und Kündigungen traf er nicht, setzte aber zumindest Entscheidungen der Unternehmensleitung in \"ad hoc-Maßnahmen\" gegenüber dem Personal der Basis um. Die Beklagte zu 1) hatte am Flughafen B. neben Parkplätzen und einem Schulungsraum einen Crewraum angemietet, in dem Schreibtische mit Telefon- und Telefaxanschlüssen eingerichtet waren. Einen Betriebsrat gab es nicht. Der Kläger begann und beendete den Arbeitstag stets in B.. Er musste sich zur Aufnahme seiner Tätigkeiten nicht an einen anderen Ort begeben, weil die Beklagte zu 1) lediglich sog. \"point-to-point-Verbindungen\" anbot. Die Beklagte zu 1) hatte am Standort B. den Status eines sog. \"Home base carriers\", der mit bestimmten Privilegien, insbesondere betreffend Start- und Landerechte in der Nacht verbunden war. Voraussetzung für die Erteilung dieses Status durch das NRW-Verkehrsministerium war das Vorhalten eines durch das Luftfahrtbundesamtes anerkannten Wartungsbetriebs am Flughafen B.. Diese Voraussetzung erfüllte die Beklagte zu 1) durch Beauftragung eines externen Dienstleisters.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Infolge der Ausbreitung der Covid19-Pandemie setzte die Beklagte zu 1) den Flugverkehr an den deutschen Standorten von Mitte März 2020 bis Ende Juni 2020 vollständig aus. Dies wurde zunächst über die Gewährung offener Urlaubsansprüche und im Zeitraum vom 01.04.2020 bis 30.06.2020 über Kurzarbeitergeld \"Null\" umgesetzt. Ab dem 01.07.2020 nahm die Beklagte zu 1) den Flugverkehr eingeschränkt wieder auf, erbrachte aber fortan jedenfalls zu einem großen Teil Flüge als wet-lease-Leistungen für S. von den Stationierungsorten B., Q., T. und X. aus, vermietete also die ihr zur Verfügung stehenden Flugzeuge nebst Personal, Wartung und Versicherung. S. übernahm dazu ganz überwiegend die bisher von der Beklagten zu 1) gehaltenen \"Slots\" (uhrzeitbezogene Start-/Landerechte an koordinierten Flughäfen wie B.. Die wenigen ihr verbliebenen B.er Slots nutzte die Beklagte zu 1) nicht mehr.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Mit E-Mail vom Morgen des 03.07.2020 informierten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) alle in B. stationierten Piloten über die Tarifverhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di über ein \"Eckpunktepapier für in Deutschland stationierte Piloten\" (im Folgenden Eckpunktepapier). In einer weiteren E-Mail vom 03.07.2020, der das Eckpunktepapier angehängt war, hieß es gemäß Übersetzung des Klägers u.a.:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">\"… Wir benötigen Ihre individuelle Zustimmung zu diesem CLA Dokument, um unsere geplante Schließung des B.-Standortes für A320 rückgängig zu machen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Falls wir diese Vereinbarung unserer Piloten und Kabinenbesatzung, die am B. stationiert sind, zu diesen neuen CLA-Dokumenten nicht erhalten, wird der B.-Standort wie am vergangenen Dienstag bekanntgegeben geschlossen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Bitte bestätigen Sie Ihre Einwilligung zu dem angehängten D. Agreement CLA/ T&Cs bis spätestens Dienstag, den 07. Juli um 17.00 Uhr. Bitte antworten Sie mit \"ich akzeptiere\" auf diese E-Mail, um die nachfolgende Aussage zu bestätigen. Es werden keine alternativen, überarbeiteten oder zusätzlichen Wortlaute akzeptiert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">\"Ich habe das Dokument D. Agreement CLA/ T&Cs für den B.-Standort vollständig gelesen und akzeptiert - die Vertragsbedingungen des Dokument D. Agreement CLA/ T&Cs ersetzen die Vertragsbedingungen meines individuellen Vertrags vom 01. Juli 2020.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">In der Übersetzung der Beklagten hieß es u.a.:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">\"… Wir benötigen Ihre persönliche Zustimmung zu diesem TV-Dokument, um die von uns geplante Schließung der A320-Basis DUS abwenden zu können.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Erhalten wir die Zustimmung unserer in B.  stationierten Piloten und unseres Kabinenpersonals zu diesen neuen TV-Dokumenten nicht, wird B.- wie am letzten Dienstag angekündigt - als Standort geschlossen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Bitte bestätigen Sie Ihr Einverständnis mit dem beigefugten Eckpunktepapier TV/Konditionen bis spätestens Dienstag, den 7. Juli, um 17.00 Uhr. Bitte beantworten Sie diese Mail mit \"Ich bin einverstanden\" als Zeichen Ihrer Bestätigung der nachstehenden Erklärung. Hiervon abweichende, geänderte oder zusätzliche Formulierungen sind nicht zulässig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">\"Ich habe das neue Dokument \"Eckpunktevereinbarung TV/Konditionen für die Basis B. gelesen und bin vollumfänglich damit einverstanden - die Konditionen dieser \"Eckpunktevereinbarung TV/ Konditionen\" treten ab 1. Juli 2020 an die Stelle der Konditionen meines Einzelvertrags.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger erklärte per Antwort-E-Mail fristgerecht seine Zustimmung zu dem Eckpunktepapier. In diesem hieß es u.a.:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">\"…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Dieses Eckpunktepapier tritt am 1. Juli 2020 in Kraft, endet automatisch am 31. März 2023 (…) und gilt für alle in Deutschland stationierten, direktangestellten Piloten von M..</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Ab dem 1. Juli 2020 wird M. das deutsche Arbeitsrecht auf alle in Deutschland direktangestellten Piloten von M. anwenden. Dies gilt nicht für bereits anhängige Gerichtsverfahren oder vor dem 01.07.2020 eingetretene Anlässe von Rechtsstreitigkeiten, welche weiterhin ÷. Recht unterliegen. M. hat den Betrieb im März 2018 aufgenommen, was den frühesten Arbeitsbeginn/Beginn der Betriebszugehörigkeit für alle Piloten für M. darstellt. Alle früheren Dienste, Betriebszugehörigkeiten oder Ansprüche (vor März 2018) sind für die aktuellen Arbeitsverhältnisse der Piloten mit M. rechtlich irrelevant.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Nach der Probezeit (6 Monate) können der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis eines Piloten jederzeit mit einer Frist von 3 Monaten (oder - falls diese länger ist - mit der auf der Basis der Betriebszugehörigkeit bei M. seit  März 2018 anwendbaren gesetzlichen Kündigungsfrist) zum Fünfzehnten oder Monatsletzten kündigen.\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">A. Grundgehalt</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><table class=\"absatzLinks\" width=\"100%\" cellspacing=\"0\" cellpadding=\"3\" border=\"1\">\n<tr>\n<td valign=\"top\"></td>\n<td valign=\"top\">Jährliches Brutto-Grundgehalt</td>\n<td valign=\"top\">Monatliches Brutto-Grundgehalt (12 x)</td>\n</tr>\n<tr>\n<td valign=\"top\">CPT</td>\n<td valign=\"top\">€65,800</td>\n<td valign=\"top\">€5,483</td>\n</tr>\n<tr>\n<td valign=\"top\">FO</td>\n<td valign=\"top\">€39,200</td>\n<td valign=\"top\">€3,266</td>\n</tr>\n<tr>\n<td valign=\"top\">…</td>\n<td valign=\"top\"></td>\n<td valign=\"top\"></td>\n</tr>\n</table>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">B. Brutto Sektorzulage</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><table class=\"absatzLinks\" width=\"100%\" cellspacing=\"0\" cellpadding=\"3\" border=\"1\">\n<tr>\n<td valign=\"top\"></td>\n<td valign=\"top\">CP</td>\n<td valign=\"top\">FO</td>\n<td valign=\"top\">…</td>\n</tr>\n<tr>\n<td valign=\"top\">Sektorzuage pro SBH</td>\n<td valign=\"top\">€ 45</td>\n<td valign=\"top\">€ 25</td>\n<td valign=\"top\">…</td>\n</tr>\n</table>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">\"SBH\" (scheduled block hours) sind geplante Blockstunden für ausgeführte Flüge an jedem Diensttag gemäß Dienstplan/Planung. Die Sektorzulage (\"sektor pay\") wird auf der Grundlage geplanter Blockstunden berechnet und beinhaltet einen Zuschlag für alle erbrachten Stunden, die mit dem Flugdienst verbunden sind, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Arbeit an Sonn- und Feiertagen, Nachtarbeit, Vor- und Nachbereitung des Flugs (\"pre and post flight reporting\"), Verspätungen und alle Tätigkeiten an Bord usw. Die Sektorzulage wird nur für geplante kommerzielle Flüge und geplante Ferry Flights bezahlt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">G. Dienstplan & Dienstplanarrangements</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">5. M. behält sich das Recht vor, das Dienstplanmodell zu ändern. Änderungen des Dienstplanmodells ( …, z.B. aufgrund von Wachstum von Stationierungsorten (Basen), Beförderungen, Versetzungen, Austritten usw.) werden den Piloten mindestens zwei Wochen im Voraus mitgeteilt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">6. Arbeitszeiten, Bereitschaftszeiten und diese Dienstplanregelungen werden von M. bis zur Grenze und im Rahmen der geltenden Regelungen zur Begrenzung der Flugdienstzeiten (…) und der danach geltenden Höchstgrenzen entsprechend dem aktuellen M. Betriebshandbuch (in seiner jeweils geltenden Fassung) festgelegt … . Die derzeitige Höchstgrenze beträgt 900 Flugstunden und 2.000 Dienststunden pro Jahr und umfasst etwaige Verspätungen. Es gibt keine Garantie für eine bestimmte Anzahl von Flug- und Dienststunden für die einzelnen Piloten. …</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">12. Der Jahresurlaub und die Dienstpläne können bei Beförderungen oder landesweiten oder internationalem Wechsel des Arbeitsortes geändert werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">I. Produktivität</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">3. Piloten müssen ab dem ersten Tag ihrer Abwesenheit ein ärztliches Attest vorlegen. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall (nach dem EFZG) wird auf der Grundlage des Durchschnitts des Grundgehalts, der Sektorzulage und der Zulagen in den letzten 3 Monaten berechnet. …</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der Einzelheiten wird auf den zur Akte gereichten Abdruck des Eckpunktepapiers Bezug genommen. Außerhalb der deutschen Basen beschäftigte die Beklagte zu 1) keine Mitarbeiter, mit denen die Anwendung deutschen Arbeitsrechts vereinbart war. Am 09.07.2020 scheiterten die Tarifverhandlungen über den Abschluss des Eckpunktepapiers. Mit E-Mail vom 10.07.2020 dankten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) den Beschäftigten u.a. wie folgt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">\"unseren aufrichtigen Dank für Ihre überwältigende Unterstützung unserer neuen CLA für den Standort B.. Ich freue mich mitteilen zu dürfen, dass bis gestern 17.00 Uhr, dem Einsendeschluss für die Einwilligung, haben über 94% der B.er Piloten (34 von 36), mehr als 97% aller Co-Piloten und über 80 % unserer Kabinenbesatzungsmitglieder unserer neuen CLA/T&C’s zugestimmt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">… Mit unserer neuen, niedrigeren Kostenbasis sind wir zuversichtlich, diese Herausforderungen überwinden zu können, was es uns hoffentlich über die Zeit ermöglicht, den Standort auszuweiten, neue Flugzeuge hinzuzufügen und neue Stellen und Beförderungsmöglichkeiten für unsere Piloten und Kabinenbesatzungsmitglieder zu schaffen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">44</span><p class=\"absatzLinks\">Unseren aufrichtigen Dank für Ihre überwältigende Unterstützung. Wir freuen uns darauf, mit jedem einzelnen von Ihnen weiterhin Zusammenzuarbeiten, um aus unserem Standort B. einen Erfolg zu machen.\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">45</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 1) informierte die in X. stationierten Piloten und das Kabinenpersonal mit Base-Update vom 17.07.2020 darüber, dass die B. er Piloten und das dortige Kabinenpersonal das Eckpunktepapier mit überwältigender Mehrheit angenommen hätten, was das Unternehmen in die Lage versetze, die B.er Base über den Winter weiter zu betreiben, obwohl man sich eines intensiven Wettbewerbs durch die M. und deren Töchtern ausgesetzt sehe. Leider hätten der Großteil der Piloten und das Kabinenpersonal in T. dem Eckpunktepapier nicht zugestimmt, so dass T. Ende Oktober 2020 geschlossen werde, woraus der Verlust aller Jobs für Piloten und des Kabinenpersonals in T. resultiere.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">46</span><p class=\"absatzLinks\">Am 28.07.2020 gab die Beklagte zu 2) bekannt, dass sie im Spätherbst 2020 eine Basis in B. eröffnen werde. Bei der Beklagten zu 2) handelte es sich um eine neu gegründete, auf N. registrierte Fluggesellschaft, deren alleinige Gesellschafterin die H. Holding Limited war, deren Alleingesellschafterin wiederum die S. Holdings PLC war.  Mit E-Mail vom selben Tag teilten die Geschäftsführer der Beklagten zu 1) dem Flugpersonal der Base B. gemäß Übersetzung des Klägers u.a. Folgendes mit:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">47</span><p class=\"absatzLinks\">\"M. GmbH wird seinen Betrieb im Laufe des Jahres einstellen, aber wir freuen uns,  Ihnen mitteilen zu dürfen, dass die Besatzungsmitglieder, welche das neue CLA/T&Cs vom 3. Juli 2020 akzeptiert haben, eine Stelle bei M. Europe Ltd. angeboten wird. Die Vertragsbedingungen von M. Europe für unseren B.er A320-Standort werden in Übereinstimmung mit dem neuen Dokument CLA/T&Cs vom 3. Juli 2020 stehen. Wir werden uns mit Ihnen zu gegebener Zeit hinsichtlich der notwendigen Dokumentation in Verbindung setzen, damit Sie dieses Angebot annehmen können und wir OCC-Kurse für das neue AOC planen können.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">48</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">49</span><p class=\"absatzLinks\">Am 20.08.2020 erhielt der Kläger eine E-Mail der Beklagten zu 2), die u.a. folgenden Inhalt hatte:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">50</span><p class=\"absatzLinks\">\"…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">51</span><p class=\"absatzLinks\">Wir freuen uns, Dir die Stelle als Kapitän bei der M. Europe Ltd. mit beginn ab 15. September 2020 anzubieten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">52</span><p class=\"absatzLinks\">M. Europe Ltd. ist eine auf N. registrierte Fluggesellschaft, die im September 2020 einen Standort am Flughafen B. eröffnen wird.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">53</span><p class=\"absatzLinks\">M. Europe Ltd. bietet dieselben Vertragsbedingungen an wie die in Ihrem bestehenden Vertrag bei M. GmbH, in der durch die Ihre Einwilligung akzeptierten Fassung des neuen Dokuments B. CLA/T&Cs vom 3. Juli, unter der Voraussetzung, dass eine irische oder maltesische Lizenz innerhalb eines Jahres der Anstellung bei M. Europe Ltd. erhalten wird, um die fortlaufende Ausbildung zu erleichtern.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">54</span><p class=\"absatzLinks\">Da M. Europe nun mit der Planung der September-OCC-Kurse beginnen muss, benötigen wir eine rasche Annahme unseres Angebots, welches nicht die Vertragsbedingungen betrifft, die Sie derzeit bei M. GmbH genießen. Bitte bestätigen Sie die Annahme unseres Angebots vor Dienstag, den 27. August um 17:00 Uhr.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">55</span><p class=\"absatzLinks\">Bitte beantworten Sie mit \"ich akzeptiere\" auf die angehängte E-Mail, um die nachfolgende Erklärung zu bestätigen. Es werden keine alternativen oder überarbeiteten Wortlaute akzeptiert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">56</span><p class=\"absatzLinks\">Ich akzeptiere dieses Stellenangebot von M. Europe Ltd. zu denselben Vertragsbedingungen wie bei meinem bestehenden Anstellungsvertrag bei M. GmbH, in der Fassung des neuen Dokuments B. CLA/T&Cs vom 3. Juli, welches diesen Vertrag ersetzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">57</span><p class=\"absatzLinks\">Ich werde eine irische oder maltesische Fluglizenz vor dem 30. August 2021 erlangen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">58</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">59</span><p class=\"absatzLinks\">Die Übersetzung der Beklagten lautete u.a.:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">60</span><p class=\"absatzLinks\">\"wir freuen uns, Ihnen mit Wirkung ab 15. September 2020 die Position eines … bei M. Europe Ltd anbieten zu können.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">61</span><p class=\"absatzLinks\">M. Europe Ltd ist eine in N. eingetragene Fluggesellschaft, die im September 2020 eine Basis am Flughafen B. eröffnen wird.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">62</span><p class=\"absatzLinks\">M. Europe Ltd bietet Ihnen die gleichen wie die in Ihrem bestehenden Vertrag mit M. GmbH genannten Konditionen in der durch Ihr Einverständnis mit dem neuen TV/Konditionen-Dokument vom 3. Juli für den Standort B. geänderten Form, jedoch mit Ausnahme der Auflage, innerhalb eines Jahres nach Beginn Ihres Arbeitsverhältnisses mit M. Europe Ltd eine irische oder maltesische Lizenz zu erwerben, um die laufende Ausbildung einfacher zu gestalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">63</span><p class=\"absatzLinks\">Da M. Europe nun mit der Planung der OCC-Kurse für September beginnen muss, benötigen wir Ihre frühzeitige Annahme unseres Angebots, das keinerlei Auswirkungen auf die Bedingungen hat, die für Ihr derzeitiges Arbeitsverhältnis mit M. GmbH gelten. Bitte bestätigen Sie uns die Annahme unseres Angebotes bis spätestens Donnerstag, den 27. August um 17 Uhr.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">64</span><p class=\"absatzLinks\">Bitte antworten Sie auf die beigefugte E-Mail mit \"Ich bin einverstanden\" als Zeichen Ihrer Bestätigung der nachstehenden Erklärung. Hiervon abweichende oder geänderte Formulierungen sind nicht zulässig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">65</span><p class=\"absatzLinks\">Ich nehme dieses Beschäftigungsangebot von M. Europe Ltd zu den gleichen Bedingungen an, die für meinen bestehenden Arbeitsvertrag mit M. GmbH gelten, wie geändert durch das neue TV/Konditionen-Dokument vom 3. Juli, das diesen Vertrag ablöst.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">66</span><p class=\"absatzLinks\">Bis spätestens 30. August 2021 werde ich eine irische oder maltesische Fluglizenz erwerben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">67</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">68</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger antwortete auf diese E-Mail, wie ein Großteil der Beschäftigten der Station B., fristgerecht mit \"ich akzeptiere\". Aus den Reihen der Beschäftigten der Beklagten zu 1) der Station T. begründete niemand ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">69</span><p class=\"absatzLinks\">Am 09.09.2020 um 15.46 Uhr schrieb der Leiter Routenentwickung von S. an den Flughafen B. wie folgt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">70</span><p class=\"absatzLinks\">\"…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">71</span><p class=\"absatzLinks\">vielen Dank, dass Sie sich heute Nachmittag Zeit für ein Gespräch mit uns genommen haben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">72</span><p class=\"absatzLinks\">Die Weigerung des B.er Flughafens, konstruktiv mit seinen Airline-Kunden zusammenzuarbeiten und Anreize zur Verkehrserholung zu bieten, um seine sehr hohen Flughafenentgelte zu senken, ist bedauerlich und steht in eklatantem Gegensatz zu anderen konkurrierenden Flughäfen in Deutschland und ganz Europa.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">73</span><p class=\"absatzLinks\">Aufgrund dieses mangelnden Engagements hat S. keine andere Wahl, als die Schließung der Basis B. und die Streichung aller Flüge der S.-Gruppe mit Wirkung zum 20. Oktober 2020 zu bestätigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">74</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">75</span><p class=\"absatzLinks\">Am 09.09.2020 zeigte die Beklagte zu 1) u.a. bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf, eingehend dort per Telefax am 09.09.2020, eine beabsichtigte Massenentlassung von 163 Beschäftigten an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Abdruck der Anzeige nebst Anschreiben und Anlagen Bezug genommen. Zu Ziffer 34 hieß es, dass eine Liste mit Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer/innen sowie weiterer berufsbezogener Angaben nachgereicht werde. Diese Liste wurde der Agentur für Arbeit in Düsseldorf nicht vor Zugang der Kündigung des Klägers übermittelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">76</span><p class=\"absatzLinks\">Am 10.09.2020 zeigte die Beklagte zu 2) u.a. bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf, eingehend dort per Telefax am 10.09.2020, eine beabsichtigte Massenentlassung von 126 Beschäftigten an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Abdruck der Anzeige nebst Anschreiben und Anlagen Bezug genommen. Zu Ziffer 34 hieß es, dass eine Liste mit Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer/innen sowie weiterer berufsbezogener Angaben nachgereicht werde. Diese Liste wurde der Agentur für Arbeit in Düsseldorf nicht vor Zugang der Kündigung des Klägers übermittelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">77</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Schreiben vom 10.09.2020 bzw. nach Vorliegen notwendiger behördlicher Zustimmungen kündigte die Beklagte zu 1) die Arbeitsverhältnisse der in Deutschland beschäftigten Mitarbeiter. In dem an den Kläger adressierten Schreiben der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020, das ihm am 11.09.2020 zuging, hieß es auszugsweise:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">78</span><p class=\"absatzLinks\">\"…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">79</span><p class=\"absatzLinks\">hiermit kündigen wir das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis unter Beachtung der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt, frühestens aber zum 31.10.2020. Gemäß Ihrem Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate, so dass Ihr Arbeitsverhältnis daher nach unserer Berechnung am 31. Dezember 2020 endet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">80</span><p class=\"absatzLinks\">Bitte veranlassen Sie, dass Ihre Uniform, … und alle anderen Firmenunterlagen unverzüglich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, spätestens aber bis zum 6. November 2020 entweder direkt an ihren Base Captain oder die M. GmbH zurückgegeben werden.\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">81</span><p class=\"absatzLinks\">Ebenfalls mit Schreiben vom 10.09.2020 kündigte die Beklagte zu 2) etwaige Arbeitsverhältnisse sämtlicher Beschäftigter der Station B., die auf die E-Mail vom 20.08.2020 zustimmend geantwortet hatten. In dem an den Kläger adressierten Schreiben der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020, das ihm am 12.09.2020 zuging, hieß es auszugsweise:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">82</span><p class=\"absatzLinks\">\"…</p>\n<span class=\"absatzRechts\">83</span><p class=\"absatzLinks\">hiermit kündigen wir das zwischen der M. Europe Ltd. und Ihnen zum 15. September 2020 eingegangene Arbeitsverhältnis unter Beachtung der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt. Gemäß Ihrem Arbeitsvertrag beträgt die Kündigungsfrist 3 Monate, so dass Ihr Arbeitsverhältnis daher nach unserer Berechnung am 31. Dezember 2020 endet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">84</span><p class=\"absatzLinks\">…\"</p>\n\n<span class=\"absatzRechts\">85</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Schreiben vom 15.09.2020 kündigte die Beklagte zu 1) das Mietverhältnis mit dem Flughafen B. über die angemieteten Räumlichkeiten zum 31.10.2020, ausweislich des Schreibens wegen der Schließung der Base. Die Beklagte zu 1) berief sich in dem Schreiben auf § 14.3. des Mietvertrags, wonach keine Kündigungsfristen eingehalten werden müssten, weil wichtige Gründe für die Kündigung gegeben seien.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">86</span><p class=\"absatzLinks\">Am 28.09.2020 wurde der letzte kommerzielle Flug der Beklagten zu 1) vom Flughafen T. aus, am 19.10.2020 vom Flughafen B. aus durchgeführt. Die Flugzeuge wurden anschließend nach London-T. verbracht. In der Folgezeit und auch bis zur mündlichen Verhandlung vor der Berufungskammer betrieb die Beklagte zu 1) weder in B. noch an einem anderen deutschen Flughafen eine Station. Mit Schreiben vom 19.10.2020 teilte die Beklagte zu 1) dem Kläger Folgendes mit:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">87</span><p class=\"absatzLinks\">\"Im Hinblick auf die Beendigung Ihres Arbeitsvertrages sind Sie ab dem 20. Oktober 2020 bis zur Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses gemäß Ihrem Kündigungsschreiben unwiderruflich von Ihrer Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Gewährung des noch ausstehenden Jahresurlaubs freigestellt. Der noch offene Jahresurlaub wird zu Beginn der Freistellung gewährt, danach folgen die weiteren Ansprüche auf Freistellung. Ihre vertraglichen Verpflichtungen bleiben während der Freistellung bestehen, insbesondere wird anderweitiger Verdienst (nach vollständiger Gewährung des Jahresurlaubs und etwaiger sonstiger Freistellungsansprüche) auf Ihre Vergütung während der Freistellung und die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall auf die gesetzlichen Fristen angerechnet, so dass Sie auch während der Freistellung zur Meldung einer Arbeitsunfähigkeit verpflichtet bleiben.\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">88</span><p class=\"absatzLinks\">Im November und Dezember 2020 setzte die Beklagte zu 1) den Kläger auch tatsächlich nicht mehr ein. Sie reduzierte die Zahlung der Sektorzulage, die monatlich nachschüssig gezahlt wurde. Ausweislich der zur Akte gereichten Abrechnungen zahlte die Beklagte zu 1) an den Kläger für die nachfolgend genannten Monate brutto folgende Sektorzulage: August 2020: 3.100,25 Euro; September 2020: 2.268,75 Euro; Oktober 2020: 1.719,35 Euro, November 2020: 160,30 Euro.  Am 16.12.2020 wurde von einem Mitarbeiter der B. Control GmbH bestätigt, dass die Beklagte zu 1) das Air Operator’s Certificate (AOC) zurückgegeben habe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">89</span><p class=\"absatzLinks\">Zwischenzeitlich hatte eine Vielzahl von Mitarbeitern der Beklagten zu 1) an den Stationen X. und Q. ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) begründet. Die Beklagte zu 2) nahm mit Beginn des Winterflugplans von den Stationen X. (mit 3 bis 4 Flugzeugen) und Q. (mit 1 bis 2 Flugzeugen) eingeschränkt den Flugbetrieb auf und nutzte dafür ehemals auf die Beklagte zu 1) registrierte Flugzeuge. Die Beklagte zu 2) erbrachte diese Flugdienstleistungen als wet-lease-Leistungen für S.. Sie führte keine kommerziellen Flüge unter ihrem eigenen Flugcode durch, sondern nur unter dem S.-Flugcode \"FR\". Bei gleichem Erscheinungsbild nutzte die Beklagte zu 2) ehemals auf die Beklagte zu 1) registrierte Flugzeuge sowie - außerhalb Deutschlands - die zuvor von der Beklagten zu 1) genutzten Slots. Sie beschäftigte zahlreiche ehemalige Beschäftigte der Beklagten zu 1) der Stationen in X. und Q.. Mehrere Funktionsträger der Beklagten zu 1) wechselten zur Beklagten zu 2), die sich auch desselben OCC in X. bediente. Zuvor bei der Beklagten zu 1) in Deutschland stationierte Beschäftigte setzte die Beklagte zu 2) nicht ein. Stationen in Deutschland, insbesondere in B. und T., eröffnete die Beklagte zu 2) nicht und hatte dies auch bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung vor der erkennenden Kammer nicht getan. Rund 95 % der von S. gehaltenen, von der Beklagten zu 1) im Rahmen des wet-lease genutzten Slots bei dem Flughafen B. wurden von der Fluggesellschaft Euro x. GmbH übernommen. Soweit die Beklagte zu 2) danach Flugziele in Deutschland anflog (I., O.), erfolgte dies mit an ausländischen Basen stationiertem Personal. Mitarbeiter mit Arbeitsort in Deutschland beschäftigte die Beklagte zu 2) nicht.  Bei ihr waren zudem keine Mitarbeiter angestellt, mit denen die Geltung deutschen Arbeitsrechts vereinbart war; ausgenommen die Mitarbeiter der Basis B., die ursprünglich für eine dortige Tätigkeit vorgesehen waren, aber tatsächlich nie beschäftigt wurden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">90</span><p class=\"absatzLinks\">Mit der am 01.10.2020 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten zu 1) am 12.10.2020 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen deren Kündigung vom 10.09.2020 gewandt. Mit der am 01.10.2020 bei dem Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen und der Beklagten zu 2) am 14.10.2020 zugestellten Klage hat sich der Kläger gegen deren Kündigung vom 10.09.2020 gewandt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">91</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat gemeint, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) unterliege infolge der Vereinbarung des Eckpunktepapiers deutschem Arbeitsrecht. Die Kündigung sei unwirksam. Sie sei bereits unbestimmt, weil mehrere Beendigungsdaten zum Ausdruck gebracht seien. Noch im Gütetermin hätten die Prozessbevollmächtigten der Beklagten sich auf den Standpunkt gestellt, dass Beendigungstermin der 15.12.2020 sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">92</span><p class=\"absatzLinks\">Für das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) bestehe nach §§ 1 Abs. 1, 24 Abs. 2 KSchG allgemeiner Kündigungsschutz. Ein deshalb erforderlicher Kündigungsgrund liege nicht vor. Den Vortrag zur unternehmerischen Entscheidung, insbesondere den Standort B. zu schließen, hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten. Der Vortrag sei unsubstantiiert, zumal die dazu abgegebenen Begründungen nichtssagend seien und die Beklagte zu 1) noch am 10.07.2020 verlautbart habe, dass die Planungen zur Schließung des Standortes B. obsolet seien. Daran sei sie nun gebunden. Außerdem habe die Beklagte zu 1) am 28.07.2020 noch in Aussicht gestellt, dass die Arbeitsverhältnisse auch der in B. Beschäftigten auf die Beklagte zu 2) übergehen würden. Tatsächlich sei keine Betriebsstilllegung erfolgt, sondern ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2). Der Beklagten zu 1) habe es im Übrigen frei gestanden, erneut Kurzarbeit zu beantragen. Außerdem sei Deutschland ein viel zu lukrativer Markt, um ihn nicht zu bedienen. Wenn derzeit wenig Flugverbindungen von und nach Deutschland bestünden, sei dies pandemiebedingt und nur vorübergehend. Ein angebliches \"Erwerberkonzept\" dahingehend, dass die Standorte B. und T. nicht fortgeführt werden, hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten. Ohnehin stehe sein Beschäftigungsbedarf nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit den Standorten B. und T..</p>\n<span class=\"absatzRechts\">93</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der gesamte operative Flugbetrieb der Beklagten zu 1) sei auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Es sei zu vermuten, dass die Beklagte zu 2) mit S. eine Vereinbarung über die Fortführung des wet-lease ab dem 01.11.2020 getroffen habe. Dazu habe die Beklagte zu 2) die Stationen in X. und Q. übernommen. Die Eröffnung einer weiteren Station in A. (Kroatien) sei geplant gewesen. Dazu würden auch ein überwiegender Teil der von der Beklagten zu 1) zuvor für das wet-lease genutzten Slots von der Beklagten zu 2) genutzt und würden im Wesentlichen dieselben Destinationen angeflogen. Es falle dabei nicht ins Gewicht, dass die Slots betreffend die Flughäfen B. und T. nicht übergegangen seien. Sämtliche früher auf die Beklagte zu 1) registrierten Flugzeuge seien nun auf die Beklagte zu 2) registriert und gelangten mit unverändertem Erscheinungsbild - nur eingeschränkt aufgrund der Auswirkungen der Covid19-Pandemie - zum Einsatz. Die Beklagte zu 2) halte schließlich sämtliche Flugzeuge der Beklagten zu 1) flugfähig. Maßgebliche Funktionsträger und eine Vielzahl der Beschäftigten der Beklagten zu 1) seien zu der Beklagten zu 2) gewechselt. Nach seiner Kenntnis hätten in X. 92 % der Piloten und 67 % des Kabinenpersonals und in Q. 100% der Piloten und 60 % des Kabinenpersonals den Übernahmeangeboten der Beklagten zu 2) zugestimmt. Die Steuerung erfolge weiterhin vom OCC in X. aus. Derselbe Dienstleister stelle ggf. Personal. Die IT-gestützten Personal- und Schulungssysteme der Beklagten zu 1), wie \"Netline-Portal\" würden ebenso wie die Flight Books von der Beklagten zu 2) weiter genutzt. Der Kläger hat gemeint, das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) sei deshalb spätestens am 01.11.2020 im Wege des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei. Die Art der Unternehmen der Beklagten zu 1) und 2) als wet-lease carrier für S. sei identisch. Der Übergang der Beklagten zu 1) als wet-Lease-Betreiber für S. sei entweder bereits zum 15.09.2020, spätestens aber zum 01.11.2020 mit Beginn des Winterflugplanes vollzogen worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">94</span><p class=\"absatzLinks\">Der Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten zu 1) sei nicht entfallen. Diese habe am 17.08.2020 eine Stelle eines Line Training Captains für die Station Q. ausgeschrieben, auf die er, der Kläger, sich wegen der arbeitsvertraglichen europaweiten Versetzungsklausel berufen könne. Zudem seien Stellen bei der Beklagten zu 2) während der Kündigungsfrist an ausländischen Stationierungsstandorten besetzt worden und weiterhin zu besetzen. So sei Herrn D., der zuvor nicht bei der Beklagten zu 1) beschäftigt war, zum 01.10.2020 bei der Beklagten zu 2) eine Stelle als Kapitän am Standort Q. angeboten worden, welche dieser auch angenommen habe. Eine ordnungsgemäße Sozialauswahl sei nicht erfolgt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">95</span><p class=\"absatzLinks\">Die in Anbetracht von ca. 150 am Standort B. ausgesprochenen Kündigungen notwendige Massenentlassungsanzeige genüge nicht den gesetzlichen Vorgaben. Sollte die Beklagte in Deutschland keinen Betrieb unterhalten haben, sei keine Massenentlassungsanzeige an die Agentur für Arbeit Düsseldorf, sondern an die österreichische Arbeitsverwaltung erforderlich gewesen. Die Anzeige per Telefax sei formunwirksam. Die Gründe für die Entlassungen nicht hinreichend angegeben. Zudem hat der Kläger mit Nichtwissen bestritten, dass die Zahl der zu Entlassenden und der regelmäßig Beschäftigten sowie die Zahl der \"vorangegangenen Entlassungen\" zuträfen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">96</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger ist der Ansicht gewesen, auch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 sei unwirksam. Diese sei am 10.09.2020 nicht ernsthaft und endgültig zur dauerhaften Stilllegung der deutschen Standorte entschlossen gewesen. Es sei schon unklar, wer bei welchem Unternehmen angeblich die Entscheidung getroffen habe, den Standort B. doch nicht aufzubauen. Jedenfalls strebe die Beklagte zu 2) in absehbarer Zeit die Bedienung des deutschen Marktes, der viel zu lukrativ sei, wieder an. Nach wie vor fliege die S.-Gruppe Destinationen in Deutschland an. Der Kläger hat gemeint, er habe die sechsmonatige Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt. Seine Vorbeschäftigung bei der Beklagten zu 1) sei anzurechnen. Der sachliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sei eröffnet. Es liege ein Betrieb im kündigungsschutzrechtlichen Sinne vor. Insoweit sei zu vermuten, dass das Mietverhältnis über die Crew-Räume in B. noch über den 31.10.2020 hinaus fortbestanden habe, weil eine Kündigung des Mietverhältnisses per E-Mail formunwirksam und auch nicht aus wichtigen Grund zum 31.10.2020 akzeptiert worden sei. Die Kündigung verstoße gegen das Kündigungsverbot des § 613a Abs. 4 BGB, weil die Beklagte zu 2) den Wet-Lease-Betrieb der Beklagten zu 1) nahtlos fortführe. Es treffe nicht zu, dass die Beklagte zu 2) die personellen Entscheidungen auf N. treffe. So würden z.B. Vorstellungsgespräche für die Stellen von Piloten bei der S. DAC in E. geführt. Noch am 27.08.2020 habe die Beklagte zu 2) allen Crewmitgliedern und auch ihm mitgeteilt, dass die \"Operator Conversion\" Kurse in der kommenden Woche über das \"Netline Portal\" freigeschaltet werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">97</span><p class=\"absatzLinks\">Zudem habe die Beklagte zu 2) ihm Weiterbeschäftigungsangebote im Ausland machen müssen, etwa die des Line-Training-Captains in Q.. Nichts anderes gelte für die Stellenzusage seitens der Beklagten zu 2) an Herrn D.. Nach Ausspruch der Kündigungen vom 10.09.2020 habe die Beklagte zu 2) weitere Stellenzusagen für Copiloten und Kabinencrewmitglieder an ausländischen Stationierungsorten gemacht, so dass davon auszugehen sei, dass sie bereits am 10.09.2020 bestehenden Beschäftigungsbedarf an diesen ausländischen Standorten durch Neueinstellungen gedeckt habe. Aus den Weihnachtsgrüßen des Head of Training der Beklagten zu 2) vom 23.12.2020 ergebe sich, dass die Beklagte zu 2) in den normalen Modus zurückkehren und fortlaufend Trainings anbieten werde. Auf der Webseite der Muttergesellschaft der Beklagten zu 2) seien Stellen für Kapitäne und Copiloten für die Beklagte zu 2) ausgeschrieben. Ein Einstellungsgespräch habe z.B. mit Herrn Q. am 22.01.2021 in E. stattgefunden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">98</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat die ordnungsgemäße Sozialauswahl gerügt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">99</span><p class=\"absatzLinks\">Schließlich sei die Massenentlassungsanzeige nicht ordnungsgemäß erstattet worden. Diese hätte auf N., einem Mitgliedstaat der Europäischen Union, erfolgen müssen. Eine Einreichung per Telefax sei nicht ausreichend. Die Gründe für die Entlassung seien nicht ausreichend angegeben. Schließlich hat er mit Nichtwissen bestritten, dass die übermittelte Anzahl der zu entlassenden Piloten und Kabinencrewmitglieder zutreffend angegeben worden sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">100</span><p class=\"absatzLinks\">Zuletzt hat der Kläger gemeint, angesichts des Betriebsübergangs auf die Beklagte zu 2) frühestens am 15.09.2020 und spätestens am 01.11.2020 habe die Beklagte zu 2) mit dem Schreiben vom 10.09.2020 nicht wirksam kündigen können, weil sie im Kündigungszeitpunkt noch nicht seine Arbeitgeberin gewesen sei. Der E-Mail-Austausch aus August 2020 mit der Beklagten zu 2) beinhalte nicht den Abschluss eines separaten Arbeitsvertrages, sondern stelle eine missglückte Mitteilung eines Betriebsüberganges nach § 613 a Abs. 5 BGB dar. Aus diesem Grunde liege auch keine doppelte oder anderweitige Rechtshängigkeit betreffend die Feststellungsanträge vor. In einem Verfahren sei ein Antrag mit dem Ziel der Feststellung eines Betriebsüberganges verfolgt worden. In dem anderen Verfahren solle das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien festgestellt werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">101</span><p class=\"absatzLinks\">In den Monaten November und Dezember 2020 habe sich sein Arbeitgeber in Annahmeverzug befunden, sodass über gezahlte Beträge hinaus die Sektorzulage geschuldet sei, der auch Gegenstand der Vergütung im Annahmeverzug sei. Die Regelung des § 615 BGB sei nicht abbedungen gewesen. Infolge des Betriebsübergangs hafte die Beklagte zu 2), hilfsweise die Beklagte zu 1). Der Höhe nach berechne sich der Anspruch nach dem Durchschnitt der letzten drei Monate in Anwendung von I. Ziff. 3 des Eckpunktepapiers. Die Rechtslage hinsichtlich der Berechnung des Annahmeverzugs sei mit derjenigen der Entgeltfortzahlung vergleichbar, was nicht nur er, sondern auch das Bundesarbeitsgericht und die Literatur so sähen. Wenn die Beklagten meinte, er könne nur beanspruchen, so er denn geflogen wäre, sollte die Beklagte zu 2) Auskunft darüber erteilen, wie er eingeplant worden wäre, wenn es keine pandemiebedingten Einschränkungen gegeben habe. Einem Verzicht auf die Sektorzulage stehe die doppelte Schriftformklausel aus dem Arbeitsvertrag entgegen. Mit der Freistellung sei die Beklagte zu 1) in Annahmeverzug geraten. Das Eckpunktepapier schließe Ansprüche aus Annahmeverzug nicht aus. Wenn dies der Fall wäre, läge eine unangemessene Benachteiligung vor. Außerdem werde das Betriebsrisiko in unangemessener Weise auf den Arbeitnehmer verlagert, zumal es an einem angemessenen Ausgleich fehle. Im Übrigen beinhalte der Winterflugplan regelmäßig keinen wesentlich verringerten Flugbetrieb.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">102</span><p class=\"absatzLinks\">Die Zahlungsanträge seien so wie gestellt zulässig, weil es sich bei den beiden Beklagten im Hinblick auf den Betriebsübergang um Streitgenossen i.S.v. § 60 ZPO handele. Eine unzulässige außerprozessuale Bedingung liege nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">103</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat in den erstinstanzlichen Verfahren zuletzt - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">104</span><p class=\"absatzLinks\">1.festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst worden ist;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">105</span><p class=\"absatzLinks\">2.festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">106</span><p class=\"absatzLinks\">3.die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn Vergütung für November 2020 in Höhe von 1.629,94 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">107</span><p class=\"absatzLinks\">4.hilfsweise für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sein sollte, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Vergütung für November 2020 in Höhe von 1.629,94 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">108</span><p class=\"absatzLinks\">5.die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn Vergütung für Dezember 2020 in Höhe von 1.382,80 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">109</span><p class=\"absatzLinks\">6.hilfsweise für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sein sollte, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Vergütung für Dezember 2020 in Höhe von 1.382,80 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">110</span><p class=\"absatzLinks\">7.festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht;</p>\n\n<span class=\"absatzRechts\">111</span><p class=\"absatzLinks\">8.festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2) durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst wurde und</p>\n<span class=\"absatzRechts\">112</span><p class=\"absatzLinks\">9.für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu Ziffer 8. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Captain weiter zu beschäftigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">113</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagten haben betreffend die jeweils gegen sie gerichteten Klageanträge beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">114</span><p class=\"absatzLinks\">die Klage abzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">115</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei wirksam. Sie sei hinreichend bestimmt mit Wirkung zum 31.12.2020 ausgesprochen. Da die Beklagte zu 1) in Deutschland keinen Betrieb i.S.d. § 24 Abs. 2 KSchG unterhalten habe, sei der sachliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht eröffnet. Insbesondere hätten weder der Base Captain noch der Base Supervisor die Befugnis gehabt, Entscheidungen in personellen und sozialen Angelegenheiten zu treffen. Gleichwohl bestehe ein Kündigungsgrund, weil die Beklagte zu 1) am 27.07.2020 die unternehmerische Entscheidung getroffen habe, den Flugbetrieb deutschland- und europaweit im Verlauf des Jahres stillzulegen. Die S. DAC habe Anfang September 2020 aufgrund hoher Flughafengebühren und Bodenabfertigungskosten beschlossen, keine Flüge mehr ab B. anzubieten. Daraufhin habe die Beklagte zu 2) die ursprüngliche Planung revidiert, am Flughafen B. eine Station zu eröffnen. In der Konsequenz habe auch sie, die Beklagte zu 1), entschieden, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen. Die unternehmerische Entscheidung sei umgesetzt worden, insbesondere habe die Beklagte zu 1) das AOC im Dezember 2020 zurückgegeben. Jedenfalls hinsichtlich ihrer Station B. sei es nicht zu einem Betriebsteilübergang auf die Beklagte zu 2) gekommen, weil der Betrieb dieser wirtschaftlichen Einheit nicht fortgeführt worden sei. Daher sei die Kündigung auch nicht nach § 613a Abs. 4 BGB unwirksam. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei ihr, der Beklagten zu 1), bestünden nicht, eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">116</span><p class=\"absatzLinks\">Hinsichtlich des Erfordernisses einer Massenentlassungsanzeige sei der unionsrechtliche Betriebsbegriff des Massenentlassungsrechts maßgeblich, sodass die Beklagte zu 1) (vorsorglich) die Anzeige bei der Agentur für Arbeit Düsseldorf erstattet habe. Die Anzeige sei formgerecht und inhaltlich vollständig und zutreffend.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">117</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagten haben gemeint, zwischen ihnen habe sich kein Betriebsübergang ereignet. Der Flugbetrieb sei insbesondere in Anbetracht der stillgelegten Stationen in B. und T., der Einstellung des Flugbetriebs in Deutschland und des auch im Übrigen eingeschränkten Flugbetriebs nicht identitätswahrend übergegangen. An dem eingeschränkten Flugbetrieb an den Stationen X. und Q. ändere sich nichts durch den rotierenden Einsatz der Flugzeuge. Dieser sei durch flugtechnische Vorgaben bedingt, damit einzelne Flugzeuge ihren Status als einsatzfähige Maschinen nicht verlieren. Einen tatsächlichen Bedarf an dem dauernden Einsatz aller dieser Flugzeuge belege dies gerade nicht. Die Beklagte zu 2) habe nicht die Funktion des Wet-Lease-Dienstleisters für S. für den Flughafen B. übernommen. Es habe sich bei den Stationen in B. und T. um eigene organisatorische Einheiten gehandelt. Dafür sprächen die Funktionen des Base Captain, die Stationierung einer bestimmten Anzahl von Flugzeugen an diesen Standorten, der Crewraum an den jeweiligen Standorten sowie die Festigung der Position als sog. \"Home Base Carriers\" am Standort B. Das fliegende Personal sei der Station B. aufgrund der Struktur der Beklagten zu 1) als point-to-point-Anbieter zugeordnet gewesen. Der Betriebsteil B. sei nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Es fehle an einer vergleichbaren Nutzung der Flugzeuge durch die Beklagte zu 2). Und auch die Gesamtbewertung der Umstände führe zu keinem anderen Ergebnis. Weder führe die Beklagte zu 2) den Flugbetrieb an der Station B. fort noch habe diese diesen Flugbetrieb von anderen deutschen Standorten aufgenommen. Zu berücksichtigen sei, dass eine Arbeitsaufnahme der Mitarbeiter der Station B. für die Beklagte zu 2) nicht erfolgt sei. Die Beklagte zu 2) habe die Belegschaft der Beklagten zu 1) nicht übernommen. Dies gelte für die deutschen Standorte und dort auch für das deutsche \"Führungspersonal\" wie den Base Captain. Am Standort X. hätten mehr als 100 ehemalige Mitarbeiter der Beklagten zu 1) nie eine Beschäftigung bei der Beklagten zu 2) aufgenommen. Die Geschäftsführung der beiden Beklagten sei bereits von der Zusammensetzung (vier Directors und nur zwei Geschäftsführer) sehr unterschiedlich. Zwei Mitarbeiterinnen der Personalabteilung aus X. (Frau A. und Frau C.) seien nicht zur Beklagten zu 2) gewechselt. Betreffend die Software habe es keine Übernahme gegeben. Vielmehr würde eine frei am Markt verfügbare Software von Drittanbietern genutzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">118</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 2) hat behauptet, sie habe am 09.09.2020 final die Entscheidung getroffen, in B. keine Basis zu eröffnen und somit keinen Flugbetrieb von deutschen Basen aus aufzunehmen. An jenem Tag seien die Verhandlungen zwischen der S. DAC und dem Flughafen B. gescheitert. Im Rahmen einer Videokonferenz um 14.00 Uhr deutscher Zeit habe der Flughafen die Forderungen der S. DAC abgelehnt. Die S. DAC habe daraufhin die Entscheidung getroffen, ab dem 20.10.2020 keine Flüge von der Basis B.aus mehr anzubieten. Es bestünden auch keine Pläne, dies zukünftig zu tun. Die Beklagte zu 2) hat gemeint, der Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes i.S.d. §§ 23, 24 KSchG sei mangels betrieblicher Strukturen in Deutschland und mangels Erfüllung der sechsmonatigen Wartezeit nach § 1 Abs. 1 KSchG nicht eröffnet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">119</span><p class=\"absatzLinks\">Dessen ungeachtet sei die Kündigung wegen dringender betrieblicher Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Klägers entgegenstünden, sozial gerechtfertigt i.S.d. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG. Soweit der Kläger auf die vorbereitenden Schulungen hinweise, seien diese nicht abgeschlossen gewesen, weil der praktische Schulungsteil, der für Oktober 2020 vorgesehen gewesen sei, fehle. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe bei der Beklagten zu 2) weder bei noch nach Zugang der Kündigung ein ungedeckter Beschäftigungsbedarf bestanden. Soweit der Kläger sich auf Stellenanzeigen auf der Webseite von S. von Anfang August 2020 beziehe, sei dies ein Zeitraum gewesen, als die Planung der Beklagten zu 2), einen Flugbetrieb in B. aufzunehmen, noch aktuell gewesen sei. Dies habe nach der Entscheidung aus September 2020, den Flugbetrieb nicht aufzunehmen, nicht mehr gegolten. Die Anzeigen seien am 16.09.2020 versehentlich noch nicht von der Webseite gelöscht gewesen. An ausländischen Stationierungsorten habe sie entgegen des Vortrags des Klägers keinen Beschäftigungsbedarf durch Neueinstellungen gedeckt. Bis Ende des Jahres 2020 seien ausschließlich einige wenige Piloten eingestellt worden, die zuvor bereits ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) gehabt hätten, wie auch Herr D.. Die Beklagte zu 1) habe diese Piloten bereits vor der Pandemie eingestellt und es sei jeweils vertraglich eine Zuweisung an eine außerhalb Deutschlands gelegene Basis vereinbart gewesen. Die Ausbildung dieser Piloten sei durch die Pandemie unterbrochen worden. Deren Arbeitsverhältnisse hätten jedoch fortbestanden. Sämtliche Piloten, die zum OCC-Kurs ab dem 11.01.2021 eingeladen worden seien, seien von der Beklagten zu 1) vor den pandemiebedingten Einschränkungen für die Basis in Q. eingestellt gewesen. Etwaige Arbeitsplätze in X. und Q. seien vollständig besetzt gewesen. Die von dem Kläger zitierten Weihnachtsgrüße seien vor dem Hintergrund der Nachrichten über eine Impfstoffentwicklung- und Zulassung im Dezember 2020 zu sehen. Dies habe bei der Beklagten zu 2) zu der vorsichtigen Prognose geführt, dass im Sommer 2021 doch wieder mit einem erhöhten Fluggastaufkommen zu rechnen sei. Es sei eine Annonce geschaltet worden, um einen Bewerberpool aufzubauen, auf den sie schnell hätte zugreifen können. All dies sei unter dem Vorbehalt der Erholung des Flugsektors erfolgt und Einstellungen seien nicht fest eingeplant gewesen. Nach Meldungen über verzögerte Impfungen und Virusmutationen sei von den Überlegungen wieder Abstand genommen worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">120</span><p class=\"absatzLinks\">Einen Betriebsübergang auf sie, die Beklagte zu 2) habe es - wie bereits ausgeführt - nicht gegeben. Sie hat weiter behauptet, alle Personalentscheidungen, etwa zu Einstellungen, Entfristungen, Abmahnungen und Kündigungen würden auf N. getroffen, wobei zum Teil einzelne Verwaltungsfunktionen aus X. heraus ausgeführt würden. Eine Sozialauswahl sei nicht erforderlich gewesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">121</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht gewesen, der später rechtshängig gemachte Feststellungsantrag sei bereits wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Ein Unterschied zu dem Antrag, der nach der Auffassung der Klägerseite auf das Vorliegen eines Betriebsüberganges ziele, sei nicht zu erkennen. Aus den Ausführungen der Klägerseite ergebe sich vielmehr eine Unschlüssigkeit des Kündigungsschutzantrages.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">122</span><p class=\"absatzLinks\">Mangels Betriebsübergangs hafte die Beklagte zu 2) nicht für Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1). Die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Hilfsanträge seien unter einer unzulässigen außerprozessualen Bedingung gestellt. Sie seien auch unbegründet, weil die Zahlung der Sektorzulage für geplante Blockstunden durch die einvernehmliche Freistellung die Regelung des Annahmeverzugs in § 615 BGB vertraglich abbedungen sei. Es habe dem Kläger freigestanden, seine Arbeitsleistung anzubieten, wenn er mit der Freistellung nicht einverstanden gewesen wäre. Außerdem sei die Beklagte zu 2) auch zu einer einseitigen Freistellung berechtigt gewesen. Unabhängig davon sehe B. des Eckpunktepapers die Sektorzulage nur für tatsächlich erbrachte Flugleistungen vor, wobei ausweislich G.6 des Eckpunktepapiers keine Garantie für eine bestimmte Anzahl von Blockstunden bestanden habe. Angesichts des hohen Bruttogrundgehalts sei dies in keiner Weise unbillig oder unangemessen. Da die Freistellungserklärung die Übrigen vertraglichen Verpflichtungen bestehen ließ, gelte dies auch für G.6 des Eckpunktepapiers. Die Zuweisung von Flugstunden sei damit dem Direktionsrecht der Beklagten zu 1) unterfallen. Mangels Flugverkehrs der Beklagten zu 1) im November und Dezember 2020 habe diese in rechtmäßiger Weise dem Kläger in dieser Zeit keine Flugstunden zugewiesen. Das insoweit bestehende Risiko sei den Piloten bereits durch ein auskömmliches Grundgehalt abgesichert gewesen. Eine unangemessene Benachteiligung sei nicht gegeben, weil es im Rahmen der Vertragsfreiheit ohne weiteres möglich sei, nur eine Grundvergütung zu vereinbaren. Es sei nicht nachvollziehbar, warum dann eine unangemessene Benachteiligung gegeben sein solle, wenn zusätzlich noch ein variabler Gehaltsbestandteil vereinbart werde. Eine Inhaltskontrolle der Hauptleistungspflichten finde nicht statt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">123</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger habe die Höhe der Sektorzulage außerdem falsch berechnet. Die Rechtslage sei nicht mit derjenigen der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall vergleichbar. Deshalb könne der Kläger nicht die Regelung in H. Ziff. 3 des Eckpunktepapiers heranziehen. Das Lohnausfallprinzip sei insoweit konsequent zu befolgen. Es sei zu berücksichtigen, dass auch ohne Freistellung aufgrund der Schließung der deutschen Basen im November und Dezember 2020 von keiner deutschen Basis aus Flüge durchgeführt worden wären. Die Freistellung sei erfolgt, weil kein Beschäftigungsbedarf mehr bestanden habe. Ein Abstellen auf die letzten drei Monate sei auch im Übrigen wegen der Schwankungen innerhalb eines Jahres nicht interessengerecht. Weiter sei zu berücksichtigen, dass die Monate November 2020 und Dezember 2020 Teile des Winterflugplans seien, der durch ein deutlich geringeres Flugaufkommen als der Sommerflugplan gekennzeichnet sei. Hinzu komme, dass im Zeitraum November 2020 und Dezember 2020 die Corona-bedingten Einschränkungen wieder angestiegen seien. Auf die beiden Vorjahresmonate könne nicht abgestellt werden, weil im November und Dezember 2019 noch keine Pandemie vorgelegen habe. Stellte man auf die Sektorzulage an den Standorten X. und Q. ab, müsste der November 2020 im Vergleich zum Oktober 2020 mit lediglich 62 % und für den Dezember 2020 mit lediglich 46 % (Kapitän) bzw. 47 % (First Officer) gerechnet werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">124</span><p class=\"absatzLinks\">Zu den Sondereffekten im Winter 2019 sei anzuführen, dass die Beklagte zu 1) sich damals auf einem aggressiven Wachstumskurs befunden habe. Im Übrigen sei es normal, dass Fluggesellschaften insbesondere auf innereuropäischen Ferienstrecken das Flugaufkommen im Winter gegenüber dem Sommer reduzieren. Dies spiegele sich auch in den Umsätzen der S.-Gruppe wider, die im Winterhalbjahr stets 40% geringer als im Sommerhalbjahr gewesen seien. Abwegig sei es auf Flugstunden vor der Pandemie abzustellen, zumal der Kläger die neuen Konditionen des Eckpunktepapiers im Juli 2020 inmitten der Pandemie akzeptiert habe. Es habe keine Erwartung bestanden, so viele Flugstunden wie etwa im Jahr 2019 zu fliegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">125</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage ist mit dem Antrag zu 1) Gegenstand des Verfahrens Arbeitsgericht Düsseldorf - 9 Ca 5918/20 - (alt 12 Sa 347/21) gewesen. Die Klage war mit den Anträgen zu 2), 3), 5) und 9) ursprünglich mit anderen Zahlbeträgen ebenfalls Gegenstand dieses Verfahrens. Nach Abtrennung durch Beschluss des Arbeitsgerichts vom 22.02.2021 waren sie Gegenstand des Verfahrens Arbeitsgerichts Düsseldorf - 9 Ca 1053/21 - (alt 8 Sa 575/21), in dem zuletzt die Anträge zu 2) bis 6) Gegenstand waren. Die Anträge zu 7) bis 9) waren Gegenstand des Verfahrens Arbeitsgericht Düsseldorf - 4 Ca 5890/20 - (alt 14 Sa 663/21). Das Arbeitsgericht Düsseldorf hat sämtliche Klageanträge - soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung - abgewiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">126</span><p class=\"absatzLinks\">Zu - alt 12 Sa 347/21: Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2021 ist dem Kläger am 23.03.2021 zugestellt worden und der Kläger hat am 22.04.2021 Berufung eingelegt und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 25.06.2021 - am 25.06.2021 begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">127</span><p class=\"absatzLinks\">Zu - alt 8 Sa 575/21: Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.05.2021 ist dem Kläger am 19.05.2021 zugestellt worden. Der Kläger hat am 16.06.2021 Berufung eingelegt und diese am 16.07.2021 begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">128</span><p class=\"absatzLinks\">Zu - alt 14 Sa 663/21: Das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.06.2021 ist dem Kläger am 22.06.2021 zugestellt worden und der Kläger hat am 05.07.2021 Berufung eingelegt und diese am 28.07.2021 begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">129</span><p class=\"absatzLinks\">Mit Beschluss vom 05.10.2021 hat die Kammer nach Anhörung der Parteien des hiesigen Rechtsstreits sowie der Verfahren 8 Sa 575/21 und 14 Sa 663/21 die Verfahren zu den bisherigen Aktenzeichen 8 Sa 575/21 und 14 Sa 663/21 mit dem führenden Verfahren 12 Sa 347/21 gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 147 ZPO i. V. m. IV.3 a) des Geschäftsverteilungsplans des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">130</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger rügt zunächst, dass die in erster Instanz vorgenommene Abtrennung der Verfahren unzulässig gewesen sei. Bei den beiden Beklagten habe es sich um notwendige Streitgenossen gehandelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">131</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger ist der Ansicht, die Kündigung der Beklagten zu 1) sei mangels Bestimmtheit unwirksam. Entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts seien zwei Kündigungstermine (31.10.2020 und 31.12.2020) ausdrücklich genannt und ein weiterer (15.12.2020) ergebe sich unter Berücksichtigung des Eckpunktepapiers. Auf diesen hätten die Beklagtenvertreter noch im Gütetermin hingewiesen. Aus der Sicht eines objektiven Empfängers sei nicht klar, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis beendet werden solle, zumal noch auf eine Rückgabe der Arbeitsmittel nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, spätestens aber zum 06.11.2020 hingewiesen werde. Eine Auslegungsregel, dass im Zweifel zum späteren Termin gekündigt werde, gebe es nicht. Der Erklärende müsse für klare Verhältnisse sorgen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">132</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei nicht sozial gerechtfertigt, das Kündigungsschutzgesetz finde gemäß §§ 23, 24 Abs. 2 KSchG oder aber zumindest aufgrund einer verfassungskonformen Auslegung dieser Bestimmungen Anwendung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">133</span><p class=\"absatzLinks\">Das Arbeitsgericht habe die mit ihm vereinbarte Versetzungsklausel in das Ausland nicht berücksichtigt. Da er verpflichtet gewesen sei, seine Arbeitsleistungen auch im Ausland zu erbringen, könne in der Schließung der Station B. kein dringender betrieblicher Grund gesehen werden. Die Schließung der Basis in T. führe zu keinem anderen Ergebnis. Es habe zum Kündigungszeitpunkt keine unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 1) gegeben, welche den Beschäftigungsbedarf für ihn habe entfallen lassen. Die Gründe aus der E-Mail vom 28.07.2020 zur angeblichen Betriebsstillegung seien nichtssagend oder ungeeignet. Die Mitteilung enthalte im Übrigen ein missglücktes Belehrungsschreiben gemäß § 613a Abs. 5 BGB. Der Flughafen B. habe gar keine Möglichkeit gehabt, die Gebühren zu senken. Dass der Flughafenabfertiger B. seine Preise um 30 % erhöht habe, werde mit Nichtwissen bestritten. Eher sei es so, dass die S. gewährten Vergünstigungen ausgelaufen seien und B. ein Angebot zu marktüblichen Preisen gemacht habe. Auf Presseverlautbarungen Dritter komme es nicht an, sondern auf die Willensbildung der Organe der Beklagten zu 1).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">134</span><p class=\"absatzLinks\">Es liege außerdem keine Betriebsstilllegung, sondern ein Betriebsübergang vor. Die Standorte T. und B. seien keine selbständigen Betriebsteile. Vielmehr sei die Gesamtheit des Wet-Lease für S. zum 15.09.2020 spätestens aber zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen. Die Standorte B. bzw. T. hätten weder alleine noch gemeinsam über die notwendige funktionelle Autonomie verfügt. Ohne die zentralisierte Steuerung aus dem Ausland hätten in B. keine Flüge durchgeführt werden können. Zu würdigen sei außerdem die in das Ausland reichende Versetzungsklausel. Dass die Beklagte zu 1) im Wet-Lease für S. nur sog. point-to-point-Flüge anbot, führe nicht zu einem eigenständigen Betriebsteil in B.. Folgende Punkte verdeutlichten nach Ansicht des Klägers den Betriebsübergang des gesamten Flugbetriebs auf die Beklagte zu 2):</p>\n<span class=\"absatzRechts\">135</span><p class=\"absatzLinks\">- Die Beklagte zu 2) erbringe wie die Beklagte zu 1) als Wet-Lease Anbieter mit Airbus AOC Flugleistungen für die S. Gruppe. Die vertraglichen Vereinbarungen seien entweder übernommen oder zum 01.11.2020 neu abgeschlossen worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">136</span><p class=\"absatzLinks\">- Bis auf die Slots in B. und T. seien alle Nutzungsrechte übernommen worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">137</span><p class=\"absatzLinks\">- Übernahme sämtlicher Flugzeuge</p>\n<span class=\"absatzRechts\">138</span><p class=\"absatzLinks\">- Die Organisationsstruktur sei komplett übernommen worden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">139</span><p class=\"absatzLinks\">- Der wesentliche Teil der Führungspersönlichkeiten sei übernommen worden</p>\n<span class=\"absatzRechts\">140</span><p class=\"absatzLinks\">- Die Bases X. und Q. seien ebenso übernommen worden wie die Planung der Beklagten zu 1) eine Basis in A. zu eröffnen</p>\n<span class=\"absatzRechts\">141</span><p class=\"absatzLinks\">- Übernahme des weit überwiegenden Teils der Besatzungen (Piloten+Crew) in Q., X. und B.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">142</span><p class=\"absatzLinks\">- Komplette Übernahme des Erscheinungsbildes der Flugzeuge</p>\n<span class=\"absatzRechts\">143</span><p class=\"absatzLinks\">- Übernahme der Uniformen</p>\n<span class=\"absatzRechts\">144</span><p class=\"absatzLinks\">- Übernahme des Vertrags mit dem Personaldienstleister D.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">145</span><p class=\"absatzLinks\">- Übernahme der IT-Software und IT-Hardware</p>\n<span class=\"absatzRechts\">146</span><p class=\"absatzLinks\">Der Umstand, dass die Räumlichkeiten in T. und B. nicht übernommen worden seien, falle nicht ins Gewicht. Auf eine örtliche Nähe der Standorte oder der Leitung dürfe es nicht ankommen, Er habe mit dem Stationierungsort X. und dem Einsatzort B. ausschließlich Wet-Lease-Flüge für S. durchgeführt und deshalb zur Gesamteinheit des Wet-Lease für S. angehört, womit er vom Betriebsübergang erfasst sei. Entgegen der zweitinstanzlichen Behauptung der Beklagten treffe es nicht zu, dass die Beklagte zu 1) ab Juli 2020 parallel noch eigene Flüge unter ihrem \"OE\"-Flugcode durchgeführt habe. Darauf komme es aber nicht an, weil die Beklagte zu 1) auch nach dem Vortrag der Beklagten weit überwiegend Wet-Lease-Flüge für S. DAC erbracht habe. Zu dieser wirtschaftlichen Einheit habe er gehört.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">147</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kündigung der Beklagten zu 1) sei auch unwirksam, weil entgegen der Ansicht der Beklagten ungedeckter Beschäftigungsbedarf bei der Beklagten zu 2) bestehe. Dies habe er bereits erstinstanzlich vorgetragen und in Kürze werde Personal für die neue im Mai 2021 eröffnete Basis in A. rekrutiert. Hinzu komme weiteres Personal für die weitere neue Basis in A. ab dem dritten Quartal 2021. Er bestreite mit Nichtwissen, dass sämtliche bei der Beklagten zu 2) neu eingestellten Piloten und Kabinencrewmitglieder bereits zuvor einen Vertrag mit der Beklagten zu 1) gehabt hätten. Zahlreiche Piloten seien von der Air B. gekommen. Aufgrund seiner Versetzungsklausel habe er sich auf diese Stellen im Ausland berufen können. Er mache insoweit keine Weiterbeschäftigung im Konzern geltend, sondern begehre diese im Rahmen seines kraft Gesetzes auf die Beklagte zu 2) übergegangenen Arbeitsverhältnisses im Ausland.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">148</span><p class=\"absatzLinks\">Die Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 1) sei unwirksam, weil die Schriftform durch die Übermittlung per Telefax nicht ausreiche. Der Kläger bestreitet mit Nichtwissen, dass die Anzeige der Agentur für Arbeit Düsseldorf im Original am 10.09.2020 zugestellt worden sei. Der Grund für die Massenentlassung sei nur floskelartig angegeben. Die Massenentlassungsanzeige sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1) die Soll-Angaben des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG der Agentur für Arbeit nicht vor Zugang der Kündigung mitgeteilt habe. Der Kläger begründet im Einzelnen, warum diese Angaben bei unionsrechtskonformer Auslegung Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Gründe des Vertrauensschutzes stünden dem nicht entgegen. Soweit die Beklagte zu 1) behauptet, dass diese Angaben der Agentur für Arbeit im Kündigungszeitpunkt zugänglich gewesen seien, bestreitet der Kläger dies mit Nichtwissen. Dies reiche aber unabhängig davon nicht aus, weil die Soll-Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG in der Massenentlassungsanzeige zu machen seien. Auf eine Kenntnis der Agentur für Arbeit aufgrund des Antrags auf Kurzarbeitergeld durch die Beklagte zu 1) könne nicht abgestellt werden, weil sie diesen bei der Agentur für Arbeit in Würzburg und nicht bei derjenigen in Düsseldorf gestellt habe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">149</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger ist der Ansicht, dass die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 ein rechtliches Nullum darstelle, weil diese zu diesem Zeitpunkt aufgrund des frühestens zum 15.09.2020 erfolgten Betriebsübergangs noch nicht in die Arbeitgeberstellung eingerückt sei. Da die Beklagte zu 2) sich gleichwohl der Wirksamkeit der Kündigung berühme, sei der Feststellungsantrag zu III.1. zulässig. Das erforderliche Feststellungsinteresse sei gegeben. Dem Antrag zu III.1. stehe keine anderweitige Rechtshängigkeit entgegen. Mit dem Antrag zu II.1. möchte er isoliert festgestellt wissen, dass sein Arbeitsverhältnis auf die Beklagte zu 2) übergegangen sei und mit dieser fortbestehe. Der Antrag zu III.1 richte sich darauf, dass mit der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis bestehe. Dies sei der einzig mögliche Antrag, wenn der Betriebserwerber keine Kündigung ausspricht oder aber er, wie vorliegend von einer Kündigung vor Betriebsübergang ausgehe. Die Frage des Betriebsübergangs sei hier nur Vorfrage und nicht Streitgegenstand, so dass der Streitgegenstand nicht identisch sei. Es sei auch unzutreffend, dass der Antrag zu II.1. den Kündigungsschutzantrag gegen die Beklagte zu 2) unschlüssig werden lasse.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">150</span><p class=\"absatzLinks\">Sollte das Gericht feststellen, dass es keinen Betriebsübergang gegeben habe oder dass es bereits vor dem 10.09.2020 zu einem Betriebsübergang gekommen sei, habe das Gericht über den Kündigungsschutzantrag betreffend die Kündigung der Beklagten zu 2) zu befinden. Diese Kündigung sei unwirksam, weil sie sozial nicht gerechtfertigt sei. Das Kündigungsschutzgesetz finde Anwendung. Die Wartezeit sei jedenfalls aufgrund individualrechtlicher Vereinbarung durch das Eckpunktepapier erfüllt. Sein sozialer Besitzstand bei der Beklagten zu 1) sei dadurch jedenfalls ab März 2018 gesichert worden. Er habe dann einem Wechsel zur Beklagten zu 2) zu den identischen Vertragsbedingungen zugestimmt. Weder Vergütung noch Tätigkeit hätten sich ändern sollen. Auf eine neue Erprobung sei es der Beklagten zu 2) nicht angekommen. Der sachliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes sei ebenfalls eröffnet. Es sei weiterhin zu bestreiten, dass die Beklagte zu 2) im Kündigungszeitpunkt über keine betrieblichen Strukturen in Deutschland verfügt habe. Dies zeige sich schon daran, dass die Beklagte zu 2) Arbeitsverhältnisse mit 71 Piloten und 55 Flugbegleitern eingegangen sei. Schließlich meine die Anwendung deutschen Arbeitsrechts aus dem Eckpunktepapier auch die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes. Auch gegenüber der Beklagten zu 2) sei der sachliche Geltungsbereich über §§ 23, 24 Abs. 2 KSchG oder aber im Wege verfassungskonformer Auslegung eröffnet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">151</span><p class=\"absatzLinks\">Unterstelle man, dass die Beklagte zu 2) auf Dauer keinen Flugbetrieb in Deutschland durchführe, hätte diese ihm aufgrund der Versetzungsklausel die nach seinem Vortrag freien Stellen in X. oder auf N. anbieten müssen. Unabhängig davon habe es wie ausgeführt keine Betriebsstilllegung, sondern einen Betriebsübergangen gegeben. Es fehle außerdem ebenso wie bei der Beklagten zu 1) an einer unternehmerischen Entscheidung der Beklagten zu 2) zur Betriebsstillegung. Es gebe aktuell sogar neue OCC-Kurse, so dass die Kündigung sich als unzulässige Austauschkündigung darstelle.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">152</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kündigung der Beklagten zu 2) sei wegen einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige unwirksam. Diese habe auf N. gestellt werden müssen und nicht per Telefax erfolgen dürfen. Die Gründe für die Entlassung seien nur floskelartig angegeben. Die Massenentlassungsanzeige sei auch deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 2) die Soll-Angaben des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG der Agentur für Arbeit nicht vor Zugang der Kündigung mitgeteilt habe. Der Kläger begründet im Einzelnen, warum diese Angaben bei unionsrechtskonformer Auslegung Wirksamkeitsvoraussetzung sei. Gründe des Vertrauensschutzes stünden dem nicht entgegen. Soweit die Beklagte zu 2) behauptet, dass diese Angaben der Agentur für Arbeit im Kündigungszeitpunkt zugänglich gewesen seien, bestreitet der Kläger dies mit Nichtwissen. Dies reiche aber ohnehin nicht aus, weil die Soll-Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG in der Massenentlassungsanzeige zu machen seien. Außerdem habe die Beklagte zu 1) - wie ausgeführt - den Antrag auf Kurzarbeitergeld bei der Agentur für Arbeit in Würzburg und nicht bei derjenigen in Düsseldorf gestellt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">153</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger ist der Ansicht, das Arbeitsgericht habe die Zahlungsanträge zu Unrecht abgewiesen. Zunächst habe - wie ausgeführt - ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) vorgelegen, so dass diese für die geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche der Monate November 2020 und Dezember 2020 hafte. Soweit er die Beklagte zu 1) hilfsweise in Anspruch genommen habe, liege darin eine zulässige Antragstellung, weil es sich bei den beiden Beklagten um notwendige Streitgenossen gehandelt habe. Es sei keine unzulässige außerprozessuale Bedingung gegeben. Sollte das Gericht in der Verknüpfung eine unzulässige außerprozessuale Bedingung sehen, würden die Zahlungsanträge unbedingt gestellt. Da er nicht wissen könne, wie das Gericht den Sachverhalt (hier Betriebsübergang) bewerte, dürfe er auch sich widersprechende Anträge stellen. Sein vordringliches Klageziel sei die Feststellung, dass das mit der Beklagten zu 1) begründete Arbeitsverhältnis spätestens zum 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) fortbestehe. Damit verknüpft sei die Geltendmachung der Vergütungsansprüche. Da er nicht wissen könne, wie die erkennende Kammer in Bezug auf den Betriebsübergang entscheide, stelle er die restlichen Vergütungsansprüche nach dem Betriebsübergang gegen die Beklagte zu 1) (unbedingt). Also seien diese Klageanträge für den Fall gestellt, dass die erkennende Kammer zu der Entscheidung gelange, dass kein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden habe. Es sei ihm unzumutbar, seine Annahmeverzugslohnansprüche unbedingt geltend zu machen, weil er in diesem Fall denknotwendigerweise immer mit zumindest einem Klageantrag unterliege.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">154</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">155</span><p class=\"absatzLinks\">I. das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 25.02.2021 - 9 Ca 5918/20 - teilweise abzuändern</p>\n<span class=\"absatzRechts\">156</span><p class=\"absatzLinks\">und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen ihm und der Beklagten zu 1) durch die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst worden ist;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">157</span><p class=\"absatzLinks\">II. das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 06.05.2021 - 9 Ca 1053/21 abzuändern und</p>\n<span class=\"absatzRechts\">158</span><p class=\"absatzLinks\">1.festzustellen, dass das zwischen ihm und der Beklagten zu 1) bestehende Arbeitsverhältnis ab dem 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) zu unveränderten Arbeitsbedingungen fortbesteht;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">159</span><p class=\"absatzLinks\">2.die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn Annahmeverzugsvergütung für November 2020 in Höhe von 1.629,94 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">160</span><p class=\"absatzLinks\">3.hilfsweise für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sein sollte, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Annahmeverzugsvergütung für November 2020 in Höhe von 1.629,94 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">161</span><p class=\"absatzLinks\">4. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Annahmeverzugsvergütung für November 2020 in Höhe von 1.629,94 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.01.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">162</span><p class=\"absatzLinks\">5.die Beklagte zu 2) zu verurteilen, an ihn Annahmeverzugsvergütung für Dezember 2020 in Höhe von 1.382,80 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen und</p>\n<span class=\"absatzRechts\">163</span><p class=\"absatzLinks\">6.hilfsweise für den Fall, dass das Gericht feststellen sollte, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen sein sollte, die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Annahmeverzugsvergütung für Dezember 2020 in Höhe von 1.382,80 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">164</span><p class=\"absatzLinks\">7. die Beklagte zu 1) zu verurteilen, an ihn Annahmeverzugsvergütung für Dezember 2020 in Höhe von 1.382,80 Euro brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 02.02.2021 zu zahlen;</p>\n<span class=\"absatzRechts\">165</span><p class=\"absatzLinks\">III. das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 01.06.2021 - 4 Ca 5890/20 abzuändern und</p>\n<span class=\"absatzRechts\">166</span><p class=\"absatzLinks\">1.festzustellen, dass zwischen ihm und der Beklagten zu 2) ein Arbeitsverhältnis besteht;</p>\n\n<span class=\"absatzRechts\">167</span><p class=\"absatzLinks\">2.festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2) durch die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 nicht aufgelöst wurde und</p>\n<span class=\"absatzRechts\">168</span><p class=\"absatzLinks\">3.für den Fall des Obsiegens mit dem Klageantrag zu Ziffer III.1. oder III.2. die Beklagte zu 2) zu verurteilen, ihn bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits als Captain weiter zu beschäftigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">169</span><p class=\"absatzLinks\">Betreffend sämtliche zuletzt noch gegen sie gerichteten Berufungsanträge beantragen die Beklagten</p>\n<span class=\"absatzRechts\">170</span><p class=\"absatzLinks\">die Berufung des Klägers gegen die jeweils bezeichneten Urteile des Arbeitsgerichts Düsseldorf zurückzuweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">171</span><p class=\"absatzLinks\">Sie verteidigen die Urteile des Arbeitsgerichts. Etwaige Mängel des Abtrennungsbeschlusses seien gemäß § 295 ZPO unbeachtlich und rechtfertigten keine zweitinstanzliche Abänderung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">172</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 1) hat gemeint, ihre Kündigung sei hinreichend bestimmt. Soweit versehentlich der 31.12.2020 aufgrund zu lang gewählter Kündigungsfrist genannt sei, sei die Kündigungserklärung zu diesem ausdrücklich genannten Termin auszulegen. Das Kündigungsschutzgesetz sei weder gemäß §§ 23, 24 KSchG noch in verfassungskonformer Auslegung anwendbar, weil sie nicht lediglich steuernd aus dem Ausland in Deutschland tätig werde, sondern beträchtliche Stationen im Ausland wie in X. und Q. gehabt habe. Auch die Spezialnorm des § 24 Abs. 2 KSchG verlangen, dass ein \"Betrieb\", nämlich ein \"Luftverkehrsbetrieb\" in Deutschland liege, was die Gesetzeshistorie belege. Es sei mit dem Grundgesetz vereinbar, dass nicht sämtliche Arbeitsverhältnisse, die dem deutschen Arbeitsrecht unterliegen, unter den Schutz des Kündigungsschutzgesetzes fallen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">173</span><p class=\"absatzLinks\">Jedenfalls lägen aufgrund der Schließung der Basis in B. für die Kündigung dringende betriebliche Gründe vor. Sie habe ausreichend - wie auch vom Arbeitsgericht gesehen - zur Stilllegung sowie deren Umsetzung und auch zu deren Beweggründen vorgetragen. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten hätten nicht bestanden. Sofern sich der Kläger auf angebliche Beschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 2) im Ausland berufe, liege kein Fall vor, in dem eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland zu berücksichtigen sei.  </p>\n<span class=\"absatzRechts\">174</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 1) ist der Ansicht, die Übermittlung der Massenentlassungsanzeige per Telefax sei rechtswirksam. Unabhängig davon behauptet sie, dass sie die Massenentlassungsanzeige am 10.09.2020 zusätzlich um 18.15 Uhr im Original per Kurier an die Agentur für Arbeit in Düsseldorf zugestellt habe. Entgegen der Ansicht des Klägers habe es der Soll-Angaben gemäß § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG für die Wirksamkeit der Massenentlassungsanzeige nicht bedurft. Der Kläger sei mit dieser erst in zweiter Instanz erhobenen Rüge gemäß § 6 KSchG ausgeschlossen. Sie sei außerdem verspätet gemäß §§ 67 Abs. 2, 61a, 67 Abs. 4 ArbGG. Eine Prüfung von Amts wegen habe nicht zu erfolgen. Schließlich begründet die Beklagte zu 1) im Einzelnen, warum es der Soll-Angaben entgegen einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen nicht bedurfte habe und jedenfalls Vertrauensschutz zu gewähren sei. Unabhängig davon behauptet die Beklagte zu 1), die Soll-Angaben seien der Agentur für Arbeit Düsseldorf im Kündigungszeitpunkt aufgrund der Kurzarbeitergeldanträge für sämtliche zu entlassenden Arbeitnehmer bekannt gewesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">175</span><p class=\"absatzLinks\">Zunächst komme es auf das Vorliegen eines Betriebs(teil)übergangs nicht an, weil unabhängig davon die bei Zugang der Kündigung feststehende vollständige Schließung bzw. Nichtaufnahme von Basen durch die Beklagten festgestanden habe und dies unabhängig von einem etwaigen Betriebs(teil)übergang einen Kündigungsgrund bilde. Ein solcher liege aber auch nicht vor. Die Beklagten behaupten hierzu, ihre verantwortlichen Personen in 2020 seien nicht identisch, sondern u.a. wie folgt unterschiedlich besetzt gewesen: Accountable Manager: B. H./E. P.; Nominated Person Crew Training: E. Q./K. I.; Nominated Person Ground Operations N. H./T. L.. Aber auch im Übrigen, betreffend CEO, Head of HR, CFO, Head of Sales &Customer Service, Head of Marketing, Compliance Monitoring Manager und Safety and Security Manager habe es unterschiedliche Besetzungen gegeben. Die Beklagte zu 2) habe entgegen dem Berufungsvortrag des Klägers auch nicht die Mehrheit der Mitarbeiter der Beklagten zu 1) übernommen. So seien bereits die 240 Mitarbeiter der Beklagten zu 1) in Deutschland von der Beklagten zu 2) nie tatsächlich beschäftigt worden. Hinzu kämen in X. mehr als 100 ehemalige Mitarbeiter der Beklagten zu 1), die nie bei der Beklagten zu 2) beschäftigt worden seien. Die Entscheidung zur Eröffnung neuer Basen in A. und A. sei erst im März 2021 auf der Basis entsprechender Planungen des Kunden S. DAC final getroffen worden. Jedenfalls erfasse ein - nicht gegebener Betriebsteilübergang - nicht den Kläger. Die Beklagte zu 1) habe außerdem ab Juli 2020 zwar zu einem großen Teil Wet-Lease-Flüge für S. DAC erbracht. Sie habe aber parallel unter ihrem eigen \"OE\"-Flugcode parallel noch einige Flüge durchgeführt. Eine spezielle Zuteilung von Flugzeugen oder Besatzungen für Wet-Lease einerseits und eigenwirtschaftliche Flüge andererseits habe es nicht gegeben. Auf eine etwaige Versetzungsklausel komme es für die Frage des Betriebsübergangs nicht an. Im Übrigen sei diese durch das Eckpunktepapier abgelöst worden und daher im hier relevanten Zeitraum nicht mehr existent gewesen. Es habe weder einen Betriebsübergang betreffend die Station B. noch betreffend einer Gesamtheit des Wet-Lease-Flugbetriebs gegeben. Dabei sei zu berücksichtigen, dass die beiden Beklagten unterschiedliche Geschäftsfelder hätten. Die Beklagte zu 1) habe Passagierlinienflüge für die reisende Öffentlichkeit angeboten. Die Beklagte zu 2) erbringe lediglich Charterflüge im Auftrag von Fluggesellschaften. Die Bereitstellung von Wet-Lease-Flügen für die Beklagte zu 1) durch S. DAC für einen zeitlich begrenzten Zeitraum sei eine Folge der verheerenden COVID-19-Pandemie gewesen, habe aber nichts an der völlig unterschiedlichen Geschäftstätigkeit der beiden Beklagten geändert. Insgesamt bleibe Folgendes festzuhalten:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">176</span><p class=\"absatzLinks\">- Das Geschäftsmodell der beiden Beklagten sei vollkommen anders gestaltet</p>\n<span class=\"absatzRechts\">177</span><p class=\"absatzLinks\">-  weder in B. noch in T. sei die Base übernommen worden</p>\n<span class=\"absatzRechts\">178</span><p class=\"absatzLinks\">- die Organisationsstrukturen (einmal Headoffice N. bei der Beklagten zu 2), einmal Headoffice T. bei der Beklagten zu 1) seien unterschiedlich</p>\n<span class=\"absatzRechts\">179</span><p class=\"absatzLinks\">- wesentliche Teile der Führungspersonen seien unterschiedlich besetzt</p>\n<span class=\"absatzRechts\">180</span><p class=\"absatzLinks\">- von den Flugbesatzungen in B. und T. seien gar keine, von den Besatzungen in X. wesentliche Teile nicht bei der Beklagten zu 2) tätig geworden, d.h. vereinfacht \"2,5 von 4 Basen\" seien nicht fortgeführt worden</p>\n<span class=\"absatzRechts\">181</span><p class=\"absatzLinks\">- die IT-Soft- und Hardware sei Standard-Software gewesen, die am Markt frei verfügbar sei und insofern sei keine besondere Spezifikation übertragen worden</p>\n<span class=\"absatzRechts\">182</span><p class=\"absatzLinks\">- Von den Flugzeugen der Beklagten zu 1) sei nur eine vergleichbar sehr geringe Anzahl bei der Beklagten zu 2) im Einsatz</p>\n<span class=\"absatzRechts\">183</span><p class=\"absatzLinks\">Dies alles zeige, dass keine vermeintliche Gesamtheit Wet-Lease-Flugbetrieb übernommen worden sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">184</span><p class=\"absatzLinks\">Der Antrag zu II.1 sei zudem bereits unzulässig. Es fehle das erforderliche Feststellungsinteresse betreffend den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2). Ein isoliertes Feststellungsinteresse bestehe gerade nicht. Gemäß § 325 ZPO genüge die Kündigungsschutzklage gegen die Beklagte zu 1), welche aufgrund der Kündigungsfrist auch den angeblichen Betriebsübergang zum 01.11.2020 erfassen würde. Außerdem handele es sich um ein aufgrund der Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 abgeschlossenes Arbeitsverhältnis. Unabhängig davon sei der Antrag zu II.1. aber mangels Betriebs(teil)übergangs unzulässig. Der Antrag zu III.1 sei unzulässig. Entweder bestehe anderweitige Rechtshängigkeit oder das Feststellungsinteresse fehle.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">185</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 2) vertritt die Ansicht, ihre Kündigung vom 10.09.2020 sei wirksam. Wenn der Kläger meine, dass bei Zugang kein Arbeitsvertrag zwischen den Parteien vereinbart gewesen sei, sei die Klage bereits unschlüssig. Unabhängig davon sei bereits der sachliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes nicht eröffnet, weil die Beklagte zu 2) weder im Kündigungszeitpunkt noch sonst einen Betrieb i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes in Deutschland aufgenommen habe und zwar weder einen solchen i.S.v. § 23 KSchG noch i.S.v. § 24 Abs. 2 KSchG. Jedenfalls habe sie bei Zugang der Kündigung nicht i.d.R. mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt. Außerdem habe der Kläger die Wartezeit nicht erfüllt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">186</span><p class=\"absatzLinks\">Unabhängig davon liege ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vor. Im Rahmen einer Videokonferenz am 09.09.2020 um 14.00 Uhr habe der Flughafen B. den Forderungen der S. DAC bezüglich wirtschaftlicher Konditionen der Zusammenarbeit nicht nachgegeben. Dies sei der Grund dafür gewesen, die Basis in B. zu schließen und den Flugverkehr durch die Beklagte zu 2) gar nicht erst aufzunehmen, weil der einzige Wet-Lease-Kunde, die S. DAC, die von ihr angebotenen Leistungen nicht mehr abnehmen werde. Sie habe detailliert zu den Umständen vorgetragen, die dazu geführt haben, dass sie von der Eröffnung der Base in B. abgesehen habe. Gleiches gelte für die entsprechenden Umsetzungsschritte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">187</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Versetzungsklausel in das Ausland sei mit der Beklagten zu 2) nicht vereinbart gewesen. Das Eckpunktepapier habe eine solche Regelung nicht mehr vorgesehen. Die Beklagte zu 2) habe einen Arbeitsvertrag zu den gleichen Konditionen wie zuletzt bei der Beklagten zu 1) angeboten, d.h. ohne eine solche Versetzungsklausel. Entgegen dem Vortrag des Klägers habe bei ihr bei Ausspruch der Kündigungen an ausländischen Stationen kein ungedeckter Beschäftigungsbedarf bestanden, wie sie dies bereits erstinstanzlich vorgetragen und erläutert habe. Noch Anfang 2021 hätten außerdem in Q. einige Piloten für den Sommer 2021 50%-Teilzeitverträge akzeptiert, um einen andernfalls nötigen Personalabbau zu verhindern. Es sei für sie als Wet-Lease-Dienstleister dabei auch entscheidend, wo die Basen liegen. Es gehe um die langfristige Durchführung von Wet-Lease-Diensten für die S. DAC. Im Rahmen des low-cost-Geschäftsmodells sei dies nur möglich, wenn keine teuren out-of-Base-Zulagen und Transfers bezahlt werden müssten. Insofern bestehe eine funktionelle Verknüpfung der Betriebsmittel an einer Basis. S. DAC bediene sich ab dem 01.01.2020 für Flüge ab deutschen Basen des Dienstleisters N. Air, welche einen anderen Flugzeugtyp (Boeing) einsetze. Unabhängig von allem Vorstehenden liege keine Situation vor, in der das Bundesarbeitsgericht erwogen habe, dass eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Ausland zu berücksichtigen sei. Auf die Tätigkeit als Line-Kapitän komme es ohnehin nicht an, weil die Stelle aus August 2020 resultiere und es sich außerdem nur um eine Zusatzaufgabe für einen Piloten und nicht eine Neueinstellung als Pilot handele. Es habe sich um eine Betriebsstillegung und nicht - wie ausgeführt - um einen Betriebsübergang gehandelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">188</span><p class=\"absatzLinks\">Sie - die Beklagte zu 2) - betreffend habe es mangels Betriebs überhaupt keiner Massenentlassungsanzeige bedurft. Wenn erforderlich, sei die Anzeige jedenfalls zutreffend in B. und nicht auf N. oder in X. erstattet worden. Die Beklagte zu 2) ist der Ansicht, die Übermittlung der Massenentlassungsanzeige per Telefax sei rechtswirksam. Unabhängig davon behauptet sie, dass sie die Massenentlassungsanzeige am 10.09.2020 zusätzlich um 18.15 Uhr im Original per Kurier an die Agentur für Arbeit in Düsseldorf zugestellt habe.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">189</span><p class=\"absatzLinks\">Auch im Hinblick auf die Beklagte zu 2) seien die Soll-Angaben der zu entlassenden Arbeitnehmer für die Agentur für Arbeit Düsseldorf aufgrund des gewährten Kurzarbeitergeldes offenkundige Tatsachen gewesen, weil sämtliche Mitarbeiter zuvor bei der Beklagten zu 1) beschäftigt waren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">190</span><p class=\"absatzLinks\">Mangels Betriebsübergangs bestünden gegen die Beklagte zu 2) keine Zahlungsansprüche. Die Zahlungsanträge gegen die Beklagte zu 1) - so die Beklagten - blieben unzulässig, weil sie unter einer außerprozessualen Bedingung stünden. Entgegen der Ansicht des Klägers seien Betriebsveräußerer und Betriebsübernehmer keine notwendigen Streitgenossen. Die in zweiter Instanz neu gestellten Anträge gegen die Beklagte zu 1) seien ebenfalls unzulässig. Der Klageerweiterung werde nicht zugestimmt. Zwar seien diese Anträge vom Wortlaut her unbedingt formuliert. Ausweislich der Klagebegründung blieben sie aber weiterhin bedingt für den Fall, dass kein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden habe und stünden ebenfalls unter einer außerprozessualen Bedingung. Selbst wenn man die Anträge als eigenständige Anträge ansehen wollte, blieben sie unzulässig, weil doppelt rechtshängig. Daran ändere die von der Kammer angedachte Auslegung als Haupt- und Hilfsantrag nichts. Jedenfalls seien die Anträge, wie von der 11. Kammer des Arbeitsgerichts in einem Parallelverfahren ausgeführt, unbegründet. Entweder liege eine einvernehmliche Freistellung zu den angebotenen Bedingungen vor oder es fehle am wörtlichen Angebot des Klägers. Jedenfalls seien sie unschlüssig, weil für die Berechnung nicht auf die Vormonate abgestellt werden dürfe. Sollte das Gericht die Verzugslohnansprüche für zulässig erachten und den Ausführungen der 11. Kammer nicht folgen, haben die Beklagten um einen richterlichen Hinweis gebeten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">191</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen in beiden Instanzen sowie die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">192</span><p class=\"absatzLinks\">E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">193</span><p class=\"absatzLinks\">A.Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die im Jahre 2020 eingegangenen Klagen gegen beide Beklagte folgt aus Art. 66 Abs. 1, 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (EUGVVO). Es handelt sich bei den arbeitsgerichtlichen Klagen um zivilrechtliche Streitigkeiten i.S.v. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EUGVVO (BAG 07.05.2020 - 2 AZR 692/19, Rn. 16). Der für die Anwendung der EUGVVO erforderliche Auslandsbezug besteht, weil die Beklagten ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben. Als Arbeitgeber mit Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats können sie in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem oder von dem aus ihr Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat, verklagt werden (Art. 20 Abs. 1, 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i EUGVVO). Der Kläger hat seine Arbeit für die Beklagte zu 1) von B. aus verrichtet. Er hat von diesem Standort aus seine Flugdienste regelmäßig begonnen und dort auch wieder beendet. Entsprechendes sollte auch für seine Arbeit bei der Beklagten zu 2) gelten. Da er für diese noch keine Arbeit verrichtet hat, sind bereits aus diesem Grund die Voraussetzungen des Art. 21 Abs. 1 Buchst. b Ziff. i EUGVVO erfüllt (EuGH 25.02.2021 - C-804/19 [Markt24], Rn. 39 ff.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">194</span><p class=\"absatzLinks\">B.Die zulässigen Berufungen des Klägers sind weitgehend unbegründet. Sie haben lediglich betreffend die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Zahlungsanträge zu II.4. und II.7. Erfolg. Im Übrigen haben die Berufungen des Klägers keinen Erfolg.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">195</span><p class=\"absatzLinks\">I.Der gegen die Beklagte zu 1) gerichtete Kündigungsschutzantrag (Antrag zu I.) ist unbegründet, weil die Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2021 das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 31.12.2020 rechtswirksam beendet hat.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">196</span><p class=\"absatzLinks\">1. Auf das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1) findet aufgrund der im Eckpunktepapier getroffenen Rechtswahl gemäß Art. 3 Abs. 1 und 2, Art. 8 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I-VO) deutsches Recht Anwendung. Gemäß Art. 12 Abs. 1 lit. d Rom I-VO folgen die Regelungen über das Erlöschen von Verpflichtungen aus einem Vertrag und somit auch das Recht seiner Kündigung einschließlich des allgemeinen Kündigungsschutzes grundsätzlich dem Recht des Staates, das auf den Arbeitsvertrag Anwendung findet (BAG 24.08.1989 - 2 AZR 3/89).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">197</span><p class=\"absatzLinks\">Im Eckpunktepapier haben der Kläger und die Beklagte zu 1) Anfang Juli 2020 die in ihrem ursprünglichen Arbeitsvertrag vereinbarte Anwendung ÷. Rechts zugunsten des deutschen Rechts derogiert. Im Eckpunktepapier ist u. a. vereinbart, dass die Beklagte zu 1) ab dem 01.07.2020 das deutsche Arbeitsrecht auf alle ihre in Deutschland direkt angestellten Piloten anwendet. Zudem wurde in den Anfang Juli 2020 zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) gewechselten E-Mails vereinbart, dass das Eckpunktepapier ab dem 01.07.2020 die bisherigen Bedingungen und Konditionen ersetzt bzw. an deren Stelle tritt. Art. 3 Abs. 2 Satz 1 Rom I-VO gestattet es den Parteien, eine einmal getroffene Rechtswahl jederzeit wieder abzuändern (MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 77; BeckOGK/Wendland, Stand 01.09.2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 202; OGH 25.11.2014 - 8 ObA 34/14d; im Internetabrufbar unter https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Dokumentnummer=JJT_20141125_OGH0002_008OBA00034_14D0000_000). Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser ändernden Rechtswahlvereinbarung auf der Grundlage des gewählten deutschen Rechts (Art. 3 Abs. 5 Rom I-VO i.V.m. Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO; s.a. BeckOGK/Wendland, Stand 01.09.2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 209) bestehen nicht. Im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Klägers in Deutschland ist davon gemäß Art. 10 Abs. 2 Rom I-VO keine Abweichung veranlasst. Das deutsche Recht sieht im Übrigen für abändernde Rechtswahlklauseln keine Form vor (BGH 22.01.1997 - VII ZR 339/95, Rn. 31; BeckOK/Spickhoff, Stand 01.08.2021 VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn. 33). Die Rechtswahl entspricht dabei im Hinblick auf den vereinbarten Einsatzort des Flugpersonals in B. außerdem der objektiven Anknüpfung gemäß Art. 8 Abs. 2 Rom I-VO (in diesem Sinne wohl BAG 20.12.2012 - 2 AZR 481/11; EuGH 14.09.2017 - C-168/16; HWK/Tillmanns 9. Aufl. Rom I-VO Art. 9 Rn. 19 m. w. N.). Eine gesonderte Klauselkontrolle für vorformulierte Rechtswahlklauseln kommt nicht in Betracht. Insoweit wird über Art. 8 I Rom I-VO ein spezifisch kollisionsrechtlicher Schutz vor den Folgen einer Rechtswahl verwirklicht (ErfK/Schlachter, 22. Aufl. 2022, Rn. 6).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">198</span><p class=\"absatzLinks\">Unabhängig von Vorstehendem gehen die Parteien in beiden Tatsacheninstanzen übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts aus (vgl. zu einer - gemäß Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO auch nachträglich möglichen - Rechtswahl BGH 19.01.2000 - VIII ZR 275/98, Rn 28; BGH 09.06.2004 - I ZR 266/00, Rn. 36 m. w. N.). Es geht hierbei auch nicht um die Frage einer bloß irrigen Rechtsansicht. Die Parteien gehen übereinstimmend von der Anwendbarkeit deutschen Rechts aus, wie sie noch einmal in der mündlichen Verhandlung bestätigt haben. Unter Berücksichtigung sämtlicher vorgetragenen Umstände in diesem Verfahren liegt jedenfalls eine stillschweigende Rechtswahl deutschen Rechts vor (vgl. dazu z.B. BeckOGK/Wendland, Stand 01.09.2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 131 ff; 179 ff.; zur stillschweigenden nachträglichen Rechtswahl Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl. 2018, VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn. 43), denn den Parteien ist bewusst, dass ursprünglich österreichisches Recht vereinbart war und durch das Eckpunktepapier jetzt deutsches Recht zur Anwendung kommen soll. Genau auf dieser Rechtswahlgrundlage haben die Parteien sich verhalten und den Prozess geführt. Das Eckpunktepapier soll insgesamt zur Anwendung kommen, wie z.B. die Klage auf die Sektorzulage gerade auf der Grundlage des Eckpunktepapiers unter Berücksichtigung der Einlassung der Beklagten zu 1) dazu zeigt. Die Parteien streiten außerdem - mit insoweit unterschiedlichen Ergebnissen - sogar darüber, ob durch die Vereinbarung deutschen Arbeitsrechts gleichzeitig auch das deutsche Kündigungsschutzgesetz gilt. Dieser Streit ergibt nur auf der Grundlage des überhaupt vereinbarten deutschen Arbeitsrechts Sinn, was keine Partei - wie ausgeführt - in Abrede stellt. Es ist deshalb, nach den Umständen dieses konkreten Falles kein vernünftiger Grund gegeben, am realen Willen der Parteien zu zweifeln, sich unter den beiden in Betracht kommenden Rechten (×. und Deutschland) für die deutsche Rechtsordnung mit Geltungsabsicht zu entscheiden (vgl. a. OGH 25.11.2014 - 8 ObA 34/14d a.a.O.). In diesem konkreten Fall ist dann, so im Anwendungsbereich von Art. 3 Abs. 2 Rom I-VO überhaupt erforderlich, auch ein etwaiges - vom Kläger ohnehin nicht geltend gemachtes und ggfs. auch doppeltes - Schriftformerfordernis aus dem ÷. Arbeitsvertrag von den Parteien stillschweigend abbedungen (vgl. dazu BeckOGK/Wendland Stand 01.09.2021, Rom I-VI Art. 3 Rn. 210; sogar für eine mögliche Heilung ursprünglicher Formnichtigkeit durch Statutenwechsel Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl. 2018, VO (EG) 593/2008 Art. 3 Rn. 46; MüKoBGB/Martiny, 8. Aufl. 2021, Rom I-VO Art. 3 Rn. 81). Hier kommt noch hinzu, dass zu dem Eckpunktepapier wechselseitige Erklärungen i.S.v. Angebot und Annahme per E-Mail ausgetauscht worden sind und die Schriftformklausel eine vertragliche Vereinbarung der Parteien ist. Es besteht zur Überzeugung der Kammer keinerlei Zweifel, dass von den Parteien die Geltung des Eckpunktepapiers mit der Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts einvernehmlich gewollt ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">199</span><p class=\"absatzLinks\">2.Die Passivlegitimation der Beklagten zu 1) als Beklagte des Kündigungsrechtsstreits wird von einem etwaigen nach der Klageerhebung erfolgten Betriebsübergang nicht berührt. Der Rechtsstreit kann von der bisherigen Beklagten auch in einem solchen Fall in entsprechender Anwendung von §§ 265, 325 ZPO fortgesetzt werden (BAG 16.05.2002 - 8 AZR 320/01; 16.05.2006 - 6 AZR 249/05, Rn. 16; 20.03.1997 - 8 AZR 769/95, Rn. 20). Anhaltspunkte dafür, dass ein Betriebsübergang bereits vor Ausspruch der Kündigung der Beklagten zu 1) stattgefunden hätte mit der Folge, dass der Klageantrag zu I. bereits in Ermangelung eines zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bestehenden Arbeitsverhältnisses abzuweisen wäre, bestehen nicht. Die Beklagte zu 1) hat unstreitig bis Oktober 2020 ihren Flugbetrieb in B. fortgesetzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">200</span><p class=\"absatzLinks\">3.Die Kündigung der Beklagten zu 1) gilt nicht schon gemäß §§ 4, 7 KSchG als rechtswirksam. Die Klage wurden gemäß § 4 KSchG binnen drei Wochen nach Zugang beim Arbeitsgericht erhoben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">201</span><p class=\"absatzLinks\">4.In Bezug auf die Schriftform (§ 623 BGB) bestehen keine Wirksamkeitsbedenken.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">202</span><p class=\"absatzLinks\">5.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist hinreichend bestimmt. Sie ist zum 31.12.2020 ausgesprochen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">203</span><p class=\"absatzLinks\">a.Eine Kündigung muss als empfangsbedürftige rechtsgestaltende Willenserklärung so bestimmt sein, dass der Empfänger Klarheit über die Absichten des Kündigenden erhält. Der Kündigungsadressat muss erkennen können, zu welchem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis aus Sicht des Kündigenden beendet sein soll. Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist nicht allein auf ihren Wortlaut abzustellen. Zu würdigen sind alle Begleitumstände, die dem Erklärungsempfänger bekannt waren und die für die Frage erheblich sein können, welchen Willen der Erklärende bei Abgabe der Erklärung hatte. Das Erfordernis der Bestimmtheit einer ordentlichen Kündigung verlangt vom Kündigenden nicht, den Beendigungstermin als konkretes kalendarisches Datum ausdrücklich anzugeben. Es reicht aus, wenn der gewollte Beendigungstermin für den Kündigungsempfänger zweifelsfrei bestimmbar ist. Auch eine Kündigung \"zum nächstzulässigen Termin\" ist hinreichend bestimmt, wenn dem Erklärungsempfänger die Dauer der Kündigungsfrist bekannt oder für ihn bestimmbar ist. Sie ist typischerweise dahin zu verstehen, dass der Kündigende die Auflösung des Arbeitsverhältnisses zu dem Zeitpunkt erreichen will, der sich bei Anwendung der einschlägigen gesetzlichen, tarifvertraglichen und/oder vertraglichen Regelungen als rechtlich frühestmöglicher Beendigungstermin ergibt. Der vom Erklärenden gewollte Beendigungstermin ist damit objektiv eindeutig bestimmbar. Dies ist jedenfalls dann ausreichend, wenn die rechtlich zutreffende Frist für den Kündigungsadressaten leicht feststellbar ist und nicht umfassende tatsächliche Ermittlungen oder die Beantwortung schwieriger Rechtsfragen erfordert. Eine Kündigung ist dagegen nicht hinreichend bestimmt, wenn in der Erklärung mehrere Termine für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses genannt werden und für den Erklärungsempfänger nicht erkennbar ist, welcher Termin gelten soll (vgl. zu allem BAG 10.04.2014 - 2 AZR 647/13, Rn. 14 ff. m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">204</span><p class=\"absatzLinks\">b.In Anwendung dieser Grundsätze ist die Kündigung der Beklagten zu 1) hinreichend bestimmt zum 31.12.2020 ausgesprochen. Zunächst ist für den Kläger, entgegen seiner Ansicht, das im ersten Satz der Kündigungserklärung in Fettdruck genannte Datum 31.10.2020 kein möglicher Kündigungstermin. Dieser Zeitpunkt ist für den Kläger erkennbar irrelevant. Es handelt sich lediglich um den - unabhängig von der konkreten Kündigungsfrist - frühestens von der Beklagten zu 1) gewollten Kündigungstermin, der bei der für den Kläger längeren Kündigungsfrist nicht einschlägig ist. Diese wird sodann in Satz zwei des ersten Absatzes des Kündigungsschreibens auch benannt. Die Beklagte zu 1) geht in der Erklärung von einer Kündigungsfrist von drei Monaten aus und nennt den 31.12.2020 als den nach ihrer Berechnung sich ergebenden Beendigungstermin. Daran muss sie sich als einzig benanntem Kündigungstermin auch aus der Sicht der objektiv gewerteten Sicht des Klägers als Erklärungsempfänger festhalten lassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">205</span><p class=\"absatzLinks\">Richtig ist allerdings, dass die Kündigungsfrist des für das Arbeitsverhältnis des Klägers maßgeblichen Eckpunktepapiers in dessen einleitenden vierten Absatz eine Kündigungsfrist von drei Monaten zum Fünfzehnten oder Monatsletzten vorsieht. Richtig ist auch, dass die Kündigungserklärung auf die Kündigungsfrist \"gemäß Ihrem Arbeitsvertrag\" abstellt und in Satz eins eine Kündigung \"unter Beachtung der für Ihr Arbeitsverhältnis geltenden Kündigungsfrist ordentlich fristgerecht zum nächstmöglichen Zeitpunkt\" vorsieht. Bei Zugang der Kündigung am 11.09.2020 war nächstmöglicher Zeitpunkt objektiv der 15.12.2020. Dennoch ist für den Kläger als Empfänger erkennbar, dass der spätere Termin des 31.12.2020 gelten soll, weil dieser als einziger ausdrücklich genannt ist. Die Kündigungserklärung datiert auf den 10.09.2020, d.h. auf einen Zeitpunkt kurz vor dem 15.09.2020. Wenn die Beklagte dann den 31.12.2020 als den nach ihrer Berechnung richtigen Beendigungstermin nennt, ergibt sich aus der Sicht des Klägers, dass die Beklagte zu 1) unabhängig von einem Zugang vor oder nach dem 15.09.2020 erkennbar den 31.12.2020 als den \"nächstmöglichen Termin\" ansieht bzw. \"berechnet\" hat. Dies mag ausgehend vom tatsächlichen Zugangszeitpunkt fehlerhaft sein. Es handelt sich indessen um eine standardisierte Kündigungserklärung, was sich schon an der Angabe des frühestens möglichen Kündigungstermins in Satz eins des ersten Absatzes der Kündigungserklärung zeigt. Richtig ist zwar, dass im zweiten Satz des ersten Absatzes auf die konkrete Kündigungsfrist für das Arbeitsverhältnis des Klägers abgestellt wird. Die Beklagte zu 1) benennt dabei eine Kündigungsfrist von drei Monaten, ohne indes bei der Beschreibung der Kündigungsfrist in der Kündigungserklärung die beiden Kündigungstermine Fünfzehnter und Monatsletzter anzugeben. Hinzu kommt, dass bei einer Kündigungserklärung vom 10.09.2020 - wie ausgeführt - ersichtlich auch der 15.12.2020 als Beendigungstermin in Betracht käme. Wenn die Beklagte zu 1) gleichwohl den 31.12.2020 als Beendigungstermin nennt und in der Beschreibung der konkret für den Kläger geltenden Kündigungsfrist (drei Monate) die beiden möglichen Kündigungstermine nicht nennt, muss sie sich an dem 31.12.2020 als konkret bezeichneten Kündigungstermin aus der Sicht des Klägers festhalten lassen. Der Sachverhalt ist mit dem der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15.05.2013 (- 5 AZR 130/12 -,) nicht vergleichbar, bei der eine \"fristgemäß\" zu einem bestimmten, aber zu frühen Termin ausgesprochene Kündigung als solche unter Wahrung der maßgeblichen Kündigungsfrist ausgelegt wurde. In einem solchen Fall kann der Empfänger erkennen, dass der Arbeitgeber die maßgebliche Frist einhalten wollte und sich das angegebene Datum lediglich als das Ergebnis einer fehlerhaften Berechnung der zutreffenden Kündigungsfrist erweist; eine mit zu kurzer Frist ausgesprochene Kündigung ist grundsätzlich unwirksam (BeckOGK/Klumpp, Stand 01.10.2021, § 622 Rn. 111). Anders liegt es, wenn die Kündigung wie hier mit einem über das Mindestmaß hinausgehenden Beendigungstermin ausgesprochen wird. Die Sorge des Kündigenden, dass die Kündigung nach § 622 BGB deshalb unwirksam wäre, besteht nicht und ist daher auch nicht bei der Auslegung zu berücksichtigen. Auch im Übrigen ist der Fall nicht vergleichbar, weil nicht nur \"fristgemäß\" und unter Angabe eines Datums gekündigt wurde. Vielmehr kommen die oben genannten Umstände, d.h. insbesondere das Abfassen des Schreibens am 10.09.2020 und die Nichtnennung der beiden Kündigungstermine Fünfzehnter und Monatsletzter bei der Beschreibung der konkreten Kündigungsfrist, hinzu. Es verbleibt zur Überzeugung der Kammer in diesem Fall bei dem konkret angegebenen Beendigungsdatum. Der Kläger als Empfänger muss nicht annehmen, dass das Arbeitsverhältnis früher enden soll (vgl. i.E. auch LAG Hamm 16.06.2021 - 10 Sa 122/21; grundsätzlich zustimmend BeckOGK/Klumpp, Stand 01.10.2021, § 622 Rn. 113, jurisPK-BGB/Reichold, Stand 28.10.2021, § 130 Rn. 44.1). Eine etwaige in erster Instanz im Gütetermin seitens der Beklagten zu 1) nachträglich geäußerte Auslegung ist für die Bewertung des objektiven Empfängerhorizonts des Klägers bei Zugang der Kündigung jedenfalls in Ansehung des konkret hier zu beurteilenden Kündigungsschreibens nicht maßgeblich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">206</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit im nachfolgenden Absatz der Kündigungserklärung um Rückgabe von firmeneigenen Arbeitsmitteln \"unverzüglich nach Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses, spätestens aber bis zum 6. November 2020\" gebeten wird, verändert dies bei verständiger Würdigung nicht den zuvor mitgeteilten Beendigungszeitpunkt. Denn in dem Folgeabsatz geht es nicht mehr um die Regelung des Beendigungszeitpunkts, zu dem die Kündigung wirken soll, sondern um Abwicklungsmodalitäten. Die Tätigkeiten der Arbeitnehmer sollten bis zum 31.10.2020 fortgesetzt werden, wie aus der Angabe \"frühestens aber zum 31.10.2020\" bei der Bestimmung des Kündigungstermins im ersten Absatz deutlich hervorgeht. Der zweite Absatz meinte daher offensichtlich und für den objektiven Erklärungsempfänger ohne weiteres verständlich, dass die Arbeitsmittel \"unverzüglich nach Beendigung Ihrer Tätigkeit, spätestens aber bis zum 6. November 2020\" zurückzugeben seien. Ebenso kann dies unabhängig davon so verstanden werden, dass die Rückgabe nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses (z.B. 31.10.2020) erfolgt oder - wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wie vorliegend erst später erfolgte - bis zum 06.11.2020. Ein anderer Beendigungstermin als der 31.12.2020 ergibt sich so ebenfalls nicht. In Anwendung der genannten Auslegungsgrundsätze ist der Kündigungstermin hinreichend bestimmt angegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">207</span><p class=\"absatzLinks\">6.Die Kündigung ist nicht sozial ungerechtfertigt nach § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Satz 1 KSchG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">208</span><p class=\"absatzLinks\">a.Die gesetzlichen Voraussetzungen für den persönlichen und betrieblichen Anwendungsbereich des § 1 KSchG sind für das Arbeitsverhältnis des Klägers zu der Beklagten zu 1) erfüllt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">209</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat gemäß § 1 Abs. 1 KSchG im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten zu 1) unstreitig länger als sechs Monate bestanden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">210</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Die gesetzlichen Voraussetzungen des betrieblichen Anwendungsbereichs des § 1 KSchG der §§ 23, 24 KSchG sind erfüllt. Die Beklagte zu 1) unterhielt als Gesellschaft ÷. Rechts nach hier vertretener Auffassung jedenfalls bei verfassungskonformer Auslegung dieser Normen einen Betrieb im räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">211</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Nach seinem räumlichen Geltungsbereich erfasst § 23 KSchG nach herrschender Auffassung grundsätzlich nur inländische Betriebe (vgl. etwa BAG 09.10.1997 - 2 AZR 64/97; 03.06.2004 - 2 AZR 386/03; 17.01.2008 - 2 AZR 902/06; 26.03.2009 - 2 AZR 883/07; 08.10.2009 - 2 AZR 654/08; 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 32; 24.05.2018 - 2 AZR 54/18, Rn. 29). Das ergebe die am Wortlaut, an der Systematik und der Entstehungsgeschichte sowie an Sinn und Zweck des § 23 KSchG orientierte Auslegung (krit. zu dieser Rspr. etwa LAG I. 22.03.2011 - 1 Sa 2/11, Rn. 30 ff., 34 ff; Deinert, ArbuR 2008, 300 ff; Pomberg, EWiR 2008, 667; Gravenhorst, jurisPR-ArbR 31/2008 Anm. 1; Straube, DB 2009, 1406-1408; Junker, FS Konzen 2006, 367, HWK/Quecke, 9. Aufl. 2020, § 23 Rn. 2 m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">212</span><p class=\"absatzLinks\">Für die räumliche Lage eines Betriebes ist entscheidend, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen sowie darüber entschieden wird, in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden. Der allgemeine Betriebsbegriff des § 23 KSchG knüpft an die organisatorische Einheit an. Eine betriebliche Struktur setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird (BAG 03.06.2004 - 2 AZR 386/03).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">213</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 1) beschäftigte danach zwar über Jahre verstetigt und koordiniert Mitarbeiter in Deutschland unter Einsatz erheblicher materieller Betriebsmittel. Sie unterhielt aber jedenfalls nach ihrem Vortrag keinen Betrieb oder ähnliches i.S.v. § 23 KSchG in Deutschland, von dem ausgehend der einheitliche Einsatz der Betriebsmittel und der Arbeitnehmer im Inland gesteuert wurde. Vielmehr erfolgte die Leitung des Flugbetriebs ausschließlich von X. aus. Der am Standort B. eingesetzte \"Base Captain\" hatte nach dem Vortrag der Beklagten zu 1) keine Weisungsbefugnisse und fungierte lediglich als Bindeglied für die Kommunikation zwischen dem Flugpersonal und der Leitung in X.. Von dort gingen alle maßgeblichen Weisungen aus.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">214</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Es ist streitig, ob ein Flugbetrieb i. S. d. § 24 KSchG in gleicher Weise wie der allgemeine Betrieb i. S. d. § 23 KSchG als räumliche Anknüpfung eine im Inland gelegene Betriebsstätte erfordert, von der ausgehend der einheitliche Einsatz von Betriebsmitteln und Arbeitnehmern im Inland gesteuert wird.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">215</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Die Fiktion des § 24 Abs. 2 KSchG grenzt Luftverkehrs- und Schifffahrtsbetriebe zunächst nur auf zweierlei Weise vom allgemeinen Betrieb i. S. d. § 23 KSchG ab: Zum einen trennt sie die Schiffe bzw. Luftfahrzeuge von ihren zugehörigen Land- bzw. Bodenbetrieben (vgl. dazu BAG 28.12.1956 - 2 AZR 207/56; 28.02.1991 - 2 AZR 517/90; LAG C.-Brandenburg 16.11.2010 - 7 Sa 1354/10). Zum anderen verhindert sie, dass ein einzelnes Luftfahrzeug, See- oder Binnenschiff als Betrieb angesehen wird, indem es deren Gesamtheit als den Betrieb i. S. d. Ersten und Zweiten Abschnitts des Gesetzes fingiert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">216</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Der Betriebsbegriff des § 24 BetrVG ist andererseits aber nicht völlig losgelöst von § 23 KSchG, sondern modifiziert diesen lediglich. Auch ein Flugbetrieb i. S. d. § 24 Abs. 1 und Abs. 2 KSchG fällt aber nur dann unter den Geltungsbereich des Ersten und Zweiten Abschnitts des KSchG, wenn darin gemäß § 23 Abs. 1 Sätze 2 - 4 KSchG mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt werden (BAG 28.12.1956 - 2 AZR 207/56). Selbst wenn es sich bei dem Betriebsbegriff des § 24 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 KSchG um einen eigenständigen Betriebsbegriff handelt (BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 57), modifiziert die Norm doch lediglich den Betriebsbegriff des § 23 Abs. 1 KSchG (LAG C.-Brandenburg 26.03.2015 - 26 Sa 1513/14, 26 Sa 1632/14, Rn. 41; Linck/Krause/Bayreuther, 16. Aufl. 2019, § 24 Rn. 8 m. w. N.). Es bestünde kein sachlicher Grund, diese Betriebe vom Schutz der Kleinbetriebsklausel (§ 23 Abs. 1 S. 2 - 4 KSchG) auszunehmen, zumal vor Inkrafttreten von § 24 KSchG bzw. der Vorgängernorm § 22 KSchG aF historisch gar kein Kündigungsschutz für Flugbetriebe bestand (vgl. MüKoBGB/Hergenröder, 8. Auf. 2020 § 24 KSchG Rn. 1 m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">217</span><p class=\"absatzLinks\">(c)Betriebe i. S. d. § 24 KSchG verfügen regelmäßig nicht über eine Binnen-Leitungsstruktur innerhalb der Gesamtheit ihrer Schiffe bzw. Luftfahrzeuge. Sie werden gewöhnlich von Land- oder Bodenbetrieben aus geleitet. Zugleich befinden sich die in § 24 angesprochenen Schiffe bzw. Luftfahrzeuge typischerweise in grenzüberschreitendem Einsatz. Beides führt zu der Frage, wie der räumliche Geltungsbereich des Ersten und Zweiten Abschnitts für Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs i. S. d. §§ 23, 24 KSchG zu bestimmen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">218</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Das Bundesarbeitsgericht nimmt an, der Gesetzgeber habe die Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs einer eigenständigen Regelung zugeführt und damit \"diese Sachverhalte unabhängig von den tatsächlichen Gegebenheiten mit einem Anknüpfungspunkt in der Bundesrepublik Deutschland versehen\". Mit der in § 24 Abs. 2 KSchG (bzw. seinerzeit § 24 Abs. 1 Satz 2 KSchG aF) enthaltenen Fiktion habe der Gesetzgeber gerade auch Lebenssachverhalte erfasst, bei denen typischerweise Auslandsberührungen zu erwarten sind (BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 25).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">219</span><p class=\"absatzLinks\">Damit wäre der Geltungsbereich des § 24 KSchG räumlich nicht begrenzt und erfasste auch Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs, deren Boden- und Landbetriebe im Ausland angesiedelt sind, deren Fahrzeuge vielleicht nur gelegentlich oder auch gar nicht das Gebiet der Bundesrepublik berühren. Es genügte die Anwendung deutschen Rechts nach den Regeln des Internationalen Privatrechts (so LAG C.-Brandenburg 26.03.2015 - 26 Sa 1513/14, 26 Sa 1632/14, Rn. 40 f.). In diesem Fall würden für die Kleinbetriebsklausel des § 23 Abs. 2 Sätze 2-4 KSchG nur Arbeitnehmer mit deutschem Arbeitsvertragsstatut zählen (BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 22; str., aA etwa Deinert, ArbuR 2008, 300 ff).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">220</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Demgegenüber verlangt das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg (17.09.2021 - 7 Sa 32/21) auch für Betriebe des Luftverkehrs i. S. v. § 24 KSchG einen im Inland gelegenen einheitlichen Leitungsapparat, d.h. einen solchen vom Land oder Boden aus. Offen bleibt dabei, wo bzw. wie ein solcher Leitungsapparat \"innerhalb der Gesamtheit der Luftfahrzeuge\" eines Luftverkehrsbetriebs, die gemäß § 24 Abs. 2 KSchG den maßgeblichen Betrieb bildet, angesiedelt sein könnte. Da den mobilen Flugbetrieben in diesem Sinne des § 24 Abs. 2 KSchG regelmäßig eine innerbetriebliche Leitungsstruktur fehlt, wäre nicht erklärt, warum das Kündigungsschutzgesetz dennoch - unbestritten - auf die Flugbetriebe von Luftverkehrsgesellschaften anzuwenden ist, deren Leitungsapparat - am Boden bzw. an Land - sich im Inland befindet. Aus § 24 KSchG selbst (innerhalb der Gesamtheit der Luftfahrzeuge) ließe sich dies nicht ableiten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">221</span><p class=\"absatzLinks\">(cc)Denkbar erscheint aber, den räumlichen Geltungsbereich von § 24 KSchG auf solche Schifffahrts- und Luftverkehrsbetriebe zu begrenzen, deren jeweiliger Land- bzw. Bodenbetrieb mit seiner Leitungsstruktur im Inland liegt. Die mobilen Betriebe wären hinsichtlich des Geltungsbereichs von § 24 KSchG somit akzessorisch zu ihren Land- bzw. Bodenbetrieben. Ihre jeweilige Anbindung an Land- bzw. Bodenbetriebe dürfte der Vorstellung des Gesetzgebers entsprochen haben (die \"organisatorische Einheit\" von mobilem Betrieb und zugehörigem Land- bzw. Bodenbetrieb betont auch Moll in APS, 6. Aufl. 2021, § 24 KSchG Rn. 6). Für eine Absicht des Gesetzgebers, mit § 24 Abs. 2 KSchG den internationalen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes in Bezug auf die Betriebe der Schifffahrt und des Luftverkehrs abweichend von § 23 KSchG zu regeln, fehlen Anhaltspunkte in den Gesetzesmaterialien (das konstatiert auch BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 26).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">222</span><p class=\"absatzLinks\">Die Rechtslage entspräche bei Annahme einer Akzessorietät der mobilen Betriebe vom Land- oder Bodenbetrieb hinsichtlich des Geltungsbereichs des Ersten und Zweiten Abschnitts derjenigen ohne Trennung vom Land- bzw. Bodenbetrieb. Das den mobilen Betrieben zugeordnete Personal würde ebenso vom Kündigungsschutzgesetz erfasst, wie es ohne die Trennung der Fall wäre. Den Argumenten des Bundesarbeitsgerichts für die Beschränkung des Betriebsbegriffs in § 23 KSchG auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere hinsichtlich der vielfältigen Bezüge des Kündigungsschutzes zu den jeweiligen betrieblichen Verhältnissen (vgl. BAG 26.03.2009 - 2 AZR 883/07, Rn. 15 ff., dazu sogleich), wäre bei dieser Betrachtung Rechnung getragen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">223</span><p class=\"absatzLinks\">Diese Sicht hätte zur Konsequenz, dass - auch bei Geltung deutschen Arbeitsrechts - das Kündigungsschutzgesetz grundsätzlich keine Anwendung findet, wenn der Boden- oder Landbetrieb im Ausland angesiedelt ist. Damit wäre die Rechtslage derjenigen bei den allgemeinen Betrieben i. S. d. § 23 KSchG angeglichen, wie sie das Bundesarbeitsgericht versteht. Dies hätte allerdings auch zur Folge, dass ein Betrieb, der - wie hier - regelmäßig von deutschen Häfen bzw. Flughäfen aus operiert und dementsprechend lokal rekrutiertes Personal dauerhaft einsetzt, aus dem Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes fiele, weil sein Leitungsapparat im Ausland angesiedelt ist (so im Ergebnis LAG Baden-Württemberg 17.09.2021 - 7 Sa 32/21). Darin könnte im Vergleich zu dem Flugpersonal inländischer Fluggesellschaften eine sachwidrige Ungleichbehandlung in einem grundrechtlich geschützten Bereich liegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">224</span><p class=\"absatzLinks\">(3)Die Frage, ob ein Flugbetrieb i. S. v. § 24 Abs. 2 KSchG grundsätzlich einer im Inland ansässigen Leitung bedarf, kann aber offenbleiben. Denn die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes auf den Standort der Beklagten zu 1) in B. folgt hier jedenfalls aus einer verfassungskonformen Auslegung der §§ 23, 24 Abs. 2 KSchG im Lichte von Art. 12 GG. Die konkreten Umstände des Falles gebieten auch von dem soeben unter (2) (cc) dargelegten Standpunkt aus die Annahme eines Luftverkehrsbetriebes i. S. v. § 24 KSchG, obwohl sich der maßgebliche Leitungsapparat - jedenfalls nach dem Sachvortrag der Beklagten zu 1) - im Ausland befindet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">225</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Das Grundrecht des Art. 12 Abs. 1 GG garantiert die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Damit ist zugleich geschützt - nicht garantiert - das Interesse des Arbeitnehmers an einer Erhaltung seines Arbeitsplatzes. Dem steht das Interesse des Arbeitgebers gegenüber, in seinem Unternehmen nur Mitarbeiter zu beschäftigen, die seinen Vorstellungen entsprechen und ihre Zahl auf das von ihm bestimmte Maß zu beschränken. Die kollidierenden Grundrechtspositionen sind in ihrer Wechselwirkung zu erfassen und so zu begrenzen, dass sie für alle Beteiligten möglichst weitgehend wirksam werden. Bundesverfassungsgericht und Bundesarbeitsgericht haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Anknüpfung des Kündigungsschutzgesetzes an den Betriebsbegriff verfassungsrechtlich nur unbedenklich ist, wenn es dadurch nicht zu sachwidrigen Ergebnissen kommt. Das ist möglich, weil der kündigungsrechtliche Betriebsbegriff so offengehalten ist, dass er einer Auslegung zugänglich ist (BVerfG 27.1.1998 - 1 BvL 15/87; BVerfG 12.3.2009 - 1 BvR 1250/08; ebenso BAG 2.3.2017 - 2 AZR 427/16, Rn. 27; 19.7.2016 - 2 AZR 468/15, Rn. 20; 24.1.2013 - 2 AZR 140/12, Rn. 22; 28.10.2010 - 2 AZR 392/08, Rn. 22; 21.9.2006 - 2 AZR 840/05; 15.3.2001 - 2 AZR 151/00; insbesondere BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 28).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">226</span><p class=\"absatzLinks\">Von Verfassungs wegen ist es grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes auf Betriebe zu beschränken, die in der Bundesrepublik Deutschland liegen. Bei verfassungskonformer Auslegung des Betriebsbegriffs des § 23 Abs. 1 KSchG kann aber unter Umständen - insbesondere zur Vermeidung einer Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes - anderes gelten, wenn sich die Betriebsleitung zwar im Ausland befindet, die Arbeitsleistung von mehr als zehn Arbeitnehmern im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG, die den Betrieb im Übrigen bilden, aber in Deutschland erbracht wird (BVerfG 12.3.2009 - 1 BvR 1250/08; BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 28; BAG 28.10.2010 - 2 AZR 392/08, Rn. 22). Maßgeblich ist eine alle Umstände des Einzelfalls einbeziehende, wertende Gesamtbetrachtung am Sinn und Zweck des Kündigungsschutzes einerseits und der (etwaigen) Herausnahme von Auslandsbetrieben andererseits (vgl. auch BAG 13.06.2002 - 2 AZR 327/0, Rn. 18).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">227</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Daran gemessen handelte es sich bei der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) in B. um einen Flugbetrieb i. S. v. §§ 23, 24 Abs. 2 KSchG, der dem Geltungsbereich des Ersten und Zweiten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes unterfiel. Die im Inland manifestierten betrieblichen Strukturen der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) am Standort B. hatten ein Maß und eine Verfestigung erreicht, das einen vollständigen Ausschluss des dabei eingesetzten Flugpersonals vom Kündigungsschutzgesetz im Gegensatz zu dem kündigungsrechtlich geschützten Flugpersonal von im Inland ansässigen Luftverkehrsunternehmen nicht zu rechtfertigen vermag.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">228</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Die Beklagte zu 1) betrieb über mehrere Jahre in B. einen Standort mit zuletzt mehr als 120 Flugbegleiterinnen und Flugbegleitern sowie ca. 75 Piloten. Für alle Beschäftigten, die das Eckpunktepapier akzeptiert hatten, galt deutsches Arbeitsvertragsstatut. Das Flugpersonal begann und beendete seine tägliche Arbeit, also die Flüge, regelmäßig am Standort B.. Dort befanden sich auch gewisse örtliche Strukturen, da jedenfalls Büroräume und ein Crewraum am Flughafen B. unterhalten wurden und ein \"Base Captain\" benannt war, der, wenn auch ggfs. nicht weisungsbefugt, eine herausgehobene Position als beiderseitiger Ansprechpartner für das B.er Flugpersonal und die Flugleitung in X. einnahm. Der Standort hatte den Status als sogenannte Home Base (Heimatbasis, vgl. zu deren Bedeutung im Luftverkehr eingehend BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 41 - 47). Damit verbunden war jedenfalls die faktische Notwendigkeit für die Beschäftigten, ihren Wohnsitz standortnah zu nehmen. Für die Piloten der Beklagten zu 1) und damit für den Kläger, stellte sich die betriebliche Lage im Wesentlichen so stetig und verfestigt dar, als wäre er in einem inländisch geführten Flugbetrieb tätig. Das von der Beklagten zu 1) angeführte Beispiel einer ausländischen Airline, deren Flugzeuge nur in Deutschland landen, unterscheidet sich hiervon grundlegend.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">229</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Die vom Bundesarbeitsgericht angenommenen Gründe für den Ausschluss ausländischer Betriebe aus dem betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes rechtfertigen unter diesen Umständen einen Ausschluss aus dem Schutz des Kündigungsschutzgesetzes nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">230</span><p class=\"absatzLinks\">Zunächst unterscheiden sich die dem deutschen Arbeitsvertragsstatut unterliegenden B.er Beschäftigten der Beklagten zu 1) in Bezug auf ihr Interesse an der Erhaltung ihres Arbeitsplatzes in keiner Weise von dem Flugpersonal eines im Inland ansässigen Luftverkehrsunternehmens. Auch das gegenläufige Interesse der Beklagten zu 1), in ihrem Betrieb über die Anzahl der Arbeitnehmer zu bestimmen, unterscheidet sich nicht von dem eines anderen im Inland ansässigen Luftverkehrsunternehmens. Hiervon ausgehend tragen die Gründe für den vollständigen Ausschluss der Arbeitnehmer von im Ausland ansässigen Betrieben aus dem Kündigungsschutz, wie sie das Bundesarbeitsgericht annimmt (BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 24 ff. und 26.03.2009 - 2 AZR 883/07, Rn. 15 ff.), nicht (vgl. zur Kritik an dieser Rspr. etwa HWK/Quecke, 9. Aufl. § 23 Rn. 2 m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">231</span><p class=\"absatzLinks\">(aaa)Die Anknüpfung des Geltungsbereichs an den Begriff \"Betrieb\" im Wortlaut der Norm sagt für sich nichts über dessen Inlandsbezogenheit. Zwar lässt sich diesem Begriff ein gewisser Bezug zum Betriebsverfassungsgesetz entnehmen, das seinerseits internationalrechtlich nur im Inland Geltung beansprucht. Doch sind Kündigungsschutz und Betriebsverfassung seit langem entkoppelt; das Kündigungsschutzgesetz findet ohne weiteres auf Betriebe ohne Arbeitnehmervertretungen Anwendung. Soweit das Gesetz an verschiedenen Stellen Bezüge zum Betriebsverfassungsgesetz und zum Personalvertretungsgesetz herstellt, wie etwa in § 1 Abs. 2 Satz 2, § 1 Abs. 4 und § 1 Abs. 5, § 3, § 4 Satz 2 KSchG, hindert das seine Anwendung auf betriebsratslose Betriebe gerade nicht, wie die jahrzehntelange Handhabung des Gesetzes zeigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">232</span><p class=\"absatzLinks\">(bbb)Der systematische Zusammenhang (Umkehrschluss) zu § 24 Abs. 2 KSchG, der nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts im Gegensatz zu § 23 KSchG auf den Inlandsbezug verzichtet, besagt ebenfalls nichts; dieser Verzicht ist hier gerade zu beweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">233</span><p class=\"absatzLinks\">(ccc)Aus den Gesetzesmaterialien ergeben sich keine Anhaltspunkte für eine Inlandsbegrenzung des Betriebs i. S. d. §§ 23, 24 Abs. 2 KSchG. Im Rahmen der historischen Auslegung kann allenfalls das Schweigen des Gesetzgebers in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts angeführt werden. Dieser allgemein eher schwache Anhaltspunkt kann einer verfassungskonformen Auslegung schon grundsätzlich nicht entgegenstehen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">234</span><p class=\"absatzLinks\">(ddd)Der maßgebliche Grund für den Ausschluss im Ausland gelegener Betriebe liegt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts darin, dass die Frage nach der Sozialwidrigkeit nahezu immer eine Einbeziehung der betrieblichen Gegebenheiten erfordere. Anderenfalls würden die Kohärenzen und Korrespondenzen des Kündigungsschutzrechts zerrissen. Die Prüfung der Sozialwidrigkeit setze voraus, dass einheitlich deutsches Arbeitsrecht und insbesondere das Recht des Kündigungsschutzgesetzes angewendet und auch durchgesetzt werden könne. Dies gelte etwa in Bezug auf Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten in anderen Betrieben desselben Unternehmens oder die Auswahl nach sozialen Gesichtspunkten. Auch bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 9, 10 KSchG), beim Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG und beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) seien betriebliche Gegebenheiten und damit die Rechtsverhältnisse anderer im Betrieb beschäftigter Arbeitnehmer maßgeblich (so BAG 26.03.2009 - 2 AZR 883/07, Rn. 15 ff.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">235</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Grund rechtfertigt unter den hier gegebenen Umständen nicht den vollständigen Ausschluss der Arbeitnehmer der Beklagten zu 1) am Standort B. mit deutschem Arbeitsvertragsstatut von der Geltung des Kündigungsschutzgesetzes. Die Frage der Sozialwidrigkeit einer Kündigung, insbesondere die der Möglichkeit einer anderweitigen Weiterbeschäftigung, stellt sich hier in gleicher Weise wie etwa bei einem inländischen Betrieb, der über im Ausland gelegene Betriebsteile verfügt, dar. Hier ist das Kündigungsschutzgesetz ohne Zweifel auf die im Inland mit deutschen Arbeitsvertragsstatut Beschäftigten anzuwenden, sofern der gemäß § 23 Abs. 1 Sätze 2-4 KSchG erforderliche Schwellenwert im Inland überschritten ist.  Die Frage einer anderweitigen Weiterbeschäftigung stellt sich ebenso wie etwa bei einem Unternehmen, das neben einem inländischen Betrieb über weitere Betriebe im Ausland verfügt. In beiden Fällen besteht nach allgemeiner Meinung für die inländischen Arbeitnehmer Kündigungsschutz; es stellt sich allein die Frage, ob und ggfs. unter welchen Voraussetzungen eine Berufung auf freie Arbeitsplätze im Ausland Erfolg haben kann. Das gleiche gilt für die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gebotene Beschränkung der Sozialauswahl auf in Deutschland gelegene Betriebe (BAG 27.06.2019 - 2 AZR 38/19, Rn. 26; 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 40). Auch diese hindert nicht die Gewährung des Kündigungsschutzes im Übrigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">236</span><p class=\"absatzLinks\">Der Anwendung des Gesetzes auf dauerhafte und verfestigte Beschäftigungsstrukturen der hier gegebenen Art steht auch der bei der Auflösung des Arbeitsverhältnisses (§§ 9, 10 KSchG), beim Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG und beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) auftretende Bezug zu betrieblichen Gegebenheiten nicht entgegen. Die Berücksichtigung betrieblicher Gegebenheiten, etwa bei der Frage einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit (§ 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG), ist ohne weiteres auch dann möglich, wenn sich Teile des Betriebs auf das Ausland erstrecken. Der Sonderkündigungsschutz nach § 15 KSchG spielt bei einem Betrieb, dessen Leitung im Ausland ansässig ist, keine Rolle, weil das Betriebsverfassungsgesetz territorial nur auf inländische Betriebe Anwendung findet. Es gibt keine gemäß § 15 KSchG geschützten Arbeitnehmer. Sollten sich Arbeitnehmer - in Verkennung des Betriebszuschnitts i. S. d. BetrVG - etwa als Wahlinitiatoren - engagieren, bestünde kein Sonderkündigungsschutz nach § 15 Abs. 3a und Abs. 3b KSchG. Beim Massenentlassungsschutz (§§ 17 ff. KSchG) gilt schließlich ohnehin der abweichende Betriebsbegriff der Richtlinie 98/59/EG des Rates vom 10. Juni 1998 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Massenentlassungen (im Folgenden: MERL) (BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 32).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">237</span><p class=\"absatzLinks\">(eee)Bei diesem Bild bedeutete ein Ausschluss des Klägers aus dem Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes eine Ungleichbehandlung gegenüber dem Flugpersonal inländisch angesiedelter Flugbetriebe ohne sachlichen Grund in einem grundrechtsrelevanten Bereich. Verletzt wäre das Grundrecht des Klägers aus Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG, das hier als speziellere Norm den ebenfalls berührten Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG mitumfasst. Die bloße apodiktische Behauptung, der Gesetzgeber sei nicht gehindert, die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes davon abhängig zu machen, dass ein Betrieb in der Bundesrepublik Deutschland gelegen ist (so BAG 17.01.2008 - 2 AZR 902/06, Rn. 32), bietet, wie dargelegt, unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Kündigungsschutzgesetzes und der angeführten Gründe für seine nationale Begrenzung keine Rechtfertigung. Aufgrund dessen gebietet die verfassungskonforme Auslegung der §§ 23, 24 Abs. 2 KSchG die Erstreckung des Geltungsbereichs des Ersten und Zweiten Buchs des Kündigungsschutzgesetzes auf den hier gegeben Sachverhalt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">238</span><p class=\"absatzLinks\">b.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und 3 KSchG. Es liegen aufgrund der Schließung des Standortes B. dringende betriebliche Erfordernisse vor. Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bestanden nicht. Eine soziale Auswahl war nicht durchzuführen, da alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer entlassen wurden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">239</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Die Stilllegung des Standortes B.  ließ den Beschäftigungsbedarf der Beklagten zu 1) für den Kläger entfallen und stellt ein dringendes betriebliches Erfordernis i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG dar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">240</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder einzelner Teile durch den Arbeitgeber gehört zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können (BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 90 ff.; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 73; 21.05.2015 - 8 AZR 409/13, Rn. 51; 26.05.2011 - 8 AZR 37/10, Rn. 25). Unter Betriebsstilllegung ist die Auflösung der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestehenden Betriebs- und Produktionsgemeinschaft zu verstehen, die ihre Veranlassung und ihren unmittelbaren Ausdruck darin findet, dass der Unternehmer die bisherige wirtschaftliche Betätigung in der ernstlichen Absicht einstellt, die Verfolgung des bisherigen Betriebszweckes dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne nicht weiter zu verfolgen (BAG 27.02.2020 - 8 AZR 215/19; 21.05.2015 - 8 AZR 409/13, Rn. 51; 16.02.2012 - 8 AZR 693/10, Rn. 37). Anders als bei dem - identitätswahrenden - Übergang eines Betriebs bzw. eines Betriebsteils i. S. v. § 613a BGB muss sich eine Stilllegung nicht auf einen irgendwie organisatorisch oder funktionell abgrenzbaren Betrieb oder Betriebsteil beziehen. Ein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung kann vielmehr nach allgemeiner Meinung bei jedwedem dauerhaften Wegfall von Beschäftigungsbedarf bestehen, so etwa aufgrund der Stilllegung einer einzelnen Maschine (vgl. HWK/Quecke, 9. Aufl. § 1 KSchG Rn. 294 ff. m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">241</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Die unternehmerische Entscheidung unterliegt dabei keinem Formzwang (BAG 31.07.2014 - 2 AZR 422/13, Rn. 35 m. w. N.). Sie muss sich aber nach außen manifestiert haben (BAG 20.11.2014 - 2 AZR 512/13, Rn. 17). Die geplanten Maßnahmen müssen zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung bereits \"greifbare Formen\" angenommen haben (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13, Rn. 53; 15.12.2011 - 8 AZR 692/10, Rn. 40). Von einer Stilllegung kann jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn der Arbeitgeber seine Stilllegungsabsicht unmissverständlich äußert, allen Arbeitnehmern kündigt, etwaige Miet- oder Pachtverträge zum nächstmöglichen Zeitpunkt auflöst, die Betriebsmittel, über die er verfügen darf, veräußert und die Betriebs-tätigkeit vollständig einstellt (BAG 21.05.2015 - 8 AZR 409/13, Rn. 53; 26.05.2011 - 8 AZR 37/10, Rn. 26).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">242</span><p class=\"absatzLinks\">(3)Für die Beurteilung der Wirksamkeit der Kündigung ist zudem maßgeblich, welche unternehmerische Entscheidung im Zeitpunkt der Kündigung von der Beklagten getroffen worden war. Frühere Überlegungen sind dagegen grundsätzlich nicht erheblich (BAG 14.03.2013 - 8 AZR 153/12, Rn. 13). Zugleich ist zu berücksichtigen, dass eine unstreitige Entwicklung die tatsächliche Vermutung begründet, dass bei Zugang der Kündigung ein tragfähiges Konzept der Beklagten zu 1) vorlag, das den Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ließ (vgl. BAG 12.07.2007 - 2 AZR 722/05; 16.02.2012 - 8 AZR 693/10, Rn. 40; ErfK/Oetker, 22. Aufl. 2021, KSchG § 1 Rn. 280).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">243</span><p class=\"absatzLinks\">(4)In Anwendung dieser Grundsätze steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass die Beklagte zu 1) im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 10.09.2020 die unternehmerische Entscheidung getroffen und im Sinne greifbarer Formen auch umgesetzt hatte, die Tätigkeit in Deutschland zu beenden und damit auch den Standort B. zu schließen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">244</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Soweit der Kläger auf frühere Verlautbarungen seitens der Beklagten zu 1) hinweist, waren diese im Kündigungszeitpunkt überholt und damit unbeachtlich. Richtig ist, dass die Geschäftsführer der Beklagten noch in der E-Mail vom 10.07.2020 aufgrund des Anteils der positiven Rückmeldungen zum Eckpunktepapier die Hoffnung ausgedrückt hatten, den Standort B. auf der neuen Kostenbasis zu erhalten. Ein Verzicht auf zukünftige Kündigungen, an welchen die Beklagte zu 1) gebunden wäre, liegt darin nicht. Vielmehr hofften die Autoren auf einen Erfolg der kostenreduzierten Station in B., ohne den Bestand der Station zu garantieren und beschrieben auch die weiterhin bestehenden Herausforderungen. Richtig ist, dass die Beklagte zu 1) nur kurze Zeit später, nämlich am 28.07.2020 durch die Mitteilung ihrer beiden Geschäftsführer per E-Mail mitteilt, dass die Beklagte zu 1) ihren Betrieb zum Ende des Jahres einstellen wird, wenngleich noch in Aussicht gestellt wurde, dass die Beklagte zu 2) eine Basis in B. eröffnen werde. Dies ist indes eine Frage des - im Ergebnis nicht gegebenen, weil nicht umgesetzten und im Übrigen den Kläger nicht betreffenden - Betriebsübergangs. Schon hier kommt aber zum Ausdruck, dass die Beklagte zu 1) den Betrieb nicht fortführen wird und dies manifestiert sich auch nach außen durch entsprechende Kundgabe. Überholt war die Aussage der E-Mail vom 10.07.2020, in der noch auf den Fortbestand der Station bei der Beklagten zu 1) gehofft wurde. Der zeitliche Ablauf ist insoweit dicht aufeinanderfolgend und mag nach außen sprunghaft wirken. Die Entscheidung ist indes nicht offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich. Vielmehr spricht für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (BAG 31.07.2014 - 2 AZR 422/13 - m. w. N.). Vom Gericht nachzuprüfen ist, ob eine solche Entscheidung tatsächlich vorliegt und durch ihre Umsetzung das Beschäftigungsbedürfnis für einzelne Arbeitnehmer entfallen ist (BAG 13.07.2008 - 2 AZR 1037/06, Rn. 12).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">245</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Genauso liegt es hier. Die Beklagte zu 1) hat ihre Stilllegungsentscheidung betreffend den Flugbetrieb in Deutschland und die Schließung der Station B. tatsächlich umgesetzt, was bereits bei Zugang der Kündigung greifbare Formen angenommen hatte. Zur Auflösung der B.er Station ist anzuführen, dass die Beklagte zu 1) am 09.09.2020 gegenüber der Agentur für Arbeit Düsseldorf eine beabsichtigte Massenentlassung anzeigte. Am Folgetag wurde eine Vielzahl von Kündigungen von Arbeitsverhältnissen der in B. Beschäftigten ausgesprochen, wie aus der großen Zahl von Kündigungsschutzverfahren gerichtsbekannt ist. Etwa zeitgleich gab S. eine Pressemitteilung ab, wonach sich die Fluglinie aufgrund zu hoher Gebühren und Abfertigungskosten vom Flughafen B. zurückziehen werde. Zwar müssen Verlautbarungen der Presse nicht stets zutreffen, doch ist nicht ersichtlich, warum S. sonst ein Marktsegment öffentlich preisgeben sollte. Dies entspricht der E-Mail des Leiters der Routenentwicklung von S. an den Flughafen vom 09.09.2020. Ob es sich dabei um zu hohe Gebühren oder aber um das Auslaufen bisheriger günstiger Konditionen - wie der Kläger meint - handelt, ist unerheblich.  Außerdem gab die Euro x. GmbH die korrespondierende Mitteilung ab, dass die von S. geflogenen Strecken zukünftig im Wesentlichen von ihr bedient würden. Verschiedene Presseerzeugnisse nahmen dies auf. Unstreitig hat die Euro x. GmbH ca. 95 % der zuletzt von S. gehaltenen Slots am Flughafen B. übernommen. Bestätigt wird all dies noch durch den - ebenfalls gerichtsbekannten - Ausspruch einer Vielzahl von Kündigungen der für B. eingestellten Arbeitnehmer durch die Beklagte zu 2) am 10.09.2020. Wenn sich aber S. aus B. zurückzieht, sind keine weiteren Tätigkeiten der Beklagten zu 1) von B. aus mehr ersichtlich, da sie zuletzt jedenfalls ganz überwiegend nur noch im wet lease für S. flog. Weiter hat die Beklagte zu 1) gegenüber der Betreiberin des Flughafens B. am 15.09.2020 das Mietverhältnis über den Crewraum gekündigt. Auf die von dem Kläger problematisierte Frage, ob eine solche Kündigung wirksam zum 31.10.2020 zulässig war und rechtlich ein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Frist gemäß § 14.3 des Mietvertrags gegeben war, kommt es nicht an. Das Kündigungsschreiben selbst manifestiert als weiterer Umstand die Umsetzung der Schließung der Station B. durch die Beklagte zu 1). Am 19.10.2020 hob der letzte kommerzielle Flug der Beklagten zu 1) von B. ab. Die Auflösung der Station T. steht zwischen den Parteien nicht im Streit.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">246</span><p class=\"absatzLinks\">(c)Die unternehmerische Entscheidung hatte auch nicht eine nur vorübergehende, etwa pandemiebedingte Schließung des Standortes B. zum Inhalt. Das stünde im Widerspruch dazu, dass die ebenfalls von der Pandemie betroffenen Standorte X. und Q., wenn auch von der Beklagten zu 2), fortgeführt wurden. Vielmehr ging die Schließung des B.er Standortes auf das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Muttergesellschaft S. und der Flughafengesellschaft B.  zurück und sollte nicht nur vorübergehend erfolgen. Dies alles wird durch die tatsächliche Entwicklung bestätigt. Es gibt, wie im Kammertermin mit den Parteien erörtert auch am 15.12.2021 keine Station der Beklagten zu 1) am Flughafen B.. Diese bot keine Flüge von B. aus an. Dies gilt auch für etwaige zuletzt noch ausgeübte wenige eigene Flüge unter ihrem Kürzel. Es gab und gibt schlicht keine Flüge der Beklagten zu 1) von der Station B. aus. Die Schließung der Station B. ist tatsächlich und dauerhaft umgesetzt worden. Nichts anderes gilt im Übrigen für die Beklagte zu 2). Diese hat ihren Geschäftsbetrieb in B. tatsächlich nie aufgenommen. Die unstreitige Entwicklung begründet so im vorliegenden Fall zusätzlich die tatsächliche Vermutung, dass bei Zugang der Kündigung ein tragfähiges Konzept der Beklagten zu 1) vorlag, das den Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ließ.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">247</span><p class=\"absatzLinks\">(5)Durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung ist der Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen. Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) vom Flughafen B. als Heimatbasis bzw. vertraglichem Einsatzort aus im Wet-Lease für S. eingesetzt worden. Daran ändert der Umstand, dass im Arbeitsvertrag ggfs. X. als Stationierungsort angegeben ist, nichts. Maßgeblich ist der vertragliche Einsatzort bzw. die Heimatbasis. Diese Beschäftigungsmöglichkeit bei der Beklagten zu 1) ist entfallen, weil diese derartige Flüge von B. oder einer anderen Station in Deutschland aus nicht mehr fortführt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">248</span><p class=\"absatzLinks\">(6) Der Stilllegung des Geschäftsbetriebs steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2) den Betrieb oder einen Betriebsteil der Beklagten zu 1) übernommen hätte. Denn der Kläger war in keinem Fall einer etwaig von der Beklagten zu 2) gemäß § 613a Abs. 1 BGB übernommenen Einheit zugeordnet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">249</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Betriebsveräußerung und Betriebsstilllegung schließen sich systematisch aus (st. Rspr., BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 91; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 78, jeweils m. w. N.). Wird ein Betriebsteil veräußert und der verbleibende \"Restbetrieb\" stillgelegt, kommt es darauf an, ob der gekündigte Arbeitnehmer dem auf einen Erwerber übergehenden Betriebsteil zugeordnet war. Ist dies nicht der Fall, so kann die Stilllegung des \"Restbetriebs\" einen betriebsbedingten Kündigungsgrund darstellen, wenn der Arbeitnehmer diesem Betriebsteil zugeordnet war (vgl. BAG 14.03.2013 - 8 AZR 153/12, Rn. 25 ff. m. w. N.; 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 91). Dabei ist nicht erforderlich, dass der \"Restbetrieb\" seinerseits eine organisatorisch und funktional abtrennbare, übergangsfähige Einheit i. S. d. Rechtsprechung zu § 613a BGB darstellt. Denn für seine Stilllegung kommt es nicht auf eine irgendwie geartete Identitätswahrung an.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">250</span><p class=\"absatzLinks\">Ein Betriebsübergang oder Betriebsteilübergang nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB und i. S. d. Betriebsübergangsrichtlinie 2001/23/EG liegt vor, wenn ein neuer Rechtsträger eine beim vormaligen Inhaber bestehende wirtschaftliche Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit unter Wahrung ihrer Identität fortführt (EuGH 13.06.2019 - C-664/17 - [Ellinika Nafpigeia], Rn. 60; 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori u. a.], Rn. 30; BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 58; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 80, jeweils m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">251</span><p class=\"absatzLinks\">Die beim vormaligen Inhaber bestehende wirtschaftliche Einheit muss auf Dauer angelegt und ihre Tätigkeit darf nicht auf die Ausführung eines bestimmten Vorhabens beschränkt sein. Es muss sich um eine selbstständig abtrennbare organisatorische Einheit handeln, mit der innerhalb des betrieblichen Gesamtzwecks ein Teilzweck verfolgt worden ist. Die Erfüllung eines betrieblichen Teilzwecks ist nur eine der Voraussetzungen für die Annahme des Vorliegens eines Betriebsteils und vermag das Fehlen einer abgrenzbaren organisatorischen Einheit nicht zu ersetzen. Hierbei darf die im Betriebsteil liegende Einheit nicht als bloße Tätigkeit verstanden werden. Die Identität der Einheit ergibt sich auch aus anderen Merkmalen wie ihrem Personal, ihren Führungskräften, ihrer Arbeitsorganisation, ihren Betriebsmethoden und ggf. den ihr zur Verfügung stehenden Betriebsmitteln. Eine bloß bestehende funktionelle Verknüpfung beim Veräußerer genügt nicht. Die Einheit bedarf einer ausreichenden funktionellen Autonomie, insbesondere müssen ihr Befugnisse zur Leitung der zugehörigen Gruppe von Arbeitnehmern eingeräumt sein, um deren Arbeit relativ frei und unabhängig zu organisieren und insbesondere Weisungen zu erteilen und Aufgaben auf die zu dieser Gruppe gehörenden untergeordneten Arbeitnehmer zu verteilen, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei zwischengeschaltet sind (EuGH 13.06.2019 - C-664/17 - [Ellinika Nafpigeia], Rn. 60; 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori u. a.], Rn. 31 f.; BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 58 f.; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 81, jeweils m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">252</span><p class=\"absatzLinks\">Der Übergang eines Betriebs oder Betriebsteils im vorgenannten Sinne auf einen Betriebsnachfolger erfordert sodann, dass die Identität der beim vormaligen Inhaber bestehenden wirtschaftlichen Einheit beim Betriebsnachfolger bewahrt wird. Bei der Prüfung, ob eine solche Einheit ihre Identität bewahrt, müssen sämtliche den betreffenden Vorgang kennzeichnenden Tatsachen berücksichtigt werden. Dazu gehören namentlich die Art des Unternehmens oder Betriebs, der etwaige Übergang der materiellen Betriebsmittel wie Gebäude und bewegliche Güter, der Wert der immateriellen Aktiva im Zeitpunkt des Übergangs, die etwaige Übernahme der Hauptbelegschaft durch den neuen Inhaber, der etwaige Übergang der Kundschaft sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den vor und nach dem Übergang verrichteten Tätigkeiten und die Dauer einer eventuellen Unterbrechung dieser Tätigkeiten. Diese Umstände sind jedoch nur Teilaspekte der vorzunehmenden Gesamtbewertung und dürfen deshalb nicht isoliert betrachtet werden (vgl. u. a. EuGH 20.01.2011 - C-463/09 - [CLECE], Rn. 34 m. w. N..; BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 61; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 85; 22.01.2015 - 8 AZR 139/14, Rn. 15). Den für das Vorliegen eines Übergangs maßgebenden Kriterien kommt je nach der ausgeübten Tätigkeit und je nach den Produktions- oder Betriebsmethoden unterschiedliches Gewicht zu (EuGH 15.12.2005 - C-232/04 und C-233/04 - [Güney-Görres und Demir], Rn. 35; BAG 22.01.2015 - 8 AZR 139/14, Rn. 15 m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">253</span><p class=\"absatzLinks\">Die organisatorische Selbstständigkeit der Einheit muss beim Betriebsnachfolger indes nicht vollständig erhalten bleiben (EuGH 12.02.2009 - C-466/07 - [Klarenberg], NZA 2009, 251; BAG 13.10.2011 - 8 AZR 455/10, Rn. 37; 07.04.2011 - 8 AZR 730/09). Nicht die Beibehaltung der konkreten Organisation der verschiedenen übertragenen Produktionsfaktoren durch den Erwerber, sondern die Beibehaltung der funktionellen Verknüpfung der Wechselbeziehung und gegenseitigen Ergänzung zwischen diesen Faktoren stellt das maßgebliche Kriterium für die Bewahrung der Identität der übertragenen Einheit dar. So erlaubt es die Beibehaltung einer solchen funktionellen Verknüpfung zwischen den übertragenen Faktoren dem Erwerber, diese Faktoren, selbst wenn sie nach der Übertragung in eine neue, andere Organisationsstruktur eingegliedert werden, zu nutzen, um derselben oder einer gleichartigen wirtschaftlichen Tätigkeit nachzugehen (EuGH 09.09.2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito u. a.]; 12.02.2012 - C-466/07; BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19Rn. 62; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 87).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">254</span><p class=\"absatzLinks\">Im Luftverkehrssektor ist der Übergang von Material als ein wesentliches Kriterium für die Beurteilung des Vorliegens eines Betriebs(teil)übergangs i. S. d. Richtlinie 2001/23/EG anzusehen (vgl. EuGH 09.09.2015 - C-160/14 - [Ferreira da Silva e Brito u. a.]; BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 62; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 86). Insoweit ist das Eintreten in Miet- bzw. Leasingverträge über Flugzeuge und deren tatsächliche Nutzung von besonderer Bedeutung. Damit kann - je nach den Umständen des jeweiligen Falls - die Übernahme unerlässlicher Teile zur Fortsetzung einer zuvor ausgeübten Tätigkeit eines Luftfahrtunternehmens belegt sein. Von Bedeutung ist auch eine etwaige Übernahme weiterer Ausrüstungsgegenstände, ein etwaiger Eintritt in bestehende Charterflugverträge mit Reiseveranstaltern, was zum Ausdruck bringt, dass die Kundschaft übernommen wurde, eine etwaige Ausweitung von Flügen auf Routen, die zuvor von dem bisherigen Inhaber der Miet- bzw. Leasingverträge bedient wurden, was die Fortsetzung der zuvor ausgeübten Tätigkeit widerspiegelt, die etwaige Reintegration von Arbeitnehmern und deren Beschäftigung mit Tätigkeiten, die mit ihren bisherigen Aufgaben übereinstimmen, was die Übernahme eines Teils des Personals belegt (BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 62; 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 86). Als Teilaspekt zu berücksichtigen sein kann ferner, wenn Zeitnischen auf Flughäfen (Slots) auf einen neuen Inhaber übergegangen sind (BAG 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, Rn. 114 ff.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">255</span><p class=\"absatzLinks\">Bei Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes muss der Arbeitgeber die Kündigungsgründe, hier die Stilllegung, gem. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG darlegen und beweisen. Der Betriebsübergang ist kein dringendes betriebliches Erfordernis für eine Kündigung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">256</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Danach ist es nicht zu einem Betriebs(teil)übergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) gekommen, der das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasst hätte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">257</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Die Beklagte zu 2) hat zunächst keinen auf das Deutschlandgeschäft der Beklagten zu 1) oder die Station B.  beschränkten Teilbetrieb i. S. d. § 613a Abs. 1 BGB und der Richtlinie 2001/23/EG übernommen. Sollte es sich dabei trotz des Fehlens einer örtlichen Leitungsstruktur überhaupt um eine übergangsfähige wirtschaftliche Einheit i. S. d. § 613a Abs. 1 BGB handeln, so hat die Beklagte zu 2) einen solchen Teilbetrieb gerade nicht fortgeführt, sondern stillgelegt. In den deutschen Flugbetrieb der Beklagten zu 1) ist niemand eingetreten. Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beklagte zu 2) nach oder von den Stationen B. oder T. Flugleistungen erbringt, insbesondere nicht im wet lease für S.. Sie verfügt weder über die Slots - jedenfalls die B.er Slots wurden von der Euro x. GmbH übernommen - noch über irgendein sächliches Betriebsmittel an diesen Stationen. Entgegen dem klägerischen Vorbringen sind die von der Beklagten zu 2) angeflogenen Destinationen damit \"nicht im Wesentlichen gleichgeblieben\", da zumindest die Flüge von und nach B. und T. fehlen. Dabei handelte es sich um zwei von vier Stationen der Beklagten, die mindestens täglich frequentiert wurden; jedenfalls begannen und endeten die Arbeitstage des Flugpersonals an den Stationen. Soweit die Beklagte zu 2) Flugzeuge nutzt, die zuvor auf die Beklagte zu 1) registriert waren, setzt sie sie nicht für die zuvor von der Beklagten zu 1) in und von Deutschland aus verrichtete Tätigkeit ein. Die bei der Beklagten für den deutschlandweiten Flugbetrieb bestehende funktionelle Verknüpfung, die nach der Klarenberg-Entscheidung des EuGH (12.02.2009 - C-466/07 -; vgl. BAG 17.12.2009 - 8 AZR 1019/08 -) zur Feststellung eines identitätswahrenden Übergangs einer wirtschaftlichen Einheit fortbestehen muss, wurde aufgelöst. Dasselbe gilt für die Mitarbeiter, die bisher bei der Beklagten zu 1) in B. beschäftigt waren und mit der Beklagten zu 2) Arbeitsverhältnisse begründet hatten. Sie werden überhaupt nicht eingesetzt, so dass die bestehende funktionelle Verknüpfung der B.er Belegschaft mit der von hier aus erbrachten Tätigkeit bei der Beklagten zu 2) nicht aufrechterhalten wurde. Diese Beschäftigten waren und sind bei der Beklagten zu 2) in keiner Weise integriert. Die zuvor in T. Beschäftigten haben schon keine Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten zu 2) begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">258</span><p class=\"absatzLinks\">Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte zu 2) nicht ernsthaft und endgültig die Nichtaufnahme der ursprünglich beabsichtigten Station B. beschlossen hätte. Sie hat endgültig von einem möglichen zuvor beabsichtigten Teilbetriebsübergang Abstand genommen. Unstreitig hat S., auf die die Beklagte zu 1) einen Gutteil ihrer Slots übertragen hatte, nahezu sämtliche B.er Slots der Euro x. GmbH überlassen, was ohne deren Zutun unumkehrbar ist. Das klägerische Vorbringen, dass \"Deutschland ein viel zu lukrativer Markt sei, um ihn nicht zu bedienen\", ist spekulativ. Lukrativ ist der Markt vor allem an den koordinierten Flughäfen, die nur mit den entsprechenden Start- und Landerechten bedient werden können, die nicht mehr für die Beklagten verfügbar sind. Auch zeigt der weitere Verlauf, dass der Flugbetrieb deutschlandweit eingestellt ist. Die Beklagte zu 1) fliegt überhaupt nicht mehr. Die Beklagte zu 2) fliegt allenfalls vereinzelt andere Verbindungen nach Deutschland z.B. nach I. oder O., nicht aber von Deutschland aus. Bei den außerdem diskutierten Flugleistungen der N. Air Ltd. ist ein Zusammenhang mit dem früheren Flugbetrieb der Beklagten in Deutschland nicht ersichtlich; insbesondere fliegt die N. Air Ltd. nicht B. oder T., sondern C., L., O. und G. an. Letztlich ist - wie ausgeführt - auch zuletzt unstreitig, dass es einen Flugbetrieb auch der Beklagten zu 2) von einer Station B. oder T. aus nie - auch nicht im Zeitpunkt des letzten Kammertermins - gab.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">259</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Ein etwaiger Übergang eines auf die Standorte X. und Q. und zukünftig womöglich auch A. beschränkten Teilbetriebs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) hat das Arbeitsverhältnis des Klägers nicht erfasst. Ein Betriebsteilübergang betrifft nur solche Arbeitnehmer, die in den übergegangenen Betriebsteil tatsächlich eingegliedert waren (BAG 25.04.2013 - 6 AZR 49/12, Rn. 170, 182; BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19, Rn. 91). Der Kläger, mit dem der Einsatzort B. vereinbart war und der regelmäßig seinen Arbeitstag dort begann und beendete, war ihm nicht zugeordnet. Bei der von der Beklagten zu 1) ganz überwiegend betriebenen Art des Wet-Lease handelt es sich um eine standortgebundene Leistung. Diese hatte regelmäßig Flugdienstleistungen von und nach B. unter Einschluss etwaiger Dreiecksflüge zum Inhalt, nicht aber Flüge mit beliebigen Start- und Landepunkten (sog. point-to-point-Flugverkehr). Nichts anderes gilt für etwaige in geringem Umfang gegebene eigene Flüge der Beklagten zu 1). Soweit im Arbeitsvertrag des Klägers zusätzlich zu dem Einsatzort B. als \"Stationierungsort\" X. angegeben ist, ändert dies die maßgebliche tatsächliche Zuordnung des Klägers zu dem Standort B. nicht. Das auf B. bezogene Geschäft gehörte nicht zu einem etwaigen Betriebsteil \"X./Q.\" oder aber einem ohnehin nur künftigen Betriebsteil \"A.\". Aus diesem Grund kann dahinstehen, ob ein derartiger Betriebsteil bei der Beklagten zu 1) bestanden hat und auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">260</span><p class=\"absatzLinks\">(cc)Die Beklagte zu 2) hat nicht einen etwaigen einheitlichen Betrieb der Beklagten zu 1) mit der Zentrale in X. und den Standorten X., Q., T. und B. in seiner Gesamtheit übernommen, worauf der Kläger letztlich mit seiner Berufungsbegründung unter Darstellung verschiedener mit Spiegelstrichen aufgeführten Einzelumstände maßgeblich abstellt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">261</span><p class=\"absatzLinks\">Unverzichtbares Kriterium für den Betriebsübergang ist nach neuerer Rechtsprechung die tatsächliche Weiterführung der Geschäftstätigkeit durch den Betriebsnachfolger. Für die Annahme eines \"Gesamtbetriebsübergangs\" genügt nicht die bloße Möglichkeit der Betriebsfortführung (st. Rspr., vgl. BAG 27.09.2012 - 8 AZR 826/11, Rn. 21m. w. N.; ebenso EuGH 26.05.2005 - C-478/03 - [Celtec], Rn. 36; 20.11.2003 - C-340/01 - [Carlito Abler]; 10.12.1998 - C-173/96 - [Hidalgo] Rn. 21).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">262</span><p class=\"absatzLinks\">Einen etwaigen einheitlichen Betrieb der Beklagten zu 1) hat die Beklagte zu 2) danach nicht in seiner Gesamtheit übernommen. Sie hat die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) an den Standorten B.und T. nicht fortgeführt. Diese wurden auch nicht auf einen anderen Standort verlagert und dort von der Beklagten zu 2) fortgeführt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">263</span><p class=\"absatzLinks\">(aaa)Es spricht viel dafür, dass es sich angesichts der Leitungsstruktur der Beklagten zu 1) mit ihren Stationen in Q. und X. sowie T. und B. um einen einheitlichen Betrieb i. S. d. Betriebsübergangsrechts gehandelt hat. Jedenfalls in Deutschland waren - zumindest nach dem Vortrag der Beklagten - keine Personen mit ausreichender Entscheidungsgewalt beschäftigt, die die Arbeit der deutschen Arbeitnehmer relativ frei und unabhängig organisierten und insbesondere Weisungen er- und Aufgaben verteilen konnten, ohne dass andere Organisationsstrukturen des Arbeitgebers dabei dazwischengeschaltet waren (vgl. zu diesem Erfordernis EuGH 06.03.2014 - C-458/12 - [Amatori u. a.], a. a. O., Rn. 32 m. w. N.; BAG 27.02.2020 - 8 AZR 215/19, NZA 2020, 1303, Rn. 83, vgl. aber auch Hess. LAG 15.03.2006 - 17 Sa 2327/04, Rn. 109 zu einem Teilbetrieb Fluggeschäft aus und nach Deutschland). Der am Standort B. eingesetzte \"Base Captain\" hatte solche Weisungsbefugnisse nach dem Vortrag der Beklagten nicht. Er fungierte lediglich als Bindeglied für die Kommunikation zwischen dem Flugpersonal und der Leitung in X.. Alle maßgeblichen Weisungen ergingen von X. aus. Ginge man insoweit von dem Vortrag des Klägers aus, der eine weitergehende Weisungsbefugnis des Base Captain behauptet, änderte dies nichts, weil dies allenfalls zu einem eigenständigen Teilbetrieb B. führte, der - wie ausgeführt - nicht auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist. Dies macht der Kläger in zweiter Instanz letztlich nicht mehr geltend, sondern geht von einem \"Gesamtbetriebsübergang\" aus.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">264</span><p class=\"absatzLinks\">Einem etwaigen einheitlichen, von X. aus geleiteten Betrieb wäre der Kläger zugeordnet gewesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">265</span><p class=\"absatzLinks\">(bbb)Diesen Betrieb hat die Beklagte zu 2) indes nicht in seiner Gesamtheit übernommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">266</span><p class=\"absatzLinks\">Allerdings hat die Beklagte zu 2) neben einigen weiteren Betriebsmitteln wie iPads und Uniformen sämtliche Flugzeuge der Beklagten zu 1) und somit auch die am Standort B. platzierten sieben Maschinen in ihre Verfügungsgewalt genommen. Auch hat sie den - abgesehen von einigen streitigen eigenen Flügen der Beklagten zu 1) - den einzigen Auftrag der Beklagten zu 1), den Wet-Lease-Vertrag mit der Muttergesellschaft S., beschränkt auf die Stationen der Beklagten zu 1) in Q. und X. fortgeführt. Ferner hat sie ab dem 15.09.2020 von den - hochqualifizierten - Arbeitnehmern der Beklagten zu 1) in X. die Mehrheit und in Q. nahezu alle übernommen und beschäftigt einzelne Wissens- und Entscheidungsträger der Beklagten zu 1) weiter. Schließlich hat die Beklagte zu 2) zunächst auch einen Großteil der Arbeitnehmer in B. für die Zeit ab dem 15.09.2020 vertraglich an sich gebunden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">267</span><p class=\"absatzLinks\">Damit hat die Beklagte zu 2) jedoch nicht den gesamten Betrieb der Beklagten zu 1) übernommen. Vielmehr hat sie wesentliche Teile der vormaligen Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1), nämlich die Wet-Lease-Flüge von B. und T. aus, tatsächlich nicht fortgeführt. Diese Standorte sind geschlossen. Es bestehen dort weder Abstellmöglichkeiten für Flugzeuge der Beklagten zu 2) noch gibt es Räumlichkeiten oder Büro- und Kommunikationsmittel. Die am Flughafen B. bestehenden Slots der Beklagten zu 1), also ihre Zeitnischen für Starts und Landungen, sind von der Beklagten zu 2) nicht übernommen worden. Ausweislich von Presseberichten wurden sie weitgehend auf eine Fluggesellschaft des M. konzerns übertragen. Auf den Standort B. bezogene Wet-Lease-Vereinbarungen mit der Muttergesellschaft S. hat die Beklagte zu 2) nicht übernommen oder neu abgeschlossen oder sonst fortgeführt. Auch hat sie sich von dem zunächst vertraglich gebundenen B.er Personal wieder getrennt, ohne dass dieses je seine Arbeit für die Beklagte zu 2) aufgenommen hätte. Dieser Zustand bestand bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht und damit schon etwa für ein Jahr nach Ausspruch der Kündigung fort. Für eine Änderung ist nichts ersichtlich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">268</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 2) hat die Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) in B. auch nicht an einem anderen Standort fortgeführt. Das B.Wet-Lease-Geschäft der Beklagten zu 1) wurde nicht lediglich verlagert. Hierfür besteht nach dem Sachvortrag der Parteien kein Anhaltspunkt. Weder in X. noch in Q. hat die Beklagte zu 2) eine die Identität zur vormaligen Düsseldorfer Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) wahrende Tätigkeit aufgenommen. Vielmehr hat sie lediglich die schon zuvor an diesen Standorten ausgeführte Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) fortgesetzt. Es werden auch keine Flüge von dort nach B. durchgeführt. Gegen eine Verlagerung der Geschäftstätigkeit spricht auch, dass der Großteil der übernommenen  Flugzeuge der Beklagten zu 1) in London-T. und an anderen Flughäfen abgestellt ist und ständig nur etwa neun (rotierend wechselnde) Maschinen im Einsatz sind.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">269</span><p class=\"absatzLinks\">Das an der Homebase B. betriebene Wet-Lease-Geschäft lässt sich schon wegen seiner Eigenart nicht beliebig auf einen anderen, weit entfernt liegenden Standort (X., Q.) verlagern. Es ist zu einem wesentlichen Anteil auch durch den Einsatz des hochqualifizierten und nicht ohne weiteres ersetzbaren Cockpit- und Kabinenpersonals gekennzeichnet. Dieses ist grundsätzlich standortgebunden (Heimatbasis, vgl. eingehend BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 41 - 47). Daran ändern auch mögliche kostenträchtige Personaltransfers (sog. Proceedings) nichts. Ein Austausch mit dem Flugpersonal an anderen Standorten fand demgemäß nicht statt. Die Standorte X. und Q. scheiden für eine Dauertätigkeit des B.er Flugpersonals ohne Änderung des Wohnsitzes aus. Das von den Beklagten betriebene Wet-Lease-Geschäft ist grundsätzlich an den Standort gebunden, von dem aus der alleinige Auftraggeber S. seinen Kunden Flüge anbietet. Die von der Beklagten zu 1) an einem solchen Standort, hier also B., angebotenen Flugleistungen können entgegen der Auffassung des Klägers nicht dauerhaft an beliebigen anderen Standorten erbracht werden. Wegen der hohen Kosten für Zubringertransfers des Flugpersonals einschließlich Arbeitszeiten und Unterbringung würde es sich um ein anders geartetes Geschäft handeln, als es die Beklagten betreiben bzw. betrieben haben. Das Gleiche gilt für die von der Beklagten zu 2) im Mai 2021 eröffneten Standorte in Kroatien (A. und A.). Nichts anderes gilt im Ergebnis für etwaige streitige eigene Flüge der Beklagte zu 1) von und nach B.. Im Übrigen und unabhängig davon handelte es sich um wenige und somit nicht einen etwaigen Betrieb prägende Flugverbindungen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">270</span><p class=\"absatzLinks\">Auf die Frage, ob einem Übergang des Flugbetriebs gemäß § 613a BGB grundsätzlich entgegensteht, dass die erforderliche Betriebsgenehmigung durch das Bundesluftfahrtamt (AOC) nicht übertragbar ist (so LAG Hessen 15.03.2006 - 17 Sa 2327/04, Rn. 111 unter Bezugnahme auf BAG 26.08.1999 - 8 AZR 827/98 [Notar]), kommt es nach alledem nicht mehr an.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">271</span><p class=\"absatzLinks\">(7)Zu berücksichtigende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 1) bestanden nicht. Für das Fehlen einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit ist gem. § 1 Abs. 2 S. 4 KSchG der Arbeitgeber darlegungs- und beweispflichtig. Dabei gilt eine abgestufte Darlegungslast. Macht der Arbeitnehmer geltend, es sei eine Beschäftigung an anderer Stelle möglich, obliegt es ihm, darzulegen, wie er sich diese vorstellt. Erst daraufhin muss der Arbeitgeber eingehend erläutern, aus welchen Gründen eine solche Beschäftigung nicht möglich war (BAG 29.08.2013 - 2 AZR 721/12, Rn.19)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">272</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Anderweitige Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 1) bestanden nicht. Soweit der Kläger sich auf eine Tätigkeit als Line Training Captain in der Station Q. beruft, kommt diese - unabhängig davon, dass diese Stelle sich im Ausland befindet - nicht als freie Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Betracht. Dies ergibt sich zum einen daraus, dass eine separate Tätigkeit als Line Training Captain bei der Beklagten zu 1) nicht existiert, sondern diese ein bestehendes Arbeitsverhältnis voraussetzt. Es handelt sich um eine \"Zusatzfunktion\". Dies folgt auch aus zur Akte gereichten internen Stellenausschreibung  vom 17.08.2020, die sich an Crew-Mitglieder wendet, eine zusätzliche Verantwortung in Aussicht stellt und das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses als Kapitän voraussetzt. Mit dem Wegfall des Beschäftigungsbedarfs als Kapitän und der dadurch bedingten Kündigung des Arbeitsverhältnisses bleibt nicht eröffnet, nur als Line Training Captain weiterzuarbeiten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">273</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Letztlich beruft der Kläger sich maßgeblich auf angebliche Stellen bei der Beklagten zu 2). Diese sind im Rechtsverhältnis zur Beklagten zu 1) und für die Beurteilung der Wirksamkeit von deren Kündigung unbeachtlich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">274</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht kann ausnahmsweise bestehen, wenn sich ein anderes Konzernunternehmen ausdrücklich zur Übernahme des Arbeitnehmers bereit erklärt hat. Entsprechendes gilt, wenn sich eine Unterbringungsverpflichtung unmittelbar aus dem Arbeitsvertrag, einer sonstigen vertraglichen Absprache oder der in der Vergangenheit geübten Praxis ergibt (BAG 18.10.2012 - 6 AZR 41/11, Rn. 57; BAG 23.04.2008 - 2 AZR 1110/06, Rn. 22 m. w. N.). In solchen Fallgestaltungen kann der Arbeitnehmer einen vertraglichen Anspruch gegen seinen Arbeitgeber auf Verschaffung eines Arbeitsvertrags haben (BAG 18.10.2012 - 6 AZR 41/11, Rn. 57; 23.03.2006 - 2 AZR 162/05, Rn. 21; 23. November 2004 - 2 AZR 24/04). Weitere Voraussetzung einer unternehmensübergreifenden Weiterbeschäftigungspflicht ist ein bestimmender Einfluss des vertragsschließenden Unternehmens auf die \"Versetzung” (BAG 18.10.2012 - 6 AZR 41/11, Rn. 57 m. w. N.; 23.04.2008 - 2 AZR 1110/06; 23.11.2004 - 2 AZR 24/04). Beruft sich der Arbeitnehmer auf konzernweiten Kündigungsschutz, muss er konkret aufzeigen, aus welchen vertraglichen Regelungen sich die konzernweite Weiterbeschäftigungspflicht ableitet und wie er sich eine anderweitige Beschäftigung vorstellt (BAG 18.10.2012 - 6 AZR 41/11, Rn. 58; BAG 10.05.2007 - 2 AZR 626/05, Rn. 46).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">275</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Der Kläger hat keine vertragliche Regelung benannt, aus der sich eine konzernbezogene Weiterbeschäftigungspflicht ergeben soll. Sie ist auch nicht ersichtlich. Auch eine sonstige Absprache oder in der Vergangenheit geübte Praxis oder ein ausdrückliches Bereiterklären zur Übernahme sind nicht vorgetragen. Ohnehin fehlt es an einem bestimmenden Einfluss der Beklagten zu 1) als bisherige Vertragsarbeitgeberin auf andere Konzernunternehmen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">276</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Eine fehlerhafte soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG liegt nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">277</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Der Arbeitgeber hat diejenigen Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG 20.06.2013 - 2 AZR 271/12; 22.03.2012 - 2 AZR 167/11; 15.12.2011 - 2 AZR 42/10).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">278</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Nachdem der Kläger die fehlerhafte soziale Auswahl pauschal gerügt hat, hat die Beklagte zu 1) vorgetragen, dass sämtlichen Arbeitnehmern in Deutschland gekündigt worden sei. Vor diesem Hintergrund oblag es nunmehr dem Kläger substantiiert vorzutragen, inwiefern dennoch eine soziale Auswahl möglich gewesen wäre. Dies ist nicht geschehen. Die Beschäftigten der Beklagten in X. und Q. waren in eine Sozialauswahl nicht einzubeziehen. Die Sozialauswahl bezieht sich nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nur auf in Deutschland gelegene Betriebe (BAG 27.06.2019 - 2 AZR 38/19, Rn. 26; 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 40).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">279</span><p class=\"absatzLinks\">7.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam, weil sie nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden ist. Ein Betriebsübergang, der das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasst hätte, liegt wie ausgeführt, nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">280</span><p class=\"absatzLinks\">8.Die Kündigung der Beklagten zu 1) ist nicht gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG i. V. m. § 134 BGB wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam. Die Beklagte zu 1) hat eine Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß i.S.d. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">281</span><p class=\"absatzLinks\">a.Die Beklagte zu 1) war zur Erstattung der Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 KSchG verpflichtet, weil sie jedenfalls im Sinne der MERL einen Betrieb in Deutschland führte. Die Heimatbasis ist ein international-sozialrechtlicher Anknüpfungspunkt für die Bestimmung der für die Mitglieder von Flug- und Kabinenbesatzungen geltenden Rechtsvorschriften (vgl. Art. 11 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 idF der Verordnung (EU) Nr. 465/2012). Dies soll die Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 auf Flug- oder Kabinenbesatzungsmitglieder erleichtern und dient damit deren Schutz (vgl. Erwägungsgrund 18b der Verordnung (EG) Nr. 883/2004 idF der Verordnung (EU) Nr. 465/2012). Es handelte sich bei der Station B. unabhängig davon, ob auf das Vorbringen des Klägers oder das der Beklagten zu 1) abgestellt wird, um einen Betrieb im Sinn der MERL.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">282</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Der in der MERL selbst nicht definierte Begriff \"Betrieb\" ist ein unionsrechtlicher Begriff. Sein Inhalt kann nicht anhand der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten bestimmt werden (vgl. EuGH 13.05.2015 - C-182/13 [Lyttle u. a.], Rn. 26; 13.05.2015 - C-392/13 [Rabal Cañas], Rn. 42; EuGH 30.04.2015 - C-80/14 [USDAW und Wilson], Rn. 45; BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 32). Der Europäische Gerichtshof legt den Begriff \"Betrieb\" im Massenentlassungsrecht sehr weit aus und stellt keine hohen organisatorischen Anforderungen an die erforderliche Leitungsstruktur. Nach seinem Verständnis wird das Arbeitsverhältnis im Wesentlichen durch die Verbindung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Unternehmensteil gekennzeichnet, dem er zur Erfüllung seiner Aufgabe angehört. Der Begriff \"Betrieb\" ist dahin auszulegen, dass er nach Maßgabe der Umstände die Einheit bezeichnet, der die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer zur Erfüllung ihrer Aufgabe angehören (EuGH 13.05.2015 - C-392/13 [Rabal Cañas], Rn. 44; EuGH 30.04.2015 - C-80/14 [USDAW und Wilson], Rn. 47; BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 33 m. w. N.). Es muss sich um eine unterscheidbare Einheit von einer gewissen Dauerhaftigkeit und Stabilität handeln, die zur Erledigung einer oder mehrerer bestimmter Aufgaben bestimmt ist und über eine Gesamtheit von Arbeitnehmern sowie über technische Mittel und eine organisatorische Struktur zur Erfüllung dieser Aufgaben verfügt. Da die MERL die sozioökonomischen Auswirkungen betrifft, die Massenentlassungen in einem bestimmten örtlichen Kontext und einer bestimmten sozialen Umgebung hervorrufen können, muss die fragliche Einheit weder rechtliche noch wirtschaftliche, finanzielle, verwaltungsmäßige oder technologische Autonomie besitzen, um als \"Betrieb\" qualifiziert werden zu können (EuGH 13.05.2015 - C-392/13 - [Rabal Cañas] Rn. 45, 47; EuGH 30.04.2015 - C-80/14 - [USDAW und Wilson] Rn. 49, 51; EuGH 15.02.2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 27 f.). Ein solcher Betrieb muss darum auch keine Leitung haben, die selbstständig Massenentlassungen vornehmen kann (EuGH 13.05.2015 - C-392/13 - [Rabal Cañas] Rn. 44 m. w. N.). Vielmehr reicht es aus, wenn eine Leitung besteht, die die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeit und die Kontrolle des Gesamtbetriebs der Einrichtungen der Einheit sowie die Lösung technischer Probleme im Sinne einer Aufgabenkoordinierung sicherstellt (EuGH 13.05.2015 - C-392/13 - [Rabal Cañas] Rn. 50; EuGH 15.02.2007 - C-270/05 - [Athinaïki Chartopoiïa] Rn. 31; BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 33).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">283</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Die Beklagte zu 1) unterhielt mit der Station am Flughafen B. einen \"Betrieb\" in diesem Sinne. Die Einheit war auf einen dauerhaften Bestand ausgerichtet, etwa manifestiert in den angemieteten Räumlichkeiten, den auf diesen Abflughafen als Einsatzort ausgerichteten Arbeitsverhältnissen und dem auf dieser Station (als einer von vier) aufgebauten Flugplan der Beklagten zu 1). Die Einheit diente der Erledigung bestimmter Aufgaben im Unternehmen der Beklagten zu 1), nämlich dem Angebot bestimmter Punkt-zu-Punkt-Flugverbindungen mit einer der Station zugeordneten Gesamtheit von Arbeitnehmern und weiteren Betriebsmitteln, insbesondere den Slots und einer feststehenden Anzahl von Flugzeugen. Die Einheit wies eine gewisse organisatorische Struktur auf, bei der aus der Belegschaft der Base Captain und der Base Supervisor hervorgehoben waren. Dabei kam dem Base Captain auch hinreichende Leitungsfunktion i. S. d. Betriebsbegriffs der MERL zu, da er nach Ziff. 1.3.5 OM/A dafür verantwortlich war, dass der Flugbetrieb von seiner Basis aus in einer sicheren, effizienten, pünktlichen und vorschriftsmäßigen Weise gemäß den genehmigten Richtlinien und Verfahren der Beklagten zu 1) durchgeführt wurde. Er war dafür verantwortlich, dass der Flugbetrieb von seiner Basis aus in Übereinstimmung mit den genehmigten Richtlinien und Verfahren der Beklagten durchgeführt wurde. Dabei erteilte der Base Captain der übrigen Belegschaft auch kurzfristige Weisungen (nach der Terminologie des Klägers) bzw. setzte Entscheidungen der übergeordneten Leitung in \"ad hoc-Maßnahmen\" um (so die Beklagte zu 1), was auch nur durch Weisungen gegenüber anderen Beschäftigten denkbar ist. Dementsprechend war die Massenentlassungsanzeige für die am Standort B. beschäftigten Arbeitnehmer nicht am Sitz des etwaigen Leitungsapparates der Beklagten zu 1) in T. bei X., sondern in B. zu erstatten. Sie konnte in T. unter Berücksichtigung der sozio-ökonomischen Auswirkungen ihren Zweck offensichtlich nicht erfüllen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">284</span><p class=\"absatzLinks\">b.Die Beklagte zu 1) hat die nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß i.S.d. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet. Es gilt eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast. Zunächst ist der Arbeitnehmer darlegungs- und beweisbelastet dafür, dass die Voraussetzungen einer Anzeigepflicht nach § 17 KSchG vorliegen. Hat er dies vorgetragen, kann er die Ordnungsgemäßheit der Massenentlassungsanzeige mit Nichtwissen bestreiten. Der Arbeitgeber muss sodann im Einzelnen zur Anzeige vortragen. Im Anschluss hat der Arbeitnehmer konkret vorzubringen, welche Punkte er beanstandet. Das Gericht ist verpflichtet, Unwirksamkeitsgründe für eine Massenentlassungsanzeige, die sich unmittelbar aus dem Parteivorbringen ergeben, von Amts wegen zu beachten, selbst wenn der Gegner sie nicht rügt (ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2021, § 17 KSchG, Rn. 40, m. w. N.). Gleiches mag gelten, wenn sich solche Unwirksamkeitsgründe aus vom Arbeitgeber in das Verfahren eingeführten Unterlagen ohne weiteres eindeutig ergeben (BAG 13.12.2012 - 6 AZR 5/12, Rn. 43). Das Gericht ist indessen nach dem zivilprozessualen Beibringungsgrundsatz dagegen nicht verpflichtet, in kommentarlos vorgelegten Unterlagen nach etwaigen Unwirksamkeitsgründen für die Massenentlassungsanzeige zu forschen, die im Sachvortrag der Parteien keinen unmittelbaren Niederschlag gefunden haben. In Anwendung dieses Maßstabs ist die Massenentlassungsanzeige wirksam.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">285</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Die Massenentlassungsanzeige ist von der Beklagten zu 1) vor Zugang der Kündigung bei der zuständigen Arbeitsagentur gestellt worden. Als zuständige Arbeitsagentur für die Anzeige kommt innerhalb Deutschlands wie ausgeführt allein die Agentur in Düsseldorf am Ort des Betriebs i.S.d. MERL in Betracht. An diese hat die Beklagte zu 1) die Anzeige gerichtet. Es kann, was zwischen den Parteien streitig ist, offen bleiben, ob die Massenentlassungsanzeige der Agentur für Arbeit Düsseldorf vor Zugang der Kündigung im Original zugegangen ist. Der unstreitige Eingang per Telefax vor Zugang der Kündigung ist ausreichend und wirksam. Die Anzeige, die insbesondere per unterschriebenem Anschreiben und unterschriebenem ausgefüllten Formular erfolgte und dergestalt als Telefax an die Agentur für Arbeit übermittelt wurde, genügte der in § 17 Abs. 3 S. 2 KSchG vorgesehenen Schriftform (LAG Berlin-Brandenburg 06.01.2016 - 23 Sa 1347/15, Rn. 80 m. w. N.; ErfK/Kiel, 22. Aufl. 2022, § 17 KSchG Rn. 28; APS/Moll, 6. Aufl., § 17 KSchG Rn. 97; KR/Heinkel, 13. Aufl. 2022, § 17 KSchG Rn. 139). Insoweit gilt nichts anderes als für die Übermittlung des Unterrichtungsschreibens an den Betriebsrat gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 KSchG, wofür sowohl nach nationalem Recht als auch nach Unionsrecht ein Telefax genügt (KR/Heinkel, 13. Auf. 2022, § 17 KSchG Rn. 139 unter Bezugnahme auf BAG 22.09.2016 - 2 AZR 276/16, Rn. 41 ff.; BAG 13.06.2019 - 6 AZR 459/18, Rn. 47).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">286</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Im Anschreiben sowie in Feld 32 des ausgefüllten Formulars sind i. S. d. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG die Gründe für die Entlassungen genannt. Dazu ist - anders als gegenüber der Arbeitnehmervertretung im Konsultationsverfahren nach § 17 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 KSchG - der Arbeitsverwaltung ein bloßer Überblick darüber zu geben, welcher Anlass bzw. welcher Sachverhalt die Kündigungen ausgelöst hat. Der Arbeitsverwaltung wird bereits durch die allgemeine Benennung dessen eine Grundlage für die Prüfung gegeben, ob eine Abkürzung oder eine Verlängerung der Sperrfrist in Betracht kommt und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Verhinderung der Massenentlassung oder für Vermittlungen in Betracht gezogen werden können (Spelge, EuZA 2018, 67, 86; APS/Moll, 6. Aufl. 2022, § 17 KSchG Rn. 99 m. w. N.). Diesem Zweck genügten die gemachten Angaben, wonach der Flugbetrieb in Deutschland eingestellt werde und keine Stationierungsorte in Deutschland mehr vorgehalten würden. Auf die Situation außerhalb von Deutschland kam es für die Arbeitsverwaltung in B. nicht an. Einer näheren Darstellung des Hintergrunds und der Motivation der Beklagten zu 1) bedurfte es nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">287</span><p class=\"absatzLinks\">cc.Die Anzeige ist nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 1) die Zahl der zu entlassenden sowie der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer für den \"Betrieb\" B. nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG falsch angegeben hätte. Dabei sind unwesentliche Fehler für die sachliche Prüfung und die Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit und so für die Wirksamkeit der Anzeige unschädlich (vgl. BAG 28.06.2012 - 6 AZR 780/10, Rn. 50; 22.03.2001 - 8 AZR 565/00, Rn. 140; LAG Baden-Württemberg 16.09.2010 - 11 Sa 35/10, Rn. 23 ff. m. w. N.; Boemke, in Boecken/Düwell/Diller/Hanau, § 17 KSchG Rn. 110 m. w. N.). Nach den Angaben der Anzeige beschäftigte die Beklagte in B. regelmäßig 163 Arbeitnehmer und beabsichtigte deren Entlassungen. Der Kläger geht ausweislich der Klageschrift davon aus, dass am Standort ca. 150 Arbeitnehmer beschäftigt waren und allen gekündigt worden ist. Diese etwaige Diskrepanz ist unwesentlich, zumal nicht ersichtlich ist, dass die Angaben in der Anzeige zu niedrig waren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">288</span><p class=\"absatzLinks\">dd.Dahinstehen kann schließlich, ob die ebenfalls gerügte Zahl der \"vorangegangenen Entlassungen\" zutreffend war. Dabei handelt es sich nicht um eine der \"Muss-Angaben\" i. S. d. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG, die für die Wirksamkeit der Anzeige relevant sind. Vielmehr verlangt die Arbeitsverwaltung diese Angabe in ihrem Formular, um (auch) damit das Erfordernis der Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 1 S. 1 KSchG überprüfen zu können. Dass die Beklagte dieser Anzeigepflicht unterlag, ist unstreitig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">289</span><p class=\"absatzLinks\">ee.Die übrigen Pflichtangaben des § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG sind in der von der Beklagten zu 1) vorgelegten Anzeige unbestritten enthalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">290</span><p class=\"absatzLinks\">ff.Die Massenentlassungsanzeige ist schließlich nicht wegen fehlender Soll-Angaben i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer unwirksam, wie der Kläger zweitinstanzlich unter Berufung auf eine neuere Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgericht gerügt hat (Hess. LAG 25.06.2021 - 14 Sa 1225/20; Revision eingelegt zu 2 AZR 424/21).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">291</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Allerdings ist der Kläger nicht gehindert, die Fehlerhaftigkeit der Massenentlassungsanzeige auch insoweit erstmals in zweiter Instanz geltend zu machen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">292</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Die Rüge, die Kündigung sei unwirksam, weil die Massenentlassungsanzeige wegen Unterlassung der Soll-Angaben i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG nicht wirksam erfolgt sei, ist nicht nach § 6 Satz 1 KSchG präkludiert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">293</span><p class=\"absatzLinks\">Der Kläger hat bereits mit der Klageschrift eine nicht ordnungsgemäße Massenentlassungsanzeige nach § 17 KSchG gerügt. Dies genügte den Anforderungen des § 6 Satz 1 KSchG, da die Beklagte zu 1) dem erstinstanzlichen Vortrag des Klägers die \"Stoßrichtung\" der Rüge hinreichend entnehmen konnte (vgl. zu diesem Erfordernis BAG 20.01.2016 - 6 AZR 601/14, Rn. 13 ff.; ferner Moll/Katerndahl Anm. AP KSchG 1969 § 17 Nr. 48, die generell davon ausgehen, Sinn und Zweck des § 6 Satz 1 KSchG erforderten keine Substantiierung der Rüge). Unterstellt, die Soll-Angaben seien für die Wirksamkeit der Kündigung erforderlich, ist es bei entsprechender Rüge ohne weiteres Aufgabe der Beklagten zu 1), zur Mitteilung der Soll-Angaben an die zuständige Agentur für Arbeit vorzutragen. Die Soll-Angaben gehören dann schlicht zum Inhalt der vom Arbeitgeber darzulegenden Massenentlassungsanzeige.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">294</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Der Kläger ist mit der Rüge nicht gemäß § 67 ArbGG ausgeschlossen. Dies ergibt sich schon dadurch, dass durch die Zulassung der Rüge die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert wurde. Die Angelegenheit war ohne weitere Sachaufklärung entscheidungsreif. Die in Ziffer 34 der Anzeige an die Agentur für Arbeit bezeichnete Liste mit den Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer wurde der Agentur für Arbeit Düsseldorf erst nach Zugang der Kündigung nachgereicht. Insoweit liegt schon kein streitiger Sachverhalt vor. Streitig ist alleine, ob der Sachvortrag der Beklagten zu 1) zutrifft, wonach die sog. Soll-Angaben der Agentur für Arbeit im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgrund der vorangegangenen Anträge auf Kurzarbeitergeld zugänglich waren, d.h. letztlich für die einzelnen zu entlassenden Arbeitnehmer ohnehin in dem System der Agentur für Arbeit hinterlegt waren. Die Kammer lässt offen, ob dies genügt oder auch in einem solchen Fall eine auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aktualisierte Zusammenstellung dieser Angaben der Agentur für Arbeit gesondert zu übermitteln ist. Darauf kommt es nicht an.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">295</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Fehlende Soll-Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG führen nämlich nicht zur Unwirksamkeit einer Massenentlassungsanzeige.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">296</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Nach Auffassung des Hessischen Landesarbeitsgerichts führt es zur Unwirksamkeit der Kündigung gemäß § 17 Abs. 1 KSchG i. V. m. § 134 BGB, wenn die Massenentlassungsanzeige gegenüber der Agentur für Arbeit nicht die in § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG genannten Angaben (sog. \"Soll-Angaben\") enthält oder diese nicht vor Zugang der Kündigung gegenüber der Agentur für Arbeit nachgeholt werden (Hess. LAG 25.06.2021 - 14 Sa 1225/20, juris, Rn. 32 unter Bezugnahme auf Spelge, EuZA 2018, 67; Spelge, RdA 2018, 297; EuArbRK/Spelge RL 98/59/EG Art. 3 Rn. 4; EuArbRK/Spelge RL 98/59/EG Art. 6 Rn. 18). Dies ergebe die richtlinienkonforme Auslegung der Vorschrift. Art. 3 Abs. 1 Unterabsatz 3 MERL verlange die Mitteilung aller zweckdienlichen Angaben. Hierzu gehören auch die in § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG genannten Angaben über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer (BAG 14.05.2020 - 6 AZR 235/19- NZA 2020, 1092). Die MERL unterscheide dabei nicht zwischen solchen Angaben, die auf jeden Fall erfolgen müssen und solchen, die zwar zweckdienlich, aber gleichwohl verzichtbar seien (BAG 13.02.2020 - 6 AZR 146/19 - BAGE 169, 362). § 17 Abs. 3 S. 5 KSchG sei daher richtlinienkonform auszulegen; dies sei mit dem Wortlaut, der Gesetzessystematik sowie mit dem aus der Entstehungsgeschichte ersichtlichen Willen des Gesetzgebers vereinbar (Hess. LAG 25.06.2021 - 14 Sa 1225/20, juris, Rn. 32, 35, 41).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">297</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Dem folgt die erkennende Kammer nicht. Sie geht mit der ganz herrschenden Meinung davon aus, dass Fehler bei den Soll-Angaben des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG für die Wirksamkeit der Kündigung unschädlich sind (so bereits BAG 06.10.1960 - 2 AZR 47/59, Rn. 8; ferner TLL/Lembke/Oberwinter, KSchG, 4. Aufl. 2018, § 17 Rn. 134; LSSW/Wertheimer KSchG,11. Aufl. 2018, § 17 Rn. 70; KR/Weigand KSchG, 12. Aufl. 2019, § 17 Rn. 131; Preis/Sagan/Naber/Sittard, EurArbR, 2. Aufl., 2019, § 10 Rn. 148; APS/Moll, 6. Aufl. 2021, § 17 KSchG Rn. 132; Gallner/Mestwerdt/Nägele, KSchG 7. Aufl. 2021, § 17 Rn. 70; HK-KSchG/Hauck Rn. 54; LKB/Bayreuther KSchG, 16. Aufl. 2019, Rn. 119; DDZ/Deinert/Callsen KSchR, 11. Aufl. 2020, § 17 KSchG Rn. 55; HWK/Molkenbur, 9. Aufl. 2020, § 17 KSchG Rn. 35).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">298</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht in den Entscheidungen vom 13.02.2020 (- 6 AZR 146/19, Rn. 71, 75, 81, 93 und 109) sowie vom 14.05.2020 (6 AZR 235/19, Rn 133) ausgeführt, die Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagentur setzten voraus, dass diese \"in einem strukturierten Verfahren vom Arbeitgeber die in § 17 Abs. 3 Satz 4 und Satz 5 KSchG verlangten, objektiv richtigen Angaben vor Zugang der Kündigung erhält (…).\" Sämtliche in § 17 Abs. 3 Sätze 4 und 5 KSchG aufgeführten Gesichtspunkte seien \"zweckdienlich\" i. S. v. Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 MERL.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">299</span><p class=\"absatzLinks\">Damit hat das Bundesarbeitsgericht aber nicht angenommen, dass eine Verletzung der Soll-Angaben-Pflicht aus § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG - entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung (BAG 06.10.1960 - 2 AZR 47/59, Rn. 8) - zur Unwirksamkeit der Kündigung führt. Im Gegenteil hat es in der genannten grundlegenden Entscheidung vom 13.02.2020 ausgeführt, dass die Unterscheidung in § 17 Abs. 3 Sätze 4 und 5 KSchG zwischen Muss- und Soll-Angaben den unionsrechtlichen Vorgaben genüge, auch wenn die MERL diese Unterscheidung nicht kenne und in Art. 3 Abs. 1 Unterabs. 3 die Mitteilung aller \"zweckdienlichen\" Angaben verlange sowie einzelne - in § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG als Muss-Angaben ausgestaltete - Punkte nenne, die \"insbesondere\" anzugeben sind (BAG 13.03.2020 - 6 AZR 146/19, Rn. 93).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">300</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Die Soll-Angaben nach § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG mögen zweckdienlich und damit durch Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL intendiert sein. Zur Überzeugung der Kammer können sie aber schon deshalb für die Wirksamkeit der Anzeige und der Kündigung nicht zwingend erforderlich sein, weil allein die Bezeichnung \"zweckdienliche Angaben\" in Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL bei weitem zu ungenau ist, um einer Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht, die nicht alle denkbaren für die Arbeitsvermittlung zweckdienlichen Angaben als \"Muss-Angaben\" aufführt, die Richtlinienkonformität oder gar Wirksamkeit abzusprechen. Über die in Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL mit \"insbesondere\" gekennzeichneten Angaben hinaus, die § 17 Abs. 3 Satz 4 KSchG ausdrücklich als Muss-Angaben ausgestaltet hat, gibt es eine große Anzahl von weiteren zweckdienlichen Angaben für die Arbeitsvermittlung. Dazu zählen insbesondere auch solche, die weder in Satz 4 noch in Satz 5 des § 17 Abs. 3 KSchG genannt sind, wie etwa Schwerbehinderung, Teilzeitbeschäftigung, Schwangerschaft etc.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">301</span><p class=\"absatzLinks\">Bei diesem Befund ist kaum denkbar, dass ein nationales Recht in den EU-Staaten richtlinienkonform ausgestaltet wäre, wenn die Richtlinie zwingende Geltung in Bezug auf alle denkbaren zweckdienlichen Angaben beanspruchte. Ist aber der nationale Gesetzgeber mangels ausreichend klarer Vorgaben der Richtlinie nicht gehalten, sämtliche denkbaren, in der MERL nicht ausdrücklich (\"insbesondere\") genannten zweckdienlichen Angaben für die Arbeitsvermittlung zur Wirksamkeitsvoraussetzung einer ordnungsgemäßen Massenentlassungsanzeige zu erheben, dann kann auch keine richtlinienkonforme Auslegung der Soll-Vorschrift des § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG im Sinne einer Muss-Vorschrift geboten sein.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">302</span><p class=\"absatzLinks\">Die Verpflichtung nach Art. 3 Abs. 1 UnterAbs. 3 MERL muss auch nicht deshalb in ihrer ganzen Unbestimmtheit zu einer Muss-Vorschrift erhoben werden, weil ihr sonst keine angemessene und ausreichende Rechtsfolge gegenüberstünde und sie nicht effektiv durchgesetzt werden könnte. Zum ersten können die in der Richtlinie unter \"insbesondere\" aufgeführten zweckdienlichen Angaben ohne weiteres effektiv umgesetzt werden, wie § 17 Abs. 3 Satz 3 KSchG zeigt. Zum zweiten wohnt der Richtlinie im Übrigen, wie ausgeführt, aufgrund ihrer eigenen Unbestimmtheit die Ineffektivität inne. Zum dritten hätte die Agentur für Arbeit die Möglichkeit, eine Verletzung der Verpflichtung aus § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG im Rahmen der Entscheidung über die Sperrfrist (§ 18 Abs. 1 und 2 KSchG) zu berücksichtigen und auf diese Weise zu ihrer zusätzlichen Effektivität beizutragen (ähnlich Moll in APS, 6. Aufl. 2021, KSchG § 17 Rn. 93 zur Pflicht nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KSchG, der Arbeitsagentur eine Abschrift der Mitteilung an den Betriebsrat im Rahmen des Anzeigeverfahrens zuzuleiten).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">303</span><p class=\"absatzLinks\">II.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Kündigungsschutzantrag (Antrag zu III.2) ist zulässig, aber unbegründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">304</span><p class=\"absatzLinks\">1.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Kündigungsschutzantrag ist zulässig. Der Antrag ist insbesondere hinreichend bestimmt und bezieht sich auf die Kündigung des vertraglich zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) begründeten Arbeitsverhältnisses. Das Angebot hierzu gab die Beklagte zu 2) mit der E-Mail vom 20.08.2020 ab, welches sämtliche wesentlichen Vertragsbestandteile enthielt, nämlich das Angebot der Tätigkeit als Flugkapitän zum 15.09.2020 zu den gleichen Bedingungen wie bislang bei der Beklagten zu 1). Mit der Antwort-E-Mail \"I accept\" hat der Kläger dieses Angebot angenommen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Übersetzung des Klägers oder der Beklagten zu Grunde gelegt wird. Auf die Kündigung dieses Arbeitsverhältnisses bezieht sich die Kündigungsschutzklage des Klägers. Er greift mit der Klage die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 an. Mit dieser kündigt die Beklagte zu 2) das zwischen ihr und dem Kläger \"zum 15. September 2020 eingegangene Arbeitsverhältnis\". Dies ist eindeutig ein vertraglich begründetes und nicht ein im Wege des § 613a BGB auf sie übergegangenes Arbeitsverhältnis, zumal sie einen Betriebsübergang stets in Abrede gestellt hat. Die am 12.09.2020 zugegangene Kündigung könnte ein seit dem oder nach dem 15.09.2020 im Wege des § 613a BGB bestehendes Arbeitsverhältnis ohnehin nicht tangieren, weil die Beklagte zu 2) dann gekündigt hätte, bevor sie in die Arbeitgeberstellung eingetreten wäre. Ein Feststellungsinteresse hat der Kläger beim Antrag zu III.2. daher nur bezogen auf ein arbeitsvertraglich begründetes Arbeitsverhältnis zur Beklagten zu 2). Bei verständiger Würdigung auch unter Berücksichtigung der Ausführungen in der Klageschrift bezieht sich der Kündigungsschutzantrag nur auf ein solches vertraglich begründetes Arbeitsverhältnis. Die Klageschrift beschreibt in tatsächlicher Hinsicht die Historie dieses vertraglich begründeten Arbeitsverhältnisses. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger bereits in der Klageschrift ausgeführt hat, dass er nicht wisse, wann der Betriebsübergang stattgefunden habe, zumal er anderseits für die Erfüllung der Wartezeit von einer Anrechnung der Vorbeschäftigungszeiten und dabei von der \"Auslegung des vom Kläger angenommenen Angebotes\" ausgeht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">305</span><p class=\"absatzLinks\">Wenn der Kläger später ausführt, dass durch den E-Mail-Verkehr mit der Beklagten zu 2) kein eigenständiges Arbeitsverhältnis mit dieser begründet worden sei, sondern das Schreiben nur eine missglückte Unterrichtung über einen Betriebsübergang sei, so liegt darin keine konkludente Klagerücknahme der in Bezug auf das vertraglich begründete Arbeitsverhältnis erhobenen Kündigungsschutzklage. Es handelt sich lediglich um die Äußerung einer unzutreffenden Rechtsansicht. Ohnehin und unabhängig davon hätte die Beklagte zu 2) einer etwaigen Klagerücknahme nach erstinstanzlicher Antragstellung zustimmen müssen, was nicht erfolgt ist. Sie hat zu dieser Rechtsansicht des Klägers auch nach Wiederholung im Kammertermin vor dem Landesarbeitsgericht keine Erklärung abgegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">306</span><p class=\"absatzLinks\">2.Der Kündigungsschutzantrag zu III.2 ist unbegründet, weil die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 rechtswirksam ist und das vertraglich mit dem Kläger begründete Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 31.12.2020 aufgelöst hat.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">307</span><p class=\"absatzLinks\">a. Die Wirksamkeit der Kündigung beurteilt sich nach deutschem Recht. Insoweit gilt im Ergebnis aufgrund der von den Parteien getroffenen Rechtswahl im Eckpunktepapier nichts anderes als für die Kündigung der Beklagten zu 1). Der Kläger und die Beklagte zu 2) wiederum haben auf der Grundlage des Schreibens vom 20.08.2020  - unabhängig von der zu Grunde gelegten Übersetzung - ein Arbeitsverhältnis zu denselben Bedingungen und Konditionen vereinbart, wie sie in dem Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 1) bestand. Demgemäß gilt deutsches Recht auch im Verhältnis des Klägers zur Beklagten zu 2). Davon gehen die Parteien im Übrigen im Verfahren übereinstimmend aus.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">308</span><p class=\"absatzLinks\">b.Die Kündigung gilt zunächst nicht schon gemäß §§ 4, 7 KSchG wegen nicht rechtzeitiger Klageerhebung als rechtswirksam. Die Klagen wurden gemäß § 4 KSchG binnen drei Wochen ab Zugang der Kündigung beim Arbeitsgericht erhoben. Ob die §§ 4, 7 KSchG gemäß §§ 23 Abs. 1 Satz 2, 24 KSchG auf den Flugbetrieb einer ausländischen Fluggesellschaft unter den hier gegebenen Umständen überhaupt Anwendung finden, kann daher offenbleiben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">309</span><p class=\"absatzLinks\">c.Die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 ist nicht wegen Unbestimmtheit unwirksam. In Anwendung der oben dargestellten Grundsätze ist die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 hinreichend bestimmt. Es gilt hier in der Begründung und im Ergebnis nichts anderes als für die Kündigung seitens der Beklagten zu 1). Auch die Kündigung der Beklagten zu 2) ist hinreichend bestimmt zum 31.12.2020 erklärt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">310</span><p class=\"absatzLinks\">d.In Bezug auf die Schriftform (§ 623 BGB) bestehen keine Wirksamkeitsbedenken.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">311</span><p class=\"absatzLinks\">e.Die Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 ist nicht gemäß § 1 KSchG unwirksam. Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 KSchG ist die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">312</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Die gesetzlichen Voraussetzungen für den persönlichen und betrieblichen Anwendungsbereich des § 1 KSchG sind nicht erfüllt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">313</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Das Arbeitsverhältnis des Klägers hat nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG im Betrieb oder Unternehmen der Beklagten zu 2) länger als sechs Monate bestanden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">314</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Der Kläger hatte bei Zugang der Kündigung die Wartezeit von sechs Monaten im Arbeitsverhältnis zu der Beklagten zu 2) noch nicht zurückgelegt. Dieses sollte nach der vertraglichen Vereinbarung erst am 15.09.2020 beginnen und war nicht einmal in Vollzug gesetzt. Zeiten der Zugehörigkeit zu einem anderen konzernangehörigen Unternehmen werden nicht kraft Gesetzes auf die Wartezeit angerechnet (vgl. dazu BAG 20.02.2014 - 2 AZR 859/11 Rn. 44 ff.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">315</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Auch scheidet eine etwaige Anrechnung von Vordienstzeiten aufgrund eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) nach § 613a Abs. 1 BGB aus. Ein Betriebsübergang, der den Kläger erfasst hat, hat - wie ausgeführt - nicht und erst recht nicht vor Zugang der Kündigung vom 10.09.2020 stattgefunden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">316</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Der Übergang eines Betriebs i. S. v. § 613a Abs. 1 BGB vollzieht sich im Zeitpunkt der tatsächlichen Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit durch den Betriebsnachfolger (BAG 18.03.1999 - 8 AZR 159/98; 21.02.2008 - 8 AZR 77/07; MüKoBGB/Müller-Glöge, 8. Aufl. 2020, § 613a Rn. 59 m. w. N.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">317</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Für eine tatsächliche Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 2) vor Zugang der Kündigung vom 10.09.2020 ist nichts ersichtlich. Dagegen spricht schon der erst zum 15.09.2020 vereinbarte Vertragsbeginn der Arbeitsverhältnisse der am Standort B. beschäftigten Arbeitnehmer mit der Beklagten zu 2). Auch am Standort X. hat die Beklagte zu 2) erst zu diesem Datum Arbeitnehmer eingestellt (vgl. das E-Mail-Angebot der Beklagten zu 2) vom 12.08.2021). Erst recht besteht kein Anhaltspunkt für eine frühere tatsächliche Weiterführung bzw. Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit der Beklagten zu 1) durch die Beklagte zu 2) in Bezug auf einen Betrieb oder Teilbetrieb, dem der Kläger zugeordnet wäre. Unstreitig führte die Beklagte zu 1) ihren letzten Flug am Standort B. noch im Oktober 2020 durch, während die Beklagte zu 2) ihn dort nie aufnahm.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">318</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Auch die gesetzlichen Voraussetzungen des betrieblichen Anwendungsbereichs des § 1 KSchG sind nicht erfüllt. Die Beklagte zu 2) unterhielt weder einen Betrieb i. S. d. § 23 KSchG noch einen Flugbetrieb i. S. d. § 24 KSchG, auf den das Kündigungsschutzgesetz Anwendung fand.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">319</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Die Beklagte zu 2) unterhielt als Gesellschaft maltesischen Rechts keinen Betrieb i. S. d. § 23 KSchG im räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">320</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)§ 23 KSchG erfasst wie ausgeführt nur inländische Betriebe. Für die räumliche Lage eines Betriebes ist entscheidend, wo schwerpunktmäßig über Arbeitsbedingungen und Organisationsfragen sowie darüber entschieden wird, in welcher Weise Einstellungen, Entlassungen und Versetzungen vorgenommen werden. Der allgemeine Betriebsbegriff des § 23 KSchG knüpft an die organisatorische Einheit an. Eine betriebliche Struktur setzt einen einheitlichen organisatorischen Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen voraus. Die einen Betrieb konstituierende Leitungsmacht wird dadurch bestimmt, dass der Kern der Arbeitgeberfunktionen in personellen und sozialen Angelegenheiten von derselben institutionalisierten Leitung im Wesentlichen selbständig ausgeübt wird (BAG 03.06.2004 - 2 AZR 386/03).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">321</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Die Beklagte zu 2) unterhielt und unterhält in der Bundesrepublik Deutschland keine organisatorische Einheit von Arbeitsmitteln, mit deren Hilfe sie allein oder in Gemeinschaft mit ihren Arbeitnehmern mit Hilfe von technischen und immateriellen Mitteln einen bestimmten arbeitstechnischen Zweck fortgesetzt verfolgt, der nicht nur in der Befriedigung von Eigenbedarf liegt. Auch unterhält die Beklagte zu 2) keine Niederlassung, Betriebsstätte oder ähnliches in der Bundesrepublik Deutschland, von der aus ein einheitlicher Einsatz der Betriebsmittel und der Personalressourcen ihrerseits gesteuert wird. Die Beklagte beschäftigt auch keine Mitarbeiter in Deutschland. Der bloße Vertragsschluss und die Absicht künftiger Beschäftigung, die noch vor Ausspruch der Kündigung aufgegeben und zu keinem Zeitpunkt umgesetzt wurde, genügen nicht. Zudem war insoweit nicht beabsichtigt, den Einsatz der Arbeitnehmer, hier also den des Klägers, von Deutschland aus zu leiten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">322</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Die Beklagte zu 2) unterhielt keinen Flugbetrieb i. S. d. § 24 KSchG im räumlichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes. Anders als die Beklagte zu 1) betrieb die Beklagte zu 2) in B.  zu keinem Zeitpunkt einen Standort mit Arbeitnehmern, die von B. aus auf der Basis von deutschen Arbeitsverträgen im Luftverkehrsbetrieb beschäftigt und in Flugzeugen der Beklagten eingesetzt wurden. Erst recht \"beschäftigte\" die Beklagte zu 2) in Deutschland zu keinem Zeitpunkt mehr als zehn Arbeitnehmer, wie dies § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG voraussetzt. Zwar hat sie mehr als zehn Arbeitnehmer zum 15.09.2020 eingestellt, diese sind jedoch nie für sie tätig geworden. Anders als der Wortlaut des § 1 Abs. 1 KSchG, der darauf abstellt, dass das \"Arbeitsverhältnis\" mehr als sechs Monate \"bestanden\" haben muss, damit der Arbeitnehmer dem KSchG unterfällt, stellt § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG darauf ab, dass in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer \"beschäftigt\" werden müssen. Hierbei kommt es maßgeblich darauf an, dass eine betriebliche Struktur bzw. hier die \"Gesamtheit der Luftfahrtzeuge\" tatsächlich besteht und darin Arbeitnehmer in der geforderten Anzahl eingegliedert sind (BAG 03.06.2004 - 2 AZR 386/03, Rn. 37). Dies war hier nicht der Fall.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">323</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Es erscheint allerdings denkbar, dass die Beklagte zu 2) den Kläger bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags im August 2020 auch kündigungsrechtlich so stellen wollte, wie er bis dahin bei der Beklagten zu 1) gestanden hatte. Gemäß dem Angebot der Beklagten zu 2) vom 20.08.2020, das von dem Kläger ohne Einschränkung akzeptiert wurde (\"I accept\"), sollten für das zu begründende Arbeitsverhältnis dieselben bzw. die gleichen Bedingungen wie bei dem bereits bestehenden Vertrag mit der Beklagten zu 1), geändert durch die Annahme des Eckpunktepapiers gelten. Danach wäre auf die bei der Beklagten zu 1) bereits vollständig zurückgelegte Wartezeit abzustellen und zu prüfen, ob die Beklagte zu 1) bei Zugang der Kündigung ihrerseits dem betrieblichen Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes unterfiel.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">324</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Eine konkludente oder stillschweigende Vereinbarung über die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten ist rechtlich ohne weiteres möglich. Durch die vertraglich vereinbarte Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten kann der allgemeine Kündigungsschutz grundsätzlich bereits vor Ablauf der Wartezeit und sogar vor Dienstantritt gewährt werden (BAG 23.02.2017 - 6 AZR 665/15, Rn. 38).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">325</span><p class=\"absatzLinks\">Allerdings ist der allgemeine Kündigungsschutz nicht konzernbezogen, sondern betriebs- bzw. unternehmensbezogen ausgestaltet. Wird der Arbeitnehmer nach Auflösung seines bisherigen Arbeitsverhältnisses im Unternehmensverbund weiterbeschäftigt, bedarf es deshalb für die Annahme einer konkludenten Vereinbarung über die Anrechnung vorangegangener Beschäftigungszeiten besonderer Anhaltspunkte. Diese können sich aus den Umständen ergeben, unter denen der Wechsel vollzogen wurde. Geht er ausschließlich auf die Initiative des Arbeitgebers zurück und wird der Arbeitnehmer beim verbundenen Unternehmen zu annähernd gleichen Arbeitsbedingungen ohne Vereinbarung einer Probezeit weiterbeschäftigt, kann dies ein gewichtiges Indiz für eine solche Vereinbarung sein. Möglicherweise soll eine Wartezeit im Arbeitsverhältnis mit dem neuen Arbeitgeber sogar ganz ausgeschlossen sein. Drängen \"alter\" und \"neuer\" Arbeitgeber den Arbeitnehmer gemeinsam zum Unternehmenswechsel und verfolgen sie dabei vorrangig das Ziel, den Verlust des Kündigungsschutzes herbeizuführen, kann der Arbeitnehmer überdies nach dem Rechtsgedanken des § 162 BGB so zu stellen sein, als hätte er die Wartefrist beim neuen Arbeitgeber bereits erfüllt (BAG 20.02.2014 - 2 AZR 859/11, Rn. 45 - 47 mit Darstellung des Meinungsstandes im Schrifttum).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">326</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) dahin, dass sein Arbeitsverhältnis bereits mit Vertragsschluss und vor Vertragsbeginn demselben Kündigungsschutz unterfallen sollte, wie er bei der Beklagten zu 1) bestand, erscheint danach nicht ausgeschlossen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">327</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 2) hat dem Kläger ausdrücklich einen Arbeitsvertrag zu denselben Regelungen und Bedingungen angeboten, wie sie in dem Vertrag mit der Beklagten zu 1) galten. Hierzu gehörten - ausgehend vom objektiven Empfängerhorizont (§§ 133, 157 BGB) - auch die Beschäftigungszeiten ab dem jeweiligen Eintrittsdatum bei der Beklagten zu 1), die unstreitig jeweils mehr als sechs Monate betrugen. Die Vertragsparteien gingen bei Vertragsschluss zudem davon aus, dass die Beklagte zu 2) das Geschäft der Beklagten zu 1) als Wet-Lease-Partner der Konzernobergesellschaft S. übernehmen und am Standort B. unverändert fortsetzen wollte und damit die Verträge des Klägers zur Beklagten zu 1) alsbald beendet würden. Unter diesen Umständen drängte sich die Anerkennung von Dienstzeiten auch vor dem Hintergrund eines möglichen Betriebsübergangs auf.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">328</span><p class=\"absatzLinks\">Auch eine Anerkennung von Dienstzeiten bereits mit Vertragsschluss und somit vor Vertragsbeginn kommt in Betracht. Zwar sollte der Vertrag mit der Beklagten zu 2) ausdrücklich erst ab dem 15.09.2020 gelten und die Arbeitsverhältnisse mit der Beklagten zu 1) zunächst ungekündigt fortbestehen. Für eine sofortige Geltung des Kündigungsschutzes könnte aber die beiderseitige Interessenlage sprechen. Die Beklagte zu 2) wollte sich mit dem Vertragsschluss die Dienste des Klägers für die beabsichtigte Fortführung des Wet-Lease-Geschäfts der Beklagten zu 1) sichern. Hierzu musste sie dem Kläger zumindest ein ebenso sicheres Arbeitsverhältnis anbieten, wie es bei der Beklagten zu 1) bestand. Der Kläger seinerseits musste für künftige Dispositionen im Hinblick auf die zu erwartende Kündigung der Beklagten zu 1), insbesondere die Frage einer fristgerechten Klageerhebung, Gewissheit darüber haben, dass er bereits in einem sicheren Arbeitsverhältnis stand. Anderenfalls hätte er sich vernünftigerweise mit einer Klage gegen eine Kündigung der Beklagten zu 1) gewehrt. Dies konnte nicht im Interesse der Beklagten zu 2) liegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">329</span><p class=\"absatzLinks\">Die Fragen, ob der Kläger und die Beklagte zu 2) Ende August 2020 die sofortige Geltung eines entsprechenden Kündigungsschutzes wie bei der Beklagten zu 1) vereinbart haben und ob das Kündigungsschutzgesetz seinerzeit räumlich auf den Betrieb der Beklagten zu 1) Anwendung fand, können an dieser Stelle aber offenbleiben. Denn die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht gemäß § 1 Abs. 1 KSchG unwirksam, weil sie bei Anwendung des Gesetzes sozial gerechtfertigt wäre.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">330</span><p class=\"absatzLinks\">cc.Die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht sozial ungerechtfertigt i. S. d. § 1 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 und 3 KSchG. Es liegen dringende betriebliche Erfordernisse in Gestalt einer Stilllegung von Teilen des Betriebs bzw. - dem gleichstehend - Nichtaufnahme des entsprechenden Betriebs vor. Eine soziale Auswahl war nicht durchzuführen, da alle in Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer entlassen wurden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">331</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Die Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebs in Deutschland durch die Beklagte zu 2) ließ den Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen bzw. gar nicht erst entstehen und stellt damit ein dringendes betriebliches Erfordernis i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG dar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">332</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Die Stilllegung des gesamten Betriebs oder einzelner Teile durch den Arbeitgeber gehört, wie ausgeführt, zu den dringenden betrieblichen Erfordernissen i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, die einen Grund zur sozialen Rechtfertigung einer Kündigung abgeben können. Entsprechendes muss ohne weiteres gelten, wenn der Arbeitgeber den Geschäftsbetrieb dauernd oder für eine ihrer Dauer nach unbestimmte, wirtschaftlich nicht unerhebliche Zeitspanne erst gar nicht aufnimmt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">333</span><p class=\"absatzLinks\">(b)In Anwendung der zur Betriebsstillegung bereits für die Beklagte zu 1) oben dargestellten Grundsätze steht zur Überzeugung der erkennenden Kammer fest, dass die Beklagte zu 2) im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 10.09.2020 die unternehmerische Entscheidung getroffen und im Sinne greifbarer Formen auch umgesetzt hatte, das von B. aus betriebene Wet-Lease-Geschäft nicht aufzunehmen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">334</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Auch insoweit gilt, dass es nicht auf frühere Verlautbarungen ankommt. Richtig ist, dass die Beklagte zu 2) am 28.07.2020 mitgeteilt hatte, dass sie im Spätherbst 2020 in B. eine Station eröffnen werde.  Entsprechendes teilte die Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 28.07.2020 mit. Schließlich gab die Beklagte zu 2) mit E-Mail vom 20.08.2020 das Angebot an den Kläger ab, welches die Grundlage für das vertragliche Arbeitsverhältnis bildete, das Gegenstand dieser Kündigungsschutzklage ist. Als Anfangsdatum war der 15.09.2020 vorgesehen und die Planung der OCC-Kurse wurde mitgeteilt. Diese Entscheidung des Aufbaus der Station hatte die Beklagte zu 2) im Kündigungszeitpunkt indes revidiert. Dies wird bereits durch das Schreiben des Leiters Routenentwicklung vom 09.09.2020 dokumentiert, in dem die Schließung der Station B. angekündigt wird. Für die Beklagte zu 2) gilt nichts anderes als für die Beklagte zu 1). Die Entscheidungen der Beklagten zu 2) folgen ebenfalls dicht aufeinander und mögen sprunghaft wirken. Offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich sind sie jedoch nicht. Vielmehr spricht auch im Hinblick auf die Nichtaufnahme der Tätigkeit an der Station B. als eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung die Vermutung, dass sie aus sachlichen - nicht zuletzt wirtschaftlichen - Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht. Auch die etwaige Absicht der Beklagten zu 2), Arbeitnehmer mit dem Dienstort X. und dem Einsatzort B. zu entlassen und dafür neue Mitarbeiter für den Dienst- und Einsatzort X. oder Q. einzustellen, macht die unternehmerische Entscheidung an sich - die Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebs an der Station B. bzw. in Deutschland - nicht unsachgemäß oder rechtsmissbräuchlich. Etwaige freie Arbeitsplätze in X. oder Q. finden vielmehr im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit der Kündigung, insbesondere einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit, Berücksichtigung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">335</span><p class=\"absatzLinks\">(bb) Die Beklagte zu 2) hat ihre unternehmerische Entscheidung umgesetzt. Insoweit hat sie unbestritten vorgetragen, dass sie nicht nur die Arbeitsverträge aller in Deutschland stationierten Arbeitnehmer gekündigt, sondern auch zuvor eine Massenentlassungsanzeige erstattet hat. Dagegen ist nicht ersichtlich, dass sie Arbeitnehmer für eine Geschäftstätigkeit am deutschen Markt eingestellt hätte. Soweit der Kläger die Stellenanzeigen vom 17.08.2020 und 23.10.2020 vorlegt, geht hieraus nicht hervor, dass die gesuchten Piloten an deutschen Stationen eingesetzt sein sollten. Entsprechendes gilt für die ausgeschriebene Stelle als Head of Human Ressources. Zwar wird hierin dargestellt, dass die Beklagte zu 2) auch von Deutschland aus operiere, tatsächlich sind hierfür aber keine sonstigen Anhaltspunkte seitens des Klägers vorgetragen worden. Die ausgeschriebene Stelle eines Mechanikers wird seitens der S. und nicht seitens der Beklagten zu 2) angeboten. Insoweit mag es sein, dass S. den deutschen Markt weiter bedient. Dies bedeutet aber nicht, dass die Beklagte zu 2) ihre unternehmerische Entscheidung nicht umgesetzt hätte. Zur Überzeugung der Kammer steht zudem fest, dass die Beklagte zu 2) den Crewraum am Flughafen B. nie übernommen hat. Diesen hatte die Beklagte zu 1), wie ausgeführt, mit Schreiben vom 15.09.2020 gekündigt. Auf die von dem Kläger problematisierte Frage, ob eine solche Kündigung wirksam zum 31.10.2020 zulässig war und rechtlich ein wichtiger Grund für eine Kündigung ohne Frist gemäß § 14.3 des Mietvertrags gegeben war, kommt es nicht an. Das Kündigungsschreiben selbst manifestiert als weiterer Umstand die Nichtaufnahme der Tätigkeit seitens der Beklagten zu 2). Anhaltspunkte für eine Nutzung des Crewraums durch die Beklagte zu 2) entgegen der Kündigung, hat der Kläger nicht aufgezeigt. Die Betriebsmittel in Form von Flugzeugen und iPads usw. werden nicht für den Flugbetrieb von und nach Deutschland eingesetzt, wie dies bei der Beklagten zu 1) geschehen ist. Es steht auch fest, dass die Beklagte zu 2) keine Slots am Flughafen B. übernommen hat. Dies ergibt sich aus der bereits angesprochenen gerichtsbekannten Pressemitteilung der S., wonach sich die Beklagte zu 1) aufgrund zu hoher Gebühren und Abfertigungskosten - und sei es, wie vom Kläger behauptet, aufgrund nicht verlängerter vergünstigter Konditionen - vom Flughafen B. zurückziehen werde. Zwar müssen Verlautbarungen der Presse nicht stets zutreffen, doch ist nicht ersichtlich, warum S. sonst ein Marktsegment öffentlich preisgeben sollte. Außerdem gab die Euro x. GmbH unter dem 15.09.2020 die korrespondierende gerichtsbekannte Mitteilung ab, dass die von S. geflogenen Strecken zukünftig im Wesentlichen von ihr bedient würden. Verschiedene Presseerzeugnisse nahmen dies auf. Danach hat die Euro x. GmbH ca. 95 % der zuletzt von S. gehaltenen Slots am Flughafen B. übernommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">336</span><p class=\"absatzLinks\">(cc)Insgesamt bestehen keine Anhaltspunkte, dass die Beklagte zu 2) nicht ernsthaft und endgültig die Nichtaufnahme der ursprünglich beabsichtigten Station B. beschlossen hätte. Sie hat endgültig von einem möglichen zuvor beabsichtigten Teilbetriebsübergang Abstand genommen. Die Schließung der Station B. ist tatsächlich und dauerhaft umgesetzt worden. Die Beklagte zu 2) hat ihren Geschäftsbetrieb in B. tatsächlich nie aufgenommen. Sie fliegt allenfalls vereinzelt andere Verbindungen nach Deutschland z.B. nach I. oder O., nicht aber von Deutschland aus. Bei den außerdem diskutierten Flugleistungen der N. Air Ltd. ist ein Zusammenhang mit dem früheren Flugbetrieb der Beklagten zu 1) in Deutschland nicht ersichtlich; insbesondere fliegt die N. Air Ltd. nicht B. oder T., sondern C., L., O. und G. an. Letztlich ist auch zuletzt unstreitig, dass es einen Flugbetrieb der Beklagten zu 2) von einer Station B. oder T. aus nie - auch nicht im Zeitpunkt des letzten Kammertermins - gab. Die unstreitige Entwicklung begründet so im vorliegenden Fall zusätzlich die tatsächliche Vermutung, dass bei Zugang der Kündigung ein tragfähiges Konzept der Beklagten zu 2) vorlag, das den Beschäftigungsbedarf für den Kläger bei Ablauf der Kündigungsfrist entfallen ließ.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">337</span><p class=\"absatzLinks\">Daran ändern auch die weiteren vom Kläger aufgezeigten Umstände nichts. Soweit der Kläger darauf abstellt, noch am 27.08.2020 sei allen Crew-Mitgliedern und auch ihm mitgeteilt worden, dass die OCC-Kurse in der kommenden Wochen freigeschaltet würden, ist dies ein durch die tatsächliche Entwicklung bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung überholter Umstand. Soweit der Kläger auf angebliche Weiterbeschäftigungsangebote im Ausland abstellt, z.B. auf Beschäftigungsbedarf an der neuen Station in A. oder aber auch früher, betrifft dies nach seinem eigenen Vortrag Neueinstellungen, um den Beschäftigungsbedarf an ausländischen Standorten zu decken. An der umgesetzten Entscheidung, die Station in B. nicht zu eröffnen und wie ausgeführt dies auch im Übrigen in Deutschland nicht zu tun, ändert dies nichts. Die Weihnachtsgrüße des Head of Training stehen dem aufgrund der tatsächlichen Entwicklung ebenfalls nicht entgegen. Letztlich geht es um angeblich freie Arbeitsplätze im Ausland. Dies ist eine Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit. An dem durch die tatsächlich Entwicklung bestätigten Wegfall des Beschäftigungsbedarfs in Deutschland ändert sich dadurch nichts.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">338</span><p class=\"absatzLinks\">(dd)Die unternehmerische Entscheidung der Beklagten zu 2) hatte auch nicht eine nur vorübergehende, etwa pandemiebedingte Schließung des Standortes B. zum Inhalt. Das stünde im Widerspruch dazu, dass die ebenfalls von der Pandemie betroffenen Standorte X. und Q. fortgeführt wurden. Vielmehr ging die Schließung des B.er Standortes auf das Scheitern der Verhandlungen zwischen der Muttergesellschaft S. und der Flughafengesellschaft B. zurück und sollte nicht nur vorübergehend erfolgen. Die früher von der Beklagten zu 1) genutzten Slots stehen der Beklagten zu 2) nicht mehr zur Verfügung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">339</span><p class=\"absatzLinks\">(ee)Durch die Umsetzung der unternehmerischen Entscheidung ist der Beschäftigungsbedarf für den Kläger entfallen. Der Kläger ist von der Beklagten zu 1) vom Flughafen B. als Heimatbasis bzw. vertraglichem Einsatzort aus im Wet-Lease für S. eingesetzt worden. Da die Beklagte zu 2) diese Flüge entgegen ihrer ursprünglichen Absicht nicht durchführt, hat sie insoweit keinen Beschäftigungsbedarf. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 2) die ursprünglich in B. geplante betriebliche Betätigung ersatzweise an einen anderen Standort verlagert hätte. Hierfür ist nichts ersichtlich, die geplante betriebliche Betätigung entfiel vielmehr ersatzlos. Ob der Kläger auf etwaigen einzelnen freien Arbeitsplätzen an anderen - übernommenen - Standorten der Beklagten zu 2) beschäftigt werden könnte, ist dagegen keine Frage des Wegfalls des Beschäftigungsbedarfs, sondern die einer anderweitigen Weiterbeschäftigungsmöglichkeit i. S. v. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 lit. b KSchG.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">340</span><p class=\"absatzLinks\">(ff)Der Stilllegung bzw. der Nichtaufnahme des Geschäftsbetriebs steht nicht entgegen, dass die Beklagte zu 2) den Betrieb oder einen Betriebsteil der Beklagten zu 1) übernommen hätte. Denn der Kläger war - wie ausgeführt - in keinem Fall einer etwaig von der Beklagten zu 2) gemäß § 613a Abs. 1 BGB übernommenen Einheit zugeordnet. Hier geht es vielmehr darum, dass ein zunächst beabsichtigter Betriebsübergang (Übergang der Station B. nicht stattfindet. Dies begründet ein dringendes betriebliches Erfordernis und stellt keine Kündigung \"wegen\" eines Betriebsübergangs dar. Die Kündigung seitens der Beklagten zu 2) erfolgte gerade, weil kein den Kläger betreffender Betriebsübergang stattfand.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">341</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Zu berücksichtigende Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten bei der Beklagten zu 2) bestanden nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">342</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Inland hat der Kläger nicht aufgezeigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">343</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Etwaige freie Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland sind im konkreten Fall nicht zu berücksichtigen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">344</span><p class=\"absatzLinks\">(aa)Die aus § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b, Satz 3 KSchG folgende gesetzliche Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer zur Vermeidung einer Beendigungskündigung an einem anderen - freien - Arbeitsplatz im selben oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens zu beschäftigen, erstreckt sich zunächst grundsätzlich nicht auf Arbeitsplätze im Ausland (BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14, Rn. 18; 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 28 ff.; a.A. LAG I. 22.03.2011 - 1 SA 2/11). Dem folgt die erkennende Kammer. Gründe, davon Ausnahmen zu machen, sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">345</span><p class=\"absatzLinks\">(aaa)Das KSchG bezieht sich grundsätzlich auf im Inland gelegene Betriebe. Es hat keinen Auslandsbezug. Nichts anderes gilt im Rahmen der zu prüfenden Frage, ob Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf freien Arbeitsplätzen bestehen. Entscheidend ist dabei für die erkennende Kammer, dass ein Ausgleich der wechselseitigen Interessen, d.h. derjenigen des Arbeitgebers, des von der Kündigung betroffenen Arbeitnehmers und etwaiger im Ausland einzustellender Arbeitnehmer nur innerhalb eines kohärenten Systems erfolgen kann (vgl. insoweit BAG 29.08.2013 - 2 AZR 809/12 Rn. 34). Hier gilt nichts anderes. Offen bleibt, ob freie Arbeitsplätze im Ausland dann zu berücksichtigen sind, wenn sie deutschem Recht unterliegen (offen gelassen von BAG 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 37; vgl. insoweit auch BAG 26.03.2009 - 2 AZR 883/09, Rn. 22, wonach Arbeitnehmer ausländischer Betriebsteile, deren Arbeitsverhältnisse nicht dem deutschen Recht unterliegen, für den Schwellenwert des § 23 KSchG nicht mitzählen). Die Beklagte zu 2) hatte im Ausland keine Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse deutschem Recht unterlagen und stellte solche Arbeitnehmer dort auch nicht ein.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">346</span><p class=\"absatzLinks\">(bbb)Es geht hier entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht um eine grenzüberschreitende, identitätswahrende Betriebsverlagerung in das Ausland bei einem Betriebsinhaberwechsel (vgl. BAG 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 38). Es hat - wie ausgeführt - kein Betriebsübergang, der den Kläger erfasst hätte, von Deutschland ins Ausland stattgefunden. Dies gilt erst recht für die Beklagte zu 2). Diese hat vielmehr ihre Absicht, die Station in B. zu übernehmen, aufgegeben, was den Kündigungsgrund darstellt. Die Beklagte zu 2) hat ihren Geschäftsbetrieb in Deutschland letztlich ersatzlos eingestellt (BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14, Rn. 18).  Es geht also nicht darum, die Lasten des Arbeitsrechts durch eine Standortverlagerung abzuschütteln (krit. insoweit Deinert, Anm. AP KSchG 1969 § 1 Betriebsdingte Kündigung Nr. 202 und offen lassend BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14 Rn. 18). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">347</span><p class=\"absatzLinks\">(ccc)Eine verfassungskonforme Auslegung des Betriebsbegriffs gebietet kein anderes Ergebnis. Diese kann in Betracht kommen, wenn ein Arbeitgeber unweit einer Ländergrenze im In- und Ausland mehrere einheitlich gelenkte Betriebsstätten unterhält und Aufgaben im \"kleinem Grenzverkehr\" von der einen in die andere Einheit verlagert (vgl. BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14). Auch so liegt der Streitfall nicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass - wie ausgeführt - der gesetzliche Anwendungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes für die Beklagte zu 2) überhaupt nicht eröffnet ist. Sie lenkt vom Ausland aus in Deutschland überhaupt keinen Betrieb. Sie hat dies nie getan. Allenfalls kommt - wie ebenfalls ausgeführt - eine Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes kraft vertraglicher Vereinbarung in Betracht. Dieser wiederum würde an die kündigungsschutzrechtliche Stellung der Arbeitnehmer an der Station B. bei der Beklagten zu 1) anknüpfen und diese auf die Beklagte zu 2) übertragen. Dies ändert am Ergebnis nichts. Die Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes folgt insoweit - wie ausgeführt - bereits aus einer verfassungskonformen Auslegung, weil das Kündigungsschutzgesetz Anwendung finden kann, wenn sich die Betriebsleitung zwar im Ausland befindet, die Arbeitsleistung von mehr als zehn Arbeitnehmern im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG, die den Betrieb im Übrigen bilden, aber in Deutschland erbracht wird (BVerfG 12.03.2009 - 1 BvR 1250/08, Rn. 2). Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass in einem solchen Fall ganz generell freie Arbeitsplätze im Ausland als Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes zu berücksichtigen wären. Dies ist eine andere Frage, als diejenige der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes für die in Deutschland - hier an der Station in B. - eingesetzten Arbeitnehmer. Erst recht gilt dies für einen vertraglichen Kündigungsschutz. Dieser bedeutet letztlich nichts anderes, als dass Kündigungsschutz auch bei der Beklagten zu 2) besteht, der sich aber inhaltlich und auch in der Fortentwicklung nach den Umständen und Gegebenheiten bei der Beklagten zu 2) richtet. Diese gebieten keine Berücksichtigung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Ausland.  Unabhängig davon würde auch in einem solchen Fall, wie der Fall exemplarisch zeigt, das grundsätzlich auf Deutschland bezogene System des Kündigungsschutzgesetzes verlassen. Damit bestünden keine Lösungsmöglichkeiten für die vom Bundesarbeitsgericht aufgezeigten Konflikte, wie z.B. der Konkurrenz mehrerer Arbeitnehmer um freie Arbeitsplätze mit unterschiedlich ausgestalteten nationalen kündigungsschutzrechtlichen Regelungen. Von einem kleinen Grenzverkehr kann hier - auch wenn man den typischen Auslandbezug des Flugverkehrs berücksichtigt - nicht gesprochen werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">348</span><p class=\"absatzLinks\">(bb)Die Beklagte zu 2) hatte sich entgegen der Ansicht des Klägers weder durch die vertragliche Versetzungsklausel noch gemäß § 241 Abs. 2 BGB dahingehend gebunden, dem Kläger einen freien Arbeitsplatz im Ausland anzubieten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">349</span><p class=\"absatzLinks\">(aaa)Der ursprüngliche Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten zu 1) enthielt eine Versetzungsklausel auch in das Ausland. Dies ist unstreitig, auch wenn die Parteien trotz der Auflage des Gerichts den Arbeitsvertrag des Klägers mit der Beklagten zu 1) - der hier anders als in den Parallelfällen in Englisch abgefasst ist - nicht in einer deutschen Übersetzung vorgelegt haben. Die unstreitig gegebene Versetzungsklausel, welche sich ersichtlich in Ziffer 6.1. des Arbeitsvertrags befindet, ist nicht mehr Vertragsbestandteil des Arbeitsvertrags zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) aufgrund des Schreibens vom 20.08.2020. Der Kläger hat dabei entsprechend dem Angebot einen Arbeitsvertrag zu den bisherigen Bedingungen bei der Beklagten zu 1) in der Fassung des Eckpunktepapiers akzeptiert. Ausweislich der E-Mail der Beklagten zu 1) vom 03.07.2020 ersetzte das Eckpunktepapier die individuellen Vertragsbedingungen des Klägers bzw. trat an dessen Stelle. Es handelte sich sowohl bei dem Angebot vom 03.07.2020 als auch bei dem Eckpunktepapier um Allgemeine Geschäftsbedingungen i.S.v. §§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB. Die bisherige Versetzungsklausel kommt schon aufgrund der Auslegungsregel des § 305c Abs. 2 BGB nicht mehr zur Anwendung. Die Aufrechterhaltung der Versetzungsklausel verstößt jedenfalls gegen das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 1, 2 BGB.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">350</span><p class=\"absatzLinks\">(aaaa)Für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen kommt es darauf an, wie die Klauseln nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden. Dabei sind nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist er nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten. Die einzelne Klausel ist im Kontext des Formularvertrags zu interpretieren und darf nicht aus einem Zusammenhang gerissen werden, der ihre Beurteilung beeinflusst. Zu berücksichtigen sind dabei Regelungen, die mit der maßgeblichen Klausel in einem dem typischen und durchschnittlich aufmerksamen Vertragspartner erkennbaren Regelungszusammenhang stehen. Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies nach § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders (BAG 16.06.2021 - 10 AZR 31/20, Rn. 17).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">351</span><p class=\"absatzLinks\">(bbbb)In Anwendung dieser Grundsätze kann die Arbeitgeberin sich nicht mehr auf die Versetzungsklausel aus dem ursprünglichen Arbeitsvertrag berufen. Zumindest die Zweifelsregel des § 305c Abs. 2 BGB ergibt dies. Auszugehen ist zunächst von der E-Mail vom 03.07.2020. Danach ersetzen die Vertragsbedingungen des Eckpunktepapiers die Vertragsbedingungen des individuellen Vertrags bzw. treten an dessen Stelle; und zwar ab dem 01.07.2020 [Anm.: Soweit die Übersetzung des Klägers mit \"… ersetzen die Vertragsbedingungen meines individuellen Vertrags vom 01. Juli 2020\" endet, ist dies offenkundig falsch, denn es gibt keinen Vertrag vom 01.07.2020. Das Satzende lautet richtig; \"… meines individuellen Vertrags, ab dem 01. Juli 2020]. Dies beinhaltet unabhängig von der zu Grunde gelegten Übersetzung zunächst eine vom Wortlaut her nicht eingegrenzte und damit vollständige Ablösung der individuellen Vertragsbedingungen. Das Eckpunktepapier regelt indessen umfassend die arbeitsvertraglichen Pflichten der Parteien neu und statuiert zugleich den Wechsel von österreichischem zu deutschem Arbeitsrecht. Das Eckpunktepapier selbst enthält hingegen keine Versetzungsklausel mehr. Soweit im Zusammenhang mit Dienstplanänderungen in G. Ziffer 5 und 12 des Eckpunktepapiers Versetzungen und landesweite und internationale Wechsel genannt werden, werden diese lediglich vorausgesetzt und nicht eigenständig geregelt. Ohnehin muss der durchschnittliche Vertragspartner eigenständige Versetzungsklauseln - die es wie ausgeführt nicht sind - ohnehin nicht in den Einzelbestimmungen zur Dienstplangestaltung suchen. Denkbar ist indes, dass die Vertragsbedingungen des Eckpunktepapiers nur diejenigen Vertragsbestimmungen des bisherigen Arbeitsvertrags ersetzen sollen, zu denen das Eckpunktepapier eine inhaltliche Regelung enthält. Insoweit ist zu einer Versetzungsklausel - anders als z.B. zu der Kündigungsfrist - im Eckpunktepapier keine inhaltliche Regelung enthalten. Es kann im Eckpunktepapier als Regelung für alle in Deutschland stationierten Piloten auch keine Vereinbarung zur Heimatbasis und zum Stationierungsort des einzelnen Piloten enthalten sein. Dies ist indes bereits etwas anderes als eine Regelung zur Versetzung. Im Übrigen ist der Stationierungsort in der E-Mail vom 03.07.2020 angesprochen. Das Vertragsangebot bezieht sich nur auf diejenigen Piloten und die Kabinenbesatzung, die in B. stationiert sind. Dass nunmehr weiterhin die bisherige einzelvertragliche Versetzungsklausel gelten soll, wenn diese nicht im Eckpunktepapier enthalten ist, kann nicht mit der gemäß § 305c Abs. 2 BGB erforderlichen Klarheit der getroffenen Vereinbarung entnommen werden. Eine Versetzungsklausel lässt sich eben - anders als der konkrete Stationierungsort und die Heimatbasis - auch einheitlich regeln. Ist dies nicht erfolgt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dies weiterhin der Fall sein soll. Dies muss erst recht deshalb gelten, weil hier ein Statutenwechsel stattgefunden hat. Soll die bisherige Versetzungsklausel, die österreichischem Recht unterlag, nunmehr fortbestehen, sich deren Wirksamkeit aber nach deutschem Recht richten? Dies bliebe unklar. Daran ändern G. Ziffern 5. und 12 nichts. Eine einseitige Versetzbarkeit wird darin nicht geregelt. Ohnehin spricht G. Ziffer 12, der auch den internationalen Fall erfasst, anders als G. Ziffer 5. nicht von Versetzung, sondern von Wechsel. Ein solcher kann gerade auch einvernehmlich erfolgen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">352</span><p class=\"absatzLinks\">(cccc) Das Transparenzgebot verlangt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen einer Vertragsklausel so genau beschrieben werden, dass für den Verwender der Klausel keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen und der Gefahr vorgebeugt wird, dass der Vertragspartner von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird (BAG 19.11.2019 - 7 AZR 582/17,  Rn. 37).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">353</span><p class=\"absatzLinks\">(dddd)Aus den obigen Ausführungen zur Auslegung ergibt sich zugleich, dass die Frage der Versetzbarkeit ins Ausland nicht mit der notwendigen Transparenz in diesem Sinne beschrieben ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">354</span><p class=\"absatzLinks\">(eeee)Es kann deshalb offen bleiben, ob im Luftverkehr eine letztlich weltweite Versetzungsklausel überhaupt einer Inhaltskontrolle i.S.v. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB standhält und nicht als solche ganz grundsätzlich unwirksam ist, mit der Folge, dass es aufgrund der Unwirksamkeit bei der gesetzlichen Regelung des § 106 GewO verbleibt, die grundsätzlich eine bundesweite Versetzbarkeit beinhaltet (vgl. ErfK/Preis, 22. Aufl. 2022 § 106 GewO Rn. 27).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">355</span><p class=\"absatzLinks\">(bbb)Auf die Unwirksamkeit der Umsetzungsklausel bzw. deren Auslegung gemäß § 305c Abs. 2 BGB kann sich nicht nur der Arbeitnehmer berufen, sondern grundsätzlich auch der Arbeitgeber. Für die Sozialauswahl wird dazu ausgeführt, dass es dem Arbeitgeber nicht verwehrt sein kann, die Unwirksamkeit einer Vertragsbestimmung zu erkennen, um eine vom Gesetz vorgesehene soziale Auswahl objektiv richtig vorzunehmen (APS/Kiel, 6. Aufl. 2021, § 1 KSchG Rn. 610; KR/Rachor, 13. Aufl. 2021, § 1 KSchG Rn. 669; HWK/Quecke, 9. Aufl. 2020 § 1 KSchG Rn. 361; a.A. z.B. ErfK/Oetker, 22. Aufl. 2022, § 1 KSchG Rn. 323). Für die Frage der Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen freien Arbeitsplatz gilt zur Überzeugung der Kammer nichts anderes, weil der Arbeitgeber nur auf eine rechtliche Möglichkeit verwiesen werden kann, die ihm sowohl rechtlich auch tatsächlich zusteht. Dies ist aber dann nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer sich aufgrund der Ausgestaltung der Versetzungsklausel gegen diese erfolgreich zur Wehr setzen kann. Dahingehend geht auch das Prüfprogramm des Bundesarbeitsgerichts, das im Hinblick auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in der Türkei die Wirksamkeit der Versetzungsklausel geprüft hat (BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14, Rn. 21 f.; a.A für einen freien Arbeitsplatz KR/Rachor, 13. Aufl. 2021, § 1 KSchG Rn. 232 unter Bezugnahme auf BAG 03.04.2008 - 2 AZR 879/06, Rn. 36). Im Übrigen sind auch bei der Frage der Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz bei der Konkurrenz mehrerer Arbeitnehmer um diesen Arbeitsplatz, nicht nur die Interessen des Arbeitgebers, sondern auch die anderer Arbeitnehmer betroffen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">356</span><p class=\"absatzLinks\">(ccc)Letztlich ist dies eine Frage von § 242 BGB (BAG 03.04.2008 - 2 AZR 879/06, Rn. 36; BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14, Rn. 23). Die Beklagte zu 2) verstößt dagegen indes nicht, wenn sie sich - wie geschehen - auf eine fehlende Bestimmung zur internationalen Versetzbarkeit des Klägers beruft. Die Beklagte zu 2) hat diese Bestimmung zu keinem Zeitpunkt angewandt. Schutzwürdiges Vertrauen, sie würde den Kläger zur Vermeidung einer Beendigungskündigung in das Ausland versetzen, hat sie nicht geschaffen. Es ging vielmehr - bei der Beklagten zu 1) - um den Erhalt der Station in B. und - bei der Beklagten zu 2) - um die Eröffnung einer Station in B. oder aber, wenn man auf das Eckpunktepapier abstellen wollte, um den Erhalt der Arbeitsplätze der bei der Beklagten zu 1) in Deutschland \"stationierten, direktangestellten\" Piloten. Es ist im Übrigen nicht ersichtlich, dass der Kläger von der Beklagten zu 2) oder von der Beklagten zu 1) an einer Station im Ausland beschäftigt worden ist. Auf der Grundlage der durch das Eckpunktepapier geänderten Vertragsgestaltung gilt dies ohnehin nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">357</span><p class=\"absatzLinks\">(ddd)Unabhängig von dem Vorstehenden ist die Kammer der Überzeugung, dass selbst bei bestehender Versetzungsklausel mit Auslandsbezug die Weiterbeschäftigung auf einem freien Arbeitsplatz im Rahmen von § 1 Abs. 1 KSchG nur bei einer Betriebs- oder Betriebsteilverlagerung in einen anderen Staat oder zumindest bei einer \"grenzüberschreitenden\" Funktionsnachfolge in Betracht kommt, nicht aber im hiesigen Fall der \"ersatzlosen\" Einstellung des Geschäftsbetriebs in Deutschland (offen gelassen von BAG 24.09.2015 - 2 AZR 3/14, Rn. 27).  Allenfalls in den genannten Ausnahmefällen rechtfertigt eine Versetzungsklausel das Verlassen des kohärenten Systems des Kündigungsschutzgesetzes. Es müssen dabei immer die anderen, ggfs. um freie Arbeitsplätze konkurrierende Arbeitnehmer, in den Blick genommen werden. Konkurrieren - wie hier - ggfs. an einem anderen Betrieb der Beklagten zu 2) im Ausland verschiedene Arbeitnehmer mit unterschiedlichen Vertragsstauten um freie Arbeitsplätze, liefert auch die vertraglich vereinbarte Versetzungsklausel in das Ausland keine Möglichkeit zur Auflösung dieser Konkurrenzsituation, denn die Versetzung auf einen freien Arbeitsplatz folgt alleine aus dem Kündigungsschutzgesetz. Für eine Änderungskündigung gilt ganz generell, unabhängig von der Frage der vertraglich vereinbarten Versetzbarkeit, nichts anderes.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">358</span><p class=\"absatzLinks\">(3)Eine fehlerhafte soziale Auswahl gemäß § 1 Abs. 3 KSchG liegt nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">359</span><p class=\"absatzLinks\">(a)Der Arbeitgeber hat diejenigen Arbeitnehmer in die Sozialauswahl einzubeziehen, die objektiv miteinander vergleichbar sind. Vergleichbar sind Arbeitnehmer, die - bezogen auf die Merkmale des Arbeitsplatzes - sowohl aufgrund ihrer Fähigkeiten und Kenntnisse als auch nach dem Inhalt der von ihnen vertraglich geschuldeten Aufgaben austauschbar sind (BAG 20.06.2013 - 2 AZR 271/12; 22.03.2012 - 2 AZR 167/11; 15.12.2011 - 2 AZR 42/10).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">360</span><p class=\"absatzLinks\">(b)Nachdem der Kläger die fehlerhafte soziale Auswahl pauschal gerügt hat, hat die Beklagte zu 2) vorgetragen, dass sämtlichen Arbeitnehmern in Deutschland gekündigt worden sei. Vor diesem Hintergrund oblag es nunmehr dem Kläger, substantiiert vorzutragen, inwiefern dennoch eine soziale Auswahl möglich gewesen wäre. Dies ist nicht geschehen. Die Beschäftigten der Beklagten zu 2) in X. und Q. waren in eine Sozialauswahl nicht einzubeziehen. Die Sozialauswahl bezieht sich nach zutreffender Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Kammer folgt, nur auf in Deutschland gelegene Betriebe (BAG 27.06.2019 - 2 AZR 38/19, Rn. 26; 29.08.2013 - 2 AZR 809/12, Rn. 40).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">361</span><p class=\"absatzLinks\">f.Die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht gemäß § 613a Abs. 4 BGB unwirksam, weil sie, wie ausgeführt, nicht wegen eines Betriebsübergangs ausgesprochen worden ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">362</span><p class=\"absatzLinks\">g.Die Kündigung der Beklagten zu 2) ist nicht gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 3 KSchG i. V. m. § 134 BGB wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam. Es kann offen bleiben, ob die die Beklagte zu 2) überhaupt verpflichtet war, eine Massenentlassungsanzeige zu erstatten. Sie hat eine solche ordnungsgemäß i.S.d. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">363</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Es bestehen durchaus Bedenken, ob die Beklagte zu 2) zur Erstattung einer Massenentlassungsanzeige verpflichtet war.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">364</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte zu 2) hatte sich entgegen ihrem ursprünglichen Plan entschieden, am Flughafen B. keinen Standort zu eröffnen und den vormals von der Beklagten zu 1) geführten Flugbetrieb nicht aufzunehmen. Zwar hat die Beklagte zu 2) innerhalb von 30 Kalendertagen 126 Arbeitnehmer - darunter den Kläger - entlassen, der Schwellenwert des 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 KSchG ist somit erreicht. Gegen eine Anzeigepflicht spricht jedoch, dass die betroffenen Arbeitnehmer zu keinem Zeitpunkt in einem Betrieb der Beklagten zu 2) am Standort B. gearbeitet haben und ein solcher Betrieb - der Beklagten zu 2) - bei Zugang der Kündigungen nicht existiert hat. Eine etwaige Vereinbarung des Klägers mit der Beklagten zu 2) über einen Kündigungsschutz, wie er zuvor bei der Beklagten zu 1) bestand, vermag keine öffentlich-rechtlichen Pflichten gegenüber der Arbeitsagentur zu begründen. Diese wird nicht aufgrund vertraglicher Vereinbarungen tätig, sondern ausschließlich auf gesetzlicher Grundlage. Es kann offen bleiben, ob eine Anzeigepflicht ohne tatsächlich aufgenommenen Betrieb ausscheidet oder diese aufgrund der Verpflichtung zur effektiven Umsetzung der Pflichten aus der MERL auch dann zu bejahen ist, wenn ein Arbeitgeber bereits eingestellte Arbeitnehmer, bezogen auf einen geplanten Betrieb, vor dessen Aufnahme wieder kündigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">365</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Die Beklagte zu 2) hat eine ggfs. nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KSchG erforderliche Massenentlassungsanzeige ordnungsgemäß i. S. d. § 17 Abs. 3 KSchG erstattet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">366</span><p class=\"absatzLinks\">(1)Die Massenentlassungsanzeige ist von der Beklagten zu 2) vor Zugang der Kündigung bei der zuständigen Arbeitsagentur gestellt worden. Als zuständige Arbeitsagentur für die Anzeige kommt nach den oben dargestellten Grundsätzen innerhalb Deutschlands allein die Agentur in B. in Betracht. Bejahte man eine Anzeigepflicht bei einem geplanten Betrieb, muss die Anzeige an dem Ort erfolgen, an welchem der geplante Betrieb i.S.d. MERL gelegen sein soll. Dieser Ort bestimmt die Zuständigkeit der Agentur für Arbeit. Dies ist hier offensichtlich Düsseldorf, weil die Beklagte zu 2) die Arbeitnehmer gerade für diese Station eingestellt hat und sie dort ihre Arbeit aufnehmen sollten. Entgegen der Ansicht des Klägers kommt keine Massenentlassungsanzeige auf N. in Betracht. Dort verwirklichen sich für die Piloten der von der Beklagten zu 2) geplanten Station B. offenkundig keine sozio-ökonomischen Auswirkungen. Es kann, was zwischen den Parteien streitig ist, offen bleiben, ob die Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 2) der Agentur vor Arbeit Düsseldorf vor Zugang der Kündigung im Original zugegangen ist. Der unstreitige Eingang per Telefax bei der Agentur für Düsseldorf vor Zugang der Kündigung ist - wie bereits ausgeführt - ausreichend und wirksam.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">367</span><p class=\"absatzLinks\">(2)Im Anschreiben sowie in Feld 32 des ausgefüllten Formulars sind i. S. d. § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG die Gründe für die Entlassungen genannt. Es genügten insoweit, ausgehend vom bereits dargelegten Zweck der Vorschrift, die gemachten Angaben, wonach der ursprüngliche Plan, ab dem 01.11.2020 am Flughafen B. einen Stationierungsort zu eröffnen und insofern dort einen Flugbetrieb aufzunehmen, aufgegeben worden sei und somit ein Beschäftigungsbedarf für Piloten und Flugbegleiter entgegen der ursprünglichen Planung nicht bestehe. Auf die Situation außerhalb von Deutschland kam es für die Arbeitsverwaltung in B. nicht an. Einer näheren Darstellung des Hintergrunds und der Motivation der Beklagten zu 2) bedurfte es nicht. Die Anzeige ist auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte zu 2) die Zahl der zu entlassenden sowie der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer für den \"Betrieb\" B. nach § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG falsch angegeben hätte. Dabei sind unwesentliche Fehler für die sachliche Prüfung und die Vermittlungstätigkeit der Agentur für Arbeit und so für die Wirksamkeit der Anzeige unschädlich. Nach den Angaben der Anzeige beschäftigte die Beklagte zu 2) in B. 126 Arbeitnehmer und beabsichtigte deren Entlassungen. Es ist nicht ersichtlich, dass die Angaben in der Anzeige zu niedrig waren.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">368</span><p class=\"absatzLinks\">(3)Die übrigen Pflichtangaben des § 17 Abs. 3 S. 4 KSchG sind in der von der Beklagten zu 2) vorgelegten Anzeige unbestritten enthalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">369</span><p class=\"absatzLinks\">(4)Die Massenentlassungsanzeige ist schließlich auch nicht wegen fehlender Soll-Angaben i. S. v. § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG über Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer unwirksam, wie der Kläger zweitinstanzlich unter Berufung auf eine bereits zitierte des Hessischen Landesarbeitsgericht gerügt hat (Hess. LAG 25.06.2021 - 14 Sa 1225/20). Insoweit gilt nichts anderes als zur Massenentlassungsanzeige der Beklagten zu 1). Die Angelegenheit war auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ohne weitere Sachaufklärung entscheidungsreif. Die in Ziffer 34 der Anzeige an die Agentur für Arbeit bezeichnete Liste mit den Angaben zu Geschlecht, Alter, Beruf und Staatsangehörigkeit der zu entlassenden Arbeitnehmer wurde der Agentur für Arbeit Düsseldorf erst nach Zugang der Kündigung nachgereicht. Insoweit liegt schon kein streitiger Sachverhalt vor. Streitig ist alleine, ob der Sachvortrag der Beklagten zu 2) zutrifft, wonach die sog. Soll-Angaben der Agentur für Arbeit im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aufgrund der vorangegangenen Anträge auf Kurzarbeitergeld zugänglich waren, d.h. letztlich für die einzelnen zu entlassenden Arbeitnehmer ohnehin in dem System der Agentur für Arbeit hinterlegt waren. Es bleibt offen, ob dies - dann auch im Verhältnis zur Beklagten zu 2), die selbst nie Kurzarbeitergeld für die zu entlassenden Arbeitnehmer beantragt hatte - genügt oder auch in einem solchen Fall eine auf den Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung aktualisierte Zusammenstellung dieser Angaben der Agentur für Arbeit gesondert zu übermitteln ist. Darauf kommt es nicht an.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">370</span><p class=\"absatzLinks\">III.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Feststellungsantrag zu II.1 ist zulässig aber unbegründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">371</span><p class=\"absatzLinks\">1.Der Feststellungsantrag zu II.1., der auf die Feststellung des Fortbestehens des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1) ab dem 01.11.2020 mit der Beklagten zu 2) zu unveränderten Arbeitsbedingungen gerichtet ist, ist zulässig.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">372</span><p class=\"absatzLinks\">a.Der Antrag ist gemäß § 256 ZPO auf das Bestehen eines Rechtsverhältnisses gerichtet. Die Verwendung des Wortes \"fortbesteht\" beinhaltet bei verständiger Aus-legung des Klagebegehrens nicht die Feststellung, dass das Fortbestehen des Rechtsverhältnisses auf einem Betriebsübergang beruht. Dabei ginge es nicht um die Feststellung eines Rechtsverhältnisses, sondern um die von § 256 ZPO nicht umfasste Frage, worauf dieses beruht, und somit um ein Rechtsgutachten. Vielmehr geht es dem Kläger darum, dass überhaupt das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses (Rechtsverhältnisses) zur Beklagten zu 1) und zwar aufgrund eines Betriebsübergangs festgestellt wird. Die den Betriebsübergang angeblich begründenden Umstände bestimmen dabei den Streitgegenstand. Dieser unterscheidet sich von dem mit E-Mail vom 20.08.2020 dem Kläger durch die Beklagte zu 2) angebotenen und von diesem angenommenen, d.h. vertraglich zwischen den Parteien begründeten Arbeitsverhältnis. Von dessen Zustandekommen geht der Kläger in seiner unzutreffenden Rechtsansicht und für den Feststellungsantrag zu II.1. ohnehin nicht aus. Der Inhalt des ab dem 01.11.2020 festzustellenden Rechtsverhältnisses soll dabei - als Rechtsfolge eines Betriebsübergangs - derjenige des Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 1) sein. Das Rechtsverhältnis, welches festgestellt werden soll, ist damit hinreichend bestimmt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">373</span><p class=\"absatzLinks\">b.Mit diesem Inhalt kann dem Antrag zu II.1. ein Rechtsschutzbedürfnis neben dem Kündigungsschutzantrag zu III.2. nicht abgesprochen werden. Zwar umfasst der Kündigungsschutzantrag auch die Feststellung, dass bei ordentlicher Kündigung zum Zeitpunkt des Kündigungstermins, also des Ablaufs der Kündigungsfrist, ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 2) bestanden hat; anderenfalls muss er abgewiesen werden (sog. erweiterter punktueller Streitgegenstand der Kündigungsschutzklage, vgl. etwa BAG 27.01.2011 - 2 AZR 826/09). Ein Rechtsschutzbedürfnis für den Feststellungsantrag zu II.1. besteht aber deshalb, weil der Kündigungsschutzantrag betreffend die Beklagte zu 2) ein vertraglich begründetes Arbeitsverhältnis bestritt und der Feststellungsantrag zu II.1. ein kraft Gesetzes übergegangenes Arbeitsverhältnis, was - wie ausgeführt - zwei unterschiedliche Streitgegenstände sind. Unabhängig davon erscheint es denkbar, dass der angebliche Betriebsübergang erst nach dem 31.12.2020 stattgefunden hat, dem auch die zeitgleiche Kündigung der Beklagten zu 1) nicht entgegenstünde, wenn diese unwirksam wäre.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">374</span><p class=\"absatzLinks\">2.Der Feststellungsantrag ist unbegründet. Das Arbeitsverhältnis des Klägers besteht nicht mit der Beklagten zu 2) fort. Es gab, wie bereits ausgeführt keinen den Kläger erfassenden Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2).   Auch die in 2021 erfolgte Eröffnung der neuen Standorte in A. und A. durch die Beklagte zu 2) konnte ein etwaig noch zu der Beklagten zu 1) bestehendes Arbeitsverhältnis des Klägers nicht erfassen. Denn darin lag kein Betriebsübergang i. S. v. § 613a Abs. 1 BGB, weil die Beklagte zu 1) einen solchen Betrieb oder Betriebsteil zuvor nicht geführt hat. Zudem wäre der Kläger einem solchen Betriebsteil nicht zugeordnet gewesen. Unabhängig davon waren die Arbeitsverhältnisse des Klägers zu der Beklagten zu 1) aufgrund der Kündigung der Beklagten zu 1) vom 10.09.2020 zu diesem Zeitpunkt bereits beendet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">375</span><p class=\"absatzLinks\">IV.Der gegen die Beklagte zu 2) gerichtete Feststellungsantrag zu III.1 ist ganz überwiegend unzulässig, weil er bereits anderweitig rechtshängig ist. Für die Zeit vom 15.09.2020 bis zum 01.11.2020 ist er unbegründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">376</span><p class=\"absatzLinks\">1.Dem Antrag steht für die Zeit ab dem 01.1.2020 das von Amts wegen zu beachtende Prozesshindernis anderweitiger Rechtshängigkeit nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO entgegen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">377</span><p class=\"absatzLinks\">a.Nach § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO ist eine Klage wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig, wenn der Kläger zuvor gegen dieselbe Partei eine Klage mit demselben Streitgegenstand erhoben hat und diese andere Klage bei der Entscheidung über die spätere Klage noch rechtshängig ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">378</span><p class=\"absatzLinks\">b.Ein solcher Fall ist hier gegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">379</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Nachdem der Kläger bereits im Kündigungsschutzverfahren gegen die Beklagte zu 1) seine Klage gegen die Beklagte zu 2) um den Antrag zu II.1. erweitert hat, liegen bezogen auf den allgemeinen Feststellungsantrag zu III.1. dieselben Klageanträge vor. Der Kläger beruft sich zur Begründung des Feststellungsantrages darauf, dass ein Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch Abschluss eines separaten Arbeitsvertrages, sondern durch Betriebsübergang entstanden sei. Die Feststellung eines Arbeitsverhältnisses aufgrund dieses Streitgegenstands ist bereits Gegenstand des Feststellungsantrages zu II.1. Das gleiche Feststellungsbegehren verfolgt der Kläger mit seiner in dem Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf - 4 Ca 5890/20 erhobenen Klageerweiterung; jetzt Antrag zu III.1.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">380</span><p class=\"absatzLinks\">bb. Der Antrag zu II.1. ist rechtshängig geworden, ehe derselbe Antrag zu III.1. rechtshängig geworden ist. Im Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf - 9 Ca 5918/20 - enthält die Klageerweiterung vom 22.02.2021, welche den damaligen Prozessbevollmächtigten der Beklagten zu 1) unmittelbar von dem Kläger übermittelt worden ist, erstmals den Antrag zu II.1.. Im Termin am 25.02.2021 sind die Prozessbevollmächtigten nur für die Beklagte zu 1) aufgetreten und es ist ein Abtrennungsbeschluss ergangen. Es bleibt offen, was dies für die Rechtshängigkeit bedeutet. Spätestens wurde die Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 1 ZPO) durch Antragstellung im Kammertermin am 06.05.2021 im Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf - 9 Ca 1053/21 - begründet. Im Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf - 4 Ca 5890/20 - hat der Kläger diesen Antrag - so wie er zuletzt Gegenstand dieses Verfahrens war - erst im Kammertermin am 01.06.2021 gestellt. Es handelt sich dabei nicht mehr um den ursprünglichen allgemeinen Feststellungsantrag aus dem Verfahren Arbeitsgericht Düsseldorf - 4 Ca 5890/21 -, der sich als \"Annex\" zum punktuellen Kündigungsschutzantrag auf den Fortbestand des vertraglich begründeten Arbeitsverhältnisses mit der Beklagten zu 2) bezog. An diesem Antrag hat der Kläger mangels Vorliegen anderer Beendigungstatbestände außer der Kündigung der Beklagten zu 2) vom 10.09.2020 bezogen auf das vertraglich begründete Arbeitsverhältnis nicht festgehalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">381</span><p class=\"absatzLinks\">2.Soweit der Kläger mit dem Antrag ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) aufgrund eines Betriebsübergangs - nicht Vertragsschlusses - vor dem 01.11.2020, ggfs. ab dem 15.09.2020, festgestellt wissen will, besteht zwar mangels zeitlich nicht identischer Streitgegenstände keine anderweitige Rechtshängigkeit. Das Feststellungsinteresse kann dem Kläger insoweit nicht abgesprochen werden, weil die Kündigungsschutzklage sich auf das vertraglich begründete Arbeitsverhältnis mit der Beklagten zu 2) bezieht. Der Antrag ist aber unbegründet. Es gibt keinerlei Anhaltspunkte für einen Betriebsübergang von der Beklagten zu 1) auf die Beklagte zu 2) zwischen dem 15.09.2020 und 01.11.2020, welcher das Arbeitsverhältnis des Klägers erfasst haben könnte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">382</span><p class=\"absatzLinks\">V.Die gegen die Beklagte zu 2) gerichteten zulässigen Zahlungsanträge zu II.2 und II.5 sind unbegründet. Der Kläger stützt seine Forderungen auf §§ 611a Abs. 2, 615 BGB. Damit lassen sich seine Ansprüche gegen die Beklagte zu 2) nicht begründen. Sie haftet entgegen der Ansicht des Klägers mangels Betriebsübergang nicht für die geltend gemachten Ansprüche.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">383</span><p class=\"absatzLinks\">VI.Die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Zahlungsanträge zu II.3 und II.6 sind unzulässig, weil sie unter einer unzulässigen außerprozessualen Bedingung stehen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">384</span><p class=\"absatzLinks\">1.Die Klage ist als Verfahren einleitender Akt streng bedingungsfeindlich, weil die Existenz eines Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Parteien nicht ungewiss sein darf (BGH 06.12.2006 - XII ZR 190/06, Rn. 9). Prozesshandlungen, die ein Verfahren in Gang setzen oder einen Rechtszug eröffnen oder beenden sollen, dürfen deshalb nicht von außerprozessualen Bedingungen abhängig gemacht werden. Erfolgt dies, sind sie unzulässig (bereits BAG 07.05.1986 - 2 ABR 27/85, Rn. 23). Dies gilt ebenso, wenn in einem Verfahren mehrere einfache Streitgenossen verklagt werden. Bei einer Klage gegen einfache Streitgenossen i.S.d. § 61 ZPO  sind die Verfahren nur äußerlich verbunden, das Verfahren gegen jeden Streitgenossen ist selbstständig. Jeder Streitgenosse ist deshalb so zu behandeln, als ob nur er allein mit dem Gegner prozessieren würde. Macht der Kläger daher eine Prozesshandlung gegenüber einem Streitgenossen von dem Ausgang des Verfahrens gegen einen anderen Streitgenossen abhängig oder von einer rechtlichen Bewertung im Verhältnis zu einem anderen Streitgenossen, handelt es sich deshalb bezogen auf den ersten Streitgenossen nicht um eine innerprozessuale, sondern um eine außerprozessuale Bedingung. Eine solche eventuelle Klagehäufung ist unzulässig (OLG Düsseldorf 01.06.2015 - I-14 U 172/13, Rn. 75 m.w.N.). Eine Prozesshandlung kann nur von einem innerprozessualen Ereignis abhängig gemacht werden (BAG 22.06.1999 - 9 AZR 541/98, Rn. 33). Dies muss nicht notwendigerweise das Unterliegen oder Obsiegen mit dem Hauptantrag sein, also eine bestimmte Entscheidung des Gerichts über den mit dem Hauptantrag verfolgten Anspruch. Es ist ebenso zulässig, über einen Antrag nur für den Fall eine Sachentscheidung zu begehren, dass das Gericht im Zusammenhang mit dem Hauptantrag eine Rechtsfrage in einer bestimmten Weise beurteilt (BAG 17.12.2015 - 2 AZR 304/15, Rn. 23)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">385</span><p class=\"absatzLinks\">2.Der Kläger hat die Anträge zu II.3 und II.6 nicht unter eine innerprozessuale Bedingung gestellt. Nach der zuletzt formulierten Bedingung soll die Beklagte zu 1) nur dann verurteilt werden, wenn das Gericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht spätestens zum 01.11.2020 auf die Beklagte zu 2) übergegangen ist. Mit anderen Worten: Die Beklagte zu 1) ist nur verklagt, wenn der Kläger nicht mit den Anträgen zu II.2. und II.4. gegen die Beklagte zu 2) obsiegt. Dies soll zudem nur dann der Fall sein, wenn das Gericht die oben genannte Feststellung nicht trifft. Diese wiederum ist Gegenstand der Anträge zu II.1 und III.1, die sich nur gegen die Beklagte zu 2) richten. Dies alles ist bei einfachen Streitgenossen wie den Beklagten eine außerprozessuale Bedingung. Es handelt sich bei beiden Beklagten entgegen der Ansicht des Klägers auch im Hinblick auf den von ihm angenommenen Betriebsübergang nicht um notwendige Streitgenossen. Der frühere Arbeitgeber und der neue Inhaber i.S.v. § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB sind nicht lediglich gemeinschaftlich materiell-rechtlich verfügungsbefugt und aus materiell-rechtlichen Gründen keine notwendigen Streitgenossen i.S.v. § 62 Abs. 1 Alt. 2 ZPO (BAG 25.01.2018 - 8 AZR 309/16, Rn. 37). Es kommt im konkreten Fall auch keine notwendige Streitgenossenschaft gemäß § 62 Abs. 1 Alt. 1 ZPO i.V.m. § 325 ZPO in Betracht. Es geht nicht um die Frage, ob ein gegen den früheren Arbeitgeber (hier: Beklagte zu 1) ergangenes Urteil auch für und gegen den - angeblichen -  neuen Inhaber (hier: Beklagte zu 2) wirkt, sondern darum, ob die materielle Rechtskraft einer gegen den (vermeintlichen) neuen Inhaber (hier: Beklagte zu 2) mit den gegen diese gerichteten Anträge zu II.1. und III.2.) ergangenen gerichtlichen Entscheidung auch gegenüber dem früheren Arbeitgeber (hier: Beklagte zu 1) wirkt (vgl. insoweit BAG 25.01.2018 - 8 AZR 309/16, Rn. 30, 35). Stellt man auf die Entscheidung über die Zahlungsanträge gegen die Beklagte zu 2) ab, gilt nichts anderes, weil der Betriebsübergang insoweit nur Vorfrage ist, was für eine Bindungswirkung und daraus folgende notwendige formale Streitgenossenschaft ohnehin nicht genügt (BAG 25.01.2018 - 8 AZR 309/16 Rn. 29 a.E.).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">386</span><p class=\"absatzLinks\">Nichts anderes ergibt sich aus der vom Klägervertreter zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (17.12.2015 - 2 AZR 304/15 -). In Rn. 22 führt der Senat aus, dass das Bestehen des Prozessrechtsverhältnisses feststehen muss. Die dort folgenden Erwägungen zu einer innerprozessualen Bedingung betreffen die Konstellation, dass zwei Anträge gegen dieselbe beklagte Partei gerichtet sind, von denen einer unter der Bedingung einer bestimmten Bewertung durch das Gericht gestellt ist. Im hiesigen Rechtsstreit soll aber die Bewertung in einem Prozessrechtsverhältnis Bedingung eines anderen Prozessrechtsverhältnisses sein. Dies ist unzulässig. Aus diesen Gründen hat bereits das Arbeitsgericht die Klageanträge zu II.3. und II.6. für unzulässig erachtet. Der Kläger hat an den Anträgen im Berufungsrechtszug festgehalten. Sein Berufungsvorbringen führt nicht zur Zulässigkeit der Anträge.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">387</span><p class=\"absatzLinks\">VIII. Die gegen die Beklagte zu 1) gerichteten Zahlungsanträge zu II.4 und II.7 sind zulässig und begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">388</span><p class=\"absatzLinks\">1.Die Zahlungsanträge sind zulässig; sie bedürfen jedoch der Auslegung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">389</span><p class=\"absatzLinks\">a.Gerichte haben Prozessanträge soweit als möglich rechtsschutzgewährend auszulegen. Bei der Auslegung von Prozesshandlungen ist davon auszugehen, dass die Vorschriften des Verfahrensrechts nicht Selbstzweck sind. Auch bei der Auslegung von Anträgen ist zwar zunächst auf deren Wortlaut abzustellen. Bei der Auslegung von Prozesserklärungen darf eine Partei jedoch nicht am buchstäblichen Sinn ihrer Wortwahl festgehalten werden. Vielmehr ist davon auszugehen, dass sie mit ihrer Prozesshandlung das erreichen will, was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und ihrer recht verstandenen Interessenlage entspricht. Dabei sind allerdings auch die schutzwürdigen Belange des Prozessgegners zu berücksichtigen (BAG 18.07.2013 - 6 AZR 47/12, Rn. 32)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">390</span><p class=\"absatzLinks\">b.In Anwendung dieser Grundsätze sind die Anträge zu II.4 und II.7 dahingehend zu verstehen, dass sie jeweils hilfsweise für den Fall der Unzulässigkeit der Anträge zu II.3 und II.6 gestellt werden. Richtig ist, dass der Kläger die Anträge ausweislich seines Wortlauts unbedingt gestellt hat. Dies ist jedoch bereits in sich perplex, weil dann nicht klar wäre, ob er denselben Antrag denn nun als Hilfsantrag oder als Hauptantrag stellen will. Berücksichtigt man die Klagebegründung, ergibt sich, das hier zu Grunde gelegte Antragsverständnis. Er begründet zunächst ausdrücklich, dass er nicht wissen könne, ob das Gericht die Beklagten als notwendige Streitgenossen erachte. Sollte das Gericht nicht dieser Ansicht sein, stelle er die Anträge unbedingt. Er begründet dann, dass sein vordringliches Klageziel ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) sei. Da er nicht wissen könne, wie die Kammer entscheide, würden die Anträge - so der Kläger erneut - unbedingt gestellt. Dann wiederum führt er aus, die Anträge  zu II.4 und II.7 stelle er für den Fall gestellt, dass kein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden hat. Anschließend führt er aus, er halte es für unzumutbar, seine Annahmeverzugslohnansprüche unbedingt geltend zu machen. Diese schwer verständlichen Ausführungen, die sich inhaltlich teilweise widersprechen, lassen sich bei der gebotenen Gesamtbetrachtung auch unter Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite letztlich nur so verstehen, dass der Kläger an seiner Rechtsaufassung festhält, die ersten Zahlungsanträge gegen die Beklagte zu 1) im Hilfsverhältnis zum Prozessrechtsverhältnis zur Beklagten zu 2) stellen zu können. Nur für den Fall, dass das Gericht dies für unzulässig erachtet, stellt er die Anträge zu II.4. und II.7. Dies ist eine zulässige innerprozessuale Bedingung innerhalb des Rechtsverhältnisses gegenüber der Beklagten zu 1) (vgl. insoweit auch BAG 18.11.2021 - 2 AZR 229/21, Rn. 10). Es steht nicht in der Schwebe, ob gegen die Beklagte zu 1) insoweit überhaupt Zahlungsklage erhoben wurde. Dies steht im Ergebnis fest. Entweder erfolgt dies mit den ersten Zahlungsanträgen. Wenn diese aufgrund der außerprozessualen Bedingung unzulässig sind, erfolgt dies mit den Anträgen zu  II.4 und II.7. Diesem im gerichtlichen Hinweisbeschluss vom 08.12.2021 geäußerten und in der Verhandlung erörterten Antragsverständnis hat der Kläger nicht widersprochen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">391</span><p class=\"absatzLinks\">c.Entgegen der von der Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung geäußerten Rechtsansicht sind die Anträge zu  II.4 und II.7 nicht gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig. Richtig ist, dass mit den Anträgen zu II.3 und II.6 jeweils derselbe Streitgegenstand rechtshängig ist. Richtig ist auch, dass ein Hilfsantrag ebenfalls rechtshängig wird. Die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags steht unter der auflösenden Bedingung, dass hierüber nur dann eine Sachentscheidung begehrt wird, wenn der Hauptantrag erfolglos bleibt. Die Rechtshängigkeit des Hilfsantrags endet deshalb ohne besonderen Ausspruch rückwirkend mit Eintritt der auflösenden Bedingung (BAG 12.08.2009 - 9 AZR 620/07, Rn. 15). Gleichwohl ist die Vorschrift des § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO, die bei rein formalem Verständnis Anwendung finden könnte, insoweit von ihrem Sinn und Zweck her zu reduzieren. Nach dem Normzweck des § 261 Abs. 3 Nr. 1 geht es darum, mehrfache und einander widersprechende Entscheidungen sowie die unnötige Anrufung der Gerichte zu vermeiden und den Beklagten vor der Durchführung mehrerer sachlich gleicher und gleichzeitiger Verfahren zu schützen. All diese Aspekte treffen hier nicht zu. Die Anträge zu II.4 und II.7 und II.3 und II.6 stehen aufgrund des Haupt- und Hilfsverhältnisses zu keinem Zeitpunkt zur gleichzeitigen Entscheidung an. Durch das Haupt- und Hilfsverhältnis werden einander widersprechende Entscheidungen vermieden. Im Übrigen sprechen Aspekte des effektiven Rechtsschutzes für dieses Ergebnis. Das Prozessrecht muss dem Kläger eine Möglichkeit geben, seine - falsche - Rechtsansicht der Antragstellung im Verhältnis der beiden Beklagten beizubehalten und gleichzeitig, für den Fall, dass das Gericht seine Ansicht nicht teilt, einen zulässigen Antrag vorsehen. Dies ist bei der hier vorgenommenen Antragsauslegung der Fall. Schutzwürdige Interessen der Beklagten zu 1) sind nicht tangiert.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">392</span><p class=\"absatzLinks\">d.Die Antragserweiterung um die Anträge zu II.4 und II.7 in der Berufungsinstanz ist sachdienlich. Sie ist - ausgehend vom Rechtsstandpunkt des Klägers - nichts anderes als die gebotene Reaktion auf das erstinstanzliche Unterliegen mit den Anträgen. Die Voraussetzungen des § 533 Nr. 2 ZPO sind gegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">393</span><p class=\"absatzLinks\">2. Die Anträge zu II.4 und II.7 sind begründet. Der Kläger kann von der Beklagten zu 1) für den Monat November 2020 die Zahlung von 1.629,94 Euro brutto und für den Monat Dezember 2020 die Zahlung von 1.382,80 Euro brutto an Sektorzulage verlangen. Der Anspruch beruht auf § 615 Satz 1 BGB i.V.m. mit der Freistellungserklärung der Beklagten zu 1) vom 19.10.2020 i.V.m. B. und I. Ziffer 3 Eckpunktepapier.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">394</span><p class=\"absatzLinks\">a.Mit der Freistellungserklärung aus dem Schreiben vom 19.10.2020 ist die Beklagte zu 1) in Annahmeverzug geraten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">395</span><p class=\"absatzLinks\">aa.In einer einseitigen Freistellungserklärung ist regelmäßig die Erklärung zu sehen, die Annahme der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung werde abgelehnt. Durch diese Erklärung gerät der Arbeitgeber gemäß § 293 BGB in Annahmeverzug, denn die einseitige Freistellung von der Arbeit ist, soweit keine besonderen Umstände vorliegen, grundsätzlich nicht anders zu beurteilen, als wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer von der Arbeit nach Hause schickt, weil er ihn nicht mehr beschäftigen kann. Dann bedarf es regelmäßig keines Arbeitsangebots des Arbeitnehmers, weil der Arbeitgeber mit der Freistellung erkennen lässt, unter keinen Umständen zur Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bereit zu sein. Der Vergütungsanspruch des Arbeitnehmers wird in einem solchen Fall durch § 615 Satz 1 BGB mit der Möglichkeit der Anrechnung anderweitigen Verdienstes nach § 615 Satz 2 BGB aufrechterhalten (BAG 23.02.2021 - 5 AZR 314/20, Rn. 12).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">396</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Es handelt sich bei dem Schreiben vom 19.10.2020 offensichtlich nicht um ein Vertragsangebot, sondern um die einseitige Erklärung der Beklagten zu 1), den Kläger von der Arbeitsleistung unwiderruflich freizustellen. Soweit geregelt ist, dass die vertraglichen Verpflichtungen während der Freistellung weiter bestehen, ergibt sich daraus nichts anderes. Letztlich geht es dabei um die Anrechnung anderen Verdienstes und die Regelungen zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Ein Vertragsangebot lässt sich daraus nicht ableiten. Mangels Angebot konnte  der Kläger dieses annehmen. Unabhängig davon hat er es durch das bloße Schweigen nicht getan. In dem Nichtantritt der Arbeit ist auch kein konkludentes Einverständnis zu sehen. Aber selbst wenn man - wie nicht -  eine vertragliche vereinbarte Freistellungsregelung annehmen wollte, hätte sie bezogen auf den streitigen Anspruch der Sektorzulage keinen anderen Inhalt. Dafür, dass die Beklagte zu 1) dem Kläger einen aufgrund einer Freistellung bestehenden Anspruch auf die Vergütung nach dem Lohnausfallprinzip wie im Annahmeverzug bezogen auf die Sektorzulage vereinbarungsgemäß absprechen wollte, fehlt jeder Anhaltspunkt. Ohnehin könnte und müsste der Ausschluss von Ansprüchen gem. § 615 BGB aus Annahmeverzug und/oder bei Arbeitsausfall klar und deutlich geregelt werden (BAG 09.07.2008 - 5 AZR 810/07, Rn. 25). Daran fehlt es offensichtlich.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">397</span><p class=\"absatzLinks\">cc.Darauf, ob im November und Dezember 2020 ein vertraglicher Anspruch auf die Sektorzulage bestand, kommt es nicht an, so dass der Hinweis der Beklagten zu 1) auf die gemäß dem Eckpunktepapier nicht garantierten Flugstunden schlicht unerheblich ist. Entscheidend ist, ob die Flugstunden ohne Annahmeverzug bzw. Freistellung tatsächlich geleistet worden wären (vgl. BAG 18.09.2001 -9 AZR 307/00, Rn. 45).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">398</span><p class=\"absatzLinks\">b.Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1) kann dabei auf die vertragliche Vereinbarung der Parteien aus Ziffer I.3 für den Fall der Entgeltfortzahlung für den Krankheitsfall abgestellt werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">399</span><p class=\"absatzLinks\">aa.Maßgeblich für die Sektorzulage ist danach der Durchschnitt der letzten drei Jahre. Die Kammer verkennt nicht, dass die Entgeltfortzahlung etwas anderes ist als die Vergütung im Annahmeverzug. Auf der Grundlage der zutreffend vom Kläger herangezogenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann die vertragliche Regelung der Parteien für die Entgeltfortzahlung bei der schwankenden Höhe der Sektorzulage herangezogen werden. Nach § 615 Satz 1 BGB hat die Beklagte die Vergütung an den Kläger weiterzuzahlen, die dieser bei Weiterbeschäftigung verdient hätte. Die Rechtslage ist derjenigen bei Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle vergleichbar. Haben die Parteien dazu eine vertragliche Regelung vereinbart, ist diese auch für den vergleichbaren Fall der Lohnzahlungspflicht aus Gründen des Betriebsrisikos eine sachgerechte Berechnungsart (BAG 23.06.1994 - 6 AZR 853/93, Rn. 19). Dem schließt sich die erkennende Kammer an. Die von der Beklagten zu 1) dagegen vorgebrachten Argumente hat sie gewürdigt. Sie treffen nicht zu. Die Sektorzulage ist ein schwankender Vergütungsbestandteil, der an die Anzahl der absolvierten Flugstunden anknüpft. Für den hier maßgeblichen Zeitraum gibt es aufgrund der Einstellung des Flugbetriebs keinen Flugplan oder Dienstplan der Beklagten zu 1). Eine Betrachtungsweise auf der Grundlage der Flugstunden der entsprechenden Monate des Vorjahres ist im Hinblick darauf, dass es zu dieser Zeit keine Pandemie gab, ebenfalls unzutreffend. Andere Stationen, die im Übrigen anders als die Stationen in Deutschland aufrechterhalten worden sind, sind schon an sich nicht vergleichbar. Es ist kein Grund ersichtlich, warum bei einer Einstellung des Flugbetriebs nicht die vertragliche Regelung der Parteien für eine vergleichbare Konstellation herangezogen werden sollte, denn damit wird dem Willen der Vertragsparteien am besten Rechnung getragen (in der zitierten Entscheidung BAG vom 23.06.1994 - 6 AZR 853/93 wurde ein Schlachtbetrieb eingestellt). Eine Unterscheidung zwischen Winter- und Sommerflugplan ist in der vertraglichen Regelung in I.3 Eckpunktepapier ebenso nicht vorgenommen worden wie auf andere saisonale Schwankungen nicht Rücksicht genommen wurde. Dazu besteht dann auch hier kein Anlass. Angemerkt sei abschließend, dass sich mit der Einstellung des Flugbetriebs seitens der Beklagten zu 1) in Deutschland auch das eigene Betriebsrisiko der Beklagten zu 1) verwirklichte, denn die Beklagte zu 1) hat die Stilllegungsentscheidung letztlich - wie der Sachverhalt anschaulich zeigt - aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten getroffen, nachdem sie eigentlich weiter fliegen wollte. Selbst wenn die Beklagte zu 1) gerade aufgrund der Pandemie die autonome Entscheidung getroffen haben sollte, den Flugbetrieb einzustellen, trägt sie das Betriebsrisiko (BAG 13.10.2021 - 5 AZR 211/21, Rn. 30). Der Fall einer pandemiebedingten hoheitlichen Schließung (dazu BAG 13.10.2021 - 5 AZR 211/21) liegt nicht vor.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">400</span><p class=\"absatzLinks\">bb.Der vom Kläger geltende gemachte Zahlungsanspruch betreffend die Sektorzulage für die Monate November 2020 und Dezember 2020 berechnet sich danach wie folgt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">401</span><p class=\"absatzLinks\">November 2020: Durchschnitt der letzten drei Monate: (3.100,25 Euro brutto + 2.268,75 Euro brutto + 1.719,35 Euro brutto) : 3 = 2.362,78 brutto. Abzüglich für November 2020 gezahlter 160,30 Euro brutto Sektorzulage ergeben sich 2.632,78 Euro brutto. Der Kläger verlangt nur 1.629,94 Euro brutto. Daran ist das Gericht gebunden (§ 308 Abs. 1 ZPO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">402</span><p class=\"absatzLinks\">Dezember 2020: (2.268,75 Euro brutto + 1.719,35 Euro brutto + 2.632,78 Euro brutto) : 3 = 2.206,96 Euro brutto. Da die Beklagte zu 1) für Dezember 2020 keine Sektorzulage gezahlt hat, ist kein Abzug zu machen. Der Kläger verlangt nur 1.382,80 Euro brutto. Daran ist das Gericht gebunden (§ 308 Abs. 1 ZPO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">403</span><p class=\"absatzLinks\">c.Der Zinsanspruch ergibt sich aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1, 288 Abs. 1 BGB. Im Januar ergibt sich der Zinsbeginn wegen § 193 BGB erst ab dem 04.01.2021.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">404</span><p class=\"absatzLinks\">3. Der Beklagten zu 1) war kein weiterer Schriftsatznachlass zu gewähren. Richtig ist zwar, dass das Arbeitsgericht die Zahlungsanträge für unzulässig erachtet hat. In zweiter Instanz hat der Kläger jedoch einen geänderten Zahlungsantrag bereits mit der Berufungsbegründung angekündigt. Die Beklagte zu 1) musste davon ausgehen, dass das Gericht diesen Zahlungsantrag für zulässig erachtet und in der Sache auf der Grundlage der vom Kläger bereits in erster Instanz zutreffend angeführten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und des vorgetragenen und mit Abrechnungen belegten Zahlenwerks entscheidet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">405</span><p class=\"absatzLinks\">IX.Der Weiterbeschäftigungsantrag zu III.3 ist dem Gericht mangels Obsiegens des Klägers mit den gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Anträgen zu III.1 \"und\" III.2. (so bei zutreffenden Verständnis und nicht \"oder\") nicht zur Entscheidung angefallen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">406</span><p class=\"absatzLinks\">C.Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO und auch auf § 97 Abs. 2 ZPO. Der Kläger hat mit den erst in zweiter Instanz angepassten Zahlungsanträgen obsiegt. § 97 Abs. 2 ZPO erfasst auch neue Klageanträge (Zöller/Herget, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 97 Rn. 11). Eine ordnungsgemäße Prozessführung (vgl. dazu BAG 25.03.2021 - 8 AZR 120/20, Rn. 120), welche die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 25.01.2018 (- 8 AZR 309/16) zur Kenntnis nimmt, hätte zumindest die jetzt zugesprochenen Zahlungsanträge bereits in der ersten Instanz geboten. Gründe, die erstinstanzlichen Kostenentscheidungen zu ändern, sind nicht gegeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">407</span><p class=\"absatzLinks\">D.Das Gericht hat die Revision im Hinblick auf die punktuellen und allgemeinen Bestandsschutzanträge gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zugelassen. Die Revision war zudem gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG im Hinblick auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hessen vom 25.06.2021 - 14 Sa 1225/20 - zu § 17 Abs. 3 Satz 5 KSchG zuzulassen. Im Hinblick auf die Zahlungsanträge erfolgte die Revisionszulassung aus dem Gebot der Widerspruchsfreiheit.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">408</span><p class=\"absatzLinks\">RECHTSMITTELBELEHRUNG</p>\n<span class=\"absatzRechts\">409</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen dieses Urteil kann von beiden Parteien</p>\n<span class=\"absatzRechts\">410</span><p class=\"absatzLinks\">REVISION</p>\n<span class=\"absatzRechts\">411</span><p class=\"absatzLinks\">eingelegt werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">412</span><p class=\"absatzLinks\">Die Revision muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim</p>\n<span class=\"absatzRechts\">413</span><p class=\"absatzLinks\">Bundesarbeitsgericht</p>\n<span class=\"absatzRechts\">414</span><p class=\"absatzLinks\">Hugo-Preuß-Platz 1</p>\n<span class=\"absatzRechts\">415</span><p class=\"absatzLinks\">99084 Erfurt</p>\n<span class=\"absatzRechts\">416</span><p class=\"absatzLinks\">Fax: 0361 2636-2000</p>\n<span class=\"absatzRechts\">417</span><p class=\"absatzLinks\">eingelegt werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">418</span><p class=\"absatzLinks\">Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">419</span><p class=\"absatzLinks\">Für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse besteht ab dem 01.01.2022 gem. §§ 46g Satz 1, 72 Abs. 6 ArbGG grundsätzlich die Pflicht, die Revision ausschließlich als elektronisches Dokument einzureichen. Gleiches gilt für vertretungsberechtigte Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur Verfügung steht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">420</span><p class=\"absatzLinks\">Die Revisionsschrift muss von einem Bevollmächtigten eingelegt werden. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">421</span><p class=\"absatzLinks\">1.Rechtsanwälte,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">422</span><p class=\"absatzLinks\">2.Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">423</span><p class=\"absatzLinks\">3.Juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder  anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">424</span><p class=\"absatzLinks\">In den Fällen der Ziffern 2 und 3 müssen die Personen, die die Revisionsschrift unterzeichnen, die Befähigung zum Richteramt haben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">425</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Partei, die als Bevollmächtigter zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">426</span><p class=\"absatzLinks\">Die elektronische Form wird durch ein elektronisches Dokument gewahrt. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 46c ArbGG nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (ERVV) v. 24. November 2017 in der jeweils geltenden Fassung eingereicht werden. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden sich auf der Internetseite des Bundesarbeitsgerichts www.bundesarbeitsgericht.de.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">427</span><p class=\"absatzLinks\">* eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">428</span><p class=\"absatzLinks\">Dr. GotthardtHömkeTinnefeld</p>\n      "
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            "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Der Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 26.05.2020, Az. 20-3607023-0-0 wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass die Beklagte verurteilt wird, an die Klägerin 245,18 Euro nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 05.05.2020 sowie Mahnkosten in Höhe von 14,50 Euro, Bankrückläufergebühren in Höhe von 19,20 Euro und vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 70,20 Euro zu zahlen.</p>\n<p>Im Übrigen wird der Vollstreckungsbescheid aufgehoben und die Klage abgewiesen.</p>\n<p>Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.</p>\n<p>Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.</p><br style=\"clear:both\">\n\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Tatbestand</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Von der Wiedergabe des Tatbestandes wird gemäß § 313a Abs. 1 S. 1 ZPO abgesehen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Entscheidungsgründe</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">Die Entscheidung konnte im vereinfachten Verfahren gemäß § 495a ZPO ergehen, nachdem die Parteien auf diese Vorgehensweise hingewiesen wurden, einen Antrag auf die mündliche Verhandlung nicht gestellt haben und der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Die zulässige Klage ist begründet.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Der geltend gemachte Anspruch resultiert aus dem zwischen den Parteien geschlossenen atypischen Kaufvertrages über die Lieferung von Strom, § 433 Abs. 2 BGB.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">1.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Unstreitig kam ein solcher Vertrag zwischen den Parteien an der Entnahmestelle T- Straße in F zustande. Die Beklagte entnahm in dem der Klage zugrunde liegenden Zeitraum vom 21.10.2018 bis zum 31.03.2019 Strom zu einem Gegenwert von 245,18 Euro, welchen die Klägerin ihr mit Rechnung vom 07.04.2019 (Bl. 19 d.A.) in Rechnung stellte.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Eine Zahlung seitens der Beklagten erfolgte – auch auf mehrfache Mahnung sowie Aufforderungsschreiben des vorprozessual beauftragten Rechtsanwalts vom 30.03.2020 (Bl. 24 d.A.) – nicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">2.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">Der Zinsanspruch bezüglich der Hauptforderung resultiert aus §§ 280, 286 Abs. 1, 288 BGB. Verzug trat vorliegend jedenfalls infolge der ersten Mahnung vom 06.05.2019, mithin vor dem als Zinsbeginn ausgewiesenen und beantragten 05.05.2020 ein.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">3.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin hat darüber hinaus Anspruch auf Ersatz von Mahnkosten als Verzugsschaden gemäß §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 Nr. 1 BGB in Höhe von insgesamt 14,50 Euro.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte befand sich mit der Zahlung zum Zeitpunkt der zweiten Mahnung bezüglich der streitgegenständlichen Rechnung vom 16.05.2019 in Verzug. Für diese Mahnung kann sie Kosten in Höhe von 2,50 Euro ersetzt verlangen. Die angefallenen Kosten stellen in dieser Höhe einen ersatzfähigen Verzugsschaden dar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Die erhobene Pauschale für eine Mahnung in Höhe von 3,10 Euro ist nach den § 309 Nr. 5a BGB bzw. § 307 Abs. Abs. 2 Nr. 1 BGB i. V. m. § 17 Abs. 2 S. 2 StromGVV unwirksam, da die erhobene Pauschale den nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass im Rahmen der angesetzten Mahnpauschale nicht die Kosten des Verwaltungsaufwandes das Forderungsmanagements auf den Kunden abgewälzt werden können, da es sich bei den entsprechenden Kosten um aus der Sphäre des Geschädigten stammende Kosten der internen Mühewaltung mit dem (bloßen) Ziel der Anspruchsdurchsetzung handelt. (BGH, Urt. v. 26.6.2019 – VIII ZR 95/18; LG Dortmund, Urteil vom 07.04.2015 - 25 O 83/15). Die erstattungsfähige Verzugsschaden für Kosten des Drucks, der Kuvertierung, Frankierung sowie Versendung der Mahnung beträgt nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge nicht die berechneten 3,10 Euro pro Mahnung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die Höhe der Mahnkosten bemisst das Gericht in ständiger Rechtsprechung unter Heranziehung der Schätzungsmöglichkeit des § 287 ZPO pauschal mit 2,50 Euro pro dargelegter Mahnung nach Verzugseintritt. Die Klägerin hat konkret zwei Mahnschreiben dargelegt, die auf den 06.05.2019 und auf den 16.05.2019 datieren. Da die Beklagte erst durch die Mahnung vom 06.05.2019 in Verzug geriet, da für ein vorhergehender Verzugseintritt nicht dargelegt ist, verbleibt es bei den erstattungsfähigen Mahnkosten für die Mahnung vom 16.05.2019 in Höhe von 2,50 Euro.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin hat des Weiteren einen Anspruch auf Mahnkosten i.H.v. je 2,50 Euro für die vorangegangenen Mahnschreiben vom 02.01.2019, 09.01.2019, 16.01.2019, 23.01.2019 und 06.02.2019, mithin insgesamt 12,50 Euro. Der Anspruch folgt ebenfalls aus §§ 286, 280 Abs. 2 BGB aufgrund des bereits bestehenden Zahlungsverzuges hinsichtlich der zuvor geltend gemachten Rückstände aus vorherigen Abrechnungszeiträumen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Der darüberhinausgehend geltend gemachte Betrag i.H.v. 6,70 Euro unterlag der Klageabweisung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">4.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin kann auch die Bankrücklastkosten i.H.v. 19,20 Euro bezüglich der beiden fehlgeschlagenen Einzugsversuche vom 06.12.2018 und 31.12.2018 gemäß § 280 BGB verlangen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Der entsprechende Betrag war zum Zeitpunkt des Einzugsversuches geschuldet und die Beklagte verpflichtet, einen entsprechenden Einzug von ihrem Konto zur Zahlung ihrer Schuld zu gewährleisten. Sie hatte der Klägerin unstreitig eine entsprechende Einzugsermächtigung erteilt und ihre hieraus resultierenden Pflichten schuldhaft verletzt. Den der Klägerin durch die Bankrückläufer entstandenen Schaden, welcher insoweit unstrittig 9,60 Euro je fehlgeschlagenem Einzugsversuch beträgt, hat die Beklagte damit zu ersetzen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">5.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin hat weiter Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltskosten gemäß §§ 280 Abs. 1, 2, 286 Abs. 1 BGB. Diese stellen einen ersatzfähigen Verzugsschaden dar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">6.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">Der den Anspruch begründende Tatsachenvortrag der Klägerin war der Entscheidung zugrunde zu legen, weil er gemäß § 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt. Die Beklagte hat trotz Aufforderung zur Stellungnahme und Hinweis auf das Verfahren nach § 495a ZPO keine Tatsachen vorgebracht, die den behaupteten Anspruch in Bezug auf Grund und Höhe als nicht gegeben erscheinen lassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Zuvielforderung in Höhe von 6,70 Euro stellt im Vergleich zur Forderung im Übrigen einen verhältnismäßig geringfügigen Betrag dar und hat keine höheren Kosten veranlasst.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr.11, 711, 713 ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">Der Streitwert wird auf 245,18 EUR festgesetzt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Rechtsbehelfsbelehrung:</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">A) Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">1. wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">2. wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">Die Berufung muss <strong>innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung</strong> dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Essen zu begründen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Essen durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">B) Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Essen statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Essen, Zweigertstr. 52, 45130 Essen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.</p>\n      "
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            "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<div>\n\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t<p>I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I vom 26.03.2021 wird zurückgewiesen.</p>\n\t\t\t\t\t<p>II. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts München I vom 26.03.2021, Az. 26 O 11852/18, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:</p>\n\t\t\t\t\t<p>1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 181.724,05 € zu zahlen, und zwar nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 19.11.2015 aus 86.282,77 € (= Rente Juni 2013 - November 2015),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.12.2015 aus 2.892,16 € (= Rente Dezember 2015),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.01.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Januar 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.02.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Februar 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.03.2016 aus 2.892,16 € (= Rente März 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.04.2016 aus 2.892,16 € (= Rente April 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.05.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Mai 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.06.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Juni 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.07.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Juli 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.08.2016 aus 2.892,16 € (= Rente August 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.09.2016 aus 2.892,16 € (= Rente September 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.10.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Oktober 2016),</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.12.2016 aus 2.892,16 € (= Rente Dezember 2016), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.01.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Januar 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.02.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Februar 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.03.2017 aus 2.892,16 € (= Rente März 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.04.2017 aus 2.892,16 € (= Rente April 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.05.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Mai 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.06.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Juni 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.07.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Juli 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.08.201 aus 2.892,16 € (= Rente August 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.09.2017 aus 2.892,16 € (= Rente September 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.10.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Oktober 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.11.2017 aus 2.892,16 € (= Rente November 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 04.12.2017 aus 2.892,16 € (= Rente Dezember 2017), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.01.2018 aus 2.892,16 € (= Rente Januar 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.02.2018 aus 2.892,16 € (= Rente Februar 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.03.2018 aus 2.892,16 € (= Rente März 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.04.2018 aus 2.892,16 € (= Rente April 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.05.2018 aus 2.892,16 € (= Rente Mai 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.06.2018 aus 2.892,16 € (= Rente Juni 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 03.07.2018 aus 2.892,16 € (= Rente Juli 2018), </p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.08.2018 aus 2.892,16 € (= Rente August 2018),</p>\n\t\t\t\t\t<p>2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin aus der Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung (Versicherungs-Nr. 6339609) eine monatliche Rente von 2.892,16 € zu zahlen, zahlbarim Voraus bei Beginn eines Monats, erstmals zu zahlen am 01.09.2018 und längstens bis zum 01.12.2028.</p>\n\t\t\t\t\t<p>3. Die Beklagte wird veruteilt, an die Klägerin 16.977,54 € zu zahlen, und zwar nebst Zinsen in Höhe von 5 %</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.12.2015 aus 3.125,54 € (= Beiträge Dezember 2015 - November 2016)</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.12.2016 aus 3.281,80 € (= Beiträge Dezember 2016 - November 2017)</p>\n\t\t\t\t\t<p>ab dem 02.12.2017 aus 3.445,91 € (= Beiträge Dezember 2017 - November 2018)</p>\n\t\t\t\t\t<p>4. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin ab dem 01.12.2018 von ihrer Beitragszahlungspflicht in der Basisrentenversicherung einschließlich der Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung (Versicherungs-Nr. 6339609) zu befreien.</p>\n\t\t\t\t\t<p>5. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die von ihr zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 2.892,15 € ab dem 01.12.2013 durch einen Rentenzuwachs zu erhöhen, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat.</p>\n\t\t\t\t\t<p>6. Die Beklagte wird veruteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.509,19 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23.05.2016 zu zahlen.</p>\n\t\t\t\t\t<p>7. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.</p>\n\t\t\t\t\t<p>III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.</p>\n\t\t\t\t\t<p>IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer I genannte Urteil des Landgerichts München I ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages leistet.</p>\n\t\t\t\t\t<p>V. Die Revision wird nicht zugelassen.</p>\n\t\t\t\t</div>\n\t\t\t\n<h2>Gründe</h2>\n\n<div>\n\t\t\t\t\t\n\t\t\t\t\t<p>I.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"1\"/>Die Parteien streiten um Ansprüche aus einer Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung. Die Klägerin macht gegen die Beklagte Leistungen wegen behaupteter Berufungsunfähigkeit ab dem 06.06.2013 aus einer bei der Beklagten seit dem 01.12.2007 bestehenden Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung geltend. Hinsichtlich des tatsächlichen Vorbingens der Parteien und des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 277/281 d.A.) Bezug genommen.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"2\"/>Das Landgericht München I hat der Klage ganz überwiegend stattgegeben. Abgewiesen hat es die Klage hinsichtlich eines Teils der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und hinsichtlich des Klageantrags V, mit welchem die Klägerin die Feststellung begehrt hat, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Berufsunfähigkeitsrente durch einen Rentenzuwachs zu erhöhen, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat. Auf die Entscheidungsgründe des Urteils des Landgerichts wird verwiesen (Bl. 281/293 d.A.).</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"3\"/>Beide Parteien haben Berufung eingelegt. Die Beklagte möchte mit ihrer Berufung die Aufhebung des Urteils des Landgerichts und die Abweisung der Klage erreichen. Die Klägerin möchte mit ihrer Berufung die begehrte Feststellung erreichen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Berufsunfähigkeitsrente durch einen Rentenzuwachs zu erhöhen, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat. Die teilweise Abweisung der geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten wird mit der Berufung der Klägerin nicht angegriffen.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"4\"/>Die Klägerin beantragt in der Berufung:</p>\n\t\t\t\t\t<p>unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München I vom 26.03.2021 (Az. 26 O 11852/18) festzustellen, dass die Besklagte verpflichtet ist, die von ihr zu zahlende Berufsunfähigkeitsrente in Höhe von 2.892,16 € ab dem 01.12.2013 durch einen Rentenzuwachs zu erhöhen, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"5\"/>Die Beklagte beantragt mit der Berufung:</p>\n\t\t\t\t\t<p>unter Abänderung des Urteils des Landgerichts München vom 26.03.2021, AZ: 26 O 11852/18 die Klage abzuweisen.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"6\"/>Beide Parteien beantragen jeweils</p>\n\t\t\t\t\t<p>die Zurückweisung der Berufung der jeweiligen Gegenseite.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"7\"/>Auf die Schriftsätze beider Parteien wird Bezug genommen.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"8\"/>Der Senat hat mit Beschluss vom 09.05.2022 einen Vergleichsvorschlag gemacht sowie Hinweise erteilt und die Sache am 20.09.2022 mündlich verhandelt. Auf den Beschluss vom 09.05.2022 (Bl. 347/355 d.A.) sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.09.2022 (Bl. 368/369 d.A.) wird Bezug genommen.</p>\n\t\t\t\t\t<p>II.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"9\"/>1. Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Das Landgericht hat der Klage zu Recht überwiegend stattgegeben, weil es den Nachweis dafür, dass die Klägerin ab dem 06.06.2013 zu mindestens 50 % berufsunfähig war, für erbracht und damit die Voraussetzungen für die begehrten Versicherungsleistungen als gegeben angesehen hat.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"10\"/>1.1. Nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 Halbs. 2 ZPO ist der Senat an die von dem erstinstanzlichen Gericht festgestellten Tatsachen gebunden, soweit nicht konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der entscheidungserheblichen Feststellungen begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Konkrete Anhaltspunkte, welche hiernach die Bindung des Berufungsgerichts an die vorinstanzlichen Feststellungen entfallen lassen, können sich insbesondere aus Verfahrensfehlern ergeben, die dem Eingangsgericht bei der Feststellung des Sachverhalts unterlaufen sind (Rimmelspacher, NJW 2002, 1897, 1901; Stackmann, NJW 2003, 169, 171; BGH NJW 2004, 1876). Ein solcher Verfahrensfehler läge namentlich vor, wenn die Beweiswürdigung in dem landgerichtlichen Urteil den Anforderungen nicht genügen würde, die von der Rechtsprechung zu § 286 Abs. 1 ZPO entwickelt worden sind. Dies ist der Fall, wenn die Beweiswürdigung unvollständig oder in sich widersprüchlich ist, oder wenn sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt (BGH NJW 1999, 3481, 3482; NJW 2004, 1876 m.w.N.). Hieran gemessen ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"11\"/>Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die Begründung des Ersturteils (S. 8/19, Bl. 281/292 d.A.). Die Einwendungen der Berufung sind nicht geeignet, eine hiervon abweichende Beurteilung zu rechtfertigen</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"12\"/>1.2. Der Einwand der Beklagten, das Landgericht habe sich seine Überzeugung zur Ausgestaltung der Tätigkeit der Klägerin nicht allein aufgrund deren Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 12.11.2019 und 26.02.2021 bilden und dabei davon absehen dürfen, das von der Beklagten angeregte berufskundliche Sachverständigengutachten einzuholen, hat keinen Erfolg. Zu Recht hat das Landgericht insoweit dargelegt, dass sich der Tatrichter allein aufgrund der schlüssigen Behauptungen und Angaben des Versicherungsnehmers im Rahmen einer Anhörung nach § 141 ZPO seine Überzeugung bilden darf. Darüber hinaus hat das Landgericht seine Würdigung auch auf die in Augenschein genommenen Lichtbilder gestützt. Im Einzelnen:</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"13\"/>1.2.1. Nach § 286 ZPO bezieht sich die Beweiswürdigung auf den gesamten Inhalt der Verhandlung. Verwertbar ist daher der Inhalt der Schriftsätze und ihrer Anlagen sowie die Äußerung bei einer Parteianhörung (Greger in Zöller, ZPO, 34. Aufl., § 286 Rn. 14).</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"14\"/>Eine streitige Behauptung ist dann bewiesen, wenn das Gericht von ihrer Wahrheit überzeugt ist. Nach § 286 ZPO hat der Tatrichter ohne Bindung an feste Regeln und nur seinem Gewissen unterworfen die Entscheidung zu treffen, ob er an sich mögliche Zweifel überwinden und sich von einem bestimmten Sachverhalt als wahr überzeugen kann. Jedoch setzt das Gesetz keine von allen Zweifeln freie Überzeugung voraus. Das Gericht darf keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen und keine unumstößliche Gewissheit bei der Prüfung verlangen, ob eine Behauptung wahr und erwiesen ist. Vielmehr darf und muss sich der Richter in tatsächlich zweifelhaften Fällen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, der den Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urteil vom 29. Juli 2021 - VI ZR 1118/20 -, BGHZ 231, 1-16, Rn. 19 - nicht notwendig ist eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit; BGH, Urteil vom 06.05.2015 - VIII ZR 161/14, NJW 2015, 2111; OLG Frankfurt/M, Beschluss vom 29.03.2017 - Az. 12 U 193/15).</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"15\"/>1.2.2. Das Landgericht hat der Klägerin deren sorgfältige und genaue Schilderung der Ausgestaltung ihrer Tätigkeit in gesunden Tagen geglaubt. Dabei hat es auch die im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgelegten und in Augenschein genommenen Fotos mit herangezogen und gewürdigt. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nachvollziehbar und überzeugend (zur Beweisführung durch eine Parteianhörung vgl. auch BGH, Beschluss vom 27.09.2017 - Az. XII ZR 48/17, WM 2018, 53; BGH, Urteil vom 07.02.2006 - VI ZR 20/05, NJW-RR 2006, 672; BGH, Urteil vom 21.02.1996 - Az. IV ZR 300/94; BGH, Urteil vom 14.06.1995 - Az. IV ZR 116/94 -, Rn. 14, juris; BGH, Urteil vom 24.04.1991 - Az. IV ZR 172/90, NJW-RR 1991, 983).</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"16\"/>1.2.3. Die Beklagte wendet ein, das Erstgericht habe jegliche Beweisaufnahme zur Tätigkeit der Klägerin unterlassen, was nicht zulässig sei. Die Beklagte habe mit Schriftsatz vom 21.05.2019 Art und Umfang der Lieferungen substantiiert bestritten. Dazu sei keine Beweisaufnahme erfolgt. Im Schriftsatz vom 22.03.2021 habe sie darauf verwiesen, dass maßgeblich sei, wie oft Anlieferungen erfolgt seien, in welcher Verpackungsgröße diese erfolgt seien und wie sich die räumlichen Gegebenheiten im Lager der Klägerin dargestellt hätten; ferner ob ein Umverpacken möglich gewesen oder ob Hilfsmittel hätten eingesetzt werden können. Dazu habe sie unter Verwahrung gegen die Beweislast ein berufskundliches Sachverständigengutachten angeboten. Diesen Beweisantrag habe das Gericht nicht übergehen dürfen. Soweit die Beklagte behauptet, das Gericht habe jegliche Beweisaufnahme unterlassen, trifft dies insofern nicht zu, als das Gericht die von der Klägerin vorgelegten Fotos zu den örtlichen Gegebenheiten und der Größe der Lieferungen und Pakete in Augenschein genommen und im Urteil beweiswürdigend berücksichtigt hat. Soweit die Beklagte geltend macht, es hätten Beweismittel wie eine Ortsbesichtigung oder Zeugeneinvernahme zur Verfügung gestanden, ist darauf zu verweisen, dass beides von der Beklagten nicht gegenbeweislich angeboten wurde. Ein entsprechender Beweisantrag der Beklagten wurde vom Landgericht nicht übergangen. Zwar hatte die Klägerin eine Inaugenscheinnahme ihres Arbeitsplatzes angeboten. Diesem Beweisangebot musste das Gericht jedoch nicht nachkommen, nachdem es sich bereits aufgrund der Anhörung der Klägerin und der von ihr vorgelegten Bilder eine ausreichende Überzeugung gebildet hatte (BGH, Urteil vom 23. Juni 1987 - VI ZR 296/86 -, juris). Aber auch der Einholung des von der Beklagten beantragten berufskundlichen Sachverständigengutachtens bedurfte es nicht. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf es, wenn aus feststehenden Tatsachen kraft besonderer Fachkunde Schlussfolgerungen gezogen werden müssen, um dem Gericht die Überzeugung von der streitigen Behauptung zu verschaffen, wenn es also um die Vermittlung von Fachwissen geht. Vorliegend war jedoch schlicht tatsächlich festzustellen, wie die Tätigkeit der Klägerin in gesunden Tagen ausgestaltet war. Weder für die Feststellung, wie viele Lieferungen tatsächlich angenommen wurden und wie diese beschaffen waren, noch für die Feststellung der räumlichen Gegebenheiten oder zur Beurteilung der Frage, ob die Gebinde umgepackt werden oder Hilfsmittel eingesetzt werden können, bedarf es besonderer Sachkunde. Es handelt sich insoweit um entweder rein tatsächliche Feststellungen oder um Fragestellungen, die sich schlicht aus rein praktischen Überlegungen ergeben. Zweifel an den vom Landgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ergeben sich insoweit nicht.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"17\"/>1.3. Ebenfalls nicht zu beanstanden ist, dass das Landgericht vorliegend deshalb zur Feststellung von Berufungsunfähigkeit gekommen ist, weil es eine vollständige Einschränkung für den kompletten Wareneingang angenommen und dargelegt hat, dass ohne die Tätigkeiten beim Wareneingang eine sinnvolle Ausübung des Berufs der Klägerin nicht möglich sei, diese also derart prägend sei, dass mit ihrem Fortfallen insgesamt Berufsunfähigkeit eingetreten sei. Zwar trifft es zu, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen die Klägerin auch Pakete bis zu einem Gewicht von 15 kg heben könne, allerdings nur, wenn sie immer wieder Pausen machen könne. So könne sie 15 bis 20 Pakete verteilt auf einen Arbeitstag von 8 Stunden heben, nicht aber, wenn die Pakete in kurzer Zeit vollständig ins Lager verräumt werden müssten. Die Beklagte wendet ein, das Gericht habe keinerlei konkrete Tatsachenfeststellungen dazu getroffen, wie oft Warenlieferungen gekommen seien, in welcher Größe diese erfolgt seien und wie sich die räumlichen Gegebenheiten im Lager der Klägerin dargestellt hätten. Tatsächlich hat das Landgericht jedoch festgestellt, dass die eingehenden Waren in Gebinden, Paketen oder als Europaletten angeliefert würden. Sodann hat es im Einzelnen dargelegt, wie schwer die Pakete sind und dass die Klägerin nach den Ausführungen des Sachverständigen im Bereich Wareneingang zu 100 % berufsunfähig ist. Dies gelte auch für den Wareneingang in Paketen, da auch die Pakete aus Gebinde-Kartons bestünden, die über 10 kg wiegen würden. Die getroffenen Feststellungen tragen in nicht zu beanstandender Weise die Entscheidung des Landgerichts. Aus der von der Klägerin gefertigten detaillierten Übersicht über ihre Arbeitswoche (Bl. 78/91 d.A.) ergibt sich auch, dass die Klägerin mehrfach wöchentlich Waren geliefert bekommen hat. Der Sachverständige hat bei seiner mündlichen Anhörung klargestellt, dass es der Klägerin zumutbar ist, Lasten von 7,5 bis 20 kg kurzfristig zu heben, nicht aber diese über eine längere Strecke zu tragen oder beispielsweise vom Stapel zu heben und auf andere Stapel zu tragen. Sofern beim Wareneingang in Form von Paketen Pakete von über 7,5 kg eingehen würden, könnte sie diese nicht tragen. Damit ergibt sich aberauch nach Einschätzung des Senats - eine vollständige Berufsunfähigkeit für den Bereich des Wareneingangs.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"18\"/>Zu Recht hat das Landgericht insoweit entschieden, dass bei einem Onlinehandel ein sinnvolles Arbeitsergebnis nicht erzielt werden kann, wenn dem Versicherten die Annahme von Waren nicht mehr möglich ist und es deshalb nicht darauf ankommt, dass diese rein zeitlich bei weitem nicht die Hälfte der Arbeitszeit in Anspruch genommen hat (vgl. BGH, Urteil vom 19. Juli 2017, IV ZR 535/15, NJW-RR 2017, 1066 für den Wegfall des wöchentlichen Einkaufs von Lebensmitteln in größeren Packungen bei einer Tätigkeit als Hauswirtschafterin; BGH, Urteil vom 26. Februar 2003 - IV ZR 238/01 -, NJW-RR 2003, 673, für das Tragen der Geldmaschine bei einer Tätigkeit als selbständiger Automatenaufsteller).</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"19\"/>1.4. Auch die Einwände der Berufung gegen die Feststellung des Landgerichts, dass die Klägerin ihre Berufsunfähigkeit nicht durch Umorganisation beseitigen könne, greifen nicht durch. Der Klägerin ist eine Umorganisation nicht möglich und zumutbar.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"20\"/>Nach § 2 (1) Abs. 3 der als Anlage K 4 vorliegenden Versicherungsbedingungen legt Berufsunfähigkeit nicht vor, wenn der Versicherte in zumutbarer Weise als Selbständiger nach betrieblich sinnvoller Umorganisation ohne erheblichen Kapitaleinsatz innerhalb seines Betriebs noch eine Tätigkeit ausüben könnte, die seiner Stellung als Betriebsinhaber noch angemessen ist.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"21\"/>Der Selbständige muss daher darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass auch eine zumutbare Betriebsumorganisation keine von ihm gesundheitlich noch zu bewältigende Betätigungsmöglichkeit mehr eröffnet. Es muss sich nach der Umorganisation jedoch eine seiner bisherigen Aufgabe adäquate, zumutbare und sinnvolle Tätigkeit ergeben. Der Versicherte muss sich nicht selbst wegrationalisieren (Lücke in Prölss/Martin, VVG, 30. Auflage, § 172 VVG, Rz. 71; OLG Koblenz, r+s 2015, 304; OLG Dresden, r+s 2002, 521).</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"22\"/>1.4.1. Der Einwand der Beklagten, die Überlegungen zur Umorganisation seien schon deshalb fehlerhaft, weil sie auf falschen Feststellungen zur Belastbarkeit der Klägerin beruhten, greift im Ergebnis nicht durch. Zwar wendet die Beklagte zu Recht ein, dass der Sachverständige gerade nicht gesagt hat, dass die Klägerin Lasten über 7,5 kg nicht heben könne. Der Sachverständige hat jedoch ausgeführt, dass die Klägerin Pakete von über 7,5 kg zwar gelegentlich heben könne, in dem Sinn, dass diese kurzfristig angehoben werden könnten, allerdings sei ihr ein Tragen über längere Strecken oder auch ein Stapeln dabei nicht möglich. Die Klägerin könne die Kisten beispielsweise nicht von einem Stapel heben und wiederum auf andere Stapel tragen. Dies sei bei einer Last über 7,5 kg nicht zumutbar. Es handele sich bei der Erkrankung der Klägerin um eine degenerative Erkrankung. Wenn die Klägerin lediglich 3-4 Kisten mal von links nach rechts rücke, ergäbe sich daraus noch keine dauerhafte Verschlechterung. Aber solange sie dies über einen längeren Zeitraum machen müsse, sei mit einer Verschlechterung auch in besseren Phasen zu rechnen. Um eine angekommene Lieferung in das Lager zu räumen reicht jedoch ein kurzes Anheben der Kisten nicht aus, sondern ist es gerade erforderlich, diese von einem Stapel zu heben und auf einen anderen Stapel zu tragen. Eben darauf bezieht sich ersichtlich die Formulierung des Landgerichts, dass die Klägerin Lasten über 7,5 kg nicht heben oder tragen könne.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"23\"/>1.4.2. Vorliegend stellt sich die besondere Situation, dass die Klägerin ihren Online-Handel in gesunden Tagen alleine betrieben hat. Eine Delegation dergestalt, dass der Betriebsinhaber gesundheitlich nicht mehr durchführbaren Aufgaben auf Mitarbeiter delegiert und gleichzeitig nicht belastende Tätigkeit, die zuvor von Mitarbeitern ausgeführt wurden, nun selbst übernimmt, ist hier nicht möglich.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"24\"/>1.4.3. Zu Recht hat das Landgericht aber auch die Einstellung eines Mitarbeiters zur Durchführung derjenigen Lagerarbeiten, die der Klägerin nicht mehr - oder nur unter Einschränkungen - möglich sind, für nicht zumutbar gehalten. Dabei kann dahinstehen, ob die ab 2014 gestiegenen Mietkosten bei den Überlegungen zur Zumutbarkeit mit berücksichtigt werden konnten. Die Einstellung eines Mitarbeiters für die Lagerarbeiten ist bereits aus folgenden Gründen nicht zumutbar:</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"25\"/>Im vorliegenden Fall kann schon deshalb nicht von einer „betrieblich sinnvollen Umorganisation“ ausgegangen werden, weil die Klägerin, als vormals allein arbeitende Selbständige, bei Einstellung eines Mitarbeiters wesentliche Teile ihrer eigenen Arbeiten auf den neu einzustellenden Mitarbeiter übertragen müsste, ohne dass sich andere Tätigkeitsmöglichkeiten für sie ergeben würden (vgl. zur Einstellung eines neuen Mitarbeiters auch OLG Frankfurt, Urteil vom 09. Februar 2000 - 7 U 46/98 -, juris und Prölss/Martin, VVG, 31. Auflage, § 172 VVG, Rz. 71, wonach bei Kleinstbetrieben eine Umorganisation fast immer ausscheidet). Jedenfalls würde die Einstellung eines Mitarbeiters, der Teile der von der Klägerin zuvor selbst ausgeführten Tätigkeiten übernähme, unmittelbar dazu führen, dass der Gewinn der Klägerin um die insoweit anfallenden Personalkosten geschmälert würde (wie tatsächlich auch geschehen). Dabei kann nicht - wie die Beklagte meint - auf das Verhältnis zum Umsatz abgestellt werden, sondern ist vielmehr maßgeblich, welchen Einfluss die zusätzlichen Kosten auf den Gewinn hätten, da nur dieser das wirtschaftliche Ergebnis des Betriebs abbildet. Eine Umorganisation ist jedoch nur dann zumutbar, wenn sie ohne nennenswerte Einkommenseinbuße möglich ist (Lücke, in Prölss/Martin, VVG, 30. Auflage, § 172 VVG, Rz. 70). Bezogen auf das Jahr 2012, in dem die Klägerin einen Gewinn von 43.699 € erwirtschaftet hat, würde bereits die Einstellung nur einer 450,- €-Kraft den Gewinn um 12,35 % schmälern und wäre daher nicht ohne nennenswerte Einkommenseinbuße möglich. Tatsächlich würde überdies die Einstellung nur einer 450,- €-Kraft nicht ausreichen, um die Lagertätigkeiten zu bewältigen. Dies schon deshalb, weil eine solche Kraft nur etwas über 10 Stunden pro Woche arbeitet, die Lagertätigkeit aber über 15 Stunden pro Woche umfasst. Vor allem aber bildeten im vorliegenden Fall die für die Klägerin nicht mehr ohne Einschränkung ausführbaren Lagerarbeiten (Warenannahme und Versand) einen Teil eines Gesamtvorgangs, bei dem Klägerin in gesunden Tagen zunächst sämtliche Bestellungen per EDV erfasst, die Rechnungen erstellt und den Versand vorbereitet hat und sodann die entsprechenden Pakete gepackt hat. Dabei ergibt sich denknotwendig, dass der Umfang der täglich erforderlichen Versandarbeiten von dem - von der Klägerin nicht zu steuernden - Umfang der Auftragseingänge und das Auspacken und Einlagern neuer Waren vom Eingang der Lieferungen abhängig war. Es handelte sich also nicht um eine in ihrem Umfang immer gleiche und zeitlich planbare Teiltätigkeit (wie z.B. das wöchentliche Erledigen eines Einkaufs), so dass ein Mitarbeiter zwangsläufig in einem größeren zeitlichen Rahmen zur Verfügung stehen müsste, als tatsächlich Aufgaben vorhanden wären. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die Einstellung eines Mitarbeiters für die Lagerarbeiten nicht als wirtschaftlich sinnvolle Umorganisationsmaßnahme angesehen werden.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"26\"/>Zwar macht die Beklagte zu Recht geltend, dass die fortgesetzte Fortführung des Online-Handels durch die Klägerin grundsätzlich gegen eine Berufsunfähigkeit spricht. Jedoch zeigen die vorgelegten Steuerbescheide (Anlage B4 und B5) und Einnahmen-Überschussrechnungen (Anlagen K55-57 und K 47), dass der Einsatz des Personals - unabhängig von den Mietkosten - zu keinem wirtschaftlich sinnvollen Betriebsergebnis mehr geführt hat. So hat die Klägerin im Jahr 2013 noch Einnahmen von 46.291,- € generieren können, in den Jahren 2014, 2015, 2016 und 2017 sind (bei Personalkosten von 7.498,92 €, 8.193,63 €, 9.682,64 € und 12.194,07€) die ausgewiesenen Gewinne jedoch auf 16.279,57 €, 17.971,85 €, 8.250,61 € und -7.143,03 € gesunken. Soweit die Klägerin - wie sie selbst angibt - im Jahr 2013 trotz bestehender Schmerzen noch weitergearbeitet hat, führt dies nicht dazu, dass damit die Voraussetzungen der Berufsunfähigkeit zu verneinen seien, da ein überobligatorisches Arbeiten trotz bestehender Schmerzen und zum Nachteil der eigenen Gesundheit die Berufsunfähigkeit nicht entfallen lässt. Der Sachverständige hat auch für das Jahr 2013 bereits eine vollständige Einschränkung beim Heben, Tragen und Stapeln von Gewichten von über 7,5 kg als gegeben angesehen.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"27\"/>1.4.4. Zu Recht hat das Landgericht auch die anderen von der Beklagten angesprochenen Umorganisationsmaßnahmen als nicht möglich bzw. zumutbar angesehen. Es hat sich in nicht zu beanstandender Weise aufgrund der Angaben der Klägerin in der mündlichen Handlung und der vorgelegten Lichtbilder die Überzeugung gebildet, dass die Verwendung von technischen Hilfsmitteln, wie einer Sackkarre, aufgrund der örtlichen Gegebenheiten (Stufe am Eingang und Enge im Lagerraum) nicht möglich ist, zumal die Sackkarre auch nicht hilft, um Kartons in die Höhe zu stapeln. Für die Annahme, dass die Anmietung eines erheblich größeren Lagerraums (um ein in die Höhe Stapeln zu vermeiden) zusätzliche hohe Mietausgaben begründet hätte, bedurfte es keiner besonderen Sachkunde. Dass die Mietpreise in München generell und die gewerblichen Mieten zumal sehr hoch sind, ist allgemein bekannt. Auch dass es nicht möglich ist, ankommende Lieferung zeitlich versetzt im Lager zu verstauen und in der Zwischenzeit den Lieferwagen warten bzw. die (hochpreisigen) Waren vor dem Lager im Freien am Straßenrand stehen zu lassen, liegt auf der Hand und bedarf keiner weiteren Begründung.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"28\"/>2. Die Berufung der Klägerin hat Erfolg. Die von der Klägerin begehrte Feststellung, dass die Beklagte ihr eine Überschussbeteiligung in Form eines Rentezuwachses zusätzlich zur Berufsunfähigkeitsrente zu zahlen habe, sofern die Beklagte Überschüsse erwirtschaftet hat, ist zu treffen.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"29\"/>2.1. Eine solche Überschussbeteiligung in Form eines Rentezuwachses ist in dem als Anlage K1 vorgelegten Versicherungsschein, dort zur Berufsunfähigkeitszusatzversicherung (Seite 3), vorgesehen. Dort heißt es:</p>\n\t\t\t\t\t<p>„Überschussverwendung</p>\n\t\t\t\t\t<p>(…)</p>\n\t\t\t\t\t<p>nach Eintritt der Berufsunfähigkeit</p>\n\t\t\t\t\t<p>für die Beitragsbefreiung Einrechnung i.d. Hauptversicherung</p>\n\t\t\t\t\t<p>für die Rente: Rentenzuwachs“</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"30\"/>2.2. Entsprechend ist in § 11 letzter Absatz der als Anlage K4 vorgelegten Bedingungen für die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung in Verbindung mit einer fondsgebundenen Basisrentenversicherung (Tarif BZ 21) unter der Überschrift „Wie ist die Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung am Überschuss beteiligt?“ geregelt, dass während der Leistungszeit der jährliche Überschussanteil für die Erhöhung der Berufsunfähigkeitsleistungen verwendet wird. Dadurch ergäbe sich eine steigende Leistung (Rentenzuwachs). Dieser werde erstmals - gegebenenfalls anteilig - zu Beginn des nach Eintritt der Berufsunfähigkeit folgenden Versicherungsjahres zugeteilt und getrennt für die Beitragsbefreiung und für die ggf. mitversicherte Rente ermittelt. Der Rentenzuwachs, der auf die Beitragsbefreiung entfalle, werde in die Hauptversicherung eingerechnet und erhöhe das Fondsguthaben der Hauptversicherung, während der Rentenzuwachs, der auf die mitversicherte Rente entfalle, zusammen mit der Rente in gleichen Raten ausgezahlt werde. Daraus ergibt sich, wie von der Klägerin geltend gemacht, dass ihr - sofern Überschüsse erwirtschaftet wurden - eine Überschussbeteiligung in Form eines Rentenzuwachses zusteht, der zusammen mit der Rente auszuzahlen ist.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"31\"/>2.3. Von der Überschussbeteiligung zu unterscheiden ist die auf der sechsten Seite des Versicherungsscheins (bzw. in § 5 der als Anlage B2 vorgelegten Zusatzbedingungen für die fondsgebundene Basisrentenversicherung mit Dynamik nach Modus P) vorgesehene Dynamik, bei der der Beitrag jährlich zu Beginn des Versicherungsjahres um 5 % des Vorjahresbeitrags erhöht wird. Insoweit ist im letzten Absatz des Abschnitts Dynamik im Versicherungsschein geregelt, dass während der Leistungspflicht der Berufsunfähigkeit-Zusatzversicherung sich die versicherten Leistungen weiter erhöhen, dies jedoch mit Ausnahme der Berufsunfähigkeitsrente. Die von der Klägerin mit dem ursprünglichen Klageantrag V geltend gemachte und mit der Berufung weiter verfolgte Feststellung bezieht sich jedoch auf die Überschussbeteiligung nicht auf die Dynamik.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"32\"/>2.4. Im Schreiben vom 10.03.2016 (Anlage K5), in dem die Beklagte die Klägerin über die aktuelle Höhe der monatlichen Berufsunfähigkeitsrente informiert hat, hat auch die Beklagte mitgeteilt, dass sich die angegebene Leistung zusätzlich um den Rentenzuwachs nach Eintritt der Berufsunfähigkeit zu Beginn des nächsten Versicherungsjahres (01.12.2013) erhöhe. In der Berufungsinstanz hat sie ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung (Schriftsatz vom 18.05.2021, Bl. 310 d.A.) damit begründet, dass der Anspruch nicht bestehe, weil der Nachweis bedingungsgemäßer Berufsunfähigkeit nicht geführt sei. Da - wie oben dargelegt - das Landgericht den Nachweis jedoch zu Recht als geführt angesehen hat, steht auch dies dem Anspruch der Klägerin auf den Rentenzuwachs nicht entgegen.</p>\n\t\t\t\t\t<p>III.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"33\"/>Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.</p>\n\t\t\t\t\t<p><rd nr=\"34\"/>Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen, § 543 Abs. 2 ZPO. Die hier maßgebliche Frage, ob der Nachweis einer bedingungsgemäßen Berufsunfähigkeit gelungen ist, unterliegt alleine einer Beurteilung im Einzelfall.</p>\n\t\t\t\t\t<p>Verkündet am 13.10.2022</p>\n\t\t\t\t</div>\n\t\t\t"
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In Umsetzung dieser Entscheidung widerrief der Oberbürgermeister der Beklagten gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 17. September 2018 unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die oben genannte Zuweisung der sieben Standplätze in Halle 0 des Großmarktes zum 31. Dezember 2018. Dem hiergegen von der Klägerin seinerzeit gestellten Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (3 L 2854/18) gab die Kammer durch Beschluss vom 27. November 2018 wegen mangelnder Vereinbarkeit des Widerrufes und des ihm zu Grunde liegenden Ratsbeschlusses mit höherrangigem Recht in Gestalt der durch das Bundesverwaltungsgericht in seinem „Weihnachtsmarkturteil“ vom 27. Mai 2009 (8 C 10.08) zu Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG erarbeiteten Grundsätze statt. Gegen diesen sowie gegen eine Parallelentscheidung der Kammer legte die Beklagte keine Rechtsmittel ein. Vielmehr verfolgte sie das Ziel eines zukunftsfähigen Großmarktes in Eigenregie der Händlerinnen und Händler in zahlreichen Verhandlungsgesprächen zunächst weiter, verwarf es jedoch, als sich abzeichnete, dass eine Lösung auf der Basis eines breiten Konsenses aussichtslos erschien. Sie setzte den Ratsbeschluss von 2018 nicht um, sondern hob die gerichtlich angegriffenen Widerrufsbescheide im April 2021 allesamt auf; die zahlreichen Klageverfahren wurden einschließlich des der Klägerin (3 K 7827/18) übereinstimmend für erledigt erklärt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Im Folgenden prüfte die Beklagte die Optionen „Fortführung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt“ und „Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt“ (ohne Möglichkeit der Weiterführung durch die Großmarkthändlerinnen und -händler in Eigenregie im Anschluss an die Auflösung). Am 1. Juli 2021 entschied sich der Rat der Beklagten für die zweite Option und beschloss die Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt zum 31. Dezember 2024. Zur Begründung wurde in der Beschlussvorlage (XXX/000/2021) insbesondere die ineffiziente Struktur auf dem Großmarktgelände, die nicht mehr heutigen Maßstäben der Flächennutzung entspreche, ein enormer Investitionsbedarf bzw. hoher Sanierungsaufwand und ein hohes Defizit angeführt; ferner sei mit einzubeziehen, dass das Großmarktgelände als eine der wenigen großen, zusammenhängen und attraktiven Flächen im Stadtgebiet einer neuen und sinnvolleren Nutzung zugeführt werden solle. Der Großmarkt sei für die Versorgung der Düsseldorfer Bürgerinnen und Bürger auch nicht unabdingbar, denn seine Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge habe er längst verloren. In Umsetzung dieses Ratsbeschlusses widerrief der Oberbürgermeister der Beklagten mit Bescheid vom 16. November 2021 die Zuweisungen für die Stände Nr. 00 bis 00 in der Halle 0 des Großmarktes zum 31. Dezember 2024 (Ziffer 1), ordnete die Räumung und saubere Zur-Verfügung-Stellung der Flächen zu diesem Zeitpunkt (Ziffer 2) und drohte widrigenfalls die Durchführung im Wege der Ersatzvornahme bei vorläufig veranschlagten Kosten in Höhe von 3.000,00 Euro (Ziffer 3) an. Sie stützte den Widerruf auf § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG NRW: § 6 Abs. 4 Großmarktsatzung (GMS) lasse den Widerruf aus sachlich gerechtfertigtem Grund zu; ebenso sei in der Zuweisung ein Widerruf vorbehalten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen den Bescheid vom 16. November 2021 hat die Klägerin am 22. November 2021 Klage erhoben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">Zu deren Begründung führt sie im Wesentlichen an, dass es an einem „sachlich gerechtfertigten Grund“ im Sinne von § 6 Abs. 4 GMS fehle, weil die Vorschrift nur „bauliche Änderungen“ zu Gunsten der öffentlichen Einrichtung Großmarkt, nicht aber Baumaßnahmen Privater erfasse, zu deren Umsetzung die öffentliche Einrichtung aufgelöst werden müsse.Überdies sei die Entscheidung, den Großmarkt als öffentliche Einrichtung zum 31. Dezember 2024 aufzulösen, mit höherrangigem Recht nicht vereinbar. Erneut habe die Beklagte insoweit das in Art. 28 Abs. 2 GG wurzelnde Gebot der Sicherung und Wahrung des Aufgabenbestandes der Gemeinden missachtet. Das „Weihnachtsmarkturteil“ des Bundesverwaltungsgerichts gelte nicht nur für die materielle Privatisierung öffentlicher Einrichtungen, sondern erst recht für deren vollständige Auflösung, wie sie die Beklagte hier verfolge. Auch seien nicht nur Einrichtungen erfasst, die – kumulativ – sozial, kulturell oder traditionell geprägt seien, sondern es genüge zur Anerkennung einer grundsätzlichen Aufgabenwahrnehmungspflicht, wenn die von der Gemeinde geschaffene öffentliche Einrichtung – alternativ – sozial, kulturell oder traditionell geprägt sei. Dass es sich bei dem Großmarkt Düsseldorf um eine derartige öffentliche Einrichtung im Sinne des „Weihnachtsmarkturteils“ und eben nicht um eine ausschließlich wirtschaftliche Betätigung der Beklagten handele, habe die Kammer im November 2018 völlig zu Recht festgestellt; maßgebliche Änderungen hätten sich in den Jahren danach nicht ergeben. Zudem habe die Beklagte im Rahmen ihrer Auflösungsentscheidung die berechtigten Interessen der Händler und Marktbeschicker völlig außer Acht gelassen.Jedenfalls sei der Widerruf – noch dazu innerhalb einer so kurz bemessenen Frist – ermessensfehlerhaft, weil dessen existenzbedrohende Wirkung für die Klägerin nicht hinreichend berücksichtigt worden sei.Könne der Widerruf mithin offensichtlich keinen Bestand haben, so gelte dies auch für die Räumungsanordnung, zumal die Voraussetzungen des § 6 Abs. 5 GMS nicht erfüllt seien. Die Androhung der Ersatzvornahme sei schon deshalb rechtsfehlerhaft, weil ihr – der Klägerin – nicht nur vertretbare Handlungen aufgegeben worden seien.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klägerin beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>den Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten über den Widerruf der Zuweisung von Großmarktflächen vom 16. November 2021 aufzuheben.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beklagte beantragt,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>die Klage abzuweisen.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">Sie verteidigt die Entscheidung ihres Rates vom 1. Juli 2021 und den diese umsetzenden Widerrufsbescheid ihres Oberbürgermeisters:Die Argumentation der Klägerin zu § 6 Abs. 4 GMS sei ein Zirkelschluss, denn in der dortigen Nummer 2 stünden die öffentlichen Zwecke sprachlich dem Großmarkt gegenüber und sollten ihn ersetzen und nicht ihm dienen. Das in dem Ratsbeschluss dargestellte Ziel, das Großmarktgelände neuen Planungen zugänglich zu machen, stelle sich als Vorhaben der Stadtentwicklung und damit eindeutig als öffentlicher Zweck dar. Hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass die Aufzählung in § 6 Abs. 4 GMS nicht abschließend sei und die Auflösung des Großmarktes jedenfalls einen ungeschriebenen Widerrufsgrund darstelle.Das „Weihnachtsmarkturteil“ stehe dem Ratsbeschluss zur Auflösung sowie dem streitgegenständlichen Widerrufsbescheid nicht entgegen. Der Großmarkt sei keine öffentliche Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund im Sinne der höchstrichterlichen Entscheidung. Hinsichtlich der Umschreibungen des Bundesverwaltungsgerichts „gemeinschaftsbezogene Gemeinwohlbelange“, das „örtliche Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Gemeindebürgern“ und die „Förderung der Kontakte der Gemeindebürger untereinander“ sei vielmehr zu betonen, dass dem Großmarkt eine solche Funktion nicht zukomme. Dieser sei ein abgeschlossenes Gelände, zu dem allein zugelassene Händlerinnen und Händler sowie gewerbliche Großmarktkundinnen und -kunden Zutritt erhielten. Der Handel beginne nach Mitternacht und ende in den frühen Morgenstunden. Der Großmarktbetrieb finde damit unter weitgehendem Ausschluss der Gemeindebürgerinnen und -bürger statt und besitze damit weder kulturelle, soziale oder traditionsbildende Funktion für die örtliche Gemeinschaft, noch diene er in irgendeiner Weise der Förderung der Kontakte der Gemeindebürger untereinander oder stelle sich als sozial und kulturell prägend dar. Er stelle, auch im Sinne des § 107 GO NRW, eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde dar, in dem er allein als Markt und damit als Ort des Warenaustauschs diene. Die Bedeutung des Großmarktes habe sich gewandelt: Er habe sich von der Daseinsvorsorgeeinrichtung zu einem reinen Handelsplatz entwickelt, der in Konkurrenz zur Vielzahl anderer Anbieter stehe. Nicht zuletzt als Folge der Digitalisierung sei die Ortsnähe für die Versorgung der örtlichen Bevölkerung nicht mehr notwendig. Hinzu komme, dass ein erheblicher Anteil der Großmarktkunden gar nicht aus Düsseldorf, sondern aus der näheren und weiteren Umgebung stamme. Gerade wegen dieser mit einer rückläufigen Nachfrage einhergehenden Entwicklung hätten diverse Händler selbst die Umstrukturierung des Großmarktes gewollt. Die Anwendung der im „Weihnachtsmarkturteil“ entwickelten Grundsätze scheitere überdies an einer fehlenden Fortführung des Großmarktes. Die von diesem als unzulässig erachtete Konstellation einer materiellen Privatisierung liege gerade nicht vor. Die Sorge des Gerichts gelte einer aus seiner Sicht potentiell schädlichen Kommerzialisierung der öffentlichen Einrichtung, nicht hingegen deren reinem Fortbestand. In diesem Zusammenhang sei das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 26. September 2011 (Au 7 K 10.1951) zu nennen, mit dem sich die Kammer auch in ihrem Beschluss von November 2018 befasst habe. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts müsse auch so einschränkend verstanden und könne auf keinen Fall auch auf andere Konstellationen wie die ersatzlose Auflösung einer öffentlichen Einrichtung erweitert werden. Die kritischen Literaturstimmen zeigten, dass die vom Senat erkannte Figur der Selbstverwaltungspflicht nur in sehr engen Grenzen angewendet werden könne. Das von der Klägerin nahegelegte Verständnis würde die Pervertierung des Selbstverwaltungsrechts bedeuten. Denn die Verwaltung der Gemeinde richte sich allein nach dem Willen der Bürgerschaft, die wiederum durch den demokratisch gewählten Rat vertreten werde. Soweit also keine schutzwürdigen Individualrechtspositionen der Auflösung der freiwilligen öffentlichen Einrichtung Großmarkt entgegenstünden, sei nicht ersichtlich, warum eine andere Instanz als ebendieser Rat, seien es Händlerinnen und Händler, ein Gericht oder eine staatliche Stelle, über diese Auflösung entscheiden und sie – die Beklagte – damit entgegen dem Willen der Bürgerschaft auf ewig an den Betrieb des Großmarktes binden solle. Auch sei keine Verdichtung von einer freiwilligen zu einer pflichtigen Einrichtung erfolgt, zumal die Grundversorgung der Bevölkerung auch nach Schließung des Großmarktes nicht gefährdet sei, wie ein Blick in die umliegenden Städte zeige, welche keine kommunalen Großmärkte bereithielten und deren Bevölkerung gleichwohl keinen Hunger leiden müsse. Ermessensfehler hafteten weder dem Ratsbeschluss noch dem streitgegenständlichen Widerrufsbescheid an. Denn die Interessen der wirtschaftlich tätigen Händlerinnen und Händler seien jeweils in die Abwägung eingestellt worden. Dem Rat komme bei der Entscheidung über die Auflösung einer freiwilligen Einrichtung ein sehr weiter Ermessensspielraum zu. Es gebe weder ein schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand des Großmarktes noch einen individuellen Vertrauensschutz im Hinblick auf Investitionen in den Aus- oder Umbau des Standes. Schließlich zeige auch ein Vergleich mit zivilrechtlichen Gewerbemietverhältnissen und der dort üblichen Kündigungsfrist von maximal 12 Monaten, dass die Widerrufsfrist keinesfalls als unverhältnismäßig eingestuft werden könne.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte – insbesondere auch auf das Protokoll des am 16. August 2022 durchgeführten Erörterungstermins – nebst der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten (einschließlich der „Ratsunterlagen“) Bezug genommen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Entscheidungsgründe:</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung durch den (Vorsitzenden als) Berichterstatter entscheiden, weil die Beteiligten sich in dem oben genannten Erörterungstermin jeweils hiermit (gemäß §§ 101 Abs. 2, 87a Abs. 2 und 3 VwGO) einverstanden erklärt haben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die Klage hat Erfolg.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Sie ist als Anfechtungsklage im Sinne des § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO zulässig und auch begründet; der Bescheid des Oberbürgermeisters der Beklagten über den Widerruf der Zuweisung von Großmarktflächen vom 16. November 2021 ist rechtwidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">18</span><p class=\"absatzLinks\">Der in Ziffer 1. des angegriffenen – zugleich den maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt markierenden – Bescheides vorgenannten Datums enthaltene Widerruf der Zuweisung von  sieben Standplätzen in Halle 8 des Großmarktes ist – ebenso wie der diesem zu Grunde liegende Beschluss des Rates der Landeshauptstadt Düsseldorf vom 1. Juli 2021 über die Auflösung der öffentlichen Einrichtung Großmarkt (zum 31. Dezember 2024) – mit höherrangigem Recht nicht vereinbar.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">19</span><p class=\"absatzLinks\">Wie bereits 2018 bei der Umstrukturierungsentscheidung liegt bei der nunmehrigen Auflösungsentscheidung wiederum ein Verstoß gegen die aus der Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) abgeleiteten Grundsätze vor, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „Weihnachtsmarkturteil“ (vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris) aufgestellt hat. Demnach sind die Gemeinden durch die Selbstverwaltungsgarantie nicht nur vor staatlichen Eingriffen in ihren Aufgabenbereich geschützt, sondern aus der Verfassungsnorm folgt auch eine Bindung der Gemeinden in Bezug auf die Aufrechterhaltung ihres Aufgabenbestandes, wenn dieser in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft wurzelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">20</span><p class=\"absatzLinks\">Bei dem Großmarkt der Beklagten handelt es sich um eine „öffentliche Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund“ im Sinne der vorgenannten höchstrichterlichen Entscheidung und nicht um eine primär wirtschaftliche Betätigung, bei der „eine verfassungsrechtliche Aufgabenverpflichtung der Gemeinden bereits tatbestandlich ausscheiden“ soll.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">21</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Stepanek, Diss. Würzburg 2013, Verfassungsunmittelbare Pflichtaufgaben der Gemeinden, Berlin 2014, S. 22 f.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">22</span><p class=\"absatzLinks\">Hierzu hat die Kammer bereits in ihrem Beschluss vom 27. November 2018 in dem vorläufigen Rechtsschutzverfahren selbigen Rubrums Folgendes ausgeführt:</p>\n<span class=\"absatzRechts\">23</span><p class=\"absatzLinks\">„(…) Denn bei dem seit 1936 existierenden Großmarkt der Antragsgegnerin (vgl. die auf §§ 69 RGewO und 58 Abs. b PolVwG PR gestützte Marktordnung vom 15. Juni 1936) handelt es sich nach der bisherigen Konzeption um eine kommunale öffentliche Einrichtung im Sinne von § 8 GO NRW (vgl. auch § 1 der Großmarktsatzung). Bereits in ihrer Widerrufsverfügung (…) weist die Antragsgegnerin zutreffend darauf hin, dass es sich bei einem Großmarkt – anders als beispielsweise bei Schulen und Friedhöfen – nicht um eine Pflichtaufgabe handelt, d. h. eine Kommune eine derartige öffentliche Einrichtung „zur wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Betreuung ihrer Einwohner“ im Sinne von § 8 Abs. 1 GO NRW nicht schaffen muss. Entgegen der (bereits in der Widerrufsverfügung) zum Ausdruck gebrachten Annahme der Antragsgegnerin folgt hieraus aber nicht, dass eine Gemeinde (unbeschränkt) über die Abschaffung bzw. Privatisierung eines Großmarktes entscheiden kann. Vielmehr sind dabei die aus der bundesverfassungsrechtlichen Garantie der kommunalen Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) abgeleiteten Grundsätze zu beachten, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem sogenannten „Weihnachtsmarkturteil“ aufgestellt hat. Nach dieser Entscheidung steht es nicht im freien Ermessen der Gemeinde, „freie Selbstverwaltungsangelegenheiten“ zu übernehmen oder sich auch jeder Zeit wieder dieser Aufgaben zu entledigen. Gehören Aufgaben zu den Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises, so darf sich die Gemeinde im Interesse einer wirksamen Wahrnehmung dieses örtlichen Wirkungskreises, der ausschließlich der Gemeinde, letztlich zum Wohle der Gemeindeangehörigen, anvertraut ist, nicht ihrer gemeinwohlorientierten Handlungsspielräume begeben. Der Gemeinde steht es damit nicht grundsätzlich zu, sich ohne Weiteres der Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft zu entledigen. Andernfalls hätten es die Gemeinden selbst in der Hand, den Inhalt der kommunalen Selbstverwaltung durch Abstoßen oder Nichtwahrnehmung ihrer ureigenen Aufgaben auszuhöhlen. Um ein Unterlaufen des ihr anvertrauten Aufgabenbereichs zu verhindern, muss sich die Gemeinde grundsätzlich zumindest Einwirkungs- und Steuerungsmöglichkeiten vorbehalten, wenn sie die Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises anderen übertragen will. Sie kann sich damit nicht ihres genuinen Verantwortungsbereichs für die Wahrnehmung ihrer Angelegenheiten des örtlichen Wirkungskreises entziehen. Will sie Dritte bei der Verwaltung bestimmter Bereiche ihres eigenen Aufgabenbereichs einschalten, die gerade das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betreffen, so muss sie ihren Einflussbereich über die Entscheidung etwa über die Zulassung im Grundsatz behalten. Der Gemeinde ist es verwehrt, gewissermaßen den Inhalt der Selbstverwaltungsaufgaben selbst zu beschneiden oder an Dritte abzugeben.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">24</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 29.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">25</span><p class=\"absatzLinks\">(…)</p>\n<span class=\"absatzRechts\">26</span><p class=\"absatzLinks\">Die Geltung der im „Weihnachtsmarkturteil“ aufgestellten Grundsätze kann entgegen der Ausführungen in der angegriffenen Widerrufsverfügung (…) und der Argumentation der Antragsgegnerin in dem vorliegenden Verfahren (…) auch nicht unter Verweis auf die „wirtschaftliche Funktion“, die „rein wirtschaftlichen Belange“, die „vorrangige wirtschaftliche Betätigung“ bzw. die „Subsidiaritätsklausel des § 107 Abs. 1 GO NRW“ in Abrede gestellt werden. Denn das Bundesverwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung deutlich gemacht, dass die Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes für öffentliche Einrichtungen mit kulturellem, sozialen und traditionsbildenden Hintergrund gilt, die schon lange Zeit in der bisherigen kommunalen Alleinverantwortung lagen. Nur wenn es allein um eine wirtschaftliche Betätigung der Gemeinde geht, bei der von vornherein zweifelhaft sein kann, ob es sich um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft handelt, die das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der politischen Gemeinschaft betrifft, so ist die Frage einer Pflicht der gemeindlichen Wahrung und Sicherung ihres eigenen Aufgabenbestandes nach Auffassung des 8. Senats anders zu beantworten.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">27</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 30.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">28</span><p class=\"absatzLinks\">Bei dem Großmarkt Düsseldorf handelt es sich nicht um eine derartige allein wirtschaftliche Betätigung, sondern um eine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft im Sinne von Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG. Dies sind nach dem „Rastede-Beschluss“ des Bundesverfassungsgerichts diejenigen Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und Zusammenwohnen der Menschen in der (politischen) Gemeinde betreffen; auf die Verwaltungskraft der Gemeinde kommt es hierfür nicht an.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">29</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. November 1988 - 2 BvR 1619/83 u. a. -, juris, Ls. 4 und Rn. 59.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">30</span><p class=\"absatzLinks\">Die Antragstellerin hat hierzu in ihrer Antragsbegründung überzeugend ausgeführt, dass die Antragsgegnerin mit dem Großmarkt ihre hoheitliche Aufgabe erfülle, die Versorgung der Bevölkerung und örtlichen Unternehmen mit hochwertigen, gesunden und frischen Lebensmitteln (vorrangig Obst und Gemüse) sicherzustellen und darüber hinaus Düsseldorf als attraktiven Standort für den Handel, das Handwerk, die Produktion und den Gastronomiebedarf zu stärken. Der Großmarkt führe Erzeuger, Großhandel und mittelständischen Lebensmitteleinzelhandel sowie die Gastronomie und die Wochenmarktbeschicker zum Vorteil der Verbraucher regional zusammen und gewährleiste darüber hinaus eine transparente Preisgestaltung. Es handele sich mithin um eine Einrichtung mit stark sozial geprägtem Hintergrund im Rahmen der kommunalen Daseinsvorsorge. Dieser Bewertung ist beizupflichten. Hinzu kommt der vom Bundesverwaltungsgericht betonte Gesichtspunkt der „traditionellen Prägung“.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">31</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 31.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">32</span><p class=\"absatzLinks\">Denn immerhin gehört der Großmarkt seit über achtzig Jahren zum Aufgabenbestand der (jetzigen) Landeshauptstadt, die sich gern ihrer hochwertigen und vielfältigen Gastronomie rühmt. Der Versuch der Antragsgegnerin, den Großmarkt unter Hinweis auf den Bedeutungswandel zu einem rein wirtschaftlichen Belang herabzustufen, verfängt nicht, zumal das von ihr zum Beleg herangezogene (recht aktuelle) Gutachten der Firma Belius (…) die Bedeutung der Großmärkte auch als Versorgungsfaktor (und nicht nur als Wirtschaftsfaktor) als Ergebnis festhält. Dass nicht nur die Düsseldorfer Gastronomie, sondern auch die über die Stadtgrenze hinaus seitens des Großmarktes beliefert wird, deckt sich mit dem Befund der überregionalen Bedeutung der Großmärkte in dem vorgenannten Gutachten und unterstreicht den immensen – einer Einrichtung des Messe- und Ausstellungswesens im Sinne von § 107 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 GO NRW ähnlichen – Standortfaktor, entkoppelt diese Einrichtung aber nicht von der örtlichen Gemeinschaft.“</p>\n<span class=\"absatzRechts\">33</span><p class=\"absatzLinks\">An dieser für den seinerzeitigen Zeitpunkt im dritten Quartal des Jahres 2018 vorgenommenen Einstufung hält die Kammer ungeachtet vereinzelter Kritik in der Rechtsprechung,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">34</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. den stark von hauptstädtischem Impetus getragenen Beschluss des VG Berlin vom 17. Juni 2020 - 4 L 171/20 -, juris, Rn. 24,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">35</span><p class=\"absatzLinks\">und insbesondere auch angesichts des Vorbringens der Beklagten für den jetzt maßgeblichen Zeitpunkt im zweiten Halbjahr des Jahres 2021 (und darüber hinaus bis zum aktuellen Datum) fest.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">36</span><p class=\"absatzLinks\">Entgegen der von der Klägerin in ihrem jüngsten Schriftsatz geäußerten Auffassung geht sie – die Kammer – dabei davon aus, dass die vom Bundesverwaltungsgericht in dem „Weihnachtsmarkturteil“ formulierte verfassungsrechtliche Aufgabenverpflichtung der Gemeinden (nur) für solche öffentliche Einrichtungen gilt, die kumulativ einen kulturellen, sozialen und traditionsbildenden Hintergrund aufweisen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">37</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Sing, Diss. Würzburg 2018, Zulässigkeit der Privatisierung öffentlicher Einrichtungen mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund am Beispiel der Privatisierung eines Weihnachtsmarktes, München 2019, S. 226 und 265.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">38</span><p class=\"absatzLinks\">Dass die genannten Merkmale jeweils nicht im Sinne einer mathematisierenden Betrachtungsweise zu gleichen „Anteilen“ erfüllt sein müssen, versteht sich angesichts der Vielgestaltigkeit der gemeindlichen öffentlichen Einrichtungen von selbst und bedarf keiner weiteren Darlegung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">39</span><p class=\"absatzLinks\">Dies vorausgeschickt vermochte und vermag dem Großmarkt der Beklagten der Charakter einer öffentlichen Einrichtung mit kulturellem, sozialem und traditionsbildendem Hintergrund nicht abgesprochen zu werden: Zunächst ist zu betonen, dass auch die Beklagte die (ihrer Auffassung nach ehemalige) Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge ausweislich der maßgeblichen Beschlussvorlage (dort Seite 5 oben) und ihrer Ausführungen im Erörterungstermin – der Großmarkt sei vor fünfundachtzig Jahren eine Maßnahme der Stadthygiene und ein geordneter Rahmen für die Versorgung der Bevölkerung durch den deutlich regionalen Handel (auch in schwierigen Zeiten) gewesen – anerkennt. Dass die mehr als acht Jahrzehnte existierende öffentliche Einrichtung Großmarkt Düsseldorf in dieser Zeit einen gewissen Bedeutungswandel erfahren hat (und weiter erfährt) stellt die Kammer nicht in Frage; die Dimension dieses Bedeutungswandels bleibt jedoch unscharf, zumal auch die Beklagte im Erörterungstermin eingeräumt hat, dass der Großmarkt sicherlich immer noch einen Anteil „x“ habe. Wie sich dieser Anteil gerade angesichts der durch die Digitalisierung pp. eröffneten alternativen Möglichkeiten der Versorgung mit frischem Obst und Gemüse entwickelt hat, ist für die Kammer allerdings nicht nachvollziehbar. Die in der Beschlussvorlage AUS/051/2021 (dort erster Absatz auf Seite 5) aufgestellte Behauptung, die 33 Zuweisungsinhaber und 7 Mieter auf dem Großmarkt fielen gegenüber dem Großmarkt Venlo, den allein 159 Lebensmittelgroßhändlern mit eigener Lagerhaltung auf Düsseldorfer Stadtgebiet sowie den zahlreichen Agenturen nicht erheblich ins Gewicht, ist zwar numerisch beeindruckend, besagt über Höhe und Entwicklung des Großmarktanteils aber noch nichts Konkretes. Derartiges lässt sich auch dem von der Beklagten im Nachgang zum Erörterungstermin in Bezug genommenen – bei Beschlussfassung 2021 immerhin schon mehr als sechs Jahre alten – Gutachten des Instituts für I.                (L.    ) vom 11. Mai 2015 nicht entnehmen: Auf Seite 22 des Gutachtens (= Bl. 12 der Heftung 4 der „Ratsunterlagen“) heißt es zwar, dass der Großmarkt eher eine Einkaufsstätte für Gastronomen mit besonderer Frischeaffinität und kleine Unternehmungen sei; Kernzielgruppe seien die knapp 75.000 Restaurants mit Bedienung, die allerdings auch den Strukturwandel in der Gastronomie (mit einer rückläufigen Zahl bei stagnierenden Umsätzen) verspürten; diese Zahlen beziehen sich aber auf ganz Deutschland und lassen keinen Rückschluss auf die besonderen Düsseldorfer Verhältnisse mit ihrer „hochwertigen und vielfältigen Gastronomie“ sowie dem für seine Frische, Qualität und Vielfalt weit über die Landeshauptstadt hinaus bekannten (u. a. durch die Klägerin belieferten) Markt auf dem Carlsplatz zu. In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass das neuerlich vorgebrachte Argument der Beklagten, ein erheblicher Anteil der Großmarktkunden stamme gar nicht aus Düsseldorf, sondern aus der näheren und weiteren Umgebung bis in das europäische Ausland, die Bedeutung des Großmarktes für die hiesige Gastro- und Marktkultur nicht zu schmälern vermag. Abgesehen davon liegt der Anteil der Düsseldorfer Lebensmittelkunden ausweislich des vorgenannten J1.   -Gutachtens (dort Seite 50 = Bl. 11 der Heftung 4 der „Ratsunterlagen“) bei über 50 % bzw. mit Rheinland und Niederrhein sogar bei 75 %, während die Niederlande nur zu 1 % vertreten sind. Im Übrigen sei zur rechtlichen Bewertung dieses Arguments zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf die einschlägigen Ausführungen am Ende des obigen Auszuges aus dem Beschluss der Kammer von November 2018 verwiesen. Ist der Großmarkt für die Versorgung gerade mit frischen Lebensmitteln – auch in Zeiten ohne Hungersnöte und Versorgungsengpässe – demnach immer noch von Bedeutung, so lässt er sich – trotz der sicherlich gegebenen Konkurrenzsituation – nicht zu einem (beliebigen) „reinen Handelsplatz“ degradieren.Der soziale Hintergrund vermag dem Großmarkt ebenfalls nicht abgesprochen zu werden, denn dieses Kriterium ist nicht auf die „Veranstaltung von Altennachmittagen, das Auftreten von Musikkapellen und das Bestehen von Kindernachmittagen“,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">40</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 36,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">41</span><p class=\"absatzLinks\">beschränkt. Abgesehen von den bereits in dem Beschluss von November 2018 genannten Aspekten fördert die in Rede stehende öffentliche Einrichtung durchaus auch die Kommunikation und den Kontakt der Gemeindebürgerinnen und -bürger untereinander. Dies gilt zunächst unmittelbar für das „muntere Feilschen“,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">42</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. Internetseite der Beklagten zum „Großmarkt Düsseldorf“ (heutiger Aufruf),</p>\n<span class=\"absatzRechts\">43</span><p class=\"absatzLinks\">des aus „Wiederverkäufern und Großverbrauchern“ bestehenden „Kundenstammes“ mit den „Händlern“ sowie für deren Gespräche über Frische und den Bezug zum Beispiel von tropisch-exotischen Köstlichkeiten, „für deren Angebot der Großmarkt bekannt ist“ und das „nicht bei Kiwis, Mangos oder Ananas aufhört“, sondern auch „Mangostan oder Rambutan oder Platarinas“ umfasst.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">44</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Internetseite der Beklagten zum „Großmarkt Düsseldorf“ (heutiger Aufruf).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">45</span><p class=\"absatzLinks\">Die durch den Großmarkt geförderte Kommunikation reicht jedoch über den Kreis der Händlerinnen und Händler sowie der gewerblichen Großmarktkundinnen und -kunden hinaus, denn sie erfasst mittelbar auch die Gäste sowie Kundinnen und Kunden der zuletzt genannten Kategorie, namentlich der Gastronomie und der Marktbeschicker (insbesondere des Carlsplatzes); nach nicht nur einmaliger Beobachtung der Kammer ist die durch den Großmarkt vermittelte Frische und (auch exotische) Vielfalt insbesondere des Obst- und Gemüseangebotes dort (auch untereinander) durchaus ein Thema, bei dem gerade bei qualitätsbewussten Gästen sowie Verbraucherinnen und Verbrauchern ein gewisser (traditionsbildender und das örtliche Zusammengehörigkeitsgefühl stärkender) Stolz mitschwingt. Das von der Beklagten gezeichnete Bild eines abgeschlossenen Geländes mit allein zutrittsberechtigten Händlerinnen und Händlern sowie gewerblichen Großmarktkundinnen und -kunden, die in der Nacht und am frühen Morgen unter weitgehendem Ausschuss der Gemeindebürgerinnen und -bürger handeln, mag zwar von der Beschreibung her zutreffend sein, lässt die gezogene Schlussfolgerung vor dem aufgezeigten Hintergrund jedoch nicht zu.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">46</span><p class=\"absatzLinks\">Ist der Düsseldorfer Großmarkt (trotz Bedeutungswandels) auch im Beschlussjahr 2021 noch als die Kriterien des Bundesverwaltungsgerichts erfüllende traditionelle öffentliche Einrichtung der Daseinsvorsorge einzustufen, so kann die Geltung der Grundsätze des „Weihnachtsmarkturteils“ nach Auffassung der Kammer entgegen der Beklagten nicht dadurch in Frage gestellt werden, dass vorliegend – anders als 2018 – keine Umstrukturierung, sondern eine Auflösung des Großmarktes in Rede steht. Denn ungeachtet des seinerzeitigen konkreten Falles – der Privatisierung des Offenbacher Weihnachtsmarktes – gilt die verpflichtende Zielrichtung des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG nach der Begründung der höchstrichterlichen Entscheidung auch für den Fall der mangelnden Fortführung, also auch für den „Auflösungsfall“. Soweit das schon seinerzeit von der Beklagten angeführte Verwaltungsgericht Augsburg in seinem Urteil vom 26. September 2011</p>\n<span class=\"absatzRechts\">47</span><p class=\"absatzLinks\">- Au 7 K 10.1951 -, juris, Rn. 73 ff.,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">48</span><p class=\"absatzLinks\">(bezüglich des seit mehr als einhundert Jahren veranstalteten Volksfestes der Stadt Neu-Ulm) zu einer abweichenden Auffassung gelangt, so vermag dies nicht zu überzeugen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">49</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. Stepanek, a. a. O., S. 25 Fn. 49,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">50</span><p class=\"absatzLinks\">weil die Aussage der dortigen Kammer den Vorgaben des Bundesverwaltungsgerichts klar widerspricht,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">51</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. Sing, a. a. O, S. 247 mit dem zutreffenden Hinweis, die genaue Lektüre der Entscheidungsgründe (des „Weihnachtsmarkturteils“) ergebe, dass das Bundesverwaltungsgericht seine Rechtsprechung auch auf die Frage der gänzlichen Einstellung einer kommunalen Einrichtung angewendet sehen wollte,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">52</span><p class=\"absatzLinks\">und auch der Hinweis des – die 1. Instanz bestätigenden – Berufungsgerichts,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">53</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 21. Dezember 2012 - 4 ZB 11.2496 -, juris, Rn. 8,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">54</span><p class=\"absatzLinks\">auf die mangelnde Vergleichbarkeit so nicht richtig ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">55</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Sing, a. a. O., S. 249 unter Berufung auf Schoch, der unter Verweis auf das Bundesverwaltungsgericht, das mehrfach von der Unzulässigkeit der „Entledigung“ von (…) Aufgaben spricht und nicht nur von der Unzulässigkeit materieller Privatisierungen, allein die Tatsache der Aufgabenentledigung für maßgeblich hält.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">56</span><p class=\"absatzLinks\">Der Vollständigkeit halber sei angeführt, dass die vorstehende Bewertung der Augsburger Entscheidung nicht im Widerspruch zu den Ausführungen in dem Beschluss vom 27. November 2018 steht: Seinerzeit hat die Kammer lediglich betont, dass die Grundsätze zur Disponibilität gemeinwohlorientierter Handlungsspielräume in der vorliegenden Konstellation Geltung beanspruchten, weil es sich (bei der Umstrukturierung) um einen „Privatisierungsfall“ handele und es anders als bei dem Neu-Ulmer Sachverhalt nicht um einen „Auflösungsfall“ gehe; den Umkehrschluss hat sie hingegen (mangels jeglicher Veranlassung) nicht gezogen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">57</span><p class=\"absatzLinks\">Dies heißt aber nicht gleichsam automatisch, dass der hier in Rede stehende grundlegende Ratsbeschluss vom 1. Juli 2021 wegen Verstoßes gegen die aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG abgeleitete Aufgabenwahrnehmungspflicht mit höherrangigem Recht unvereinbar ist. Wenn dies der Fall wäre, also der Beklagten keinerlei Spielraum mehr verbliebe und sie die öffentliche Einrichtung Großmarkt bis „in alle Ewigkeit“ fortführen müsste, träfe die von ihr bemühte (zahlreiche) Kritik der Literatur, in der von „Versteinerung“ oder „Zementierung“ die Rede ist,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">58</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. nur den in dem Schriftsatz vom 28. Juni 2022 zitierten BeckOK Kommunalrecht NRW, Dietlein/Heusch, Systematische Einführung zum Kommunalrecht Deutschlands, Rn. 91 f. m. w. N.,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">59</span><p class=\"absatzLinks\">tatsächlich zu. Bei genauer Betrachtung hat der 8. Senat eine derartige ausnahmslose Aufgabenwahrnehmungspflicht allerdings nicht festgeschrieben: Wie in ihrer abwehrrechtlichen Dimension muss die Selbstverwaltungsgarantie vielmehr in ihrer verpflichtenden Zielrichtung der Abwägung mit anderen Belangen zugänglich sein, was das Bundesverwaltungsgericht selbst andeutet, indem es lediglich von der Pflicht der Gemeinde zur „grundsätzlichen“ Sicherung und Wahrung ihres Aufgabenbestandes spricht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">60</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. (offenbar unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 27. Mai 2009 - 8 C 10.08 -, juris, Rn. 38) Stein, DVBl. 2010, S. 563, 569; Sing, a. a. O., S. 264 m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">61</span><p class=\"absatzLinks\">Jedoch ergibt sich bei einem „Rückzug“ der Kommune eine besondere Begründungspflicht.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">62</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Stein, a. a. O.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">63</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Anforderung ist die Beklagte schon deshalb nicht gerecht geworden, weil sie die verpflichtende Zielrichtung der Selbstverwaltungsgarantie des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG offenbar gar nicht als Ausgangspunkt und gewichtigen Belang in ihre Entscheidung eingestellt hat. Ihre Ausführungen in der Ratsvorlage AUS/051/2021 zeigen (trotz der Worte „Interessenabwägung“ und „Abwägung“ im Zusammenhang mit der „auskömmlichen Frist“ im zweiten Absatz auf deren Seite 5) ebenso wie ihre Schriftsätze in dem vorliegenden Verfahren (möglicherweise auch im Hinblick auf die angenommene Einschlägigkeit des Augsburger Urteils) vielmehr, dass man sich dieser verfassungsrechtlichen Dimension der getroffenen Entscheidung nicht (hinreichend) bewusst gewesen ist. Insbesondere der von der Beklagten (in dem Schriftsatz vom 28. Juni 2022) reklamierte „sehr weite Ermessensspielraum“ des Rates bei der Entscheidung über die Auflösung einer freiwilligen Einrichtung belegt dies eindrucksvoll. Aus Sicht des Rates ist das konsequent, zumal in der maßgeblichen Ratsvorlage trotz der auf deren Seite 3 oben referierten fortbestehenden – in dem vorliegenden Urteil bestätigten – Bewertung der Kammer ausweislich deren Seite 5 oben im ersten Absatz sinngemäß davon ausgegangen wird, dass es sich bei dem Großmarkt (wegen des angenommenen Verlustes der Funktion als Einrichtung der Daseinsvorsorge) nicht (mehr) um eine die Kriterien des „Weihnachtsmarkturteils“ erfüllende öffentliche Einrichtung handelt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">64</span><p class=\"absatzLinks\">Verstößt Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheides nach alledem gegen höherrangiges Recht, so ist eine Auseinandersetzung mit den „einfachrechtlichen“ Argumenten der Klägerin entbehrlich, wobei die Kammer durchaus anmerkt, dass (bei unterstellter Einhaltung der verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG) Gewichtiges für die Annahme jedenfalls eines ungeschriebenen Widerrufsgrundes und die Verhältnismäßigkeit der mehr als dreijährigen (Auflösungs- und) Widerrufsfrist spräche.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">65</span><p class=\"absatzLinks\">Schließlich teilen die Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Bescheides des Oberbürgermeisters der Beklagten unabhängig von der durch die Klägerin weiter aufgeworfenen vollstreckungsrechtlichen Frage deren rechtliches Schicksal.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">66</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 167 Abs. 2 VwGO sowie 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">67</span><p class=\"absatzLinks\">Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, weil die Rechtssache mindestens zwei Fragen aufwirft, die im Sinne der Rechtseinheit einer Klärung bedürfen: An erster Stelle, ob die in dem „Weihnachtsmarkturteil“ des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten Grundsätze nur für den „Privatisierungsfall“ – so offenbar das Verwaltungsgericht Augsburg und der dieses bestätigende Bayerische Verwaltungsgerichtshof in den oben genannten Entscheidungen – oder auch für den „Auflösungsfall“ gelten; und bejahendenfalls an zweiter Stelle, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen sowie mit welchen Anforderungen die Auflösung einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des „Weihnachtsmarkturteils“ (ausnahmsweise) verfassungsrechtlich zulässig ist.Eine Zulassung (auch) gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO wegen Abweichens von dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 27. Juni 2017 - 15 B 664/17 -, juris, Rn. 7 ff., hält die Kammer nicht für geboten, weil der dortige Senat zwar die grundsätzliche – nur durch das Willkürverbot begrenzte – Entscheidungsfreiheit einer Gemeinde bei der Schaffung und Beibehaltung einer öffentlichen Einrichtung (dort einer von mehreren gemeindlichen Sportplätzen) betont, sich dabei aber nicht mit dem „Weihnachtsmarkturteil“ auseinandergesetzt hat.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">68</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Rechtsmittelbelehrung:</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">69</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">70</span><p class=\"absatzLinks\">Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">71</span><p class=\"absatzLinks\">Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">72</span><p class=\"absatzLinks\">Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).</p>\n<span class=\"absatzRechts\">73</span><p class=\"absatzLinks\">Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz – RDGEG –). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">74</span><p class=\"absatzLinks\">Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">75</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Beschluss</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">76</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Der Streitwert wird auf 30.000,00 Euro festgesetzt.</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">77</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Gründe:</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">78</span><p class=\"absatzLinks\">Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG. Sie ist wegen der vergleichbaren wirtschaftlichen Bedeutung an der obergerichtlichen gewerberechtlichen Streitwertpraxis,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">79</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG NRW, Beschluss vom 1. Oktober 2004 - 4 B 1637/04 -, GewArch 2005, 77,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">80</span><p class=\"absatzLinks\">sowie an Ziff. 54.1 und 54.2 des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 orientiert. Wie schon in den seinerzeitigen Klageverfahren 3 K 7996/15 und 3 K 7827/18 ist dort genannte Betrag (in Höhe von 15.000,00 Euro) wegen des besonderen Zuschnitts der Klägerin zu verdoppeln.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">81</span><p class=\"absatzLinks\"><strong>Rechtsmittelbelehrung:</strong></p>\n<span class=\"absatzRechts\">82</span><p class=\"absatzLinks\">Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">83</span><p class=\"absatzLinks\">Auf die seit dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung – ERVV –) wird hingewiesen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">84</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">85</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro nicht übersteigt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">86</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">87</span><p class=\"absatzLinks\">War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.</p>\n      "
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            "content": "<h2>Tenor</h2>\n\n<p>Die Beschwerde wird zurückgewiesen.</p>\n<p>Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldnerinnen.</p>\n<p>Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 1.500,00 Euro festgesetzt.</p>\n<h1> </h1><br style=\"clear:both\">\n\n<h1><span style=\"text-decoration:underline\">Gründe:</span></h1>\n<span class=\"absatzRechts\">1</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die in der Beschwerdebegründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, geben keinen Anlass, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">2</span><p class=\"absatzLinks\">Das Verwaltungsgericht hat in dem Beschluss die mit der Beschwerde weiterverfolgten Eilanträge der Antragstellerinnen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">3</span><p class=\"absatzLinks\">die aufschiebende Wirkung ihrer Klage - 1 K 7120/21 - gegen die beiden Bescheide der Antragsgegnerin vom 8. November 2021 hinsichtlich Ziffer 1 (Untersagung der Nutzung des auf dem Grundstück Q.-----weg 29 in S.     -X.           stehenden Holzgebäudes) wiederherzustellen und hinsichtlich Ziffer 3 (Androhung eines Zwangsgeldes von 3.000,00 Euro für den Fall der Zuwiderhandlung gegen Ziffer 1) anzuordnen,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">4</span><p class=\"absatzLinks\">im Wesentlichen mit der Begründung abgelehnt, das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin überwiege das Aussetzungsinteresse der Antragstellerinnen. Weder sei die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Nutzungsuntersagung in Ziffer 2 der beiden Bescheide der Antragsgegnerin vom 8. November 2021 in formeller Hinsicht zu beanstanden noch falle die vorzunehmende Interessenabwägung zugunsten der Antragstellerinnen aus. Dies ergebe sich daraus, dass die angefochtene Nutzungsuntersagung bei summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig sei und an ihrer sofortigen Vollziehung auch ein besonderes öffentliches Interesse (Verhinderung einer Entwertung der Ordnungsfunktion des Bauaufsichtsrechts sowie einer Benachteiligung gesetzestreuer Bürger) bestehe; zudem bestünden auch keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zwangsgeldandrohung. Die auf § 58 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 82 Abs. 1 Satz 2 BauO NRW beruhende Nutzungsuntersagung sei nach derzeitigem Sach- und Streitstand formell und materiell rechtmäßig. Insbesondere liege für das streitgegenständliche Holzgebäude auf dem im Eigentum der Antragstellerinnen stehenden Grundstück Q.-----weg 29 in S.     -X.           keine Baugenehmigung vor, obwohl hierfür eine solche aber erforderlich sei (formelle Illegalität des Gebäudes). Darüber hinaus sei die Nutzungsuntersagung weder ermessensfehlerhaft noch unverhältnismäßig. Insbesondere sei die Antragsgegnerin an einem bauaufsichtlichen Einschreiten nicht wegen einer diesem entgegenstehenden aktiven Duldung gehindert gewesen. Selbst wenn - wie die Antragstellerinnen vortragen - die Nutzung des streitgegenständlichen Gebäudes als \"Partyscheune\" durch den Voreigentümer seit etwa 1997 bei der Bevölkerung einschließlich des Bürgermeisters sowie Rats- und Verwaltungsmitgliedern allgemein bekannt gewesen und das Grundstück mit Kenntnis der Antragsgegnerin an die öffentliche Wasser- und Abwasserleitung angeschlossen und mit einer Hausnummer versehen worden sei, könne insoweit nach den von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäben nicht von einer aktiven Duldung ausgegangen werden. Die bloße Kenntnis und Hinnahme des illegalen Zustandes durch die Antragsgegnerin begründe schon keinen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand. Auch eine etwaige mündliche Zusage der Antragsgegnerin gegenüber dem Voreigentümer der Immobilie schaffe einen solchen nicht. Selbst wenn dem Voreigentümer des streitgegenständlichen Gebäudes - wie die Antragstellerinnen vortrügen - von dem damaligen Bürgermeister \"um die Jahrtausendwende\" erklärt worden wäre, dass die Stadt \"wegen eines Abrisses nichts weiter unternehmen werde\", hätte die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt schriftlich oder dem gleichwertig einen Vertrauenstatbestand begründend hinreichend deutlich zu erkennen gegeben, dass sie den baurechtswidrigen Zustand dauerhaft hinzunehmen bereit sei.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">5</span><p class=\"absatzLinks\">Die Beschwerdebegründung der Antragstellerinnen gibt keinen Anlass zu einer abweichenden Bewertung.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">6</span><p class=\"absatzLinks\">Soweit die Antragstellerinnen zunächst meinen, das Verwaltungsgericht habe sich auf Seite 11 unten des angefochtenen Beschlusses nicht dazu verhalten, was aus seiner Sicht dafür spreche, dass die Duldungszusage schriftlich erfolgen müsse, geht dieser Einwand bereits im Ansatz fehl. Denn der Grund, warum aus Sicht des Verwaltungsgerichts in Übereinstimmung mit der auf Seite 12 oben des angefochtenen Beschlusses zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">7</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Oktober 2021 - 10 A 3199/20 -, juris Rn. 13, vom 8. Mai 2020 - 2 B 457/20 und 2 B 461/20 -, jeweils juris Rn. 15, vom 21. März 2019 - 10 A 684/18 -, juris Rn. 6 ff., und vom 20. September 2018 - 7 B 1192/18 -, juris Rn. 5,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">8</span><p class=\"absatzLinks\">viel dafür spricht, dass eine länger andauernde Duldung oder Duldungszusage - soll sie Vertrauensschutz vermitteln - schriftlich erfolgen muss, lässt sich dem vorhergehenden Satz in dem angefochtenen Beschluss auf Seite 11 unten eindeutig entnehmen. Dieser lautet nämlich: \"Angesichts des Ausnahmecharakters und der weitreichenden Folgen einer solchen sog. aktiven Duldung, bei der die Behörde an der Beseitigung rechtswidriger Zustände gehindert ist, muss den entsprechenden Erklärungen der Behörde mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen sein, ob, in welchem Umfang und ggf. über welchen Zeitraum die Duldung des illegalen Zustands erfolgen soll.\"</p>\n<span class=\"absatzRechts\">9</span><p class=\"absatzLinks\">Ebenfalls erfolglos bleibt der weitere Einwand der Antragstellerinnen, aus einer Gesamtschau der von ihnen vorgetragenen Umstände (jahrzehntelange Kenntnis der Antragsgegnerin von den baurechtswidrigen Zuständen, kein behördliches Einschreiten mehr vom 3. Juli 2012 bis November 2021 nach vorangegangenen Versuchen, damalige Eigentümer in die Pflicht zu nehmen, Anschluss des Grundstücks an die Wasser- und Abwasserleitung, Ausbau der Zufahrt zum Grundstück und Zuteilung einer Hausnummer) ergebe sich im Zusammenhang mit der Erklärung des damaligen Bürgermeisters gegenüber dem Voreigentümer des Grundstücks, die Antragsgegnerin werde wegen eines Abrisses (des darauf befindlichen Holzgebäudes) nichts weiter unternehmen, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts eine einer schriftlichen Duldungszusage gleichwertige Zusage.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">10</span><p class=\"absatzLinks\">Denn zum einen hat bereits das Verwaltungsgericht auf Seite 12 des angefochtenen Beschlusses unter Rückgriff auf die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">11</span><p class=\"absatzLinks\">vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Oktober 2021 - 10 A 3199/20 -, juris Rn. 13, vom 21. März 2019 - 10 A 684/18 -, juris Rn. 6, vom 20. September 2018 - 7 B 1192/18 -, juris Rn. 5, und vom 3. September 2018 - 10 B 1126/18 -, juris Rn. 9,</p>\n<span class=\"absatzRechts\">12</span><p class=\"absatzLinks\">zutreffend ausgeführt, dass allein die Untätigkeit der Behörde bzw. eine faktische Duldung - selbst wenn sie lange andauere - nicht ausreiche, um eine aktive Duldung anzunehmen und einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand zu schaffen. Die schlichte Hinnahme eines baurechtlich formell illegalen Geschehens für eine längere Zeit hindere die Bauaufsichtsbehörde nicht, ihre bisherige Praxis zu beenden und auf die Herstellung baurechtmäßiger Zustände hinzuwirken. Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht ebenfalls zutreffend darauf abgestellt, dass auch die Versorgung eines Gebäudes mit Strom, Gas und Wasser, die Abrechnung des Verbrauchs und die Erhebung von Grundbesitzabgaben noch keine aktive Duldung begründeten. Selbst wenn das Grundstück der Antragstellerinnen mit Kenntnis der Antragsgegnerin an die öffentliche Wasser- und Abwasserleitung angeschlossen und mit einer Hausnummer versehen worden sei, könne nach den von der obergerichtlichen Rechtsprechung aufgestellten strengen Maßstäben nicht von einer aktiven Duldung ausgegangen werden. Gleiches gilt für den von den Antragstellerinnen ebenfalls vorgebrachten Ausbau der Zufahrt zum Grundstück durch die Antragsgegnerin. Grund hierfür ist, dass allen von den Antragstellerinnen angeführten äußeren Umständen kein (eindeutiger) Erklärungswert dahingehend zu entnehmen ist, ob, in welchem Umfang und ggf. über welchen Zeitraum die Duldung des baurechtlich illegalen Zustands auf dem Grundstück erfolgen soll. Dies ist aber erforderlich, da sich aus einer aktiven Duldung eine zumindest in den praktischen Auswirkungen einer Baugenehmigung im Ansatz angenäherte Rechtsposition ergibt.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">13</span><p class=\"absatzLinks\">Vgl. Hüwelmeier, in: Spannowsky / Saurenhaus, BeckOK Bauordnungsrecht Nordrhein-Westfalen, Stand: 1. Mai 2022, § 74 Rn. 12 m. w. N.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">14</span><p class=\"absatzLinks\">Zum anderen ist das Vorbringen der Antragstellerinnen auf Seite 2 unten im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 14. April 2022, dem Grundstücksvoreigentümer T.        sei von dem damaligen Bürgermeister K.             um die Jahrtausendwende eindeutig erklärt worden, dass die Stadt wegen eines Abrisses (des auf dem Grundstück befindlichen Holzgebäudes) nichts weiter unternehmen werde, bereits zu unsubstantiiert, um daraus eine den strengen Anforderungen der obergerichtlichen Rechtsprechung genügende - einer schriftlichen Duldungszusage gleichwertige - aktive Duldung der Antragsgegnerin ableiten zu können. Denn insoweit fehlt es zunächst schon an der Darlegung jeglichen Erklärungszusammenhangs bzw. Kontextes, in dem die mündliche Äußerung des ehemaligen Bürgermeisters der Antragsgegnerin erfolgt sein soll. Dies ist aber erforderlich, um insbesondere die Ernsthaftigkeit und Rechtsverbindlichkeit der (lediglich) mündlich getätigten Äußerung bewerten zu können. Ferner geht aus der von den Antragstellerinnen angeführten Äußerung nicht hervor, aus welchem Grund \"die Stadt wegen eines Abrisses nichts weiter unternehmen werde\". Sollte dieser Grund etwa in einem Personalmangel bei der Antragsgegnerin (vgl. hierzu die Erklärung von Frau H.     , Mitarbeiterin des Fachbereichs Bauordnung der Antragsgegnerin, auf Seite 8 Mitte des Protokolls des Ortstermins vom 31. März 2022) gelegen haben, reichte dies für eine aktive Duldung nicht aus, weil hierfür die Erklärung der Antragsgegnerin erforderlich wäre, sich mit dem baurechtswidrigen Zustand abgefunden zu haben und deshalb dagegen nicht mehr einzuschreiten. Außerdem bezieht sich die von den Antragstellerinnen angeführte mündliche Äußerung (allenfalls) auf einen Abriss des auf dem Grundstück befindlichen Holzgebäudes und nicht auf dessen Nutzung - um die es hier allein geht - und lässt im Übrigen auch nicht erkennen, welche konkreten Arten der Nutzung des Gebäudes - insbesondere welche dortigen Feierlichkeiten in welchem Umfang - von der Antragsgegnerin aktiv geduldet worden sein sollen. Schließlich ergibt sich aus der Äußerung auch nicht, ob die Duldung nur für einen bestimmten Zeitraum erfolgen sollte oder zeitlich unbegrenzt. Lediglich ergänzend sei darauf hingewiesen, dass jedenfalls dem Rechtsvorgänger der Antragstellerinnen, Herrn I.    T.        , aufgrund des im Verfahren VG Minden 1 K 265/80 geschlossenen Vergleichs durchaus bekannt gewesen sein dürfte, was unter einer schriftlichen aktiven Duldung bzw. einer gleichwertigen Erklärung zu verstehen ist.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">15</span><p class=\"absatzLinks\">Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">16</span><p class=\"absatzLinks\">Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG i. V. m. Nr. 11 a), 13 c) und 14 a) des Streitwertkatalogs der Bausenate des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 22. Januar 2019 (BauR 2019, 610). Der Senat sieht keine Veranlassung, von der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts abzuweichen.</p>\n<span class=\"absatzRechts\">17</span><p class=\"absatzLinks\">Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).</p>\n      "
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            "content": "<div id=\"dokument\" class=\"documentscroll\">\n<a name=\"focuspoint\"><!--BeginnDoc--></a><div id=\"bsentscheidung\"><div>\n<h4 class=\"doc\">Tenor</h4>\n<div><div>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:54pt\">Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17. Mai 2021 wird zurückgewiesen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:54pt\">Die Kosten des Berufungsrechtsstreits hat die Klägerin zu tragen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:54pt\">Dieses Urteil und dasjenige des Landgerichts Braunschweig vom 17. Mai 2021 sind vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung jeder der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 120% des insgesamt aus den Urteilen vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 120% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:54pt\">Die Revision wird nicht zugelassen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:54pt\">Der Berufungsstreitwert wird auf die Gebührenstufe bis 80.000.- € festgesetzt.</p></dd>\n</dl>\n</div></div>\n<h4 class=\"doc\">Gründe</h4>\n<div><div>\n    \n        \n            \n                \n                    \n                        <dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:90pt\">I.</p></dd>\n</dl>\n                    \n                \n            \n        \n    \n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_1\">1</a></dt>\n<dd><p>Gegenstand des Rechtsstreits sind Ansprüche, die die Klägerin als Erwerberin eines am 15.10.2013 für 69.915.- € von einer Audi-Vertragshändlerin gekauften Gebrauchtwagens Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro mit 180 kW / 245 PS gegen die Beklagte zu 1 als Verkäuferin und die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs geltend macht. In dem Fahrzeug ist ein 3,0-l-Dieselmotor des von der Beklagten zu 2 hergestellten Typs EA896 Generation 2 (i.f.: EA896Gen2) verbaut; streitig ist, ob dieser zum Zeitpunkt des Erwerbs mit einer unzulässigen, abgasbeeinflussenden Software ausgestattet war und deshalb nicht zulassungsfähig war. Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes sowie der Anträge der Parteien im Rechtsstreit erster Instanz wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen (S. 3-5, Bl. 318-320 d.A.). Zu ergänzen ist dabei, dass der streitgegenständliche Pkw unstreitig nach der Schadstoffnorm EU5 zugelassen ist.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_2\">2</a></dt>\n<dd><p>Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.05.2021 (Bl. 316ff d.A.) abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, sie sei unbegründet. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrages; auf Verjährung komme es daher nicht an. Ein Rückabwicklungsanspruch gegen die Beklagte zu 1 ergebe sich nicht aus §§ 437 Nr. 2, 323, 346 BGB, da die Klägerin schon das Vorliegen eines Mangels nicht hinreichend substantiiert dargetan habe. Weder ein Sach- noch ein Rechtsmangel sei schlüssig dargetan.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_3\">3</a></dt>\n<dd><p>Soweit die Klägerin auf eine unzulässige Abschalteinrichtung in Form eines sog. „Thermofensters“ abstelle und den Beklagten im Ergebnis vorwerfe, den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp aufgrund einer grundlegenden unternehmerischen Entscheidung mit einer solchen Einrichtung versehen und in Verkehr gebracht zu haben, sei schon kein Mangel erkennbar. Denn aufgrund der nicht eindeutigen Rechtslage bezgl. des Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) EGVO 715/2007 sei nicht der Beklagten zu 2 und schon gar nicht der Beklagten zu 1 der Vorwurf einer Mangelverursachung zu machen; die Einordnung des „Thermofensters“ als von der Ausnahmeregelung gedeckt erscheine nicht unvertretbar. Zunächst bestehe ein Unterschied in der Funktionsweise, weil keine Unterscheidung zwischen Prüfstands- und Realbetrieb stattfinde. Ernsthaft in Betracht komme auch, dass es sich bei Temperaturen von unter -20°C und über 70°C nicht mehr um normale Fahrbetriebsbedingungen i.S.d. Art. 3 Nr. 10 EGVO 715/2007 handele. Weiterhin könnten Gesichtspunkte des Motor- und Bauteilschutzes ernsthaft erwogen werden, zumal beim Inverkehrbringen des Motors und bei Abschluss des Kaufvertrages. Deshalb könne nicht unterstellt werden, dass die Beklagten in dem Bewusstsein agiert hätten, eine unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden. Selbst wenn von einer objektiv unzulässigen Abschalteinrichtung auszugehen sei, komme eine möglicherweise falsche, aber vertretbare Gesetzesauslegung durch die Beklagte zu 2 in Betracht. Die Beklagte zu 1 sei mit diesen Vorgängen ohnehin nicht einmal befasst gewesen. Dabei sei jedenfalls zu berücksichtigen, dass die europarechtliche Gesetzeslage zur maßgeblichen Zeit nicht zweifelsfrei gewesen sei. Inhalt und Reichweite der o.g. Ausnahmevorschrift zum Motorschutz sei unklar und Gegenstand einer kontroversen Diskussion. Nach dem Abschlussbericht der BMVI-Kommission „Volkswagen“ liege ein Gesetzesverstoß durch die von allen Autoherstellern eingesetzten „Thermofenster“ jedenfalls nicht eindeutig vor. Der nur unterstellte Verstoß reiche nicht aus; zudem habe auch die zuständige Behörde sich bezgl. der „Thermofenster“ bislang nicht zu Maßnahmen veranlasst gesehen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_4\">4</a></dt>\n<dd><p>Im Übrigen habe die Klägerin schon nicht mit Substanz darlegen können, dass in dem streitgegenständlichen Pkw unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 EGVO 715/2007 enthalten seien, sondern gleichsam „ins Blaue hinein“ vorgetragen. Daraufhin müsse auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 28.01.2020 keine Beweisaufnahme erfolgen; denn auch danach bestünden für die von Klägerseite vermuteten Manipulationen keine greifbaren Anhaltspunkte. Dabei sei zu berücksichtigen, dass das Kraftfahrt-Bundesamt (i.f.: KBA) als zuständige Typgenehmigungsbehörde auch sechs Jahre nach dem öffentlichen Bekanntwerden der Manipulationen am Dieselmotor EA189, mehrere Jahre nach Anordnung des Rückrufs für bestimmte 3,0-l-Dieselmotoren und trotz der öffentlichen und behördlichen Fokussierung auf den VW-Konzern und damit auch die Beklagte zu 2 für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp noch keinen Rückruf wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung angeordnet habe. Zudem habe das KBA auch nach erneuter Prüfung seit November 2019 keine Tatsachen festgestellt, die einen Rückruf wegen unzulässiger Abschalteinrichtung begründeten. Dies spreche gerade deshalb gegen die Mutmaßungen der Klägerin, weil das KBA wegen der 3,0-l-Dieselmotoren nach Schadstoffnorm EU6 sehr wohl Rückrufanordnungen erlassen habe, aber nicht für das streitgegenständliche Modell. Zudem habe das KBA in seinem Auskunftsschreiben vom 11.09.2020 ausdrücklich erklärt, bei dem eingesetzten Motortyp sei eine unzulässige Abschalteinrichtung nicht festgestellt worden.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_5\">5</a></dt>\n<dd><p>Auch aus §§ 826, 31 BGB folge kein Anspruch. Angesichts der Definition der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung sei Vorsatz schon deshalb nicht anzunehmen, weil die Auslegung, das „Thermofenster“ sei eine zulässige Abschalteinrichtung, jedenfalls nicht unvertretbar sei. Daran ändere sich auch nichts, wenn die Beklagte zu 2 dem KBA bei Beantragung der Typgenehmigung keine Angaben zur Bedatung gemacht haben sollte, weil lt. Auskunft des KBA vom 11.09.2020 nach der maßgeblichen Fassung des Art. 3 Nr. 9 Abs. 3 VO (EG) 692/2008 keine konkreten Parameter des „Thermofensters“ zu nennen gewesen seien, wobei der Verordnungsgeberin wie auch dem KBA bekannt gewesen sei, dass die Hersteller von Dieselmotoren sämtlich sog. „Thermofenster“ einsetzten. Dass nach Auskunft des KBA auch keine tiefergehende Prüfung der Ausgestaltung des „Thermofensters“ auf Motor- und Bauteileschutz erfolgt sei, sei nur dann verständlich, wenn von der Ausnahmeregelung des Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 ausgegangen werde; auf deren Anwendbarkeit stelle auch die Auskunft des KBA vom 11.09.2020 ausdrücklich ab. Dann aber sei auch die konkrete Ausgestaltung nicht zu beanstanden gewesen, ein Vorsatz der arglistigen Täuschung scheide aus, und auch das Vorliegen einer Täuschung des KBA sei mindestens zweifelhaft. Das gelte für die Beklagte zu 2 und erst recht für die Beklagte zu 1, die mit den Vorgängen gar nicht betraut gewesen sei. Weitere Anhaltspunkte seien, wie ausgeführt, nicht ersichtlich bzw. nicht hinreichend substantiiert vorgetragen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_6\">6</a></dt>\n<dd><p>Ein Schadensersatzanspruch folge auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB, weil schon das Bewusstsein der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung nach alledem nicht festgestellt werden könne. Der Anspruch folge auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB, Artt. 5 Abs. 2, 3 Nr. 10 VO (EG) 715/2007, 6, 27 EG-FGV, weil diese Normen nicht dem Schutz des Interesses dienten, nicht zur Eingehung einer ungewollten Verbindlichkeit veranlasst zu werden, und schließlich auch nicht aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 16 UWG. Mangels Hauptforderung habe die Klägerin auch keinen Anspruch auf Verzugszinsen, Freistellung von vorgerichtlichen Kosten und Feststellung des Annahmeverzuges. Wegen der weiteren Begründung des Urteils im Einzelnen wird ergänzend auf die Entscheidungsgründe verwiesen (S. 5-12, Bl. 320-327 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_7\">7</a></dt>\n<dd><p>Dieses Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 17.05.2021 ist der Klägerin zu Händen ihres Prozessbevollmächtigten zugestellt worden am 18.05.2021. Sie rügt mit der am 10.06.2021 eingegangenen Berufung und der innerhalb der antragsgemäß verlängerten Begründungsfrist am 23.07.2021 eingegangenen Berufungsbegründung unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vorbringens die Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung und eine daraus resultierende fehlerhafte Anwendung materiellen Rechts. Das Landgericht habe offenbar die Klägerschriftsätze schon nicht vollständig zur Kenntnis genommen und in den Entscheidungsgründen auf vorhandene Textbausteine zurückgegriffen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_8\">8</a></dt>\n<dd><p>Ein Sachmangel liege nach dem Hinweisbeschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 - vor. Denn auch im vorliegenden Falle sei das Fahrzeug mit einer Software zur Steuerung des Stickoxydausstoßes ausgestattet. Wenngleich es sich nicht um die gleiche Umschaltlogik wie beim VW-Dieselmotor des Typs EA189 handele, sei sie doch eine unzulässige Programmierung und folglich eine unzulässige Abschaltvorrichtung i.S. der Ausführungen des Bundesgerichtshofes. Auch beim sog. „Thermofenster“ seien nur auf dem Prüfstand die zulässigen Abgaswerte eingehalten; damit sei schon der Kaufvertrag mit Übergabe des Fahrzeugs nicht erfüllt. Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei nicht allein darauf abzustellen, ob ein bestimmter Fahrzeugtyp bestellungsgemäß übereignet werde; nach Auffassung des Bundesgerichtshofes sei die Kaufsache nur dann frei von Sachmängeln, wenn sie die zu erwartende Beschaffenheit aufweise. Ein nicht zulassungsfähiges Fahrzeug sei nicht mangelfrei.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_9\">9</a></dt>\n<dd><p>Folglich habe der Erfüllungsanspruch der Klägerin weiterbestanden, eine Gewährleistungsfrist habe nicht zu laufen begonnen (Berufungsbegründung S. 3 Bl. 380). Jedenfalls habe die Klägerin erst bei Veröffentlichung des sog. „Abgasskandals“ 2015 Kenntnis erlangt, weshalb die Klage nicht wegen Verjährung habe abgewiesen werden dürfen. Eine Gehörsverletzung durch das Landgericht liege insoweit vor, als vorgetragen und unter Beweis gestellt sei, dass durch das Update wesentlich in die Motorsteuerung eingegriffen worden sei, was sich auf die Standfestigkeit auswirke und damit die Kaufsache nachhaltig negativ verändert habe. Damit sei nach Maßgabe der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes mehr als ausreichend konkret, detailliert und mit Gutachtenszitaten bzw. Beweisantritten durch Sachverständigengutachten vorgetragen worden. In den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils sei dagegen ersichtlich ein Textbaustein verwendet worden, der auf den vorliegenden Fall nicht zutreffe.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_10\">10</a></dt>\n<dd><p>Nach der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - stehe fest, dass auch die Programmierung von Thermofenstern über den technisch dringend notwendigen Temperaturbereich hinaus eine unzulässige Abschalteinrichtung darstelle. Eine solche sei auch hier gegeben, da die Programmierung nicht der Vermeidung eines akuten Motorschadens oder eines Unfalls diene. Dazu sei ausreichend vorgetragen und unter Sachverständigenbeweis gestellt worden: Bereits auf S. 3 der Klageschrift sei darauf hingewiesen worden, dass für den streitgegenständlichen Motortyp ein Software-Update erforderlich gewesen sei, um das Fahrzeug bezgl. der Abgasreinigung zulassungsfähig zu machen. Im Folgenden sei umfassend dazu vorgetragen worden, dass durch das Update ein Mangel am Fahrzeug entstehe, der sich nachhaltig auf die Standfestigkeit des Motors auswirke.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_11\">11</a></dt>\n<dd><p>Auf S. 2, 11 des Klägerschriftsatzes vom 16.09.2019 sei unter Zitierung von Presseveröffentlichungen nochmals konkret und unter Beweisantritt vorgetragen worden, dass das streitgegenständliche Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschaltvorrichtung versehen sei, ergänzt mit den Schriftsätzen vom 09.12.2020, 04.01.2021 und 03.02.2021, aus denen der Klägervertreter wiederholt (Berufungsbegründung S. 6f, Bl. 383f d.A.). Die Programmierung sei so erfolgt, dass das sog. „Thermofenster“ im Hinblick auf die Steuerung der Abgasreinigung beim überwiegenden Teil des Realbetriebs eingesetzt werde und mithin der Tatbestand einer unzulässigen Abschaltvorrichtung gegeben sei. Das Urteil beruhe daher auf einer Gehörsverletzung; es habe Beweis erhoben werden müssen. Zwar reiche nach der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13.07.2021 - VI ZR 128/20 - allein das Vorhandensein eines „Thermofensters“ für die Begründung des Anspruchs aus § 826 BGB nicht aus. Es handele sich entgegen der Auffassung der Beklagten aber nicht um die Ausnutzung einer rechtlichen Grauzone; die Programmierung eines „Thermofensters“ sei nur zulässig, wenn sie technisch begründet sei. Das treffe hier nicht zu, wie vorgetragen und unter Beweis gestellt worden sei.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_12\">12</a></dt>\n<dd><p>Die Klägerin legt sodann nochmals die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung dar, welche hier in Entwicklung und Inverkehrbringen des streitgegenständlichen Fahrzeugs mit einer nicht zulässigen und über das notwendige Maß hinaus programmierten Abschalteinrichtung zu sehen sei (Berufungsbegründung S. 8f, Bl. 385f d.A.). Die Beklagte zu 2 habe die Übereinstimmungsbescheinigung bewusst wahrheitswidrig erteilt, weil die Fahrzeuge nicht vorschriftsmäßig gewesen seien; damit habe sie gegen geltendes Recht verstoßen. So sei es auch bei dem hier eingebauten 3,0-l-V6-Dieselmotor, ihr Verhalten sei als sittenwidrig anzusehen; darauf, ob der Beklagten gleichzeitig eine Täuschung des jeweiligen Fahrzeugkäufers anzulasten oder eine Offenbarungspflicht verletzt worden sei, komme es nicht an (wird mit den Argumenten zum Dieselmotor EA189 ausgeführt, Berufungsbegründung S. 9-11, Bl. 386-388 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_13\">13</a></dt>\n<dd><p>Die Klägerin habe einen Schaden durch Eingehung der Zahlungsverpflichtung im Kaufvertrag erlitten; dieser sei auch nicht durch die Durchführung des Software-Updates entfallen, wie der Klägervertreter im Folgenden mit den Argumenten zum Dieselmotor EA189 ausführt (Berufungsbegründung S. 11-16, Bl. 388-393 d.A.). Die Beklagte zu 2 habe auch vorsätzlich gehandelt. Denn sie habe die Typgenehmigung trotz vorhandener Abschalteinrichtung durch entsprechende Programmierung erwirkt, ohne dass sie auf die Zulassungsfähigkeit habe vertrauen können; sie sei mit der eventuellen Betriebsuntersagung zu Lasten der Käufer einverstanden gewesen. Die Emissionsgrenzwerte seien nicht ohne die Abschaltvorrichtung zu erreichen gewesen; das später unter Einbeziehung technischer Entwicklungen entwickelte Update habe noch nicht zur Verfügung gestanden.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_14\">14</a></dt>\n<dd><p>Mit weiterem Schriftsatz vom 30.07.2021 (Bl. 403ff d.A.) verweist der Klägervertreter nochmals auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 13.07.2021 - VI ZR 128/20 -.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_15\">15</a></dt>\n<dd><p>Die Klägerin beantragt,</p></dd>\n</dl>\n    \n        \n            <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_16\">16</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils</p></dd>\n</dl>\n        \n    \n    \n        \n            <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_17\">17</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">1. die Beklagten als Gesamtschuldnerinnen zu verurteilen, der Klägerin 69.615.- € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13. Januar 2014 zu zahlen abzüglich eines Gebrauchsvorteils i.H.v. 0,27 € je gefahrenem Kilometer zum Zeitpunkt der Rückgabe Zug um Zug gegen Rückübereignung des Pkw Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro, amtliches Kennzeichen …., Fahrzeugidentifizierungsnummer …,</p></dd>\n</dl>\n        \n    \n    \n        \n            <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_18\">18</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">2. festzustellen, dass sich die Beklagte zu 1 hinsichtlich des im Klagantrag zu 1 näher bezeichneten Fahrzeugs und des entsprechenden Fahrzeugbriefs seit dem 27. Dezember 2018 im Annahmeverzug befindet;</p></dd>\n</dl>\n        \n    \n    \n        \n            <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_19\">19</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">3. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Klägerin von den Kosten der vorgerichtlichen anwaltlichen Vertretung i.H.v. 1.752,90 € freizustellen</p></dd>\n</dl>\n        \n    \n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_20\">20</a></dt>\n<dd><p>Die Beklagten zu 1 und 2 beantragen jede für sich</p></dd>\n</dl>\n    \n        \n            <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_21\">21</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">Zurückweisung der Berufung.</p></dd>\n</dl>\n        \n    \n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_22\">22</a></dt>\n<dd><p>Die Beklagte zu 1 verteidigt das angefochtene Urteil; das Landgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Sie sei unschlüssig, die Berufung dementsprechend zurückzuweisen; die Klagepartei stütze sich in der Berufungsbegründung ganz überwiegend auf hier irrelevante Argumente zum VW-Dieselmotor des Typs EA189, der unstreitig im streitgegenständlichen Fahrzeug nicht eingebaut sei. Das Fahrzeug sei nicht mangelhaft; es unterfalle auch keinem verbindlichen Rückrufbescheid des KBA, infolgedessen gebe es auch keinen verpflichtenden Rückruf. Der Motor habe keine „Umschaltlogik“, das Fahrzeug könne Umweltzonen befahren, und auch gesundheitliche oder finanzielle (z.B. Kfz-Steuer-) Nachteile drohten nicht.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_23\">23</a></dt>\n<dd><p>Ein gewährleistungsrechtlicher Anspruch scheitere an der - in der Berufungsbegründung erneut erhobenen - Verjährungseinrede; der Klagepartei stünden auch keine vertraglichen, vorvertraglichen oder deliktischen Schadensersatzansprüche zu; die Angriffe der Berufungsbegründung dagegen überzeugten nicht. Es gebe wegen Verjährungseintritts auch kein Rücktrittsrecht. Darüber hinaus fehle es an der erforderlichen angemessenen Nachfristsetzung, und der Rücktritt sei auch wegen Unerheblichkeit ausgeschlossen. Die Beklagte zu 1 mache sich im Übrigen das Vorbringen der Beklagten zu 2 zu eigen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_24\">24</a></dt>\n<dd><p>Die Beklagte zu 1 sei keine Gesellschaft des VW-Konzerns und auch nicht befugt, die Beklagte zu 2 zu vertreten. Sie habe das streitgegenständliche Fahrzeug im Januar 2014 ausgeliefert und bestreite, dass es dem Kläger beim Vertragsschluss auf die Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs angekommen sei, zumal angesichts von dessen Gewicht und Motorisierung. Anschließend trägt die Beklagte zu 1 noch zur Irrelevanz der Schadstoffemissionen im Realbetrieb und dem Fehlen eines merkantilen Minderwerts vor.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_25\">25</a></dt>\n<dd><p>Hilfsweise beruft sich die Beklagte zu 1 auf den Gegenanspruch auf Nutzungsersatz; im Übrigen befinde sie sich schon mangels Hauptanspruchs, aber auch mangels ordnungsgemäßen Angebots nicht im Annahmeverzug.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_26\">26</a></dt>\n<dd><p>Auch vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten seien nicht ersatzfähig, weil sie die Erstmahnung beträfen und die Klagepartei auch nicht dargelegt habe, warum sie darauf habe vertrauen dürfen, dass die Beklagte zu 1 ohne Klageerhebung leisten würde. Es werde auch bestritten, dass im Beratungsgespräch über solche Erfolgsaussichten gesprochen worden sei; höchstwahrscheinlich“ bereits unbedingter Klageauftrag erteilt worden. Außerdem werde die Zahlung der Gebühren mit Nichtwissen bestritten. Ein Anspruch könne bei Vorsteuerabzugsberechtigung der Klägerin nur i.H. des Nettobetrages bestehen. Schließlich sei die Klagepartei wohl rechtsschutzversichert; der Anspruch sei damit auf die Rechtsschutzversicherung übergegangen. Im Übrigen bezieht sich die Beklagte zu 1 auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_27\">27</a></dt>\n<dd><p>Auch die Beklagte zu 2 verteidigt das angefochtene Urteil und meint, zu Recht habe das Landgericht einen Anspruch der Klägerin aus § 826 BGB gegen sie verneint. Eine Schädigungshandlung sei nicht einmal im Ansatz dargelegt; das Fahrzeug enthalte keine unzulässige Abschalteinrichtung, es gebe auch keinen entsprechenden KBA-Bescheid, wie dessen Auskunft für den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp vom 15.12.2020 (Anlage BE2, Bl. 419f d.A.) zeige. Auch die Untersuchungskommission Volkswagen des BMVI habe den Fahrzeugtyp auf eine dem EA189 vergleichbare „Umschaltlogik“ hin überprüft und nichts dergleichen gefunden. Auch weitere Untersuchungen im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“ und im Anhörungsverfahren hätten den Vorwurf nicht bestätigt, wie weiter ausgeführt wird.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_28\">28</a></dt>\n<dd><p>Das Landgericht habe auch zutreffend festgestellt, dass die Installation eines sog. „Thermofensters“ eine sittenwidrige Schädigung nicht begründen könne. Solche seien in allen in den letzten Jahren in der EU produzierten Dieselfahrzeugen enthalten, üblich und zum Motorschutz erforderlich, weswegen der EU-Gesetzgeber gerade Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) EGVO 715/2007 geschaffen habe. Auch der Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ habe die - weiter ausgeführte - Notwendigkeit im April 2016 ausdrücklich anerkennt.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_29\">29</a></dt>\n<dd><p>Die Beklagte zu 2 habe dem KBA im Rahmen des Freigabeverfahrens für freiwillige Updates im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“ Daten zum „Thermofenster“ einschließlich der konkreten Softwarebedatung für jede Motor-/Getriebekombination zur Verfügung gestellt; denn die Freigabe freiwilliger Software-Updates setze das Fehlen unzulässiger Abschalteinrichtungen voraus. Auch im Rahmen eines nunmehr abgeschlossenen Anhörungsverfahrens habe das KBA den streitgegenständlichen Fahrzeugtyp auf unzulässige Abschalteinrichtungen untersucht und festgestellt, dass sie nicht vorhanden seien. Dabei habe das KBA auch bestätigt, dass ihm „Thermofenster“ bekannt gewesen seien. Die zutreffende Einschätzung des KBA werde auch durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - nicht in Frage gestellt; denn dieses habe sich nicht mit dem „Thermofenster“ befasst. Selbst wenn man seine Aussagen aber zugrundelegte, bleibe das „Thermofenster“ gem. Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. A EGVO 715/2007 zulässig und geboten.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_30\">30</a></dt>\n<dd><p>Schließlich treffe die Beklagte zu 2 auch keine sekundäre Darlegungslast zum Vorliegen einer sittenwidrigen Schädigungshandlung, weil es bereits an schlüssigem Klägervorbringen dazu fehle. Jedenfalls sei ihr auf die bloße, pauschale Behauptung einer unzulässigen Abschalteinrichtung hin unzumutbar, im Einzelnen darzulegen, dass und warum keine solche verbaut sei.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_31\">31</a></dt>\n<dd><p>Weiterhin macht die Beklagte zu 2 das Fehlen konkreter Darlegungen zur Kausalität geltend. Der Klägerin sei auch mangels Betroffenheit ihres Pkw von einer unzulässigen Abschalteinrichtung kein kausaler Schaden entstanden, auch nicht in Form eines softwarebedingten Minderwerts. Ein Vorsatz der Audi AG sei nicht einmal ansatzweise dargelegt.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_32\">32</a></dt>\n<dd><p>Im landgerichtlichen Urteil liege auch keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör; die Kammer sei auf die Klägerbehauptungen sowohl einer unzulässigen Abschalteinrichtung als auch eines „Thermofensters“ eingegangen. Die Rspr. zu solchen Behauptungen „ins Blaue hinein“ sei fast einhellig und zwischenzeitlich auch vom Bundesgerichtshof bestätigt. Der Verweis auf BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19 - verfange nicht, und zwar schon, weil es dort um Kaufgewährleistung gegangen sei, vor allem aber, weil dort anders als im vorliegenden Falle die behauptete Abschalteinrichtung in groben Zügen beschrieben und andere Fahrzeuge mit derselben Motorkonfiguration genannt würden, für die bereits ein verpflichtender Rückruf angeordnet worden sei.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_33\">33</a></dt>\n<dd><p>Dass sich das Landgericht nicht mit allen von Klägerseite vorgetragenen Tatsachen auseinandergesetzt habe, begründe keine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Denn die Entscheidungsgründe enthielten gem. § 313 Abs. 3 ZPO eben nur eine kurze Zusammenfassung aller Erwägungen. Im Übrigen bezieht sich auch die Beklagte zu 2 auf ihr erstinstanzliches Vorbringen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_34\">34</a></dt>\n<dd><p>Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze und Erklärungen zu Protokoll verwiesen.</p></dd>\n</dl>\n    \n        \n            \n                \n                    \n                        <dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:90pt\">II.</p></dd>\n</dl>\n                    \n                \n            \n        \n    \n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_35\">35</a></dt>\n<dd><p>Die Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber unbegründet.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_36\">36</a></dt>\n<dd><p>1. Die Berufung ist insbesondere im Hinblick auf § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 3 ZPO noch als zulässig anzusehen. Sie konzentriert sich auf die Beanstandung des Verstoßes gegen den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör hinsichtlich ihrer Behauptungen zum Vorhandensein einer unzulässigen Abschalteinrichtung wie in den EA189-Motoren so auch im streitgegenständlichen Fahrzeug mit 3,0-l-Dieselmotor des Typs EA896Gen2 sowie zur Sittenwidrigkeit auch des Einbaus eines sog. „Thermofensters“.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_37\">37</a></dt>\n<dd><p>Für die Zulässigkeit der ersteren Beanstandung genügt hier die Geltendmachung einer Übergehung konkret bezeichneten Klägervorbringens, auch wenn der Begründung anhand der Argumente anzusehen ist, dass sie ursprünglich für einen Fall des VW-Dieselmotors des Typs EA189 verfasst worden ist. Denn sie enthält auch Argumente ohne jeden Bezug zu den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils, so etwa, dass die Klage nicht wegen Verjährung von Gewährleistungsansprüchen habe abgewiesen werden dürfen und dass für das Fahrzeug ein Update erforderlich sei (Berufungsbegründung S. 4f, Bl. 381f d.A.). Nicht auf die Urteilsbegründung bezogen sind auch die Darlegungen zur ursächlichen Entstehung eines Schadens bei der Klägerin durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs, und zwar erst recht, soweit sie auf die Situation nach einem verpflichtenden Software-Update abstellen (S. 11-16, Bl. 388-393 d.A.), sowie zum Vorsatz der Beklagten (S. 16f Bl. 393f d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_38\">38</a></dt>\n<dd><p>Jedoch genügt zur Erfüllung der Voraussetzungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2, 3 ZPO jedenfalls die Wiederholung der Rechtsansicht, infolge des Einbaus derselben unzulässigen Abschalteinrichtung wie in den EA189-Fällen, des sog. „Thermofensters“ und der behaupteten Nachteile des Software-Updates liege ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten vor, trotz der erkennbar auch insoweit standardisierten Fassung. Die Anforderungen an die Berufungsbegründung dürfen nach Ansicht des Bundesgerichtshofes nicht überspannt werden, wenn der Berufungsführer in zweiter Instanz lediglich weiterhin eine Rechtsauffassung vertritt, welche von derjenigen des erstinstanzlichen Gerichts abweicht. Die Berufung kann in solchen Fällen nicht unzulässig sein, wenn die Berufungsbegründung sich auf die Wiederholung der erstinstanzlich vertretenen Rechtsansicht beschränkt (BGH NJW 2018, 2894 - in Juris Rz. 10 -). Das trifft hier weithin auch auf den Berufungsvortrag der Klägerin zu den genannten Punkten zu. Sie genügen dann aber wegen der Einheitlichkeit des Streitgegenstandes für die Zulässigkeit der gesamten Berufung.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_39\">39</a></dt>\n<dd><p>2. Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat die Klage der Klägerin auf Schadensersatz wegen des am 15.10.2013 gekauften Gebrauchtwagens Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro gegen die Beklagte zu 1 als Verkäuferin und die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin zu Recht abgewiesen. Dies gilt zunächst für die Klage gegen die Beklagte zu 1.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_40\">40</a></dt>\n<dd><p>a) Das Landgericht hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 1 auf Rückabwicklung des Kaufvertrages vom 15.10.2013 aus §§ 434 Abs. 1, 437, 440, 326, 346ff BGB mit der Begründung verneint, die Klägerin habe schon das Vorliegen eines Mangels i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB nicht dargetan (Urteil S. 5-9, Bl. 320-324 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_41\">41</a></dt>\n<dd><p>aa) Insoweit ist schon, wie oben 1. erwähnt, die Begründung der Berufung mit einer fehlerhaften Klagabweisung wegen Verjährung verfehlt; darauf ist das erstinstanzliche Urteil nicht gestützt (Berufungsbegründung S. 4 Abs. 2 Bl. 381). Im Ergebnis kann jedoch dahinstehen, ob das streitgegenständliche Fahrzeug wegen Ausstattung der Motorsteuerung mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Form einer Prüfstandserkennung mit Umschaltfunktion oder eines sog. „Thermofensters“ bei Übergabe mangelhaft i.S.d. § 434 Abs. 1 BGB war. Wie im Senatstermin angesprochen, bedarf dies keiner weiteren Klärung, weil ein etwaiger Rückabwicklungsanspruch der Klägerin aus Kaufmängelrecht jedenfalls wegen der von der Beklagten zu 1 erhobenen Verjährungseinrede nicht durchsetzbar wäre (Klagerwiderung Bekl. 1 S. 2, Bl. 80 d.A.). Dies ergibt sich aus §§ 438 Abs. 1 Nr. 3, 444 BGB.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_42\">42</a></dt>\n<dd><p>bb) Der streitgegenständliche Pkw wurde unstreitig am 08.01.2014 der Klägerin übergeben; die Klageschrift ist am 31.12.2018 vorab per Telefax bei Gericht eingegangen und damit nach Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist gem. § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB (Bl. 1f d.A.; Klagerwiderung Bekl. 1 a.a.O.). Die Klägerin kann sich auch nicht gem. § 438 Abs. 3 BGB auf die Verlängerung der Verjährungsfrist wegen arglistigen Verschweigens des Mangels durch die Beklagte zu 1 berufen. Denn im Klägervortrag fehlt es schon erstinstanzlich, aber auch im Berufungsrechtsstreit an der Darlegung einer arglistigen Täuschung gerade durch die Beklagte zu 1. Die Klägerin behauptet noch nicht einmal, dass die Beklagte zu 1 beim Fahrzeugverkauf an die Klägerin zur Jahreswende 2013/14 Kenntnis von der Installation einer unzulässigen Prüfstandserkennung oder eines unzulässigen „Thermofensters“ in dem Pkw gehabt hätte, geschweige denn deren Willen, durch den Verkauf trotz dieser Kenntnis etwas Verbotenes zu tun (vgl. BGH 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 28 -). Daran ändert auch das - ersichtlich eher auf Ansprüche gegen die Beklagte zu 1 ausgerichtete - Klägervorbringen in der Berufungsbegründung zum Vorhandensein eines Mangels im Fahrzeug bei Übergabe nichts (S. 2-4, Bl. 379-381 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_43\">43</a></dt>\n<dd><p>b) Die Klägerin hat auch keine Ansprüche aus unerlaubter Handlung gegen die Beklagte zu 1. Soweit sie solche aus § 826 BGB, aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 6, 27 EG-FGV oder Art. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 und aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB geltend macht, fehlt es schon an konkretem Vorbringen zur Tathandlung oder zum Tatbeitrag gerade der Beklagten zu 1, insbesondere einer vorsätzlichen Täuschung oder eines vorsätzlichen oder fahrlässigen Verstoßes gegen ein Schutzgesetz. Im Übrigen gelten die nachstehenden Ausführungen unter 3. zu entsprechenden Ansprüchen gegen die Beklagte zu 2 entsprechend auch gegenüber solchen gegen die Beklagte zu 1.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_44\">44</a></dt>\n<dd><p>3. Denn die Berufung ist auch unbegründet, soweit sie sich gegen die Abweisung der Klage gegen die Beklagte zu 2 richtet. Das Landgericht hat die Klage der Klägerin auf Schadensersatz wegen des am 15.10.2013 gekauften Gebrauchtwagens Audi A6 Avant 3.0 TDI quattro gegen die Beklagte zu 2 als Herstellerin des Fahrzeugs auch unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens der Klägerin zu Recht abgewiesen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_45\">45</a></dt>\n<dd><p>a) Vertragliche und quasivertragliche Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 sind weder explizit geltend gemacht noch sonst ersichtlich.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_46\">46</a></dt>\n<dd><p>b) Das Landgericht hat jedoch auch zutreffend und unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher auch der Senat in st. Rspr. folgt, einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 aus § 826 BGB wegen Entwicklung und Inverkehrbringens des streitgegenständlichen Pkw Audi A6 Avant 3.0 TDI mit dem darin montierten 3,0-l-Dieselmotors des Typs EA896Gen2 abgelehnt, weil die Klägerin nicht schlüssig vorträgt, dass der Pkw mit derselben oder auch nur vergleichbaren unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet wäre wie die vom KBA unter dem 15.10.2015 beanstandeten VW-Dieselmotoren des Typs EA189. Soweit die Klägerin insoweit unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens zur Betroffenheit des Pkw von derselben rechtswidrigen Abschalteinrichtung Verstöße des Landgerichts gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs aus Art. 103 Abs. 1 GG beanstandet, bleibt dies erfolglos. Denn das Landgericht hat sich sehr wohl mit ihrem Vorbringen auseinandergesetzt, aber in nicht zu beanstandender Weise festgestellt, dass es angesichts des Bestreitens der Beklagten nicht schlüssig ist, und zwar auch nicht unter Berücksichtigung des Gedankens einer sekundären Behauptungslast der Beklagten wegen fehlender eigener Kenntnisse der Klägerseite (Urteil S. 8f, Bl. 323f d.A.). Art. 103 Abs. 1 GG garantiert den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass das Gericht ihnen vor der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung zum Sachverhalt gibt, das Vorbringen zur Kenntnis nimmt und bei seiner Entscheidung in Erwägung zieht. Das Gericht ist aber weder dazu verpflichtet, alle Einzelpunkte des Parteivorbringens ausdrücklich zu bescheiden, noch dazu, sich der diesbezüglichen Rechtsansicht der Partei anzuschließen (BGH 03.04.2014 - I ZR 237/12, in Juris Rz. 2 m.w.N. -; 07.07.2011 - I ZB 68/10, in Juris Rz. 12 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_47\">47</a></dt>\n<dd><p>Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin „ins Blaue hinein“ vorgetragen hat, wie die Kammer meint (Urteil S. 8, vgl. dazu BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19, in Juris Rz. 6-9 -). Denn jedenfalls fehlt ihrer Behauptung, auch der im streitgegenständlichen Fahrzeug eingebauten Dieselmotor des Typs EA896Gen2 enthalte eine unzulässige Abschalteinrichtung wie der VW-Dieselmotor des Typs EA189, eine Substantiierung durch konkrete Anhaltspunkte, wie sie der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung hat ausreichen lassen (BGH a.a.O. - in Juris Rz. 9ff -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_48\">48</a></dt>\n<dd><p>aa) Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs reicht ein Sachvortrag dann zur Begründung eines Anspruchs aus, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltendgemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten sei nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung seien, insbesondere dann, wenn die Partei von den Vorgängen keine unmittelbare Kenntnis habe; das Gericht müsse nur aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei entscheiden können, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltendgemachten Rechts vorlägen. Sei dies der Fall, so sei ggf. in die Beweisaufnahme einzutreten. Diese könne die Partei auch über nur vermutete, für wahrscheinlich oder möglich gehaltene Umstände verlangen, insbesondere dann, wenn sie mangels Sachkunde oder Einblicks in die Produktion des von der Gegenseite hergestellten Fahrzeugmodells einschließlich des Systems der Abgasrückführung oder -verminderung keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben könne. Eine Behauptung sei mithin erst dann unbeachtlich, wenn sie ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts gleichsam willkürlich „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufgestellt werde, was nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte zu rechtfertigen sei (BGH 13.07.2021 - VI ZR 128/20, in Juris Rz. 20-22 i. Anschl. an BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19, in Juris Rz. 7f -). So sei in „Abgasfällen“ hinsichtlich der Ausstattung des Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung vom Kläger mangels eigener Detailkenntnisse nur zu fordern, dass er greifbare Umstände anführt, auf die er den Verdacht gründet, sein Fahrzeug weise eine oder mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen auf (BGH 28.01.2020 - VIII ZR 57/19, in Juris Rz. 10 -). Der Bundesgerichtshof hat dabei in dem vom Klägervertreter in seinen Schriftsätzen vom 30.07.2021 und 13.09.2022 (Bl. 403ff, 537ff d.A.) angeführten Urteil vom 13.07.2021 ein einzelnes Indiz, nämlich das Vorhandensein einer Kühlmittel-Solltemperatur-Regelung in Mercedes-Fahrzeugen, bereits als hinreichend substantiierten Vortrag ausreichen lassen (BGH 13.07.2021 - VI ZR 128/20, in Juris Rz. 24-26 -). Dergleichen behauptet die Klägerin des vorliegenden Falles allerdings nicht. In dem früher entschiedenen Parallelfall hat der Bundesgerichtshof es ausreichen lassen, dass andere, mit demselben Motortyp ausgestattete Fahrzeugmodelle mit einer unzulässigen „Thermosoftware“ ausgestattet gewesen seien (ebenda - in Juris Rz. 11 -) und mehrere mit demselben Motortyp ausgestatteten Fahrzeugmodelle bereits einer verbindlichen Rückrufanordnung des KBA unterlägen, auch wenn die konkrete Modellreihe oder der konkrete Fahrzeugtyp davon nicht betroffen sei (ebenda - in Juris Rz. 12f -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_49\">49</a></dt>\n<dd><p>bb) Geht man i.S. dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung davon aus, dass die Behauptung eines einzelnen Indizes zur Substantiierung des Sittenwidrigkeitsvorwurfs gegen die Beklagte zu 2 ausreichen würde, so hat das Landgericht dennoch in nicht zu beanstandender Weise und auch im Ergebnis zutreffend festgestellt, dass es an solchen konkreten Anhaltspunkten im Klägervorbringen überhaupt fehlt (Urteil S. 8f Bl. 323f).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_50\">50</a></dt>\n<dd><p>(1) Das streitgegenständliche Fahrzeug ist unstreitig nicht mit einem VW-Drei- oder Vierzylinder-Dieselmotor der Baureihe EA189 mit 1,2, 1,6 oder 2,0 Litern Hubraum ausgestattet, sondern mit einem 3,0-l-Dieselmotor mit sechs Zylindern in V-Anordnung der sogenannten Baureihe EA896 Generation 2 (EA896Gen2), d.h. einem völlig anderen Motortyp. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat durchgehend die Annahme einer sittenwidrigen Schädigung durch Einbau einer unzulässigen Abschalteinrichtung in Fahrzeuge des VW-Konzerns mit diesem Motor aufgrund gleichartigen Klägervorbringens wie im vorliegenden Falle abgelehnt, und zwar sowohl unter dem Gesichtspunkt des Vorhandenseins einer Prüfstandserkennung wie beim Motortyp EA189 als auch unter dem eines sog. „Thermofensters“ (OLG Frankfurt/M 31.07.2020 - 10 U 163/19, in Juris Rz. 53-59 [Abschalteinrichtung] bzw. 37-51 [„Thermofenster“]; OLG Oldenburg 26.10.2020 -11 U 58/20, in Juris Rz. 47-52 bzw. 53-69; OLG Köln 20.04.2021 - 14 U 84/19, in Juris Rz. 9-16, 22f bzw. 24; OLG Brandenburg 07.06.2021 - 1 U 104/19, in Juris Rz. 28-37 bzw. 38; der abweichende frühe Hinweisbeschluss des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 22.08.2019 - 17 U 294/18, in Juris Rz. 4-22 - ist durch die zwischenzeitlichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofes und der Oberlandesgerichte überholt).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_51\">51</a></dt>\n<dd><p>(2) Die hiesige Klägerin behauptet in der Klageschrift wie in der Berufungsbegründung lediglich pauschal, Motoren des Typs EA896Gen2 seien ebenso vom sogenannten VW-Abgasskandal betroffen, weil mit derselben unzulässigen Abschalteinrichtung ausgestattet, und benötige deshalb ein Software-Update (Klageschrift S. 3f, Berufungsbegründung S. 5f, Bl. 5f, 382f d.A.). Sie bleibt aber auch den nach den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofes mindestens erforderlichen Vortrag eines konkreten Anhaltspunktes für das Betroffensein auch des von ihr erworbenen Modells mit Motor des Typs EA896Gen2 schuldig. Insbesondere trägt sie nicht konkret vor, dass in anderen Fahrzeugmodellen des VW-Konzerns mit dem 3,0-l-V6-Dieselmotor EA896Gen2 bereits unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt worden seien, erst recht nicht, dass es sich dabei um solche wie in den Fahrzeugmodellen mit den kleineren Dieselmotoren des Typs EA189 gehandelt habe, nämlich konkret um eine Prüfstandserkennung mit Umschaltfunktion für die Abgasrückführung.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_52\">52</a></dt>\n<dd><p>Ihr Vorbringen beschränkt sich vielmehr, wie im Senatstermin erörtert, auf die Wiederholung des aus anderen Sachen bekannten Vorbringens zu eben jener unzulässigen Schaltung in der Steuerung des Motortyps EA189 und die ergänzende pauschale Behauptung, dies treffe auch auf den streitgegenständlichen Motor zu. Dies gilt auch für die Ausführungen auf S. 8-11 der Berufungsbegründung dazu, dass sehr wohl eine Schädigungshandlung der Beklagten zu 2 vorliege (Bl. 385-388 d.A.). Dabei handelt es sich ersichtlich um aus einem EA189-Fall übernommene Textbausteine, deren Bezug zum konkreten Sachverhalt sich auf den hinzugefügten Satz beschränkt, das Ausgeführte gelte auch für die Fahrzeuge mit 3-l-V6-Dieselmotor. Dies gilt ferner für die Ausführungen zur ursächlichen Entstehung eines Schadens bei der Klägerin durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs und zum Vorsatz der Beklagten, welche, wie unter 1. erwähnt, keinen Bezug zur Urteilsbegründung des Landgerichts haben (Berufungsbegr. S. 11-17, Bl. 388-394 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_53\">53</a></dt>\n<dd><p>Damit beschränkt sich das Klägervorbringen auf die textbausteinartige Wiederholung von Vorbringen zu vom KBA beanstandeten anderen Motortypen, nämlich EA189 und EA897, und die pauschale Behauptung, dasselbe gelte auch für den streitgegenständlichen. Warum dies so sein soll bzw. welche Anhaltspunkte für eine solche Parallele sprechen, legt die Klägerin mit keinem Wort dar. Ihr an anderen Motortypen orientierter Vortrag geht damit letztlich bis auf die pauschale Behauptung der Gleichartigkeit inhaltlich vollständig am streitgegenständlichen Fahrzeug vorbei (vgl. zu gleichartigem Vorbringen OLG Brandenburg 07.06.2021 - 1 U 104/19, in Juris Rz. 30 -). Das gilt insbesondere auch für ihre weitere Behauptung, der Rückruf für den 3,0-l-V6-TDI-Dieselmotor laufe bereits seit November 2018 (Klageschrift S. 9 Bl. 11). Denn dem sind die Beklagten - seitens der Klägerin unwidersprochen - damit entgegengetreten, dass dieser Rückruf ausschließlich neuere Modelle mit Motor EA897 nach Schadstoffnorm EU6 betreffe, während das streitgegenständliche Fahrzeug noch nach EU5 zugelassen sei (Klagerwiderung Bekl. 2 S. 6-10, Bl. 54-58 d.A.; Klagerwiderung Bekl. 1 S. 2 unter Bezugnahme auf Vorbringen der Zweitbeklagten, Bl. 80). Im Senatstermin ist auch angesprochen worden, dass das vorgenannte Klägervorbringen zum Rückruf seit November 2018 aus Fällen bekannt ist, welche den vom KBA wegen einer ähnlichen unzulässigen Abschalteinrichtung wie im EA189 beanstandeten 3,0-l-V6-Dieselmotor des Typs EA897 nach Schadstoffnorm EU6 betreffen (nicht protokolliert, vgl. auch dazu OLG Frankfurt/M 31.07.2020 -10 U 163/19, in Juris Rz. 57, 59 -; OLG Oldenburg 26.10.2020 - 11 U 58/20, in Juris Rz. 46 -; OLG Köln 20.04.2021 - 14 U 84/19, in Juris Rz. 23 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_54\">54</a></dt>\n<dd><p>Die Klägerin trägt auch nicht vor, dass bereits andere Fahrzeugmodelle des VW-Konzerns mit dem 3,0-l-V6-Dieselmotor EA896Gen2 einer verpflichtenden Rückrufanordnung des KBA wie derjenigen vom 15.10.2015 für Pkw mit dem Motor EA189 unterfallen seien und ggf. welche Modelle (ebenso OLG Oldenburg a.a.O. - in Juris Rz. 48-53 -; OLG Brandenburg a.a.O. - in Juris Rz. 31-35 -). Von da her bleiben auch die Darlegungen der Klägerin zur Notwendigkeit eines Software-Updates für den streitgegenständlichen Pkw wie bei Fahrzeugen mit Motor EA189 haltlos.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_55\">55</a></dt>\n<dd><p>(3) So ist denn auch im vorliegenden Rechtsstreit zwischen den Parteien unstreitig geworden, dass es eine solche verpflichtende Rückrufanordnung für Fahrzeuge mit 3,0-l-V6-Dieselmotor der Baureihe EA896Gen2 bisher nicht gegeben hat und auch aktuell nicht gibt; ferner, dass die Klägerin auch keinen Rückruf für ihr konkretes Fahrzeug erhalten hat mit der Aufforderung, ein Software-Update aufspielen zu lassen oder andere Veränderungen des Abgassystems vornehmen zu lassen. Es ist auch unstreitig, dass für Motoren des Typs EA896Gen2 und damit auch für den im Pkw des Klägers eingebauten kein Software-Update existiert. Die Beklagte zu 2 räumt zwar ein, dass das KBA ein Anhörungsverfahren durchgeführt habe, trägt aber auch - wiederum unwidersprochen - vor, dass dies nicht zum Erlass einer Rückrufanordnung geführt habe. Insoweit verweist die Beklagte zu 2 zutreffend auf die vom KBA dem Oberlandesgericht Stuttgart erteilte Auskunft vom 11.09.2020 (Schriftsatz Bekl. 2 vom 22.03.2021 S. 2f, 13f, Bl. 234f, 245f; vgl. OLG Brandenburg a.a.O. - in Juris Rz. 35 -), zu welcher sich die Klägerin auch in der Berufungsbegründung nicht verhält.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_56\">56</a></dt>\n<dd><p>Das Landgericht stellt in diesem Zusammenhang auch zu Recht darauf ab, dass die genannten Gesichtspunkte umso deutlicher gegen das Vorhandensein einer unzulässigen Abschaltvorrichtung der Art wie in EA189-Motoren sprechen, als nach dem Bekanntwerden der Manipulationen an der Steuerung des Motortyps EA189 bereits über sechs Jahre verstrichen sind, ohne dass auch bei dem im streitgegenständlichen Fahrzeug verwendeten Motortyp EA896Gen2 nach Schadstoffnorm EU5 unzulässige Abschalteinrichtungen festgestellt worden wären (Urteil S. 9 Bl. 324 d.A.). Dieses Argument wiegt umso schwerer angesichts der umfassenden Berichterstattung von Presse und Medien und der andauernden Untersuchungen der zuständigen Behörden seit September 2015, wobei von letzteren eine - ausweislich der Auskunft des KBA vom 11.09.2020 und wiederum unstreitig - ab November 2019 gerade den Motortyp EA896Gen2 betraf, aber, wie ausgeführt, ebenfalls keine Beanstandung zur Folge hatte.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_57\">57</a></dt>\n<dd><p>(4) Insofern gehen auch die Hinweise der Klägerin auf den Sachmangelbegriff und die Entscheidungen des Bundesgerichtshofes (seit BGH 08.01.2019 - VIII ZR 225/17, in Juris Rz. 4-23 -) oder die obergerichtliche Rechtsprechung zu Fällen des Motorentyps EA189 ins Leere, so etwa die umfangreichen Ausführungen in der erstinstanzlichen Replik vom 16.09.2019 (Bl. 115-129 d.A.). Denn auch dort werden umfangreich und unter breiter Wiedergabe vermeintlich einschlägiger Entscheidungen Textbausteine durchweg zum Motortyp EA189 vorgetragen. Bei dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 08.01.2019 handelt es sich um eine Entscheidung zur kaufvertraglichen Sachmängelhaftung. Entgegen der offenbaren Ansicht des Klägervertreters genügt jedoch die Qualifikation einer unzulässigen Abschalteinrichtung als eines Sachmangels ohnehin nicht für die Annahme einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i.S.d. § 826 Abs. 1 BGB (OLG Frankfurt 31.07.2020 -10 U 163/19, in Juris Rz. 47 -). Abgesehen davon nennt die Klägerin, wie ausgeführt, für die Anwendbarkeit des BGH-Beschlusses auf den Motortyp EA896Gen2 wiederum keine konkreten Anhaltspunkte, sondern beschränkt sich auch hier auf wiederholte Einschübe des pauschalen Satzes, hier seien gleichartige Abschalteinrichtungen verbaut (Replik I.I. S. 1 unten, 2 Mitte, 11 Abs. 2, Bl. 115, 116, 125 d.A.). Auch das Vorbringen im Klägerschriftsatz vom 09.12.2020 (Bl. 169-175 d.A.) betrifft vollen Umfangs den EA189-Komplex und enthält nicht einmal derartige Einschübe über die Geltung für den Motor EA896Gen2.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_58\">58</a></dt>\n<dd><p>(5) Soweit der Klägervertreter im Schriftsatz vom 04.01.2021 schließlich meint, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - komme es auf den Motortyp überhaupt nicht mehr an (S. 1f Bl. 179f d.A.), übersieht er, dass gerade diese Entscheidung wiederum zum EA189-Komplex ergangen ist und auch in diesem Rahmen über die Sittenwidrigkeit der Installation der dortigen Schaltung i.S. des (dem nationalen deutschen Recht angehörenden) § 826 BGB nichts sagt (ebenso OLG Frankfurt/M a.a.O. - in Juris Rz. 50f -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_59\">59</a></dt>\n<dd><p>c) Soweit die Klägerin schon in der Klageschrift unter Verwendung eines Arguments zum Motor EA189 behauptet hat, auch das Software-Update sei mangelhaft, weil es zu einer verstärkten Belastung der Bauteile und damit zu einer reduzierten „Standfestigkeit“ (gemeint wohl: Lebensdauer) des AGR-Ventils, des Partikelfilters und zu erhöhtem Kraftstoffverbrauch des Fahrzeugs führe (Klageschrift S. 4f Bl. 6f d.A.), geht dies ins Leere angesichts dessen, dass die Beklagte zu 2 unstreitig mangels verpflichtenden Rückrufs noch gar keinen Anlass hatte, ein Software-Update für das Fahrzeug zu entwickeln und anzubieten. Auch bei diesem Vortrag handelt es sich ersichtlich um einen Textbaustein aus EA189-Fällen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_60\">60</a></dt>\n<dd><p>Abgesehen davon werden mit diesem Vorbringen technische Nachteile des Updates in Form nach wie vor die Grenzwerte überschreitenden Emissionen im Realbetrieb sowie andere Spät- oder Dauerfolgen des Updates wie verringerte Haltbarkeit von Teilen behauptet, worüber die Beklagte nicht aufgeklärt habe. Insoweit ist auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 09.03.2021 zu verweisen, nach welcher auf solche Mängel der Vorwurf der vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung nicht gestützt werden kann (BGH 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 30 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_61\">61</a></dt>\n<dd><p>d) Soweit die Klägerin daneben seit ihrem Schriftsatz vom 04.01.2021 zusätzlich auf das Vorhandensein eines sog. „Thermofensters“ in der Motorsteuerung des streitgegenständlichen Fahrzeugs abstellen möchte, greift auch dies nicht. Dies gilt für die Behauptung einer solchen Einrichtung im Software-Update schon deshalb, weil es unstreitig ein solches Update für das streitgegenständliche Fahrzeug nicht gibt. Aber auch soweit damit eine ursprünglich vorhandene, von der Beklagten arglistig verschwiegene unzulässige Abschalteinrichtung behauptet wird, hat der Bundesgerichtshof dies nicht ausreichen lassen (BGH 16.09.2021 - VII ZR 190/20, in Juris Rz. 19-26 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_62\">62</a></dt>\n<dd><p>aa) Anhaltspunkte für eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigungshandlung durch die Beklagte <span style=\"text-decoration:underline\">zu 1</span>, welche die Beklagte zu 2 sich zurechnen lassen müsste, trägt die insoweit darlegungspflichtige Klägerin ohnehin nicht vor, wie das Landgericht zutreffend erkannt hat (Urteil S. 11 Bl. 326 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_63\">63</a></dt>\n<dd><p>bb) Was den von der Klägerin ersichtlich vor allem gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachten Schadensersatzanspruch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung durch Installation des „Thermofensters“ angeht, ist inzwischen geklärt, dass darin jedenfalls vor 2016 keine vorsätzliche sittenwidrige Schädigungshandlung i.S.v. § 826 BGB zu sehen ist (so explizit OLG Schleswig 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 27 - unter Hinweis auf BGH 29.09.2021 - VII ZR 126/21 und 223/20 -; 13.10.2021 - VII ZR 50/21 -). Die Klägerin hat ihren Pkw bereits 2013 erworben; die Erstzulassung auf sie erfolgte unwidersprochen am 08.01.2014 (Klageschrift S. 3 Bl. 5 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_64\">64</a></dt>\n<dd><p>(1) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kommt die Entwicklung und Installation des „Thermofensters“ als vorsätzliche sittenwidrige Schädigung nur in Betracht, wenn bei zugunsten der Klägerseite unterstelltem objektivem Verstoß der Anwendung eines „Thermofensters“ gegen Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 weitere Umstände hinzutreten, die das Verhalten der für die Beklagte handelnden Personen als besonders verwerflich erscheinen lassen. Dies setzt jedenfalls voraus, dass diese Personen bei der Entwicklung und / oder Applikation der temperaturabhängigen Steuerung des Emissionskontrollsystems in dem Bewusstsein gehandelt hätten, eine (weitere) unzulässige Abschalteinrichtung zu verwenden, und den darin liegenden Gesetzesverstoß billigend in Kauf genommen hätten. Dies hat die Klägerseite darzulegen (BGH 19.01.2021 - VI ZR 433/19, in Juris Rz. 16-19 -); die bloße Behauptung negativer Folgen des Updates für Verbrauch und Verschleiß genügt nicht (BGH 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 23-30 -; ebenso BGH 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 12f -; BGH 16.09.2021 - <span style=\"text-decoration:underline\">VII</span> ZR 190/20, in Juris Rz. 30ff -; BGH 23.09.2021 - <span style=\"text-decoration:underline\">III</span> ZR 200/20, in Juris Rz. 21ff -). Der VI. Senat des Bundesgerichtshofes hat am 20.07.2021 eine Berufungsentscheidung des OLG Naumburg gebilligt, wonach die Beklagte allenfalls fahrlässig die Rechtslage in Bezug auf die Zulässigkeit von Thermofenstern verkannt habe (BGH 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 14 -). Schließlich hat der III. Senat mit Beschluss vom 25.11.2021 festgestellt, dass selbst dann, wenn eine Täuschung des KBA über die Installation eines „Thermofensters“ überhaupt und über die Parameter für dessen Beeinflussung auf die Abgasrückführung behauptet wird, jedenfalls eine unklare Rechtslage hinsichtlich der Zulässigkeit von „Thermofenstern“ bestand, die dem Vorwurf der Sittenwidrigkeit entgegensteht. Der Senat hat dabei zur Begründung ausdrücklich auf den Bericht der Untersuchungskommission „Volkswagen“ des BMVI vom April 2016 verwiesen, wonach „Thermofenster“ bei allen Herstellern üblich und zulässig seien (BGH 25.11.2021 - III ZR 202/21, in Juris Rz. 14f -) und damit die gleichlautende, einhellige obergerichtliche Rechtsprechung bestätigt. Der VII. Senat des Bundesgerichtshofes hat schließlich kürzlich darauf abgestellt, dass auch nach dem Klägervorbringen die Abgasreinigung bei Installation des „Thermofensters“ auf dem Prüfstand und im Realbetrieb in gleicher Weise funktioniere und auch nicht dargelegt sei, dass die Temperatur-oder Höhenbereiche exakt auf die Bedingungen des Prüfstands zugeschnitten seien (BGH 21.04.2022 - VII ZR 70/21, in Juris Rz. 16-20 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_65\">65</a></dt>\n<dd><p>Damit bestätigt der Bundesgerichtshof die einhellige obergerichtliche Rechtsprechung, nach der ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes bei Fehlen anderer konkreter Anhaltspunkte nicht als verwerflich angesehen werden kann; dann aber fehlt es an einem sittenwidrigen Verhalten unabhängig davon, ob ein „Thermofenster“ generell oder jedenfalls das im konkreten Fahrzeug geschaltete objektiv unzulässig ist (OLG Köln 04.07.2019 - 3 U 148/18, in Juris Rz. 6 -; OLG Köln 02.04.2020 - 8 U 3/19, BeckRS 2020, 8398 Rz. 11f; OLG Stuttgart 30.07.2019 - 10 U 134/19, in Juris Rz. 81-100 -; i. Anschl. daran OLG Bamberg 31.03.2020 - 3 U 57/19, BeckRS 2020, 9901 Rz. 18f -; OLG Düsseldorf 12.03.2020 - 5 U 110/19, BeckRS 2020, 9904 Rz. 30ff -; OLG Koblenz 21.10.2019 - 12 U 246/19, in Juris Rz. 38-49 -; OLG München 20.01.2020 - 21 U 5072/19, in Juris Rz. 30-34 -; 10.02.2020 - 3 U 7524/19, in Juris Rz. 12-15 -; OLG Oldenburg 01.04.2020 - 5 U 107/19, BeckRS 2020, 9827 Rz. 27-29 -; OLG Saarbrücken 05.01.2022 - 2 U 86/21, in Juris Rz. 21-26 -; OLG Schleswig 18.09.2019 - 12 U 123/18, in Juris Rz. 40-49 -; 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 27 -; ähnlich OLG Celle 18.12.2019 - 7 U 511/18, in Juris Rz. 24-34 -). Die Auslegung, das sog. „Thermofenster“ sei eine zulässige Abschalteinrichtung i.S.d. Art. 5 Abs. 2 S. 2 lit. a) EGVO 715/2007, war 2015/16 nach alledem jedenfalls nicht unvertretbar (OLG Stuttgart a.a.O. - in Juris Rz. 89-91 -; ebenso die schon zitierten Entscheidungen zu Parallelfällen des Motors EA896Gen2: OLG Frankfurt 31.07.2020 - 10 U 163/19, in Juris Rz. 38-51 -; OLG Oldenburg 26.10.2020 - 11 U 58/20, in Juris Rz. 57-69 -; OLG Köln 20.04.2021 - 14 U 84/19, in Juris Rz. 24 -; OLG Brandenburg 07.06.2021 - 1 U 104/19, in Juris Rz. 38 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_66\">66</a></dt>\n<dd><p>(2) Danach beruft sich die Beklagte zu 2 jedenfalls zutreffend - und im Übrigen auch unwidersprochen - unter Anführung des Berichts der Untersuchungskommission „Volkswagen“ beim Bundesverkehrsministerium vom April 2016 auf die Üblichkeit und Zulässigkeit von „Thermofenstern“ bei Dieselmotoren mit Abgasrückführungstechnik. Denn ein Handeln unter vertretbarer Auslegung des Gesetzes kann bei Fehlen anderer konkreter Anhaltspunkte nicht als verwerflich angesehen werden; dann aber fehlt es an einem sittenwidrigen Verhalten unabhängig davon, ob das „Thermofenster“ generell oder jedenfalls das im konkreten Fahrzeug geschaltete objektiv unzulässig ist (BGH und obergerichtl. Rspr. a.a.O.). Mithin kann auch ein Schädigungsvorsatz i.S.d. § 826 BGB nicht festgestellt werden (BGH 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 14f -; OLG Stuttgart a.a.O. - in Juris Rz. 92-94 -; OLG München 20.01.2020 - 21 U 5072/19, in Juris Rz. 34 -; OLG München 10.02.2020 - 3 U 7524/19, in Juris Rz. 13 -; OLG Oldenburg a.a.O. Rz. 29; OLG Saarbrücken 05.01.2022 - 2 U 86/21, in Juris Rz. 21-26 -; OLG Schleswig 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 27 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_67\">67</a></dt>\n<dd><p>Insoweit kommt es nicht einmal darauf an, ob die Beklagte zu 2 die Grenzwerte des „Thermofensters“ dem KBA detailliert offengelegt hat oder nicht. Denn auch wenn dies nicht der Fall war, könnte dieser Umstand noch nicht zur Feststellung einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigungshandlung führen. Denn dann wäre das KBA seinerseits nach dem Amtsermittlungsgrundsatz gem. § 24 Abs. 1 VwVfG gehalten gewesen, diese zu erfragen, um die Zulässigkeit der verwendeten Abschalteinrichtungen überprüfen zu können (BGH 15.09.2021 - VII ZR 3/21 und 101/21, in Juris Rz. 17 bzw. 20 -; 16.09.2021 - BGH VII ZR 190/20, in Juris Rz. 26 -; 29.09.2021 - VII ZR 45/21, in Juris Rz. 17 -; 13.10.2021 - VII ZR 50/21, in Juris Rz. 16 -; OLG München 01.03.2021 - 8 U 4122/20 -; OLG Schleswig 30.11.2021 - 7 U 36/21, in Juris Rz. 57; 14.04.2022 - 7 U 190/21, in Juris Rz. 31 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_68\">68</a></dt>\n<dd><p>(3) Abgesehen davon hat die Beklagte zu 2 dazu bereits im Schriftsatz vom 22.03.2021 unwidersprochen vorgetragen, bereits im Untersuchungsbericht der Kommission „Volkswagen“ habe das KBA konstatiert, der Verdacht gegen Modelle wie den Pkw Audi A6 mit 3,0-l-Motor habe sich nicht bestätigt (S. 24-26, Bl. 256-258 d.A.). Später habe sie dem KBA im Rahmen des „Nationalen Forums Diesel“ ab 2017 die Daten des „Thermofensters“ für die mit dem genannten Motor ausgestatteten Fahrzeuge übermittelt und freiwillig ein Software-Update entwickelt. Da die Freigabe dieses Updates voraussetze, dass in der ursprünglichen Schaltung keine unzulässige Abschalteinrichtung eingebaut sei, habe das KBA die Daten geprüft und daraufhin das freiwillige Update freigegeben. Auch in dem schon erwähnten Anhörungsverfahren ab November 2019 sei die Bedatung des „Thermofensters“ überprüft, aber nicht beanstandet worden, was das KBA in der Auskunft an das OLG Stuttgart vom 11.09.2020 auch erklärt habe, und zwar für alle Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns mit dem 3,0-l-V6-TDI-Motoren der Generation 2 nach Schadstoffnorm EU5 (Beklagtenschriftsatz v. 22.03.2021 S. 5-16, Bl. 237-248 d.A.). Die Klägerin hat all dies nicht bestritten, sondern es lediglich für unmaßgeblich gehalten, da nur die Herstellerangaben geprüft worden seien und diese erst ab 2016 im Typgenehmigungsverfahren offenbart werden müssten (Klägerschriftsatz v. 13.04.2021 S. 2, Bl. 270 d.A.). Dabei liegt letzteres neben der Sache, weil die Beklagte zu 2 im Schriftsatz vom 22.03.2021 gerade ausdrücklich vorgetragen hat, ab 2017 dem KBA tatsächlich die genaue Bedatung des ursprünglich vorhandenen „Thermofensters“ zur Überprüfung mitgeteilt zu haben. Im Übrigen behauptet die Klägerin selbst nicht, dass die Beklagte zu 2 dem KBA unzutreffende Angaben etwa über die Reichweite des „Thermofensters“ gemacht habe.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_69\">69</a></dt>\n<dd><p>(4) Soweit der Klägervertreter demgegenüber darauf abstellen will, dass bereits die Existenz des „Thermofensters“ als solche nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 17.12.2020 - C-693/18 - generell unzulässig sei oder jedenfalls insoweit, als die Reduzierung der Abgasrückführung nicht erforderlich sei (Schriftsatz v. 13.04.2021 S. 2-13, Bl. 270-281 d.A.), ist schon weder dargelegt noch sonst ersichtlich, wie die Beklagte zu 2 dieses nach dem Aktenzeichen im Jahre 2018 eingeleitete Verfahren bei Entwicklung und Einbau des Software-Updates in den streitgegenständlichen Pkw vor dem Kauf der Klägerin vom 15.10.2013 hätte kennen können. Gleiches gilt für die Urteile des Europäischen Gerichtshofes vom 14.07.2022 in im Jahre 2020 eingeleiteten Vorlageverfahren wegen der Auslegung von Artt. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 zu „Thermofenstern“ als Abschalteinrichtungen und deren Unzulässigkeit (EuGH 14.07.2022 - C-128/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 30-70; C-134/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 37-54, 62-82; C-145/20, Leitsatz 2 mit Rz. 59-81, alle zit. n. Juris -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_70\">70</a></dt>\n<dd><p>Unabhängig davon hat der Europäische Gerichtshof in der C-693/18 mit Urteil vom 17.12.2020 auf die Anfrage eines französischen Gerichts nur die bekannte, in VW-EA189-Motoren ursprünglich vorhandene Umschaltfunktion mit Prüfstandserkennung für unzulässig erklärt. Dagegen hat er sich nicht mit einer Außentemperaturerkennung und einer Steuerung der Abgasrückführung in Abhängigkeit davon befasst, wie sich aus Tenor und Begründung der Entscheidung ergibt (EuGH NJW 2021, 1206ff, insbes. 1206f und 1220f, zuletzt in Rz. 115). Dass demgegenüber die Ausstattung der Motorsteuerung mit einer Umschaltung auf eine korrekte Abgasnachbehandlung nur auf dem Prüfstand gegen Art. 5 Abs. 2 S. 2 EGVO 715/2007 verstößt, wie der EuGH ausführt, haben auch alle deutschen Gerichte von Anfang an erkannt und ist auch seit BGH 08.01.2019 - VIII ZR 225/17 - vom Bundesgerichtshof bestätigt. Ein solcher Fall wird hier mit dem „Thermofenster“ aber gerade nicht behauptet; es weist gerade keine Prüfstandserkennung auf, sondern reduziert die Abgasrückführung auch im gewöhnlichen Fahrbetrieb bei entsprechenden Temperaturen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_71\">71</a></dt>\n<dd><p>Nach der oben ausgeführten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, welcher der Senat folgt, kann der Vorwurf des sittenwidrigen Handelns i.S.d. § 826 BGB wegen der Installation des sog. „Thermofensters“ nur bei Hinzutreten weiterer, über die bloße objektive Verbotswidrigkeit hinausgehender Umstände erhoben werden (BGH 19.01.2021 - VI ZR 433/19, in Juris Rz. 16-19 -; 09.03.2021 - VI ZR 889/20, in Juris Rz. 23-30 -; 20.07.2021 - VI ZR 1154/20, in Juris Rz. 12-14 -; 16.09.2021 - VII ZR 190/20, in Juris Rz. 30ff -; BGH 23.09.2021 - III ZR 200/20, in Juris Rz. 21ff -; 25.11.2021 - III ZR 202/21, in Juris Rz. 14f -; vgl. auch die einen Parallelfall des Motortyps EA896Gen2 betreffende Entscheidung OLG Frankfurt 31.07.2020 - 10 U 163/19, in Juris Rz. 50f -). Daran ändern auch die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes vom 14.07.2022 nichts, nach welchen „Thermofenster“ mit der von den Herstellern gegebenen Begründung unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 darstellen (EuGH 14.07.2022 - C-128/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 30-70; C-134/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 37-54, 62-82; C-145/20, Leitsatz 2 mit Rz. 59-81, alle zit. n. Juris -). Denn wie ausgeführt, genügt der objektive Gesetzesverstoß nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht zur Begründung des Sittenwidrigkeitsvorwurfes gem. § 826 BGB. Diese Vorschrift gehört im Übrigen dem nationalen Recht der Bundesrepublik Deutschland an; ihre Auslegung fällt nicht in die Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofes.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_72\">72</a></dt>\n<dd><p>e) Das Landgericht hat auch zu Recht festgestellt, dass ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. den Zulassungsvorschriften Artt. 12, 18 EGRL 2007/46, Artt. 3 Nr. 10, 5 Abs. 2 EGVO 715/2007, §§ 4, 6, 25, 27 EG-FGV der Klägerin auch dann nicht zusteht, wenn man von einem Verstoß der Beklagten gegen diese Vorschriften auszugehen hätte. Dies tut die Rechtsprechung von Beginn an einhellig im Hinblick auf den Einbau der Umschaltvorrichtung mit Prüfstandserkennung in EA189-Motoren (vgl. nur BGH 08.01.2019 - VIII ZR 225/17, in Juris Rz. 4-23 -). Soweit der Klägervertreter von einem Verstoß gegen die genannten Zulassungsvorschriften auch im Hinblick auf eine vergleichbare Einrichtung im 3,0-l-V6-Dieselmotor des Typs EA896Gen2 sowie das sog. „Thermofenster“ in der Software ausgeht, fehlt es am Verstoß gegen ein den Schutz eines anderen bezweckenden Gesetzes i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB. Denn entgegen der Auffassung der Klägerin stellen die Zulassungsvorschriften keine Schutzgesetze i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB dar (BGH 25.05.2020 - VI ZR 252/19, in Juris Rz. 72-77 -; st. Rspr. auch des Senats seit Urteil vom 19.02.2019 - 7 U 134/17, in Juris Rz. 137-159 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_73\">73</a></dt>\n<dd><p>Auch hieran ändern die oben zitierten, erst am 14.07.2022 ergangenen Urteile des Europäischen Gerichtshofes, nach welchen „Thermofenster“ mit der von den Herstellern gegebenen Begründung unzulässige Abschalteinrichtungen i.S.d. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 715/2007 darstellen (EuGH 14.07.2022 - C-128/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 30-70; C-134/20, Leitsätze 1 u. 2 mit Rz. 37-54, 62-82; C-145/20, Leitsatz 2 mit Rz. 59-81, alle zit. n. Juris -), schon aus Gründen der Chronologie nichts am Ergebnis; die Beklagte zu 2 konnte diese Entscheidungen in den Jahren bis zum Kauf der Klägerin am 15.10.2013 nicht kennen.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_74\">74</a></dt>\n<dd><p>Soweit der Generalanwalt beim EuGH in seiner Stellungnahme vom 02.06.2022 zu EuGH C-100/21 die Auffassung vertreten hat, die europarechtlichen Zulassungsvorschriften schützten mangels anderer einschlägiger Rechtsinstitute auch den Käufer vor dem Erwerb von den Zulassungsvorschriften nicht entsprechenden Fahrzeugen, ist dem nicht beizutreten. Die Sache ist deshalb auch nicht dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen oder auszusetzen. Insoweit schließt sich der Senat der Auffassung der Oberlandesgerichte Frankfurt/M und München an (OLG Frankfurt/M 01.08.2022 - 11 U 144/20, in Juris Rz. 3-14 -; OLG München 01.07.2022 - 8 U 1671/22, in Juris Rz. 26-37 -). Damit verbleibt es im Ergebnis dabei, dass der Senat der vorliegenden Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes folgt.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_75\">75</a></dt>\n<dd><p>Im Übrigen kann angesichts der oben ausgeführten unsicheren Rechtslage für die Hersteller zur Zeit der Entwicklung und Installation des „Thermofensters“ im streitgegenständlichen Fahrzeug sowie zum Zeitpunkt von dessen Kauf durch die Klägerin auch nicht von Fahrlässigkeit der Beklagten zu 2 ausgegangen werden. Denn Fahrlässigkeit setzt die Erkennbarkeit der Rechtswidrigkeit des Handelns voraus; ein Rechtsirrtum des Handelnden schließt Fahrlässigkeit nur bei Unvermeidbarkeit aus. Ein Rechtsirrtum ist jedoch auch bei Anlegung des erforderlichen strengen Maßstabes dann ausnahmsweise unvermeidbar, wenn der Schuldner nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage mit einem Unterliegen im Rechtsstreit nicht zu rechnen brauchte. Dafür genügt es, dass die zuständige Aufsichtsbehörde die Rechtsfrage zugunsten des Handelnden beantwortet hätte (BGH 27.06.2017 - VI ZR 424/16, in Juris Rz. 16f -; 27.09.1989 - IVa ZR 156/88, in Juris Rz. 8 -; 17.12.1969 - VIII ZR 10/68, in Juris Rz. 9 -; i. Anschl. daran OLG Hamm 24.06.2022 - 30 U 90/21, in Juris Rz. 82-97 -). Im vorliegenden Falle wäre jedoch angesichts der oben ausgeführten Üblichkeit solcher Schaltungen in Motorsteuerungen von Dieselfahrzeugen jedenfalls bis 2016 und der Nichtbeanstandung von „Thermofenstern“ durch das KBA als zuständige Aufsichtsbehörde sogar bis heute eine Auskunft des KBA an die Beklagte zu 2 zur Zeit der Entwicklung und Installation des „Thermofensters“ im streitgegenständlichen Fahrzeug sowie zum Zeitpunkt von dessen Kauf durch die Klägerin am 15.10.2013 jedenfalls im Sinne der Zulässigkeit ergangen. Mithin kann der Beklagten zu 2 ein Verschulden i.S.d. § 823 Abs. 2 BGB auch nicht in Form der Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden. Insoweit tritt der Senat den entsprechenden Ausführungen der Oberlandesgerichte Frankfurt/M und Hamm zu Parallelfällen bei (OLG Frankfurt/M OLG 01.08.2022 11 U 144/20, in Juris Rz. 10-14 -; Hamm 24.06.2022 - 30 U 90/21, in Juris Rz. 82-103, bes. 86 -).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_76\">76</a></dt>\n<dd><p>f) Auch ein Schadensersatzanspruch aus §§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. 263 Abs. 1 StGB steht der Klägerin gegen die Beklagte zu 2 nicht zu. Insofern liegt zwar kein Fall wie derjenige vor, welchen der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 30.07.2020 entschieden hat; es liegt kein Gebrauchtfahrzeugkauf vor, für welchen die Absicht der Verantwortlichen der Beklagten zu 2 zur eigenen oder fremdnützigen stoffgleichen Bereicherung unter allen Gesichtspunkten verneint werden könnte (BGH 30.07.2020 - VI ZR 5/20, in Juris Rz. 17-26 -). Jedoch hat das Landgericht zu Recht darauf abgestellt, dass es für den hiesigen Fall eines mit dem Motor des Typs EA896Gen2 ausgestatteten Fahrzeugs wie zu § 826 BGB (s.o. a]-d]), so auch zu §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 Abs. 1 StGB schon am schlüssigen Vortrag einer Täuschungshandlung der Verantwortlichen der Beklagten zu 2 fehlt (Urteil S. 11 Bl. 326 d.A.).</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_77\">77</a></dt>\n<dd><p>4. Mangels Hauptforderung sind auch die Berufungsanträge zu 2 und 3 auf Feststellung des Annahmeverzuges und Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten unbegründet.</p></dd>\n</dl>\n    <dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_78\">78</a></dt>\n<dd><p>5. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 709 ZPO. Ein Anlass zur Zulassung der Revision i.S.d. § 543 Abs. 2 ZPO war nicht erkennbar; der Senat folgt durchweg den Entscheidungen des Bundesgerichtshofes. Der Berufungsstreitwert war gem. § 63 Abs. 2 GKG nach dem mit der Berufung weiterverfolgten Klagantrag zu 1 (Urteil S. 4, Berufungsbegründung S. 1, Bl. 319, 378 d.A.) festzusetzen auf die Gebührenstufe bis 80.000.- €. Ein Abzug für den Nutzungsvorteil war nicht zu berücksichtigen; denn die Klägerin hat diesen im Antrag zu 1 nicht beziffert oder berechenbar eingegrenzt, der Berechnungszeitpunkt soll vielmehr der der tatsächlichen Fahrzeugrückgabe sein, er liegt mithin in ungewisser Zukunft. Die Anträge zu 2 und 3 sind streitwertirrelevant.</p></dd>\n</dl>\n</div></div>\n</div></div>\n<a name=\"DocInhaltEnde\"><!--emptyTag--></a><div class=\"docLayoutText\">\n<p style=\"margin-top:24px\"> </p>\n<hr style=\"width:50%;text-align:center;height:1px;\">\n<p><img alt=\"Abkürzung Fundstelle\" src=\"/jportal/cms/technik/media/res/shared/icons/icon_doku-info.gif\" title=\"Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.\" onmouseover=\"Tip('<span class=\"contentOL\">Wenn Sie den Link markieren (linke Maustaste gedrückt halten) können Sie den Link mit der rechten Maustaste kopieren und in den Browser oder in Ihre Favoriten als Lesezeichen einfügen.</span>', WIDTH, -300, CENTERMOUSE, true, ABOVE, true );\" onmouseout=\"UnTip()\"> Diesen Link können Sie kopieren und verwenden, wenn Sie <span style=\"font-weight:bold;\">genau dieses Dokument</span> verlinken möchten:<br>https://www.rechtsprechung.niedersachsen.de/jportal/?quelle=jlink&docid=KORE271762022&psml=bsndprod.psml&max=true</p>\n</div>\n</div>\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n\n \n\n\n\n\n"
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August 2022 wird zurückgewiesen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p>Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.</p></dd>\n</dl>\n</div></div>\n<div class=\"docLayoutMarginTopMore\"><h4 class=\"doc\">\n<!--hlIgnoreOn-->Gründe<!--hlIgnoreOff-->\n</h4></div>\n<div class=\"docLayoutText\"><div>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p></p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:90pt\"><strong>I.</strong></p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_1\">1</a></dt>\n<dd><p>Der Antragsteller begehrt u.a. zum Inflationsausgleich ab Juli 2022 einen deutlich höheren Regelbedarf als vorläufige Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_2\">2</a></dt>\n<dd><p>Der 1970 geborene Antragsteller lebt allein zur Untermiete in einer Wohnung in K. Er ist nicht erwerbstätig, bezieht kein Einkommen und verfügt über kein relevantes Vermögen. Die Antragsgegnerin bewilligte ihm für den Monat Juli 2020 Regelleistungen in Höhe von 449 € nebst Leistungen für die Kosten der Unterkunft (nicht bestandskräftiger Änderungsbescheid vom 14. Juli 2022 für die Zeit vom 1. Oktober 2021 bis 31. Juli 2022). Für den Zeitraum vom 1. August 2022 bis zum 31. Juli 2023 bewilligte der Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung wiederum eines Regelbedarfs in Höhe von 449 € (Bescheid vom 14. Juli 2022). Mit Änderungsbescheid vom 23. August 2022 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller weitere Leistungen wegen der Erhöhung des monatlichen Heizkostenabschlages rückwirkend ab August 2022. Sowohl gegen den Ursprungsbescheid vom 14. Juli 2022 als auch gegen den Änderungsbescheid 23. August 2022 erhob der Antragsteller Widerspruch, worüber noch nicht entschieden ist.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_3\">3</a></dt>\n<dd><p>Am 3. Juli 2022 hat der Antragsteller bei dem Sozialgericht (SG) Kiel einen Eilantrag auf Verpflichtung zur Gewährung vorläufig höherer Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gestellt. Die beanspruchte höhere Regelleistung begründet er mit einer grundsätzlichen Unterdeckung seiner SGB-II - Leistungen insbesondere gemessen an der tatsächlichen Inflationsrate. Die Erhöhung zum 1. Januar 2022 sei evident unzureichend gewesen. Dies gelte für alle Warengruppenanteile, für die die Leistungen teilweise (etwa Gesundheitspflege) sogar gekürzt worden seien. Gemessen an der realen Preissteigerung, die vom statistischen Bundesamt mit 122,7 % im April 2022 in Bezug auf das Jahr 2015 ermittelt worden sei, liege etwa in der Abteilung „Nahrung, alkoholfreie Getränke“ eine statistische Unterdeckung in Höhe von 17,88 € monatlich vor. Entsprechende Lücken bestünden in den übrigen Abteilungen. Unter Bezugnahme auf den Antrag der Bundestagsfraktion Die Linke vom 26. April 2022 (BT-Drucks 20/1502) hat der anwaltlich vertretene Antragsteller beantragt, ihm vorläufig Leistungen zur Sicherung des Regelbedarfs in Höhe von 687 € monatlich, also 238 € monatlich zusätzlich, zu gewähren. Die Berechnungsmethode für die existenzsichernden Leistungen müsse grundsätzlich verändert werden.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_4\">4</a></dt>\n<dd><p>Am 27. Juli 2022 erhielt der Antragsteller gemäß § 73 SGB II einen Einmalbetrag in Höhe von 200 € vom Antragsgegner.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_5\">5</a></dt>\n<dd><p>Das SG Kiel hat den Eilantrag mit Beschluss vom 2. August 2022 abgelehnt. Ein Anordnungsgrund könne nur für die Monate Juli bis Dezember 2022 in Betracht kommen, da ein Eilverfahren zur Behebung einer aktuellen, also gegenwärtig noch bestehenden Notlage erforderlich sein müsse und zudem die Regelbedarfe regelmäßig zum 1. Januar eines Jahres angepasst würden. In diesem zulässigen zeitlichen Rahmen bestünde kein Anordnungsanspruch. Die Leistungen seien nach der Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von monatlich 449 € zutreffend entsprechend den gesetzlichen Regelungen bewilligt worden. Im Prüfungsumfang eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens gebe es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Anpassungsmechanismen. Schreibe man entsprechend der Betrachtungsweise des Antragsstellers den Regelbedarf aus dem Jahr 2015 für die einzelnen Abteilungen in das Jahr 2022 anhand der - allerdings korrekterweise auf die einzelnen Abteilungen bezogenen - Inflationsraten fort, ergäbe dies zwar einen Mehrbedarf von 40,10 €. Diese Berechnung sei jedoch nicht zutreffend. Der Gesetzgeber habe mit dem Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe (Regelbedarfsermittlungsgesetz-RBEG) vom 9. Dezember 2020 eine neue Erhebung der Regelbedarfe auf der Grundlage einer Sonderauswertung der Einkommens-und Verbrauchsstichprobe 2018 vorgenommen und die Leistungen anhand des aktuellen Ausgabeverhaltens der einkommensschwachen Haushalte bestimmt. Dies zugrunde gelegt sei aufgrund der Entwicklung der Verbraucherpreise ein rechnerischer Mehrbedarf aufgrund der Inflationsrate mit 34,42 € monatlich zu errechnen. Hinsichtlich der Einzelheiten der Berechnungen wird auf den Beschluss verwiesen. Dem gegenüber lägen Einsparungen durch das 9 € Ticket für die Abteilung 7 (Verkehr) für die Monate Juni, Juli und August 2022, wodurch in diesen Monaten vom Regelbedarfsanteil in Höhe von 40,27 € insgesamt 31,27 € dem Antragsteller zur Verfügung gestanden hätten, um andere Bedarfe zu decken. Eine denkbare Bedarfslücke von September bis Dezember 2022, die mit 137,68 € (4 × 34,42 €) zu errechnen sei, werde durch die Einmalzahlung von 200 € im Juli 2022 ausreichend gedeckt.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_6\">6</a></dt>\n<dd><p>Der Antragsteller hat am 1. September 2022 Beschwerde gegen den Beschluss des SG Kiel eingelegt, mit der er sein Begehren unter Bezugnahme auf sein erstinstanzliches Vorbringen weiterverfolgt. Ergänzend trägt er unter Berufung auf das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vor, dass die für die Ermittlung von Regelbedarfen verwendete Statistikmethode nur sehr unregelmäßig anfallende Anschaffungen offensichtlich nicht realitätsgerecht erfasse. Dies gelte insbesondere für die sogenannte weiße Ware (z. B. Waschmaschine oder Herd). Es komme hinzu, dass die Erhebungen jeweils veraltet seien, weil die Daten weit vor der Realität des Bedarfs lägen und in der Zwischenzeit maßgebliche Veränderungen eingetreten seien. Der Gesetzgeber habe mit dem Statistikmodell keine Vorkehrungen dagegen getroffen, dass aufgrund von Veränderungen spezifische Risiken der Unterdeckung aufträten. Die vom BVerfG geforderten Ausgleichsmechanismen bei extremen Preissteigerungen seien nicht umgesetzt worden. Hinzu kämen grundsätzliche Fehler wie die Reduzierung der Personengruppe der unteren Einkommensbezieher auf nur noch 15 % und das „willkürliche Herausstreichen“ einzelner Bedarfe in den unterschiedlichen Warengruppen. Damit habe sich das SG Kiel in seinem Beschluss nur unzureichend beschäftigt. Schließlich habe der Antragsgegner die Zahlung nach § 73 SGB II verspätet geleistet. Er könne jedoch nicht rückwirkend am gesellschaftlichen Leben (etwa zur Kieler Woche im Juni 2022) teilnehmen. Ein vorheriges Ansparen für eine solche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sei angesichts der gegenwärtigen weltpolitischen Situation und der hohen Inflationsrate nicht möglich.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_7\">7</a></dt>\n<dd><p>Der Antragsteller beantragt,</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_8\">8</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">den Beschluss des SG Kiel vom 2. August 2022 aufzuheben und den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig ab 3. Juli 2022 bis zu einer vom Gericht zu bestimmenden Zeit, längstens jedoch bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Berücksichtigung eines Regelbedarfs in Höhe von 687 €, also weitere 238 € monatlich, zu bewilligen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_9\">9</a></dt>\n<dd><p>Der Antragsgegner beantragt,</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_10\">10</a></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:36pt\">die Beschwerde zurückzuweisen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_11\">11</a></dt>\n<dd><p>Der Antragsgegner hält den Beschluss des SG für zutreffend und sieht sich hinsichtlich der Bemessung der Regelbedarfe an das Gesetz gebunden.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_12\">12</a></dt>\n<dd><p>Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte verwiesen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt></dt>\n<dd><p style=\"margin-left:90pt\"><strong>II.</strong></p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_13\">13</a></dt>\n<dd><p>1. Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§ 173 Satz 1 und 2 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Sie ist statthaft, weil der Wert des Gegenstands der sinngemäß für 6 Monate zusätzlich begehrten Regelleistungen die Wertgrenze von 750 € übersteigt (§ 172 Abs. 3 Nr. 1 i.V.m. § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_14\">14</a></dt>\n<dd><p>2. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu Recht abgelehnt.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_15\">15</a></dt>\n<dd><p>Gemäß § 86 b Abs. 2 SGG kann das Gericht auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf einen Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Entscheidungserhebliche Angaben sind dabei von den Beteiligten glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung [ZPO]).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_16\">16</a></dt>\n<dd><p>a) Der Antragsteller hat einen Anordnungsanspruch auf Berücksichtigung eines Regelbedarfs in Höhe von 687 € nicht glaubhaft gemacht. Der Regelbedarf zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst insbesondere Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Haushaltsenergie ohne die auf die Heizung und Erzeugung von Warmwasser entfallenden Anteile sowie persönliche Bedürfnisse des täglichen Lebens (§ 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Der vom Antragsgegner berücksichtigte Regelbedarf für einen Alleinstehenden nach der Regelbedarfsstufe 1 von 449 € entspricht den gesetzlichen Vorschriften (§§ 41 Abs. 2, 42 Nr. 1, 28 nebst Anlage, 28a, 27a Abs. 1 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch [SGB XII] i.V.m.§ 8 RBEG vom 9. Dezember 2020, BGBl. I S. 2855, sowie §§ 1 und 2 der aufgrund der Ermächtigung in § 40 SGB XII erlassenen Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung vom 13. Oktober 2021 [RBSFV 2022]) für die Zeit von Juli bis Dezember 2022 entsprechend der Bewilligungsbescheide des Antragsgegners.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_17\">17</a></dt>\n<dd><p>b) Darüber hinaus gehende Leistungen unter Zugrundlegung eines höheren Regelsatzes kann der Senat wegen der Bindung der Gerichte an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) nicht zusprechen. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung erfordert - wie jede Regelung im vorläufigen Rechtsschutz - neben dem Anordnungsgrund einen Anordnungsanspruch. Die Anordnung bedarf einer materiell-rechtlichen Grundlage, deren Voraussetzungen glaubhaft zu machen sind. Vorliegend fehlt es an einer solchen materiell-rechtlichen Grundlage im einfachen Recht.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_18\">18</a></dt>\n<dd><p>Diese ergibt sich auch nicht unmittelbar aus Verfassungsrecht. Zwar haben Fachgerichte einstweiligen Rechtsschutz zu gewähren, wenn sie ernstliche Zweifel haben, ob eine Norm des einfachen Rechts, die von der Behörde als Ermächtigungsgrundlage für einen Eingriff in die Rechtssphäre des Betroffenen genutzt wird, mit dem Grundgesetz vereinbar ist (Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl., § 86b SGG (Stand: 08. September 2022), Rn. 87). Etwas anderes gilt jedoch für die Erweiterung von einfachgesetzlich nicht vorgesehenen Rechten unter Berufung auf ein vermeintliches verfassungswidriges defizitäres Handeln des Gesetzgebers. Den Fachgerichten ist es in diesen Fällen verwehrt, im Eilverfahren selbst unmittelbar aus der Verfassung öffentlich-rechtliche Ansprüche zu schöpfen. Eine sich allein auf Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG und dem daraus folgenden Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums stützende Verurteilung zur vorläufigen Bewilligung von höheren Leistungen würde gegen das in Art. 100 GG verankerte Verwerfungsmonopol des BVerfG für gesetzliche Normen verstoßen. Aufgrund der durch § 20 SGB II iVm § 28 SGB XII und dem Regelbedarfsermittlungsgesetz klar bestimmten Regelbedarfshöhe besteht kein Raum, über eine verfassungskonforme Auslegung der Vorschriften zu einem höheren Regelsatz zu kommen. Den Gerichten ist es nicht gestattet, den zuständigen Träger allein auf der Grundlage von Verfassungsrecht, hier des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, zur Leistungsgewährung zu verpflichten (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2010 - 1 BvR 2037/10 - <n.v.>; ähnlich zum Unterhaltsrecht: BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 7. November 2005 – 1 BvR 1178/05, BVerfGK 6, 323-326, Rn. 11; ebenso zur Regelbedarfshöhe nach dem SGB II LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 24. August 2022 – L 8 SO 56/22 B ER, juris Rn. 12 - 13; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13. Februar 2020 - L 7 AY 4273/19 ER-B und vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B – jeweils juris; Burkiczak aaO, Rn. 89). Die Konkretisierung dieses Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 und 20 Abs. 1 GG), das als Geldleistungsanspruch mit erheblichen finanziellen Auswirkungen für öffentliche Haushalte verbunden ist, ist ausschließlich dem parlamentarischen Gesetzgeber vorbehalten. Dies gilt auch für die Methode der Berechnung dieser Leistung.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_19\">19</a></dt>\n<dd><p>c) Der Senat sieht sich auch nicht veranlasst, das vorliegende Eilverfahren auszusetzen und dem BVerfG nach Art. 100 GG vorzulegen, denn er ist nicht davon überzeugt, dass die gegenwärtige Regelbedarfshöhe evident unzureichend am Maßstab von Art. 1 iVm Art. 20 GG (zu diesem Prüfungsmaßstab vgl. BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, u.a., juris Rn. 141) ist, um das Existenzminimum des Antragstellers zu sichern. Nach summarischer Prüfung genügt die Höhe des Regelbedarfs insbesondere unter Berücksichtigung der bereits erfolgten und absehbaren Gesetzesänderungen im streitigen absehbaren Zeitraum auch weiterhin den verfassungsrechtlichen Anforderungen.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_20\">20</a></dt>\n<dd><p>Der Staat hat im Rahmen seines Auftrags zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung seines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrags dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen für die Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins erfüllt werden, wenn einem Menschen die hierfür erforderlichen notwendigen materiellen Mittel weder aus seiner Erwerbstätigkeit noch aus seinem Vermögen oder durch Zuwendungen Dritter zur Verfügung stehen. Dem Gesetzgeber steht hinsichtlich der Ausgestaltung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums jedoch ein Gestaltungsspielraum bei der Bemessung des Existenzminimums zu, der einer zurückhaltenden Kontrolle durch das BVerfG entspricht (BVerfG, Urteil vom 09. Februar 2010 – 1 BvL 1/09 u.a., juris Rn. 133, 134; Urteil vom 5. November 2019 – 1 BvL 7/16, juris Rn. 118, 119). Da das Grundgesetz selbst keine exakte Bezifferung des Anspruchs auf existenzsichernde Leistungen vorgibt, beschränkt sich die materielle Kontrolle der Höhe von Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz durch das BVerfG darauf, ob die Leistungen evident unzureichend sind (BVerfG, Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11, juris Rn. 41). Evident unzureichend sind Sozialleistungen nur, wenn offensichtlich ist, dass sie in der Gesamtsumme keinesfalls sicherstellen können, Hilfebedürftigen in Deutschland ein Leben zu ermöglichen, das physisch, sozial und kulturell als menschenwürdig anzusehen ist (ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, juris Rn. 81).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_21\">21</a></dt>\n<dd><p>Zur Überzeugung des Senats entspricht die Bestimmung der Höhe der Leistungen für den Regelbedarf durch den Gesetzgeber im Rahmen des SGB II grundsätzlich den Anforderungen an eine hinreichend transparente, jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren tragfähig zu rechtfertigende Bemessung der Leistungshöhe. Der Gesetzgeber hat die relevanten Bedarfsarten berücksichtigt, die für einzelne Bedarfspositionen aufzuwendenden Kosten mit einer von ihm gewählten, im Grundsatz tauglichen und im Einzelfall mit hinreichender sachlicher Begründung angepassten Methode sachgerecht ermittelt und auf dieser Grundlage die Höhe des Gesamtbedarfs bestimmt. Es ist nicht erkennbar, dass er für die Sicherung einer menschenwürdigen Existenz relevante Bedarfsarten übersehen und die zu ihrer Deckung erforderlichen Leistungen durch gesetzliche Ansprüche nicht gesichert hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, juris Rn. 89; Beschluss vom 27. Juli 2016 – 1 BvR 371/11, juris Rn. 52).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_22\">22</a></dt>\n<dd><p>Seit dem 1. Januar 2021 gelten Regelbedarfe, die aufgrund von Sonderauswertungen der EVS 2018 ermittelt worden sind. Die Regelbedarfsermittlung ist hinsichtlich der Referenzhaushalte und der regelbedarfsrelevanten Verbrauchsausgaben im Einzelnen im Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe nach dem § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch ab dem Jahr 2021 (Regelbedarfsermittlungsgesetz – RBEG – im Folgenden: RBEG 2021) vom 9. Dezember 2020 (BGBl. I 2855) enthalten. Diese Neuberechnung beruht auf methodischen Neubewertungen und einer gesetzlich vorgesehenen veränderten Datengrundlage und stellt keine Fortschreibung der bisherigen Werte dar. Dies verkennt der Antragsteller mit seiner eigenen Nachberechnung zur Höhe der ermittelten Werte. Die konkreten Beträge sind durch die Verordnung zur Bestimmung des für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach § 28a und des Teilbetrags nach § 34 Absatz 3a Satz 1 SGB XII maßgeblichen Prozentsatzes sowie zur Ergänzung der Anlagen zu §§ 28 und 34 SGB XII zum 1. Januar 2022 (Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022 - RBSFV 2022) angepasst worden. Dafür sieht der in Bezug genommene § 28 a SGB XII eine methodisch schlüssige statistische Bezugsgröße vor, die sich auf die Veränderungen im Zwölfmonatszeitraum des vorigen im Verhältnis zum vorherigen Zeitraum bezieht. Grundlage dafür sind gesetzlich vorgesehene Berechnungen der Veränderungsrate für die Preise aller regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen und der durchschnittlichen Nettolöhne und -gehälter je durchschnittlich beschäftigtem Arbeitnehmer durch das Statistische Bundesamt (§ 28 a Abs. 3 SGB XII). Danach sind die Regelbedarfsstufen nach § 8 RBEG zum 01. Januar 2022 um 0,76 % erhöht und die Ergebnisse nach § 28 Abs. 5 SGB XII auf volle Euro gerundet worden (vgl. § 1 Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung 2022 vom 13. Oktober 2021). Für Alleinstehende ergibt sich daraus der auch heute noch gültige Wert von 449 € monatlich.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_23\">23</a></dt>\n<dd><p>Der Antragsteller rügt eine unzureichende Anpassung zu diesem Stichtag und im Laufe des Jahres 2022. Dem ist zuzugeben, dass die Inflationsrate und damit der Kaufkraftverlust für das zur Verfügung stehende Einkommen auch in Form von staatlichen Transferleistungen derzeit erheblich ist. Die Inflationsrate bezogen auf den Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) im September 2022 beträgt nach vorläufigen Berechnungen des statistischen Bundesamtes 10 % gemessen an dem Gesamtindex im vergleichbaren Vorjahresmonat, also im Vergleich zu September 2021 (vgl. <span style=\"text-decoration:underline\">https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2022/09/PD22_413_611.html</span>). Im August betrug die Inflationsrate 7,9 % zum vergleichbaren Vorjahresmonat, im Juli 7,5 %, im Juni 7,6 %, im Mai 7,9 %, im April 7,4 % (vgl. <span style=\"text-decoration:underline\">https://www.destatis.de</span> Fachserie 17, Reihe 7 Tabelle 1.1 und <span style=\"text-decoration:underline\">https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Konjunkturindikatoren/Basisdaten/vpi041j.html</span>). Diese Werte sind jedoch nicht ohne weiteres auf die regelsatzrelevanten Güter, die vom SGB II-Regelbedarf erfasst werden sollen, zu übertragen. Der Verbraucherpreisindex misst die durchschnittliche Preisveränderung aller Waren und Dienstleistungen, die von privaten Haushalten für Konsumzwecke gekauft werden. Die Teuerungsraten zwischen den einzelnen Warengruppen bzw. bezogen auf die regelsatzrelevanten Abteilungen unterscheiden sich erheblich. Die höchste Teuerungsrate besteht im Bereich Energie, insbesondere Heizungsenergie. Hier haben sich die Verbraucherpreise im August 2022 um 35,6 % erhöht, im Juli 2022 waren es 35,7 % und im Juni 2022 38 % jeweils gegenüber den Werten im Vorjahresmonat. Diese Kosten werden jedoch grundsätzlich in tatsächlicher Höhe vom Antragsgegner als Heizkosten übernommen. Soweit die Gesamtteuerungsrate auf Erhöhungen in dieser Warengruppe zurückgeht, ist sie für die Bemessung der Regelleistungen nicht relevant. Regelbedarfsrelevant ist hier allein der Bedarf für Haushaltsenergie. Deutlich verteuert haben sich einerseits die Preise für Nahrungsmittel. So betrugen diese Erhöhungen jeweils zum Vorjahresmonat im August 2022 16,6 %, im Juli 14,8 %, im Juni 12,7 % im Mai 11,1 %, im April 8,6 %. Deutlich niedrigere Verbraucherpreiserhöhungen gab es demgegenüber in den Bereichen Bekleidung und Schuhe, Beherbergung, Post und Telefonkommunikation oder Gesundheitspflege. In einzelnen Abteilungen wie dem Verkehr kam es sogar zeitweise zu Preissenkungen aufgrund des 9-Euro Tickets in der Zeit von Juni bis August 2022.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_24\">24</a></dt>\n<dd><p>Soweit das Sozialgericht zu den jeweils im Regelbedarf enthaltenen statistischen Teilwerten Einzelberechnungen auf der Grundlage der für das Jahr 2022 rechnerisch ermittelten Inflationsraten in den Abteilungen vorgenommen hat, dürfte es in der Tendenz die Teuerungsrate zutreffend erfasst haben. Allerdings beruht das gesetzliche Konzept der Dynamisierung der Regelbedarfsstufen auf einer eigenständigen Methodik der regelbedarfsrelevanten Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach dem SGB II unter Bezug auf das SGB XII und beinhaltet eine Kombination nicht der allgemeinen sondern der regelbedarfsrelevanten Teuerungsrate (70%) und der Einkommensentwicklung (30%, zum statistischen Konzept vgl. Elbel/Wolz, Berechnung eines regelbedarfsrelevanten Verbraucherpreisindex für die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen nach dem SGB XII, Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik, Dezember 2012, S. 1122 ff). Für den aktuellen Vergleichszeitraum vom 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2022 im Verhältnis zum vorausgehenden Vergleichszeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 30. Juni 2021 hat das Statistische Bundesamt eine regelbedarfsrelevante Preisentwicklung von 4,7 % und eine Entwicklung der Nettolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer von 4,16 % ermittelt, woraus sich für den Mischindex eine für 2023 aufgrund der aktuellen gesetzlichen Vorgaben (§ 28 a SGB XII) zu berücksichtigende Veränderungsrate von 4,54 % ergibt (zu den konkreten Zahlen vgl. Regierungsentwurf Bürgergeld, S 137).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_25\">25</a></dt>\n<dd><p>Allerdings ist die derzeitige Inflationsrate absehbar auch für den regelsatzrelevanten Preisindex, der auch die deutlich erhöhten Kosten für Nahrungsmittel und Haushaltsstrom beinhaltet, höher als die auf den Jahresvergleich bezogene Inflationsrate. Welche Schlussfolgerungen daraus für eine Anpassung der Regelleistungen aufgrund dieser Teuerungsrate zu ziehen sind, ist zuvörderst Aufgabe des Gesetzgebers. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Ermittlung von Regelbedarfen, die ein menschenwürdiges Existenzminimum gewährleisten, stets nur annäherungsweise möglich ist. Sie muss sich auf Daten zu komplexen Verhältnissen stützen, die für die jeweils aktuell geforderte Deckung eines existenzsichernden Bedarfs nur begrenzt aussagekräftig sind. Zwar muss die Bestimmung des menschenwürdigen Existenzminimums nach der erforderlichen Gesamtbetrachtung auf im Ausgangspunkt tragfähigen Grundannahmen, Daten und Berechnungsschritten beruhen, jedoch schlagen Bedenken hinsichtlich einzelner Berechnungspositionen nicht ohne Weiteres auf die verfassungsrechtliche Beurteilung durch. Gleichzeitig darf der Gesetzgeber ernsthafte Bedenken, die auf tatsächliche Gefahren der Unterdeckung verweisen, nicht einfach auf sich beruhen lassen und fortschreiben. Er ist vielmehr gehalten, bei den periodisch anstehenden Neuermittlungen des Regelbedarfs zwischenzeitlich erkennbare Bedenken aufzugreifen und unzureichende Berechnungsschritte zu korrigieren (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 - 1 BvL 10/12, u.a., juris Rn 141).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_26\">26</a></dt>\n<dd><p>Eine solche Reaktion des Gesetzgebers ist erfolgt, indem nach § 73 SGB II für den Monat Juli 2022 von Amts wegen eine Einmalzahlung auch zum Inflationsausgleich in Höhe von 200 € gewährt wurde. Der Antragsteller fällt in den Anwendungsbereich des § 73 SGB II, da er im Juli 2022 leistungsberechtigt nach dem SGB II war und sein Bedarf sich nach der Regelbedarfsstufe 1 richtet. Die Einmalzahlung erfolgte nach dem Wortlaut der Norm zum Ausgleich der mit der COVID-19-Pandemie in Zusammenhang stehenden Mehraufwendungen, die beispielsweise für den Kauf spezieller Hygieneprodukte und Gesundheitsartikel, aber auch in Folge der pandemiebedingten Inflation entstanden sind (BR-Drucksache 125/22, S. 14). Die ursprünglich im Gesetzgebungsverfahren mit 100 € vorgesehene Leistungshöhe ist vor dem Hintergrund des Beschlusses in der Besprechung des Bundeskanzlers mit den Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder vom 07. April 2022 über die Einbeziehung der aus der Ukraine geflüchteten Menschen in den Anwendungsbereich des SGB II auf 200 € verdoppelt worden und soll auch dem unmittelbaren pauschalen Ausgleich für etwaige aktuell bestehende finanzielle Mehrbelastungen in Anbetracht aktueller Preissteigerungen dienen (BT-Drucksache 20/1768, S. 27). Mit der Einmalzahlung i.H.v. 200 € hat der Gesetzgeber nicht die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen abgewartet (BVerfG, Beschluss vom 23. Juli 2014 – 1 BvL 10/12, juris Rn. 144), sondern die durch die Pandemie und die Inflation entstandenen zusätzlichen Kosten bei den SGB II-Leistungen berücksichtigt (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 2022 – L 3 AS 1169/22, juris Rn. 20 - 28).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_27\">27</a></dt>\n<dd><p>Darüber hinaus ist ein Gesetzgebungsverfahren angestoßen worden, welches eine Neuberechnung des Regelbedarfs in Richtung auf ein Bürgergeld zum Gegenstand hat. Ausdrücklich verweist der Regierungsentwurf darauf, dass in den vergangenen Jahren bereits mehrere Einmalzahlungen auf den Weg gebracht wurden, um die außergewöhnlichen Preisentwicklungen abzufedern. Dies sei jedoch angesichts der aktuell schnell steigenden Preise nicht ausreichend, weshalb eine angemessene Erhöhung der Regelbedarfe notwendig sei, da die bisherige Fortschreibung der Regelbedarfe die Inflationsentwicklung erst im Nachgang abbilde. Daher sei es geboten, künftig die zu erwartende regelbedarfsrelevante Preisentwicklung bei der Fortschreibung der Regelbedarfe stärker zu berücksichtigen, womit auch der im Beschluss des BVerfG vom 23. Juli 2014 enthaltenen Vorgabe einer zeitnahen Reaktion auf eine offensichtliche und erhebliche Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Preisentwicklung und der bei der Fortschreibung der Regelbedarfsstufen berücksichtigten Entwicklung der Preise für regelbedarfsrelevante Güter und Dienstleistungen entsprochen werden solle (veröffentlicht unter www.bmas.de: <span style=\"text-decoration:underline\">Regierungsentwurf)</span>. Der Entwurf eines Zwölften Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze - Einführung eines Bürgergeldes beinhaltet in § 134 SGB XII-E einen neuen Dynamisierungsfaktor, indem einerseits eine Basisfortschreibung wie bisher und andererseits eine ergänzende Fortschreibung bezogen auf einen zeitnahen Vergleich zwischen der Entwicklung im 2. Quartal des Vorjahres im Verhältnis zu dem Vorjahreswert vorgenommen wird. Da im 2. Quartal 2022 der regelbedarfsrelevante Preisindex um 6,9 % höher war als im maßgeblichen Vorjahresquartal (2. Quartal 2021) werden die aufgrund der Fortschreibung ermittelten Werte nach dem Gesetzentwurf um 6,9 % erhöht. Daraus errechnet sich aus der derzeitigen Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 449 € ab dem 1. Januar 2023 ein (gerundeter) Wert von 502 € für alleinstehende Erwachsene. Dieser Wert soll im Gesetz festgelegt werden. Damit ist ein geeigneter Mechanismus vorgesehen, der auf aktuell deutliche Preiserhöhungen in die Zukunft gerichtet reagieren kann. Der Gesetzgeber nimmt so die Verpflichtung wahr, konkrete Vorschläge im Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, um so bei stark steigender Preisentwicklung eine zeitnahe Reaktion für existenzsichernde Leistungen gewährleisten zu können. Damit soll verhindert werden, dass es zu einer offensichtlichen und erheblichen Diskrepanz zwischen der tatsächlichen Entwicklung der Preise von regelbedarfsrelevanten Gütern und Dienstleistungen im Vergleich zu der bei der Fortschreibung der Regelbedarfe längerfristig zu berücksichtigenden Entwicklungen kommt. Als Folgewirkung sollen die Regelbedarfe zum 1. Januar 2023 deutlich ansteigen. Dass diese Veränderungen nicht ad hoc möglich sind, sondern in einem komplexen demokratischen Gesetzgebungsverfahren geprüft und entwickelt werden, ist ebenfalls verfassungsrechtlich legitimiert und demokratisch geboten. Eine Verfassungswidrigkeit eines solchen Anpassungsmechanismus käme allenfalls dann in Betracht, wenn über einen längeren Zeitraum hinweg betrachtet die Anpassung der Regelleistung so niedrig ausfiele, dass diese in ihrem Niveau insgesamt nicht mehr existenzsichernd wäre (vgl. zu dem damals deutlich sachwidrigen § 20 Abs. 4 Satz 1 SGB II: BSG, Urteil vom 27. Februar 2008 – B 14/7b AS 32/06 R, juris).</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_28\">28</a></dt>\n<dd><p>Die Kostenentscheidung ergeht entsprechend § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.</p></dd>\n</dl>\n<dl class=\"RspDL\">\n<dt><a name=\"rd_29\">29</a></dt>\n<dd><p>Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).</p></dd>\n</dl>\n</div></div>\n<br>\n</div>\n"
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