Beschluss vom Bundesfinanzhof (3. Senat) - III B 6/12

Tatbestand

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I. Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) lebt in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Er und sein Lebenspartner beantragten beim Antragsgegner und Beschwerdeführer (Finanzamt --FA--), zusammen zur Einkommensteuer veranlagt zu werden. Das FA lehnte dies ab und veranlagte den Antragsteller einzeln zur Einkommensteuer. Der Einkommensteuerbescheid 2010 vom 8. August 2011 führte zu einer Nachzahlung von 3.042 €. Dagegen wandte sich der Antragsteller mit dem Einspruch. Außerdem beantragte er beim FA die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Einkommensteuerbescheids 2010. Das FA lehnte dies ab.

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Der beim Finanzgericht (FG) gestellte Aussetzungsantrag hatte Erfolg. Das FG setzte die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2010 in Höhe von 2.212 € aus. Der Betrag entspricht der Differenz zwischen der festgesetzten Steuer und der Steuer, die sich bei einer Anwendung des Splittingtarifs ergäbe. Zur Begründung führte das FG aus, ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids ergäben sich aus dem zum Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ergangenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 21. Juli 2010 1 BvR 611, 2464/07 (BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295) sowie aus dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 10. Mai 2011 C-147/08, Römer (Neue Juristische Wochenschrift 2011, 2187). Die AdV sei auch nicht deshalb zu versagen, weil der Anspruch auf Gewährung effektiven vorläufigen Rechtsschutzes hinter einem öffentlichen Interesse an einer geordneten Haushaltsführung zurückzutreten habe. Im Streitfall überwiege das Interesse an der Gewährung effektiven Rechtsschutzes.

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Zur Begründung der vom FG zugelassenen Beschwerde trägt das FA vor, im Hinblick auf den Geltungsanspruch eines jeden formell verfassungsgemäß zustande gekommenen Gesetzes sei ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers an der Gewährung von vorläufigem Rechtsschutz erforderlich. Das FG habe die öffentlichen Belange unzutreffend gewürdigt. Eine Existenzgefährdung des Antragstellers sei nicht ersichtlich. Zudem reiche der Beschluss des BVerfG in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295 nicht für die Annahme aus, das BVerfG werde eingetragenen Lebenspartnern die Zusammenveranlagung zugestehen.

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Das FA beantragt, den Beschluss des Niedersächsischen FG vom 19. Dezember 2011  13 V 262/11 aufzuheben.

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Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

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Zur Begründung führt er aus, auch nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sei es nicht hinnehmbar, dass wegen des Haushaltsvorbehalts jedweder legislative Verfassungsverstoß sanktioniert werde. Ein etwaiger Vorrang des öffentlichen Interesses an einer geordneten Haushaltswirtschaft werde jedenfalls durch das Aussetzungsinteresse des Antragstellers überwogen. Im Streitfall mache die Steuernachzahlung immerhin fast 10 % des gesamten Jahresbruttoeinkommens aus. Auch habe der Staat das Recht verwirkt, sich auf einen Vorrang des Haushaltsinteresses zu berufen, da wegen des langen Zeitraums seit der Anhängigkeit der einschlägigen Verfassungsbeschwerden die Grenze dessen tangiert werde, was nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte als überlange Verfahrensdauer anzusehen sei.

Entscheidungsgründe

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II. Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 132 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat zu Recht die Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 2010 in Höhe von 2.212 € ausgesetzt.

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1. Der Antrag auf AdV ist statthaft.

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a) Im finanzgerichtlichen Verfahren ist vorläufiger Rechtsschutz entweder durch die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts nach § 69 FGO oder durch eine einstweilige Anordnung nach § 114 FGO zu gewähren. Die Abgrenzung der beiden Rechtsschutzmöglichkeiten richtet sich danach, welche Klage in einem Hauptsacheverfahren zu erheben wäre. Ist die zutreffende Klageart die Anfechtungsklage, wird vorläufiger Rechtsschutz durch die Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung gewährt (§ 69 FGO), bei Verpflichtungsklagen ist grundsätzlich eine einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) zu beantragen (BFH-Beschluss vom 16. Dezember 1997 XI S 41/97, BFH/NV 1998, 615; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 5, 33).

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b) Auch wenn der Antragsteller letztlich den Erlass eines Einkommensteuerbescheids anstrebt, durch den er und sein Lebenspartner zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden und die Verpflichtung des FA zum Erlass eines solchen Bescheids nur im Wege der Verpflichtungsklage erreicht werden könnte (s. BFH-Urteil vom 9. März 1973 VI R 396/70, BFHE 109, 44, BStBl II 1973, 487; Senatsbeschluss vom 23. Mai 2011 III B 211/10, BFH/NV 2011, 1517), ist gleichwohl der Antrag auf AdV statthaft. Der angefochtene Einkommensteuerbescheid 2010 beschränkt sich nicht auf eine bloße Negation (Versagung der Zusammenveranlagung), sondern beinhaltet darüber hinaus eine Steuerfestsetzung (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 14. April 1987 GrS 2/85, BFHE 149, 493, BStBl II 1987, 637, zum negativen Gewinnfeststellungsbescheid). Der Grundsatz des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes --GG--) gebietet es, einem Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu eröffnen, sich mit einem Antrag auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung gegen einen Einkommensteuerbescheid zu wenden, durch den er nicht, wie beantragt, zusammen mit seinem Lebenspartner, sondern einzeln zur Einkommensteuer veranlagt wird (ebenso FG Baden-Württemberg vom 12. September 2011  3 V 2820/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 66; a.A. FG Hamburg vom 25. Juli 2011  6 V 50/11, juris), und zwar insoweit, als die bei der Einzelveranlagung festgesetzte Steuer den Betrag übersteigt, der bei einer Zusammenveranlagung festzusetzen wäre.

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2. Das FG hat zutreffend ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids 2010 i.S. von § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO bejaht.

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a) Nach § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 FGO soll die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ausgesetzt werden, wenn ernstliche Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 11. Juni 2003 IX B 16/03, BFHE 202, 53, BStBl II 2003, 663, m.w.N.).

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b) Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass die Beschränkung des Rechts auf Wahl der Zusammenveranlagung auf Ehegatten verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist.

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aa) Das Recht auf Wahl der Zusammenveranlagung steht nur Ehegatten zu, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften werden vom Wortlaut der §§ 26 Abs. 1, 26b des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht erfasst. Eine analoge Anwendung der genannten Vorschriften auf Lebenspartnerschaften kommt nicht in Betracht (s. Senatsurteil vom 26. Januar 2006 III R 51/05, BFHE 212, 236, BStBl II 2006, 515).

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bb) Nach der Rechtsprechung des BVerfG verpflichtet Art. 6 Abs. 1 GG als wertentscheidende Grundsatznorm den Staat, die Ehe zu schützen und zu fördern. Eine steuerliche Besserstellung von Ehe und Familie gegenüber nichtehelichen Lebensgemeinschaften hat das BVerfG in seiner bisherigen Rechtsprechung, der sich der erkennende Senat anschließt, für gerechtfertigt gehalten. Er hat dem Gesetzgeber ausdrücklich zugestanden, in Erfüllung und Ausgestaltung des Förderauftrags nach Art. 6 Abs. 1 GG die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen (BVerfG-Urteil vom 17. Juli 2002  1 BvF 1, 2/01, BVerfGE 105, 313, BGBl I 2002, 3197). Eine unterschiedliche Förderung von Ehe und Familie im Vergleich zu anderen Formen gemeinschaftlichen Zusammenlebens verstößt hiernach nicht gegen den insoweit nachrangigen Art. 3 Abs. 1 GG (Senatsurteil in BFHE 212, 236, BStBl II 2006, 515).

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cc) Darüber hinaus würde die Erweiterung des Splittingverfahrens auf Lebenspartnerschaften zu einer im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich bedenklichen Benachteiligung von Personen führen, die als nahe Verwandte eine Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft bilden. So können Geschwister, die auf Dauer zusammen wohnen und ihr Leben gemeinsam gestalten, keine Lebenspartnerschaft begründen (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 des Lebenspartnerschaftsgesetzes).

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Das BVerfG hat im Beschluss in BVerfGE 105, 313, BGBl I 2002, 3197 die Benachteiligung sog. Geschwistergemeinschaften u.a. damit gerechtfertigt, dass eine solche Gemeinschaft nach bestehender Rechtslage in gewisser Hinsicht eine rechtliche Absicherung habe, die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnern erst mit der Lebenspartnerschaft eröffnet werde. Einkommensteuerrechtlich wirkt sich jedoch das Verwandtschaftsverhältnis von zusammenlebenden Geschwistern nicht aus. Würde Partnern einer eingetragenen Lebenspartnerschaft die einkommensteuerrechtliche Zusammenveranlagung ermöglicht, diese aber Geschwistern vorenthalten, die auf Dauer zusammenleben und ihr Leben gemeinsam gestalten, so käme es zu einer Ungleichbehandlung, die an den vom BVerfG zu Art. 3 Abs. 1 GG aufgestellten Maßstäben zu messen wäre.

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Hiernach gebietet es der allgemeine Gleichheitssatz, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Das hieraus folgende Gebot, wesentlich Gleiches gleich und wesentlich Ungleiches ungleich zu behandeln, gilt für ungleiche Belastungen und ungleiche Begünstigungen. Verboten ist daher ein gleichheitswidriger Begünstigungsausschluss, bei dem eine Begünstigung einem Personenkreis gewährt, einem anderen Personenkreis aber vorenthalten wird (BVerfG-Beschluss in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295, m.w.N.). Da der Grundsatz, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind, in erster Linie eine ungerechtfertigte Bevorzugung oder Benachteiligung von Personen verhindern soll, unterliegt der Gesetzgeber bei einer Ungleichbehandlung, die ihren Anknüpfungspunkt in der Person findet, regelmäßig einer strengen Bindung (BVerfG in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295, m.w.N.). Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist dann besonders weit, wenn er Lebenssachverhalte verschieden behandelt und die Betroffenen sich durch eigenes Verhalten auf die unterschiedliche Regelung einstellen können. Dagegen sind dem Gesetzgeber umso engere Grenzen gesetzt, je stärker sich die Ungleichbehandlung auf verfassungsrechtlich gewährleistete Freiheiten auswirkt und je weniger der Einzelne nachteilige Folgen durch eigenes Verhalten vermeiden kann. Die aus Art. 3 Abs. 1 GG folgenden Grenzen sind insbesondere dann überschritten, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (BVerfG in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295, m.w.N.).

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Nach diesen Maßstäben ist fraglich, ob eine homosexuelle Veranlagung ein Differenzierungsgrund von solchem Gewicht ist, dass er die unterschiedliche einkommensteuerrechtliche Behandlung eingetragener Lebenspartnerschaften einerseits und sog. Geschwistergemeinschaften andererseits erlaubt.

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c) An der Richtigkeit der Rechtsauffassung des Senats bestehen jedoch wegen des offenen Ausgangs der beim BVerfG anhängigen Verfassungsbeschwerden 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07 ernstliche Zweifel i.S. des § 69 Abs. 2 Satz 2 FGO.

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aa) In dem zum Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ergangenen Beschluss in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295 hat das BVerfG ausgeführt, dass es dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt sei, die Ehe gegenüber anderen Lebensformen zu begünstigen. Gehe die Förderung der Ehe aber mit einer Benachteiligung anderer Lebensformen einher, obgleich diese nach dem geregelten Lebenssachverhalt und den mit der Normierung verfolgten Zielen der Ehe vergleichbar seien, rechtfertige die bloße Verweisung auf das Schutzgebot der Ehe eine solche Differenzierung nicht.

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Im Hinblick auf diesen Rechtssatz ist in finanzgerichtlichen Verfahren über den vorläufigen Rechtsschutz eine einkommensteuerrechtliche Gleichbehandlung von Ehen und gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften bejaht worden (Beschlüsse des FG Nürnberg vom 16. August 2011  3 V 868/11, EFG 2011, 2165; des Niedersächsischen FG vom 9. November 2010  10 V 309/10, Deutsches Steuerrecht-Entscheidungsdienst 2011, 675; vom 1. Dezember 2010  13 V 239/10, juris; vom 15. Juni 2011  3 V 125/11, juris; des FG Baden-Württemberg vom 16. Mai 2011  9 V 1339/11, juris; in EFG 2012, 66; vom 2. Dezember 2011  3 V 3699/11, juris). Auch wenn eine Privilegierung der Ehe, die dem Gesetzgeber nach dem zitierten Beschluss des Ersten Senats des BVerfG in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295 weiterhin erlaubt ist, denkgesetzlich eine Nichtprivilegierung (Benachteiligung) anderer Lebensgemeinschaften zur Folge hat, ist es dennoch nicht auszuschließen, dass der Zweite Senat des BVerfG sich in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07 den vom Ersten Senat aufgestellten Rechtssatz zu Eigen machen wird.

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bb) Ebenso wenig ist auszuschließen, dass das BVerfG in den Verfahren über die genannten Verfassungsbeschwerden dem Umstand keine entscheidungserhebliche Bedeutung beimessen wird, dass die Ehe --im Gegensatz zur gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft-- typischerweise auf die Gründung einer Familie mit Kindern angelegt ist und der aus der Anwendung des Splittingtarifs resultierende Steuervorteil insbesondere Familien mit Kindern zugutekommt. Nach Informationen der Bundesregierung entfällt ca. 90 % des Splittingvolumens auf Ehepaare mit Kindern (BTDrucks 17/3009, S. 7).

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Entscheidet sich ein Ehepaar mit Kindern dafür, dass ein Ehepartner weiterhin berufstätig ist und der andere sich zu Hause der Kindererziehung widmet, so erzielt dieser Ehepartner typischerweise keine Einkünfte. Das Splittingverfahren, durch das diesem Ehepartner die Einkünfte des anderen im Ergebnis zur Hälfte zugerechnet werden (s. § 26b EStG), bedeutet nach seinem vom Gesetzgeber zugrunde gelegten, bislang vom BVerfG nicht beanstandeten Zweck auch "eine besondere Anerkennung der Aufgabe der Ehefrau als Hausfrau und Mutter" (BTDrucks III/260, S. 34). Es ist zugleich Ausdruck der Gleichwertigkeit der Arbeit von Mann und Frau, ohne Rücksicht darauf, ob es sich um Haus- oder Berufsarbeit handelt (vgl. BTDrucks 7/1470, S. 222). Dieser Zweck des Splittingverfahrens steht in Einklang mit Art. 6 Abs. 1 GG (BVerfG-Urteil vom 3. November 1982  1 BvR 620/78 u.a., BVerfGE 61, 319, BGBl I 1982, 1594). Aus dieser Grundsatznorm folgt die Pflicht des Staates, die Familiengemeinschaft sowohl im immateriell-persönlichen als auch im materiell-wirtschaftlichen Bereich als eigenständig und selbstverantwortlich zu respektieren (BVerfG in BVerfGE 61, 319, BGBl I 1982, 1594, m.w.N.). Das Selbstbestimmungsrecht der Ehegatten in ihren finanziellen Beziehungen untereinander wird insoweit verfassungsrechtlich geschützt. In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen ermöglicht das Splitting den Ehegatten die freie Entscheidung, ob einer allein ein möglichst hohes Familieneinkommen erwirtschaften und sich deshalb in seinem Beruf vollständig engagieren soll, während der andere Partner den Haushalt führt, oder ob stattdessen beide Partner sowohl im Haushalt als auch im Beruf tätig sein wollen, so dass beide ihre Berufstätigkeit entsprechend beschränken. Damit ist das Ehegattensplitting nach bisheriger Rechtsprechung des BVerfG keine beliebig veränderbare Steuer-"Vergünstigung", sondern --unbeschadet der näheren Gestaltungsbefugnis des Gesetzgebers-- eine an dem Schutzgebot des Art. 6 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Ehepaare (Art. 3 Abs. 1 GG) orientierte sachgerechte Besteuerung (BVerfG in BVerfGE 61, 319, BGBl I 1982, 1594).

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Möglicherweise wird das BVerfG in den Verfahren über die Verfassungsbeschwerden 2 BvR 909/06, 2 BvR 1981/06 und 2 BvR 288/07 diese Grundsätze aufgeben.

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3. Eine AdV ist auch nicht aus Gründen des öffentlichen Interesses abzulehnen.

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a) Nach der Rechtsprechung des BFH ist ein Antrag auf AdV, der mit ernstlichen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit einer dem angefochtenen Steuerbescheid zugrunde liegenden Gesetzesvorschrift begründet wird, abzulehnen, wenn nach den Umständen des Einzelfalles dem Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht der Vorrang vor dem öffentlichen Interesse am Vollzug des Gesetzes zukommt (vgl. BFH-Beschluss vom 1. April 2010 II B 168/09, BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558, m.w.N.). Es ist eine Interessenabwägung zwischen den individuellen Interessen des Steuerpflichtigen und dem öffentlichen Interesse erforderlich (vgl. BFH-Beschluss vom 25. August 2009 VI B 69/09, BFHE 226, 85, BStBl II 2009, 826, m.w.N.). Das Gewicht der ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der betroffenen Vorschrift ist bei dieser Abwägung nicht von ausschlaggebender Bedeutung (vgl. BFH-Beschluss in BFHE 228, 149, BStBl II 2010, 558).

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b) Im Streitfall lässt sich der Senat bei der gebotenen Interessenabwägung davon leiten, dass das BVerfG in seinem zum Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ergangenen Beschluss in BVerfGE 126, 400, BGBl I 2010, 1295 die als verfassungswidrig beurteilten Regelungen in allen offenen Fällen --ohne dem Gesetzgeber eine Übergangsfrist zur Nachbesserung mit befristeter Fortgeltung einzuräumen-- für nicht mehr anwendbar erklärt hat. Eine Gefährdung der geordneten Finanz- und Haushaltsplanung durch die rückwirkende Besserstellung eingetragener Lebenspartner kam nach Auffassung des BVerfG angesichts der zu erwartenden geringen Zahl der hiervon betroffenen Fälle offensichtlich nicht in Betracht. Dass die haushaltsrechtlichen Auswirkungen der Ungleichbehandlung im Bereich der hier relevanten Einkommensteuer anders zu beurteilen wären, ist nicht ersichtlich.

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