Beschluss vom Amtsgericht Düren - 32 M 2036/19
Tenor
In der Zwangsvollstreckungssache
hat das Amtsgericht Dürenam 30.09.2019durch die Richterin am Amtsgericht Küppers
beschlossen:
Auf die Erinnerung der Gläubiger vom 14.08.2019 wird der zuständige
Gerichtsvollzieher angewiesen, den Vollstreckungsauftrag vom
23.05.2019 auszuführen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.
1
Gründe:
2Mit Schreiben vom 23.05.2019 erteilten die Gläubiger dem Gerichtsvollzieher einen Vollstreckungsauftrag. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vollstreckungsauftrages wird auf diesen verwiesen. Beigefügt war eine Forderungsaufstellung.
3Das Auftragsschreiben vom 23.05.2019 ging bei Gericht am 27.05.2019 ein und beim Obergerichtsvollzieher D. am 27.05.2019.
4Unter dem 07.06.2019 fertigte der Gerichtsvollzieher eine E-Mail, in der er beanstandete, dass dem Antrag keine Gesamtforderungsaufstellung beigefügt sei. Gleichzeitig enthielt die E-Mail den Hinweis, dass für den Fall des nicht rechtzeitigen Eingangs der Gesamtforderungsaufstellung innerhalb eines Monats, er den Auftrag als zurückgenommen betrachte.
5Mit Schreiben vom 12.08.2019 erklärte der Gerichtsvollzieher den Gläubigern, dass er den Vollstreckungsauftrag als zurückgenommen ansehe, da die im Schreiben vom 7.6.2019 aufgeführten Beanstandungen innerhalb der gesetzten Frist nicht behoben worden seien. Gleichzeitig sandte der Gerichtsvollzieher die Vollstreckungsunterlagen an die Gläubiger zurück.
6Mit Schreiben vom 14.08.2019 legten die Gläubiger Erinnerung ein.
7Mit Schreiben vom 16.08.2019 ließ der Gerichtsvollzieher den Gläubigern das Schreiben vom 7.6.2019 per Fax zukommen.
8Der Gerichtsvollzieher half der Erinnerung nicht ab. Er ist der Ansicht, der Auftrag gelte gemäß § 3 Nr. 2 Abs. 1 DB-GvKostG als durchgeführt.
9Mit Schreiben vom 19.08.2019 überreichten die Gläubiger dem Gerichtsvollzieher eine aktuelle Forderungsaufstellung und teilten mit, dass sie die E-Mail vom 07.06.2019 erst am 16.08.2019 erhalten hätten.
10Der Gerichtsvollzieher wurde angehört und wiederholte im Schreiben vom 23.08.2019 seine Rechtsansicht.
11Die gemäß § 766 Abs. 2 ZPO zulässige Erinnerung ist begründet.
12Nach § 3 Abs. 4 S. 1 GvKostG gilt ein Auftrag als durchgeführt, wenn er zurückgenommen worden ist oder seiner Durchführung oder weiteren Durchführung Hinderungsgründe entgegenstehen (vgl. auch Satz 1 der amtlichen Vorbemerkung vor KV 600 der GvKostG, LG Lüneburg DGVZ 2004, 156 zur nicht fristgerechten Vorlage eine Einzelvollmacht).
13Vor einer Einstellung muss allerdings der Gerichtsvollzieher die Gläubiger nicht nur über den Hinderungsgrund informieren, sondern auch Gelegenheit geben, hierzu Stellung zu nehmen und das Hindernis zu beseitigen. Dies folgt aus § 139 Abs. 2 ZPO, der auch für Gerichtsvollzieher gilt (vgl. AG Augsburg, Beschluss vom 4.6.2013 - 01 M 4475/13 - juris; AG Augsburg BeckRS 2013, 07230). Diesbezüglich findet sich in den Durchführungsbestimmungen zum GvKostG unter Nr. 2 Abs. 1 S. 1 und 2 DB-GvKostG Folgendes:„Gibt die Gerichtsvollzieherin oder der Gerichtsvollzieher einen unvollständigen oder fehlerhaften Auftrag zurück, so ist der Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass der Auftrag als abgelehnt zu betrachten ist, wenn er nicht bis zum Ablauf des auf die Rücksendung folgenden Monats ergänzt oder berichtigt zurückgereicht wird. Wird der Mangel innerhalb der Frist behoben, so liegt kostenrechtlich kein neuer Auftrag vor“. Damit enthält für die Behandlung von unvollständigen oder fehlerhaften Aufträgen Nr. 2 Abs. 1 S. 1 DB-GvKostG nähere Behandlungshinweise (vgl. Kind/Meller-Hannich/Wolf, Gesamtes Werk der Zwangsvollstreckung 3. Aufl., § 3 Rn. 54; Schröder-Kay, 13. Aufl., Das Kostenwesen der Gerichtsvollzieher § 3 GvKostG Rn. 54).
14Ausweislich der Aktenlage hat der Obergerichtsvollzieher D. mit Schreiben vom 12.08.2019 den Gläubigern die Vollstreckungsunterlagen zurückgesandt. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts ist dies als Rückgabe des unvollständigen oder fehlerhaften Auftrages im Sinne von Nr. 2 Abs. 1 S. 1 DB-GvKostG zu verstehen. Danach hätten die Gläubiger bis zum 30.9.2019 Zeit gehabt, eine vom Gerichtsvollzieher verlangte korrigierte Forderungsaufstellung einzureichen. Mit der Einreichung vom 19.08.2019 geschah dies rechtzeitig.
15Dass der Fristablauf zu einem vorhergehenden Zeitpunkt eingetreten ist, vermag das erkennende Gericht nicht zu erkennen. Zwar trägt der Obergerichtsvollzieher D. vor, am 7.6.2019 an die Gläubiger eine E-Mail mit den Beanstandungen vorgenommen zu haben. Nachdem die Gläubiger den Erhalt der E-Mail bestritten haben, kann vorliegend nicht von einer Kenntnisnahme der Beanstandungen vor dem 16.08.2019 ausgegangen werden.
16Dem Gerichtsvollzieher ist darin beizupflichten, dass für die Berechnung der Fristen gemäß § 3 Abs. 4 S. 2, 4 und 5 GvKostG jeweils der maßgebende Zeitpunkt des Beginns der Berechnung, die Absendung der Mitteilung durch den Gerichtsvollzieher ist und nicht der des Zugangs beim Empfänger. § 3 Abs. 4 S. 2 und 3 Gv-KostG stellen eine Ausnahme von S. 1 dar und dürften hier nicht einschlägig sein, da die Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben sind. So verhält es sich gleichfalls mit § 3 Abs. 4 S. 4 und S. 5 Gv-KostG. Mangels Vorliegens dieser Fälle kommt es für die Berechnung der Frist nicht auf den Zeitpunkt der Absendung an; zumal die Gläubiger den Erhalt der Beanstandungen bestritten haben.
17In der Gesamtschau muss der Gläubiger die Möglichkeit haben, behebbare Mängel - wie hier - beseitigen zu können (vgl. BeckOK, Kostenrecht, Dörndorfer/Neie/Wendtlandt/Gerlach 26. Aufl., § 3 GvKostG Rn. 78). Das kann er aber nur, wenn er Kenntnis von den Beanstandungen hat. Ansonsten würde auch die Hinweispflicht des § 139 Abs. 2 ZPO ins Leere laufen.
18Nachgewiesenermaßen war dies hier erst am 16.08.2019 der Fall. Denn ein Anscheinsbeweis für den Zugang einer E-Mail kann allenfalls dann gegeben sein, wenn eine Zugangs- und Lesebestätigung vorliegt (vgl. AG München VuR 2015, 64; Palandt/Ellenberger, 78. Aufl., BGB, § § 130 Rn. 21). Daran fehlt es hier.
19Eine prozessuale Kostenentscheidung zu Lasten des Gerichtsvollziehers ist nicht zulässig. Kosten können nur einer Partei auferlegt werden. Der Gerichtsvollzieher ist aber Organ der Zwangsvollstreckung, nicht Beteiligter (vgl. Zöller/Herget, 32. Aufl. ZPO § 766 Rn. 34, 37).
20Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da der Schuldner am Erinnerungsverfahren nicht beteiligt war, auch wenn im einseitigen Verfahren eine Kostenentscheidung zu Lasten des Schuldners nicht generell ausgeschlossen ist (vgl. Zöller/Herget, a. a. O. § 766 Rn. 34 m. w. N.). Vorliegend hatte der Schuldner auch keine Kenntnis vom Verfahren.
21Rechtsbehelfsbelehrung:
22Gegen diesen Beschluss ist die sofortige Beschwerde statthaft. Die sofortige Beschwerde ist bei dem Amtsgericht Düren, August-Klotz-Str. 14, 52349 Düren, oder dem Landgericht Aachen, Adalbertsteinweg 90, 52070 Aachen, schriftlich in deutscher Sprache oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines jeden Amtsgerichts einzulegen.
23Die sofortige Beschwerde muss die Bezeichnung des angefochtenen Beschlusses sowie die Erklärung enthalten, dass sofortige Beschwerde gegen diesen Beschluss eingelegt wird. Sie ist zu unterzeichnen und soll begründet werden.
24Die sofortige Beschwerde muss spätestens innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Amtsgericht Düren oder dem Landgericht Aachen eingegangen sein. Dies gilt auch dann, wenn die sofortige Beschwerde zur Niederschrift der Geschäftsstelle eines anderen Amtsgerichts abgegeben wurde. Die Frist beginnt mit der Zustellung des Beschlusses, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
25Hinweis zum elektronischen Rechtsverkehr:
26Die Einlegung ist auch durch Übertragung eines elektronischen Dokuments an die elektronische Poststelle des Gerichts möglich. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und mit einer qualifizierten elektronischen Signatur der verantwortenden Person versehen sein oder von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gemäß § 130a ZPO nach näherer Maßgabe der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (BGBl. 2017 I, S. 3803) eingereicht werden. Weitere Informationen erhalten Sie auf der Internetseite www.justiz.de.
27Verwandte Urteile
Keine verwandten Inhalte vorhanden.
Referenzen
- ZPO § 130a Elektronisches Dokument 1x
- ZPO § 766 Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung 1x
- GvKostG § 3 Auftrag 2x
- 01 M 4475/13 1x (nicht zugeordnet)
- § 3 Nr. 2 Abs. 1 DB-GvKostG 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 139 Materielle Prozessleitung 2x