Beschluss vom Bundesfinanzhof (1. Senat) - I B 199/09
Tatbestand
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I. Streitig ist die Anwendung des im Zuge der Umstellung vom körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungs- zum sog. Halbeinkünfteverfahren neu geschaffenen § 8b Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes 1999 i.d.F. des Gesetzes zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858, BStBl I 2002, 35) --KStG 1999 n.F.-- im Streitjahr 2001.
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Die Klägerin und Beschwerdegegnerin (Klägerin), eine GmbH, war zu 100 % an einer ausländischen Vertriebsgesellschaft (mit Sitz in Österreich) beteiligt. Im Streitjahr kam es zu einer dem Grunde und der Höhe nach unstreitigen Teilwertabschreibung auf den Beteiligungsansatz (147.106 DM). Der Beklagte und Beschwerdeführer (das Finanzamt --FA--) rechnete diesen Betrag bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens unter Hinweis auf § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. hinzu und änderte den Bescheid zur gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Körperschaftsteuer auf den 31. Dezember 2001 entsprechend. Das Finanzgericht (FG) Düsseldorf gab der dagegen gerichteten Klage durch Urteil vom 27. Oktober 2009 6 K 2724/06 F (Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 591) unter Hinweis auf das Senatsurteil vom 22. April 2009 I R 57/06 (BFH/NV 2009, 1460) und dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts statt. Die Revision wurde nicht zugelassen.
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Das FA macht mit seiner auf Zulassung der Revision gerichteten Beschwerde geltend, dass die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) habe; außerdem erfordere die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).
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Die Klägerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
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II. Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen. Eine Zulassung der Revision kommt weder nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 noch nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO in Betracht.
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Ungeachtet der Frage, ob die Darlegungsvoraussetzungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO erfüllt sind, fehlt es jedenfalls --bezogen auf die für den Streitfall erhebliche Rechtsfrage der Gemeinschaftsrechtmäßigkeit der zeitlichen Anwendungsregelung des § 34 KStG 1999 n.F.-- an einem entsprechenden Klärungsbedürfnis durch eine (weitere) Entscheidung des BFH. Die Annahme einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) ist damit ebenso ausgeschlossen wie das Erfordernis für eine Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO). Denn die aufgeworfene Rechtsfrage ist auf der Grundlage des Senatsurteils in BFH/NV 2009, 1460 so zu entscheiden, wie es das FG getan hat (s. auch das Zwischenurteil des FG Köln vom 14. Februar 2010 13 K 18/06, juris).
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a) Aus dem Senatsurteil in BFH/NV 2009, 1460 --auf das, um Wiederholungen zu vermeiden, verwiesen wird (s. auch Senatsurteil vom 28. Oktober 2009 I R 27/08, BFHE 227, 73, zu der vergleichbaren Situation bei Investmentfonds)-- folgt, dass die Sonderregelung zur zeitlichen Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. in § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG 1999 n.F. (jetzt § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG 2002) bei Auslandsbeteiligungen nicht zum Zuge kommt. Vielmehr ist die allgemeine Regelung in § 34 Abs. 2a Satz 1 KStG 1999 n.F. (jetzt § 34 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002) maßgebend, die die Anwendung des § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. ab dem Veranlagungszeitraum 2001 anordnet. Der in § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. geregelte Ausschluss von Gewinnminderungen führt damit im Veranlagungszeitraum 2001 zu einer Schlechterstellung von Auslandsbeteiligungen gegenüber entsprechenden Inlandsbeteiligungen, für die der Abzugsausschluss erst vom Veranlagungszeitraum 2002 an greift. Zwar bestand bei einer Beteiligung von mehr als 10 % an einer ausländischen Gesellschaft auch nach Maßgabe des früheren körperschaftsteuerrechtlichen Anrechnungsverfahrens ein vergleichbares Abzugsverbot; § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 1999 a.F. bestimmte insoweit ein Abzugsverbot für Verluste aus der Veräußerung solcher Beteiligungen. Gewinnminderungen aufgrund des Ansatzes mit dem niedrigeren Teilwert erfasste dieses Verbot jedoch nicht. Überdies war die besagte Regelung letztmals im Veranlagungszeitraum 2000 anzuwenden (vgl. § 34 Abs. 2a Satz 1 KStG 1999 n.F., § 34 Abs. 4 Satz 1 KStG 2002). Es verbleibt deshalb --unabhängig von der konkreten Beteiligungshöhe-- für 2001 eine gegenüber der Situation der Inlandsbeteiligung nachteilige Lage.
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b) Diese Benachteiligung war aus gemeinschaftsrechtlicher Sicht nicht hinzunehmen. Sie verletzt, wie sich aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 22. Januar 2009 C-377/07 "STEKO Industriemontage GmbH" (Internationales Steuerrecht --IStR-- 2009, 133) und dem nachfolgenden Senatsurteil in BFH/NV 2009, 1460 ergibt, Art. 56 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft i.d.F. des Vertrages von Nizza zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union, der Verträge zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften sowie einiger damit zusammenhängender Rechtsakte, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2002 Nr. C 325, 1 --EG-- (jetzt Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union --AEUV-- i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01); infolgedessen ist § 34 Abs. 2a Satz 1 KStG 1999 n.F. im Hinblick auf § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. im Veranlagungszeitraum 2001 für Auslandsbeteiligungen unanwendbar. Jenen Entscheidungen des EuGH und des erkennenden Senats (ebenso wie dem Senatsurteil in BFHE 227, 73) lagen zwar Beteiligungsverhältnisse in Höhe von weniger als 10 % zugrunde. Für die im Streitfall gegebene Situation einer Alleinbeteiligung ändert sich an der beschriebenen Rechtsfolge --der Nichtanwendbarkeit von § 34 Abs. 2a Satz 1 i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG 1999 n.F. im Veranlagungszeitraum 2001-- jedoch nichts. Hier wie dort wirkt der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts vor nationalem Recht. Der Umstand, dass neben der konstatierten Verletzung der Freiheit des Kapitalverkehrs (Art. 56 EG, Art. 63 AEUV) infolge der Alleinbeteiligung die Verletzung der Freiheit der Niederlassung (Art. 43 i.V.m. Art. 48 EG, jetzt Art. 49 i.V.m. Art. 54 AEUV) tritt, ist kein tragfähiger Grund, den Senat zu einer Überprüfung seiner Rechtsprechung durch eine abermalige Revisionsentscheidung zu veranlassen und ggf. abermals den EuGH (gemäß Art. 267 AEUV) anzurufen. Denn das EuGH-Urteil in IStR 2009, 133, gibt nicht dafür her, dass die Ungleichbehandlung von In- und Auslandsbeteiligungen bei Investitionen von über 10 % anders zu beurteilen wäre als bei Beteiligungen von bis zu 10 %. Dass der EuGH lediglich über letztere zu urteilen hatte, lag allein an der ihm gestellten, sachverhaltsbedingt verengten Vorlagefrage durch den Senatsbeschluss vom 4. April 2007 I R 57/06 (BFHE 217, 541, BStBl II 2007, 945), beeinflusst aber ersichtlich nicht das Ergebnis.
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Referenzen
- FGO § 115 4x
- 6 K 2724/06 1x (nicht zugeordnet)
- § 34 Abs. 2a Satz 1 KStG 3x (nicht zugeordnet)
- 2007 I R 57/06 1x (nicht zugeordnet)
- § 8b Abs. 2 Satz 2 KStG 1x (nicht zugeordnet)
- § 34 Abs. 4 Satz 1 KStG 2x (nicht zugeordnet)
- § 34 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG 1x (nicht zugeordnet)
- 13 K 18/06 1x (nicht zugeordnet)
- FGO § 116 1x
- § 34 KStG 1x (nicht zugeordnet)
- § 8b Abs. 3 KStG 6x (nicht zugeordnet)
- 2009 I R 27/08 1x (nicht zugeordnet)
- 2009 I R 57/06 1x (nicht zugeordnet)
- § 34 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 KStG 1x (nicht zugeordnet)