Beschluss vom Amtsgericht Naumburg - 8 M 1830/15
Tenor
Der am Verfahren beteiligte Obergerichtsvollzieher wird auf Antrag der Gläubigerin angewiesen, den Schuldner zur Nachbesserung der von ihm am ... unter dem Geschäftszeichen DR II ... erteilten Vermögensauskunft in Bezug auf die Leistung der Vorauszahlung der Nebenkosten aufzufordern.
Gründe
I.
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Die Gläubigerin betreibt wegen ihrer vollstreckbaren Ansprüche aus einem Vollstreckungsbescheid des Amtsgerichts L. vom 31.01.1995 (AZ. ...) und einem Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts L. vom 01.03.2007 (AZ. ...) die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner, der am 07.08.2015 bei dem am Verfahren beteiligten Obergerichtsvollzieher R. (Gz: DR II ....) die Vermögensauskunft nach § 802 c ZPO leistete. Der Schuldner gab u. a. an, dass die Kosten für die Unterkunft in Höhe von 250,00 € vom Jobcenter Naumburg getragen würden. Ansprüche auf Rückzahlung geleisteter Mietkautionen verneinte er. Angaben zum Vermieter machte er nicht.
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Mit Schreiben vom 27.08.2015 beauftragte die Gläubigerin über ihren Verfahrensbevollmächtigten den am Verfahren beteiligten Obergerichtsvollzieher damit, u. a. das Vermögensverzeichnis in Bezug auf Angaben zu etwaigen Rückerstattungsansprüchen nachzubessern. Dieser wies das Nachbesserungsverlangen zurück.
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Hiergegen legte die Gläubigerin mit Schreiben ihres Verfahrensbevollmächtigten vom 23.09.2015, eingegangen am 28.09.2015, "Erinnerung nach § 766 ZPO" ein, weil sie den Schuldner für verpflichtet hält, Angaben zu seinem Vermieter zu machen. Der Obergerichtsvollzieher half der Erinnerung in seinem Schreiben vom 14.10.2015 nicht ab und verwies darauf, dass keine Kaution geleistet wurde.
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Mit ihrem Rechtsbehelf begehrt die Gläubigerin eine gerichtliche Anweisung an den am Verfahren beteiligten Obergerichtsvollzieher, das Nachbesserungsverfahren durchzuführen.
II.
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Der als Vollstreckungserinnerung nach § 766 Abs. 2, 1. Alt. ZPO auszulegende Rechtsbehelf der Gläubigerin ist zulässig und auch begründet. Der am Verfahren beteiligte Obergerichtsvollzieher hat deren Nachbesserungsverlangen im oben tenorierten Umfang nachzukommen.
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Der Gläubiger kann Nachbesserung einer Vermögensauskunft hinsichtlich einer Forderung verlangen, sofern deren Pfändbarkeit nicht völlig ausgeschlossen und das Nachbesserungsverlangen damit nicht als mutwillig oder schikanös anzusehen ist.
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Ausgangspunkt für die aus § 836 Abs. 3 ZPO erwachsende Verpflichtung des Schuldners, Angaben über etwaige Rückerstattungsansprüche zu machen, die ihm hinsichtlich solcher Leistungen zustehen, die ihm als Bedarf für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II gewährt werden, ist die Grundentscheidung des Gesetzgebers, dass Ansprüche auf laufende Geldleistungen nach SGB II gemäß § 54 Abs. 4 SGB I in gleicher Weise gepfändet werden können wie Arbeitseinkommen (vgl. BGH, Beschluss vom 25.10.2012 - VII ZB 31/12-).
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Von der Pfändbarkeit sind Bezüge des Schuldners, die danach berechnet sind, Bedarfe für Unterkunft und Heizung zu decken, nach ausdrücklichen gesetzlichen Regelungen nicht ausgenommen. Im Gegensatz zum Wohngeld nach dem WoGG, das nach § 54 Abs. 3 Nr. 2 a SGB I (grundsätzlich) nicht der Pfändung unterliegt, fließt der Bedarf für Unterkunft und Heizung in die Berechnung des Gesamtbedarfs ein, so dass der Schuldner hierüber frei verfügen kann. Ein Pfändungsschutz ergibt sich für den Schuldner insoweit allein aus § 850 c ZPO.
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Wie das Landgericht Leipzig in dieser Entscheidung vom 07.03.2014 (- 7 T 643/13 - JurBüro 2014, 604-605) zutreffend festgestellt hat, handelt es sich bei dem Anspruch auf Rückerstattung von nicht verbrauchten Nebenkostenvorschüssen um Einkommen i. S. v. § 11 SGB II mit der Folge, dass dieser grundsätzlich auch dann als Zufluss zu berücksichtigen ist, wenn er infolge einer Aufrechnung oder Pfändung und Überweisung erloschen ist und durch die Tilgung bestehender Verbindlichkeiten auf diese Weise zu einer Verbesserung der Vermögenslage des Schuldners beigetragen hat.
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Der Schuldner kann im Übrigen die Gefahr, dass ein Gläubiger auf diese künftigen Ansprüche, deren Zufluss er benötigt, um nicht einer Minderung seines Bedarfs für Unterkunft und Heizung zu unterliegen, ohne größeren Aufwand dadurch abwenden, dass er diese künftigen Ansprüche an den Sozialleistungsträger abtritt. Dem steht nicht entgegen, dass ein Schuldner nach § 834 ZPO keine Kenntnis von dem Pfändungsgesuch erhält. Denn er erlangt spätestens dadurch Kenntnis von der Gefahr einer bevorstehenden Pfändung, dass er einem Gläubiger die dafür erforderlichen Auskünfte - wie hier erteilt.
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Der Träger der Sozialhilfe ist andererseits von sich aus gehalten, einen Leistungsempfänger bei der Geltendmachung seiner Forderungen zu unterstützen. Dazu gehört es auch, dass der Leistungsempfänger darin unterstützt wird, sich Aufrechnungen und Pfändungen in etwaiges, nach § 850 c ZPO pfändungsfreies Einkommen zu erwehren. Dies lässt sich in diesem Kontext am einfachsten dadurch realisieren, dass sich der Sozialhilfeträger die künftigen Forderungen auf etwaige Rückerstattungen aus Nebenkostenabrechnungen abtreten lässt und dies dem Vermieter gegenüber rechtzeitig anzeigt.
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Ob vorliegend der Anspruch dem Schuldner noch zusteht oder ob dieser auf das Jobcenter Naumburg bzw. dessen Träger übergegangen oder diesem vom Schuldner abgetreten worden ist oder womöglich sogar Dritten zusteht, ist weder von dem am Verfahren beteiligten Obergerichtsvollzieher und erst recht nicht vom Schuldner, sondern falls notwendig vom Prozessgericht zu klären.
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Aus diesem Grund ist die erteilte Vermögensauskunft vom 07.08.2015 auch unvollständig, da der Schuldner weder Namen noch ladungsfähige Anschrift des Vermieters angegeben hat. Ferner hat er mitzuteilen, ob dieser Anspruch auf Rückerstattung der nicht verbrauchten Nebenkostenvorschüsse an einen Dritten abgetreten worden ist, um dem Gläubiger die Einschätzung eines erfolgreichen Vollstreckungszugriffs hierauf zu erleichtern.
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Eine Kostenentscheidung ist im einseitig gebliebenen Erinnerungsverfahren nicht veranlasst. Dem am Verfahren beteiligten Obergerichtsvollzieher können keine Kosten auferlegt werden.
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Referenzen
- § 54 Abs. 3 Nr. 2 a SGB I 1x (nicht zugeordnet)
- 7 T 643/13 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 834 Keine Anhörung des Schuldners 1x
- ZPO § 850c Pfändungsgrenzen für Arbeitseinkommen 2x
- ZPO § 802c Vermögensauskunft des Schuldners 1x
- § 11 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 836 Wirkung der Überweisung 1x
- § 22 Abs. 2 S. 1 SGB II 1x (nicht zugeordnet)
- ZPO § 766 Erinnerung gegen Art und Weise der Zwangsvollstreckung 2x
- VII ZB 31/12 1x (nicht zugeordnet)
- § 54 Abs. 4 SGB I 1x (nicht zugeordnet)