Beschluss vom Bundessozialgericht (6. Senat) - B 6 KA 1/14 B

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 27. November 2013 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 60 000 Euro festgesetzt.

Gründe

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I. Der Kläger ist Träger des Maßregelvollzugszentrums Niedersachsen. Für diese Einrichtung erteilte der Zulassungsausschuss die Ermächtigung für den Betrieb einer psychiatrischen Institutsambulanz. Auf den Widerspruch der Verbände der Krankenkassen hob der beklagte Berufungsausschuss den Beschluss auf und lehnte den Antrag des Klägers ab, weil es sich bei dem Maßregelvollzugszentrum nicht um ein zugelassenes Krankhaus handele. Das SG hat den Beschluss des Beklagten aufgehoben und ihn verurteilt, dem Kläger die begehrte Ermächtigung zu erteilen. Das LSG hat dieses Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Eine Ermächtigung nach § 118 Abs 1 SGB V könne nur einem nach § 108 SGB V zugelassenen Krankenhaus erteilt werden.

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Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, zu deren Begründung er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG).

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II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.

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Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 5 RdNr 3 ). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt dann, wenn die Rechtsfrage bereits geklärt ist und/oder wenn sie sich ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus der bereits vorliegenden Rechtsprechung klar beantworten lässt (hierzu s zB BSG SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6; SozR 3-2500 § 75 Nr 8 S 34; SozR 3-1500 § 160a Nr 21 S 38; vgl auch BSG SozR 3-4100 § 111 Nr 1 S 2 f; s auch BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 33 S 151 f mwN). Diese Anforderungen sind verfassungsrechtlich unbedenklich (s die BVerfG-Angaben in BSG SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 sowie BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 16 RdNr 4 f; BVerfG SozR 4-1500 § 160a Nr 24 RdNr 5).

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Der Kläger fragt, ob

        

für eine Ermächtigung nach § 118 Abs 1 SGB V eine Zulassung iS des § 108 SGB V erforderlich ist.

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Diese Frage ist nicht klärungsbedürftig. Aus dem vom LSG in Bezug genommenen Urteil des Senats vom 28.1.2009 (BSGE 102, 219 = SozR 4-2500 § 118 Nr 1) ergibt sich, dass ein Anspruch auf Ermächtigung als psychiatrisches Krankenhaus zur ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Versorgung der Versicherten nur für ein nach § 108 SGB V zugelassenes Krankenhaus bestehen kann. Der Senat hat einen solchen Obersatz in seiner Entscheidung zwar nicht ausdrücklich formuliert. Er hat aber die Voraussetzungen für eine Ermächtigung nach § 118 Abs 1 Satz 1 SGB V deshalb bejaht, weil es sich bei der von der dortigen Klägerin getragenen Tagesklinik um ein Krankenhaus iS des § 107 SGB V handelte, das aufgrund der Aufnahme in den Krankenhausplan nach § 108 Nr 2 SGB V zur Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen berechtigt war (aaO RdNr 14). Wenn der Senat die Bindungswirkung der landesrechtlichen Entscheidung über die Aufnahme in den Krankenhausplan herausstellt und die Zielrichtung von § 108 Nr 1 und 2 SGB V darin sieht, dass die Kategorisierung nach dem SGB V mit derjenigen nach dem Krankenhausrecht vereinheitlicht wird (aaO RdNr 26), wird damit deutlich, dass die landesrechtliche Zulassung ausreichend, aber auch erforderlich ist, um eine bedarfsunabhängige Ermächtigung nach § 118 Abs 1 SGB V zu erlangen. Das kommt auch in der Formulierung zum Ausdruck, dass die landesrechtliche Gestaltung die Versorgungsberechtigung im Rahmen des SGB V präjudiziert. Das LSG hat zutreffend darauf hingewiesen, dass diese Sichtweise auch der einhelligen Meinung in der Literatur entspricht (vgl Grühn in Eichenhofer/Wenner, SGB V, 2013, § 118 RdNr 5; Hänlein in Hänlein/Kruse/Schuler, SGB V, 4. Aufl 2012, §§ 117-119b RdNr 14; Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand: Januar 2013, § 118 RdNr 3; Köhler-Hohmann in jurisPK-SGB V, 2. Aufl 2012, § 118 RdNr 15; Kremer/Wittmann in Liebold/Zalewski, Kassenarztrecht, Stand: Februar 2014, § 118 RdNr C 118-4; Rau in Orlowski/Rau/Schermer/Wasem/Zipperer, GKV-Kommentar, Stand: November 2013, § 118 SGB V RdNr 9).

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Zu Recht hat das LSG auch herausgestellt, dass die ambulante Versorgung von Versicherten durch ein nicht zugelassenes Krankenhaus in der gesetzlichen Krankenversicherung systemfremd wäre. § 108 SGB V enthält den allgemeinen Grundsatz, dass Krankenhausbehandlung nur durch zugelassene Krankenhäuser erbracht werden darf. Dass das auch für ambulante Krankenhausleistungen gilt, zeigt bereits der Verweis auf § 115b SGB V in § 39 Abs 1 Satz 1 SGB V. Anders als etwa in § 116b Abs 2 Satz 1 SGB V ist in § 118 Abs 1 SGB V zwar nicht ausdrücklich von zugelassenen psychiatrischen Krankenhäusern die Rede. Angesichts des für die Teilnahme an der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung stets erforderlichen Statusaktes bedurfte es einer besonderen Erwähnung aber nicht. Vielmehr wäre eine besondere Regelung zu erwarten gewesen, wenn der Gesetzgeber die ohne jegliche Bedarfsprüfung zu erteilende Ermächtigung zu ambulanten psychiatrischen und psychotherapeutischen Leistungen eines bislang nicht an der Versorgung Beteiligten hätte ermöglichen wollen. Das LSG führt insofern zu Recht an, dass damit die Einhaltung einheitlicher Qualitätsstandards normativ nicht gesichert wäre.

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Die Einwände des Klägers geben keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung. Die Entstehungsgeschichte der Norm spricht entgegen der Auffassung des Klägers für das Erfordernis einer Zulassung. Wie das LSG richtig ausgeführt hat, werden in der Psychiatrie-Enquête 1975, auf deren Grundlage der Gesetzgeber einen Bedarf für die Einbeziehung psychiatrischer Institutsambulanzen in die Versorgung gesehen hat, vor allem Defizite im Bereich der Nachsorge hervorgehoben (BT-Drucks 7/4200 S 209; vgl dazu auch BSG SozR 3-2500 § 118 Nr 1). Da die stationäre Versorgung in zugelassenen Krankenhäusern zu erfolgen hat, ist es folgerichtig, dass auch die Nachbehandlung in einem solchen Krankenhaus durchgeführt werden soll. Dass der Kläger nach Landesrecht wegen fehlender Wirtschaftlichkeit und/oder anderweitiger Bedarfsdeckung keine Zulassung erlangen könnte, vermag ein Absehen von diesem Erfordernis nicht zu begründen.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (§ 154 Abs 2, § 162 Abs 3 VwGO).

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Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG und entspricht der Festsetzung des LSG, die von keinem Beteiligten angegriffen worden ist.

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