Beschluss vom Anwaltsgerichtshof NRW - 1 AGH 13/21
Tenor
Der Rechtsweg vor den Anwaltsgerichtshof wird für unzulässig erklärt.
Der Rechtsstreit wird an das Verwaltungsgericht Köln verwiesen.
Der Streitwert wird auf 5.000,00 Euro festgesetzt.
1
Gründe
2I.
3Der Kläger ist Rechtsanwalt und seit dem 00.05.2021 Mitglied der Rechtsanwaltskammer Z. In Y unterhält er gem. § 27 Abs. 2 BRAO eine weitere Kanzlei, mit der er auch in das amtliche Register gem. § 31 BRAO eingetragen ist.
4Der Kläger trägt wie folgt vor:
5Soweit § 8 Abs. 1 und 2 JAG NRW für Jurastudierende als Zulassungsvoraussetzung zur ersten juristischen Staatsprüfung vorsehe, dass diese außerhalb der universitären Vorlesungszeit insgesamt drei Monate praktische Studienzeit zu absolvieren hätten und gemäß Abs. 3 regelmäßig sechs Wochen in der Rechtspflege und sechs Wochen bei einer Verwaltungsbehörde zu absolvieren seien habe sich bereits vor der Corona Pandemie ergeben, dass es lange Wartelisten bei den Verwaltungsbehörden für einen Praktikumsplatz gegeben habe. Die Corona Pandemie habe ab Mitte März 2020 dazu geführt, dass die Wartezeiten sich teils über ein Jahr beliefen. Diese Situation sei für die Jurastudierenden nicht gut bzw. unwürdig.
6Er sei im Oktober 2020 im Rahmen seiner Ausbildung von Jurastudierenden auf dieses Problem aufmerksam geworden. Auf eine Nachfrage an das Landes-justizprüfungsamt Nordrhein-Westfalen vom 26.10.2020 (Anlage 1 Bl.22 GA) sei er in einer Antwort vom 06.11.2020 (Anlage 2 Bl. 24 GA) daraufhin wiesen worden, dass die Justizprüfungsämter bei den Oberlandesgerichten für die Abnahme der staatlichen Pflichtfachprüfung zuständig seien. Deshalb habe er neben einer Anfrage gemäß §§ 4, 5 IFG NRW an den Petitionsausschuss des Landtages Nordrhein-Westfalen (Schreiben vom 16.01.2021 Bl. 57 GA) mit Schreiben ebenfalls vom 16.01.2021 an die Justizprüfungsämter bei den Oberlandesgerichten Düsseldorf (Anlage 4 Bl. 27 GA), Hamm (Anlage 5 Bl. 41 GA) und Köln (Anlage 6 Bl. 55 GA) gewandt und sich dort gemäß §§ 4, 5 IFG NRW erkundigt, ob dort amtliche Informationen vorlägen, aus denen sich ergebe, dass die von ihm geschilderte Problematik bereits dort herangetragen worden und wie diese gegebenenfalls bereits gelöst worden sei.
7Mit Schreiben des OLG Köln vom 11.02.2021(Anlage 8 Bl. 79 GA und Anlage 10 Bl. 83 GA) des OLG Hamm vom 11.02.2021 (Anlage 11 Bl. 84 GA) und des OLG Düsseldorf vom 12.02.2021 (Anlage 14 Bl. 87 GA) sei er dahin beschieden worden, dass das von ihm aufgeworfene Themenfeld in der Vergangenheit von einzelnen Studierenden herangetragen worden und unter Berücksichtigung des jeweiligen Einzelfalles beantwortet worden sei. Einen Generalvorgang oder eine Generalverfügung existiere nicht.
8Auf seine Nachfrage vom 12.02.2021 (Anlage 12 Bl. 85 GA und Anlage 13 Bl. 86 GA) an die Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln, und vom 23.02.2021 (Anlage 16 Bl. 92 GA und Anlage 17 Bl. 93 GA) an die Verwaltungen der Oberlandesgerichte Düsseldorf und Hamm habe ihm das Oberlandesgericht Hamm wie aus dem Schreiben vom 25.02.2021 (Anlage 18 Bl. 4 und 90 GA) sowie gleichlautend auch das Oberlandesgericht Düsseldorf mit Schreiben vom 01.03.2021 (Anlage 19 Bl. 5 und 90 GA) sowie das Oberlandesgericht Köln vom 01.03.2021 (Anlage 20 Bl. 96 GA) geantwortet. Auf seine Nachfragen vom 03.03.2021 an das Oberlandesgericht Düsseldorf (Anlage 21 Bl. 98 GA), vom 04.03.2021 (Anlage 22 Bl. 100 GA) an das Oberlandesgericht Hamm und vom 15.03.2021 an das Oberlandesgericht Köln (Anlage 23 Bl. 101 GA), wie viele Anfragen es seit März 2020 gegeben habe und wie diese beantwortet seien, habe er textgleiche Antworten der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln (Anlage 24 Bl. 102 GA) und des Oberlandesgerichts Hamm vom 29.03.2021 (Anlage 25 Bl. 104 GA) erhalten. Darin sei mitgeteilt worden, dass es Übersichten über Anzahl und Gegenstand einzelner Anfragen nicht gebe. Eine Verpflichtung, die erbetene Auskunft durch Aufbereitung von allenfalls in vereinzelten Prüfungsanordnungen vorhandenen Informationen zu ermöglichen, sei nicht gegeben.
9Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass es nicht glaubhaft sei, dass dem Beklagten keinerlei Informationen im Sinne von § 4 IFG NRW vorlägen, in wie vielen Fällen er jeweils bereits seit März 2020 Ausnahmen bezüglich des Erfordernisses des Nachweises eines Verwaltungspraktikums zur Prüfungsanmeldung zu bearbeiten gehabt habe und wie er diese beschieden habe. Er bestreitet mit Nichtwissen, dass es keinen Generalvorgang bzw. keine Generalverfügung gebe; dies sei auch für den Informationsanspruch nicht erforderlich. Ein Anfall mit unverhältnismäßigem Aufwand bei der Durchsicht von einzelnen Prüfungsakten sei ebenfalls zu bestreiten.
10Der Kläger meint, dass eine verwaltungsrechtliche Anwaltssache gegeben sei, da er durch das Verwaltungshandeln des Beklagten auch in seiner Rechtsstellung als Rechtsanwalt gemäß § 1 BRAO betroffen sei. Als Organe der Rechtspflege gemäß § 1 BRAO wirkten Rechtsanwälte nicht nur bei der Ausbildung von Rechtsreferendaren mit, sondern auch bereits bei der Ausbildung von Jurastudierenden. Das Thema „Mitwirkung an der Ausbildung des Juristennachwuchses“ sei eine Aufgabe, die sich aus der Rechtsstellung gemäß § 1 BRAO ergebe. Seit über zehn Jahren bilde er Jurastudierende in seiner Kanzlei in Y aus. Da § 1 BRAO den Bestimmungen in § 8 JAG NRW vorgehe, könne er sich unmittelbar auf seine Rechtsstellung aus dieser Vorschrift als Träger subjektiv-öffentlicher Rechte berufen. Er habe nicht nur als Bürger ein Interesse und damit einen Informationszugangsanspruch auf der Grundlage des IFG NRW, sondern auch und insbesondere als Rechtsanwalt. Die IFG-Anfragen stellten sich als Annex zu seiner beruflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt dar.
11Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass sich seine Klage in zulässiger Weise gegen das Land Nordrhein-Westfalen richte, da es zumindest Abstimmungsprozesse zwischen den drei Justizprüfungsämtern gegeben habe bzw. gegeben haben müsse. Daraus folge die Passivlegitimation des beklagten Landes. Ohnehin könne das Justizministerium die Prozessführungsbefugnis kraft seiner Organi-sationsgewalt an sich ziehen. Ihm gehe es mit seiner Klage auch darum, das Ministerium für das Ausgangsproblem noch einmal wach zu rütteln.
12Der Kläger meint des Weiteren, dass die Beklagte ihm gegenüber als Inhaber eines Presseausweises, presserechtlich zur Auskunft verpflichtet sei.
13Wegen zu erwartender langer Bearbeitungsdauer sei es für ihn in besonderer Weise nachteilig, wenn er vor die Verwaltungsgerichte ziehen müsse.
14Der Kläger hat mit Klageschrift vom 17.04.2021 zunächst beantragt (Bl. 1 GA),
151.
16den Beklagten zu verpflichten unter Aufhebung seiner Bescheide
17vom 11.02.2021 (Anlage 8) – JPA OLG Köln
18vom 11.02.2021 (Anlage11) – JPA OLG Hamm
19vom 12.02.2021 (Anlage 14) – JPA OLG Düsseldorf
20vom 25.02.2021 (Anlage 18) – JPA OLG Hamm
21vom 01.03.2021 (Anlage 19) – JPA OLG Düsseldorf
22vom 01.03.2021 (Anlage 20) – JPA OLG Köln
23vom 18.03.2021 (Anlage 24) – JPA OLG Köln
24vom 20.03.2021 (Anlage 25) – JPA OLG Hamm
25dem Kläger Informationszugang zu den beim Beklagten vorhandenen amtlichen Informationen zu erteilen, aus denen sich ergibt, in wie vielen Fällen der Beklagte für Jurastudierende in Nordrhein-Westfalen für die Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung unter der seit März 2020 grassierenden Corona-Pandemie Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 2. Alt. JAG NRW (Praktische Studienzeit bei einer Verwaltungsbehörde) von dem Erfordernis bewilligt hat, eine praktische Studienzeit von mindestens sechs Wochen bei einer Verwaltungsbehörde nachzuweisen,
262.
27vorab gem. § 17a Abs. 3 GVG per Beschluss auszusprechen, dass der Rechtsweg zum Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen eröffnet ist,
283.
29im Falle der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges vorsorglich schon jetzt, den Rechtsstreit zuständigkeitshalber zu verweisen.
30Der Kläger beantragt nunmehr mit Schriftsatz vom 27.04.2021 (Bl. 131 GA) und vom 17.06.2021 (Bl. 252 GA),
311.
32den Beklagten zu verpflichten unter Aufhebung seiner Bescheide
33vom 11.02.2021 (Anlage 8) – JPA OLG Köln
34vom 11.02.2021 (Anlage11) – JPA OLG Hamm
35vom 12.02.2021 (Anlage 14) – JPA OLG Düsseldorf
36vom 25.02.2021 (Anlage 18) – JPA OLG Hamm
37vom 01.03.2021 (Anlage 19) – JPA OLG Düsseldorf
38vom 01.03.2021 (Anlage 20) – JPA OLG Köln
39vom 18.03.2021 (Anlage 24) – JPA OLG Köln
40vom 20.03.2021 (Anlage 25) – JPA OLG Hamm
41und vom 08.04.2021 (Anlage 1 zu dem Schriftsatz vom 27.04.2021) – JPA Düsseldorf
42dem Kläger Informationszugang zu den beim Beklagten vorhandenen amtlichen Informationen zu erteilen, aus denen sich ergibt, in wie vielen Fällen der Beklagte für Jurastudierende in Nordrhein-Westfalen für die Zulassung zur Ersten juristischen Staatsprüfung unter der seit März 2020 grassierenden Corona-Pandemie Ausnahmen gemäß § 8 Abs. 3 S. 1 2. Alt. JAG NRW (Praktische Studienzeit bei einer Verwaltungsbehörde) von dem Erfordernis bewilligt hat, eine praktische Studienzeit von mindestens sechs Wochen bei einer Verwaltungsbehörde nachzuweisen,
432.
44vorab gem. § 17a Abs. 3 GVG per Beschluss auszusprechen, dass der Rechtsweg zum Anwaltsgerichtshof für das Land Nordrhein-Westfalen eröffnet ist,
453.
46im Falle der Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges vorsorglich schon jetzt, den Rechtsstreit zuständigkeitshalber zu verweisen.
47Mit Schriftsatz vom 10.05.2021 (Bl. 234) hat das beklagte Land den Eingang der Klageschrift vom 17.04.2021 bestätigt und geltend gemacht, dass das Ministerium der Justiz in diesem Rechtsstreit nicht zur Vertretung des Landes berufen sei. Die übersandten Unterlagen würden deshalb im Original zurück gegeben werden mit der Anregung, die Zustellung an die jeweilige Vertretungsbehörde zu bewirken, hier also an die Präsidentin und die Präsidenten der Oberlandesgerichte. Eine wirksame Zustellung sei dementsprechend bislang nicht erfolgt.
48Auf gerichtliche Hinweise zum weiteren Vorgehen (Bl. 268 und 305 GA) zu den Vertretungsverhältnissen auf Seiten des Beklagten hat der Kläger mit Schriftsatz vom 12.07.2021 (Bl. 270 GA) und mit Nachricht vom 15.07.2021 Bl. 337 GA) mitgeteilt, dass er zwei Ablichtungen der Gerichtsakte fertigen und einreichen werde, mittels derer Zustellungen an das beklagte Land, vertreten in drei Fällen durch den Präsidenten/die Präsidentinnen des OLG Köln, in drei Fällen des OLG Düsseldorf und drei Fällen des OLG Hamm, bewirkt werden sollten. Ferner erklärte sich der Kläger mit entsprechenden Verfahrenstrennungen einverstanden.
49Mit Verfügung vom 19.08.2021 (Bl. 347 GA) erfolgten Verfahrenstrennungen dergestalt,
50dass sich dieses Verfahren (1 AGH 13/21) gemäß Antrag des Klägers ausschließlich richtet
51gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln
52betreffend die Bescheide
53vom 11.02.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Köln Anlage 8(tatsächlich Schreiben der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln (Bl. 79 GA),
54vom 01.03.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Köln Anlage 20(tatsächlich Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln (Bl. 96 GA),
55vom 18.03.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Köln Anlage 24
56(tatsächlich Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln (Bl. 102 GA).
57Das herausgetrennte und unter dem Aktenzeichen 1 AGH 34/21 weitergeführte Verfahren, richtet sich gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf,
58betreffend die Bescheide
59vom 12.02.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Düsseldorf Anlage 14(tatsächlich Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf Bl. 87 GA),
60vom 01.03.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Düsseldorf Anlage 19(tatsächlich E-Mail-Schreiben des Leiters des Dezernats 5 des OLG Düsseldorf Bl. 95 GA),
61vom 08.04.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Düsseldorf Anlage 1 zum Schriftsatz vom 27.04.2021(tatsächlich Schreiben des Präsidenten des Oberlandesgerichts Düsseldorf, Bl. 138 GA).
62Das herausgetrennte und unter dem Aktenzeichen 1 AGH 35/21 weitergeführte Verfahren, richtet sich gegen das Land Nordrhein-Westfalen, vertreten durch die Präsidentin des Oberlandesgerichts Hamm,
63betreffend die Bescheide
64vom 11.02.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Hamm Anlage11(tatsächlich Schreiben der Vorsitzenden des Justizprüfungsamtes bei dem Oberlandesgericht Hamm, Bl. 84 GA),
65vom 25.02.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Hamm Anlage 18(tatsächlich Schreiben der Vorsitzenden des Justizprüfungsamtes bei dem Oberlandesgericht Hamm, Bl. 94 GA),
66vom 20.03.2021 des Justizprüfungsamtes des OLG Hamm Anlage 25
67(tatsächlich Bescheid der Vorsitzenden des Justizprüfungsamtes bei dem Oberlandesgericht Hamm, Bl. 104 GA).
68Der Senat hat die Parteien durch Verfügung vom 19.08.2021 (Bl. 347 GA) darauf hingewiesen, dass er beabsichtige, den beschrittenen Rechtsweg durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren für unzulässig zu erklären; er hat hierzu Gelegenheit zum rechtlichen Gehör gegeben.
69II.
70Der seitens des Klägers beschrittene Rechtsweg vor den Anwaltsgerichtshof ist unzulässig, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG.
711.
72Nach § 112a Abs. 1 BRAO ist der Rechtsweg zur Anwaltsgerichtsbarkeit eröffnet in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nach der BRAO, nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Satzung einer Rechtsanwaltskammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer, soweit nicht die Streitigkeiten anwaltsgerichtlicher Art oder einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind (verwaltungsgerichtliche Anwaltssachen).
73Für die Beurteilung des statthaften Rechtswegs kommt es auf die Natur des Rechtsverhältnisses an, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 10.04.1986 – GmS-OGB 1/85, juris Rn. 10).
742.
75Die Schreiben vom 11.02.2021 des Justizprüfungsamtes OLG Köln (Anlage 8, tatsächlich Schreiben der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln, Bl. 79 GA), vom 01.03.2021 des Justizprüfungsamtes des Oberlandesgerichts Köln (Anlage 20, tatsächlich Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln, Bl. 96 GA) und vom 18.03.2021 des Justizprüfungsamtes des Oberlandesgerichts Köln (Anlage 24, tatsächlich Bescheid der Präsidentin des Oberlandesgerichts Köln, Bl. 102 GA) stehen in keiner Beziehung zur BRAO, zu einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder zu einer Satzung einer Rechtsanwaltskammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer. Denn sie stehen mit dem anwaltlichen Berufsrecht in keinerlei inhaltlichem Bezug. Vielmehr stehen sie allein in einem Bezug zur Ausbildung des juristischen Nachwuchses. Die vorgenannten Schreiben stellen Antworten dar auf Fragen des Klägers nach der Handhabung der Praktischen Studienzeit bei einer Verwaltungsbehörde als Zulassungsvoraussetzung zur Ersten juristischen Staatsprüfung, wobei der Kläger auf die Regelungen gem. §§ 4, 5 IFG NRW (vgl. Klageschrift Bl. 15 GA) und ergänzend auf presserechtliche Regelungen (Klageschrift Bl. 21 GA) verweist.
76Die Bezugnahme des Klägers auf § 1 BRAO und auf seine Stellung als Rechtsanwalt als Organ der Rechtspflege zugelassen zu sein, führt nicht dazu, dass der erhobene Anspruch des Klägers, seine Anfrage zu der Handhabung der Praktischen Studienzeit bei einer Verwaltungsbehörde als Zulassungsvoraussetzung zur Ersten juristischen Staatsprüfung und die vorbezeichneten Schreiben allein schon deswegen einen Bezug auf das anwaltliche Berufsrecht hätten. Auch der Umstand, dass es dem Kläger vortragsgemäß an der Beteiligung der Anwaltschaft an der Ausbildung nachwachsender Juristenjahrgänge gelegen ist, schafft keinen Bezug auf eine Streitigkeit nach der BRAO, nach einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnung oder nach einer Satzung einer Rechtsanwaltskammer oder der Bundesrechtsanwaltskammer.
77Nicht alle im weitesten Sinne berufsrechtlichen Streitigkeiten, die sich aus dem Rechtsanwaltsverhältnis ergeben können, sind der Anwaltsgerichtsbarkeit zugewiesen, sondern nur die öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten aus der Anwendung der BRAO, des EuRAG und der von diesen abgeleiteten Rechtsnormen (BGH, Beschluss vom 07.07.2021 – AnwZ 1/21, juris 11 f.; Gaier/Wolf/Göcken/Schmidt-Ränsch, Anwaltliches Berufsrecht, 3. Aufl., § 112a BRAO Rn. 5); öffentlich-rechtliche Streitigkeiten aus der Anwendung anderer Normen sind von dieser Rechtswegzuweisung nicht erfasst (BGH a.a.O. Rn. 11 f.); Gaier/ Wolf/Göcken/Schmidt-Ränsch, a.a.O.; Feuerich/Kilimann, 10. Aufl., § 112a BRAO Rn. 2).
78Der Standpunkt des Klägers führt zu einer konturlosen Zuweisung aller Streitigkeiten vor die Anwaltsgerichtsbarkeit, soweit diese nur aus dem Handeln eines Rechtsanwalts resultieren. Eine solche entgrenzte Rechtswegzuweisung zur Anwaltsgerichtsbarkeit liegt der gesetzlichen Konzeption des § 112a BRAO nicht zugrunde.
794.
80Mangels Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Anwaltsgerichtshofes war der Rechtsstreit durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung nach Gewährung rechtlichen Gehörs an das Verwaltungsgericht Köln zu verweisen, § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG. Denn es handelt sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art, die nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen ist, § 40 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Nach dem für die Frage der Rechtswegabgrenzung zugrunde zu legenden Klagevortrag ist der Sachverhalt dadurch geprägt, dass die Parteien zueinander in einem hoheitlichen Verhältnis der Über- und Unterordnung stehen und sich das beklagte Land den Mitteln des öffentlichen Rechts bedient hat.
815.
82Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 194 Abs. 1 Satz 1 BRAO, § 52 Abs. 2 GKG.
83Eine Veranlassung, die Beschwerde nach § 112a Abs. 2 Nr. 2 BRAO, § 17a Abs. 4 Satz 4 und 5 GVG zuzulassen, besteht nicht. Die vorliegend aufgeworfenen Rechtsfragen haben keine grundsätzliche Bedeutung; der Senat weicht von einer Entscheidung eines obersten Gerichtshofs des Bundes oder des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes nicht ab.
84Rechtsmittelbelehrung
85Dieser Beschluss ist in allen Teilen unanfechtbar.
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