Beschluss vom Bundesgerichtshof (4. Strafsenat) - 4 StR 533/16

Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Halle vom 2. Juni 2016 in den Strafaussprüchen in den Fällen II. 1 und 4 der Urteilsgründe sowie im Ausspruch über die Gesamtstrafe aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das Landgericht hat den Angeklagten unter Freisprechung im Übrigen wegen Diebstahls in zwei Fällen, bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit Besitz von Betäubungsmitteln, und wegen Besitzes von Betäubungsmitteln zu der Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und seine Unterbringung in einer Entziehungsanstalt angeordnet. Seine auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision erzielt den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen erweist sich das Rechtsmittel als unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

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1. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts versagt aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts.

3

2. Die materiell-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat zum Schuldspruch, zu den Strafaussprüchen in den Fällen II. 2, 3, 5 und 6 der Urteilsgründe und im Hinblick auf die Anordnung der Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt keinen Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben.

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3. Nicht frei von Rechtsfehlern zum Nachteil des Angeklagten sind hingegen die Strafaussprüche in den Fällen II. 1 und 4 der Urteilsgründe.

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a) Bei der Strafzumessung zu Fall II. 1 - einem nächtlichen Diebstahl aus den Räumen einer Spielhalle unter Verwendung der Originalschlüssel - hat das Landgericht zulasten des Angeklagten neben dessen Vorstrafen und dem hohen Schaden darauf abgestellt, dass er seine Bekannte     K.    und deren erst seit kurzer Zeit bestehendes Anstellungsverhältnis in der Spielhalle für seine Zwecke ausgenutzt habe (UA S. 34). Diese strafschärfende Erwägung steht jedoch im Widerspruch zu den Feststellungen zur Sache, in denen das Landgericht ein etwaiges Einverständnis der     K.    damit, dass der Angeklagte ihre Schlüssel für die Spielhalle an sich nahm, ausdrücklich offen gelassen hat (UA S. 5). Da sich hiernach die     K.    möglicherweise freiwillig an der Tat beteiligte, durfte nicht zu Ungunsten des Angeklagten berücksichtigt werden, er habe seine Bekannte „für seine Zwecke ausgenutzt“.

6

b) Die Strafzumessungserwägungen des Landgerichts zu Fall II. 4 der Urteilsgründe halten revisionsgerichtlicher Prüfung ebenfalls nicht stand. Die Strafkammer hat nicht nur bei der Annahme eines minder schweren Falls nach § 30a Abs. 3 BtMG - insoweit ist der Angeklagte nicht beschwert -, sondern auch bei der Ablehnung eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG und bei der Strafzumessung im engeren Sinne jeweils strafschärfend berücksichtigt, dass das beim Angeklagten sichergestellte Methamphetamin „annähernd dem Doppelten der nicht geringen Menge entsprach“ (UA S. 36). Eine solche - nur geringfügige - Überschreitung des Grenzwertes zur nicht geringen Menge stellt indes keinen zulässigen Strafschärfungsgrund dar (vgl. BGH, Urteile vom 13. Oktober 2016 - 4 StR 248/16, juris Rn. 31; vom 22. November 2016 - 1 StR 329/16, NStZ-RR 2017, 47 [Ls]; Beschlüsse vom 24. Juli 2012 - 2 StR 166/12, BGHR BtMG § 29 Strafzumessung 39; vom 25. Februar 2016 - 2 StR 39/16, NStZ-RR 2016, 141).

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4. Der Senat kann nicht ausschließen, dass das Landgericht ohne die fehlerhaften Strafzumessungserwägungen in den Fällen II. 1 und 4 der Urteilsgründe jeweils auf niedrigere Einzelstrafen erkannt hätte. Die aufgezeigten Rechtsfehler nötigen daher zur Aufhebung der betroffenen Einzelstrafaussprüche und des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.

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Die insoweit getroffenen Feststellungen können aufrecht erhalten bleiben (§ 353 Abs. 2 StPO), da sie von den aufgezeigten Wertungsfehlern bei der Strafzumessung nicht betroffen sind. Das neue Tatgericht kann ergänzende Feststellungen treffen, soweit sie zu den bisherigen nicht in Widerspruch stehen.

9

5. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat mit Blick auf die für Fall II. 4 festzusetzende Strafe vorsorglich darauf hin, dass nach der derzeitigen Rechtsprechung bei gleichzeitiger Annahme eines minder schweren Falls gemäß § 30a Abs. 3 BtMG und Verneinung eines minder schweren Falls nach § 29a Abs. 2 BtMG die Strafobergrenze des § 30a Abs. 3 BtMG von zehn Jahren Freiheitsstrafe zur Anwendung kommt (vgl. BGH, Urteil vom 12. Februar 2015 - 5 StR 536/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 14. August 2013 - 2 StR 144/13, NStZ-RR 2014, 180; anders BGH, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 3 StR 143/13, NStZ 2014, 164, 165 f. [nicht tragend]; offen gelassen vom Senat, Beschluss vom 17. Januar 2017 - 4 StR 604/16, juris [betreffend das Verhältnis § 30a Abs. 3 BtMG zu § 30 Abs. 2 BtMG]).

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