Beschluss vom Amtsgericht Essen - 38 OWi-90 Js 2760/15- 953/15
Tenor
wird das Verfahren gemäß § 206 a StPO i. V. m. 46 OWiG auf Kosten der Landeskasse, die auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen hat, eingestellt.
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Gründe:
2Das Verfahren war gemäß § 206 a StPO i. V. m. §§ 46, 84 Abs. 1 OWiG einzustellen, weil eine Doppelverfolgung vorliegt.
3Der Betroffene wurde am 11.06.2015 um 11:00 Uhr mit dem LKW G, Kennzeichen ###, in F, L-straße von den Polizeibeamten I und T kontrolliert. Wegen dort von den Polizeibeamten festgestellter Verstöße wurden in der Folgezeit mehrere Bußgeldbescheide erlassen und zwar am 24.06.2015 zu Aktenzeichen *** mit folgendem Vorwurf:
4Ihnen wird zur Last gelegt
5mit dem LKW G, Kfz.-Kennzeichen ###
6am 11.06.2015 um 11:00 Uhr
7in G, L-straße
8folgende Verkehrsordnungswidrigkeiten begangen zu haben:
9Tatvorwurf
10Sie unterließen es, die ‹Ladung/Ladeeinrichtung› des ‹Lastkraftwagens/Kraftomnibusses› bzw. dessen Anhängers verkehrssicher zu verstauen oder gegen Verrutschen, Umfallen, Hin- und Herrollen oder Herabfallen besonders zu sichern.
11‹›: Ladung; ‹›: Lastkraftwagens
12Verletzte Vorschriften:
13§ 22 Abs. 1, § 49 StVO; 24 StVG; 102.1 BKat
14Es wurde eine Geldbuße von 78,00 € festgesetzt.
152. Bußgeldbescheid vom 14.10.2015
16Darin wurde dem Betroffenen folgender Vorwurf gemacht:
17Sie haben den Bestimmungen des § 55 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO)in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.02.1999 – BGBI. I S. 202 – in der z. Z. gültigen Fassung) zuwidergehandelt und damit eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG – in der Fassung der Bekanntmachung vom 19.02.1987 – BGB. I S. 602 in der z. Z. gültigen Fassung -) begangen.
18Konkret wird Ihnen vorgeworfen, am 11.06.2015 gegen 11:00 Uhr in G, L-straße das Reisegewerbe
19- Handel mit Schrott –
20Betrieben zu haben, ohne die hierfür erforderliche Reisegewerbekarte zu besitzen.
21Bereits im Jahr 2014 wurde gegen Sie ein Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen unerlaubter Ausübung des Reisegewerbes eingeleitet, so dass davon ausgegangen werden muss, dass Sie vorsätzlich gehandelt haben.
22Außerdem haben Sie nachweislich im Zeitraum vom 01.03.2016 bis 04.07.2016 regelmäßig bei der Firma S GmbH in G Schrott in Höhe von 17.856,41 € abgeliefert. Damit ist Ihre Einlassung am Tattag gegenüber der Polizei widerlegt. Bei der Bemessung der Geldbuße wurde die Gewinnabschöpfung zugrunde gelegt.
23Dort wurde eine Geldbuße von 1.700,00 € festgesetzt.
243. Bußgeldbescheid der Stadt F vom 22.10.2015
25Dort wurde dem Betroffenen folgender Vorwurf gemacht:
26Sie haben zum Tatzeitpunkt, dem 11.06.2015 den folgenden gesetzlichen Bestimmungen zuwidergehandelt und damit eine Ordnungswidrigkeit im Sinne des § 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) begangen:
27§ 18 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
28§ 53 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG)
29§ 55 Abs. 1 Kreislaufwirtschaftgesetz (KrWG)
30§ 9 (9) Elektro- und Elektronikgesetz (ElektroG)
31Ihnen wird zur Last gelegt, am 11.06.2015 in F Elektroaltgeräte (hier: u. a. Elektroherd, Waschmaschine weitere Abfälle (Altmetalle) eingesammelt und befördert zu haben ohne zur Erfassung der Geräte berechtigt zu sein (§ 9 Abs. 3 ElektroG).
32Darüber hinaus haben Sie Ihre abfallwirtschaftlichen Tätigkeiten nicht angezeigt und sammeln Abfälle aus privaten Haushalten ohne eine entsprechende Anzeige erstattet zu haben (§ 53 Abs. 1 KrWG; § 18 Abs. 1 KrWG).
33Sie haben außerdem die Kennzeichnungspflichten des § 55 KrWG missachtet, da ihr Fahrzeug nicht mit den erforderlichen „A-Schildern“ gekennzeichnet war.
34Der Bußgeldbescheid zu Ziff. 1) ist rechtskräftig. Damit besteht ein Verfolgungshindernis gemäß § 84 Abs. 1, da dieselbe Tat nicht mehr als Ordnungswidrigkeit verfolgt werden kann. In den beiden anderen Bußgeldbescheiden vom 14. und 22.10.2015 hat die Stadt F dieselbe Ordnungswidrigkeit noch einmal verfolgt. Dieselbe Tat ist im verfahrensrechtlichen Sinne zu verstehen, es liegt nur ein einziger historischer Vorgang vor, der nicht Gegenstand mehrerer verschiedener Verfahren sein kann. Sämtliche Bußgeldbescheide enthalten denselben Tatort und dieselbe Tatzeit. Es liegt eine natürliche Handlungseinheit vor.
35Dem steht auch nicht entgegen, dass die Verwaltungsbehörde, die den ersten Bußgeldbescheid erlassen hat, für die Ahndung der im Bußgeldbescheid nicht berücksichtigten weiteren Ordnungswidrigkeiten sachlich gar nicht zuständig gewesen wäre. Macht eine Verwaltungsbehörde eine Tat im verfahrensrechtlichen Sinne zum Gegenstand ihrer bußgeldrechtlichen Untersuchung, so trifft auch sie eine umfassende Kognitionspflicht wie sie der Strafrichter im Strafverfahren zu beachten hat. Der geschichtliche Vorgang ist deshalb erschöpfend im Hinblick auf verwirklichte Bußgeldtatbestände zu untersuchen. Im Falle eines Bußgeldbescheides über die Tat im verfahrensrechtlichen Sinne entsteht bei Rechtskraft eine Sperrwirkung hinsichtlich der Verfolgung aller Bußgeldtatbestände, die in der Tat im verfahrensrechtlichen Sinne liegen, unabhängig davon, ob sie seinerzeit erkannt oder übersehen wurden.
36Aus diesem Grunde war hier das Verfahren bezüglich der Bußgeldbescheide vom 14. und 22.10.2015 gemäß § 206 a StPO wegen eines Verfolgungshindernisses im Sinne des § 84 Abs. 1 OWiG auf Kosten der Landeskasse, die auch die notwendigen Auslagen des Betroffenen zu tragen hat, einzustellen.
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Referenzen
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