Urteil vom Bundesfinanzhof (6. Senat) - VI R 7/10

Tatbestand

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I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob Aufwendungen für ein Erststudium nach Schulabschluss vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit darstellen.

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Nachdem die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ihre Schulausbildung 2004 mit dem Abitur abgeschlossen hatte, studierte sie vom 1. Februar 2005 bis einschließlich Sommersemester 2006 Humanmedizin in Ungarn. In Deutschland hatte sie zuvor dafür keinen Studienplatz erhalten, auch nicht im Wege der Klage.

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Die Klägerin machte mit ihren Einkommensteuererklärungen der Jahre 2004 und 2005, in denen sie weder berufstätig war noch Einkünfte erzielte, Aufwendungen für ihr Studium als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Die Klägerin erklärte für das Jahr 2004 Aufwendungen zur Rechtsverfolgung und Studiengebühren in Höhe von insgesamt 11.453 € und für das Jahr 2005 solche in Höhe von 12.079 €, insbesondere für Rechtsverfolgung, Reisen und Studium.

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Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat den Antrag der Klägerin, einen verbleibenden Verlustvortrag auf den 31. Dezember 2004 und 31. Dezember 2005 in Höhe der in den Einkommensteuererklärungen für 2004 und 2005 geltend gemachten Werbungskosten festzustellen, abgelehnt.

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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 873 veröffentlichten Gründen ab.

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Mit der dagegen eingelegten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

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Die Klägerin beantragt,

das Urteil des FG Hamburg vom 25. November 2009 aufzuheben, die Ablehnungsbescheide des FA vom 30. Juni 2008 i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 8. Oktober 2008 aufzuheben und das FA zu verpflichten, den verbleibenden Verlustabzug auf den 31. Dezember 2004 in Höhe von 11.453 € und auf den 31. Dezember 2005 in Höhe von 12.080 € zuzüglich 11.453 € festzustellen.

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Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

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Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schriftsatz vom 6. Mai 2011 den Beitritt zum Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) erklärt.

Entscheidungsgründe

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II. Die Revision der Klägerin ist begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat die Aufwendungen der Klägerin für ihre Ausbildung als Medizinerin zu Unrecht ohne weitere Prüfung vom Abzug als (vorweggenommene) Werbungskosten gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausgeschlossen.

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1. Werbungskosten sind nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen. Nach Angleichung des Begriffs der Werbungskosten an den der Betriebsausgaben nach § 4 Abs. 4 EStG (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, BStBl II 1986, 373) liegen Werbungskosten vor, wenn sie durch den Beruf oder durch die Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen veranlasst sind. Nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip ist für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen das Veranlassungsprinzip maßgebend. Die Aufwendungen sind danach beruflich veranlasst, wenn ein objektiver Zusammenhang mit dem Beruf besteht und die Aufwendungen subjektiv zur Förderung des Berufs geleistet werden (Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 9. Dezember 2008  2 BvL 1/07 u.a., BVerfGE 122, 210; BFH-Beschluss vom 21. September 2009 GrS 1/06, BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Dabei ist ausreichend, wenn die Ausgaben den Beruf des Arbeitnehmers im weitesten Sinne fördern (Urteile des erkennenden Senats vom 4. Dezember 2002 VI R 120/01, BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; vom 17. Dezember 2002 VI R 137/01, BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; jeweils m.w.N.).

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a) Dies gilt nach ständiger Rechtsprechung des BFH grundsätzlich auch dann, wenn der Steuerpflichtige gegenwärtig noch keine Einnahmen erzielt. Dann sind die Aufwendungen als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar, wenn sie in einem hinreichend konkreten, objektiv feststellbaren Veranlassungszusammenhang mit späteren Einnahmen stehen (BFH-Urteile vom 18. April 1996 VI R 89/93, BFHE 180, 353, BStBl II 1996, 449; vom 19. April 1996 VI R 24/95, BFHE 180, 360, BStBl II 1996, 452).

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b) Nach der Rechtsprechung des Senats (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) kann der erforderliche Veranlassungszusammenhang auch bei berufsbezogenen Bildungsmaßnahmen erfüllt sein. Denn § 9 EStG enthält keine Sonderregelung zu Berufsbildungskosten. Entscheidend bleibt daher nach den vorgenannten Grundsätzen auch insoweit, ob die Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur nachfolgenden auf die Erzielung von Einkünften gerichteten Berufstätigkeit stehen.

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c) Der Werbungskostenabzug ist gegenüber dem Abzug von Aufwendungen als Sonderausgaben vorrangig. Das ist ein allgemeiner, für alle Sonderausgaben durch den Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 EStG normierter Grundsatz. Wie der Senat schon früher entschieden hatte (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407), steht § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Denn nach dem Einleitungssatz zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann Sonderausgaben, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind".

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Dieser Vorrang für den Werbungskostenabzug gilt unverändert und insbesondere auch nach der Neuregelung des Abzugs der Berufsausbildungskosten und der Einführung des § 12 Nr. 5 EStG durch das Gesetz zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze vom 21. Juli 2004 (BGBl I 2004, 1753). Denn auch § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. dieses Änderungsgesetzes (BGBl I 2004, 1753) sieht den Abzug der Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung nur dann als Sonderausgaben vor, "wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind". Danach entfaltet § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG unverändert keine Sperrwirkung gegenüber dem Werbungskostenabzug (vgl. zuletzt Senatsentscheidung vom 18. Juni 2009 VI R 14/07, BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Der Abzug der Aufwendungen als Erwerbsaufwendungen bleibt danach vielmehr gegenüber deren Abzug als Sonderausgaben vorrangig.

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d) Auch § 12 Nr. 5 EStG lässt den Vorrang des Werbungskostenabzugs gegenüber dem als Sonderausgaben unberührt und steht daher dem Abzug der Berufsbildungskosten als Werbungskosten nicht entgegen. Dies gilt nicht nur für den vom Senat schon entschiedenen Fall, dass der Ausbildung oder dem sog. Erststudium eine abgeschlossene Berufsausbildung vorangegangen ist (dazu Urteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816), sondern auch dann, wenn die Ausbildung eine Erstausbildung ist und die dafür getätigten Aufwendungen in einem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang mit der späteren der Einkünfteerzielung dienenden Berufstätigkeit stehen.

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aa) Nach § 12 Nr. 5 EStG sind Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine erstmalige Berufsausbildung und für ein Erststudium nur insoweit weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abzuziehen, als "in § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2, 4, 6, 7 und 9, § 10a, § 10b und §§ 33 bis 33c nichts anderes bestimmt ist". § 12 Nr. 5 EStG schließt damit nicht per se und ausnahmslos den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug aus, wie dies etwa § 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11 EStG i.V.m. § 9 Abs. 5 EStG als allgemeines einkommensteuerrechtliches Regelungsmodell zur Begrenzung des Abzugs normiert, wenn der Aufwand zugleich auch die private Lebenssphäre berührt (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). § 12 Nr. 5 EStG steht vielmehr --wie auch § 12 Nrn. 1 bis 4 EStG und vergleichbar mit § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG-- unter dem Anwendungsvorbehalt seines Einleitungssatzes. Danach bestimmt der dort in Bezug genommene § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG insoweit etwas anderes, als die Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie weder Werbungskosten noch Betriebsausgaben sind. Wenn indessen § 12 Nr. 5 EStG den vorrangigen Sonderausgabenabzug anordnet, der vorrangige Sonderausgabenabzug aber seinerseits --wie dargelegt-- unter dem Vorbehalt steht, dass die Aufwendungen nicht als Erwerbsaufwendungen (Werbungskosten, Betriebsausgaben) zu beurteilen sind, bleibt im Ergebnis auch durch § 12 Nr. 5 EStG der vorrangige Werbungskostenabzug grundsätzlich unberührt. Deshalb sind Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als Werbungskosten abziehbar, sofern ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen den Aufwendungen und der späteren auf Einkünfteerzielung gerichteten Berufstätigkeit besteht.

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bb) Das (klarstellende) Abzugsverbot in § 12 Nr. 5 EStG ist damit allerdings nicht gegenstandslos. § 12 Nr. 5 EStG hat eine ähnliche Funktion wie der systematisch gleichrangige § 12 Nr. 1 EStG. § 12 Nr. 5 EStG begrenzt den Werbungskostenabzug in keinem größeren Umfang als etwa § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG, der zwar privat veranlasste Kosten im einkommensteuerrechtlich Unerheblichen belässt, aber deren beruflich veranlassten Teil nicht vom Werbungskostenabzug ausnimmt, so etwa die dem beruflichen Teil zuzuordnenden Reise-, PKW- oder Telefonkosten (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672). Der Senat (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407) hatte bereits vor Ergänzung des § 12 EStG durch dessen Nr. 5 entschieden, dass § 12 Nr. 1 Satz 1 und Satz 2 EStG einem Abzug der Aufwendungen für ein aus beruflichen Gründen aufgenommenes Erststudium als Werbungskosten nicht entgegensteht, weil solche Kosten nicht zugleich Aufwendungen für die private Lebensführung darstellten, welche die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. § 12 Nr. 1 EStG wolle insbesondere verhindern, dass ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für seine Lebensführung nur deshalb steuerlich geltend machen könne, weil er einen entsprechenden Beruf habe, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuerten Einkommen decken müssten. Sind die Aufwendungen indessen aus beruflichen Gründen entstanden, liegen eben keine Aufwendungen der privaten Lebensführung vor, die i.S. des § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Das die Aufwendungen auslösende, maßgebliche Moment entstammt dann der beruflichen und nicht der privaten Sphäre (so zuletzt Senatsurteil in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816, m.w.N.). Die Aufwendungen sind dann als Werbungskosten abziehbar; das gebietet nicht zuletzt auch das Gebot der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (BFH-Beschluss in BFHE 227, 1, BStBl II 2010, 672).

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In vergleichbarer Weise regelt § 12 Nr. 5 EStG den Bereich der Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung. Danach sind allgemeine Bildungsaufwendungen, die in keinem hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zu einer gegenwärtigen oder künftigen beruflichen Tätigkeit stehen, auf Grundlage des Anwendungsvorbehalts des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG als Sonderausgaben abziehbar. Besteht indessen ein hinreichend konkreter Veranlassungszusammenhang zwischen diesen Aufwendungen und einer beruflichen Tätigkeit, schließt § 12 Nr. 5 EStG mit seinem ausdrücklichen Verweis auf § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG den dort normierten Anwendungsvorrang des Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzugs nicht aus.

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e) Das FA und das beigetretene BMF können sich zur Begründung ihrer entgegenstehenden Rechtsauffassung nicht auf den Willen des Gesetzgebers stützen. Denn die allein im Ausschussbericht (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) erkennbar gewordene Auffassung, nach der jedenfalls die Ausschussmehrheit die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung den Kosten der Lebensführung zurechnen wollte, bildet sich nicht in einer Weise hinreichend konkret in dem an § 12 EStG angefügten Nr. 5 und dem im Übrigen unveränderten Normengefüge ab, dass darauf gestützt der Werbungskostenabzug für Aufwendungen der ersten Berufsausbildung auch dann ausgeschlossen ist, wenn die Aufwendungen einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur späteren Berufstätigkeit und den damit erzielten Einkünften aufweisen. Im Zweifel ist mangels eindeutiger gesetzlicher Regelungen bei der Auslegung der Norm dem Wortlaut und dem systematischen Zusammenwirken der §§ 9 Abs. 1, 10 Abs. 1 Nr. 7, 12 EStG sowie dem für den Werbungskostenabzug tragenden Veranlassungsprinzip der Vorzug zu geben.

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aa) Ausweislich der Einzelbegründung zu § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG und § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10 f.) sollte die jüngste Rechtsprechung des BFH zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung der Ausbildungskosten zum Anlass genommen werden, diese einkommensteuerrechtliche Behandlung neu zu ordnen, um die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine Ausbildung in erheblich größerem Umfang als bisher gesetzlich zu berücksichtigen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BFH (Urteile in BFHE 201, 156, BStBl II 2003, 403; in BFHE 201, 211, BStBl II 2003, 407; vom 27. Mai 2003 VI R 33/01, BFHE 202, 314, BStBl II 2004, 884), welche die Aufwendungen für eine Umschulungsmaßnahme, die Aufwendungen für ein berufsbegleitendes erstmaliges Hochschulstudium sowie die Aufwendungen für eine --nach abgebrochenem Studium-- erstmalige Berufsausbildung als Pilot jeweils als Werbungskosten qualifizierte, sollte sich die Neuordnung der Berufsausbildungskosten weitgehend an diesem grundsätzlichen Ansatz des BFH orientieren. Andererseits gehöre --so die Begründung-- auch in einer modernen entwickelten Gesellschaft die erste Berufsausbildung typischerweise zu den Grundvoraussetzungen für eine Lebensführung. Das Erlernen der Grundlage eines Berufs diene dem Erwerb einer selbständigen und gesicherten Position, so dass die Aufwendungen für die erste Berufsausbildung und für ein Erststudium ebenso wie die für Erziehung und andere Grundbedürfnisse schwerpunktmäßig und untrennbar zu den Kosten der Lebensführung gehörten.

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bb) Der neu geschaffene § 12 Nr. 5 EStG setzt jedoch, wie dargelegt, nach Wortlaut und systematischem Zusammenhang das für den Werbungskostenabzug tragende Veranlassungsprinzip nicht außer Kraft. Aber auch unter Berücksichtigung der vorgefundenen Gesetzesmaterialien lässt sich kein grundlegender Systemwechsel erkennen, der das gesamte und insbesondere unverändert fortgeltende übrige Normengefüge des Werbungskosten- und Sonderausgabenabzugs (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nrn. 1 bis 11, § 9 Abs. 1, 5, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG) außer Kraft setzen sollte. Denn zum einen sollten danach die aus § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG hergeleiteten Grundsätze der Rechtsprechung des BFH zu dem für den Werbungskostenabzug erforderlichen und für die Zuordnungsentscheidung tragenden Veranlassungszusammenhang zwischen Berufsausbildungskosten und späteren Einkünften offenbar unverändert fortgelten. Zum anderen ordnet sogar der mit der Neuregelung geschaffene § 12 Nr. 5  2. Halbsatz EStG selbst die Aufwendungen für eine auch erste Berufsausbildung nicht vorrangig dem Sonderausgabenabzug zu. Die Neuregelung selbst geht damit offensichtlich davon aus, dass solche Aufwendungen jedenfalls dann Werbungskosten sein können, soweit sie im Rahmen eines Dienstverhältnisses entstehen, also offenkundig einen hinreichend konkreten Veranlassungszusammenhang zur Berufstätigkeit aufweisen. Und dieses Wortlautverständnis wird gerade durch die Begründung zu § 12 Nr. 5  2. Halbsatz EStG bestätigt. Denn danach dienen diese Kosten unmittelbar dazu, Einnahmen in einem bestehenden Dienstverhältnis zu erzielen, und werden daher zu mit positiven Einkünften verrechenbaren Werbungskosten erklärt (BTDrucks 15/3339, S. 11).

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cc) Ein grundlegender Systemwechsel setzt die Schaffung eines wirklich neuen Regelwerks voraus. Davon kann insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn trotz Bekundungen im Gesetzgebungsverfahren bei der Neuregelung im Übrigen unverändert an bisherigen Grundentscheidungen und Grundprinzipien festgehalten wird. Lässt sich aus der neu geschaffenen materiellen Rechtslage ein solcher grundlegender Systemwechsel nicht entnehmen, kann nach dem Urteil des BVerfG zur Verfassungswidrigkeit der Pendlerpauschale (in BVerfGE 122, 210 zur Neuregelung des § 9 Abs. 2 Sätze 1, 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2007 --StändG 2007-- vom 19. Juli 2006, BGBl I 2006, 1652) die gesetzliche Neuregelung mangels verfassungsrechtlich erforderlicher Folgerichtigkeit verfassungswidrig sein. Vergleichbar damit bietet mangels eines festzustellenden grundlegenden Systemwechsels allein eine Äußerung im Gesetzgebungsverfahren auch noch keine tragfähige Grundlage für eine Auslegung, die aus den vorgenannten Gründen dem Wortlaut und einer im Übrigen erkennbar beibehaltenen Systematik zuwiderläuft.

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dd) Angesichts dessen kann hier dahinstehen, ob und inwieweit der Gesetzgeber von Verfassungs wegen berechtigt wäre, abweichend von der bisherigen einfachrechtlichen einkommensteuerrechtlichen Qualifikation der Berufsausbildungsaufwendungen als Werbungskosten diese als privat mitveranlasst anzusehen und insoweit den Betriebsausgaben- und Werbungskostenabzug auszuschließen. Denn auch bei einem auf multikausale und multifinale Wirkungszusammenhänge gestützten weiten Typisierungsspielraum des Gesetzgebers (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.4.) wäre zu beachten, dass die einkommensteuerrechtliche Berücksichtigung privat veranlassten Aufwands nicht ohne weiteres zur Disposition des Gesetzgebers steht. Nach der Rechtsprechung des BVerfG kommt es nicht auf die einfachrechtliche Differenzierung zwischen beruflichem und privatem Veranlassungszusammenhang an, sondern auf die Unterscheidung zwischen freier oder beliebiger Einkommensverwendung einerseits und zwangsläufigem und pflichtbestimmtem Aufwand andererseits (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.I.3.c, m.w.N.).

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Ebenso kann deshalb die Frage dahinstehen, ob die Neuregelung gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt, weil sie --etwa vergleichbar mit § 9 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2007 --von dem nach dem einkommensteuerrechtlichen Nettoprinzip für die Abgrenzung beruflicher Aufwendungen maßgeblichen Veranlassungsprinzip singulär abweicht (BVerfG-Urteil in BVerfGE 122, 210, C.II.1.). Entsprechendes gilt schließlich für die Frage, ob das aus Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes hergeleitete Prinzip des rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes einer rückwirkenden Anwendung des § 12 Nr. 5 EStG entgegensteht.

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f) Auf Grundlage der vorgenannten Gründe hält der erkennende Senat nicht mehr an der in seinen Urteilen vom 18. Juni 2009 (in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; VI R 31/07, BFH/NV 2009, 1797; u.a.) vertretenen, dort allerdings nicht entscheidungserheblichen Auffassung fest, wonach § 12 Nr. 5 EStG in typisierender Weise bestimme, dass Aufwendungen für eine erstmalige Berufsausbildung --von dem in Halbsatz 2 der Vorschrift genannten Fall abgesehen-- noch nicht mit einer konkreten beruflichen Tätigkeit und hieraus fließenden Einnahmen im Zusammenhang stehen. Denn diese Auffassung könnte zwar der Sichtweise der Begründung des § 12 Nr. 5 EStG (BTDrucks 15/3339, S. 10) entsprechen, findet aber, wie dargelegt, keine hinreichende Grundlage im Wortlaut der Norm.

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2. Nach diesen Grundsätzen können Aufwendungen für ein im Anschluss an das Abitur durchgeführtes Medizinstudium auch unter Geltung des § 12 Nr. 5 EStG als vorab entstandene Werbungskosten anzuerkennen sein. Die Sache ist allerdings nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat --aus seiner Sicht zu Recht-- noch nicht geprüft, ob und welche Aufwendungen der Klägerin durch das Studium beruflich veranlasst und damit dem Grunde nach vorweggenommene Werbungskosten i.S. von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind. Ein solcher Veranlassungszusammenhang ist regelmäßig gegeben, wenn das Studium Berufswissen vermittelt und damit auf die Erzielung von Einnahmen gerichtet ist (s. dazu Senatsentscheidungen vom 20. Juli 2006 VI R 26/05, BFHE 214, 370, BStBl II 2006, 764; in BFHE 225, 393, BStBl II 2010, 816; in BFH/NV 2009, 1797).

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