Urteil vom Bundesfinanzhof (7. Senat) - VII R 70/11
Tatbestand
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I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Rechtsanwalt in Deutschland und Mallorca geschäftsansässig und Gesellschafter-Geschäftsführer einer spanischen Gesellschaft. Wegen nicht beitreibbarer Steuerschulden dieser Gesellschaft nahm das Finanzamt für Steuererhebung auf den Balearischen Inseln (spanisches FA) den Kläger mit Haftungsbescheid vom 19. November 2007 in Anspruch. Die dagegen eingelegte Steuerbeschwerde, die im Wesentlichen darauf gestützt war, das spanische FA habe den Kläger nicht in Anspruch nehmen dürfen, ohne vorher auf die Güter der Gesellschaft --im Wesentlichen Mobiliar mit einem angegebenen Wert von rd. 200.000 €, das sich unter einer angegebenen Adresse in Deutschland befinde-- zurückzugreifen, hatte keinen Erfolg. Das angerufene Finanzgericht der Balearischen Inseln (spanisches FG) wies die Klage u.a. mit der Begründung ab, die Existenz und Werthaltigkeit der vom Kläger benannten, nicht auf spanischem Staatsgebiet, sondern in Deutschland befindlichen Güter der Gesellschaft sei nur spekulativ, bloß eventuelle oder hypothetische Vollstreckungsmöglichkeiten bei der Steuerschuldnerin brauche die Steuerbehörde bei der Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nicht zu berücksichtigen. Nach eigenen unbelegten Angaben hat der Kläger gegen dieses Urteil Rekurs zum Zentralfinanzgericht eingelegt. Zum Stand des von der Gesellschaft gegen den Steuerbescheid in Anspruch genommenen Rechtsschutzes hat sich der Kläger nicht geäußert.
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Nachdem der Kläger auf den Haftungsbescheid nicht gezahlt hatte, erließ das Regionalfinanzamt der Balearen eine Vollstreckungsanordnung, die dem Rechtsanwalt des Klägers zugestellt wurde.
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Die Staatsbehörde für Steuerverwaltung in Madrid übersandte an das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) elektronisch per E-Mail ein Beitreibungsersuchen. Der E-Mail waren die Vollstreckungsanordnung im PDF-Format und das Formular "Ersuchen um Beitreibung gemäß Art. 6 der Richtlinie 2008/55/EG" im Word-Format angefügt. Das BZSt leitete die E-Mail an den Beklagten und Revisionsbeklagten (das Finanzamt --FA--) weiter.
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Das FA erließ aufgrund dieses Ersuchens eine Zahlungsaufforderung an den Kläger. Dagegen legte er Einspruch ein und beantragte vergeblich Aussetzung der Vollziehung (AdV). Über den Einspruch ist bislang nicht entschieden.
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Daraufhin pfändete das FA bei sich selbst als Drittschuldner die Steueransprüche des Klägers aus den Veranlagungsjahren 2001 und 2002, weil der Kläger gegenüber "der spanischen Steuerbehörde ... öffentlich-rechtliche Abgaben in Höhe von EUR 135.063,52" schulde und ordnete die Einziehung an. In seiner Drittschuldnererklärung erkannte das FA die Pfändung mit der Maßgabe an, dass nur der Ehegatten-Anteil des Klägers erfasst sei. Dem Kläger wurde eine Abschrift der Pfändungs- und Einziehungsverfügung übersandt. Dabei teilte es das Datum der Zustellung an sich selbst mit sowie Namen und Anschrift des spanischen FA, Steuernummer, Steuerart und Zeitraum, Festsetzungsdatum und Betrag der Forderung.
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Nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhob der Kläger gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung die streitgegenständliche Klage, die er --wie schon den Einspruch-- mit der unheilbaren Rechtswidrigkeit der zugrunde liegenden Zahlungsaufforderung begründete. Auf den Aussetzungsantrag gewährte das Finanzgericht (FG) AdV gegen Sicherheitsleistung, weil es wegen der elektronischen Übermittlung Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Leistungsgebots hatte. Auf die Beschwerde des FA hob der Bundesfinanzhof den Beschluss auf und lehnte den Antrag auf AdV ab, weil die Zahlungsaufforderung kein Leistungsgebot sei. Dieses sei bereits mit dem spanischen Haftungsbescheid verbunden gewesen.
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Im Klageverfahren hat die spanische Steuerbehörde die Vollstreckungsanordnung vom 1. Februar 2008 in Papierform übersandt.
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Die parallel dazu vom Kläger gegen die Vollstreckung der spanischen Steuerschuld erhobene Unterlassungsklage (3 K 205/10), die damit verbundene Klage auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der bereits ergriffenen Vollstreckungsmaßnahmen und den Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Vollstreckung wies das FG als unzulässig ab. Die Feststellungsklage mit dem Ziel, die Rechtswidrigkeit weiterer, noch nicht durchgeführter Vollstreckungsmaßnahmen wegen Mängeln des Beitreibungsersuchens festzustellen, sah es insbesondere wegen des Gebots effektiven Rechtsschutzes als zulässig an, wies sie aber als unbegründet ab. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2012, 482 veröffentlicht.
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Der erkennende Senat wies die dagegen eingelegte Revision mit Urteil vom 11. Dezember 2012 VII R 69/11 mit der Maßgabe zurück, dass die Klage (insgesamt) unzulässig sei. Das mit der Unterlassungs- bzw. Feststellungsklage verfolgte Rechtsschutzziel könne der Kläger im vorliegenden Anfechtungsverfahren gegen die bereits verfügte Pfändung und Einziehung erreichen.
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Die streitgegenständliche Klage gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung des FA wies das FG als unbegründet ab. Es fehle nicht an einer Rechtsgrundlage für die Vollstreckung aufgrund des Beitreibungsersuchens. Die Pfändungsverfügung sei nicht rechtswidrig; der Schuldgrund, die spanische Haftungsforderung, sei darin hinreichend genau bezeichnet. Nach den Senatsurteilen vom 18. Juli 2000 VII R 101/98 (BFHE 192, 232, BStBl II 2001, 5) und vom 8. Februar 1983 VII R 93/76 (BFHE 137, 557, BStBl II 1983, 435) reiche es aus, dass der beizutreibende Betrag in der Pfändungsverfügung in einer Summe bezeichnet sei. Dies sei hier mit dem der Übersendung der Pfändungsverfügung beigefügten Schreiben des FA an den Kläger geschehen. Nicht erforderlich sei, dass die Pfändungsverfügung selbst diese Angaben enthalte. Die Pfändung sei auch nicht deswegen rechtswidrig, weil der spanische Titel bei Erlass der Pfändungsverfügung nicht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie (EG-BeitrG) in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorgelegen hätte. An seinen früher geäußerten Zweifeln, dass die Übermittlung durch E-Mail dem --sich auch aus Art. 7 Abs. 1 der Beitreibungsrichtlinie a.F. ergebenden-- Formerfordernis nicht genüge, hielt das FG nach Erlass der Richtlinie 2010/24/EU des Rates vom 16. März 2010 über die Amtshilfe bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Steuern, Abgaben und sonstige Maßnahmen --RL 2010/24/EU-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 84/1), in die in Art. 21 eine allgemeine Verpflichtung, Ersuchen und Schriftstücke in elektronischer Form über ein elektronisches Netzwerk zu übermitteln aufgenommen wurde, nicht mehr fest. Die Entscheidung ist in EFG 2012, 485 veröffentlicht.
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Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Pfändungs- und Einziehungsverfügung sei aufgrund fehlender Bestimmtheit und wegen Ermessensausfalls des FA, jedenfalls aber wegen Mängeln des Beitreibungsersuchens rechtswidrig.
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Unbestimmt sei die Pfändungsverfügung, weil sie keine ausreichende Bestimmung des Vollstreckungstitels und keine nähere Bezeichnung des Schuldgrunds enthalte. Aus § 309 Abs. 2 Satz 2 der Abgabenordnung (AO) ergebe sich lediglich eine Regelung des Bekanntgabeumfangs gegenüber dem Drittschuldner, ohne die materiellen Anforderungen an die Pfändungsverfügung, insbesondere § 260 AO, zu beschränken. Als Soll-Vorschrift fordere die Regelung eine Ermessensentscheidung des FA mit dem Ziel, dass im Einzelfall nähere Angaben zum Schuldtitel gemacht werden könnten und müssten. Da im Streitfall der Schutz des Steuergeheimnisses gegenüber dem Drittschuldner keine Rolle spielen könne, sei das Ermessen hier auf null reduziert, die Bezeichnung der zu sichernden Forderung sei für die Entstehung des Pfändungspfandrechts unverzichtbar. Da das FA dieses offensichtlich verkannt habe, liege ein Ermessensausfall vor. Die fehlende Bestimmtheit der Pfändungsverfügung könne angesichts ihres Ausmaßes und ihrer Schwere auch nicht geheilt werden.
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Darüber hinaus sei die Vollstreckung rechtswidrig, weil die Rechtshilfe des FA aus dem Beitreibungsersuchen nicht zulässig sei. Zur Begründung bezieht sich der Kläger auf seine Revision im Verfahren VII R 69/11. Dort hat er vorgetragen: Die sich aus der elektronischen Übermittlung des Schuldtitels ergebende Rechtswidrigkeit des Beitreibungsersuchens und damit der Pfändung könne grundsätzlich nicht durch die spätere Übermittlung des Titels in Papierform geheilt werden. Vielmehr erforderten die rechtsstaatlichen Grundsätze, dass spätestens bei Erlass der ersten Vollstreckungsmaßnahme alle Voraussetzungen für eine Beitreibungsrechtshilfe vorlägen. Nachträgliche Heilung sei unzulässig. Andernfalls wäre der Steuerbürger einem existenzvernichtenden Vollstreckungseingriff bei anfänglicher Rechtswidrigkeit ausgeliefert. Außerdem sei die Vollstreckung unzulässig, weil die Finanzbehörde ihren Ermessensspielraum weder erkannt noch geprüft habe. Abgesehen von verfassungsrechtlichen Bedenken an § 4 Abs. 1 EG-BeitrG wegen elementarer Regelungslücken hinsichtlich der Auswirkungen einer vollständigen oder teilweisen Erfüllung der beizutreibenden Forderung durch den Steuerschuldner, räume § 4 Abs. 1 Satz 2 EG-BeitrG der deutschen Behörde ausdrücklich (Vollstreckungsmaßnahmen können ... eingeleitet werden) Ermessen ein. § 7 Abs. 3 EG-BeitrG ändere daran für den Fall der anfänglich angefochtenen Vollstreckungstitel nichts, da sich die Vorschrift nur auf die in § 7 Abs. 2 EG-BeitrG geregelten Fälle der erst während des Beitreibungsverfahrens angefochtenen Titel beziehe. Auch aus Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/55/EG des Rates vom 26. Mai 2008 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen --BeitrRL-- (ABlEU Nr. L 150/28) ergebe sich das Ermessen in diesen Fällen, da der ersuchende Staat hier nur um eine Beitreibung "bitten" könne. Gesetz und Richtlinie gingen davon aus, dass ein Beitreibungsersuchen im Grunde nur aus unangefochtenen Bescheiden und nur in Ausnahmefällen bei streitbefangenen Forderungen erfolgen solle. Dementsprechend werde dem ersuchten Staat im Interessenkonflikt zwischen seiner Schutzfunktion gegenüber seinen Bürgern und der zwischenstaatlichen Verpflichtung gegenüber seinen Mitgliedstaaten ein Entschließungsermessen eingeräumt. Da das FA sein Ermessen nicht erkannt habe, liege ein unheilbarer Ermessensausfall vor. Das FG habe darüber hinaus die Verstöße gegen den ordre public international verkannt, indem es solche mit der Begründung verneint habe, auch nach deutschem Recht sei die Inanspruchnahme des Haftungsschuldners nicht subsidiär. Es verkenne, dass die nach § 219 Satz 2 AO eingeschränkte Subsidiarität nur für Abzugsteuern gelte. Die Körperschaftsteuer sei von der Vorschrift nicht erfasst, da die Körperschaft durch eigene Organe eigene Steuern entrichte. Die Untersuchung von Verstößen gegen den ordre public habe das FG nicht mit Hinweis auf § 219 Satz 2 AO unterlassen dürfen.
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Das FA schließt sich im Wesentlichen den Ausführungen des FG an.
Entscheidungsgründe
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II. Die Revision ist unbegründet. Die Entscheidung des FG entspricht Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
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1. Das FA war berechtigt, aufgrund des spanischen Beitreibungsersuchens zu vollstrecken. Nach § 4 Abs. 1 EG-BeitrG findet die Vollstreckung nur auf Antrag der ersuchenden Behörde statt und setzt voraus, dass diese Behörde einen in ihrem Staat vollstreckbaren Titel in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorlegt und bestätigt, dass die Forderung oder der Vollstreckungstitel in ihrem Staat nicht angefochten ist und im Staat der ersuchenden Behörde bereits Vollstreckungsverfahren aufgrund des Titels durchgeführt wurden und die Maßnahmen weder zur vollständigen Tilgung der Forderung geführt haben noch voraussichtlich führen werden. Nach Satz 2 der Norm können Vollstreckungsmaßnahmen ungeachtet des Satzes 1 eingeleitet werden, wenn die Forderung oder der Vollstreckungstitel angefochten ist und die ersuchende Behörde dennoch um Vollstreckungsmaßnahmen ersucht.
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Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.
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a) Der Senat teilt die Auffassung des FG, dass die Pfändungsverfügung nicht deswegen rechtswidrig ist, weil zum Zeitpunkt ihres Erlasses der ausländische Titel nicht in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie vorgelegt worden ist.
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Jedenfalls seit Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 1179/2008 der Kommission vom 28. November 2008 zur Festsetzung der Durchführungsbestimmungen zu bestimmten Artikeln der Richtlinie 2008/55/EG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit bestimmten Abgaben, Zöllen, Steuern und sonstigen Maßnahmen --VO Nr. 1179/2008-- (ABlEU Nr. L 319/21, in Kraft seit 1. Januar 2009 und damit vor Erlass der Einspruchsentscheidung des FA bezüglich der Pfändungs- und Einziehungsverfügung) genügt eine von der ersuchenden Behörde an das BZSt per E-Mail übersandte Datei, die im PDF-Format den Vollstreckungstitel der ersuchenden Behörde wiedergibt, den Anforderungen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EG-BeitrG, wonach der ausländische Titel in amtlicher Ausfertigung oder beglaubigter Kopie beigefügt sein muss. Zwar bestimmt auch Art. 12 Abs. 2 Unterabs. 1 VO Nr. 1179/2008, dass dem Ersuchen um Beitreibung oder um Sicherungsmaßnahmen das Original oder eine beglaubigte Abschrift des Vollstreckungstitels beizufügen ist. Ergänzend stellt Art. 21 Abs. 1 VO Nr. 1179/2008 aber klar, dass die Übermittlung des Vollstreckungstitels und der Abschriften dieser Vollstreckungstitel "elektronisch über das CCN/CSI-Netz" erfolgen soll und solche elektronisch übermittelten Dokumente oder deren Ausdrucke ebenso rechtsverbindlich sind wie postalisch übermittelte Dokumente.
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Zum Erlass dieses Art. 21 VO Nr. 1179/2008 war die Kommission aufgrund des Art. 22 BeitrRL ermächtigt. Zweifel an der Gültigkeit dieser Durchführungsbestimmung vermag der Senat nicht zu erkennen, da die Art der Übermittlung eines Vollstreckungstitels in Art. 7 BeitrRL nicht konkretisiert ist --eine amtliche Ausfertigung oder eine beglaubigte Kopie kann gescannt und per E-Mail versandt werden-- und Art. 22 BeitrRL Durchführungsbestimmungen u.a. zu Art. 7 BeitrRL, sowie zu den Kommunikationsmitteln, deren sich die Behörden bedienen können, vorsieht.
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Im Übrigen hat das FG zu Recht darauf hingewiesen, dass mit der Neufassung der BeitrRL (durch die RL 2010/24/EU) durch Art. 21 Abs. 1 Unterabs. 2 klargestellt ist, dass es dem Willen des Richtliniengebers entspricht, Vollstreckungstitel für die Vollstreckung im ersuchten Mitgliedstaat auf elektronischem Wege zu übermitteln, es sei denn, dies ist aus technischen Gründen nicht durchführbar.
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b) Entgegen der Auffassung des Klägers steht der Pfändung nicht entgegen, dass ihr --nach seinen Angaben-- ein vor Beginn der Vollstreckung angefochtener Schuldtitel (der Haftungsbescheid) zugrunde liegt. Ob § 4 Abs. 1 Satz 2 EG-BeitrG, wonach Vollstreckungsmaßnahmen auch eingeleitet werden können, wenn die Forderung oder der Vollstreckungstitel angefochten ist und die ersuchende Behörde dennoch um Vollstreckungsmaßnahmen ersucht, der BeitrRL widerspricht, kann offenbleiben. Denn jedenfalls ist der deutsche Gesetzgeber nicht gehindert, zur Vollstreckung aus einem Beitreibungsersuchen weitergehende Amtshilfe zu leisten als in der BeitrRL vorgesehen.
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Ermessen, im Fall einer angefochtenen Forderung bzw. eines angefochtenen Schuldtitels von der Beitreibung abzusehen, ist nach dem klaren Wortlaut der Regelungen der ersuchten Behörde, hier also dem FA, nicht eingeräumt. Aus der Formulierung in der deutschen Fassung, wonach die ersuchende Behörde die ersuchte Behörde um die Beitreibung "bitten" kann, ergibt sich kein Ermessen. Wie die englische Fassung "may ... request the requested authority" und die französische Fassung "peut ... demander à l’autorité requise" verdeutlichen, verwendet die deutsche Fassung die Höflichkeitsform einer Aufforderung. Der ersuchten Behörde bleibt lediglich die Prüfung vorbehalten, ob die Rechts- und Verwaltungsvorschriften und die Verwaltungspraxis ihres Staats die Vollstreckung eines angefochtenen Titels zulassen. Hinsichtlich der Vollziehung eines Haftungsbescheids ergibt sich die Zulässigkeit aus § 361 Abs. 1 AO und § 69 Abs. 1 FGO. Ein Entschließungsermessen ist daraus nicht herzuleiten.
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c) Unschädlich ist, dass § 4 EG-BeitrG keine Regelung über die Folgen einer Erfüllung der beizutreibenden Forderung enthält. Das EG-BeitrG dient der Umsetzung der BeitrRL. Nach Art. 6 Unterabs. 1 BeitrRL nimmt die ersuchte Behörde die Beitreibung nach Maßgabe der in ihrem Staat geltenden Rechts- und Verwaltungsvorschriften vor. In § 257 AO ist geregelt, dass die Vollstreckung u.a. dann einzustellen oder zu beschränken ist, wenn der Anspruch auf die Leistung erloschen ist. Diese Maßnahmen hat die Vollstreckungsbehörde von Amts wegen zu treffen (vgl. Beermann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 257 AO Rz 6, 25 und 36). Einer Regelung im EG-BeitrG bedarf es insoweit nicht.
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d) Die Vollstreckung des spanischen Haftungsbescheids durch das FA aufgrund des Beitreibungsersuchens verstößt nicht gegen den ordre public.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union --EuGH-- (Urteil vom 14. Januar 2010 C-233/08, Slg. 2010, I-177) und ihm folgend der Senat (Urteil vom 3. November 2010 VII R 21/10, BFHE 231, 500, BStBl II 2011, 401) lassen eine Ausnahme von dem aus der in Art. 12 der Richtlinie 76/308/EWG des Rates vom 15. März 1976 über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen ... (ABlEG Nr. L 73/18) festgelegten Kompetenzverteilung folgenden Grundsatz, die Wirksamkeit und die Vollstreckbarkeit der beizutreibenden Forderung sei von der ersuchten Behörde nicht zu prüfen, dann zu, wenn die Vollstreckung dieses Titels insbesondere die öffentliche Ordnung dieses Mitgliedstaats beeinträchtigte. Allerdings komme eine Anwendung der Klausel nur dann in Betracht, wenn die Anerkennung oder Vollstreckung der in einem anderen Vertragsstaat erlassenen Entscheidung gegen einen wesentlichen Rechtsgrundsatz verstieße und deshalb in einem nicht hinnehmbaren Gegensatz zur Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats stünde. Bei dem Verstoß muss es sich um eine offensichtliche Verletzung einer in der Rechtsordnung des Vollstreckungsstaats als wesentlich geltenden Rechtsnorm oder eines dort als grundlegend anerkannten Rechts handeln, so dass mögliche Rechtsfehler nicht ausreichen (EuGH-Urteil vom 11. Mai 2000 C-38/98, Slg. 2000, I-2973).
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Der Kläger hat nicht dargelegt und es ist auch sonst nicht ersichtlich, gegen welche grundlegenden Rechtsregeln die Vollstreckung aus dem spanischen Beitreibungsersuchen verstieße. Im Kontext seines erstinstanzlichen Vorbringens kann die Rüge, das FG verkenne "die Verstöße gegen den ordre public" und es habe "entsprechende Verstöße", die sich "aus den Umständen, die trotz des offenbarten Gesellschaftsvermögens zum Erlass des beizutreibenden Haftungsbescheids geführt hätten", ergäben "unter Hinweis auf § 219 Satz 2 AO nur unzureichend untersucht", nur dahin verstanden werden, die Vollstreckung eines Haftungsbescheids ohne vorangegangene erfolglose Vollstreckung in das Vermögen des Steuerschuldners verstoße gegen den ordre public. Unbeschadet dessen, dass die Rüge --wenn sie zuträfe-- nur einen einfachen Rechtsfehler beim Erlass des spanischen Beitreibungsersuchens bezeichnete, verletzte ein solcher Grundsätze des deutschen Haftungs- bzw. Vollstreckungsrechts nicht. Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, darf ein Geschäftsführer, der für Steuerforderungen der Gesellschaft haftet (§ 69 i.V.m. § 34 AO), ohne vorherigen vergeblichen Vollstreckungsversuch in das bewegliche Vermögen des Steuerschuldners auf Zahlung in Anspruch genommen werden. Das folgt aus § 219 Satz 2 AO, wonach die grundsätzlich nur subsidiäre Inanspruchnahme von Haftungsschuldnern nach § 219 Satz 1 AO nicht für diejenigen gilt, die --wie der Geschäftsführer für die Gesellschaft-- Steuern zu Lasten eines anderen zu entrichten haben.
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2. Die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 27. August 2009 ist rechtmäßig. Sie genügt den Anforderungen des § 309 AO.
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a) Insbesondere entspricht die Pfändungsverfügung, mit deren Zustellung an den Drittschuldner, das FA, die Pfändung bewirkt ist, den Anforderungen des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO. Danach soll die an den Drittschuldner zuzustellende Pfändungsverfügung den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe ohne Angabe der Steuerarten und der Zeiträume, für die er geschuldet wird, bezeichnen. Wie der Senat bereits mit Urteil vom 18. Juli 2000 VII R 101/98 (BFHE 192, 232, BStBl II 2001, 5) ausgeführt hat, modifiziert § 309 Abs. 2 Satz 2 AO die allgemeine Regelung des § 260 AO, nach der in der Pfändungsverfügung der Schuldgrund anzugeben, d.h. die beizutreibende Forderung genau zu bezeichnen ist. Die --insoweit durch das Steuerbereinigungsgesetz 1986 (BGBl I 1985, 2436) neu gefasste-- Regelung will vermeiden, dass Dritte unnötig Einblick in die Verhältnisse des Pfändungsschuldners erhalten; ihren Belangen ist in der Regel durch die Benennung des Betrags Genüge getan, für den der gegen sie gerichtete Anspruch des Vollstreckungsschuldners als Pfand in Beschlag genommen ist.
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Zwar hat der Senat auch klargestellt, dass ohne die Sonderregelung des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO wegen des systematischen Zusammenhangs mit § 260 AO an sich auch dem Drittschuldner die vollstreckte Forderung zu benennen wäre. Das rechtfertigt aber nicht den Schluss, dass die Regelung des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO nicht anzuwenden und die Pfändungsverfügung wegen fehlender Bezeichnung des Schuldgrunds rechtswidrig ist, wenn dem Dritten --wie hier dem FA-- die der Pfändung zugrunde liegenden Daten ohnehin bekannt sind. Eine derartige Einschränkung des Anwendungsbereichs ist der Norm nicht zu entnehmen. Auch ist keine schützenswerte Rechtsposition --sei es des Vollstreckungsschuldners, sei es des Drittschuldners-- ersichtlich, die es geböte, grundsätzlich den Schuldgrund zu bezeichnen, wenn im Einzelfall der Normzweck, die Wahrung des Steuergeheimnisses, nicht erreicht werden kann. Gerade in der Konstellation des Streitfalls, in der das vollstreckende FA zugleich Drittschuldner ist, bleibt unerfindlich, woraus der Kläger die Unverzichtbarkeit der Bezeichnung der zu vollstreckenden Forderung herleiten will. Da allen Beteiligten die Grundlagen der Vollstreckung bekannt sind, wäre es bloße Förmelei, die ausdrückliche Bezeichnung des Schuldgrunds in der Pfändungsverfügung zu verlangen. Schon deshalb besteht keine Veranlassung, den Anwendungsbereich des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO in Fällen der vorliegenden Art einzuschränken.
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b) Anders als der Kläger meint, verlangt die Reglung des § 309 Abs. 2 Satz 2 AO keine Ermessensentscheidung des FA darüber, ob dem Drittschuldner "nur" der Betrag, dessentwegen vollstreckt wird, oder darüber hinaus der Schuldgrund im Einzelnen mitzuteilen ist. Für eine Ermessensreduzierung auf null --wie vom Kläger vorgetragen-- bietet die Vorschrift keine Veranlassung. Mit der Formulierung, die Pfändungsverfügung "soll" den beizutreibenden Geldbetrag nur in einer Summe, ohne Angabe der Steuerarten und der Zeiträume, für die er geschuldet wird, bezeichnen, wird dem FA nicht die Befugnis eröffnet, in der Verfügung mehr als den vom Vollstreckungsschuldner geforderten Betrag anzugeben. Vielmehr liegt darin die bindende Anweisung, was die Verfügung im Sonderfall der Pfändung einer Geldforderung zu enthalten hat.
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Referenzen
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- 3 K 205/10 1x (nicht zugeordnet)
- 2012 VII R 69/11 1x (nicht zugeordnet)
- VII R 69/11 1x (nicht zugeordnet)
- 1983 VII R 93/76 1x (nicht zugeordnet)
- 2010 VII R 21/10 1x (nicht zugeordnet)