Urteil vom Amtsgericht Dortmund - 514 C 71/14
Tenor
1. Die Beschlüsse der Eigentümerversammlung der WEG O2 in ##### E vom 26.05.2014 zu den Tagesordnungspunkten 4 (Jahresabrechnung 2013) und Tagesordnungspunkt 6 (Reparaturen und Instandhaltung) werden für ungültig erklärt.
2. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 18 Prozent und die Beklagten zu 82 Prozent zu tragen.
3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 Prozent des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 11.300,00 € festgesetzt.
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T a t b e s t a n d :
2Die Parteien bilden die Wohnungseigentümergemeinschaft O2 in ##### E . Die WEG wird von der Beigeladenen verwaltet. Am 26. Mai 2014 fand eine Eigentümerversammlung statt. Unter dem Tagesordnungspunkt 2 wurde Folgendes protokolliert:
3„Vorlage der Jahresabrechnung 2013
4Herr O erläutert die Jahresabrechnung 2013, die allen Eigentümern mit der Einladung übersandt wurde. Er verwies auf die gefestigte Kostenstruktur mit nur unwesentlichen Veränderungen gegenüber dem Vorjahr.Im nicht umlagefähigen Bereich entstanden Kosten für Instandhaltungsmaßnahmen von insgesamt 25.648,20 €, für die beschlossene Sanierung der Balkone wurden 25.315,92 € aufgewendet. Die vg. Instandhaltungsmaßnahmen wurden mit 21.007,78 € aus der Rücklage finanziert, die somit vollständig aufgebraucht ist. Die entstandene Liquiditätslücke wurde von der L2 mit 4.000,00 € vorfinanziert. Die Eigentümer bedanken sich für das besondere Zuvorkommen der L GmbH, lediglich von Herrn D wird kritisiert, dass die Finanzierungslücke im Vorfeld durch Bildung einer Sonderumlage hätte beschlossen werden müssen. Er schlägt vor, den Betrag über die Rücklage für das laufende Jahr abzurechnen oder durch Aufnahme eines Darlehens auszugleichen.
5Es ergeht folgender Beschlussvorschlag:Der von der L GmbH vorfinanzierte Betrag soll aus der Rücklage des Jahres 2014 beglichen werden.
6Votum der Wohnung Nr. 5Der vorstehende Beschlussvorschlag wird mit 1 Ja-Stimme bei 3 Gegenstimmen abgelehnt.
7Beschluss der Eigentümergemeinschaft:Der vorstehende Beschlussvorschlag wird mit 1 Ja-Stimme bei 4 Gegenstimmen abgelehnt.
8Herr O erklärt, dass für die durchgeführte Balkonsanierung im Jahr 2014 noch 2.302,56 € aufgewendet werden müssen, 1.489,25 € entfallen auf die Schlussrechnung des Architekten T.“
9Unter dem Tagesordnungspunkt 4 wurde Folgendes protokolliert:
10„Feststellung der Jahresabrechnung 2013Aufgrund der Empfehlung des Verwaltungsbeirats wird die Abrechnung 2013 mehrheitlich mit nachfolgendem Abstimmungsergebnis beschlossen:
11Für WE 5 Für die WEG3 x Ja, 1 x Nein 4 x Ja, 1 x Nein.“
12Unter dem Tagesordnungspunkt 5 wurde Folgendes protokolliert:
13„Entlastung des Verwalters und des VerwaltungsbeiratesHerr O beantragt die Entlastung des Verwaltungsbeirates.Der Verwaltungsbeirat wird einstimmig (WE 5 und WEG) entlastet.
14Frau T2 beantragt die Entlastung des Verwalters.
15Der L2 wird mit 3 J-Stimmen bei einer Enthaltung (WE 5) und mit 4 Ja-Stimmen bei 1 Enthaltung (WEG) mehrheitlich die Entlastung erteilt.“
16Unter dem Tagesordnungspunkt, der sich nach dem Tagesordnungspunkt 7 befindet und – fehlerhaft – als Tagesordnungspunkt 6 bezeichnet wurde, wurde Folgendes protokolliert:
17„Reparaturen und InstandhaltungenDurchgeführte Balkonsanierung
18Die Eigentümer D und C beschweren sich, dass bei der durchgeführten Balkonsanierung keine ebene Fläche oder kein Gefälle auf den Balkonen geschaffen wurde. Es entsteht bei Regen eine geringe Pfützenbildung. Die Verwaltung erläutert, dass bei einer Sanierung mit Kunststoffabdichtung kein Ausgleich geschaffen werden kann, die beauftragte Sanierungsmaßnahme sah diese Leistungen aber auch nicht vor. Dies habe der Architekt T bei Erörterung des Vorhabens ausdrücklich so gesagt.
19Herr I schlägt vor, dass Frau T2 für die von ihr vorab in Eigenleistung durchgeführte Sanierung des Balkons ein Betrag von 500,00 € erstattet werden soll. Außerdem sei durch die Sanierungsarbeiten die von Frau T2 genutzte Gartenfläche arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Für die Neubepflanzung des Gartens sollen Frau T2 300,00 € gutgeschrieben werden. Nach eingehender Diskussion sollen 300,00 € sofort und 500,00 € zum Jahresende an Frau T2 erstattet werden.
20Abstimmungsergebnis:Für WE 5 Für die WEG2 x Ja, 1 x Nein, 1 Enthaltung 2 x Ja, 1 x Nein, 1 Enthaltung.“
21Am 19.02.2015 fand eine weitere Eigentümerversammlung statt. Dort wurde unter dem Tagesordnungspunkt 4 u.a. Folgendes protokolliert: „Unbeschadet der Wirksamkeit der bereits in der Eigentümerversammlung am 26.05.2014 zu TOP 5 beschlossenen Entlastung des Verwalters und des Verwaltungsbeirats wird hiermit beschlossen: Dem Verwaltungsbeirat wird für das Jahr 2013 sowie insbesondere für die Sanierungsmaßnahme und deren Finanzierung Entlastung erteilt. Der Verwalterin, der Firma L2 GmbH, wird hiermit für das Verwaltungsjahr 2013 und hier insbesondere für die Sanierungsmaßnahme und deren Finanzierung Entlastung erteilt.“
22Der Kläger hat sich mit der Klage zunächst gegen die Beschlussfassungen zu den Tagesordnungspunkten 2, 4, 5 und „6“ gewandt.
23Der Kläger ist der Auffassung, dass die Jahresabrechnung 2013 rechtswidrig sei. Es seien 25.648,21 € als Kosten für die Balkonsanierung gebucht worden. Dieser Betrag sei jedoch nicht vom Gemeinschaftskonto gezahlt worden. Die Darstellung der Instandhaltungsrücklage entspreche nicht der BGH-Rechtsprechung. Dem Verwalter hätte keine Entlastung erteilt werden dürfen, da die Jahresabrechnung rechtswidrig sei. Auch der Tagesordnungspunkt 6, unter dem beschlossen wurde, der Miteigentümerin T2 800,00 € zu zahlen, sei rechtswidrig, da nicht nachvollziehbar sei, warum diese Beträge der Höhe nach berechtigt sein sollten.
24Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.10.2015 hat der Kläger die Beschlussanfechtung zum Tagesordnungspunkt 2 zurückgenommen. Die Beklagten haben der Teilrücknahme zugestimmt. Der Kläger hat darüber hinaus die Anfechtung der Entlastung für erledigt erklärt. Die Beklagten haben sich der Erledigungserklärung angeschlossen.
25Der Kläger beantragt zuletzt,
26die auf der Eigentümerversammlung vom 26.05.2014 zu TOP 4(Jahresabrechnung 2013) und TOP 6 (Zahlung T2) gefasstenBeschlüsse aufzuheben/für ungültig zu erklären.
27Die Beklagten beantragen,
28die Klage abzuweisen.
29Die Beklagten sind der Auffassung, dass die Beschlussfassung hinsichtlich der Jahresabrechnung ordnungsgemäßer Verwaltung entspreche, da es nicht entscheidend darauf ankomme, ob der Verwalter bei der Vorlage der Eigenmittel für die Eigentümergemeinschaft bei der Bezahlung einzelner Rechnungen erst den „Umweg“ über das Gemeinschaftskonto wähle oder einzelne Rechnungen direkt bezahle. Die Zahlungen seien als Ausgaben der Gemeinschaft zu werten und daher auch in die Jahresabrechnung einzustellen. Auch die Beschlussfassung hinsichtlich der Zahlung an die Miteigentümerin T2 entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Miteigentümerin habe den eigenen Balkon mit eigenen Mitteln selbst saniert, insbesondere eine neue Abdichtung erstellen lassen und damit Sanierungsarbeiten am eigenen Balkon durchgeführt. Der Betrag von 500,00 €, der im Wege einer Schätzung ermittelt wurde, dürfte noch deutlich unterhalb dessen liegen, was die Eigentümergemeinschaft eigentlich anlässlich der Sanierung hätte zahlen müssen. Auch die Erstattung des Betrages in Höhe von 300,00 € für zerstörte Anpflanzungen entspreche ordnungsgemäßer Verwaltung.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die protokollierten Erklärungen Bezug genommen.
31E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
32Die zulässige Klage ist, soweit sie noch rechtshängig ist, begründet.
33Die Beschlussfassung hinsichtlich des Tagesordnungspunktes 4 entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Die Beschlussfassung hinsichtlich der Genehmigung der Jahresabrechnung ist aufgrund fehlender Bestimmtheit nichtig.
34Weil ein Beschluss nach § 10 Abs. 4 WEG auch gegen Sondernachfolger gilt, sind Beschlüsse nur dann rechtlich beachtlich, wenn ihr Inhalt bestimmt und klar ist. Die Frage, wann ein Eigentümerbeschluss unbestimmt ist, richtet sich maßgeblich nach den Regeln zur Auslegung von Eigentümerbeschlüssen. Eine Auslegung ist deshalb möglich, weil die einzelnen Stimmabgaben wie auch der Beschluss selbst Rechtsgeschäfte sind, die den allgemeinen Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen unterliegen. Weil Eigentümerbeschlüsse gegen den Sondernachfolger (s.o.) und gegen die nicht an der Beschlussfassung beteiligten Wohnungseigentümer wie Gesetze oder Vereinbarungen wirken, sind sie aus sich heraus objektiv und nach ihrem objektiven Erklärungswert wie Grundbucherklärungen und Rechtsnormen auszulegen. In erster Linie ist deshalb für die Auslegung von Eigentümerbeschlüssen der Wortlaut maßgeblich, wie er sich aus der Niederschrift ergibt, und dessen sich hieraus für einen unbefangenen Beobachter erschließende nächstliegende Bedeutung. Begleitumstände dagegen, also Umstände außerhalb des protokollierten Eigentümerbeschlusses, können im Einzelfall nur dann zur Auslegung berücksichtigt werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann, also auch für nicht an der Versammlung beteiligte Eigentümer und Sondernachfolger, ohne Weiteres erkennbar sind, z.B. weil sie sich aus dem Versammlungsprotokoll ergeben. Außer Betracht bleiben also Begleitumstände, die nicht für jedermann ersichtlich sind, oder gar subjektive Vorstellungen der an der Beschlussfassung Beteiligten (BayObLG, Beschluss vom 27.10.2004 – 2Z BR 124/04, WuM 2005, 478; BayObLG, Beschluss vom 27.11.2003 – 2Z BR 176/03, ZMR 2004, 442; BayObLG, Beschluss vom 04.11.1999 – 2Z BR 141/99, ZMR 2000, 115; OLG München, Beschluss vom 31.07.2013 – 32 Wx 129/13, NZM 2014, 82; OLG München, Beschluss vom 30.11.2005 – 34 Wx 56/05, ZMR 2006, 230; LG München I, Urteil vom 06.10.2014 – 1 S #####/#### WEG, BeckRS 2015, 07503; LG München I, Beschluss vom 01.02.2007 – 1 T #####/####, ZMR 2007, 569; AG Nürnberg, Beschluss vom 18.07.2011 – 29 C #####/####, ZMR 2013, 236; Hogenschurz, NZM 2010, 500; Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 4. Aufl. 2015, § 23 WEG, Rdnr. 164).
35Ein Beschluss über die Jahresabrechnung ist nicht hinreichend bestimmt, wenn er nicht auf die beschlossenen Gesamt- und Einzelabrechnungen verweist und somit nicht bereits durch Einblick in die Niederschrift und Beschlusssammlung jedem Wohnungseigentümer, der auch nicht bei der Beschlussfassung zugegen war, ermöglicht zu erkennen, was gilt (LG Gera, Urteil vom 16.02.2015 – 5 S 23/14, LSK 2015, 300420 = ZMR 2015, 481). Ein Beschluss über die Jahresabrechnung ist somit nur dann hinreichend bestimmt, wenn sich dem Beschluss zweifelsfrei entnehmen lässt, über welche Jahreseinzel- und Jahresgesamtabrechnung ein Beschluss gefasst wurde. So genügt etwa die Formulierung „die vorliegenden Jahresabrechnungen werden genehmigt“ nicht, wenn sich dem Protokoll nicht eindeutig entnehmen lässt, welche Jahresabrechnungen vorlagen. Auch genügt die Bezeichnung „die Jahresabrechnung 2014“ wird genehmigt nicht, denn es ist nicht ohne weiteres verständlich, ob nur die Gesamt- oder die Einzelabrechnungen oder alle Abrechnungen genehmigt wurden. Voraussetzung eines hinreichend bestimmten Beschlusses über die Jahresabrechnungen ist daher eine Bezugnahme auf die dem Protokoll anliegende Gesamtabrechnung und Einzelabrechnungen oder zumindest aber eine genaue Bezeichnung des Datums der jeweiligen Gesamt- und Einzelabrechnungen. Denn nur so ist für einen nicht an der Beschlussfassung Beteiligten erkennbar, welche Abrechnung beschlossen wurde. Auch im Hinblick auf die beschlossenen Jahresabrechnungen muss der Beschluss für einen außenstehenden Dritten, etwa einen zukünftigen Erwerber, nachvollziehbar sein. Hier ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in der im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung auch bestimmt werden kann, dass der rechtsgeschäftliche Sondernachfolger für die Rückstände des früheren Wohnungseigentümers einzustehen hat. Eine solche Bestimmung ist wirksam (BGH, Beschluss vom 24.02.1994 – V ZB 43/93, NJW 1994, 2950; BayObLG, Beschluss vom 13.06.1979 – BReg. 2Z 50/78, DNotZ 1980, 48). Dann muss es aber dem Erwerber auch möglich sein, anhand der Beschlusssammlung zu prüfen, ob die behaupteten Beitragsrückstände bestehen. Mithin muss er erkennen können, welche Jahresabrechnungen in der Vergangenheit beschlossen wurden.
36Fehlt einem Eigentümerbeschluss die zur rechtlichen Beachtlichkeit erforderliche Bestimmtheit, so führt dieser Mangel dann zur Nichtigkeit, wenn die Unbestimmtheit auf einer inhaltlichen Widersprüchlichkeit beruht bzw. der Beschluss eine konkret durchführbare Regelung nicht mehr erkennen lässt (BGH, Beschluss vom 10.091998 – V ZB 11/98, NJW 1998, 3713; BayObLG, Beschluss vom 10.12.1998 – 2Z BR 99/98, ZMR 1999, 271; OLG Hamm, Beschluss vom 3. 7. 2001 - 15 W 444/00, NZM 2001, 1084; OLG Hamm, Beschluss vom 23.09. 2004 – 15 W 129/04, ZMR 2005, 306; LG München I, Urteil vom 11.12.2014 – 36 S 152/14, BeckRS 2015, 07505; AG München, Urteil vom 04.11.2009 – 482 C 360/09, ZMR 2010, 325; Grziwotz in: Erman, BGB, 14. Auflage 2014, § 23 WEG, Rdnr. 6; Schultzky in: Jennißen, Wohnungseigentumsgesetz, 4. Aufl. 2015, § 23 WEG, Rdnr. 163 ff.; Spielbauer in: Spielbauer/Then, WEG § 23, Rn. 31).
37Vorliegend wurde im Protokoll lediglich dargelegt, dass „die Abrechnung 2013 mehrheitlich“ beschlossen wurde. Es ergibt sich aus der Protokollierung nicht, ob eine Gesamt- und Einzelabrechnungen beschlossen wurden oder ob nur eine Gesamtabrechnung beschlossen wurde. Auch wird nicht Bezug genommen auf das konkrete Datum einer Jahresabrechnung. Vorliegend kommt hinzu, dass der Kläger eine auf ihn ausgestellte Einzelabrechnung vom 19.05.2014 vorlegt, aus welcher sich ergibt, dass diese Abrechnung gemäß einer E-mail vom 15.05.2014 geändert worden sei. Offensichtlich existierten daher vor der Versammlung verschiedene Einzelabrechnungen. Da durch den Beschluss nicht konkret auf eine der Abrechnungen Bezug genommen wird, ist der Beschluss aus sich heraus nicht ausreichend verständlich. Es ist nicht nachvollziehbar, welche Abrechnung beschlossen wurde. Die Beschlussfassung ist daher aufgrund fehlender Bestimmtheit nichtig.
38Die Nichtigkeit eines Beschlusses wirkt grundsätzlich für und gegen alle. Sie bedarf keiner Geltendmachung und ist im gerichtlichen Verfahren von Amts wegen zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 22.07.2011 - V ZR 245/09, BeckRS 2011, 21924; Engelhardt in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Auflage 2013, § 23 WEG Rdnr. 25; Bärmann/Pick, WEG, 19. Auflage 2010, § 23 Rdnr. 19). Im Verfahren über die Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses ist daher auch ohne Antragsänderung die Nichtigkeit des Beschlusses zu prüfen (BayObLG, Beschluss 1.12.2004 – 2Z BR 166/04, ZMR 2005, 891; BayObLG, Beschluss vom 22.09.2004 – 2Z BR 159/04, NJW-RR 2005, 312; Bub in: Staudinger Kommentar zum BGB, 13. Bearbeitung 2005, § 27 WEG Rdnr. 109 und § 23 Rdnr. 258 mwN). Das Gericht ist hieran nicht dadurch gehindert, daß der Anfechtungskläger die Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses begehrt hat. Die Feststellung der Nichtigkeit liegt nicht außerhalb dessen, was der Anfechtende begehrt. Auch die erfolgreiche Anfechtung führt zur Unwirksamkeit des Eigentümerbeschlusses von Anfang an (BGH, Urteil vom 02.10.2009 – V ZR 235/08, NZM 2009, 864 mwN; BayObLG, Beschluss vom 31.10.1986 – BReg. 2 Z 83/86, BayObLGZ 1986, 444; LG Bamberg, Urteil vom 14.12.2011 – 2 S 59/09 WEG, BeckRS 2012, 23793). Das Gericht kann dann die Nichtigkeit des Beschlusses im Entscheidungssatz feststellen (BayObLG aaO); zwingend notwendig ist dies jedoch nicht, wenn der Kläger eine fristgerechte (§ 46 Abs. 1 Satz 2, 1. Hs. WEG) Anfechtungsklage erhoben hat. Dann kann sich das Gericht auch damit begnügen, die Ungültigkeit des Beschlusses zu erklären (BGH aaO). Denn sowohl die erfolgreiche Anfechtung des Beschlusses als auch die Feststellung der Nichtigkeit führen zur Unwirksamkeit des Beschlusses ex tunc (BGH aaO; BayObLG aaO mwN).
39Auch die Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt „6“ entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung. Zwar bestehen grundsätzlich keine Bedenken, dass durch die Eigentümergemeinschaft, wenn Arbeiten ordnungsgemäß in Eigenleistung erfüllt wurden, bei Vorliegen der Voraussetzungen, ein Aufwendungsersatz gezahlt werden kann. Soweit jedoch die Protokollierung zum Tagesordnungspunkt 6 Kosten in Höhe von 500,00 € und 300,00 € vorsieht, fehlt es hier jedoch an einer ausreichenden Darstellung der Tatsachengrundlage, aufgrund derer eine Schätzung der Beträge erfolgen kann. Weder die konkrete Eigenleistung noch die beschädigten Anpflanzungen wurden ausreichend dargestellt. Es entspricht daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung, ohne ausreichend dargelegte Schätzgrundlage diese Beträge auszuzahlen.
40Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 269, 91 a ZPO. Soweit der Kläger die Klage zum Tagesordnungspunkt 2 zurückgenommen hat, hat er die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, § 269 Satz 3 Satz 2 ZPO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Verwalterentlastung (Tagesordnungspunkt 5) übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits den Beklagten aufzuerlegen. Denn ohne Eintritt des erledigenden Ereignisses, mithin ohne die Beschlussfassung zum Tagesordnungspunkt 4 in der nach der hier streitigen Eigentümerversammlung stattgefundenen Eigentümerversammlung im Februar 2015, hätte die Anfechtung des TOP 5 Erfolg gehabt. Denn die Jahresabrechnung war für ungültig/nichtig zu erklären. Die Verwalterentlastung hätte daher nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprochen.
41Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.
42Der Streitwert ist auf 11.300,00 € festzusetzen, wobei auf die Anfechtung des Tagesordnungspunktes 2 2.000,00 € entfallen, auf die Anfechtung des Tagesordnungspunktes 4 8.400,00 €, auf die Anfechtung des Tagesordnungspunktes 5 500,00 € und auf die Anfechtung des Tagesordnungspunktes „6“ 400,00 €.
43Rechtsbehelfsbelehrung:
44A.
45Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung für jeden zulässig, der durch dieses Urteil in seinen Rechten benachteiligt ist,
46a) wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600,00 EUR übersteigt oder
47b) wenn die Berufung in dem Urteil durch das Amtsgericht zugelassen worden ist.
48Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Urteils schriftlich bei dem Landgericht Dortmund, L2, 44135 Dortmund, eingegangen sein. Die Berufungsschrift muss die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Berufung gerichtet wird, sowie die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Berufung eingelegt werde, enthalten.
49Die Berufung ist, sofern nicht bereits in der Berufungsschrift erfolgt, binnen zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils schriftlich gegenüber dem Landgericht Dortmund zu begründen.
50Die Parteien müssen sich vor dem Landgericht Dortmund durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen, insbesondere müssen die Berufungs- und die Berufungsbegründungsschrift von einem solchen unterzeichnet sein.
51Mit der Berufungsschrift soll eine Ausfertigung oder beglaubigte Abschrift des angefochtenen Urteils vorgelegt werden.
52B.
53Soweit die Kostenentscheidung auf § 91a und § 269 ZPO beruht ist das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde zulässig, wenn der Wert der Hauptsache 600,00 EUR und der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Dortmund, H-Straße, 44135 Dortmund oder dem Landgericht Dortmund, L2, 44135 Dortmund schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen.
54Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
55Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Dortmund oder dem Landgericht Dortmund eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
56C.
57Gegen die Streitwertfestsetzung ist die Beschwerde an das Amtsgericht Dortmund statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder das Amtsgericht die Beschwerde zugelassen hat. Die Beschwerde ist spätestens innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, bei dem Amtsgericht Dortmund, H-Straße, 44135 Dortmund, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Beschwerde kann auch zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichtes abgegeben werden.
58Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
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Referenzen
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- ZPO § 269 Klagerücknahme 3x
- ZPO § 91a Kosten bei Erledigung der Hauptsache 1x
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- § 27 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung 1x
- § 10 Abs. 4 WEG 1x (nicht zugeordnet)
- 32 Wx 129/13 1x (nicht zugeordnet)
- 34 Wx 56/05 1x (nicht zugeordnet)
- 5 S 23/14 1x (nicht zugeordnet)
- V ZB 43/93 1x (nicht zugeordnet)
- V ZB 11/98 1x (nicht zugeordnet)
- 15 W 444/00 1x (nicht zugeordnet)
- 15 W 129/04 1x (nicht zugeordnet)
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- 482 C 360/09 1x (nicht zugeordnet)
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