Urteil vom Amtsgericht Zeitz - 13 OWi 714 Js 211604/14
Tenor
Die Betroffene wird wegen fahrlässiger Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße von € 70,- verurteilt.
Die Betroffene hat die Kosten des Verfahrens sowie ihre notwendigen Auslagen zu tragen.
Angewandte Vorschriften: §§ 24 StVG, 41 Abs.1 i.V.m.Anlage 2, 49 StVO, 46 OWiG, 465 StPO, BKat Nr. 11.3.4.
Gründe
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I. Ausweislich der Auskunft aus dem Fahreignungsregister vom 26.01.2015 liegt gegen die Betroffene keine Eintragung vor.
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II. Mit dem Bußgeldbescheid wird die Betroffene beschuldigt, am 07.08.2014 um 23:27 Uhr außerorts auf der A 9 in Meineweh OT Unterkaka. km 160,9 Richtung Berlin als Führerin des PKW mit dem Kennzeichen X die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 22 km/h überschritten zu haben.
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Dieser Vorwurf trifft zu.
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Am 07.08.2014 fuhr die Betroffene um 23:27 Uhr außerorts auf der A 9 in Meineweh OT Unterkaka. km 160,9 Richtung Berlin als Führerin des PKW mit dem Kennzeichen X. Dabei überschritt die Betroffene die zulässige Höchstgeschwindigkeit. Statt 60 km/h, die die Betroffene hätte höchstens fahren dürfen, fuhr die Betroffene mindestens 82 km/h schnell.
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Die Feststellung des vorstehenden Sachverhalts beruht auf der teilweise geständigen Einlassung der Betroffenen, die die Fahrereigenschaft zugestanden hat und deshalb von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen in der Hauptverhandlung entbunden war.
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Im Übrigen beruht die Feststellung auf der durchgeführten Beweisaufnahme.
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Der Verteidiger hat Kenntnis genommen vom Wortlaut der Schriftstücke und Datenfelder Blatt 1-3, 5-6, 24, 26, von der Bedienungsanleitung sowie der Auskunft aus dem Fahreignungszentralregister vom 26.01.2015. Die Fotos Bl. 1-4, 15, 27-29 und der Beschilderungsplan Bl.26R wurden in Augenschein genommen;; auf sie wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG wegen der Einzelheiten verwiesen.
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Der Zeuge POM K wurde vernommen. Die Geschwindigkeit des von der Betroffenen gefahrenen Pkw wurde mittels einer durch den als Messbeamten bedienberechtigten Zeugen POM K ordnungsgemäß vorgenommenen Messung mit dem ausweislich des Instandhaltungsnachweises (Bl.24 d.A.) ordnungsgemäß gewarteten und ausweislich des Eichscheins 18.11/M088856-9/2014 vom 22.01.2014 (Bl.6 d.A.) bis 31.12.2015 geeichten Geschwindigkeitsüberwachungsgerät vom Typ ES3.0 ermittelt.
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Dass die durchgeführte Messung an der Messstelle, an der aufgrund Beschilderung ausweislich des Beschilderungsplans (Bl.26R) eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h galt, entsprechend der Gebrauchsanweisung erfolgte, hat der Zeuge in seiner Vernehmung glaubhaft bekundet. Insbesondere hat er angegeben, dass Besonderheiten nicht aufgetreten sind.
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Ausweislich der Messbildgebung wurden 85 km/h gemessen; auf die in den Akten (Bl. 1-4, 15, 27-29) befindlichen Fotos wird gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG wegen der Einzelheiten verwiesen. Der Toleranzabzug betrug 3 km/h.
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Soweit die Betroffene geltend macht, es müsse sich bei der gemessenen Überschreitung um (nach Toleranzabzug) 22 km/h um eine Fehlmessung gehandelt haben, handelt es sich lediglich um eine Schutzbehauptung, die durch das dokumentierte Ergebnis der ordnungsgemäß erfolgten Messung mittels standardisierten Messverfahrens widerlegt wird.
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Anlass zu der beantragten Einholung eines Sachverständigengutachtens bestand nicht. Diese war zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich, denn eine weitere Beweiserhebung drängte sich weder auf, noch lag sie nahe. Es lagen keinerlei Anhaltspunkte für eine Störung oder Fehlfunktion vor. Aus der Lichtbilddokumentation ergibt sich zweifelsfrei, dass der Messwert dem vom Betroffenen geführten Fahrzeug zuzuordnen ist. Teile eines anderen Fahrzeugs sind im Auswerterahmen nicht abgebildet.
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Soweit der Verteidiger mit seinem Beweisantrag die Behauptungen aufgestellt hat, es liege eine schräge Aufstellung/Verschränkung des Sensorkopfes von 7° vor, der Sensorkopf sei nicht ordnungsgemäß auf der Messlinie positioniert worden, die Front des Betroffenenfahrzeugs sei nicht an, sondern (unzulässig) deutlich vor der Fotolinie positioniert, in der Messreihe des Tattages befänden sich unerklärbare Positionsabweichungen und daher liege entgegen DIN ISI 2859-1 keine grundlegende und notwendige Messbeständigkeit vor, eine Auswertung der Rohdaten/Signalverläufe bestätige, dass eine fehlerhafte (zu hohe) Messung vorliege, der auf dem Messfoto angegebene Seitenabstand sei unzutreffend, handelt es sich allein um Spekulationen. Derartige Spekulationen ohne jede Grundlage haben keine Veranlassung gegeben, ein Sachverständigengutachten einzuholen. Würde derartigen Spekulationen nachzugehen sein, würde das höchstrichterlich anerkannte standardisierte Messverfahren „ausgehebelt“.
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Soweit der Verteidiger im Beweisantrag den Antrag auf Zurverfügungstellung der Messserie an das Gericht gerichtet hat, bedurfte es der Heranziehung der Messserie für das gerichtliche Verfahren aus vorgenannten Gründen nicht. Im Übrigen ist ohnehin nicht erkennbar, dass der Verteidiger sich bemüht hätte, die Messserie für eine Auswertung von der Verwaltungsbehörde zu bekommen, wobei er im Falle einer Weigerung einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung hätte stellen können Die Verwaltungsbehörde ermöglicht es indes grundsätzlich, dass ein beauftragter Gutachter die Messserie erhalten kann. Damit ist sogar der Zugang zu diesen Daten, die nicht Bestandteil der Akten sind und, soweit die Standards des standardisierten Messverfahrens eingehalten werden, vom Gericht auch nicht benötigt und nicht angefordert werden, in hinreichender Weise möglich, zumal eine Auswertung dieser Daten ohnehin nur durch einen Gutachter in Betracht kommen kann, der über eine Software verfügt, mit der die verschlüsselten Rohdaten aus der Geschwindigkeitsmessanlage ausgelesen werden können.
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Der Tatrichter ist nur dann gehalten, die Zuverlässigkeit von Messungen, die mit einem anerkannten und weitgehend standardisierten Messverfahren gewonnen worden sind, zu überprüfen, wenn konkrete Anhaltspunkte für Messfehler bestehen Der Begriff "standardisiertes (Mess-)Verfahren" bedeutet nicht, dass die Messung in einem voll automatisierten, menschliche Handhabungsfehler praktisch ausschließenden Verfahren stattfinden muss. Vielmehr ist hierunter ein durch Normen vereinheitlichtes (technisches) Verfahren zu verstehen, bei dem die Bedingungen seiner Anwendbarkeit und sein Ablauf so festgelegt sind, dass unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind (BGH NJW 1998, 321-322, zit.nach juris).
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Die mangelnde Kenntnis der genauen Funktionsweise des Geschwindigkeitsmessgerätes ESO ES 3.0, das eine Bauartzulassung von der Physikalisch-Technische Bundesanstalt erhalten hat, begründet keine rechtliche Unverwertbarkeit des Messergebnisses. Die genaue Funktionsweise von Messgeräten ist den Gerichten auch in den Bereichen der Kriminaltechnik und der Rechtsmedizin nicht bekannt, ohne dass insoweit jeweils Zweifel an der Verwertbarkeit der Gutachten aufgekommen wären, die auf den von diesen Geräten gelieferten Messergebnissen beruhen. Nach welchem Prinzip das Geschwindigkeitsmessgerät funktioniert, ist bekannt. Bei dem Messverfahren handelt es sich um ein standardisiertes Messverfahren (OLG Hamm, Beschluss vom 29. Januar 2013 – III-1 RBs 2/13, 1 RBs 2/13 –, juris; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 19. Oktober 2012 – 1 SsBs 12/12, 1 Ss Bs 12/12 –, juris).
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Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung können aber nur konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung begründen. Ohne derartige Anhaltspunkte, würde der der Tatrichter die an seine Überzeugungsbildung zu stellenden Anforderungen überspannen, wenn er dennoch an der Zuverlässigkeit der Messung zweifelt. (OLG Hamm, Beschluss vom 29.01.2013 - III-1 RBs 2/13, zit.nach beck-online).
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Konkrete Anhaltspunkte für eine Fehlmessung gibt es hier nicht. Dass die Betroffene geltend macht, es müsse sich um eine solche handeln, ist als Schutzbehauptung zu bewerten, die gerade keinen konkreten Anhaltspunkt für eine Fehlmessung gibt.
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Bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Aufmerksamkeit hätte die Betroffene die Geschwindigkeitsüberschreitung erkennen und vermeiden können.
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Damit hat die Betroffene fahrlässig gegen 41 Abs.1 i.V.m.Anlage 2 verstoßen.
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Die Geldbuße entspricht dem Regelsatz. Es bestand keine Veranlassung, im vorliegenden Falle vom BKat abzuweichen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 OWiG i.V. mit § 465 Abs. 1 StPO.
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Referenzen
- 1 SsBs 12/12 1x (nicht zugeordnet)
- 1 Ss Bs 12/12 1x (nicht zugeordnet)
- 1 RBs 2/13 3x (nicht zugeordnet)
- § 71 Abs. 1 OWiG 2x (nicht zugeordnet)
- StPO § 267 Urteilsgründe 2x
- § 46 OWiG 1x (nicht zugeordnet)
- StVG § 24 Verkehrsordnungswidrigkeit 1x
- StPO § 465 Kostentragungspflicht des Verurteilten 1x