Beschluss vom Amtsgericht Ludwigshafen am Rhein - 3f IN 27/14 Lu

Die Rechtspflegerin wird als zuständiges Organ der Rechtspflege im Hinblick auf die Schlussrechnungsprüfung für den Zeitraum bis zum Erörterungstermin gemäß dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 03.11.2014 i.V.m. Seite 26 des Insolvenzplans vom 01.10.2014 bestimmt. Im Übrigen wird der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Der Schuldner hat am 24.01.2014 einen Insolvenzantrag, verbunden mit einem Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung und einem Antrag auf Bestimmung einer Frist zur Vorlage eines Insolvenzplans gestellt.

2

Mit Beschluss vom 01.05.2014 hat das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren eröffnet, die Eigenverwaltung angeordnet und einen Sachwalter bestellt.

3

In der Folge hat der Schuldner einen Insolvenzplan vom 01.10.2014 vorgelegt, der in einer umgestalteten Fassung vom 03.11.2014 Gegenstand des Termins zur Erörterung und Abstimmung vom 03.11.2014 war und von den anwesenden oder vertretenen Gläubigern einstimmig angenommen worden ist.

4

Der Insolvenzplan hat unter anderem im gestaltenden Teil auf Seite 26 die folgende Regelung enthalten:

5

„Eine Schlussrechnungsprüfung soll nur für den Zeitraum bis zum Erörterungstermin durchgeführt werden.“

6

Im Verkündungstermin vom 04.11.2014 hat das Gericht den Insolvenzplan bestätigt. Der Beschluss ist rechtskräftig.

7

Die Rechtspflegerin hat mit Verfügung vom 27.03.2015 die Akte dem Dezernatsrichter vorgelegt, zur Bestimmung des zuständigen Organs der Rechtspflege gemäß § 7 RPflG:

8

1. im Hinblick auf die Zuständigkeit für die Schlussrechnungsprüfung für den Zeitraum bis zum Erörterungstermin gemäß dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 03.11.2014 i.V.m. Seite 26 des Insolvenzplans vom 01.10.2014;

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2. im Hinblick auf die Zuständigkeit für die umfassende Schlussrechnungsprüfung gemäß § 66 Abs. 2 InsO

II.

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Die zulässige Vorlage Ziff. 1 führt zur Bestimmung der Rechtspflegerin als zuständiges Organ der Rechtspflege. Im Hinblick auf Ziff. 2 ist die Vorlage unzulässig.

11

1. Die Rechtspflegerin ist zur Schlussrechnungsprüfung für den Zeitraum bis zum Erörterungstermin gemäß dem Beschluss der Gläubigerversammlung vom 03.11.2014 i.V.m. Seite 26 des Insolvenzplans vom 01.10.2014 berufen.

12

Dabei kann dahinstehen, ob es sich um eine Zwischenrechnungslegung im Sinne von § 66 Abs. 3 InsO handelt, da das zuständige Organ der Rechtspflege von dieser Unterscheidung nicht abhängt. Gleichwohl spricht die Vorlageverfügung insoweit zu Recht von einer Schlussrechnungsprüfung, denn gemäß § 66 Abs. 1 S. 2 InsO kann die Pflicht zur Schlussrechnungsprüfung im Insolvenzplan abweichend geregelt werden. Hiervon macht der vorliegende Insolvenzplan durch die sprachliche Bezugnahme auf die Schlussrechnung ausdrücklich Gebrauch.

13

Die Schlussrechnungsprüfung ist gemäß § 3 Nr. 2 lit. e RPflG der Rechtspflegerin übertragen. Ein Richtervorbehalt besteht nicht, er ergibt sich insbesondere nicht aus § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG.

14

Zwar ist das Verfahren über einen Insolvenzplan grundsätzlich dem Richter vorbehalten, doch handelt es sich bei der Schlussrechnungsprüfung gemäß § 66 InsO nicht um einen planspezifischen Verfahrensteil, sondern um eine allgemeine insolvenzverfahrensrechtliche Pflicht des Gerichts (ebenso: Thies, in: Hamburger Kommentar zur InsO, 5. Aufl. 2015, § 258, Rn. 8). Daran ändert auch die Modifizierung der Schlussrechnungsprüfung durch den Insolvenzplan nichts, denn sie ist nur wegen der Regelung in § 66 Abs. 1 S. 2 InsO wirksam. § 66 InsO findet sich aber in der Aufzählung des § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG nicht.

15

Eine Zuständigkeit des Richters ergibt sich schließlich auch nicht aus einer Verdrängung des § 66 InsO durch § 258 InsO. Zwar wird in Teilen der Literatur die Ansicht vertreten, der § 258 InsO regele die Aufhebungsvoraussetzungen abschließend, so dass kein Raum für eine Anwendung des § 66 InsO mehr verbleibe (Jaffé, in: Frankfurter Kommentar zur InsO, 8. Aufl. 2015, § 258, Rn. 9 f. m.w.N.). Daraus könnte sich folgerichtig eine Zuständigkeit des Richters für modifizierte Schlussrechnungsprüfungen ergeben, weil § 18 Abs. 1 Nr. 2 RPflG das Verfahren nach § 258 InsO dem Richter vorbehält. Bereits der zugrundeliegenden Prämisse, einer Verdrängung des § 66 InsO durch § 258 InsO, kann jedoch nicht beigetreten werden. Spätestens seit der Gesetzgeber in § 66 Abs. 1 S. 2 InsO geregelt hat, dass ein Insolvenzplan eine zu § 66 InsO abweichende Regelung treffen kann, ist klargestellt, dass die Regelungen in § 66 InsO grundsätzlich auf einen Insolvenzplan anwendbar sind.

16

2. Eine Bestimmung des zuständigen Organs der Rechtspflege im Hinblick auf die Zuständigkeit für die umfassende Schlussrechnungsprüfung gemäß § 66 Abs. 2 InsO erfolgt nicht. Der Begriff der „umfassenden“ Schlussrechnungsprüfung wird zunächst dahingehend ausgelegt, dass die abschließende Schlussrechnungsprüfung vor Verfahrensaufhebung gemeint ist.

17

Die Bestimmung erfordert zwingend ein Geschäft über dessen Zuweisung Streit oder Ungewissheit besteht. Vorliegend fehlt es aber bereits an einem Geschäft im Sinne des § 7 RPflG. Eine über die bei 1.) dargelegte gerichtliche Schlussrechnungsprüfung hinausgehende Prüfung einer Schlussrechnung bei Aufhebung des Verfahrens gemäß § 66 Abs. 2 InsO hat nicht zu erfolgen.

18

Zwar muss grundsätzlich auch im Rahmen der Eigenverwaltung bei der Aufhebung des Verfahrens gemäß §§ 66 Abs. 2, 281 Abs. 3 InsO eine Schlussrechnungsprüfung durch das Gericht erfolgen, deren Gegenstand die Schlussrechnung des Schuldners in Verbindung mit der Stellungnahme des Sachwalters nach § 281 Abs. 3 S. 2, Abs. 1 S. 2 InsO darstellt (Tetzlaff/Kern, in: Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl. 2014, § 281, Rn. 31), die gerichtliche Schlussrechnungsprüfung kann aber in einem Insolvenzplan abbedungen werden (ebenso: Thies, in: Hamburger Kommentar zur InsO, 5. Aufl. 2015, § 258, Rn. 8; Gravenbrucher Kreis, ZIP 2014, 1262, 1265), was vorliegend auch geschehen ist. Der rechtskräftig bestätigte Insolvenzplan vom 01.10.2014 enthält auf Seite 26 ausdrücklich die Regelung, dass eine Schlussrechnungsprüfung nur für den Zeitraum bis zum Erörterungstermin durchgeführt werden soll. Damit ist dem Gericht die Befugnis zu einer weitergehenden Schlussrechnungsprüfung nach § 66 Abs. 2 InsO entzogen.

19

Dass die Regelung zur Schlussrechnungsprüfung plandispositiv ist, ergibt sich bereits aus § 66 Abs. 1 S. 2 InsO. Zwar ist der Wortlaut der Norm insoweit nicht eindeutig, weil § 66 Abs. 1 InsO lediglich die Rechnungslegung gegenüber der Gläubigerversammlung betrifft, die gerichtliche Prüfung in § 66 Abs. 2 InsO mithin nicht zwingend zur Disposition des Insolvenzplans gestellt wird. Gleichwohl ergibt sich bereits aus systematischen Erwägungen, dass auch die gerichtliche Prüfung plandispositiv ist. Der Wortlaut des § 66 Abs. 2 InsO nimmt nämlich explizit darauf Bezug, dass das Gericht vor der Gläubigerversammlung die Schlussrechnung prüft. Findet keine Prüfung durch die Gläubigerversammlung mehr statt, kann deshalb auch keine Prüfung durch das Gericht mehr stattfinden. Diese ist mit anderen Worten akzessorisch. Das dürfte auch dem Willen des Gesetzgebers entsprechen. Dieser manifestiert sich in der Begründung der Bundesregierung zu ihrem insoweit unverändert Gesetz gewordenen Entwurf, der sich ausdrücklich auch auf die gerichtliche Prüfung der Schlussrechnung bezieht und mit der Einführung des § 66 Abs. 1 S. 2 InsO einen Verzicht im Insolvenzplan ermöglichen wollte (BT-Drucks. 17/5712, S. 26 f.).

20

Durch einen Verzicht auf die Schlussrechnungslegung werden schließlich die gerichtlichen Kontrollbefugnisse auch nicht zur Disposition der Gläubiger gestellt. Die Prüfung der Rechtmäßigkeit des Handelns des Sachwalters und damit mittelbar des eigenverwaltenden Schuldners findet seine Rechtsgrundlage in §§ 274 Abs. 1, 58 Abs. 1 S. 1 InsO. Die gerichtliche Kontrolle kann mithin unabhängig von einem Verzicht auf die Schlussrechnungsprüfung nach § 66 Abs. 2 InsO erfolgen. Da die Rechenschaftspflicht gegenüber dem Insolvenzgericht auch noch nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens besteht, birgt die gerichtliche Kontrolle des Sachwalters im Rahmen des § 58 Abs. 1 InsO nicht die Gefahr einer verzögerten Verfahrensbeendigung (Riedel, in: Münchener Kommentar zur InsO, 3. Aufl. 2014, § 66, Rn. 9; Harbeck, ZInsO 2014, 388, 390 f.).

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