Urteil vom Bundessozialgericht (1. Senat) - B 1 KR 4/13 R

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

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Die Beteiligten streiten über die Erstattung von Kosten in Höhe von 11 564 Euro für eine auf Kuba durchgeführte Augenbehandlung.

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Der 1984 geborene, bei der beklagten Ersatzkasse versicherte Kläger leidet an Retinitis pigmentosa, einer Netzhauterkrankung, die zu Tunnelblick und in ihrem Endstadium zur Erblindung führt. Im Jahr 2002 beantragte er - ua auf seine nur noch 3 % bis 5 % betragende Sehfähigkeit hinweisend - die Kostenübernahme für eine sog Kuba-Therapie bei Prof. Dr. P in H ; dieser Arzt habe eine Therapie entwickelt, die das weitere Absterben der Netzhaut verhindere und das Sehvermögen verbessern könne. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die Behandlungsmethode schulmedizinisch nicht allgemein anerkannt sei (Bescheid vom 19.11.2002; Widerspruchsbescheid vom 5.2.2003). Vom 10.1. bis 31.1.2003 ließ sich der Kläger auf Kuba auf eigene Kosten (nach eigenen Angaben 11 564 Euro) entsprechend behandeln.

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Die Klage auf Kostenerstattung ist ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des SG vom 24.3.2006; Urteil des LSG vom 1.8.2007). Auf die Revision des Klägers hat der erkennende Senat die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen, soweit die Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für die auf Kuba durchgeführte Augenbehandlung betroffen gewesen ist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3), weil das LSG dem nach § 109 SGG gestellten Antrag des Klägers, Beweis zur Eignung der durchgeführten Heilbehandlung durch den Sachverständigen Prof. M (Universität Bologna) zu erheben, nicht nachgekommen war. Das LSG hat ein Gutachten nach Aktenlage bei Prof. M
dazu eingeholt, ob die Kuba-Therapie dem allgemeinen Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche, und anschließend die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ua ausgeführt, es fehle an einem hinreichend objektiven Wirksamkeitsnachweis der sog Kuba-Therapie (Urteil vom 16.11.2011).

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Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung von Art 2 Abs 2 S 1 sowie von Art 2 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip. Das LSG verkenne mit seiner Forderung nach validen Studien oder aussagekräftige Statistiken die Anforderungen, die an Hinweise für eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine zumindest spürbare positive Einwirkung der Behandlung auf den Krankheitsverlauf zu stellen seien.

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Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 sowie den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Neubrandenburg vom 24. März 2006 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 19. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2003 zu verurteilen, ihm 11 564 Euro zu zahlen,

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hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 16. November 2011 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückzuverweisen.

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Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

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Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung und Zurückverweisung an das LSG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 170 Abs 2 S 2 SGG). Das an-gefochtene Urteil ist aufzuheben, weil es auf der Verletzung materiellen Rechts beruht und sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig erweist. Ob der Kläger einen Anspruch auf Erstattung von 11 564 Euro Kosten für die Auslandsbehandlung hat, vermag der Senat wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen des LSG nicht abschließend zu beurteilen. Es steht nicht fest, dass die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Auslegung des § 18 Abs 1 S 1 SGB V erfüllt sind.

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Das LSG hat zwar in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise einen Erstattungsanspruch aus § 18 Abs 1 S 1 SGB V bei Beachtung des Qualitätsgebots (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) abgelehnt (dazu 1.), aber unzureichende Feststellungen zur grundrechtsorientierten Auslegung getroffen (dazu 2.). Eine grundrechtsorientierte Auslegung scheidet allerdings aus, wenn die Überprüfbarkeit der Methode an der langjährig fehlenden, aber in Fachveröffentlichungen geforderten Publikation grundsätzlich verfügbarer Daten scheitert (dazu 3.).

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1. Nach den auch den erkennenden Senat bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30) beruht der geltend gemachte Anspruch auf § 18 Abs 1 S 1 SGB V (in der hier noch maßgeblichen bis 31.12.2003 geltenden Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21.12.1992, BGBl I 2266). Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur im Ausland möglich ist. Der Anspruch setzt ua nach den bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 29) grundsätzlich voraus, dass die Leistung im Ausland den Anforderungen an das Qualitätsgebot (§ 2 Abs 1 S 3 SGB V) entspricht. Das hat das LSG im Ergebnis - unangegriffen und revisionsrechtlich nicht zu beanstanden - verneint, weil nicht die große Mehrheit der einschlägigen Fachleute (Ärzte, Wissenschaftler) die Behandlungsmethode befürwortet und von einzelnen, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, über die Zweckmäßigkeit der Therapie kein Konsens besteht.

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2. Nach den bindenden Vorgaben (vgl § 170 Abs 5 SGG) des ersten Revisionsurteils (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30) kommen Abmilderungen der Anforderungen des Qualitätsgebots infolge grundrechtsorientierter Auslegung des Leistungsrechts der GKV auch im Anwendungsbereich des § 18 SGB V in Betracht. Ist für Versicherte eine nach Inlandsmaßstäben grundrechtsorientierter Leistungsbestimmung in der GKV zu beanspruchende Leistung nur im Ausland möglich, besteht ein Leistungs- und Kostenerstattungsanspruch nach § 18 Abs 1 S 1 SGB V.

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Nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30), bedarf es hierfür zunächst der Feststellung, dass der Kläger im Zeitpunkt der Behandlung an einer Krankheit litt, die zumindest wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbar ist. Diesbezüglich hat das erste Revisionsurteil vorgegeben, dass hierfür eine drohende Erblindung in Betracht kommt, hochgradige Sehstörungen demgegenüber nicht ausreichen (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 31). Sodann ist nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 32), die Feststellung erforderlich, ob, und wenn ja mit welcher Zielrichtung, bezüglich dieser Krankheit zumindest eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung steht und für den Kläger anwendbar ist. Des Weiteren ist nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 32), festzustellen, mit welcher Zielsetzung die sog Kuba-Therapie bei Prof. Dr. P durchgeführt wird und ob bezüglich dieser Behandlungsmethode eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf im Zeitpunkt der Behandlung des Klägers bestand. Hierzu bedarf es der Feststellungen, die für eine abstrakte Nutzen-Risiko-Analyse und für eine Abwägung der Chancen und Risiken dieser Behandlungsmethode gerade im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse bei dem Kläger erforderlich sind. Maßgeblich sind für diese Feststellungen nach den bindenden Vorgaben (§ 170 Abs 5 SGG) die Regeln der ärztlichen Kunst.

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Das LSG hat zur konkreten Krankheitssituation des Klägers, zu den regelmäßigen, schulmäßigen Behandlungsmethoden bei seiner Augenkrankheit, zu einer Unverträglichkeit dieser Methoden bei dem Kläger und zu den Chancen und Risiken der Kuba-Therapie im Hinblick auf die konkreten Verhältnisse des Klägers im Behandlungszeitpunkt keine Feststellungen getroffen. Soweit es eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf verneint hat, weil es an einem objektiven Wirksamkeitsnachweis fehle, verkennt es die bindenden Vorgaben des ersten Revisionsurteils (§ 170 Abs 5 SGG).

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Das LSG hat ausgeführt, die Methode sei nicht ausreichend an Menschen evaluiert und werde von der überwiegenden Mehrheit der einschlägigen Fachleute jedenfalls nicht befürwortet, vom wissenschaftlichen Beirat von Pro Retina Deutschland e.V. nicht empfohlen, vom "Health Council of the Netherlands" in den Niederlanden nicht anerkannt und auch in den USA und überwiegend in Europa nicht akzeptiert. Prof. M gehöre zur Minderheit der Befürworter und zu den wenigen Anwendern, gleichwohl vermöge er nur auf seine eigenen klinischen Erfahrungen an Menschen (und Tieren) hinzuweisen, ohne dass valide Studien oder aussagekräftige Statistiken zur Wirksamkeit der Therapie existierten. Die bisherigen Erkenntnisse würden zwar einen positiven Einfluss nicht ausschließen, genügten aber nicht, um von einer "ausreichend gesicherten" positiven Einwirkung auf den Krankheitsverlauf auszugehen, weil sich der Sachverständige nur auf die Feststellungen der von ihm operierten 126 Menschen stütze und eine graduelle Verzögerung des Sehschärfeverlustes um 18 bis 24 Monaten nicht ausreichend erscheine.

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Damit überspannt das LSG die Anforderungen an eine grundrechtsorientierte Auslegung des Leistungsrechts. Nach der Rechtsprechung, auf die das erste Revisionsurteil verweist (BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30), ist es bei der abstrakten und konkreten Prüfung von Risiken und Nutzen geboten, jeweils das erreichbare Behandlungsziel iS von § 27 Abs 1 S 1 SGB V zu berücksichtigen. Der bei beiden Analysen von Nutzen und Risiken zu beachtende Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der den Zurechnungszusammenhang zwischen Therapie, Erfolg und Risiken betrifft, unterliegt - ähnlich wie bei der Anwendung von Pharmakotherapien mit Fertigarzneimitteln zu Lasten der GKV - aufgrund von Verfassungsrecht Abstufungen je nach Schwere und Stadium der Erkrankung und Ausmaß sowie Eintrittswahrscheinlichkeit von unerwünschten Nebenwirkungen. Erforderlich ist, dass unter Berücksichtigung des gebotenen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes sowohl die abstrakte als auch die konkret-individuelle Chancen-/Risikoabwägung ergeben, dass der voraussichtliche Nutzen die möglichen Risiken überwiegt. Soweit danach eine solche Behandlungsmethode in Betracht kommt, ist zu prüfen, ob bei Anlegen des gleichen Wahrscheinlichkeitsmaßstabes auch andere (anerkannte) Methoden diesen Anforderungen genügen. Ist dem so, sind diese Methoden untereinander hinsichtlich Eignung, Erforderlichkeit und Wirtschaftlichkeit zu vergleichen (vgl zum Ganzen zB BSGE 97, 190 = SozR 4-2500 § 27 Nr 12, RdNr 25 f mwN - LITT, bezogen in BSGE 106, 81 = SozR 4-1500 § 109 Nr 3, RdNr 30).

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Die Folge dieser Rechtsprechung ist, dass, wenn eine nach allgemeinem Standard anerkannte Behandlungsmethode für eine wertungsmäßig mit lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlich verlaufenden Erkrankungen vergleichbare Krankheit (generell) überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im konkreten Einzelfall ausscheidet, weil der Versicherte diese nachgewiesenermaßen nicht verträgt, der Nachweis des Nutzens und der Wirtschaftlichkeit einem der notstandsähnlichen Situation angemessenen geringeren Wahrscheinlichkeitsmaßstab unterfällt. Dabei sind Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen "je schwerwiegender die Erkrankung und 'hoffnungsloser' die Situation, desto geringere Anforderungen an die 'ernsthaften Hinweise' auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg" (BSGE 96, 170 = SozR 4-2500 § 31 Nr 4, RdNr 40; mit ähnlicher Tendenz schon: Di Fabio, Risikoentscheidungen im Rechtsstaat, 1994, 179; Laufs, in: Laufs/Uhlenbruck, Handbuch des Arztrechts, 3. Aufl 2002, § 130 RdNr 23).

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Wissenschaftliche Verlaufsbeobachtungen anhand von operierten 126 Menschen, unterstützt durch Parallelbeobachtungen im Rahmen von Tierversuchen und untermauert durch wissenschaftliche Erklärungsmodelle sind ihrer Art nach ohne Weiteres geeignet, nach den Regeln der ärztlichen Kunst als Grundlage für "Indizien" im dargelegten Sinne für eine positive Einwirkung zu dienen. Nach den Feststellungen des LSG hat Prof. M 126 Patienten mit der Pelaez-Technik jeweils an einem Auge operiert - das nicht operierte Auge diente der Kontrolle - und stellte dabei fest, dass es zu Verbesserungen kam, die sich schrittweise verringerten, bis sie 18 bis 24 Monate nach Einsetzen des Implantats verschwanden.

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Es entspricht auch nicht den dargelegten bindenden Vorgaben des ersten Revisionsurteils (§ 170 Abs 5 SGB V), einen Erhalt der Sehfähigkeit durch Verbesserung des Sehvermögens für 18 bis 24 Monate als unerheblich anzusehen. Vielmehr handelt es sich ohne Zweifel um eine offenkundig positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf. Zu den Behandlungszielen des § 27 Abs 1 S 1 SGB V gehören die Heilung einer Krankheit, die Verhütung ihrer Verschlimmerung sowie die Linderung von Krankheitsbeschwerden. Eine "Verhütung der Verschlimmerung" setzt nicht voraus, dass diese dauerhaft ist, also die Erkrankung zum Stillstand kommt. Bei schicksalhaftem Verlauf der Erkrankung genügt es vielmehr, dass ihr Eintritt - hier die Erblindung - hinausgezögert wird (Steege in Hauck/Noftz, SGB V, Stand Juni 2014, K § 27 RdNr 59).

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Ob die Kuba-Therapie im Zeitpunkt der Behandlung nach den aufgezeigten Maßstäben geeignet war, beim Kläger eine Verschlimmerung im oben genannten Sinne zu vermeiden, vermag der Senat nicht abschließend zu beurteilen. Nach Angaben von Prof. M soll die Behandlung nur auf Fälle mit hoher Progredienz des Krankheitsverlaufs angewendet werden, bei denen andere Methoden fehlschlugen. Das LSG hat - aus seiner Sicht folgerichtig - die Frage offen gelassen, ob bei dem Kläger eine derartig schnelle Degeneration vorliegt. Entsprechende und ggf die übrigen, oben umschriebenen Feststellungen wird es nachzuholen haben. Mit Blick auf die gebotene abstrakte Nutzen-Risiko-Bewertung genügt es nicht - wie durch das LSG geschehen - nur allgemein mögliche Risiken zu nennen, ohne deren Eintrittswahrscheinlichkeit zu ermitteln. Die zu beurteilenden Risiken (nicht unerhebliches Operationsrisiko, Doppelsehen, welliges Sehen, schnellerer Verfall der Sehschärfe und des Gesichtsfelds als vor der Operation) wird das LSG deshalb abstrakt sowie bezogen auf den Einzelfall fest umreißen und mit dem möglichen Erfolg der Therapie in Anlehnung an Art 2 Abs 2 GG abzuwägen haben.

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3. Die Notwendigkeit für das LSG, weitere ergänzende Feststellungen zu treffen, kann sich aus den in neuerer Rechtsprechung des erkennenden Senats entwickelten Anforderungen ergeben. Der erkennende Senat darf diese neueren Anforderungen trotz der grundsätzlichen Bindungswirkung (vgl § 170 Abs 5 SGG) seines ersten Revisionsurteils auch in diesem Verfahren zugrunde legen. Ein oberster Gerichtshof des Bundes ist nämlich, wenn er - wie hier der erkennende Senat - seine der Zurückverweisung zugrunde liegende Rechtsauffassung inzwischen geändert hat und erneut mit derselben Sache befasst wird, an seine zunächst vertretene Rechtsauffassung nicht gebunden (vgl GmSOGB BSGE 35, 293, 296 ff = SozR Nr 15 zu § 170 SGG; BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 13 mwN).

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Nach der neueren Rechtsprechung des erkennenden Senats (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 22 f) verlangt die aus der grundrechtsorientierten Auslegung (heute: § 2 Abs 1a SGB V) resultierende Absenkung der Anforderungen, die ansonsten an den Evidenzgrad des Behandlungserfolgs zu stellen sind, unter dem Gesichtspunkt des Patientenschutzes die jeweils mögliche Erhebung und Zugänglichmachung von nach wissenschaftlichen Maßstäben verfügbaren Informationen durch die Behandler entsprechend ihrem Berufs- und Standesrecht. Die aktive Bereitschaft der Behandler, zum Abbau der (noch) vorhandenen Erkenntnisdefizite beizutragen, ist unverzichtbarer Teil des auch der grundrechtsorientierten Auslegung und § 2 Abs 1a SGB V zugrunde liegenden medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisprozesses. Scheitert die Überprüfbarkeit der Methode nach Maßgabe der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft an der langjährig fehlenden, aber in Fachveröffentlichungen geforderten Publikation grundsätzlich verfügbarer Daten - womöglich als Teil eines Marketingkonzepts des Behandlers im Ausland -, sind derartige Erkenntnismängel nicht durch die grundrechtsorientierte Auslegung und § 2 Abs 1a SGB V zu überwinden (BSG SozR 4-2500 § 18 Nr 8 RdNr 22 f). Die auch und gerade dem Patientenschutz dienende, tatsächlich mögliche wissenschaftliche Kontrolle, die innerhalb von EU und EWR die Regelungen über die Zulassung neuer Behandlungsmethoden prägt, steht bei Auslandskrankenbehandlungen nach § 18 SGB V nicht zur Disposition der ausländischen Leistungserbringer. Die grundrechtsorientierte Auslegung des § 18 Abs 1 S 1 SGB V darf nicht dazu dienen, ein Anreizsystem dafür zu schaffen, dass in Deutschland versicherte Patienten Behandlungsleistungen außerhalb von EU und EWR nur deshalb erhalten, weil sich ihre Anbieter dauerhaft objektiv der tatsächlich möglichen wissenschaftlichen Kontrolle ihrer Leistungen entziehen, insbesondere keine Daten über die Einzelheiten der Behandlung einschließlich ihrer objektivierbaren Folgen veröffentlichen (BSG aaO mwN zur Sicherung des Qualitätsgebots gemäß § 2 Abs 1 S 3 SGB V durch § 135 Abs 1 SGB V). Das LSG hat zur Ursache bestehender Erkenntnismängel im Zeitpunkt der Behandlung des Klägers keine Feststellungen getroffen. Auch dies wird es nachzuholen haben.

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4. Die Kostenentscheidung bleibt dem LSG vorbehalten.

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