Beschluss vom Amtsgericht Duisburg - 62 IN 181/07
Tenor
Der Antrag der Schuldnerin vom 29.06.2007 auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Schuldnerin.
1
Gründe
2I. Die zur Zeit als Verkäuferin abhängig beschäftigte Schuldnerin war nach ihren Angaben bis 2002 als selbstständige Lebensmittelhändlerin tätig. Von Februar 2004 bis Oktober 2006 war sie Geschäftsführerin der G-GmbH in Duisburg, deren Alleingesellschafter im selben Zeitraum E war. Ein Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Gesellschaft wurde am 10.04.2006 mangels Masse abgewiesen; im Oktober 2006 wurde die Gesell-schaft wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister gelöscht.
3Am 29.06.2007 hat die Schuldnerin die Eröffnung des Regelinsolvenz-verfahrens über ihr Vermögen beantragt. In den Antragsunterlagen gibt sie 17 Gläubiger an. Auf den Hinweis des Gerichts, dass sie den Vorschriften über die Verbraucherinsolvenz unterliege, hat die Schuldnerin ausgeführt, für sie sei das Regelinsolvenzverfahren einschlägig, weil sich unter ihren Verbindlichkeiten eine Forderung des Finanzamts D aus Lohnsteuerrückständen der G-GmbH in Höhe von 41,50 EUR befinde, für die sie als Haftungsschuldnerin nach den §§ 69, 34 AO in Anspruch genommen werde.
4II. Der Eröffnungsantrag der Schuldnerin ist wegen der Wahl der falschen Verfahrensart unzulässig.
51. Nach § 304 Abs. 1 Satz 2 InsO gelten für einen Schuldner, der eine selbstständige wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, die besonderen Vor-schriften über die Verbraucherinsolvenz, insbesondere § 305 Abs. 1 InsO, wenn er bei Antragstellung weniger als 20 Gläubiger hat und gegen ihn keine Forderungen aus Arbeitsverhältnissen bestehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
6a) Die Schuldnerin hat zwar nach eigenen Angaben bis 2002 eine selbst-ständige Tätigkeit als Lebensmittelhändlerin ausgeübt, doch kommt diese für die Bestimmung der Verfahrensart nach § 304 InsO nicht in Betracht, weil die angebliche Verbindlichkeit aus einem Arbeitsverhältnis nicht aus dieser Zeit stammt.
7b) Als Geschäftsführerin der G-GmbH hat die Schuldnerin keine selbstständige, sondern eine abhängige Tätigkeit ausgeübt. Das Amt des Geschäftsführers einer Kapitalgesellschaft kann als selbstständig im Sinne des § 304 Abs. 1 InsO nur gewertet werden, wenn es zugleich mit der Stellung des Alleingesell-schafters (BGH NJW 2006, 917 = NZI 2005, 676 = ZVI 2005, 598) oder zumindest eines allein beherrschenden Mehrheitsgesellschafters verbunden ist. Dies war bei der Schuldnerin nicht der Fall. Alleingesellschafter war vielmehr E. Dass die innergesellschaftlichen Machtverhältnisse faktisch anders gewesen seien, ist von der Schuldnerin nicht behauptet worden und ergibt sich auch nicht aus dem von ihr eingereichten Gutachten des damaligen Insolvenzsach-verständigen, Rechtsanwalt S.
8Die Auffassung der Schuldnerin, bereits die bloße Tatsache, dass sie als Geschäftsführerin für bestimmte öffentlich-rechtliche Gesellschaftsschulden kraft Gesetzes mithafte, begründe ihre Selbstständigkeit im Sinne des § 304 InsO, findet weder im Gesetz noch in der von ihr herangezogenen Recht-sprechung des BGH eine Stütze. Die Haftung nach den §§ 69, 34 AO stellt nicht auf die Selbstständigkeit des Haftenden ab, sondern auf seine Funktion als Vertreter, Geschäftsleiter oder Vermögensverwalter; sie greift auch bei interner Weisungsgebundenheit des Haftenden ein.
9c) Im Übrigen knüpft § 304 Abs. 1 Satz 2 InsO mit der Formulierung "Forderungen aus Arbeitsverhältnissen", also der Verwendung des Plurals, die Zuordnung zum Regelinsolvenzverfahren an die Existenz eine Mehrzahl von Forderungen. Auch diese Voraussetzung liegt hier nicht vor.
102. Die Kostenentscheidung beruht auf § 4 InsO, § 91 ZPO.
113. Gegenstandswert (§ 58 Abs. 1 GKG 2004): 100,00 EUR.
12Duisburg, 08.08.2007
13Amtsgericht
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