Beschluss vom Amtsgericht Schorndorf - 1 M 325/03

Tenor

Auf die Erinnerung des Schuldners vom 27.03.2003 wird der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schorndorf vom 07.02.2003

aufgehoben.

Die Wirksamkeit der Entscheidung wird bis zur ihrer Rechtskraft hinausgeschoben.

Die Kosten des Erinnerungsverfahrens trägt G A.

Gründe

 
Der Gläubiger ist der am 07.11.1989 geborene gemeinsame Sohn des Schuldners und der G A. Die am 01.03.1997 geschlossene Ehe zwischen dem Schuldner und G A wurde durch Urteil des Amtsgerichts Schorndorf vom 04.04.2000 rechtskräftig geschieden. Die elterliche Sorge für den Gläubiger verblieb beiden Parteien zur gemeinsamen Ausübung. Vom Zeitpunkt der Trennung der Eltern bis längstens 01.09.2002 lebte der Gläubiger bei seiner Mutter. Anschließend ist er zum Schuldner übergewechselt.
Aufgrund eines Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses des Amtsgerichts Pforzheim vom 11.07.2002 (1 FH 11/02) hat G A für den Gläubiger gegen den Schuldner einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss des Amtsgerichts Schorndorf vom 07.02.2003 wegen aufgelaufener Unterhaltsrückstände für die Monate Oktober 2002 und für den Zeitraum Mai 2002 bis September 2002 erwirkt. Der Antrag auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses wurde am 05.02.2003 gestellt. Mit Schriftsatz vom 27.02.2003 hat der Schuldner Erinnerung gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluss eingelegt mit der Begründung, dass der Gläubiger nicht ordnungsgemäß vertreten gewesen sei, weil G A nicht alleinvertretungsberechtigt sei, da sie die elterliche Sorge nicht allein ausübe und der Gläubiger sich zum Zeitpunkt der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch nicht mehr in ihrer Obhut befunden habe.
Von Gläubigerseite wird vorgetragen, dass die zum Zeitpunkt der Titulierung der Unterhaltsansprüche bestehende Alleinvertretungsmacht der G A für die Zwangsvollstreckung fortwirke. Darüber hinaus sei G A in dem Zeitraum, für welchen der rückständige Unterhalt beigetrieben werden soll, für den Unterhalt des Gläubigers aufgekommen, weshalb der Sache nach dieser ein Anspruch auf Erstattung des Unterhalts gegen den Schuldner zustehe, für den Fall einer Verneinung der Vertretung der G A "leer ausgehen" würde.
Die Akten Amtsgericht Schorndorf 1 M 111/03 wurden beigezogen.
Die Erinnerung ist begründet. Zulässigkeitsvoraussetzung eines Zwangsvollstreckungsantrags ist das Vorliegen der allgemeinen Prozessvoraussetzungen, zu denen die wirksame gesetzliche Vertretung des minderjährigen Gläubigers zählt. Vorliegend war der Gläubiger zum Zeitpunkt der Beantragung und des Erlasses des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht wirksam vertreten. Gemäß § 51 Abs. 1 ZPO i.Verb.m. § 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB wird der unter elterliche Sorge stehende Minderjährige durch die Eltern gemeinsam vertreten. Die elterliche Sorge steht vorliegend unstreitig beiden Eltern des Gläubigers gemeinsam zu, sodass die Mutter nur dann wirksam einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss hätte beantragen können, wenn sie ausnahmsweise einzelvertretungsberechtigt gewesen wäre. Ein Fall der Einzelvertretung ist vorliegend jedoch nicht gegeben. Ein Alleinvertretungsrecht von G A ergibt sich insbesondere nicht aus § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach der die Obhut innehabende Elternteil die Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil geltend machen kann.
Das Alleinvertretungsrecht endet nämlich, wenn seine Voraussetzungen wegfallen mit der Folge, dass nicht nur für den Zeitraum ab Wegfall des Alleinvertretungsrechts sondern auch für bis dahin aufgelaufene Unterhaltsrückstände der bislang insoweit alleinvertretungsberechtigte Elternteil Unterhaltsansprüche nicht mehr geltend machen bzw. vollstrecken kann (MünchKomm/Huber, BGB, § 1629 Rdnr. 93).
Nachdem vorliegend das Obhutverhältnis nach § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB unstreitig spätestens im September 2002 auf den Schuldner übergegangen ist, konnte somit G A im Februar 2003 mangels gesetzlicher Vertretungsmacht für den Gläubiger keinen wirksamen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mehr stellen.
Entgegen der Auffassung der Gläubigerseite kommt es auch nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung des bisherigen Obhutinhabers, der während des Obhutverhältnisses für den Kindesunterhalt aufgekommen ist. Die Gläubigerseite übersieht hierbei, dass es sich bei dem Unterhaltsanspruch um einen Anspruch des Kindes und nicht um einen Anspruch des Elternteils handelt und der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind früher befunden hat, seine Aufwendungen für den Kindesunterhalt in dem zurückliegenden Zeitraum ggf. im Wege des sogenannten "familienrechtlichen Ausgleichsanspruchs" geltend machen kann. Eine Vereitelung der Ansprüche des Kindes ist ebenfalls nicht zu befürchten, da nach Bestellung eines Ergänzungspflegers die Vollstreckung wegen der titulierten Unterhaltsansprüche weiter betrieben werden kann.
Die Kosten des Erinnerungsverfahrens waren G A aufzuerlegen, da diese durch Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses für den Gläubiger, ohne hierzu bevollmächtigt zu sein, das Erinnerungsverfahren veranlasst hat.

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