Beschluss vom Bundesgerichtshof (Kartellsenat) - EnVR 18/14

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Kartellsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 5. März 2014 in der Fassung des Beschlusses vom 10. März 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen der Bundesnetzagentur und der Antragsgegnerin werden der Antragstellerin auferlegt.

Der Wert des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird auf 250.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragstellerin begehrt von der Bundesnetzagentur den Erlass einer Missbrauchsverfügung unter anderem mit dem Inhalt, die Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes zu verpflichten, ihr - der Antragstellerin - bestimmte Daten offen zu legen, um eine Aufteilung der Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 ARegV vornehmen zu können.

2

Die Antragstellerin ist Eigentümerin des sich im Stadtgebiet von Schwerte befindlichen Elektrizitätsversorgungsnetzes Mittel- und Niederspannung. Das Mittelspannungsnetz war bis zum 31. Dezember 2012 an die Antragsgegnerin verpachtet. Am 1. Januar 2013 fielen der unmittelbare Besitz an den Versorgungsanlagen und die Betriebspflicht an die Antragstellerin zurück. Das Mittelspannungsnetz machte nur einen Teil des von der Antragsgegnerin betriebenen Elektrizitätsversorgungsnetzes aus.

3

Zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin fanden ab März 2011 Gespräche über mit der Übertragung des Netzbetriebs zusammenhängende Fragen statt. Im Hinblick auf die Neufestlegung der Erlösobergrenzen bot die Antragsgegnerin an, dem auf die Antragstellerin übergehenden Teilnetz eine anteilige Erlösobergrenze in Höhe von 1.498.619 € zuzuordnen. Später erhöhte sie ihr Angebot pauschal um 30.000 €. Sie übermittelte der Antragstellerin Daten über die in dem übergehenden Teilnetz abgesetzten Mengen und zu verschiedenen Strukturparametern, lehnte jedoch deren Begehren ab, alle der Mittelspannungsebene und der Umspannung Mittel- zu Niederspannungsebene zuzuordnenden Kostenarten und Kostenstellen sowie die Grundlagen der den Verteilungsschlüssel bildenden Daten offenzulegen. Ferner lehnte sie es ab, einen Wirtschaftsprüfer mit der Ermittlung des Erlösobergrenzenanteils zu beauftragen.

4

Daraufhin beantragte die Antragstellerin im Mai 2012 bei der Bundesnetz-agentur die Einleitung eines Besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG mit dem Ziel, das Verhalten der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit der Neufestlegung der Erlösobergrenzen zu überprüfen und sie insbesondere zur Herausgabe der begehrten Daten zu verpflichten. Nachdem die Bundesnetzagentur zunächst mitgeteilt hatte, dass ein Verfahren nach § 31 EnWG nicht in Betracht komme, fand bei ihr am 2. Oktober 2012 ein gemeinsames Gespräch mit den Beteiligten statt, das aber ohne Ergebnis blieb. Mit Beschluss vom 5. März 2013 lehnte die Bundesnetz-agentur den Antrag der Antragstellerin mit der Begründung ab, dass sich der geltend gemachte Informationsanspruch nicht aus § 26 Abs. 2 ARegV herleiten lasse und die Antragstellerin zur Durchsetzung ihrer Rechte zivilgerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen müsse. Die dagegen gerichtete Beschwerde der Antragstellerin, mit der sie die Verpflichtung der Bundesnetzagentur zum Erlass der Missbrauchsverfügung, hilfsweise deren Verpflichtung zur Neubescheidung ihres Antrags begehrt hat, hat das Beschwerdegericht zurückgewiesen. Mit der - vom Beschwerdegericht zugelassenen - Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren weiter.

II.

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Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

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1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung (OLG Düsseldorf, RdE 2014, 241) im Wesentlichen wie folgt begründet:

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Die mit dem Hauptantrag erhobene Verpflichtungsbeschwerde, mit der die Beschwerdeführerin die Verpflichtung der Bundesnetzagentur erstrebe, im Wege der Missbrauchsaufsicht die Antragsgegnerin zur Übermittlung bestimmter Daten und Informationen zu veranlassen, dürfte ausnahmsweise zulässig sein. Zwar handele es sich bei der begehrten behördlichen Entscheidung um eine Ermessensentscheidung; für die Bejahung der Zulässigkeit einer Verpflichtungsbeschwerde dürfte es aber ausreichend sein, dass - wie hier - eine Ermessensreduzierung auf Null geltend gemacht werde und nicht aussichtslos erscheine. Jedenfalls sei die Beschwerde mit dem auf eine Neubescheidung zielenden Hilfsantrag zulässig.

8

Die Beschwerde sei aber unbegründet. Die Bundesnetzagentur habe es im Ergebnis zu Recht abgelehnt, das von der Antragstellerin gerügte Verhalten der Antragsgegnerin als Verstoß gegen § 26 ARegV zu bewerten und die Antragsgegnerin im Wege der Missbrauchsaufsicht zu verpflichten, die begehrten Daten an die Antragstellerin herauszugeben. Bei Teilnetzübergängen werde die zuständige Regulierungsbehörde gemäß § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV ausschließlich auf Antrag der am Netzübergang beteiligten Netzbetreiber tätig. Dies setze entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur weder einen gemeinsamen Antrag noch inhaltlich übereinstimmende Anträge voraus. Denn die Ermittlung des jeweils zurechenbaren Erlösobergrenzenanteils unterfalle nicht dem Dispositionsprinzip der beteiligten Netzbetreiber, sondern unterliege der eigenständigen Prüfung der zuständigen Regulierungsbehörde. Aufgrund dessen genüge bereits der Antrag eines der beteiligten Netzbetreiber, um das Festlegungsverfahren in Gang zu setzen. Des Weiteren könnten die beiden Netzbetreiber im Falle der Uneinigkeit über die Aufteilung der Erlösobergrenze nicht auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden, weil eine dort erstrittene Entscheidung für die Regulierungsbehörde nicht bindend sei. Vielmehr handele es sich dabei um eine nach § 26 Abs. 2 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV in der Kompetenz der zuständigen Regulierungsbehörde liegende hoheitliche Festlegung von Obergrenzen für diejenigen Erlöse, die der Netzbetreiber von den Netznutzern vereinnahmen dürfe. Verweigere der abgebende Netzbetreiber die Übermittlung jeglicher Daten und stelle er selbst keinen Antrag nach § 26 Abs. 2 ARegV, könne der aufnehmende Netzbetreiber unter Hinweis auf die fehlende Datenübermittlung einen solchen Antrag auch ohne Begründung stellen. Es obliege dann der Regulierungsbehörde, im Rahmen des Verfahrens nach § 26 Abs. 2 ARegV die beteiligten Netzbetreiber zur Herausgabe der erforderlichen Informationen aufzufordern und eine sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze vorzunehmen.

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2. Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand.

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a) Das Beschwerdegericht durfte dahinstehen lassen, ob der Antrag der Antragstellerin mangels Statthaftigkeit des Missbrauchsverfahrens hinsichtlich des beanstandeten Verhaltens schon als unzulässig hätte zurückgewiesen werden müssen. Dies begegnet entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin keinen Bedenken.

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aa) Die Vorschrift des § 31 EnWG dient der Umsetzung von Art. 23 Abs. 5 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2003/54/EG (nunmehr Art. 37 Abs. 11 der Elektrizitätsbinnenmarktrichtlinie 2009/72/EG) und soll Betroffenen die Möglichkeit geben, sich über das Verhalten eines Betreibers von Energieversorgungsnetzen zu beschweren. Absatz 1 Satz 1 gibt den Betroffenen das - subjektive - Recht, einen Antrag auf Überprüfung des Verhaltens eines Netzbetreibers bei der Regulierungsbehörde zu stellen (vgl. BT-Drucks. 15/3917, S. 63). Diese hat sodann nach Absatz 1 Satz 2 zu prüfen, inwieweit das Verhalten des Netzbetreibers mit den Vorgaben in den Bestimmungen der Abschnitte 2 und 3 des Energiewirtschaftsgesetzes oder den auf dieser Grundlage erlassenen Rechtsverordnungen sowie den nach § 29 Abs. 1 EnWG festgelegten oder genehmigten Bedingungen und Methoden übereinstimmt. Dieses Prüfungsprogramm unterscheidet sich damit nicht von demjenigen der Allgemeinen Missbrauchsaufsicht nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EnWG oder dem Aufsichtsverfahren nach § 65 Abs. 1 und 2 EnWG. Der Zweck des Besonderen Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG im Verhältnis zu dem Allgemeinen Missbrauchsverfahren nach § 30 EnWG und dem Aufsichtsverfahren nach § 65 EnWG erschöpft sich darin, dem Antragsteller im Falle der Ablehnung einer Überprüfung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 EnWG durch die Regulierungsbehörde eine gerichtliche Nachprüfungsmöglichkeit einzuräumen, während sich diese bei den beiden anderen Verfahren auf eine Überprüfung der behördlichen Ermessensentscheidung beschränkt (Senatsbeschluss vom 14. April 2015 - EnVR 45/13, ZNER 2015, 351 Rn. 19 mwN - Zuhause-Kraftwerk).

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Zu den in § 31 Abs. 1 Satz 2 EnWG genannten Rechtsverordnungen gehört auch die Anreizregulierungsverordnung, so dass ein Tätigwerden der zuständigen Regulierungsbehörde veranlasst sein kann, wenn ein Verstoß gegen § 26 Abs. 2 ARegV nur möglich erscheint und nicht offensichtlich zu verneinen ist. Jedenfalls ist es dann nicht zu beanstanden, wenn diese Frage erst im Rahmen der Begründetheit des Antrags geprüft wird.

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bb) Soweit die Antragsgegnerin im Hinblick auf die weitere in § 31 Abs. 1 Satz 1 EnWG genannte - insoweit einschränkende - Tatbestandsvoraussetzung der Berührung erheblicher Interessen die Antragsbefugnis der Antragstellerin in Abrede stellt, kann sie sich darauf - was der Senat mit Beschluss vom 14. April 2015 (EnVR 45/13, ZNER 2015, 351 Rn. 18 f. - Zuhause-Kraftwerk) entschieden und im Einzelnen begründet hat - im anschließenden gerichtlichen Verfahren nicht berufen.

14

b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat das Beschwerdegericht die Ablehnung des Erlasses der beantragten Missbrauchsverfügung zu Recht in materieller Hinsicht für rechtmäßig gehalten. Die Verweigerung der Herausgabe der von der Antragstellerin begehrten Daten durch die Antragsgegnerin verstößt nicht gegen § 26 Abs. 2 ARegV. Diese Vorschrift begründet keinen Informationsanspruch des aufnehmenden gegen den abgebenden Netzbetreiber, sondern regelt ausschließlich das Verwaltungsverfahren zur Aufteilung der Erlösobergrenzen durch die zuständige Regulierungsbehörde.

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aa) Nach § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV sind bei einem - wie hier - teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber die Erlösobergrenzen auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber nach § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV neu festzulegen. Nach § 26 Abs. 2 Satz 2 ARegV ist im Antrag anzugeben und zu begründen, welcher Erlösanteil dem übergehenden und dem verbleibenden Netzteil zuzurechnen ist. Die Summe beider Erlösanteile darf die für dieses Netz insgesamt festgelegte Erlösobergrenze nicht überschreiten (§ 26 Abs. 2 Satz 3 ARegV).

16

bb) Bereits aus dem Wortlaut des § 26 Abs. 2 ARegV ergibt sich, dass diese Vorschrift ausschließlich das Verwaltungsverfahren zur Aufteilung der Erlösobergrenze auf den aufnehmenden und den abgebenden Netzbetreiber vor der zuständigen Regulierungsbehörde regelt.

17

Die Festlegung der Erlösobergrenzen obliegt nach § 54 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EnWG i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV der zuständigen Regulierungsbehörde. Dies gilt auch dann, wenn bei einem teilweisen Übergang eines Energieversorgungsnetzes auf einen anderen Netzbetreiber die Erlösobergrenzen neu festzulegen sind. Dies ergibt sich aus der Verweisung in § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV auf § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV. Diese Regelung trägt dem Umstand Rechnung, dass die Festlegung einer Erlösobergrenze für ein bestimmtes Netz oder einen bestimmten Netzbetreiber in der Regel ihre Grundlage verliert, wenn wesentliche Teile des Netzes übertragen werden (Senatsbeschluss vom 30. April 2013 - EnVR 22/12, RdE 2013, 321 Rn. 16 - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG). Mit dem Verweis auf § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV wird klargestellt, dass die beim Übergang des Teilnetzes erforderliche Neufestlegung auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber - ebenso wie die ursprüngliche Festlegung der Obergrenze auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 ARegV - durch die zuständige Regulierungsbehörde zu erfolgen hat (Senatsbeschluss aaO Rn. 19 - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG). Die Neufestlegung kann gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 und 3 ARegV in der Weise erfolgen, dass den betroffenen Teilnetzen jeweils ein Anteil der festgelegten Erlösobergrenze zugewiesen wird.

18

Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde und der Bundesnetzagentur unterliegt es nicht der Dispositionsbefugnis der beteiligten Netzbetreiber, die Erlösanteile selbst verbindlich in der Weise festzulegen, dass diese von der zuständigen Regulierungsbehörde nur noch „beurkundet“ und daraufhin überprüft werden, ob die Vorgabe des § 26 Abs. 2 Satz 3 ARegV eingehalten ist. Dies widerspräche dem aus den oben genannten Vorschriften folgenden gesetzlichen Regulierungsauftrag der Regulierungsbehörden, die die Neufestlegung der Erlösobergrenzen in eigener Verantwortung (§ 68 EnWG) vorzunehmen haben und dabei eine sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze treffen müssen. Bei der Aufteilung der Erlösobergrenze müssen insbesondere auch die Interessen der von der Netzaufspaltung betroffenen Netzkunden berücksichtigt werden (vgl. Hummel in Danner/Theobald, Energierecht, Stand: April 2015, § 26 ARegV Rn. 20 ff.; BerlKommEnR/Säcker, 2. Aufl., EnWG § 21a Anh. ARegV § 26 Rn. 10; Hussong/Jacob, VersorgW 2013, 89 f.; Missling, EnWZ 2014, 287; aA Krüger, EWeRK 2010, 73; Petermann in Holznagel/Schütz, ARegV, § 26 Rn. 21 f.). Aufgrund dessen enthebt auch ein übereinstimmender Antrag der beiden Netzbetreiber die Regulierungsbehörde nicht der Prüfung, ob dieser Vorschlag eine - auch im Interesse der Netznutzer - sachgerechte Aufteilung der Erlösobergrenze vorsieht (vgl. auch Senatsbeschluss vom 30. April 2013 - EnVR 22/12, RdE 2013, 321 Rn. 26 - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG zu einer - vom Senat verneinten - Abdingbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ARegV).

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Eine Dispositionsbefugnis der Netzbetreiber folgt auch nicht daraus, dass eine Aufteilung der Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV nur auf Antrag der beteiligten Netzbetreiber erfolgt. Die Antragsbindung besagt lediglich, dass das Verfahren nach § 26 Abs. 2 ARegV nicht von Amts wegen einzuleiten ist. Entgegen der Auffassung der Bundesnetzagentur, die insoweit auch in dem Leitfaden der Regulierungsbehörden zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 ARegV (Stand: Juni 2013) ihren Niederschlag gefunden hat (dort S. 7), bedarf es insbesondere nicht eines gemeinsamen Antrags oder gleichlautender Anträge der beteiligten Netzbetreiber. Vielmehr genügt der Antrag eines der beteiligten Netzbetreiber.

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Nichts anderes ergibt sich aus dem Begründungserfordernis nach § 26 Abs. 2 Satz 2 ARegV. Die Antragsbegründung dient nicht als Ersatz für eine behördliche Entscheidung, sondern als Grundlage für die administrative Prüfung (vgl. Missling, EnWZ 2014, 287). Insoweit enthält die Vorschrift lediglich eine besondere Ausformung der den Netzbetreibern auch im regulären Verfahren zur Ermittlung der Erlösobergrenzen obliegenden Mitwirkungspflichten nach §§ 27, 28 ARegV. Eine unmittelbare Informationspflicht des abgebenden Netzbetreibers gegenüber dem aufnehmenden Netzbetreiber mit dem Ziel, diesen in die Lage zu versetzen, einen eigenen begründeten Antrag nach § 26 Abs. 2 Satz 2 ARegV stellen zu können, ist darin nicht enthalten. Dafür fehlt es - was etwa ein Vergleich zu § 46 Abs. 2 Satz 4 EnWG zeigt - bereits an einem ausreichenden Anhalt im Wortlaut der Vorschrift. Aufgrund dessen kann sich ein solcher Auskunftsanspruch nur aus dem zwischen den beiden Netzbetreibern bestehenden schuldrechtlichen Verhältnis ergeben, der indes auf dem Zivilrechtsweg geltend zu machen ist und nicht Gegenstand eines Missbrauchsverfahrens nach § 31 EnWG sein kann.

21

cc) Gegen die Festlegungskompetenz der zuständigen Regulierungsbehörde kann nicht eingewandt werden, dass die zu übertragende Erlösobergrenze neben dem Netzkaufpreis ein wesentlicher Gesichtspunkt für die Wirtschaftlichkeit einer Netzübernahme und damit regelmäßig Gegenstand der privatautonomen Verhandlungen zwischen abgebendem und übernehmendem Netzbetreiber ist (so etwa Wolf, VersorgW 2014, 186, 187). Die Erwartung des aufnehmenden Netzbetreibers hinsichtlich des ihm zurechenbaren Erlösanteils fließt zwar in die Bemessung des Kaufpreises für das übernommene Netz ein. Dies vermag aber eine Abdingbarkeit des § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV durch eine Vereinbarung zwischen den Netzbetreibern im Hinblick auf die anerkennenswerten Interessen der Netznutzer nicht zu begründen (vgl. Senatsbeschluss vom 30. April 2013 - EnVR 22/12, RdE 2013, 321 Rn. 25 f. - Regionalwerk Bodensee GmbH & Co. KG zu § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ARegV).

22

dd) Schließlich ergibt sich, anders als die Bundesnetzagentur meint, die Dispositionsbefugnis der Netzbetreiber auch nicht daraus, dass ansonsten die Entscheidung über den Aufteilungsschlüssel nach § 26 Abs. 2 ARegV unter Umständen in die Zuständigkeit mehrerer Regulierungsbehörden fallen würde und dadurch die Gefahr voneinander abweichender Entscheidungen bestehen würde. Dieses Argument geht bereits im Ansatz fehl, weil eine parallele Zuständigkeit mehrerer Behörden oder ein Zuständigkeitsstreit zwischen Behörden nicht die Zuständigkeit Dritter, zumal von Privatrechtssubjekten, begründen kann. Vielmehr hat der Gesetzgeber für einen solchen Fall zur Vermeidung widerstreitender Entscheidungen in §§ 55, 64a EnWG wechselseitige Benachrichtigungs- und Unterstützungspflichten der Regulierungsbehörden vorgesehen.

23

Davon abgesehen ist vorliegend die alleinige Zuständigkeit der Bundesnetzagentur gegeben. Insoweit ist zwar im Grundsatz zutreffend, dass nach § 54 Abs. 1 EnWG die Zuständigkeit der Bundesnetzagentur nur im Hinblick auf die Festlegung der Erlösobergrenze für die Antragsgegnerin gegeben ist, während für die Antragstellerin nach § 54 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EnWG die Landesregulierungsbehörde Nordrhein-Westfalen zuständig ist. Dies gilt indes nicht für die Aufteilung der Erlösobergrenze nach § 26 Abs. 2 ARegV (aA Leitfaden der Regulierungsbehörden zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 ARegV, Stand: Juni 2013, S. 6). Die Zuständigkeit dafür verbleibt bei der Regulierungsbehörde, die für die Bestimmung der aufzuteilenden Erlösobergrenze zuständig war. Weder in § 54 EnWG noch in der Anreizregulierungsverordnung wird diese Fallgestaltung ausdrücklich geregelt. Der Gesetzgeber hat jedoch in § 54 Abs. 2 EnWG das Problem einer Zuständigkeitsänderung im Hinblick auf die Berechnung der 100.000-Kunden-Grenze gesehen und in Satz 5 dahin gehend gelöst, dass begonnene behördliche oder gerichtliche Verfahren von der Behörde beendet werden, die zu Beginn des behördlichen Verfahrens zuständig war. Diese Regelung dient der Verfahrensvereinfachung und -beschleunigung, weil nur die von Anfang an mit dem Verfahren befasste Behörde das weitere Verfahren effizient und sachkundig betreiben kann, während sich eine andere Behörde unter Bindung eigener personeller Ressourcen in den Sachverhalt neu einarbeiten müsste (vgl. Theobald/Werk in Danner/Theobald, Energierecht, Stand: April 2015, § 54 EnWG Rn. 81; Hermes in Britz/Hellermann/Hermes, EnWG, 3. Aufl., § 54 Rn. 43).

24

Es kann dahinstehen, ob das Verfahren zur Neufestlegung der Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 Nr. 1 ARegV noch als Bestandteil des Ausgangsverfahrens zur Ermittlung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 1 ARegV anzusehen ist oder insoweit zumindest eine sogenannte Annex-Zuständigkeit der Ausgangsbehörde besteht. Jedenfalls der Sinn und Zweck des § 54 Abs. 2 Satz 5 EnWG gebieten dessen entsprechende Anwendung im Rahmen der Neufestlegung der Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 Satz 1 ARegV. Bei dem Ausgangsbescheid handelt es sich um einen unteilbaren Verwaltungsakt, dessen tatsächliche Grundlagen - gegebenenfalls nach zwischenzeitlicher Anpassung der Erlösobergrenze nach § 4 Abs. 3 und 4 ARegV - Ausgangspunkt der Entscheidung nach § 26 Abs. 2 ARegV sind. Nur die Ausgangsbehörde verfügt bereits über die wesentlichen Daten, die bei der Aufteilung der Erlösobergrenze heranzuziehen sind. Schließlich muss diese Aufteilung nach einem einheitlichen Maßstab erfolgen (vgl. dazu Hussong/Jacob, VersorgW 2013, 89 ff.; Missling, RdE 2013, 462, 464 ff.; Leitfaden der Regulierungsbehörden zu Inhalt und Struktur von Anträgen auf Neufestlegung der kalenderjährlichen Erlösobergrenzen nach § 26 Abs. 2 ARegV, Stand: Juni 2013, S. 13 ff.).

25

ee) Soweit die Rechtsbeschwerde den Missbrauchsantrag der Antragstellerin nunmehr hilfsweise damit begründet, dass ein missbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerin auch in der unterbliebenen Antragstellung nach § 26 Abs. 2 ARegV zu sehen ist, ist dies unbehelflich. Dabei handelt es sich um einen neuen tatsächlichen Gesichtspunkt, der mit der Rechtsbeschwerde nicht geltend gemacht werden kann (§ 88 Abs. 4 EnWG). Davon abgesehen hätte dies auch in der Sache keinen Erfolg. Da die Antragstellerin den Antrag nach § 26 Abs. 2 ARegV auch selbst hätte stellen können, liegt ein missbräuchliches Verhalten der Antragsgegnerin nicht vor.

III.

26

Die Kostenentscheidung beruht auf § 90 EnWG.

Limperg                       Kirchhoff                           Grüneberg

                  Bacher                           Deichfuß

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