Urteil vom Bundesarbeitsgericht (6. Senat) - 6 AZR 690/09

Tenor

1. Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 19. August 2009 - 4 Sa 683/09 - wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz nur noch über die Berücksichtigung von Zeiten der Beschäftigung bei anderen Arbeitgebern für die Stufenzuordnung einer Assistenzärztin im Rahmen ihrer Überleitung in den Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte - Kirchliche Fassung (TV-Ärzte-KF).

2

Die Klägerin war vom 1. Januar 2007 bis zum 31. Mai 2008 als Assistenzärztin bei der Beklagten tätig. Davor war sie vom 1. April 2004 bis zum 30. September 2004 als Ärztin im Praktikum und vom 1. Oktober 2004 bis 31. Dezember 2006 als Assistenzärztin an der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums der R beschäftigt. Bei diesem vorherigen Arbeitgeber erbrachte sie nach ihrer Approbation ärztliche Tätigkeiten, die fachlich den bei der Beklagten zu verrichtenden entsprachen.

3

Auf das Arbeitsverhältnis fand kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag in kirchlicher Fassung (BAT-KF) in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Mit Beschluss der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission vom 22. Oktober 2007 wurde der BAT-KF rückwirkend zum 1. Juli 2007 neu gefasst und in der Fassung der redaktionellen Überarbeitung vom 21. November 2007 (BAT-KF nF) am 15. Januar 2008 im Kirchlichen Amtsblatt der Evangelischen Kirche Rheinland bekannt gemacht. Gemäß § 1 BAT-KF nF richten sich die Arbeitsverhältnisse der Ärztinnen und Ärzte ausschließlich nach dem TV-Ärzte-KF als Anlage 6 zum BAT-KF. Die Überleitung in diesen Tarifvertrag erfolgte nach Maßgabe der Anlage 7 zum BAT-KF - Tarifvertrag zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in den TV-Ärzte-KF (TVÜ-Ärzte-KF). Der TVÜ-Ärzte-KF bestimmt in § 3:

        

„Eingruppierung

        

(1) Die Ärzte werden derjenigen Stufe der Entgeltgruppe (§ 11 TV-Ärzte) zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. ...

        

(2) Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. Für die Berücksichtigung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei der Stufenfindung gilt § 15 Absatz 2 TV-Ärzte-KF.“

4

In § 15 TV-Ärzte-KF heißt es:

        

„Stufen der Entgelttabelle

        

(1) Die Entgeltgruppe Ä 1 und Ä 2 umfasst fünf Stufen; ... Die Ärzte erreichen die jeweils nächste Stufe nach den Zeiten ärztlicher (Ä 1), fachärztlicher (Ä 2) … Tätigkeit …, die in den Tabellen (Anlagen A 1 und A 2) angegeben sind.

        

(2) Für die Anrechnung von Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit gilt Folgendes: Bei der Stufenzuordnung werden Zeiten mit einschlägiger Berufserfahrung als förderliche Zeiten berücksichtigt, das gilt insbesondere für die Zeit als Arzt im Praktikum. Zeiten von sonstiger Berufserfahrung aus nichtärztlicher Tätigkeit können berücksichtigt werden.

        

(3) Zur regionalen Differenzierung, zur Deckung des Personalbedarfs, zur Bindung von qualifizierten Fachkräften oder zum Ausgleich höherer Lebenshaltungskosten kann abweichend von der tarifvertraglichen Einstufung ein bis zu zwei Stufen höheres Entgelt ganz oder teilweise vorweg gewährt werden. Ärzte mit einem Entgelt der Endstufe können bis zu 20 v.H. der Stufe 2 zusätzlich erhalten. …“

5

Nach der Entgelttabelle des TV-Ärzte-KF vollzieht sich der Stufenaufstieg in den fünf Stufen der Entgeltgruppe Ä 1 in fünf gleichen Schritten, wobei die Stufe 1 bei einer Tätigkeit im ersten Jahr und die Folgestufen jeweils ein Jahr später erreicht werden, so dass ab dem fünften Jahr ärztlicher Tätigkeit eine Zuordnung zur Stufe 5 erfolgt.

6

Die Beklagte ordnete die Klägerin bei ihrer Überleitung der Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 1 zu, seit dem 1. Januar 2008 der Stufe 2. Die Klägerin begehrt nach vergeblicher rechtzeitiger außergerichtlicher Geltendmachung die sich bei einer Zuordnung zur Stufe 4 vom 1. Juli 2007 bis zum 31. März 2008 und zur Stufe 5 vom 1. April 2008 bis zu ihrem Ausscheiden ergebende Entgeltdifferenz, die rechnerisch unstreitig 6.270,00 Euro brutto beträgt.

7

Die Klägerin hat gemeint, die Zeit ihrer Tätigkeit als Ärztin im Praktikum und als Assistenzärztin bei ihrem früheren Arbeitgeber habe bei ihrer Überleitung in den TV-Ärzte-KF angerechnet werden müssen. Das ergebe sich aus § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF iVm. § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF.

8

Die Klägerin hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 6.270,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 6. November 2008 zu zahlen.

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Die Beklagte hat sich für ihren Klageabweisungsantrag auf § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF gestützt. Sie hat angenommen, diese Bestimmung sei die speziellere Norm gegenüber § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF. § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF sei dahin auszulegen, dass bei der Überleitung von Ärzten in den TV-Ärzte-KF nur Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber von der Regelung umfasst seien. Anderenfalls sei die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF überflüssig.

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Hintergrund der tariflichen Regelung sei, dass der Arbeitgeber bei der Einstellung entscheiden könne, ob er Arbeitnehmer mit Berufserfahrung einstelle. Diese Entscheidung könne er bei den „geerbten“ Arbeitnehmern nicht mehr treffen. Auch der Zweck des Stufenmodells spreche für die ausschließliche Berücksichtigung von Vorzeiten bei dem derzeitigen Arbeitgeber. Durch das Stufenmodell solle die Betriebstreue des Arbeitnehmers honoriert werden. Insoweit hat sich die Beklagte auf ein Schreiben eines Mitglieds der Arbeitsrechtlichen Schiedskommission der Evangelischen Landeskirche Rheinland-Westfalen-Lippe (ARS RWL) vom 27. November 2008 gestützt. Darin heißt es ua.:

        

„Die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten im Rahmen der Eingruppierung folgt den Regelungen, die im Tarifvertrag mit den Berufsgenossenschaften vereinbart worden ist. Vom eigentlichen Manteltarifvertrag her betrachtet gilt der Grundsatz, dass sämtliche Tätigkeiten als Arzt, Facharzt, Oberarzt bzw. Chefarztvertreter anzurechnen sind. Man wollte lediglich eine Sonderregelung hinsichtlich des übergeleiteten Personals treffen. Dort zählen nur die Zeiten beim gleichen Arbeitgeber. Hintergrund ist dafür, dass der Arbeitgeber im Fall der Einstellung die freie Entscheidung hat, welchen Mitarbeiter mit welcher Berufserfahrung er einstellt. Diese Entscheidung hat er bei den durch die Überleitung ‚geerbten’ Mitarbeitern nicht. Ich möchte allerdings darauf hinweisen, dass dies die Verhandlungserwägungen im Rahmen der Tarifverhandlungen mit den Berufsgenossenschaften waren, deren Tarifvertrag gewissermaßen die Blaupause für den Entwurf des TV-Ärzte-KF war.“

11

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Klägerin hat gemäß § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF iVm. § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF Anspruch auf Anrechnung der Zeiten als Ärztin im Praktikum bzw. als Assistenzärztin bei früheren Arbeitgebern und war daher bei ihrer rückwirkenden Überleitung in den TV-Ärzte-KF zum 1. Juli 2007 der Stufe 4, seit dem 1. April 2008 bis zu ihrem Ausscheiden am 31. Mai 2008 der Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 1 zuzuordnen. Daraus resultiert die rechnerisch unstreitige Nachzahlung von 6.270,00 Euro brutto.

13

1. § 3 TVÜ-Ärzte-KF regelt die Stufenzuordnung der in den TV-Ärzte-KF übergeleiteten Ärzte im Wechselspiel von Regel und Ausnahme:

14

Den Grundsatz legt § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF fest. Danach werden die Ärzte derjenigen Stufe zugeordnet, die sie erreicht hätten, wenn die Entgelttabelle für Ärztinnen und Ärzte bereits seit Beginn ihrer Zugehörigkeit zu der für sie maßgebenden Entgeltgruppe gegolten hätte. Davon macht § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF eine Ausnahme. Für die Stufenfindung bei der Überleitung zählen danach an sich nur die Zeiten im jetzigen Arbeitsverhältnis zu demselben Arbeitgeber. § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF trifft jedoch für Vorzeiten „ärztlicher Tätigkeit“ über den Verweis auf § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF eine Unterausnahme, die letztlich zur Grundregel in § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF zurückkehrt: Zeiten (einfacher) ärztlicher Tätigkeit mit einschlägiger Berufserfahrung sind zu berücksichtigen, wozu kraft ausdrücklicher Fiktion auch die Tätigkeit als Arzt im Praktikum zählt. Diese aufgrund des Verweises auf § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF bei der Überleitung zu berücksichtigenden „Vorzeiten“ ärztlicher Tätigkeit umfassen bei der Stufenzuordnung in der Entgeltgruppe Ä 1 - wenn nicht nur, so doch jedenfalls auch - Zeiten einer Beschäftigung als Assistenzarzt mit einschlägiger Tätigkeit in Arbeitsverhältnissen mit früheren Arbeitgebern. Für unter der Geltung des TV-Ärzte-KF neu eingestellte Ärzte sieht dies die Beklagte nicht anders. § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF enthält gerade keine Einschränkung auf denselben Arbeitgeber.

15

a) Die Berücksichtigung einschlägiger (einfacher) ärztlicher Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern für die Stufenzuordnung ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte-KF.

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aa) Schon das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF der von der Beklagten angenommene Charakter einer abschließenden Regelung über die Stufenzuordnung übergeleiteter Ärzte nicht zukommt. Die Beklagte kann nicht ausblenden, dass § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF eine ausdrückliche Verweisung auf § 15 Abs. 2 TV-Ärzte-KF enthält. Sie ist deshalb gezwungen, diese Bestimmung dahin zu verstehen, dass lediglich Vorzeiten ärztlicher Tätigkeit bei „demselben Arbeitgeber“ von dieser Regelung umfasst seien. Nach dieser Auslegung würde von § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF also nur der Fall erfasst, dass ein Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, später aber erneut ein Arbeitsverhältnis zu diesem Arbeitgeber begründet. Ein derart enges Verständnis, das sich auf einen Ausnahmefall im typischen Arbeitsleben beschränkt, ist dem Begriff „Vorzeiten“ aber nicht beizumessen. Vielmehr ist mit „Vorzeit“ sprachlich die einer bestimmten Zeit vorausgehende Zeit (Duden Das große Wörterbuch der Deutschen Sprache 3. Aufl. Bd. 10: Vide-Zz S. 4392) bzw. die auf eine frühere Lebensperiode bezogene Zeit (J. und W. Grimm Deutsches Wörterbuch Bd. 26 12. Bd. 2. Abteilung Vesche - Vulkanisch S. 1998) gemeint. Dieser Begriff hat demnach denselben Bedeutungsgehalt wie der geläufigere Begriff „Vorbeschäftigungszeiten“. Vom Begriff „Vorzeit“ ist damit auch ein früheres Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber umfasst (ebenso ohne jede Problematisierung Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 § 16 TV-Ärzte Rn. 8 zum wortgleichen § 16 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte/TdL; vgl. auch Senat für den Begriff „Vorbeschäftigung“ in § 19 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA 16. Dezember 2010 - 6 AZR 357/09 - Rn. 15). Allerdings zeigt die Differenzierung zwischen ärztlicher, fachärztlicher und oberärztlicher Tätigkeit in § 15 Abs. 1 Satz 2 TV-Ärzte-KF, die sich in § 15 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte-KF nicht wiederfindet, dass die Arbeitsrechtliche Kommission mit dieser Formulierung - anders als bei der (einfachen) ärztlichen Tätigkeit - bei der fach- und der oberärztlichen Tätigkeit bewusst von einer zwingenden Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten absehen wollte (vgl. Senat 16. Dezember 2010 - 6 AZR 357/09 - Rn. 16 für die Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten auf die Stufenlaufzeit von Oberärzten nach § 19 Abs. 2 TV-Ärzte/VKA).

17

bb) Entgegen der Annahme der Beklagten ist die Regelung in § 3 Abs. 2 Satz 1 TVÜ-Ärzte-KF bei dieser Auslegung nicht überflüssig. Erst diese Bestimmung eröffnet überhaupt die Möglichkeit, bestimmte Zeiten der Beschäftigung abweichend vom Grundsatz des § 3 Abs. 1 TVÜ-Ärzte-KF von der Anrechnung auszunehmen.

18

b) Vorstehendes Verständnis der Regelung in § 3 TVÜ-Ärzte-KF für übergeleitete Ärzte der Entgeltgruppe Ä 1 spiegelt sich auch in den Stufen der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte-KF wieder.

19

Mit dem Aufstieg in den Stufen soll die zunehmende Berufserfahrung honoriert werden (vgl. Senat 27. Januar 2011 - 6 AZR 526/09 - Rn. 35; 27. Januar 2011 - 6 AZR 578/09 - Rn. 26). In der Entgeltgruppe Ä 1 orientiert sich das Stufensystem des TV-Ärzte-KF, worauf die Klägerin zu Recht hinweist, am Weiterbildungsstand zum Facharzt. In dieser Entgeltgruppe wird die jeweils nächste Stufe nach einem Jahr erreicht, die fünfte als höchste Stufe somit ab dem 49. Monat der Tätigkeit. Die Weiterbildung zum Facharzt dauert in den meisten Fachgebieten 60 Monate. Dabei werden gemäß § 4 Abs. 2 der (Muster-)Weiterbildungsordnung 2003 Tätigkeitsabschnitte, die als Arzt im Praktikum abgeleistet worden sind und den Anforderungen der Weiterbildungsordnung genügen, auf die Weiterbildung angerechnet. Ausnahmen bestehen hinsichtlich der Weiterbildungsdauer - soweit ersichtlich - lediglich in den Gebieten der Anatomie (Abschnitt B 3. der [Muster-]Weiterbildungsordnung 2003 idF vom 25. Juni 2010), Biochemie (Abschnitt B 6. Weiterbildungsordnung) sowie der Physiologie (Abschnitt B 26. Weiterbildungsordnung), in denen jeweils eine Weiterbildungszeit von 48 Monaten vorgesehen ist. Längere Weiterbildungen als 60 Monate sind in den verschiedenen Facharztkompetenzen des chirurgischen Gebiets (Abschnitt B 7. und B 19. Weiterbildungsordnung), bei verschiedenen Facharztkompetenzen des Gebiets der Inneren Medizin (Abschnitt B 13.2 bis 13.9 Weiterbildungsordnung) sowie schließlich in der Pathologie (Abschnitt B 23. Weiterbildungsordnung) vorgesehen, in denen die Weiterbildungszeit jeweils 72 Monate dauert.

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Bei typisierender Betrachtung erreicht der Assistenzarzt also in der Mehrzahl der Fälle einer Weiterbildung zum Facharzt den Facharztabschluss nach 60 Monaten, somit nach einem Jahr in der Stufe 5, und wird in die Entgeltgruppe Ä 2 eingruppiert. Mit der jährlich steigenden Vergütung in der Entgeltgruppe Ä 1 wird somit der Fortschritt im Weiterbildungsstand honoriert. Dieser tritt jedoch unabhängig davon ein, ob er im aktuellen Arbeitsverhältnis erworben worden ist. Das rechtfertigte es, die übergeleiteten Ärzte der Entgeltgruppe Ä 1 entsprechend ihrem jeweiligen Weiterbildungsstand in das neue Stufensystem einzuordnen. Die Klägerin verweist zu Recht darauf, dass sie sich bei Inkrafttreten des TV-Ärzte-KF nicht im ersten Weiterbildungsjahr, wie es in der von der Beklagten vorgenommenen Zuordnung zur Stufe 1 der Entgeltgruppe Ä 1 zum Ausdruck kommt, sondern im vierten Jahr ihrer Weiterbildung befunden hat. Dementsprechend war sie in der Entgeltgruppe Ä 1 seit dem 1. Juli 2007 zunächst nach der Stufe 4, seit dem 1. April 2008 dann nach der Stufe 5 zu vergüten. Darum überzeugt auch das Argument der Beklagten nicht, bei der Einstellung könne der Arbeitgeber entscheiden, ob er einen Arbeitnehmer mit Berufserfahrung einstelle, während ihm diese Entscheidung bei den von ihm „geerbten“ Arbeitnehmern nicht offenstehe. Die Beklagte berücksichtigt dabei nicht, dass sie sich den zunehmenden Weiterbildungsstand und die sich darin abbildende größere Berufserfahrung der übergeleiteten Klägerin gerade zu Nutze gemacht hat.

21

c) Entgegen der Auffassung der Beklagten lässt vorstehende Auslegung nicht den wirklichen Willen der ARS RWL außer Betracht.

22

aa) Hätte die ARS RWL die Berücksichtigung von Beschäftigungszeiten mit (einfacher) ärztlicher Tätigkeit in früheren Arbeitsverhältnissen bei der Stufenzuordnung im Rahmen der Überleitung der Arbeitnehmer in den TV-Ärzte-KF ausschließen oder zumindest einschränken wollen, hätte sie dies unmissverständlich regeln müssen, um so deutlich zu machen, dass und wie sie die beim aktuellen Arbeitgeber gewonnene Berufserfahrung stärker oder ausschließlich honorieren bzw. die diesem erwiesene Betriebstreue belohnen will. Dies ist zB in § 13 Teil A, Teil C sowie Teil D jeweils in den Absätzen 2 und 3 des BAT-KF nF geschehen (vgl. zur Regelung in § 16 Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 TV-L Senat 23. September 2010 - 6 AZR 180/09 - ZTR 2011, 21).

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bb) Soweit die Beklagte auf das Schreiben vom 27. November 2008 verweist, lässt diese Stellungnahme eines einzelnen Mitglieds der ARS RWL keinen Rückschluss auf den übereinstimmenden Willen dieses Gremiums zu. Das gilt um so mehr, als in diesem Schreiben ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass es sich bei den Überlegungen zur Anrechnung von Vorzeiten um Verhandlungserwägungen im Rahmen der Aushandelung des Tarifvertrags zur Überleitung der Ärztinnen und Ärzte in Einrichtungen der Vereinigung Berufsgenossenschaftlicher Kliniken (TVÜ-Ärzte VBGK) vom 14. Juni 2007 gehandelt hat. Damit bleibt völlig offen, ob und inwieweit diese Erwägungen Gegenstand der Erörterungen in der ARK gewesen sind. Zudem hätte ein derartiges Normverständnis in der Regelung des § 3 Abs. 2 TVÜ-Ärzte-KF keinen Niederschlag gefunden, weil darin, wie ausgeführt, nicht nur Zeiten ärztlicher Tätigkeit als Assistenzarzt beim selben Arbeitgeber geregelt worden sind. Schließlich sind nach § 4 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte VBGK Zeiten ärztlicher Tätigkeit bei anderen Arbeitgebern und Zeiten als Arzt im Praktikum bei der Stufenfindung ausdrücklich zu berücksichtigen, so dass die im Schreiben vom 27. November 2008 geäußerte Auffassung nicht nachvollziehbar ist.

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cc) Weder im TVÜ-Ärzte-KF noch im TV-Ärzte-KF finden sich Anhaltspunkte dafür, dass die ARS RWL übergeleitete Ärzte schlechter stellen wollte als solche, die nach Inkrafttreten des neuen Rechts eingestellt werden. Dafür ist auch schwerlich ein sachlicher Grund erkennbar. Vielmehr werden durch § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF die Grundsätze der Neueinstellung gerade auf die übergeleiteten Ärzte übertragen (vgl. Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TV-L Stand Oktober 2010 TVÜ-Ärzte Rn. 56 für den wortgleichen § 5 Satz 3 TVÜ-Ärzte Länder). Insoweit stellt § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF gerade den Gleichklang bei der Stufenzuordnung von übergeleiteten und neu eingestellten Ärzten her.

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d) Soweit die Beklagte auf die beträchtlichen Mehrkosten, die durch vorstehende Auslegung für sie entstehen, hinweist, vermag diese wirtschaftliche Betrachtungsweise § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF keinen anderen Bedeutungsinhalt zu geben.

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2. Die Zeiten der Beschäftigung der Klägerin als Assistenzärztin in ihrem vorherigen Arbeitsverhältnis bei der R waren Zeiten einschlägiger Berufserfahrung und damit nach § 3 Abs. 2 Satz 2 TVÜ-Ärzte-KF iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte-KF als förderliche Zeiten bei der Stufenzuordnung zu berücksichtigen. Dies gilt über die Fiktion des § 15 Abs. 2 Satz 1 TV-Ärzte-KF auch für die Zeit als Ärztin im Praktikum. Die Förderlichkeit dieser Zeiten stellt die Beklagte nicht in Abrede.

27

Die Klägerin war daher bei ihrer Überleitung der Stufe 4 und ab dem 1. April 2008 bis zu ihrem Ausscheiden der Stufe 5 der Entgeltgruppe Ä 1 TV-Ärzte-KF zuzuordnen. Daraus ergibt sich der rechnerisch unstreitige Zahlungsanspruch.

28

3. Der Klägerin stehen Prozesszinsen in der geltend gemachten Höhe zu (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

29

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Fischermeier    

        

    Brühler    

        

    Spelge    

        

        

        

    M. Jostes    

        

    Sieberts    

                 

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