Beschluss vom Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt - 503 L 001/21
Tenor
1. Der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin vom 26.11.2021 gegen den hiesigen Beschluss vom 04.11.2021 wird nicht abgeholfen.
2. Die Verfahrensakte wird insofern dem Landgericht N zur Entscheidung vorgelegt.
3. Mit den weiteren „Dienstaufsichtsbeschwerden“ der Ersteherin gegen die Zwangsverwalterin vom 12.12.2021 und 28.12.2021 wird sich das Vollstreckungsgericht nach Rückkehr der Akten und Eingang der Stellungnahme der Zwangsverwalterin befassen.
1
Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt
3Beschluss
4In dem Zwangsverwaltungsverfahren
5der T N, C-platz , 00000 N
6- Gläubigerin -
7g e g e n
8N F H GmbH & Co. KG vertreten durch die N F Verwaltungs GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Frau U X I-straße, 00000 L
9- Schuldnerin -
10Verfahrensbevollmächtigte:Rechtsanwälte C, C Straße 3, 00000 C
11an dem zusätzlich beteiligt sind
12- 13
1. Frau B D-M, c/o T N, C-platz, 00000 N
- Zwangsverwalterin -
15- 16
2. Frau T C, wohnhaft C-allee 9, 00000 N
- Ersteherin -
18hat das Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydtam 14.01.2022durch den Rechtspfleger T
19beschlossen:
20- 21
1. Der sofortigen Beschwerde der Schuldnerin vom 26.11.2021 gegen den hiesigen Beschluss vom 04.11.2021 wird nicht abgeholfen.
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2. Die Verfahrensakte wird insofern dem Landgericht N zur Entscheidung vorgelegt.
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3. Mit den weiteren „Dienstaufsichtsbeschwerden“ der Ersteherin gegen die Zwangsverwalterin vom 12.12.2021 und 28.12.2021 wird sich das Vollstreckungsgericht nach Rückkehr der Akten und Eingang der Stellungnahme der Zwangsverwalterin befassen.
Gründe:
25I.
26Die Schuldnerin verfolgt mit ihrer sofortigen Beschwerde vermeintliche Erstattungsansprüche in Höhe von nunmehr 23.133,21 EUR gegen die Zwangsverwaltungsmasse.
27Die Schuldnerin meint insofern, dass die Zwangsverwalterin zu Unrecht fällige Zahlungen nicht erbracht habe, sodass die Schuldnerin – zur Abwendung von Vollstreckungsmaßnahmen – in Vorleistung habe treten müssen.
28Im Einzelnen handelt es sich dabei um folgende Leistungen (vgl. Bl. 195f., 200 d.A.):
29Energielieferkosten (NEW) |
685,00 EUR + 531,85 EUR + 3.449,78 EUR= 4.666,63 EUR |
Grundsteuern |
3.000,00 EUR + 2.963,08 EUR + 136,80 EUR= 6.099,88 EUR |
Kanalbenutzungsgebühren |
11.963,08 EUR |
Versicherungskosten (Gothaer Allgemeine Versicherung AG) |
403,62 EUR |
Diese Leistungen seien aus der Zwangsverwaltungsmasse zurück zu erstatten.
31In ihrer Stellungnahme zur Beschwerde führt die Zwangsverwalterin aus, dass die Nichtzahlung teilweise darauf beruhe, dass der Steuerberater der Schuldnerin falsche Angaben zum Forderungsstand gemacht habe. Im Übrigen wiederholt die Zwangsverwalterin, dass sie in den Energieliefervertrag nicht eingetreten sei. Gleiches gelte für den Versicherungsvertrag.
32II.
33Obgleich die Schuldnerin nunmehr mit der sofortigen Beschwerde Erstattungsansprüche verfolgt, die nicht Gegenstand des angefochtenen Beschlusses waren, ist das Rechtsmittel zulässig. Insofern genügt es, dass die sofortige Beschwerde zumindest teilweise auf eine Weiterverfolgung des ursprünglichen Begehrens gerichtet ist (vgl. BGH, BeckRS 2020, 4913 Rn. 6; BeckOK ZPO/Wulf, 42. Ed. 1.9.2021, ZPO § 567 Rn. 3).
34Die Beschwerde ist jedoch aus den bereits im angegriffenen Beschluss dargelegten Erwägungen unbegründet.
35Unter vollkommener Nichtbeachtung der hiesigen Entscheidungsgründe übersieht die anwaltlich vertretene Schuldnerin den Prüfungsumfang des Vollstreckungsgerichts. Das Vollstreckungsgericht kann im Rahmen seiner Weisungsbefugnisse aus § 153 Abs. 1 ZVG lediglich diejenigen materiell-rechtlichen Streitigkeiten entscheiden, deren Ergebnis offensichtlich ist (vgl. Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt, Beschluss vom 04.11.2021 – 503 L 001/21 – unter II. 3., mit Hinweis auf BGH, NZI 2012, 255).
36Von einer solchen Offensichtlichkeit ist auszugehen, soweit der Sachverhalt ohne weiteres feststellbar ist und sich das Ergebnis unzweifelhaft dem Gesetz entnehmen lässt oder eine durch Obergerichte gestützte herrschende Meinung besteht. Der Sachverhalt ist dabei – nach den allgemeinen Grundsätzen des zivilen Vollstreckungsrechts – gemäß dem Beibringungsgrundsatz und unter Anwendung der Geständnisfiktion des § 138 Abs. 3 ZPO festzustellen (vgl. BGH, NJW 2015, 157 Rn. 15; BeckOK ZPO/Ulrici, 42. Ed. 1.3.2021, ZPO § 764 Rn. 11; MüKoZPO/Fritsche, 6. Aufl. 2020, ZPO § 138 Rn. 1; a.A. ohne Begründung: BT-DS 19/19850 Seite 42). Eine Beweisaufnahme findet zur Vorbereitung einer materiell-rechtlichen Weisung allerdings nicht statt. Ein streitiger Tatbestand schließt die Offensichtlichkeit folglich aus. Dieser Maßstab gilt im Weisungsverfahren zumindest im kontradiktorische Züge aufweisenden Streitverhältnis zwischen dem Gläubiger und dem Schuldner. Dies ergibt sich aus der Anhörungspflicht des Vollstreckungsgerichts gem. § 153 Abs. 1 ZVG.
37Gemessen an diesem Maßstab gilt hinsichtlich des Energielieferungsvertrages, ebenso wie für den Versicherungsvertrag, dass die Zwangsverwalterin in diese nicht eingetreten ist und zudem nicht eintreten musste.
38Der BGH hat insofern ausgeführt: „Grundsätzlich ist der Zwangsverwalter weder an die vom Schuldner abgeschlossenen Verträge gebunden noch verpflichtet, in solche Verträge einzutreten. Etwas anderes gilt nur für Miet- und Pachtverträge.“
39(BGH, NJW-RR 2005, 1029 [1030])
40Da dies in Rechtsprechung und Literatur herrschende Meinung ist und auch für eine anderweitige Übernahme dieser Verträge durch die Zwangsverwalterin seitens der Schuldnerin nichts vorgetragen ist (§ 138 Abs. 3 ZPO), ist das materiell-rechtliche Ergebnis offensichtlich (vgl. BGH; NJW 2014, 1951; Haarmeyer/Hintzen, Zwangsverwaltung, 7. Auflage, ZwVwV § 5 Rn. 26). Der geltend gemachte Anspruch der Schuldnerin ist damit schon grundsätzlich verfehlt.
41Demgegenüber liegt, unabhängig von den erheblichen Zweifeln des Vollstreckungsgerichts am Bestehen eines Anspruchs der Schuldnerin, hinsichtlich der verauslagten Grundsteuern und Kanalbenutzungsgebühren keine Offensichtlichkeit vor.
42Selbst Weisungsanträge die auf eine Zahlung an die ursprüngliche Gläubigerin gerichtet gewesen wären, hätte das Vollstreckungsgericht nur mit Zurückhaltung in der Sache zu bescheiden (vgl. LG Verden, BeckRS 2018, 41380 Rn. 14f.; Schneider/Schmidberger, ZVG, 1. Auflage, § 153 Rn. 1, 29). Erst recht gilt dies für die Übergangsansprüche deren sich die Schuldnerin berühmt (dazu ausführlicher: Amtsgericht Mönchengladbach-Rheydt, Beschluss vom 04.11.2021 – 503 L 001/21 – unter II. 3. b)).
43Mönchengladbach, 14.01.2022
44TRechtspfleger
Vfg.
1. Abschrift des Beschlusses an Beteiligte des BeschwerdeverfahrensBeifügen: DS Bl. 223-226
2. Urschriftlich mit Aktedem Landgericht
45Mönchengladbach, Hohenzollernstraße 157, 41061 Mönchengladbach-Beschwerdekammer-
46wegen der Beschwerde Blatt 194ff. übersenden.
3. Wv nach Rückkehr
Mönchengladbach, 14.01.2022Amtsgericht
SiepmannRechtspfleger
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Referenzen
- ZVG § 153 2x
- ZPO § 138 Erklärungspflicht über Tatsachen; Wahrheitspflicht 2x
- 503 L 001/21 3x (nicht zugeordnet)