Beschluss vom Amtsgericht Magdeburg - 61 AR 21/12, 61 AR - 21/12

Tenor

In der Strafsache

gegen ...

wegen Untreue

- Aktenzeichen der Strafakte: 12 Ds 550 Js 42348/06 (268/12) -

wird die Ablehnung der Richterin am Amtsgericht ... durch den Angeklagten

als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe

1

Im Hinblick auf die Tatsachen und Gesichtspunkte in den Dienstlichen Äußerungen vom 10. und 11. Juli 2012 der abgelehnten Richterin, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird, hat der Angeklagte auch unter Berücksichtigung der eingegangenen Stellungnahmen vom 10. und 11. Juli 2012 keine vernünftigen Gründe, an der Unbefangenheit der Richterin am Amtsgericht ... ernstlich zu zweifeln.

2

Im Hinblick auf die Frage des vollumfänglichen Aussageverweigerungsrechts nach § 55 StPO des Zeugen ... und der in diesem Zusammenhang gerügten Entziehung des Wortes der Verteidigung ist aus dem Protokoll vom 10.07.2012 zu entnehmen, dass Herr Rechtsanwalt ... seinen Antrag hinsichtlich der Frage des § 55 StPO verlesen hat. Dieser Antrag ist auch zu Protokoll gereicht worden und umfasst zwei DIN A4 -Seiten. Er gibt die Ansicht von Herrn Rechtsanwalt ... wieder. Seine Rechtsmeinung ist damit in das Verfahren eingeführt worden.

3

Auch im Vorfeld war bereits die Frage des § 55 StPO hinsichtlich des Zeugen ... erörtert worden. Vor diesem Hintergrund ist der Entzug des Wortes, um die Entscheidung zu treffen - insoweit verweise ich auf die Dienstliche Äußerung der abgelehnten Richterin - nicht zu beanstanden, denn erst im Verfahren entstandene Spannungen zwischen Richtern und Verteidigern begründen in aller Regel nicht die Besorgnis der Befangenheit (vgl. BGH NJW 1998, 2458, 2459). Darüber hinausgehende Besonderheiten bestehen im vorliegenden Fall nicht.

4

Hinzu kommt, dass die Frage des § 55 StPO den Rechtskreis des Angeklagten nicht wesentlich berührt. So kann er sich beispielsweise nicht gegen die Verwertung einer Aussage bei unterbliebener Belehrungspflicht nach § 55 Abs. 2 StPO im Revisionsrechtszug wehren (vgl. dazu BGH Beschluss vom 21.01.1958 GSSt 4/57, BGHSt 11,213 - 219).

5

Schützt § 55 StPO aber allein den Zeugen, so ist ein etwaiges Beweisrecht des Angeklagten bei der Befragung des Zeugen nicht tangiert. Ohnehin hat die abgelehnte Richterin über die Frage des § 55 StPO hinsichtlich des Zeugen ... entschieden.

6

Soweit die Befangenheitsgesuche zum Gegenstand haben, dass die abgelehnte Richterin nicht offenbart habe, dass ihr Ehemann Vorsteher des Finanzamtes Magdeburg sei, so ist festzustellen, dass gemäß § 386 Abs. 4 der Abgabenordnung im vorliegenden Fall die Staatsanwaltschaft die ermittelnde Behörde war. Die Steuerfahnder waren "lediglich" Ermittlungspersonen im Auftrag der Staatsanwaltschaft. Eine über die Dienstaufsicht hinaus gehende Aufsicht des Ehemanns der abgelehnten Richterin ist damit nicht ersichtlich.

7

Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände ist vor diesem Hintergrund in einer Gesamtschau zur Überzeugung des Gerichts eine Besorgnis der Befangenheit nicht zu erwecken.


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