Urteil vom Bundesgerichtshof (12. Zivilsenat) - XII ZR 18/17

Tenor

Die Revision gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Bad Kreuznach vom 15. Februar 2017 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die klauselmäßige Verlängerung eines Werbevertrags.

2

Die Klägerin vermietet Werbeflächen auf Kraftfahrzeugen. Die Fahrzeuge erwirbt sie, um sie an soziale und andere Institutionen zu verleihen. Mit der Beklagten schloss sie am 8. Oktober 2009 einen Vertrag über eine Werbefläche auf einem Jugendmobil, das einer Schule als Institution überlassen wurde. Vereinbart war eine Basislaufzeit von fünf Jahren zu einem Nettopreis für diese Werbelaufzeit von 3.500 € zuzüglich 200 € für Gestaltung, Materialkosten, Montage usw., jeweils zuzüglich MwSt. Der Formularvertrag enthält in der linken Spalte ein Textfeld folgenden Inhalts:

"Auftragsbedingungen:

Der Gesamtpreis der Werbemaßnahme für die Vertragslaufzeit von 5 Jahren ergibt sich aus der rechtsseitigen Aufstellung zzgl. MwSt. Die Werbelaufzeit beginnt mit der Auslieferung des Fahrzeuges an den Vertragspartner. Der Vertrag verlängert sich automatisch ohne Neubeantragung um weitere 5 Jahre, wenn nicht 6 Monate vor Ablauf des Vertrages schriftlich gekündigt wird*. Bei einer Verlängerung des Vertrages hat der Auftraggeber die Möglichkeit einen neuen Werbetext zu platzieren. *Die vereinbarte Verlängerung wird vom Auftraggeber ausdrücklich akzeptiert. Mündliche Nebenabreden werden nicht anerkannt sondern bedürfen der Schriftform."

3

Nach Darstellung der Klägerin lud sie die Beklagte auf den 3. März 2010 zur Teilnahme an der Fahrzeugübergabe ein.

4

Mit Schreiben vom 2. September 2014 wies die Klägerin darauf hin, dass mangels Kündigung eine Vertragsverlängerung um weitere fünf Jahre eingetreten sei. Gleichzeitig gab sie Gelegenheit zur inhaltlichen Änderung des Werbetextes, stellte für die zweite Werbeperiode insgesamt 4.403 € brutto in Rechnung und kündigte deren Lastschrifteinzug für den 10. September 2014 an. Die Beklagte verweigerte die Zahlung unter Hinweis auf die Unwirksamkeit der Verlängerungsklausel.

5

Mit der Klage verlangt die Klägerin die Vergütung von 4.403 € nebst Zinsen für die verlängerte Vertragslaufzeit. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich ihre vom Landgericht zugelassene Revision.

Entscheidungsgründe

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Die Revision ist nicht begründet.

I.

7

Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag als Werkvertrag einzuordnen sei, weil nicht die bloße Gebrauchsüberlassung der Werbefläche im Vordergrund stehe, sondern die mit der Platzierung der Werbung erwartete Werbewirksamkeit als geschuldeter Erfolg. Nur vor diesem Hintergrund sei auch die vergleichsweise hohe Vergütung von 3.500 € zu erklären.

8

Die Werbewirksamkeit sei wesentlicher Bestandteil des Vertrags, da sie charakteristisch für den geschuldeten Werbeerfolg sei. Für die Wirksamkeit des Vertrags sei folglich zwingend erforderlich, dass dieser gerade auch in Bezug auf die Werbewirksamkeit hinreichend charakterisiert und bestimmbar sei. Mangels Angaben über den zeitlichen und räumlichen Einsatz des Fahrzeugs sei dies vorliegend nicht gegeben; deren Bestimmung sei auch nicht der Schule vertraglich überlassen worden. Deshalb sei der Vertrag als solcher mangels Bestimmbarkeit der geschuldeten Werkleistung unwirksam, ohne dass es auf die Wirksamkeit der Verlängerungsklausel ankomme.

II.

9

Das hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.

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1. Dabei kann dahinstehen, ob das Landgericht die Rechtsnatur des Vertrags in tatrichterlicher Würdigung der von der Klägerin versprochenen Leistungen zutreffend als Werkvertrag eingeordnet hat. Allerdings dürfte gegenüber der mit 200 € gesondert abgegoltenen und als Werkleistung anzusehenden Anbringung der Werbung die nachfolgende Nutzungsüberlassung der Werbefläche zum Preis von 3.500 € für die Dauer von fünf Jahren als vertragscharakteristische Leistung im Vordergrund stehen. Insoweit dürften gerade die vom Landgericht hervorgehobenen Umstände, wonach die Klägerin aus der Natur der Sache heraus keine Vorfestlegung des zeitlichen und räumlichen Einsatzes des Fahrzeugs treffen, sondern lediglich die Zurverfügungstellung der Werbefläche als solche versprechen konnte, für eine mietrechtliche Einordnung sprechen (Abgrenzung zu BGH Urteil vom 19. Juni 1984 - X ZR 93/83 - NJW 1984, 2406, 2407; vgl. auch BGH Urteil vom 1. Februar 1989 - VIII ZR 126/88 - NJW-RR 1989, 589, 590 zur Reklame an Straßenbahnen).

11

2. Unabhängig davon hat der Senat allerdings bereits entschieden, dass jedenfalls die hier verwendete Vertragsverlängerungsklausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB nicht standhält (Senatsurteile vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 11 ff. und vom 14. März 2018 - XII ZR 31/17 - zur Veröffentlichung bestimmt).

12

a) Der Inhaltskontrolle vorgeschaltet ist die Ermittlung des objektiven Inhalts der Klausel durch Auslegung. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind gemäß ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn ausgehend von ihrem Wortlaut einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Kreise verstanden werden (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 12 mwN).

13

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Treu und Glauben verpflichten den Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen so deutlich erkennen lassen, wie dies nach den Umständen möglich und zumutbar ist. Verstöße gegen das Transparenzgebot entsprechen nicht den Gebräuchen und Gepflogenheiten des Handelsverkehrs (vgl. § 310 Abs. 1 Satz 2 BGB) und führen daher auch gegenüber einem Unternehmer zur Unwirksamkeit formularmäßiger Geschäftsbedingungen (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 13 mwN).

14

b) Nach dem Wortlaut der streitigen Klausel verlängert sich der Vertrag um weitere fünf Jahre, wenn nicht sechs Monate vor Ablauf des Vertrags schriftlich gekündigt wird. Die Regelung knüpft somit eine sechsmonatige Kündigungsfrist an das Datum des Ablaufs des Vertrags. Da die anfängliche Vertragslaufzeit auf fünf Jahre festgelegt ist, liegt der Vertragsablauf fünf Jahre nach Vertragsbeginn und endet die Kündigungsfrist sechs Monate davor.

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Nicht eindeutig ist hier allerdings der Vertragsbeginn. Nach dem Inhalt des Formularvertrags beginnt die Werbelaufzeit mit der Auslieferung des Fahrzeugs "an den Vertragspartner". Vertragspartner des hier maßgeblichen Vertrags sind die Parteien des Rechtsstreits. An die Klägerin wird das Fahrzeug vom Hersteller ausgeliefert, um es zunächst mit den Werbetexten zu versehen und für die Übergabe an die Institution vorzubereiten. Die Schule ist nicht "Vertragspartner" des Vertrags und auch nicht als solcher bezeichnet, sondern als "Institution". Ob die Auslieferung an die Klägerin oder die Übergabe an die Institution für den Vertragsbeginn maßgeblich ist, bleibt nach dem Vertragsinhalt letztlich unklar. Für die Maßgeblichkeit der Auslieferung an die Klägerin als Vertragspartnerin spricht einerseits der Wortlaut der Klausel, andererseits die Tatsache, dass die Klägerin ab dem Zeitpunkt eigene Aufwendungen für das Fahrzeug zu erbringen und deshalb ein wirtschaftliches Interesse an gleichzeitig beginnenden Einnahmen hat. Für die Maßgeblichkeit der Übergabe an die Institution spricht hingegen, dass erst ab diesem Zeitpunkt das Sponsoring seine Wirkung entfaltet und der Werbeeffekt durch Gebrauch des Fahrzeugs im öffentlichen Verkehrsraum einsetzt (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 15).

16

Die Unsicherheit über den Vertragsbeginn und den Ablauf der Kündigungsfrist lässt sich anhand des Vertragsinhalts und seiner Umstände nicht auflösen. So hat im Übrigen auch die Klägerin mit ihrer Revision den Standpunkt vertreten, maßgeblich sei die Übergabe an die Institution. Das entspräche auch den - im vorliegenden Fall einbezogenen - weiteren Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin vom 1. Juli 2008, nach deren Ziffer 2 Satz 2 die Laufzeit grundsätzlich mit dem Tag der Auslieferung des Fahrzeugs an die im Vertrag benannte gemeinnützige Einrichtung beginnt. Andererseits ist die Klägerin mit ihrem Schreiben vom 2. September 2014 offensichtlich davon ausgegangen, dass die Fahrzeugauslieferung an sie selbst und nicht die spätere Übergabe an die Institution für den Beginn der Vertragslaufzeit maßgeblich sei, denn sie hat die Bezahlung der zweiten Werbeperiode bereits mit Fälligkeit zum 10. September 2014 in Rechnung gestellt, während die Fahrzeugübergabe an die Institution nach ihrer eigenen Darstellung erst am 3. März 2010 stattgefunden hatte und eine Fälligkeit für eine zweite Werbeperiode bereits im September 2014 nicht hätte auslösen können (vgl. Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 16).

17

c) Mit dem festgestellten Inhalt hält die Klausel einer Inhaltskontrolle am Maßstab von § 307 Abs. 1 BGB nicht stand. Die Intransparenz des letzten möglichen Kündigungszeitpunkts führt dazu, dass das Kündigungsrecht vom Werbekunden nicht effektiv ausgeübt werden kann. Da die automatische Vertragsverlängerung jedoch eine vorherige effektive Kündigungsmöglichkeit voraussetzt, hat beides gemeinsam keinen Bestand. Eine geltungserhaltende Reduktion der Vertragsverlängerungsklausel auf ein inhaltlich noch zulässiges Maß (Senatsurteil vom 25. Oktober 2017 - XII ZR 1/17 - NZM 2018, 125 Rn. 17 mwN) kommt nicht in Betracht.

Dose     

        

Klinkhammer     

        

Schilling

        

Nedden-Boeger      

        

Guhling      

        

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